Kategorie: chritliche Seelsorge

Wer hat letztendlich die Autorität?

und ihr seid vollendet (O. erfüllt, zur Fülle gebracht (vergl. v 9)) in ihm, welcher das Haupt jedes Fürstentums und jeder Gewalt ist;
Elberfelder 1871 – Kol 2,10

und ihr seid ‹vollständig und› erfüllt in ihm, der das Haupt ist alles Erstrangigen und [aller] Autorität,
Jantzen Jettel 2017 – Kolosser 2,10

 Und ihr habt die Fülle in der Lebensgemeinschaft mit ihm, der das Haupt jeglicher Herrschaft und Gewalt ist-  gemeint sind die Ordnungen der Engelwelt, deren Haupt Christus ist. 
Ludwig Albrecht – Kolosser 2:10

und ihr seid in ihm (durch ihn) Erfüllte, der das (Ober)Haupt jeder [himmlischen] Obrigkeit und Macht ist.
offene Bibel – Kol 2,10

πε-πληρωμένοι Pf. Ptz. Pass. πληρόω, umschrieb. Pf. (A249) ihr besitzt die Fülle (d. h. [in ihm] seid ihr das, was ihr nach Gottes Willen sein sollt [EWNT 3, Sp. 261]). κεφαλή m. Gen.: er ist das Haupt über (vgl. A165). ἀρχή hier Herrschaft, Macht.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Christus ist als der verherrlichte Mensch auch das Haupt über alles. In Kolosser 2,10 heisst es, dass Er das Haupt über jedes Fürstentum und jede Gewalt ist. Das ist Er heute schon, obwohl noch nicht sichtbar (Heb 2,8.9). In der Zukunft – in der Zeit des Tausendjährigen Reiches – wird dies für alle Menschen sichtbar sein. Dann wird Jesus Christus als Herr der Herren und König der Könige seine Autorität ausüben. Es wird eine wunderbare Segenszeit für die Erde, ja, für die gesamte Schöpfung sein. Dann wird das, was Gott sich für die Verwaltung der Fülle der Zeiten (für die Zeit des Tausendjährigen Reiches) vorgesetzt hat, in Erfüllung gehen. Er wird alles unter ein Haupt zusammenbringen. Dieses Haupt ist Christus (Eph 1,9.10).

Halte fest 2010

In Epheser 4,8 las Paulus Psalm 68,18 als Beschreibung der Überwindung des übernatürlichen Bösen (Baschan), was wiederum zum Kommen des Geistes und den anschließenden Gaben für den Leib Christi führte. Das Kommen des Geistes war natürlich an den Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi in die Position der Herrschaft, zur Rechten des Vaters, gebunden. Paulus verbindet das vollendete Werk Christi und den Sieg über die bösen Geister – in diesem Fall die feindlichen Götter, die die Nationen versklaven („Herrscher und Mächte“) – noch deutlicher in Kolosser 2,8-15:
„Seht zu, dass euch niemand gefangen nehme durch Philosophie und leeren Betrug, nach menschlicher Überlieferung, nach den Elementargeistern der Welt, und nicht nach Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und ihr seid in ihm erfüllt worden, der das Haupt aller Herrschaft und Macht ist. In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung ohne Hände, indem ihr den Leib des Fleisches abgetan habt, durch die Beschneidung Christi, nachdem ihr mit ihm begraben worden seid in der Taufe, in welcher ihr auch mit ihm auferweckt worden seid durch den Glauben an das mächtige Wirken Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat. Euch aber, die ihr tot wart in euren Übertretungen und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, hat Gott zusammen mit ihm lebendig gemacht, indem er uns alle unsere Übertretungen vergeben hat, indem er das Schuldbuch, das gegen uns stand, mit seinen gesetzlichen Forderungen aufgehoben hat. Dieses hat er beiseite gelegt und ans Kreuz genagelt. Er hat die Mächtigen und Gewalten entwaffnet und sie zu offener Schande gebracht, indem er in ihm über sie triumphiert hat.“

In Vers 15 werden die kosmischen Mächte, die „Machthaber [archē] und Gewalten [exousia]“, entwaffnet und zu Schanden gemacht. Das Lemma archē wird im Neuen Testament für göttliche Wesen verwendet (Röm 8,38; 1 Kor 15,24; Eph 1,21; 3,10; 6,12), auch schon früher im selben Brief (Kol 1,16). Das Gleiche gilt für das Lemma exousia (Kol 1,13; Eph 2,2). Paulus schreibt an eine nichtjüdische Gemeinde und hat eindeutig Nichtjuden im Blick, wenn er seine Zuhörer als „tot in euren Übertretungen und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches“ beschreibt (V. 13). Juden teilen natürlich das Problem, wegen der Sünde von Gott entfremdet zu sein. Paulus macht das mit Ausdrücken wie „unsere Übertretungen“ und „gegen uns“ deutlich und schließt sich selbst als Jude sowohl in das Problem als auch in das Wunder der Vergebung ein. Aber Israel hatte keine übernatürlichen „Herrscher und Gewalten“, die es zu entwaffnen galt. Das taten die Nationen, gemäß der Weltanschauung von Deuteronomium 32.

Hier werden von Paulus zwei Höhepunkte vermerkt. Erstens wurde „das Schuldbuch, das gegen uns stand“ (Juden und Nichtjuden), ausgelöscht oder „beiseite gelegt“ (V. 14). Zweitens wurden die „Herrscher und Mächte“ „entwaffnet“ und „zu offener Schande gebracht“ (V. 15). Die Auferstehung (V. 12) war die Ursache für beides, denn wenn es keine Auferstehung gäbe, würde die Schuld gegen uns immer noch bestehen und wir würden nicht „zusammen mit ihm lebendig gemacht“ werden.

Gelehrte sind über die Wortwahl in V. 15 („entwaffnet“; Lemma: apekduomai) verwirrt worden. Es findet sich nur hier und in Kolosser 3,9 („das alte Selbst ablegen, entfernen, ausziehen“). Es ist offensichtlich, dass der Begriff nicht auf die Vernichtung der Herrscher und Mächte hinweist, da Paulus an anderer Stelle die Mächte der Finsternis aktiv gegen die Gläubigen vorgehen lässt (z. B. Eph 6,12). Gelehrte finden die Idee des Entfernens oder Abstreifens (von etwas) umständlich, und das ist es auch – wenn man nicht den Rahmen von Deuteronomium 32 als Bezugspunkt hat.

Paulus verwendet dasselbe Verb in Kolosser 3,9-10, wenn er die Kolosser daran erinnert, dass sie „das alte Selbst mit seinen Gewohnheiten abgelegt und das neue Selbst angezogen haben.“ Das „Ablegen“ und „Anziehen“ spricht von der Abkehr von der alten Lebensweise zu etwas Neuem. Das verwandte Substantiv (apekdysis)25 kommt nur einmal im Neuen Testament vor, und zwar genau in diesem Abschnitt (Kol 2,11): „In ihm seid auch ihr beschnitten worden mit einer Beschneidung ohne Hände, indem ihr den Leib des Fleisches abgelegt habt [apekdysis], durch die Beschneidung Christi.“ Im Zusammenhang betrachtet, ist „den Leib des Fleisches ablegen“ begrifflich verwandt mit „das alte Selbst ablegen“. In ähnlicher Sprache sagt Paulus den Gläubigen an anderer Stelle, dass sie eines Tages „das Unvergängliche anziehen“ werden (1 Kor 15,53). Die vertraute paulinische binäre Opposition von Fleisch und Geist macht deutlich, dass seine Formulierung „offenkundig metaphorisch für geistliche Zustände“ ist.

Michael S. Heiser – Dämonen – Was die Bibel wirklich über die Mächte der Finsternis sagt

Also haben wir Angst vor Menschen? Oder vor Dämonen und Satan? NEIN!
Warum nicht? Nun: Jesus Christus ist das Haupt – niemand kann etwas tun, wenn ER nicht die Erlaubnis dafür gibt! Schon als Jesus auf der Erde war, gehorchten IHM die Dämonen, ja sogar Wind und Wellen! Wie werden diese wohl heute – wo ER wieder im Himmel sitzt, auf sein Wort reagieren?? Eben! Deshalb – keine Angst, keine Furcht! Wir dienen der obersten Autorität!

Wie weiß ein Christ, wie er sich in Bereichen verhalten soll, die in der Heiligen Schrift nicht ausdrücklich behandelt werden?

Ob ihr nun esset oder trinket oder irgend etwas tut, tut alles zur Ehre Gottes.
Elberfelder 1871 – 1.Kor 10,31

Was immer ihr tut, ob ihr esst oder trinkt oder was es auch sei – verhaltet euch so, dass Gott dadurch geehrt wird
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Korinther 10,31

Egal, bei welcher Frage, und egal, was ihr tut, wichtig ist nur, dass wir es tun, damit Gott dabei groß rauskommt.
VolxBibel – 1.Korinther 10:31

Alles tuet zur Ehre Gottes.

Aboth 6, 11: Alles, was Gott in seiner Welt geschaffen hat, hat er nur zu seiner Ehre לִכְבוֹדוֹ geschaffen, wie es heißt: Alles, was nach meinem Namen genannt ist u. was ich zu meiner Ehre geschaffen, gebildet u. gemacht habe Jes 43, 7; ferner: Jahve ist König für immer u. ewig Ex 15, 18. — Dasselbe als allgemein anerkannter Satz mit Spr 16, 4 als Belegstelle Joma 38a. ‖ PesiqR 23 (115b): Hillel der Alte (um 20 v. Chr.) pflegte zu sagen: All dein Tun geschehe um Gottes willen כל מעשיך יהיו לשם שמים! — Die ganze Stelle s. bei Mt 12, 1 S. 614; ferner s. ebenda Beça 16a. — Hillels Ausspruch im Munde des R. Jose des Priesters (um 100) Aboth 2, 12. ‖ Chag 2, 1: Wer die Ehre seines Schöpfers nicht schont (auf sie nicht bedacht ist), dem wäre es besser, wenn er nicht in die Welt gekommen wäre. ‖ Meg 3a s. bei Mt 3, 17 S. 128 Anm. h, 2. Einen ähnlichen Ausspruch im Munde des Rabban Gamliël (um 90) s. BM 59b im Exkurs: „Der Synagogenbann.“ — Vgl. auch bei Lk 17, 18 S. 235.

Strack Billerbeck – Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch

RICHTLINIEN FÜR ZWEIFELHAFTE BEREICHE

Manche jüdischen Lehrer betonten, dass alles, was ein Mensch tat, zur Ehre Gottes geschehen müsse; manche Philosophen lehrten, dass der Mensch sein Leben den Dingen widmen sollte, die ewige Bedeutung haben. Im A.T. gebot Gott den Menschen, allein für ihn zu leben ( 5.Mose 6,4-5; Ps 63,2 ). Dieser Ansicht ist auch Paulus, zumal ein solches Verhalten für die Glaubwürdigkeit des Evangeliums zeugt ( 1.Kor 10,32-33 ).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Wie weiß ein Christ, wie er sich in Bereichen verhalten soll, die in der Heiligen Schrift nicht ausdrücklich behandelt werden? Was sollen wir zum Beispiel von Vergnügungen halten? Sind bestimmte Gebräuche Sünde, wenn sie von der Bibel nicht direkt verurteilt werden? Sind Dinge wie Musik, Fernsehprogramme und so weiter für den Christen, der Jesus Christus konsequent nachfolgen will, verboten? Die folgenden Punkte dienen als Test für solche Fragen, die diese „Mitteldinge“ betreffen.

Wird Gott durch diese Sache verherrlicht (1Kor 10,31)?
Würde ich mich schämen, diese Sache zu tun, wenn der Herr zurückkäme (1Joh 2,28)?
Verwalte ich dabei meine Zeit und mein Geld richtig (Eph 5,16; Lk 16,9)?
Führt diese Sache in eine Abhängigkeit, oder wird sich eine Gewohnheit bilden (1Kor 6,12)?
Kommt diese Sache meinem Fleisch (meiner sündigen, alten Natur) entgegen, und ebnet sie den Weg für Sünde (Röm 13,14)?
Werden andere daran Anstoß nehmen oder durch mein Beispiel sogar in Sünde allen (Röm 14,13: 1Kor 8,13)?
Habe ich Zweifel dabei (Röm 14,23)?
Ist diese Sache weltlich (Joh 17,16)?
Missbrauche ich dabei meinen Körper, der der Tempel des Heiligen Geistes ist (1Kor 6,19)?
Hätte Jesus es getan (1Petr 2,21)?

Jean Gibson – Training im Christentum

Die Fragen, die man stellen muss, wenn man unter der Gnade lebt

Wie bestimmt man im Umgang mit Geboten, die Prinzipien sind, welchen Weg man gehen soll? Um zu einer Antwort zu kommen, kann es klug sein, diese fünf Fragen zu stellen, bevor man sich beteiligt.

Erstens: „Ist es eine Last, d.h. etwas, das das Leben des Gläubigen behindern würde?“ Hier geht es nicht um etwas, das eine bekannte Sünde ist, denn Sünde behindert immer das Leben des Gläubigen (Hebräer 12,1). Hier geht es um etwas, das an sich neutral ist, aber wenn man es tut, behindert es das persönliche geistliche Leben. Eine bestimmte Tätigkeit mag das geistliche Leben eines Gläubigen behindern, aber nicht das eines anderen.
Zweitens: „Ist es eine Gewohnheit, die versklavt?“ (1 Korinther 6,12) Zum Beispiel spricht die Bibel nie über das Rauchen. Die Bibel spricht nicht über den Gebrauch von Tabak, aber kann jemand regelmäßig rauchen und nicht süchtig danach werden? Wie Ihnen jeder Raucher sagen kann, ist die Antwort „Nein!“ Was für eine schreckliche Zeit haben diejenigen, die bereits süchtig nach Tabak sind, wenn sie versuchen, aufzuhören. Die Frage ist wieder: „Ist es eine Gewohnheit, und versklavt sie?“
Drittens: „Ist es ein Stolperstein?“ Diese Frage ist besonders wichtig in Bezug auf andere gerettete Menschen. Wird es einen Mitgläubigen dazu bringen, in seinem Glauben zu stolpern? (1 Korinther 8,1-13). Das ist kein Fall, in dem sich jemand einfach nur beleidigt fühlen könnte, denn es ist heutzutage fast unmöglich, etwas zu tun, ohne dass sich jemand beleidigt fühlt. Die Frage ist: „Wird es einen Mitgläubigen in seinem Glauben zum Straucheln bringen?“, nicht, ob er sich durch die Handlung einfach beleidigt fühlen wird.
Viertens: „Ist es gewinnend?“ Das ist die Frage, die man in Bezug auf die Unerlösten stellen muss. Wird es einen Ungläubigen daran hindern, zum Messias zu kommen, oder wird es ihn zum Glauben an den Messias ziehen? (1 Korinther 9,19-21; 10,32; Kolosser 4,5).
Fünftens: „Stellt es Gott effektiv dar?“ oder „Verherrlicht es Gott?“ Bringt es Ihm Ruhm? (1 Korinther 10,31).

Dies sind Fragen, die sich Gläubige stellen sollen, wenn sie mit einem Thema konfrontiert werden, das an sich neutral ist; hier muss die göttliche Weisheit, die durch die Gnade bereitgestellt wird, angewendet werden.

Arnold Fruchtenbaum – Die Gnade Gottes

Von den einzelnen Ratschlägen, die besondere Fälle ordnen, geht Paulus zum Schluss nochmals zum letzten, höchsten Grundsatz hinauf, der unser ganzes Verhalten zu regeln hat. Immer soll es unser Ziel und Anliegen sein, dass die Größe und Herrlichkeit Gottes an uns sichtbar ist. Die Christen in Korinth essen zur Ehre Gottes, wenn sie alles, was sie vom Markt holen, mit Danksagung genießen; denn die Erde ist mit allem, was sie bietet, das Eigentum Gottes. Es dient der Ehre Gottes, wenn sie, falls andere auf sie achten, nicht vom Opferfleisch essen; sie sollen keinen bösen Schein auf sich laden. Denn es dient nicht zur Bezeugung der Herrlichkeit Gottes, wenn die Seinen als Sünder verlästert werden. Paulus zweifelt nicht, dass wir auch die natürlichen und alltäglichen Dinge so behandeln können, dass dadurch die Größe Gottes sichtbar wird. Mit der Liebesregel, die uns auf das bedacht sein heißt, was den anderen hilft, steht die neue Regel in keinem Streit. Wenn wir, statt zu bauen, niederreißen, machen wir die Größe Gottes nicht offenbar; dagegen werden durch das, was zu seiner Ehre geschieht, die anderen nie verletzt, sondern gebaut.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

zufrieden oder Mangel?

Nicht daß ich dies des Mangels halber sage, denn ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen.
Elberfelder 1871 – Philipper 4,11

Nicht wegen des Mangels sage ich das; ich habe nämlich gelernt, mit der Lage zufrieden zu sein, in der ich mich befinde.
Schlachter 2004 – Phil 4,11

Nicht, dass ich über äußere Not zu klagen hätte. Ich habe ja gelernt, in allen meinen Lebenslagen mit wenigem auszukommen.
Johannes Greber – Phil 4,11

Ich sage das nicht, als ob ich Mangel gelitten hätte; denn ich habe gelernt, mir mit dem, was ich habe, genügen zu lassen. Spr 15,16; 16,8; 1Tim 6,6; Heb 13,5.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Phil 4,11

Aus der Freude, die die Sendung der Philipper Paulus machte, sollten sie nicht schließen, er klage über seine Lage oder stelle an die Gemeinde Ansprüche. Er ist ein völlig freier Mann und beherrscht jede Lage; er braucht niemand, sondern reicht mit dem aus, was er hat. Von selbst fällt niemand eine solche Selbständigkeit zu. Ich habe sie gelernt, sagt Paulus, in langer Übung und mancher Erfahrung. Nun aber geht er in jeder Lage fest und sicher seinen Weg. Muss er entbehren, so erschüttert und lähmt ihn dies nicht; er meint nicht, er habe durch sein Botenamt oder durch seinen Glauben einen Anspruch an ein behagliches Leben im Überfluss. Stehen ihm reiche Mittel zur Verfügung, so machen sie ihn nicht zum Knecht der Begehrlichkeit und von Gott los; sie ziehen ihn nicht von seiner Arbeit ab. Seine Stärke, die ihn in allem frei macht, verdankt Paulus Jesus, der ihm beständig mit seiner Kraft zur Seite steht. Er gibt es ihm, dass er für alles danken und Gott mit völliger Liebe dienen kann, so dass ihn die äußeren Dinge nie an seinem Lauf hindern. Dadurch verliert aber die Gabe der Gemeinde für ihn ihren Wert nicht. Die Entbehrung drückt, und Paulus dankt denen, die sie ihm abnehmen.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Paulus, dessen Leben und Werk in unserer Zeit mehr und mehr die Aufmerksamkeit vieler Kreise auf sich ziehen, hat in seinen Schriften verschiedene Male ein Wort gebraucht, das in den Kriegsjahren auf wirtschaftlichem Gebiet eine ganz neue Bedeutung gewonnen hat. Es ist das Wort «Autarkie», womit man das Streben andeuten wollte, das Land selbständig zu machen, unabhängig von allen andern. Damit wird also ein Sichbegnügen mit dem Vorhandenen zum Ausdruck gebracht.
Aber lange vor unserer Zeit schon wurde dieses Wort von den Griechen viel gebraucht, wohl in dem Sinn: Der Mensch soll seine Gemütsverfassung nicht durch die Umstände beeinflussen lassen. Er muss über ihnen stehen. Er soll sich begnügen mit dem, was er ist und hat.
Dieses Wort und diesen Gedanken hat Paulus in das christliche Leben herübergenommen. Wer wirklich auf Gott, auf den lebendigen Gott vertraut, muss sich nicht durch die äusseren Lebensumstände beeinflussen lassen, sondern kann allezeit guten Mutes sein.
Es ist aber wahrlich nicht leicht, dies in die Praxis umzusetzen, wenn alles, was uns umgibt, gegen uns zu sein scheint. Darum teilt Paulus den Philippern mit, dass er diese Lektion auch selber habe lernen müssen (Phil 4,11). Er sagt nicht, hochmütig und von sich selbst eingenommen, er habe sich zu diesem hohen Standpunkt hinaufgearbeitet, nein, mit einem niedriggesinnten Herzen bekennt er, dass er durch Lebenserfahrung gelernt habe, sich zu begnügen. Ich habe einen Lehrmeister, so sagt er, der mich in allem unterwiesen hat: den Überfluss nicht zu missbrauchen oder auch mit frohem Herzen mich in den Mangel zu schicken. Dieses Sichbegnügen war das Geheimnis seines christlichen Lebens, in das er durch Christus eingeweiht worden war, der ihm gleichzeitig auch die Kraft dazu darreichte. Da der Apostel nun diese Lektion gelernt hatte, konnte er auch andere in dieser Tugend unterweisen. War er in dieser Lebenskunst nicht selber ein Vorbild? Im Gefängnis zu Rom schrieb er unter andern diesen Brief an die Philipper, der vom Anfang bis zum Ende von echter Freude zeugt, und worin er sich am Schluss vorstellt als einer, der nichts nötig hat, weil er alles empfangen hat. Timotheus unterweist er, dass «wenn wir Nahrung und Bedeckung haben», wir uns daran genügen lassen sollen, und dass die Gottseligkeit mit Genügsamkeit ein grosser Gewinn sei.

Halte fest 1958

Die griechischen Moralphilosophen priesen unter dem Einfluss des Gedankengutes der Stoa die Menschen, die mit wenigem ebenso zufrieden waren wie mit vielem. (Die Kyniker achteten, um ihre Zufriedenheit mit wenigem beweisen zu können, eigens darauf, immer nur das Nötigste zu besitzen.) Es hieß, dass der Weise keinen Menschen brauche außer sich selbst, also absolut autark sei. Paulus gibt hier zwar der Zufriedenheit in allen Lebensumständen Ausdruck (V. 11-12 ), wie sie von den Philosophen der Stoa und anderen gefordert wurde, den Gedanken der Standhaftigkeit und Geduld um Gottes willen (V. 13 ) hatten jedoch bereits die alttestamentlichen Propheten, die jüdischen Märtyrer und andere Diener Gottes in ihrem Leben verwirklicht.
Der »Überfluss« des Apostels war nach modernen Maßstäben wohl eher bescheiden; Kunsthandwerker hatten zwar ein besseres Auskommen als die Armen, doch ihr Lebensstandard lag weit unter dem, der der heutigen Mittelschicht der westlichen Welt bzw. der Oberschicht der Antike selbstverständlich ist bzw. war. (»Mäßigung« – der Mittelweg zwischen zwei Extremen – war ein Hauptaspekt der griechischen Tugendvorstellung, vor allem bei Aristoteles , der auch in die Ethik der jüdischen Diaspora Eingang fand. Paulus strebt keinen solchen Mittelweg an; wie die besten der griechischen Philosophen ist er in jeder Lage zufrieden. Seine Formulierungen in dieser Passage erinnern deshalb eher an die Philosophie der Stoa und der Kyniker als an die der [aristotelischen] Peripatetiker. Im Gegensatz zu denen, die völlige Autarkie anstrebten, gründet sich seine »Selbstgenügsamkeit« jedoch ganz und gar auf Christus, der in ihm wirkt).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Heute sieht man diese pharisäische Lehre in jenen Kreisen, die das Konzept des „positiven Bekenntnisses“ oder des „name-it-and-claim-it“ lehren, bei dem die Leute herumgehen und Dinge wie Cadillacs oder Mercedes oder Millionen-Dollar-Häuser für sich beanspruchen. Es ist klar, dass ihr Gott in Wirklichkeit der Mammon ist, nicht Jeschua der Messias. Wenn ihr Gott der Herr Jesus wäre, würden sie in allen Dingen zufrieden sein, wie Paulus es war (Philipper 4:11). Ob er nun reich oder arm war, Paulus war ganz zufrieden in dem Wissen, dass alles, was er vom Herrn erhielt, der vollkommene Wille Gottes für ihn zu dieser Zeit war. Er war bereit, alles für den Messias aufzugeben.
Aber wenn wir darauf bestehen, dass Reichtum ein Zeichen der göttlichen Gunst ist, wie es leider einige bekannte religiöse Führer getan haben, wird das bei uns das Gleiche bewirken wie bei den Pharisäern. Wir werden anfangen, auf die materiellen Dinge zu achten und uns dem Reichwerden hingeben, weil das ein Zeichen der göttlichen Gunst ist. Am Ende werden wir nicht mehr Gott dienen, sondern dem Mammon.

Arnold Fruchtenbaum – Mammon der Ungerechtigkeit

Paulus hat es für seine Person grundsätzlich abgelehnt, sich von den Gemeinden unterhalten zu lassen. In jener Zeit zahlreicher und oft recht zweifelhafter Wanderredner (s.o.S.132) wollte er seine Verkündigung von vornherein gegen jeden Verdacht eigennütziger Hintergründe schützen. Darum erarbeitete er sich das Wenige, das er zum Leben brauchte, mit eigener Hand. Entbehrungen, Armut und Leiden gehörten ihm unabtrennbar zum apostolischen Dienst (1 Kor 4,9ff.; 2 Kor 6,4ff.). Nur den Philippern erlaubte er es, eine „Rechnung auf Gegenseitigkeit“ („Abrechnung des Gebens und Nehmens“ ist der damalige geschäftliche Fachausdruck dafür) aufzumachen. Ja, so wurden die Philipper „Teilhaber“ in seinem „Geschäft“! Sonst bleiben die Gemeinden allein die Empfangenden und Paulus allein der Gebende, so klar Paulus das Recht der Boten auf Erhaltung durch die Gemeinden betonte (1 Kor 9,4-14). Welche Gründe Paulus dazu veranlassten, bei den Philippern eine Ausnahme zu machen, erfahren wir nicht. Es wird das mit zu der besonderen Herzlichkeit der Liebe gehören, die wir im ganzen Brief von Anfang an spüren. Eben darum ist es so lieb ausgedrückt, wenn Paulus diese Bevorzugung seiner Geliebten in das Bild vom „Geschäft“ fasst: Ihr allein tratet in das Geschäft mit gegenseitiger Abrechnung mit ein! Für uns aber ist es wichtig, dass Paulus trotz seiner Beharrlichkeit in dieser Sache den Korinthern gegenüber (2 Kor 11,7-12; 12,13) kein Mann bloßer „Prinzipien“ war, sondern die Freiheit des Handelns behielt. So haben die Philipper ihn schon in Thessalonich „ein-, zweimal“ unterstützt. Diese Mitteilung legt übrigens nahe, dass wir uns ein falsches Bild machen, wenn wir aus Apg 17,2 schließen, Paulus sei nur drei Wochen in Thessalonich geblieben; sein Aufenthalt muss doch wohl etwas länger gedauert haben, wenn in dieser Zeit mehrfach eine Unterstützung aus Philippi an ihn gelangte. Paulus bezeichnet jene Tage als „Anfang des Evangeliums“. Hier ist wieder wie in Phil 4, 3 das Wort „Evangelium“ nicht nur für den Inhalt der Botschaft, sondern auch für ihr Wirksamwerden benutzt, so dass geradezu die Bestimmung einer „Zeit“ daraus wird (s. o. S. 141). In ähnlicher Weise könnte etwa ein Vater seinem Sohn schreiben: „Im Anfang der Studien riet ich Dir …“ (Ewald). Aus 2 Kor 11,8.9 geht hervor, dass die Philipper ihre Unterstützung auch während der Arbeit des Paulus in Korinth fortgesetzt haben.
Aber nun hatte Paulus lange nichts mehr von der Gemeinde erhalten. Darum freut er sich „mächtig“ – er braucht hier ein Wort, das stärker ist als unser abgegriffenes „sehr“ -, dass Epaphroditus eine erhebliche Gabe mitbrachte. Die Philipper ließen das „Denken an ihn“ – es ist das Wort „Denken“, „Bedacht sein“, das in unserm Brief oft vorkam und hier das „Sorgen für ihn“ bezeichnet – wieder „aufblühen“ oder „aufgrünen“. Benutzt ist das Bild der Pflanze, die nach der Winterzeit wieder „ausschlägt“ oder „aufblüht“. Auf das „Denken an ihn“ waren sie freilich immer bedacht, das weiß Paulus. Aber es fehlte ihnen der „kairos“, die geeignete Zeit, die Gelegenheit zum Helfen. Schon 2 Kor 8,2 hatte Paulus die in der Kollektensache säumigen Korinther an die Armut der Mazedonier im Zusammenhang mit schweren Bedrängnissen der Gemeinde erinnert. So waren sie zur Unterstützung des Apostels nicht in der Lage. Nun hat Paulus wieder eine reiche Gabe bekommen, die Epaphroditus aus Philippi mitbrachte (s.o. S. 16). Über ihre tatsächliche Höhe erfahren wir nichts. Paulus bescheinigt, „alles erhalten zu haben“, und versichert, nun „Überfluss zu haben“ und „erfüllt“ zu sein. Das sind freilich sehr relative Begriffe! Der an Mangel und Entbehrung Gewöhnte hält für „Überfluss“ und „Fülle“, was dem Verwöhnten recht bescheiden vorkommen mag. Die Liebe eines Paulus hat die „Größe“ der Gabe sicher mehr an der Armut der Geber als an dem Umfang seiner Bedürfnisse gemessen.
Aber ihm liegt überhaupt nicht an der „Gabe“ als solcher, auch wenn er sich „mächtig“ an ihr freuen kann. Ihm liegt an der „Frucht“. Der Mensch ist von Natur gierig oder doch wenigstens ängstlich im Festhalten seines Besitzes. Wenn er zu geben vermag, und dies noch aus eigener schwieriger Lage heraus (die Gemeinde stand noch immer im Kampf 1,27-30), dann zeigt sich darin die Wirkung des Wortes, das den Menschen zum Vertrauen auf den lebendigen Gott gebracht und das Herz zur Liebe befreit hat. Solche „Frucht“ begehrt Paulus. Wir sahen es mehrfach in unserm Brief, wie er nicht nur eine Gnade kennt, die als verheißungsvoller Bogen über einem unverändert grauen Lebe steht, sondern eine solche, die das wirkliche Leben umwandelt und für Gott tatsächlich fruchtbar macht. Er hat eben das geschäftliche Bild verwendet. So gebraucht er es nun gleich noch einmal und sagt: Diese wachsende Frucht kommt „auf eure Rechnung“. Euer Konto steigt dadurch. In feiner Weise verbindet Paulus den Dank für das große Geschenk mit der vollen Unabhängigkeit den Philippern gegenüber: Sie erhöhen nur ihren eigenen Kontostand, wenn sie die Frucht bringen, die von einer Pflanzung des Evangeliums erwartet werden darf. Der eigentliche Grund der Freude des Apostels liegt nicht in der Hilfe, die er selbst erfährt, sondern in dem Gedeihen der Gemeinde, das in solchen Gaben zum Ausdruck kommt.
Denn für seine Person hat Paulus gelernt, „in der Lage, in der er ist, selber auszukommen“. Und nun beschreibt er eine Lebenshaltung, die wieder mit manchem „griechischen“ oder „philosophischen“ Ideal verwandt erscheint, die aber in Wahrheit diese „Ideale“ weit unter sich lässt und selber nicht ein „Ideal“, sondern einfache Wirklichkeit ist. Wenn der Mensch sein „Menschsein“ entdeckt, dann werden ihm seine Triebe zur Not, die ihn zum bloßen Naturwesen stempeln und hart an die Verhältnisse binden. Wird er wahrhaft „Mensch“ nicht erst dann, wenn er die Triebe möglichst abtötet und sich aus der Knechtschaft der Verhältnisse befreit? „Frei“ ist der Mensch erst, wenn er die „Autarkie“ besitzt, die Fähigkeit, sich selbst zu genügen, „selber auszukommen.“ Aber nur der „Genügsame“ hat sie! Darum kommt der Philosoph stoisch-kynischer Richtung zur „Askese“, zur möglichst armen und primitiven Lebensgestalt.

Wuppertaler Studienbibel

Zufriedenheit:-
I. IHRE NATUR. 1. Sie ist der Unzufriedenheit entgegengesetzt, und indem sie sich den Härten des Lebens unterwirft, entzieht sie ihnen die Hälfte ihrer Macht. Sie ist zu vernünftig, um nach Unmöglichkeiten zu streben oder die Unzulänglichkeiten des Lebens durch Verdrießlichkeit zu vergrößern. Ein gerechter Geist ist dazu notwendig, einer, der die Dinge sieht, wie sie sind, statt durch das verzerrende Medium eines verbitterten Auges. Die Ungerechtigkeit des Geistes, die mit Stolz einhergeht, erzeugt Verdrießlichkeit, und die, die mit Ehrgeiz einhergeht, Launenhaftigkeit. 2. Es ist jedoch nicht Gleichgültigkeit oder Dummheit, obwohl diese manchmal als solche durchgehen. Ein Verstand, der zu träge ist, um zu denken, ein Herz, das zu gefühllos ist, um zu fühlen, eine Seele, die zu selbstsüchtig ist, um beides zu tun, hat weder Sensibilität noch Sinn, um sich zu beschweren. Aber die Zufriedenheit kann fühlen, hoffen, seufzen; aber ihre Gefühle dürfen nicht in Verdrossenheit ausarten, und ihre Seufzer werden oft gegen Lächeln ausgetauscht. Wenn sie nicht haben kann, was sie möchte, wird sie nicht über ihre Enttäuschungen grübeln, sondern sie durch süße Unterwerfung aufhellen. 3. Es hat keine Verwandtschaft mit Fatalismus. Wenn die Rufe der Pflicht mit dem Verlangen nach gehegter Sündhaftigkeit in Konflikt geraten, ist es nicht ungewöhnlich, dass ein törichter Sünder sagt, dass seine Pläne und Handlungen nichts ändern können; er ist zu faul, um überhaupt zu planen oder zu handeln; so nennt er sein Laster fälschlicherweise die Tugend der Zufriedenheit. Paulus‘ Zufriedenheit aber bestand darin, zu arbeiten, zu planen, zu beten. Er fügte sich nicht vorher, weil er es nicht vorher wusste; aber als das Ereignis kam, sagte er: „Ich bin zufrieden“, d.h. mit dem festgestellten Willen seines Meisters.
II. DIE ART UND WEISE DER ERLANGUNG. „Ich habe gelernt“, d.h. als eine Lektion, und auch mit Schwierigkeiten. Wenn wir seinen Erfahrungen nachgehen, finden wir: 1. eine Sensibilität für die göttliche Hand. Er sah Gott in seinen Prüfungen und sagte: „Dein Wille geschehe.“ Es ist etwas ganz anderes, sich unter die Übel des Lebens zu fügen, weil man ihre göttliche Bestimmung erkennt, als sich aus Verdrossenheit oder Dummheit zu fügen. Sieh also in ihnen den Gott aller Weisheit und Güte. 2. Er hoffte auf Gott. Ohne Hoffnung kann kein Mensch zufrieden sein. Diese führt zur Zufriedenheit in der sicheren Erwartung der Befreiung, wenn nicht hier, so doch in der Zukunft. „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“, &c. 3. Er hatte seinen Schatz im Himmel; und wenn wir den haben, können wir sagen: „Unsere leichte Bedrängnis, die nur für einen Augenblick ist“, &c., und so zufrieden sein. Und selbst im Wohlstand ist dieser Trost nötig; denn inmitten von überreichem Reichtum gibt es Unzufriedenheit. Etwas mehr ist nötig. 4. Er hatte Erfahrungen, die ihn prüften. Seine Zufriedenheit ergab sich nicht aus dem Unterricht, dem Glauben, der Hoffnung, der himmlischen Gesinnung, allein oder zusammen. Seine schmerzlichen Erfahrungen gaben seiner Zufriedenheit Kraft, und machten die folgenden Prüfungen leichter und bereitwilliger. Sie lehrten ihn zu sagen: „Wenn ich schwach bin, bin ich stark; ich vermag alles durch Christus“, &c.
III. DIE GRÜNDE, DIE IHN BESTÄRKEN. 1. Die Macht, die unseren Zustand zugewiesen hat. Gott regiert. Eine unergründliche Weisheit und übergeordnete Vorsehung ist am Werk. Wie unvernünftig ist es dann, sich zu beklagen, wenn Schwierigkeiten kommen. Es ist entweder eine verdiente Strafe oder eine heilsame Disziplinierung. Unzufriedenheit ist eine Ungerechtigkeit in hohen Kreisen. Nimm also deinen glücklichen Platz ein, es ist die Bestimmung deines himmlischen Vaters in Liebe. 2. Zufriedenheit ist Sicherheit. Wie viele haben unwiederbringlich gelitten, weil sie von dem ihnen zugewiesenen Weg abgewichen sind, oder weil sie es sich wünschten und danach strebten. Die bescheidenste Hütte ist besser als ein vom Fieber befallener oder erdbebengeschüttelter Palast. 3. Zufriedenheit steigert unsere Freude und vermindert unser Elend. Übel werden durch geduldiges Ausharren leichter, und Vorteile werden durch Unzufriedenheit vergiftet. 4. Das Elend des Lebens ist tief und umfangreich genug, ohne dass man es noch vergrößern muss. 5. Zufriedenheit ist das Mittel, um neue Lektionen über Gott zu erhalten. (I. S. Spencer, D.D.) Zufriedenheit bedeutet Selbstgenügsamkeit. Hier ist es nicht unbedingt so zu verstehen, als ob es Unabhängigkeit in der Natur lehrte, nichts außerhalb von sich selbst zu wollen. Paulus wollte Gott oder seine Vorsehung nicht ausschließen, sondern unterstellte sie – „nicht als ob wir aus uns selbst genügten, sondern unsere Genügsamkeit ist von Gott.“ Er wünschte oder vermisste nicht mehr als das, womit Gott ihn versorgt hatte. Sein Wille entsprach seinem Zustand, sein Verlangen überstieg nicht seine Kraft. Das Ziel der Zufriedenheit ist also der gegenwärtige Zustand der Dinge, was auch immer es sein mag, in den Gott uns gesetzt hat. Diejenigen, die das größte Vermögen haben, sind am meisten geneigt, die kleinsten Dinge zu respektieren, während ein armer Stand leicht durch den Zuwachs von wenig getröstet wird. Der formale Gegenstand mag ein Zustand sein, der unserem Sinn widerspricht – aber da alle Menschen mehr oder weniger in einem solchen Zustand sind, kann jeder Zustand der Gegenstand der Zufriedenheit sein, und Prinz und Bauer müssen diese Lektion gleichermaßen lernen. Wenden wir uns nun den Handlungen zu, in denen die Praxis bestand.
I. WAS UNSERE MEINUNGEN UND URTEILE BETRIFFT. Zufriedenheit erfordert, dass-1. wir glauben sollten, dass unser Zustand, wie auch immer er sein mag, von Gott bestimmt ist, oder zumindest, dass er ihn nach seinem Wohlgefallen zulässt. 2. Daher sollten wir alles, was geschieht, als durch und durch gut und Gottes Bestimmung würdig beurteilen und keine harten Gedanken über ihn hegen. 3. Wir sollten sogar in unserem Geist davon überzeugt sein, dass nach Gottes Absicht alle Ereignisse nicht nur zum Wohl der Dinge im Allgemeinen, sondern auch zu unserem im Besonderen beitragen. 4. Daher sollen wir glauben, dass unser gegenwärtiger Zustand alles in allem der beste ist – besser, als wir es uns selbst hätten ausdenken können.
II. WAS DIE ABLAGERUNGEN DES WILLENS UND DER ZUNEIGUNG BETRIFFT. 1. Wir sollten alle Vorkommnisse, wie schlimm sie auch sein mögen, mit völliger Unterwerfung unter den Willen Gottes betrachten. 2. Wir sollten alle Dinge mit beständiger Ruhe und Gelassenheit des Geistes ertragen und jene Exzesse der Leidenschaft unterdrücken, die der Sinn für Dinge, die uns widerwärtig sind, zu erregen pflegt. 3. Wir sollten die schlimmsten Ereignisse mit süßem Frohsinn ertragen und nicht der Entmutigung erliegen. „Wie ein Trauernder und doch immer fröhlich.“ 4. Wir sollten uns mit Glauben und Hoffnung auf Gott verlassen und auf die Beseitigung oder Erleichterung unserer Bedrängnisse warten, oder ihm die Gnade anvertrauen, sie gut zu ertragen. „Warum bist du niedergeschlagen“, &c. 5. Wir sollten nicht in Ohnmacht fallen oder schmachten. Keine Widrigkeit soll die Kräfte unserer Vernunft oder unseres Geistes beeinträchtigen, unseren Mut entkräften oder unseren Fleiß erlahmen lassen. „Wenn du in der Not ohnmächtig wirst, ist deine Kraft gering.“ 6. Wir sollten unseres Zustandes nicht überdrüssig werden oder lästige Sehnsüchte nach Veränderungen haben, sondern mit einer stillen Gleichgültigkeit und Bereitschaft darunter liegen, solange es Gott gefällt, in Anbetracht dessen, „der solche Widersprüche von Sündern gegen sich selbst ertragen hat.“ 7. Wir sollten durch widrige Unfälle in unseren eigenen Augen demütig werden, sanftmütig in unserem Gemüt und sensibel für unsere eigene Unwürdigkeit. „Seid demütig unter der mächtigen Hand Gottes.“ „Auf diesen Mann will ich sehen“, &c. 8. Es wird von uns verlangt, dass wir trotz aller Härte in unserem Zustand freundlich zu anderen sind, zufrieden und erfreut über ihren wohlhabenderen Zustand. 9. Zufriedenheit bedeutet Freiheit von Angst in Bezug auf die Versorgung mit unseren Bedürfnissen, „unsere Last auf den Herrn werfen.“ 10. Sie verlangt, dass wir unsere Begierden zügeln und nicht mehr an Quantität oder besserer Qualität anstreben, als unsere Natur oder unser Zustand erfordern. „Derjenige“, wie Sokrates sagte, „ist den Göttern (die nichts brauchen) am nächsten, der am wenigsten Dinge braucht.“ 11. Es bedeutet, dass, was auch immer unser Zustand ist, unser Geist und unsere Zuneigung dementsprechend ausgerichtet sein sollten. Wenn wir reich sind, sollten wir ein freigebiges Herz haben; wenn wir arm sind, sollten wir genügsam sein; wenn wir hoch in der Würde sind, sollten wir gut ballastiert sein; wenn wir niedrig sind, sollten wir sanftmütig und beständig sein.
III. Daraus sollte sich die KORRESPONDENTE EXTERNE DEMEANOUR ergeben. 1. Wir sollten unsere Zungen von allen ungebührlichen Ausdrücken zurückhalten, die Unmut über Gottes Vorsehung andeuten. „Warum klagt ein lebender Mensch?“ „Sei still und erkenne, dass ich Gott bin.“ 2. Wir sollten unsere Zufriedenheit mit Gottes Handeln bekunden, seine Weisheit, Gerechtigkeit und Güte anerkennen und ihn für alles segnen. 3. Wir sollten uns aller ungesetzlichen Maßnahmen zur Behebung unserer Nöte enthalten und lieber still in ihrer Gegenwart verweilen, als uns gewaltsam Erleichterung zu verschaffen. 4. Wir sollten trotz aller Widrigkeiten unsere Angelegenheiten mit Eifer, Mut und Fleiß angehen und nicht zulassen, dass uns der Kummer lustlos oder träge macht. Aktivität ist ein gutes Mittel zur Ablenkung und der schnellste Weg, um viele Übel zu beseitigen. 5. Wir sollten uns fair und freundlich gegenüber den Werkzeugen unseres Unglücks verhalten, „geschmäht werden“ sollten wir „segnen“, &c. (I. Barrow, D.D.)
Christliche Zufriedenheit:-
I. IHR UMFANG. Sie wird unter verschiedenen Umständen ausgeübt. 1. Inmitten von Kompetenz, in welchem Fall sie das Streben des Ehrgeizes und das neidische Murren wegen der Erfolge anderer unterdrückt. 2. Unter aufgeschobener Hoffnung, in welchem Fall sie ein geduldiges Warten auf Gottes Zeit als die beste lehrt. 3. Unter dem Druck des Unglücks, aus dem es in dieser Welt kein Entrinnen gibt; in diesem Fall unterdrückt es Mürrischkeit und eine törichte Anklage gegen Gott.
II. SEINE QUALIFIKATIONEN UND ILLUSTRATIONEN. 1. Es war sein Anteil an weltlichen Gütern, mit dem der Apostel zufrieden war – nicht mit seinem geistlichen Zustand. Das wäre Sünde gewesen. Damit sollten wir unzufrieden sein. Das ist auch nicht unvereinbar mit der Dankbarkeit für die empfangene Gnade. Die Zufriedenheit eines unerneuerten Menschen ist eine große Verschlimmerung seiner Sündhaftigkeit. Aber während du unzufrieden bist wegen der Bosheit deines eigenen Herzens, sei nicht unzufrieden mit dem langsamen Wirken der heiligmachenden Gnade Gottes, so dass du dich ärgerst und ärgerst, dass du nicht schon vollkommen bist. 2. Die Zufriedenheit mit unserem weltlichen Zustand ist nicht unvereinbar mit dem Bestreben, ihn zu verbessern. (1) Zum ärmsten Menschen sagt das Christentum: „Sei zufrieden“, aber auch: „Sei fleißig in den Geschäften“ (1. Kor. 7,21). Die gebotene Zufriedenheit gilt für die Gegenwart. Der Mann ist heute arm, und für diesen Tag gebietet ihm der Glaube, zufrieden zu sein. Aber die Befreiung von der Armut kann am besten für den morgigen Tag sein, und deshalb arbeitet er für seine Befreiung. Vielleicht gelingt es ihm nicht, aber er sagt, dass es am besten erscheint, wenn die Armut noch einen weiteren Tag andauert, und so macht er weiter, bis die Erlösung kommt. (2) Einige Personen mit einem zarten, aber falschen Gewissen haben das Gefühl, als wäre es eine Sünde, zu versuchen, sich zu erheben. Das ist töricht. Es ist unsere gebotene Pflicht, uns zu bemühen, unsere Umstände zu verbessern, nur dürfen wir nicht murren, wenn es uns nicht gelingt. (3) Es gibt solche, die sich anmaßen, Menschen anzuprangern, wenn sie sich für die Aufhebung schlechter Gesetze einsetzen – und die christliche Pflicht der Zufriedenheit predigen. Dass die Zufriedenheit ein Teil der Pflicht ist, wird zugegeben. Eine ungerechte Gesetzgebung ist ebenso ein erlaubtes Urteil Gottes wie eine Hungersnot, und während der Zeit ihrer Verhängung müssen wir uns demütigen. Aber in beiden Fällen ist ein Mensch ein Verbrecher, der nicht alle Mittel zur Beseitigung des Fluches einsetzt. Was wäre unser Zustand ohne einen edlen christlichen Patriotismus gewesen. 3. Diese Zufriedenheit ist relativ zu unserem gegenwärtigen Zustand, und nicht absolut in Bezug auf die gesamten Anforderungen unserer Natur. Der Christ ist mit seinen Vorräten als Pilger zufrieden. Mit der Welt als Heimat zufrieden zu sein, ist sündhaft. Sie ist gut genug als ein Land zum Reisen, aber ich erwarte etwas Besseres.
III. DIE ART UND WEISE, WIE SIE GEPFLEGT WERDEN SOLL. 1. Lasst uns bedenken, dass, was auch immer unsere Umstände sind, sie die Anordnung der Vorsehung Gottes sind, der ein souveränes Recht hat, über uns zu verfügen. „Lass die Scherben mit den Scherben der Erde streiten, aber wehe dem, der mit seinem Schöpfer streitet.“ 2. Es ist notwendig, dass wir uns angewöhnen, sowohl die günstige als auch die ungünstige Seite zu sehen. Wenn du arm bist, hat Gott dir deine Gesundheit gegeben; wenn er dir zwei deiner Kinder genommen hat, hat er ein drittes verschont; einigen deiner Nachbarn geht es schlechter; im schlimmsten Fall hast du deine Bibel und deinen Heiland. 3. Angenommen, unser ganzes Leben wäre Trübsal, so würden wir doch Schlimmeres verdienen. 4. Gott plant unseren Vorteil in jedem Unglück. Die christliche Hoffnung ist das Geheimnis der christlichen Zufriedenheit. (W. Anderson, LL.D.)
Hilfen zur Zufriedenheit:-
I. BETRACHTUNG. 1. Über die besondere Materie davon. (1) Wer ordnet den Staat, und wie ist er geordnet? (Ps. 31:15). Gott ordnet die Dinge a) unwiderstehlich (Jes. 43:13; Pred. 8:3; Eph. 1:11); b) gerecht (1. Mose 18:25; Ps. 145:17; Offb. 15:3); c) weise (Ps. 104:24); d) gnädig (Ps. 25:10). (2) Der Zustand selbst. (a) Er ist gemischt – das Gute mehr als das Böse; das Böse ist unsere Wüste und das Gute der Gnade. b) Er ist allgemein (1. Kor. 10,13; 1. Petr. 5,9). (c) Es gehört zu diesem gegenwärtigen Leben, das nur eine Pilgerreise ist. (d) Es könnte schlimmer sein. (3) Der Zustand der Genügsamkeit. (a) Es ist eine gnädige Haltung. (b) Es ist ein Zustand, der Gott höchst angenehm ist. (c) Es ist ein Zustand, der für uns selbst sehr vorteilhaft ist. Sie erfüllt uns mit Trost, macht uns fit für die Pflicht, verschafft uns die Gnade, die wir uns wünschen, oder etwas Besseres, versüßt jeden Kelch. Wohingegen Unzufriedenheit ein trauriger Eingang zur Sünde ist; eine Vorbereitung zu allen Versuchungen; beraubt das Glück; setzt es dem Gericht aus (Ps 106,24-27; 1Kor 10,10). 2. Von besonderen Fällen, in denen Rücksicht zu nehmen ist, um Zufriedenheit zu erlangen. (1) Niedrigkeit des Vermögens. Liegt extreme Armut vor? Dann bedenke: (a) Der Herr macht arm und reich (1. Sam. 2,7). (b) Niemand ist so arm, der nicht mehr hat, als er verdient. (c) Bis jetzt hat der Herr für uns gesorgt, und wenn wir ihm vertrauen, wird er immer noch für uns sorgen (Psalm 73,3; Matthäus 6,25; Hebräer 13,5). (d) Ein wenig mit Gottes Segen wird weit gehen und gut tun (2. Mose 23,25; 1. Könige 17,12). (e) Das Wenige des Heiligen ist besser als das Ganze des Sünders (Spr 15,16; Ps 37,16). (f) Niemand kann Gottes Liebe oder Hass nach diesen Dingen beurteilen (Pred. 9:1; Mt. 8:20; 2. Kor. 8:9). (g) Gott hält dich in irdischen Dingen gering, aber wie ist es mit dir in höheren und besseren Dingen (Offb. 2,9; Jak. 2,5; 1. Tim. 6,18; Lk. 12,21). (h) Du denkst, Gott ist knapp mit dir in zeitlichen Dingen, aber ist er nicht überreichlich gnädig in geistlichen Dingen? (2) Es gibt einige, mit denen es viel besser ist. Bedenke in deinem Fall: (a) Wie groß die Sünde der Unzufriedenheit bei dir ist, mehr als bei den Personen, von denen vorher die Rede war. (b) Wie dankbar würden viele sein, wenn sie in deiner Lage wären. (c) Christen sollen ihre Begierden an die Dinge unter der Erde binden (Jer. 45,5; 1. Tim. 6,8; Mt. 6,11). (d) Ein wenig genügt der Natur, weniger der Gnade; aber die Begierde wird nie befriedigt. (e) Ein großes Anwesen ist nicht das beste Anwesen (Spr 30,8) für die Pflicht (Prediger 5,13); für die Sicherheit – je höher das Gebäude, desto gefährdeter; für den Komfort. (f) Der Zufriedene ist nie arm, mag er noch so wenig haben; der Unzufriedene ist nie reich, mag er noch so viel haben. (g) Was sind irdische Schätze, dass wir nach ihnen gierig sein sollten? (1. Tim. 6:17; Spr. 23:5). (h) Je weniger wir haben, desto weniger werden wir zu verantworten haben. (3) Es gibt Menschen, die verloren haben, was sie hatten. Bedenken Sie: (a) Gottes Hand ist im Verlust (Hiob 1,21). (b) Etwas ist weg, aber möglicherweise ist nicht alles verloren. (c) Haben Sie sie wirklich gebraucht? (1. Petr. 1,6). (d) Angenommen, alles ist verloren, dann ist es wenig (1. Korinther 7,31). (e) Wenn du ein Kind Gottes bist, ist das Beste sicher. 3. Die Art und Weise, wie die Rücksichtnahme gehandhabt werden soll. Sie muss sein: (1) Häufig. (2) Zügig. (3) Ernsthaft.
II. GÖTTLICHKEIT. Dies erzeugt Zufriedenheit. 1. Sie richtet die verschiedenen Fähigkeiten der Seele auf. (1) Sie richtet den Verstand auf, indem sie die natürliche Finsternis vertreibt und ein erlösendes Licht aufrichtet. (2) Sie richtet den Willen auf, indem sie ihn dazu bringt, dem Willen Gottes zu entsprechen. (3) Sie richtet die Gefühle auf, indem sie ihre Unmäßigkeit gegenüber irdischen Dingen beseitigt und sie in wahren Grenzen hält. (4) Sie macht das Gewissen gut (Spr 15,15). 2. Sie macht den Menschen zu einem starken Sinn für Gottes Herrlichkeit, so dass er immer in ihr als seinem höchsten und wünschenswertesten Gut ruht. 3. In der allgemeinen Gewohnheit der Gnade gibt es besondere Gnaden, die die Genügsamkeit fördern. (1) Demut. (2) Glaube. (3) Beharrlichkeit. (4) Himmlische Gesinnung. (5) Selbstverleugnung.
III. GEBET. Hiervon hängen die beiden anderen ab. Es fördert die Zufriedenheit. 1. Weil es dem Geist in der Not Luft verschafft. 2. Weil es Gnade und Kraft von Gott erhält. (T. Jacomb, D.D.)
Lernen, zufrieden zu sein: – Diese Worte bedeuten, wie man Zufriedenheit erlangen kann. Sie ist keine uns angeborene Begabung, sondern ein Produkt der Disziplin – „ich habe gelernt“. Es war eine Frage von Plato, ob Tugend erlernt werden kann. Der heilige Paulus löst sie eindeutig durch das Zeugnis seiner Erfahrung. Sie erfordert jedoch große Entschlossenheit und Fleiß bei der Überwindung unserer Begierden; daher ist sie eine Kunst, die nur wenige studieren.
I. GEGEN GOTT können wir in Betracht ziehen, dass die Gerechtigkeit verlangt, die Dankbarkeit fordert und die Vernunft gebietet, dass wir zufrieden sein sollen; oder dass wir uns, wenn wir unzufrieden sind, unwürdig und unwürdig verhalten, sehr ungerecht, undankbar und töricht gegen Ihn sind. 1. Der Punkt der Gerechtigkeit betrachtet, nach der Regel des Evangeliums: „Ist es mir nicht erlaubt, mit dem Meinen zu tun, was ich will?“ 2. Der Punkt der Dankbarkeit, da wir kein Recht oder Anrecht auf irgendetwas haben; alles, was wir haben, kommt aus Gottes reiner Freigebigkeit und ist zu unserem Wohl bestimmt. 3. Die der Vernunft, weil es am vernünftigsten ist, Gottes Entscheidung über unser Vermögen zu akzeptieren, da er unendlich weiser ist als wir, uns besser liebt als wir uns selbst und das Recht hat, über uns zu verfügen, wie es ihm gefällt.
II. IN BEZUG AUF UNS SELBST können wir viel Grund zur Zufriedenheit feststellen. 1. Als Menschen und Geschöpfe sind wir von Natur aus arm und ohnmächtig; wir haben keinen gerechten Anspruch auf irgendetwas, noch können wir irgendetwas durch unsere eigene Kraft erhalten. Deshalb ist das Wenige, was uns zugestanden wird, kein Unrecht und kein Grund zur Klage. 2. Und in moralischer Hinsicht haben wir noch weniger. (1) Als Sünder sind wir dem Zorn verhaßt und sollten uns daher über nichts beklagen. (2) Wir sind Gottes Diener, und soll ein einfacher Diener oder Sklave sich anmaßen, seinen Platz zu wählen oder seinen Rang in der Familie zu bestimmen? Ist es nicht angebracht, dass diese Dinge dem Ermessen und dem Wohlgefallen des Meisters überlassen werden? (3) Nochmals, wenn wir uns als Kinder Gottes durch Geburt und Natur oder durch Adoption und Gnade betrachten, wie können wir dann mit irgendetwas unzufrieden sein?
III. WENN WIR UNSEREN ZUSTAND betrachten, wie auch immer er sein mag, können wir keinen vernünftigen Grund für Unzufriedenheit haben. 1. Unser Zustand kann, wenn er richtig betrachtet und gut verwaltet wird, nicht unerträglich sein. Der Mangel an manchen Dingen wird durch andere Genüsse ausgeglichen. Wenn wir einige Dinge hoch schätzen, so ist es kein Wunder, dass unser Zustand unangenehm ist, wenn sie uns fehlen; und wenn wir andere für mächtige Übel halten, so können wir, wenn sie über uns kommen, kaum entgehen, dass wir unzufrieden sind; aber wenn wir alle Dinge nach den Geboten der wahren Vernunft einschätzen, so werden wir finden, dass weder das Fehlen des einen noch das Vorhandensein des anderen beklagenswert ist. 1) Nehmen wir die Armut, d.h. das Fehlen einiger überflüssiger Dinge, die eher unsere Phantasie erfreuen als unser Bedürfnis befriedigen, und ohne die die Natur leicht zufrieden zu stellen ist. (2) Nimm den Fall, der von der Ehre in die Verachtung gefallen ist; das kann nur eine Änderung in der Meinung der Leichtsinnigen sein, das Zerplatzen einer Seifenblase, die Veränderung des Windes. (3) Nimm den, der verleumdet wird; ist nicht jeder Mensch dem unterworfen? und der größte und weiseste dem am meisten ausgesetzt? Oder ist dein Vorwurf gerecht? Dann verbessere diesen Umgang und mache ihn heilsam. (4) Nimm den, der in seinen Unternehmungen enttäuscht und gekreuzt ist. Warum bist du in dieser Hinsicht beunruhigt? Hast du viel Erwartung auf Ungewissheit aufgebaut? Hast du nicht die Möglichkeit vorausgesehen, dass dein Vorhaben scheitern könnte? Und wenn ja, warum bist du nicht bereit, das Geschehene anzunehmen? (5) Nimm einen, der von seinen Freunden mit Unfreundlichkeit und Undankbarkeit konfrontiert wurde. Solches Fehlverhalten ist aber mehr ihr Unglück als unseres. Der Verlust von schlechten Freunden ist kein Schaden, sondern ein Vorteil. (6) Nehmen wir den, der den Tod von Freunden betrauert. Kann er denn seinen besten Freund verlieren? Es ist auch nicht der Verlust, den er beklagt, sondern nur die Trennung für eine kurze Zeit. Er ist nur weg, als wenn er eine kleine Reise tut. Aber…(7) Es mag uns vielleicht missfallen, dass der Lauf dieser Welt nicht richtig oder nach unserem Sinn verläuft; dass die Gerechtigkeit nicht gut verteilt wird, die Tugend nicht gebührend berücksichtigt, der Fleiß nicht ausreichend belohnt wird; aber Gunst, Parteilichkeit, Plattheit, List und Korruption tragen alles vor sich her. Doch warum sollte dir das missfallen? Bist du schuldig, dazu beizutragen? dann ändere es selbst; wenn nicht, dann ertrage es; denn so ist es immer gewesen, und so wird es immer sein. Und doch ist Gott beauftragt, für uns zu sorgen. Gott beobachtet diesen Lauf der Dinge, und doch lässt er ihn zu. Aber er hat ein Gericht für das Jenseits bestimmt. 2. Wie es hier keinen Zustand gibt, der vollkommen und rein gut ist, so gibt es auch keinen, der so durch und durch schlecht ist, dass er nicht etwas Angenehmes und Bequemes in sich hätte. Selten oder nie verlassen alle guten Dinge einen Menschen auf einmal, und in jedem Zustand gibt es einen gewissen Ausgleich für das Böse. Wir sollten uns nicht über kleine Unannehmlichkeiten aufregen und die Vorteile übersehen. Das hindert uns daran, in allen anderen Dingen Zufriedenheit zu ernten. 3. Ist unser Zustand so extrem schlecht, dass er nicht schlimmer sein könnte? Sicherlich nicht. Gottes Vorsehung wird es nicht zulassen. Es gibt immer Hilfen gegen Extreme – unser eigener Verstand und Fleiß; das Mitleid und die Hilfe anderer. Wenn alles vorbei ist, dürfen wir den unschätzbaren Segen eines guten Gewissens bewahren, auf Gott hoffen und seine Gunst genießen. Warum sind wir dann unzufrieden? 4. Dann betrachte den Nutzen des Unglücks – die Schule der Weisheit, den läuternden Ofen der Seele, Gottes Methode, Sünder zurückzufordern, die Vorbereitung auf den Himmel. Wer wurde jemals groß oder weise oder gut ohne Widrigkeiten. 5. Was auch immer unser Zustand sein mag, er kann nicht von Dauer sein. Die Hoffnung liegt auf dem Grund des schlimmsten Zustandes, der sein kann. „Sorgt nicht für den morgigen Tag.“ Beachten Sie die Verheißungen, dass keiner, der auf Gott hofft, enttäuscht wird. Und dann wird der Tod alles beenden und der Himmel für alle irdischen Übel entschädigen.
IV. BETRACHTEN WIR DIE WELT UND DEN ALLGEMEINEN ZUSTAND DER MENSCHEN HIER. 1. Betrachte die Welt, wie sie im Allgemeinen von den Menschen verwaltet wird. Bist du unzufrieden, dass du darin nicht gedeihst? Wenn du weise bist, wirst du dich nicht grämen, denn vielleicht hast du weder die Fähigkeit noch die Veranlagung dazu. Diese Welt ist für Weltlinge. 2. Wir sind in der Tat sehr geneigt, zu den wenigen aufzublicken, die uns an vermeintlichen Vorteilen des Lebens zu übertreffen scheinen, und uns über ihr Glück zu beklagen; aber selten werfen wir unsere Augen auf die zahllosen guten Menschen herab, die in allen Arten von Unterkünften unter uns liegen; während wir, wenn wir den Fall der meisten Menschen betrachten würden, reichlich Grund sehen würden, mit unserem eigenen zufrieden zu sein. 3. Wenn wir sogar darauf achten würden, unseren Zustand mit dem der Menschen zu vergleichen, die wir am meisten bewundern und beneiden, würde uns das oft Trost und Zufriedenheit geben. 4. Es kann uns dazu bringen, zufrieden zu sein, wenn wir bedenken, was gemeinhin das Los der guten Menschen in der Welt gewesen ist. In der Heiligen Schrift wird kaum eine Person erwähnt, die sich durch Güte auszeichnete und die nicht auch Not und Bedrängnis zu spüren bekam – sogar unser Herr. Haben denn alle diese, „deren die Welt nicht würdig war“, alle Arten von Unannehmlichkeiten erlitten, indem sie „arm, geplagt, gequält“ waren; und sollen wir es verachten oder bereuen, in solcher Gesellschaft zu sein?
V. BETRACHTE DIE ART DER PFLICHT SELBST. 1. Sie ist das souveräne Heilmittel für alle Armut und Leiden; sie beseitigt sie oder mildert das Unheil, das sie uns zufügen können. 2. Ihr Glück ist besser als jedes, das aus weltlichem Wohlstand entsteht. Die Befriedigung, die aus vernünftiger Zufriedenheit und tugendhafter Gesinnung entspringt, ist edler, solider und dauerhafter, als jede Frucht weltlicher Güter es sein kann. 3. 3. Zufriedenheit ist der beste Weg, unseren Zustand zu verbessern, uns zu veranlassen, Vorteile zu nutzen, wenn sie auftreten, und Gottes Segen zu sichern (Isaac Barrow, D.D.) Die beste Lektion (Kinderpredigt): Die Welt ist eine Schule, und wir müssen unsere Lektionen in ihr lernen. Die beste Lektion, die wir lernen können, ist Zufriedenheit.
I. WARUM ES DIE BESTE LEKTION IST. 1. Weil sie diejenigen, die sie lernen, glücklich macht. Nichts auf der Welt kann einen unzufriedenen Menschen glücklich machen. Es war einmal ein Junge, der wollte nur eine Murmel; als er die Murmel hatte, wollte er nur einen Ball; als er einen Ball hatte, wollte er nur einen Kreisel; als er einen Kreisel hatte, wollte er nur einen Drachen; und als er Murmel, Ball, Kreisel und Drachen hatte, war er nicht glücklich. Es war einmal ein Mann, der wollte nur Geld; als er Geld hatte, wollte er nur ein Haus; als er ein Haus hatte, wollte er nur Land; als er Land hatte, wollte er nur eine Kutsche; aber als er Geld, Haus, Land und Kutsche hatte, wollte er mehr denn je. Ich erinnere mich, als ich ein Junge war, las ich eine Fabel über eine Maus, die mit einem Sieb zu einer Quelle ging, um etwas Wasser hineinzutragen. Er tauchte das Sieb in das Wasser, aber sobald er es anhob, lief natürlich das ganze Wasser durch. Er versuchte es wieder und wieder, aber immer noch blieb kein Wasser im Sieb. Die arme Maus hatte nicht genug Verstand, um zu wissen, wo das Problem lag. Sie dachte nicht an die Löcher im Sieb. Die Fabel besagt, dass, während die Maus noch vergeblich versuchte, etwas Wasser in das Sieb zu bekommen, um es nach Hause zu tragen, ein kleiner Vogel kam und sich auf einen Ast des Baumes setzte, der in der Nähe der Quelle wuchs. Er sah den Ärger, in dem die arme Maus steckte, und sang ihr freundlicherweise einen kleinen Rat in diesen einfachen Worten vor:
„Stopfe es mit Moos und schmiere es mit Lehm, dann kannst du alles wegtragen.“

The Biblical Illustrator: Philipper

Dankbar trotz Problemen?

danksaget in allem, denn dieses ist der Wille Gottes in Christo Jesu gegen euch.
Elberfelder 1871 – 1 Thessalonicher 5,18

Dankt Gott, ganz gleich wie eure Lebensumstände auch sein mögen.
All das erwartet Gott von euch, und weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid, wird es euch auch möglich sein.
Hoffnung für Alle – 1 Thessalonich 5,18

Dankt Gott in jeder Lebenslage! Das will Gott von euch als Menschen, die mit Jesus Christus verbunden sind.
Gute Nachricht Bibel – 1 Thess 5,18

ἐν παντί in jeder Lage (vgl. B πᾶς 2aβ). εὐ-χαριστεῖτε Imp. -χαριστέω dankbar sein; Dank sagen, danken.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Wie soll man denn dankbar sein, wenn man Probleme über Probleme hat? Geht das denn überhaupt? Heißt dass, ALLES positiv zu sehen, und über Sorgen und Problemen hinweg zu lächeln?

Die Heiden, die an die Unbeeinflussbarkeit des Schicksals oder der Götter glaubten, gingen davon aus, dass der Mensch alles, was ihm widerfährt, annehmen und dankbar dafür sein soll. Nach Paulus können diejenigen, die auf die Allmacht und Liebe Gottes vertrauen, in allen Situationen Dank sagen.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Beten ist Ausrichtung und Hören auf Gott, Begegnung mit Gott, Anbetung Gottes – und Loslassen. Wenn die Not oder die Ratlosigkeit zu Gott hin gesagt wird, ist es – in der biblischen Tradition der Psalmen – Klagen, das heißt loslassen zu Gott hin. Ohne „Adresse“ wäre es nur Jammern. Ebenso entfaltet das Danken („Gott sei Dank!“) eine große Kraft, wenn es Gott als Adresse hat. Das Danken ist ein wesentlicher Ausdruck des Betens (1Thess 5,18), denn die „Dankbarkeit bewahrt die Liebe zu Gott, und so bleibt das Herz auf ihn gerichtet“ (Luther).

P&S 3/2020

Unsere Reaktion auf Prüfungen
Der segensreiche Ausgang einer Prüfung hängt oft von unserer Reaktion ab (Heb 12,11). Es ist leider auch möglich, sich in Bitterkeit, Groll, Selbstmitleid und Verzweiflung hineintreiben zu lassen. Manche haben sogar den Glauben verleugnet und sich von dem Herrn Jesus abgewandt. Diejenigen, die sich zum Glauben an Christus bekennen, werden häufig ermahnt, vor solchen Einstellungen auf der Hut zu sein. Man könnte unter Umständen schwierige Prüfungen als Zeichen des Missfallens Gottes werten. Das warauch die Theorie der Freunde Hiobs, aber sie waren ganz deutlich im Irrtum (Hi 42,7). Wenn Paulus seine Leiden so aufgefasst hätte, dann hätte er seinen Dienst aufgegeben (2Kor 11,23-27). Natürlich gibt es bezüglich dieser Erde Gericht für Sünde (1Kor 11,29-31; Apg 5,3-5), aber das Fehlverhalten sollte in solchen Fällen klar zutage liegen und nicht etwas sein, wonach wir unsere Seelen endlos durchforschen müssen. Solche Selbstprüfung führt oft zu einer falschen Erklärung. Am Ende zweifelt jemand vielleicht sogar an seiner sicheren Stellung vor Gott (Eph 1,2-6).
Auch gottesfürchtige Menschen haben ihre Probleme oft falsch interpretiert. Jeremia dachte, dass Gott ihn bestrafte (Klagel. 3,1-12). Die Jünger dachten, dass der Blindgeborene entweder wegen der Sünde eines Elternteils oder wegen irgendeiner Sünde leiden musste, die er vielleicht im Mutterleib begangen hatte. Aber keine von beiden Theorien entsprach der Wahrheit (Joh 9,1-3). Glaubende werden manchmal von Zweifel und Furcht überwältigt. Die Jünger des Herrn waren vor Schreck gelähmt, als ein wilder Sturm ihr kleines Boot hin- und herwarf. Jesus fragte: “Wo ist euer Glaube?” (Lk 8,24.25). Eine gegensätzliche Reaktion finden wir bei den Thessalonichern, bei denen auch Verfolgung ihren starken Glauben nicht erschüttern konnte (1Thess 3,3-6). Was können wir tun, wenn wir von Zweifel, Furcht und Verwirrung angegriffen werden?
Sinnen Sie über Gottes Charakter nach. Gott weiß über alles Bescheid. Vertrauen Sie Ihm. Seien Sie still und erkennen Sie, dass Er Gott ist (Ps 46,11; Luther 1912). Lieben Sie Ihn. Preisen Sie Ihn allezeit (Ps 34,2). Paulus und Silas sangen, als sie im Gefängnis waren, sehr zum Erstaunen der Anderen (Apg 16,25). Unser Geist erhebt sich über die gegenwärtigen Prüfungen, wenn wir uns mit dem absolut zuverlässigen Charakter unseres wunderbaren Heilands beschäftigen.
Versuchen Sie, die Gedanken Gottes zu verstehen. Gehen Sie tief ins Wort. Die Bibel kann unsere Seele aufrichten und beleben (Ps 119,28.50.147). Schwierigkeiten können eine wunderbare Gelegenheit zu neuen Einsichten in das Wesen Gottes und Sein Handeln mit uns bieten. In Zeiten der Prüfung ist Gebet besonders angebracht (Jak 5,13). Danken Sie dem Herrn in allen Umständen (1Thess 5,18). Hingabe inmitten von Problemen ist reiner als nur eine Schönwetterliebe. Widerstehen Sie dem Gefühl der Angst (Ps 34,5.6).
Über hundertmal wird dem Glaubenden in der Bibel gesagt: “Fürchte dich nicht.” Durch Glauben kann Gott Stärke und Mut an die Stelle von Zittern und Zagen setzen (Jos 1,9). Nervosität macht nur alles schlimmer. Bewahren Sie Ihre Haltung. Das stärkt und ermutigt Andere.
Rühmen Sie sich Ihrer Schwachheit (2Kor 11,30). Unsere Schwachheit gibt Ihm Gelegenheit, Seine Macht und Stärke durch uns zu offenbaren. Unsere Unfähigkeit und Hilflosigkeit zwingt uns zur alleinigen Abhängigkeit von Gott und bringt uns von unserer Selbständigkeit und Unabhängigkeit weg. Versuchen Sie, Prüfungen als ein Mittel zur Charakterformung zu sehen (1Petr 5,10; Röm 5,3; Jak 1,2.3). Gehen Sie mit Siegesbewusstsein durch Schwierigkeiten (Heb 11,33.34). Es ist besonders hilfreich, wenn wir geduldig sind (1Petr 2,20). Freuen Sie sich darin, anstatt die Prüfung einfach nur zu ertragen (2Kor 8,2; Apg 5,41).
Benutzen Sie Gelegenheiten. Prüfungen können auch zur Verbreitung des Evangeliums verwendet werden. Weil Paulus im Gefängnis war, konnte er die Kenntnis des Herrn Jesus der ganzen Palastwachemitteilen (Phil 1,13). Glaubende, die Paulus’ Beispiel beobachtet hatten, wagten nun, das Wort Gottes viel freimütiger und furchtloser zu verkündigen (Phil 1,14). Persönliche Schwierigkeiten können Bausteine für unseren Dienst an Anderen sein. Gott tröstet uns in Leiden, so dass wir auch Andere in Zeiten der Prüfung trösten können (2Kor 1,4).
Richten Sie Ihren Blick auf die Zukunft. Die gegenwärtigen Leiden sind nichts im Vergleich zu der zukünftigen Herrlichkeit (Röm 8,18). Die relativ leichten Prüfungen der Gegenwart sind nur für eine kurze Zeit und werden dann von überreichem ewigen Lohn gefolgt (2Kor 4,17). Viel Verfolgung wird dem Leidenden viel Lohn bringen (Mt 5,11.12). Der Herr Jesus sagt: “Freuet euch!”

Jean Gibson – Training im Christentum

Ja, Jehovah ist der Gott allen Trostes, der uns immer versteht und die Kraft und den Segen für jeden Moment in unserem Leben geben kann – und ER hat nur unser Bestes im Sinn!

Danken oder Klagen?

Kennen wir alle – oder?: Menschen, die sich über den Virus ärgern, der unsere Bewegung einschränkt, Menschen die sich über andere Personen ärgern usw usf. Und zum Teil – seien wir ehrlich – ärgern wir uns auch über dies und das.

Ich lese gerade „Probe“ ein eingescanntes Buch von Ernst Modersohn. Aus diesem Buch ein längeres Zitat:

Und was von den Ereignissen im Völkerleben gilt, das gilt auch von den kleinen Vorkommnissen im Leben der einzelnen. Da sind Menschen, die uns Schweres zufügen, die uns be­leidigen oder verdächtigen, die uns irgendwie hindern und schädigen. Nun bleiben viele bei den Menschen stehen und denken voll Groll und Bitterkeit daran, was die Menschen ihnen angetan haben. So denkt und redet man sich in die Verbitterung hinein.

Wie anders wird es, wenn man die rechte Auffassung gewonnen hat, wenn man erkannt hat, dass hinter den Men­schen – der HErr steht.

Ja, ist das denn wirklich wahr? Schlag’ einmal Offb 3, 9 auf: „Siehe, Ich werde geben aus des Satans Schule, die da sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern lügen.“ In die friedliche Gemeinde zu Philadelphia kommen Satans­schüler, wie der HErr selber sie nennt. Sie richten Verwirrung und Zwietracht an. Wie schmerzlich ist das! Wie schrecklich!

Und – wo kommen diese Satansschüler her? Der HErr gibt sie! Klar und deutlich heißt es: „Ich werde geben“. Wie? Der HErr gibt die Satansschüler? Ja, das steht hier. Auch die Satansschüler kommen von Ihm.

Hat es nicht in deinem Leben auch schon Satansschüler gegeben? Menschen, die dir das Leben schwer machten? Ganz gewiss. Was hast du nun getan? Nicht wahr, du hast dich über sie geärgert, du hast dich über sie beklagt und be­schwert und schwer an dieser Last getragen. Wer hätte nicht schon gelitten unter solchen unbequemen und unangenehmen Menschen?

Und nun mach’ dir einmal klar: Diese Satansschüler hat Gott in dein Leben hineingestellt. Du hast es also eigentlich gar nicht mit diesen Menschen zu tun, sondern mit Gott! Er hat sie in dein Leben hineingestellt, weil Er dich – durch sie erziehen will, weil – du die Satansschüler so nötig brauchst!

Denke doch einmal darüber nach! Wenn du umgeben wärest von lauter Menschen, die so freundlich und liebevoll mit dir umgingen, die immer nur zu loben und anzuerkennen hätten – wäre das wohl gut für dich? Sicherlich nicht. Dann würde nichts aus uns werden. Wir hätten gar keine Gelegenheit, uns in Demut und Sanftmut, in Geduld und Freundlichkeit zu üben und auszubilden, wenn die Satans­schüler nicht da wären! Das mach’ dir einmal recht klar. Wir brauchen sie zu unserer Erziehung. Wir haben sie alle so nötig. Bei Lichte besehen, sind diese Satansschüler unsere Wohltäter, die im Namen Gottes ein Werk an uns tun müssen. –

O, wie hat diese Auffassung auf mich befreiend gewirkt! Wie bin ich so froh geworden, als mir hierfür der Blick aus­ging! Lass ihn dir auch öffnen, und du kommst aus dem Ärger heraus und kommst ins Loben und Danken hinein. Denn wenn die Satansschüler uns von Gott gegeben werden, wenn sie zu unserer Erziehung dienlich sind, dann – müssen wir doch Gott für sie danken. Das versteht sich doch von selber. Und sobald wir anfangen, für die Satansschüler zu danken, hören wir auf, uns über sie zu ärgern. Das kannst du erfahren und erproben.

Sprechen oder Beeinflussen?

Habe gestern eine Broschüre gelesen, in der gesagt wird:

Natürlich sind alle Gebete gut, aber die Art von Gebet, die wirklich die Hand Gottes bewegt und die Situation verändert, muss aus einer tiefen Identifikation mit dem, für wen wir beten, kommen. Ich bin sicher, dass Ihr mir zustimmt, dass, wenn wir für eine persönliche Sache beten oder für etwas, was uns sehr nahe liegt, dann beten wir anders, als wenn wir für einen Fremden beten.

Da ist es wieder – die Frage, ob wir unseren Gott mit unseren Gebeten beeinflussen können. Echt Leute, denkt ihr, ihr könnt Jehovah so beeinflussen, wie euren Ehepartner, indem ihr ihm immer und immer wieder das selbe sagt, bis er genervt das tut, was ihr möchtet? Oder könnt ihr IHN gar mit euren Worten „verführen“ und „bezirzen“?

Nun habe ich heute einmal in den Nachschlagewerken nachgeschaut, was GEBET eigentlich ist – und ob das biblische Gebet etwas mit Magie und Beeinflussung zu tun hat. Ich würde ja einfach behaupten, dass unsere Gebete in erster Linie MEIN Denken auf Gottes Linie bringen sollte….
Aber schauen wir einmal was die üblichen deutschen Wörterbücher dazu sagen.

Beten
B. ist das Gegenteil aller Künste. B. können kommt nicht von religiösen Übungen
Beten ist nicht eine Kunst; man bedarf dazu nicht einer inneren Steigerung oder besonderer Übungen. Beten kann man erst, wenn man alle Künste abgelegt hat und zum Vater im Himmel spricht. „Wenn ihr betet, sollt ihr sprechen“ (Luk. 11, 2). Welcher menschliche Vater würde es dulden, daß sein Sohn, wenn er ein Anliegen an ihn hat, sich hinstellte und eine wohlgesetzte, tönende Rede hielte, statt einfach und natürlich mitzuteilen, was ihm nottut? Wie soll der Allmächtige es anhören, wenn Menschen mit verstellten Gebärden, mit gewählten Worten vor ihn treten? Alles religiöse Pathos, alle wohlgesetzten Wendungen beim Beten sind vom Übel, ein heidnischer Unfug (Matth. 6, 7). Um beten zu können, muß man nicht aufsteigen zu irgendeiner religiösen Höhenlage, sondern es gilt herabzusteigen von den Stelzen und da zu stehen, wo das kleinste Kind steht (Matth. 18, 3). Beten heißt: so, wie man ist und wie einem zumute ist, vor Gott stehen und zu ihm sprechen.
B. ist Menschenrecht
Das Recht zum Beten liegt in der göttlichen Abstammung des Menschen. „Sprecht: Unser Vater.“ Das heißt nicht, wir sollen es so ansehen, daß Gott für uns sorgt, als ob er unser Vater wäre. Jesus lehrt uns kein Als ob. Er erinnert uns daran, daß wir göttlichen Geschlechts, daß wir im Himmel zu Hause sind: denn unser Geist stammt aus dem Odem Gottes, unser Wesen ist dem seinen ähnlich. Es ist das Natürlichste von der Welt, daß wir uns dahin wenden, wo unsere Heimat ist, daß wir den anrufen, der uns das Leben gab.
Das echte B. sucht nicht Gaben, sondern den Geber
Es geht im Gebet zuletzt nicht um Gaben, sondern darum, daß wir dem Geber selbst nahe kommen. Die Gegenwart Gottes, das Hereinbrechen seines Lebens in unseres, das ist Sinn und Ziel allen Betens. Darum sagt Jesus: Beten sei so viel als Suchen (Luk. 11, 9. 10). Das klingt an das alte Wort an: „Ihr sollt mein Antlitz suchen.“ Antlitz steht in der Bibel oft für Person. Wer ernstlich die persönliche Berührung mit dem Vater im Himmel sucht, der soll sie finden. Ein Kind sein und seinen Vater nie sehen, ist ein unhaltbarer Zustand, mit dem niemand sich abfinden sollte.
B. ist unbeirrbares Pochen an verschlossene Türen
Sucht man einen Ausweg aus diesem Zustand, so kann man freilich auf verschlossene Türen stoßen. Die Jünger sollten sich dadurch nicht abschrecken lassen, daß die Türen, die sie und ihre Zeitgenossen von der oberen Welt absperrten, seit Jahrhunderten verriegelt und eingerostet waren; sie sollten dennoch getrost und nachdrücklich an diese Türen pochen und nicht aufhören, bis sie einmal geöffnet würden. Das wird und muß geschehen – sagt Jesus, wenn nur die Ausdauer unbeirrbar bleibt, wenn die Betenden nur immer daran festhalten, daß das Öffnen jener Türen schlechthin notwendig ist (Luk. 11, 5-13).

Ralf Luther — Neutestamentliches Wörterbuch

schöner Gedanke: wir suchen im Gebet Jehovah! und nicht unsere Wünsche

Gebet

(ahd. beitten = bitten, auch zwängen, drängen, fordern) in allen Religionen Ausdruck der Hinwendung des Menschen zu Gott, indem der Mensch Gott anspricht: bittend, lobend, dankend, klagend. Das Gebet kann frei formuliert sein, aber auch Psalmen und Lieder verstehen sich als Gebete. Vorformulierte Gebete (z. B. das → Vaterunser) helfen, die eigenen Wünsche und Ängste in Worte zu fassen.

Kleines Lexikon zum Christentum

Gebet

Beten als Sprechen zu Gott und mit Gott ist ein religiöser Grundakt. Er setzt den Glauben an einen persönlichen Gott voraus: an Gott, der mich sieht und hört, der mich anspricht und mir antwortet und mit dem ich infolgedessen ins Gespräch kommen kann. Das ist beim Gott der Bibel der Fall. Er hat sich offenbart und seinen Namen kundgetan, damit der Mensch ihn anrufen und ansprechen kann (vgl. Ex 3,14 f mit Ex 20,24). Gebet im weiteren Sinn des Wortes ist jedes Sprechen mit Gott, auch das Loben und Danken; im engeren Sinn besteht das Gebet aus Klagen und Bitten. Die Bibel, für die der betende Mensch eine Selbstverständlichkeit ist und die in all ihren Teilen (nicht nur in den ➛ Psalmen) verschiedenartigste Gebete enthält, gebraucht dafür eine Vielzahl von Wörtern, die dem zwischenmenschlichen Bereich entnommen sind: bitten, flehen, fragen, klagen, rufen, schreien usw. Daneben begegnet im Hebräischen ein spezifisch religiöser Begriff für Gebet: tepilla. Das dazugehörige Tätigkeitswort hitpallel bedeutet an sich „eine Entscheidung fordern für“, „eintreten zugunsten von jemand“. Das weist auf einen wichtigen Sachverhalt: Das Gebet schlechthin war urspr. die ➛ Fürbitte, die eine dazu bes. befähigte und ermächtigte Mittlergestalt (v.a. der Prophet: Mose, Samuel, Jeremia; aber schon Abraham und dann auch der König) Gott vortrug. Dieses Gebet des Mittlers bildet gleichsam die Brücke zwischen den individuellen und den kollektiven Gebeten, je nachdem ob das betende Subjekt ein Ich oder ein Wir ist. Vor allem die individuellen Klage- und Bittgebete zeigen, worin das Wesen bibl. Betens besteht. Es vollzieht sich in drei Phasen:
Beten als Sich-Aussprechen vor Gott: Der Betende legt das, was ihn bedrängt und bedrückt, vertrauensvoll seinem Gott vor (vgl. 2 Kön 19,14–19); er schüttet vor ihm sein Herz und seine Sorgen aus (vgl. Ps 102,1).
Beten als Sich-Auseinandersetzen mit Gott: Der Betende ringt mit Gott, von dem er sich oft verlassen und verraten fühlt, um eine befreiende, Heil und Segen spendende Zuwendung (vgl. den nächtlichen Kampf Jakobs in Gen 32,23–33). So kann im NT „kämpfen“ geradezu zu einem Ausdruck für beten werden (im griech. Original in Röm 15,30; Kol 4,12; vgl. 2 Kor 10,4 und die „Agonie“ Jesu in Getsemani: Mt 26,36–46).
Beten als Sich-Ausliefern an Gott: Das Sich-Aussprechen vor Gott und das Sich-Auseinandersetzen mit ihm werden im Prozess des Gebets zum Sich-Ausliefern an Gott: Man ergibt sich ihm, sagt Ja zu dem, von dem man sich grundsätzlich als bejaht erfährt. So führen die bibl. Gebete aus der Klage zum Vertrauen und münden dann nicht selten in die Danksagung und den Lobpreis, der – im neu gewonnenen Glauben an Gottes Macht, Weisheit und Liebe – die Errettung, wie immer sie geschehen mag, als gewiss vorwegnimmt.

Beten ist demnach ein personaler Vollzug, in dem das Innerste des/der Betenden zur Sprache kommt. Doch aufgrund des bibl. Ganzheitsdenkens ist der ganze Mensch, also auch sein Körper, mitbeteiligt. Dabei gibt es verschiedene typische Gebetshaltungen: Man steht vor Gott (1 Sam 1,26), breitet die Hände aus (1 Kön 8,38.54; Jes 1,15) oder erhebt sie zum Himmel (Ps 141,2; vgl. 1 Tim 2,8); man demütigt sich, indem man niederkniet (1 Kön 8,54; Ps 95,6; Dan 6,11; vgl. Apg 9,40; 21,5) oder sich zu Boden wirft (Esra 10,1; vgl. Mk 14,35; ➛ Anbetung). Zum ganzheitlichen Vollzug gehört auch, dass das Gebet oft vom ➛ Fasten begleitet ist (Esra 8,23; Neh 1,4; Joël 1,14; 2,12–17; vgl. Lk 2,37; Apg 13,2 f; 14,23).

Grundsätzlich kann man überall beten, doch gibt es privilegierte Gebetsstätten. Dazu gehörte v.a. der Jerusalemer Tempel als der Ort, den JHWH sich erwählt hatte und wo sich der Einzelne in der Gemeinschaft des zum Gottesdienst versammelten Volkes aufgenommen wissen konnte (1 Kön 8,29 f.35.42.44.48; vgl. u.a. Apg 2,46). Er sollte zum „Haus des Gebets für alle Völker“ werden (Jes 56,7). In der Ferne pflegte man sich beim Beten Jerusalem zuzuwenden (1 Kön 8,48; Dan 6,11).
Wie man überall beten kann, so kann und soll man prinzipiell auch jederzeit beten. Doch zeigt bereits das AT, dass sich allmählich bestimmte Gebetszeiten herauskristallisierten, die dann auch für das christl. Stundengebet maßgebend werden sollten. Die Hauptgebetszeiten sind der Morgen und der Abend, d.h. die Zeit, in der im Tempel das tägliche Morgen- und Abendopfer dargebracht wurde, wodurch auch die anderweitig begrenzte Verbindung zwischen Gebet und Opfer hergestellt ist – eine Verbindung, die so weit ging, dass das Gebet geradezu an die Stelle des Opfers treten konnte (vgl. Ps 141,2). Neben dem zweimaligen ist auch das dreimalige Beten belegt: morgens, mittags und abends (Ps 55,18; Dan 6,11; vgl. Apg 10,9 sowie 3,1; 10,3.30: Gebet zur sechsten und neunten Stunde, d.h. mittags und am späten Nachmittag zur Zeit des Abendopfers). Dazu kommt, dass man gegebenenfalls auch des Nachts betete (Ps 119,62; vgl. Apg 16,25).
Als Juden haben Jesus und seine ersten Jünger diese Gebetsgepflogenheiten übernommen. Was Jesus selbst betrifft, steht nach dem Zeugnis der Evangelien fest, dass er ein großer Beter war. Besonders das Lukas evangelium betont dieses Faktum. Immer wieder zog er sich nachts oder frühmorgens an einen einsamen Ort zurück, um zu beten (Lk 5,16; 6,12; Mk 1,35; 6,46 par). Er betete vor wichtigen Entscheidungen (Lk 6,12–14; Mk 14,35 f par), und es war während des Gebets bei der Taufe im Jordan und bei der Verklärung auf dem Berg, als sich der Himmel öffnete und die Stimme des Vaters sich kundtat (Lk 3,21 und 9,29). Er betete für sich selbst in Getsemani und am Kreuz (vgl. neben den Evangelien Hebr 5,7), er betete aber auch für seine Apostel und Jünger (Lk 22,31 f; Joh 17). Dieses sein Gebet für uns setzt er als der Verherrlichte fort. Er ist und bleibt als unser „Hohepriester“ unser Fürsprecher beim Vater (Hebr 7,25 f; vgl. Röm 8,34 und 1 Joh 2,1).
Es war das beispielgebende Beten Jesu, das seine Jünger veranlasste, ihn zu bitten, er möge sie beten lehren (Lk 11,1). Jesus entsprach dieser Bitte, indem er ihnen das ➛ Vaterunser vorsprach, das die zentralen Gebetsanliegen enthält. Außerdem gab Jesus vom NT verschiedenenorts aufgegriffene und ausgeweitete Anweisungen, wie man beten soll. Sie gelten für alle Christen, ganz bes. aber für die Apostel, deren eigentliche und unteilbare Aufgabe das Ausharren „beim Gebet und beim Dienst am Wort“ ist (Apg 6,4). Vor allem soll das Gebet beständig und beharrlich sein. Es gilt, dass man „allezeit beten und darin nicht nachlassen“ soll (Lk 18,1; vgl. Lk 21,36), d.h. „ohne Unterlass“ (1 Thess 5,17), „jederzeit“ (Eph 6,18), „Tag und Nacht“ (1 Tim 5,5). Der Verwirklichung des Ideals des unablässigen Betens dienten bestimmte, teilweise vom Judentum übernommene Gebetszeiten, aus denen allmählich das kirchliche Stundengebet erwuchs. Man soll vertrauensvoll beten, d.h. im festen Glauben, um erhört zu werden (Mk 11,24 par sowie Jak 1,5–8; vgl. Mt 7,7 f par sowie 1 Joh 3,21 f; 5,14 f und Joh 14,13 f; 15,7; 16,23). Wie schon im Judentum die Bitten immer vom Lobpreis (beraka) eingerahmt sind, soll auch das christl. Gebet stets von der Danksagung (griech. eucharistia) getragen und bestimmt sein (vgl. Phil 4,6 sowie 1 Thess 5,17 f; 1 Tim 2,1). Obwohl der Einzelne sehr wohl „in seiner Kammer“ beten kann, kommt dem einmütigen Gebet in der Gemeinschaft doch bes. Wirkkraft zu (Mt 18,19; vgl. Apg 1,14). Das christl. Beten ist geistgewirkt (Röm 8,15 f.26; Gal 4,6; vgl. Eph 6,18): Es ist der Geist Christi, der uns befähigt und veranlasst, gleich ihm Gott mit ➛ Abba anzusprechen und anzurufen. Zum Gebet, das durch Christus im Heiligen Geist an den Vater gerichtet wird, trat schon in der frühen Christenheit das Gebet zu Jesus: Man bittet nicht nur in seinem Namen, sondern ihn selbst; und er ist es, der das Erbetene gewährt (Joh 14,13 f). Dieselbe Bitte, die Jesus am Kreuz an den Vater richtet, richtet Stephanus an den Herrn Jesus (vgl. Apg 7,59 mit Lk 23,46). Die Christen können geradezu „definiert“ werden als diejenigen, „die den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, überall anrufen“ (1 Kor 1,2; vgl. Apg 9,14), und die prophetische Verheißung, die im AT auf JHWH bezogen war, wird nun auf Christus gedeutet: „Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet“ (Apg 2,21; Röm 10,13; vgl. Joël 3,5). So mündet nicht nur die frühchristliche Liturgie, sondern das ganze NT (und mit ihm die ganze Bibel) in den (wie die Gebetsanrede Abba) in der aram. Sprache überlieferten flehentlichen Bittruf: Marana tha („Unser Herr, komm“: 1 Kor 16,22; Offb 22,20). nf

Herders Neues Bibellexikon

Beten, Gebet. 1) Das Gebet ist der unmittelbare Verkehr der Seele mit Gott und bildet daher den Höhepunkt unseres religiösen Lebens. Gewöhnlich hat es die Form des Redens mit Gott (Ps. 19, 15), doch gibt es gerade bei dem innigsten Gebetsleben Berührungen der Seele mit Gott, die, vom Geiste Gottes selbst hervorgerufen, sich nicht in menschliche Worte fassen lassen (Rö. 8, 26). Die innere Bedingung oder „die wirkliche und tätliche Ursache des Gebets ist allein der Glaube an ihm selbst“ (Luther). Der Unglaube betet nicht. Denn das Gebet setzt nicht nur ein Wissen von Gott voraus, sondern auch eine herzliche Bejahung des Grundverbältnisses der Abhängigkeit, in welches uns Gott zu sich selbst gestellt hat und in welchem wir ganz auf seine Lebensfülle angewiesen sind — also zum mindesten Erkenntnis und Anerkenntnis Gottes (Hbr. 11, 6). Das vollkommene Gebet aber hat zur Voraussetzung das durch Christum vermittelte Kindschaftsverhältnis (Joh. 16, 26. 27; Rö. 5, 2; 8, 15). — 2) Ist nun das Gebet ein solches Reden des Glaubens mit Gott, so muß auch sein Inhalt zunächst auf Gott selbst sich beziehen. „Der wahre Beter bittet vor allem um Gott selber“ (Martensen). Unsere Huldigung, unser Dank, unsere Bitte beschäftigt sich mit dem, was zur Gründung, Bewahrung, Förderung und Vollendung unserer Gemeinschaft mit Gott von ihm bisher getan worden ist und noch geschehen soll (Mt. 6, 9 ff. 33; Lu. 11, 13; Joh. 14, 16; Eph. 1, 17 ff.; 1 Kor. 15, 57; 1 Tim. 1, 12–17). Die geistlichen Lebensgüter sind der Natur der Sache nach ohne Gebet gar nicht zu gewinnen. Was zum äußeren Leben dient, gibt Gottes Güte und Langmut auch wohl ohne unser Gebet (Mt. 5, 45; Rö. 2, 4). Aber daß Gott auch hiefür gebeten sein will, zeigt die vierte Bitte im Gebet des Herrn. Mit allen Anliegen dürfen und sollen wir vor Gott kommen (Mt. 6, 25 ff.; 10, 30.31; Eph. 6, 18; Phi. 4, 6). Niemals aber können wir etwas erbitten, was mit dem Namen Jesu Christi, d. h. mit seiner Person, mit seinem Wort und Geiste streitet (Joh. 14, 13; 15, 7, vgl. Kol. 3, 17). — 3) Die Hauptformen, in welchen das Gespräch unseres Herzens mit Gott zum Ausdruck kommt, sind nach 1 Tim. 2, 1: Bittgebet, Lobgebet Fürbitte, Danksagung. Selten steht eine dieser Formeln für sich allein. Beispiele von Bitten um Rettung aus äußerer Not sind Ps. 3.4.5.7.42.54.70; Jes. 38, 10–20; Mt. 26, 39; 2 Kor. 12, 8; Jak. 5, 18. Bitten um Vergebung Ps. 6. 32. 38. 51. 102. 130. 143; Lu. 18, 13. Bitte um Grfüllung der Verheißungen 2 Sa. 7, 18 ff., um Weisheit 1 Kö. 3, 5–12, um seligen Hingang Ap. 7, 58, vgl. Lu. 23, 46. Aufforderungen zur Fürbitte stehen Mt. 5, 44; 9, 38; Rö. 15, 30; Eph. 6, 18.19; 2 Kor. 1, 11; Kol. 4, 3; 2 Th. 3, 1; Jak. 5, 14–16. Hervorragende Beispiele von Fürbitten sind im A. T. 1 Mo. 18, 23–32; 2 Mo. 17, 11; 32, 32; 33, 12. 13; 4 Mo. 14, 13–19; 1 Kö. 8; Jes. 37, 14 ff.; Da. 9; Esra 9. Beispiele von Fürbitten Jesu sind Mk. 7, 34; Lu. 22, 32; 23, 34, namentlich aber das Gebet des Herrn, Mt. 6, 9 ff., und das „hohepriesterliche“ Gebet um seine und seiner Jünger Verklärung, Job. 17. Seine fortwährende Fürbitte: Rö. 8, 34; 1 Joh. 2, 1; Hbr. 7, 25. Menschliche Fürbitte: Ap. 4, 24–30; 7, 59; 9, 40; 12, 5; 20, 32. 36; Rö. 10, 1; Eph. 1, 16 ff.; 3, 13 ff. Das Dankgebet, in welchem Gott für bestimmte Wohltaten gepriesen wird, geht häufig über in das Lobgebet, welches dem Wesen und Walten Gottes im allgemeinen gilt. Ps. 8. 9. 30. 33. 34. 65. 92. 100. 103. 104. 107. 118. 144–150; 2 Mo. 15; Ri. 5; Jes. 14, 25; Lu. 1, 46–55. 68–79; 2, 13.14; Mt. 11, 25; 14, 19; 26, 26. 30; Joh. 11, 41; Ap. 27, 35; Rö. 1, 8; 1 Kor. 1, 4; 2 Kor. 9, 11–15; Kol. 1, 12; 1 Tim. 1, 12. 17; 4, 4; 1 Pe. 1, 3. (Über das Beten mit Zungen, 1 Kor. 14, 13 ff. sieche Zungenreden.) — 4) Wie soll man beten? Bor allem warnt Jesus vor dem heuchlerischen Gebet, welches die Öffentlichkeit aufsucht, nur um den Schein großer Frömmigkeit zu erwecken, Mt. 6, 5; 23, 14. Ebenso verwirst er jene heidnische Geschwätzigkeit des Betens, welche durch die Menge der Worte Gott erst von unseren Nöten benachrichtigen u. durch Ermüdung ihn zur Erhörung zwingen zu müssen glaubt, Mt. 6, 7 f. Damit es ein Beten im Geist und in der Wahrheit sei (Joh. 4, 24) und nicht ein bloßes Werk der Lippen (Mt. 15, 8), tut äußere und innere Nüchternheit not, Lu. 21, 34; 1 Pe. 3, 7; 4, 8. Dazu dient das Fasten (Mt. 17, 21; vgl. 4, 2; Ap. 13, 2; 14, 23, vgl. 1 Kor. 7, 5) und die Einsamkeit (Mt. 6, 6; 14, 23; Mk. 1, 25; Lu. 6, 12; 9, 18). Angesichts der Majestät dessen, zu dem wir reden, muß das Gebet demütig sein (1 Mo. 18, 27; Mt. 8, 8; 26, 39). Dem Heiligen steht der Betende bußfertig gegenüber, mit entschiedener innerer und äußerer Abkehr von der Sünde (Ps. 66, 18; Jes. 1, 15; 59, 1–3; Lu. 18, 13; 1 Pe. 3, 12; 1 Tim. 2, 8; Jak. 4, 3; 5, 16). Die Liebe Gottes fordert Vertrauen (Ps. 55, 23; Mt. 8, 13; 17, 20; 21, 22; Lu. 5, 12; Jak. 1, 5–7). Wenn aber Gott mit der Antwort zu zögern scheint, so steigert sich die Bitte zum Ringen mit Gott in anhaltendem und dringendem Flehen (1 Mo. 32, 26; Mt. 7, 7; 15, 22–28; Mk. 10, 42; Lu. 11, 8; 18, 1–8; Rö. 12, 12; 2 Kor. 12, 8; 1 Tim. 5, 5, vgl. den Gebetskämpf Jesu in Gethsemane, Mt. 26, 44; Lu. 22, 44; Hbr. 5, 7). Das vollkommenste Gebet ist dasjenige, welches in dem Namen Jesu geschieht, d. h. nicht etwa nur mit äußerlicher Berufung auf ihn oder nach seinem Borbild oder auf seinen Befehl, sondern in innigster Einigung des Gläubigen mit dem erhöhten Christus. Dieses Gebet, welches nur die Verherrlichung des Vaters im Sohne bezweckt, ist der Erhörung unbedingt gewiß, ja, es bedarf sogar der Fürbitte Christi nicht mehr, weil der Geist Jesu Christi selbst es ist, der in uns betet (Joh. 14, 13–20; 15, 7; 1 Joh. 5, 14), besonders wichtig ist hiefür Joh. 16, 23–27, vgl. mit 16, 7.–5) Über die äußeren Umstände des Gebets sind weder im A. noch im N. T. bestimmte Vorschristen gegeben. Die das Gebet begleitenden Gebärden sind der sinnbildliche Ausdruck des Verhältnisses der Betenden zu ihrem Gott. Man betet stehend (1 Sa. 1, 9 u. 26; Lu. 18, 13) zum Zeichen der Dienstbereitschaft; knieend (1 Kö. 8, 54; Da. 6, 10; Ap. 20, 36; Eph. 3, 14; Phi. 2, 10) zum Zeichen der Demut, fällt wohl auch im tiefsten Gefühl der Unterwürfigkeit nieder zum Gebet (Ps. 95, 6, vgl. Mt. 4, 9; 26, 39; Off. 4, 10). Die Hände werden zum Himmel erhoben und ausgebreitet, wie zum Empfang der göttlichen Gaben bereit (2 Mo. 9, 29; 1 Kö. 8, 22; Ps. 123, 1; Jes. 1, 15; 1 Tim. 2, 8). Der Zöllner schlägt an seine Brust im Schmerz der Selbstanklage, er hebt seine Augen nicht auf aus Scham über seine Sünden (Lu. 18, 13). Das Händefalten kommt in der Bibel noch nicht vor, es ist die Gebärde der Huldigung gegenüber dem Sieger und hat sich erst seit der Bekehrung der germanischen Stämme in der christlichen Kirche eingebürgert. Als Ort des Gebets ist im A. T. der Tempel zu Jerusalem bevorzugt. David betet in der Richtung zum Hause des Herrn (Ps. 5, 8; 18, 7), zum Allerheiligsten als der Offenbarungsstätte Gottes (Ps. 28, 2, vgl. Ps. 121, 1, das Aufheben der Augen zu den Bergen Zions als zu dem Wohnsitz Gottes, von welchem aus die Hilfe kommt, Ps. 3, 5; 19, 7). Hiskia betet im Hause des Herrn (Jes. 37, 14). Daniel hat nach 1 Kö. 8, 38. 44. 48 offene Fenster gegen Jerusalem. Pharisäer und Zöllner beten im Tempelvorhof (Lu. 18, 10). Christus hat beim Gebet die Augen zum Himmel erhoben (Mk. 6, 41; 7, 34; Joh. 11, 41; 17, 1, vgl. Jak. 1, 17). Doch sind die Christen an keinen Gebetsort, an keine Gebetsrichtung gebunden (Joh. 4, 21. 23). Petrus und Johannes gehen noch in freiem Anschluß an die herrschende Sitte zum Gebet in den Tempel (Ap. 3, 1, vgl. 2, 46), aber schon vor Pfingsten hatten sich die Apostel im Söller (Obergemach) eines Privathauses zu gemeinsamem Gebet versammelt (Ap. 1, 13), das Haus der Maria ist als Vereinigungsort genannt, Ap. 12, 12. In Joppe betet Petrus aus dem Söller (Ap. 10, 9), um jeder Störung auszuweichen, wie Jesus die einsame Wüste aufgesucht hat (Mk. 1, 35) und die Bergeshöhe (Mt. 14, 23). Die gewöhnlichen Gebetszeiten sind der Morgen (Ps. 5, 4), der Mittag (Ap. 10, 9), der Abend (Ps. 4, 9; Esra 9, 5; Ap. 3, 1; Ps. 55, 18; Da. 6, 10). Jesus bleibt auch die Nacht über im Gebet (Lu. 6, 12, vgl. Ps. 6, 7). Die Mahnung, ohne Unterlaß zu beten (1 Th. 5, 17, vgl. Kol. 3, 17), zeigt, daß der Apostel das Gebetsleben nicht auf gewisse Stunden eingedämmt wissen will. — 6) Den Gebeten ist Erhörung verheißen (Ps. 50, 15; 145, 18; Jes. 55, 6; Jer. 29, 12; Mt. 7, 7 ff.). Jn Mt. 18, 19 ist es aber nicht die Zahl der Beter, welche das Gebet erhörlich macht, sondern nach 18, 20 der Name Jesu, auf den sie versammelt sind und zu welchem die gemeinsam Betenden einander hinleiten. Mk. 11, 24 ist nicht dem willkürlichen, möglicherweise recht fleischlichen, wenn auch noch so steifen Glauben die Erhörung zugesagt, sondern dem auf Jesu Namen begründeten und in ihm begrenzten Glaubensgebet (Joh. 14, 13). Da wir aber hinsichtlich dessen, was gut für uns ist, im einzelnen oft irren (Mt. 20, 22), so kann Gott unsere Gebetswünsche nicht immer buchstäblich erfüllen, sondern gewährt uns nur das, was nach seinem Rat gut für uns ist (Mt. 7, 11; Rö. 10, 13; 2 Kor. 12, 9; Jak. 1, 5. 17). Gegen die Möglichkeit der Erhörung ist eingewendet worden, es streite gegen die Würde Gottes, durch menschliche Einwirkung im Gebet sich irgendwie bestimmen zu lassen. Allein es ist Gottes anbetungswürdige freie Gnade, daß er den Handlungen der Menschen überhaupt, und ihren Gebeten insbesondere, einen gewissen Einfluß auf die Weltregierung gestatten will. Er hat ein gewisses Maß von menschlicher Freiheit von Anfang an in seinen Weltplan aufgenommen, und die Menschen bleiben ihm dafür verantwortlich, welchen Gebrauch sie von ihrer Freiheit machen wollen. Tun sie es, namentlich auch im Gebet, in der rechten Einigung mit dem Willen Gottes (vgl. oben 4) „im Namen Jesu“, so kann dies nicht zur Beeinträchtigung, Sondern nur zur Verherrlichung der göttl. Majestät gereichen. Wenn man ferner eingewendet hat, eine Gebetserhörung sei, wie jedes Wunder, unstatthaft, weil es eine Aufhebung des gesetzmäßigen Zusammenhangs der Natur in sich schließen würde, so stellen wir diesem Aberglauben an Unabänderlichkeit des Naturznsammenhangs gegenüber den Glauben an einen lebendigen Gott, welcher, nachdem er die Welt geschaffen hat, sich nicht dazu verurteilen läßt, ein müßiger Zuschauer des Naturlaufs und der Geschichte zu sein. Vielmehr hat er es seiner Weisheit und Macht Vorbehalten, teils mit neuen Schöpfungen, teils durch unmittelbares Einwirken auf schon Geschaffenes in den Lauf der Welt so einzugreifen, wie es zur Vollendung seines Weltplanes, zur Verherrlichung seines Namens, zum Kommen seines Reiches am dienlichsten ist. Beispiele von Gebetserhörungen sind: 2 Mo. 15, 25; 17, 11; 32, 14; 33, 17; 1 Sa. 1, 26–28; Ps. 34, 7; 65, 3; 118, 5; 1 Kö. 3, 11. 12; 18, 37. 38; Jes. 37, 15 ff.; 38, 5; Mk. 7, 34; Mt. 14, 19; Joh. 11, 41; 12, 28; Ap. 4, 31; 9, 40; 10, 31; 12, 5 u. 7; Jak. 5, 17. 18. Vgl. 2 Kor. 12, 8. 9; Lu. 22, 42. 43; Hbr. 5, 7.

Calwer Bibellexikon

Besonders spannend finde ich die Aussage in dem Ratgeber „Alles anders, aber wie?“, indem gezeigt wird, dass meine Gebete ganz viel über mich aussagen:

Wofür beten Sie regelmäßig? Welche Art von „Bedürfnissen“ beherrschen Ihre Gebete? Wie beten Sie für das, was sein könnte, während Sie sich mit dem beschäftigen, was ist? Ihre Gebete enthüllen Ihre Träume. lm Gebet sagen wir Gott, was wir nötig zu haben meinen. Wir bitten um das, was wir wollen.

Alles anders – aber wie?

Einen Gott, den ich mit vielen Worten beeinflussen müsste, ja sogar auf meine Seite ziehen könnte, ja sogar „seine Hand bewegen könnte“ – den mag es ja geben : aber dieser ist eben nicht der allmächtige Schöpfer Jehovah.

„Wir haben das Leben in Person getroffen!“

Was von Anfang war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben, betreffend das Wort des Lebens; (und das Leben ist geoffenbart worden, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, welches bei dem Vater war und uns geoffenbart worden ist;) was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir euch, auf daß auch ihr mit uns Gemeinschaft habet; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohne Jesu Christo.
Elberfelder 1871 – 1 Johannes 1,1–3

Das Wort, das zum Leben führt, war von Anfang an da. Wir haben es selbst gehört und mit eigenen Augen gesehen, ja, wir haben es angeschaut und sogar mit unseren Händen berührt. Dieses Leben ist offenbar geworden. Wir haben es gesehen und können es bezeugen. Deshalb verkünden wir die Botschaft vom ewigen Leben. Es war bei Gott, dem Vater, und hat sich uns gezeigt. Was wir nun selbst gesehen und gehört haben, das geben wir euch weiter, damit auch ihr mit uns im Glauben verbunden seid. So haben wir Gemeinschaft miteinander und zugleich mit Gott, dem Vater, und mit seinem Sohn Jesus Christus.
Hoffnung für Alle – 1 Joh 1,1–3

Jesus Christus war schon immer da! Jetzt haben wir ihn aber auch reden gehört, wir haben ihn mit unseren eigenen Augen gesehen und mit unseren eigenen Händen berühren dürfen. Er hat zu uns geredet und Sachen erzählt, die uns den Weg zu einem neuen, echten Leben zeigen konnten. Wir haben das Leben in Person getroffen! Wir haben alles gesehen und sind Augenzeugen von der ganzen Geschichte. Darum erzählen wir euch, wie man dieses neue Leben bekommen kann, dieses Leben, was nie aufhören wird. Dieses Leben kam von Gott dem Vater, und es ist bei uns vorbeigekommen. Wir erzählen euch das, was wir selbst erlebt und gehört haben. Dadurch sind wir glaubensmäßig verbunden. Wir gehören ja zur Familie von Gott. Wir sind zusammen mit Gott dem Vater und auch mit seinem Sohn Jesus Christus.
VolxBibel – 1.Johannes 1,1–3

Der Apostel macht klar, daß das, was von Anfang an war, Gegenstand seiner Ausführungen sein soll. Viele Ausleger haben diese Wendung dahingehend gedeutet, daß hier von einem absoluten Anbeginn, wie etwa in 1Mo 1,1 oder in Joh 1,1 ,die Rede ist. Das wäre zwar denkbar, doch angesichts der intensiven Beschäftigung des Briefes mit der ursprünglichen Botschaft von Jesus Christus scheint es plausibler, daß Johannes hier von den Anfängen der Verkündigung des Evangeliums spricht. Wenn dem so ist, hat der Begriff „Anfang“ an dieser Stelle eine ähnliche Bedeutung wie in 1Joh 2,7.24 und 1Joh 3,11 .Der Verfasser möchte also deutlich machen, daß das, was er im folgenden zu sagen hat, jene Wahrheit über den Sohn Gottes ist, die schon die Apostel, mit denen er in direktem Kontakt stand, bezeugt haben. Indem er sich selbst diesen apostolischen Augenzeugen zurechnet, kennzeichnet der Autor seine Verkündigung als das, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände getastet haben.
Schon in diesen einleitenden Worten greift der Apostel die Häresie an, gegen die er mit seinem Schreiben zu Felde ziehen will. Die „Antichristen“ brachten neue Ideen auf, die nichts mit dem zu tun hatten, was „von Anfang“, d. h. vom Beginn der Ära des Evangeliums an, war. Ihrer Leugnung der Inkarnation Christi konnte er die Erfahrungen der Augenzeugen gegenüberstellen, deren Aussage auf dem basierte, was sie tatsächlich „gehört“, „gesehen“ und „betastet“ hatten (vgl. „seht“ und „faßt an“ in Lk 24,39). Die Botschaft des Johannes gründet sich also fest auf eine historische Tatsache.
Die genaue Bedeutung der Wendung „vom Wort des Lebens“ ist verschieden erklärt worden. Sie kann als Titel des Herrn aufgefaßt werden, wie er etwa in Joh 1,1.14 auftaucht. Allerdings hat dieser Titel dort keine Erweiterung („des Lebens“). Es scheint deshalb dem Text gemäßer, die Wendung im Sinne von „Botschaft des Lebens“ (vgl. Apg 5,20; Phil 2,16) zu verstehen. Wie 1Joh 1,2 zeigt, ist denn auch das Wort „Leben“ und nicht etwa der Begriff „Wort“ personifiziert eingesetzt. Johannes wollte also sagen, daß sein Brief von den ursprünglichen und sicher bezeugten Wahrheiten handeln wird, die die „Botschaft des Lebens“ – d. h. die Botschaft über Gottes Sohn, der das Leben ist – betreffen (vgl. 1Joh 5,20).

Das Leben, von dem die Apostel kündeten, ist in seinem tiefsten Wesen Person. Es ist nicht nur erschienen, sondern es ist das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und den Menschen erschienen ist. Damit ist ganz zweifellos die Inkarnation gemeint.

Es geht Johannes beim Schreiben über diese entscheidenden Dinge darum, daß auch ihr, die Leser, mit uns, den Aposteln, Gemeinschaft habt. Da aus einer späteren Stelle (1Joh 2,12-14) eindeutig hervorgeht, daß er sich in diesem Brief an Christen wendet, war es offensichtlich nicht sein Ziel, sie zu bekehren. Es ist eine gefährliche Fehlinterpretation, den Begriff „Gemeinschaft“ an dieser Stelle so zu deuten, als sei damit nichts anderes gemeint als „Christ zu sein“. Die Adressaten des Briefes waren bereits gerettet. Trotzdem brauchten sie die Worte des Apostels, um in einem wirklichen gemeinschaftlichen Austausch mit dem apostolischen Kreis zu stehen, dem der Verfasser des Briefes angehörte. Diese apostolische Gemeinschaft bedeutet zugleich Gemeinschaft … mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.
Wahrscheinlich bestritten die falschen Lehrer, daß die Adressaten des Briefes das ewige Leben besaßen (vgl. den Kommentar zu 1Joh 2,25;5,13 ). Wenn das stimmte, und wenn die Leser an Gottes Zusagen zu zweifeln begannen, so war auch ihre Verbundenheit mit dem Vater und dem Sohn in Gefahr. Das heißt natürlich nicht, daß damit auch ihre Rettung bedroht war – als Gläubige konnten sie das Geschenk des Lebens, das Gott ihnen gegeben hatte, niemals verlieren (vgl. Joh 4,14; Joh 6,35.37-40 ). Doch ihre Gemeinschaft mit Gott wurzelte darin, daß sie „im Licht wandelten“ (1Joh 1,7). Die verführerischen Worte der Antichristen aber zielten darauf ab, sie ins Dunkel zu locken. Welchen Reiz ihr verderblicher Ruf ausübte, wird im vorliegenden Brief besonders deutlich. Es ist Johannes deshalb ein Anliegen, seine Leser im Fundament ihres Glaubens so zu stärken, daß ihre Gemeinschaft mit Gott allen Belastungen standhält.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Das da von Anfang war. Da die Rede abgerissen ist, so muss man, damit der Sinn klarer hervortritt, die Worte so auflösen: Wir verkündigen euch das Wort des Lebens, das von Anfang war, und das uns auf jede mögliche Weise bezeugt worden ist; dies Wort verkündigen wir euch, weil in ihm das Leben erschienen ist. Dieser Satz: „das da von Anfang war“ – bezieht sich ohne Zweifel auf die Gottheit Christi. Denn nicht von Anfang an war Gott im Fleisch offenbar, sondern der, der immer das Leben war und das ewige Wort Gottes, ist in der Fülle der Zeit als Mensch erschienen. Was nun folgt von dem Beschauen und Betasten mit den Händen, geht mehr auf die menschliche Natur. Aber da zwei Naturen eine Person ausmachen und es nur einen Christus gibt, der vom Vater ausgegangen ist, dass er unser Fleisch anzöge, so predigt der Apostel mit Recht beides: eben derselbe sei in Ewigkeit unsichtbar gewesen und sei hernach gesehen worden. Diese Lehre des Evangeliums wird hier als Wahrheit geltend gemacht, nämlich dass der, der im Fleisch sich wahrhaftig als Sohn Gottes bewiesen hat und als Sohn Gottes anerkannt worden ist, in Ewigkeit das unsichtbare Wort Gottes gewesen ist. Denn der Apostel deutet hier nicht bloß auf den Anfang der Welt, sondern steigt noch höher hinaus.
Das wir gehöret haben, das wir gesehen haben. Dies Hören war nicht das Hören eines Gerüchts, dem man wenig Glauben beizumessen pflegt; nein, Johannes betont, er sei über das, was er lehrt, zuvor vom Meister gründlich unterwiesen worden, so dass er nichts leichtfertig vorbringe. Sicher ist keiner in der Kirche ein geeigneter Lehrer, der nicht vorher ein Schüler des Sohnes Gottes gewesen und in seiner Schule gründlich unterwiesen worden ist, da allein Christi Ansehen etwas gelten darf. Nicht zufrieden mit dem einfachen „sehen“ fügt der Apostel hinzu: wir haben beschaut, und unsere Hände haben betastet. Mit diesen Worten bezeugt er, dass er nichts anders lehre, als was er gründlich erkannt habe. Indessen der Beweis der Sinne scheint im vorliegenden Falle wenig Gewicht zu haben. Denn die Herrlichkeit Christi konnte weder durch die Augen noch durch die Hände erfasst werden. Ich erwidere, dass hier dasselbe gesagt wird, wie im ersten Kapitel des Evangeliums: „Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater.“ Nicht an der äußeren Figur des Körpers wurde der Sohn Gottes erkannt, sondern daran, dass er herrliche Beweise seiner göttlichen Macht gab, so dass in ihm, gleichsam wie in einem lebendigen und deutlichen Bilde, des Vaters Herrlichkeit erstrahlte. Da die Zeitwörter in der Mehrzahl stehen und das Besagte auf alle Apostel in gleicher Weise zutrifft, so lege ich die Mehrzahl (wir) gern von ihnen aus, besonders da es sich um das Gewicht des Zeugnisses handelt.
Vom Wort des Lebens. Das heißt so viel, wie das „lebendige“ Wort, denn in ihm war das Leben, wie das erste Kapitel des Evangeliums lehrt. Dieser Titel kommt dem Sohne Gottes mit doppeltem Rechte zu, sowohl weil er das Leben in alle Kreaturen ausgegossen hat, als auch, weil er jetzt bei uns das Leben wiederherstellt, das durch die Sünde Adams ausgelöscht und zugrunde gegangen war. Aber auch der Ausdruck „Wort“ erleidet eine doppelte Auslegung, sowohl von Christus, als von der Lehre des Evangeliums; denn auch durch diese wird uns das Heil gebracht. Indessen, da der Inhalt des Evangeliums Christus ist und es nichts anderes erklärt, als dass der, der immer beim Vater war, endlich den Menschen offenbart wurde, so scheint mir die erstere Auslegung einfacher und treffender.
V. 2. Und das Leben ist erschienen. Das Wörtlein „und“ steht hier etwa in dem Sinne: Wir geben Zeugnis von dem lebendigen Wort, weil in ihm das Leben erschienen ist. Indessen kann die Meinung eine doppelte sein: entweder dass Christus erschienen ist, der das Leben und die Quelle des Lebens ist, oder dass das Leben uns in Christus offenkundig dargereicht ist. Dies Zweite folgt notwendig aus dem Ersten. Was aber die Bedeutung der Worte angeht, so unterscheiden sich diese beiden Auslegungen wie Ursache und Wirkung. Wenn der Apostel wiederholt: wir verkünden euch das Leben, das ewig ist, so redet er ohne Zweifel von der Wirkung, nämlich, dass uns durch Christi Wohltat das Leben geschenkt ward. Daraus schließen wir, dass Christus uns nicht verkündigt werden kann, ohne dass uns das Himmelreich geöffnet wird, so dass wir, vom Tode erweckt, Gottes Leben haben.
Welches war beim Vater. Es war beim Vater, nicht nur seit die Welt geschaffen ist, sondern von aller Ewigkeit her. Immer war Gott die Quelle des Lebens. Die Kraft aber und Fähigkeit, Leben zu schaffen, war bei seiner ewigen Weisheit; indessen hat er diese Kraft tatsächlich nicht vor der Schöpfung der Welt geoffenbart. Seit aber Gott anfing das Wort hervorzubringen, hat sich jene Kraft, die vorher verborgen vorhanden war, in die Kreaturen ergossen. Schon das war eine gewisse Offenbarung des Lebens. Aber der Apostel hat etwas anderes im Sinn, nämlich, dass damals erst das Leben erschienen ist in Christus, als er, in unser Fleisch gehüllt, das Werk der Erlösung vollbrachte. Obwohl die Väter, auch unter dem Gesetz, Genossen und Teilhaber eben dieses Lebens waren, so wissen wir doch, dass sie in die Hoffnung, welche offenbar werden sollte, eingeschlossen gewesen sind. Auch sie mussten das Leben aus dem Tod und der Auferstehung Christi nehmen; das war ein Ding, das nicht nur den Augen weit entrückt, sondern auch den Gedanken verborgen war. Sie waren also angewiesen auf die Hoffnung der Enthüllung, die erst zu seiner Zeit erfolgte. Sie konnten zwar kein Leben erlangen, das ihnen nicht auf irgendeine Weise offenbar geworden war; aber zwischen uns und jenen ist ein großer Unterschied, weil wir den, den sie als einen Verheißenen suchten, nun als einen Erschienen gleichsam mit den Händen festhalten. Übrigens will der Apostel der Meinung entgegentreten, als wäre das Evangelium etwas Neues, wodurch seine Würde hätte gemindert werden können. Deshalb sagt er, das Leben habe nicht jetzt erst angefangen, weil es erst vor kurzem erschienen ist, vielmehr war es in alle Ewigkeit beim Vater.

Jean Calvin – 1.Johannesbrief