Schlagwort: Glaube

die ganze Schrift dreht sich um IHN

Danach, da Jesus wußte, daß alles schon vollbracht war, spricht er, auf daß die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet!
Elberfelder 1871 – Johannes 19,28

«Es ist vollbracht!»
(Matth. 27,45-56; Mark. 15,33-41; Luk. 23,44-49)
Jesus wußte, daß nun sein Auftrag erfüllt war. Da erst sagte er (und wieder erfüllte sich damit eine Voraussage der Heiligen Schrift): «Ich habe Durst!» (Psalm 22,16; 69,22)
Hoffnung für alle – 1996 – Johannes 19:28

Jesus wusste, dass nunmehr soweit alles in Erfüllung gegangen war, was über ihn geschrieben stand. Damit nun auch noch das Letzte sich erfüllte, rief er aus: „Mich dürstet!“
Johannes Greber – Joh 19,28

Nein, es geht hier NICHT darum, ob du oder ich mal durst haben! Es geht nicht darum, ob du oder ich Hilfe annehmen dürfen oder können! Spielen wir nicht Bibelstellenmikado!
Schauen wir uns die Verse in Ruhe an, dann stellen wir fest, dass sich hier „der Kreis schließt“ – von dem Ruf „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ zu „ich habe Durst!“ – schau dir die Quelle an, die Jesus verwendet!
Und ja – die gesamte Bibel dreht sich um IHN! Es ist die „Geschichte aus Gottes Sicht“ – und kein Ratgeber.

Auch von Jesu viertem seiner sieben Aussprüche am Kreuz, „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“, berichtet Johannes nicht (vgl. Mt 27,46; Mk 15,34). Er erwähnt erst wieder den fünften: Mich dürstet. Das ist ein Hinweis, daß Jesus bei vollem Bewußtsein und bereit war, alle Einzelheiten der Prophezeiungen zu erfüllen (Ps 42,1-2;63,2). Das Paradoxon, daß der, der das Wasser des Lebens ist (Joh 4,14;7,38), im Sterben Durst litt, ist beeindruckend. Auf seine Klage hin wurde ihm, in Erfüllung von Ps 69,21 ,Essig – ein sehr saurer Wein – gereicht. Die Prozedur, einen mit Essig gefüllten Schwamm auf ein Ysoprohr zu stecken, mutet seltsam an. Dieses Detail weist vielleicht darauf hin, daß Jesus als wahres Passalamm starb, denn Ysop wurde auch bei den Passafeierlichkeiten benutzt (vgl. 2Mo 12,22).

Walvoord Bibelkommentar

Damit die Schrift erfüllt würde, sprach er: Mich dürstet!
Die zu erfüllende Schriftstelle, falls man das ἵνα nicht vom vorhergehenden τετέλεσται, sondern von λέγει abhängig sein läßt, dürfte Ps 69, 22 sein: „Sie tränkten mich mit Essig in meinem Durst.“
Robinson, The Evangelists and the Mishna S. 330 glaubt an die Tränkung des Tamidopfers vor der Schlachtung erinnern zu sollen; s. Tamid 3, 4: „Man tränkte das tägliche Opfer aus einem goldenen Becher. Obgleich es schon am Abend zuvor untersucht war, untersuchte man es (noch einmal am Morgen) beim Licht der Fackeln.“ — Aber der Gedanke an das tägliche Opferlamm liegt gewiß ganz fern, zumal der Zweck des Tränkens des Tieres nach Bertinoro war: „damit sich sein Fell gut abziehen lasse.“

Kommentar zum NT aus Talmud und Midrasch

Das Verb τελειόω (»vollenden«) begegnet viermal im Johannesevangelium und bringt die »Vollendung« des Jesus vom Vater aufgetragenen »Werkes« zum Ausdrucks (Joh 4,34; 17,4) bzw. der »Werke« des Vaters (Joh 5,36). Nach Joh 17,23 sollen die Jünger in der Einheit »vollendet« sein. In unserem Vers, Joh 19,28, steht das Perfekt Passiv von τελέω als die »Erfüllung« der Schrift in einem herausragenden Sinne.
Was bedeutet der Ruf Jesu: »Mich dürstet?« Bei den Synoptikern begegnet an dieser Stelle nur der physische Durst Jesu, dem mit dem Angebot des Essigs oder sauren Weines entsprochen wird. Bei Johannes hat der Durst Jesu eine spirituelle und theologische Dimension. Es ist der Durst, von dem er im Gespräch mit der Frau aus Samarien spricht mit der Bitte: »Gib mir zu trinken« (Joh 4,7). Wie es Jesu Speise ist, den Willen seines Vaters zu tun und sein Werk zu vollenden (Joh 4,34), so ist es auch sein Durst. Nur so »werden aus seinem Inneren Ströme von lebendigem Wasser fließen« (Joh 7,38). Es wird diskutiert, auf welche Schriftstelle sich das Wort Jesu bezieht. Einige Autoren denken an Ps 69,22, andere an Ps 22,16. Möglich wäre auch ein Bezug auf Ps 42,1 aufgrund der Bedeutung dieses Psalms in anderen Szenen der zweiten Hälfte des Johannesevangeliums (vgl. Joh 11,33.38; 12,27; 13,21; 14,1 ff.).

Beutler – das Johannesevangelium

Die fünfte Aussage vom Kreuz, „Mich dürstet“, kam, nachdem Jeschua den Zorn Gottes erlitten hatte. Das ist ähnlich wie der Bericht über den reichen Mann und Lazarus (Lukas 16,22-24). Nachdem er den Zorn Gottes und die Schmerzen der Hölle erlitten hatte, drückte der reiche Mann aus, wie durstig er war. Jeschua, der den Zorn Gottes erlitten hatte, antwortete auf dieselbe Weise.[229]

Arnold Fruchtenbaum – Das Leben des Messias aus einerr messianischjüdischen Perspektive

Der Bericht des Johannes vom Sterben Jesu ist auffallend kurz und einfach, aber von einer stillen Hoheit. Johannes erzählt alles das nicht, was die Gemeinden schon genügend aus der Passionsgeschichte kannten. Er will vor allem zeigen, wie auch das Sterben die freie Tat des Gottessohnes war, der „seine Seele einsetzte“ (10, 17f). Jesus hatte es damals in seiner Hirtenrede betont, daß niemand ihm „die Seele nimmt“. Das wird für Johannes nun in der Art seines Sterbens deutlich. Das Sterben am Kreuz war sonst ein langsames, qualvolles Verenden. Darum ist auch bei den Synoptikern der laute Schrei, mit dem Jesus „schon“ nach sechs Stunden stirbt, etwas ganz Auffallendes und den römischen Offizier tief Bewegendes (Mk 15, 27–30). Johannes hebt dieses „schon“ hervor, indem er es von Jesus selbst aussprechen läßt. „Hiernach, als Jesus wußte, daß schon alles vollendet ist.“
Nicht die rein körperlichen Vorgänge bestimmen für Jesus das Ende. Es kommt einzig darauf an, daß sein Werk zum Ziel gekommen ist. Das griechische Wort „telos“ enthält ebenso die Vorstellung des „Zieles“ wie des „Endes“. Unser deutsches Wort „vollendet“ drückt in ähnlicher Weise aus, daß etwas nicht nur zu Ende ist, aufhört, sondern daß es dabei sein Ziel erreicht hat und darum mit Recht zum Abschluß kommt. Nun kann Jesus seinen irdischen Weg beenden, der in der Krippe begonnen hatte. Es ist „alles vollendet“.
Ihn quält nach diesen ganzen Stunden und nach dem Blutverlust der Geißelung der Durst. Auch in diesem besonderen Zug wird nochmals deutlich, daß Jesus nicht eine Göttergestalt ist, die über die irdischen Nöte einherschreitet, sondern „wahrer Mensch“, ganz und gar „Fleisch“. Er ist „wahrer Gott“, aber er ist es hier ganz in der Torheit und Schwachheit Gottes, von der Paulus 1 Kor 1, 28 spricht395. Aber wird dann nicht sein Sterben statt des freien Hingebens der Seele doch so etwas wie ein „Verenden“? Da gedenkt Jesus der Schrift. Sie spricht in dem für ihn besonders bestimmten Leidenspsalm vom Vertrocknen der Kräfte, vom Kleben der Zunge am Gaumen (Ps 22, 16) und in Psalm 69, 22 vom Essigtrank im großen Durst. Jesus weiß, er darf auch hier die Schrift erfüllen. Und so „sagt er, damit die Schrift erfüllt werde: Ich dürste.“
Man hat dieses „Dürsten“ gern symbolisch gefaßt als das Dürsten des Herrn nach unserm Heil. Aber dazu bietet der Text nicht den geringsten Anhalt. Im Gegenteil. Die „Schwachheit Gottes“ und der Ernst des Kreuzesleidens werden verkannt, wenn man den quälenden Durst vergeistigt.

Wuppertaler Studienbibel

Folgen wir den wenigen Angaben in V. 28. Jesu »Wissen, dass schon alles vollbracht war« ergibt sich aus dem Wort »Es ist vollbracht«, das gleich darauf folgt (V. 30). Sein »Wissen« um das Kommende wird in der Passion immer wieder betont (Joh 13,1.3; 18,4; 19,28). Diese Betonung ist nötig, um das Missverständnis abzuwehren, Jesus sei seinen Gegnern zum Opfer gefallen. Nein, er ist den Weg ans Kreuz sehr bewusst und aus eigenem Willen gegangen.
Der Sterbende stöhnt: »Mich dürstet.« Im Urtext ist dies ein einziges Wort. Die schreckliche Not der Kreatur, die ganze Armseligkeit menschlichen Leidens liegt in diesem Wort. Gerade der Verzicht auf jede Ausmalung macht es so einprägsam, so erschreckend. Wie am Jakobsbrunnen (Joh 4) liegen Göttliches (»Wissen«) und Menschliches (»Mich dürstet«) in Jesus untrennbar zusammen. Kein übermenschlicher Held, sondern der gehorsame, fleichgewordene Gottessohn hängt hier in seiner Qual am Kreuz (vgl. Heb 5,7).

Welche »Schrift« ist »erfüllt«? Es handelt sich offensichtlich um zwei Stellen. Die eine ist Ps 22,16
»Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt mir am Gaumen.« Der Bezug auf Ps 22 als einen Leidenspsalm Jesu ist schon in V. 24 gegeben. Die andere Stelle ist Ps 69,22
»Sie geben mir Essig zu trinken für meinen Durst.« Ps 69 ist der zweite wichtige Leidenspsalm aus der Passion Jesu (vgl. Mt 27,34.48).
V. 28 fordert noch eine Klarstellung. Die Worte »damit die Schrift erfüllt würde« bedeuten nicht, dass Jesus absichtlich von seinem Durst gesprochen hat, nur um bestimmte Schriftstellen zu erfüllen. Sein Durst ist echt und kommt aus dem kreatürlichen Leiden.
Zentral ist jedenfalls die Erkenntnis, dass alles nach dem Willen Gottes geschieht. »Die Schrift erfüllt« sich: Für Johannes ist Jesus der im AT angekündigte Erlöser. Ein Christentum ohne AT war für die Johannes -Schule wie für die ganze Urchristenheit undenkbar. Dass in dem kleinen Abschnitt Joh 19,16-37 viermal die Schrift zitiert wird, liefert dafür den besten Beweis.

Edition C

… werden die Monatsbetrage eines Jahres zusammengezahlt und am Ende des Kalenderjahres dem Konto gutgeschrieben. Ab dann kann man über das Geld verfugen.

Du sollst deinen Nächsten nicht bedrücken (O. übervorteilen) und sollst ihn nicht berauben; der Lohn des Tagelöhners soll nicht bei dir über Nacht bleiben bis an den Morgen.
Elberfelder 1871 – Leviticus 19,13

Ihr sollt niemanden erpressen oder berauben. Ihr sollt Arbeiter, die ihr für einen Tag beschäftigt, noch am selben Abend bezahlen.
Neues Leben Bibel 2014 – 3.Mose 19,13

Leute erpressen und beklauen soll es bei euch nicht geben. Wenn ihr Angestellte habt, dann zahlt denen auch pünktlich ihre Kohle aus.
VolxBibel – 3.Mose 19:13

Der Lohn eines Arbeiters soll nicht bis zum Morgen bei dir bleiben. Hebräisch peʿullah, „Lohn“, bezeichnet eigentlich sowohl die Anstrengung als auch ihren Lohn, sowohl die Arbeit als auch den Lohn für die Arbeit. Hebräisch sakhir, „gedungener Arbeiter“, ist normalerweise jemand, der für eine bestimmte Arbeit oder für seine Zeit bezahlt wird.

Der JPS Tora-Kommentar

Bedrücke nicht, das ist, wer den Lohn des Arbeiters zurückhält (Tor. koh.). Dass nicht übernachte, ist weibliche Form und bezieht sich auf פעולה den Lohn. Bis zum Morgen, der Vers spricht vom Tagarbeiter, der nach Sonnenuntergang weggeht; darum ist die ganze Nacht hindurch die Zeit, in der er seinen Lohn erhebt; an anderer Stelle sagt er (Deut. 24, 15), die Sonne gehe nicht darüber unter, das spricht vom Nachtarbeiter, dessen Lohn nach Tagesanbruch gezahlt wird; darum ist die Zeit, in der er seinen Lohn erhebt, während des ganzen Tages; weil die Thora dem Arbeitgeber eine Ona (einen Tag oder eine Nacht) Zeit gegeben hat, Geld zu beschaffen (Bab. mez. 110b).

Raschi – Kommentar zur Tora

Die biblischen Grundlagen für dieses Gesetz sind Dt. 24,14-15 und Lev. 19,13. In Ant. 20.220 erwähnt Josephus, dass Arbeiter bei öffentlichen Bauvorhaben in Jerusalem sofort für die geleistete Arbeit bezahlt wurden. Auch Jesu Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,8) deutet auf eine unverzügliche Bezahlung am Ende des Tages hin.

Außerhalb der Bibel – Antike jüd. Schriften mit Bezug zur Schrift

» Du sollst deinen Nächsten nicht bedrücken noch berauben« ist gewissermaßen die vorangestellte Grundregel dieses kleinen Abschnitts (V. 13). »Bedrücken« hat im Hebräischen einen Doppelcharakter. Es bedeutet a) die gewalttätige Durchsetzung eigener Ansprüche, b) das Übervorteilen des Nächsten. (- 3 Mo 25,17, Spr 22,22 -) In »berauben« oder »an sich reißen« wird dieses Vorgehen zur offenen Gewalt gesteigert. Diese Ausdrücke schließen auch das ein, was wir Erpressung oder rechtswidrige Ansichnahme nennen. Aus dem Zusammenhang ergibt sich ferner, daß 3 Mo 19,13 außerdem die rechtswidrige Verweigerung von Zahlungen u.ä. betrifft. Das wird jetzt konkret mit dem Satz: »Es soll der Lohn des Tagelöhners nicht bei dir bleiben bis zum Morgen.« Der »Tagelöhner« soll – wie das Wort im Deutschen sagt – seinen »Lohn« am Abend des Arbeitstages bekommen. (- Mt 20,1ff Jak 5,4 -) Wenn ihm der Grundstücksbesitzer aber diesen Lohn »bis zum« nächsten »Morgen« vorenthält, dann ist der sozial weit schwächere Tagelöhner hilflos. Es fehlt ihm das Geld, um für sich und die Seinen Nahrung zu kaufen. (- Hi 7,2 -) Deshalb befiehlt das Gesetz ausdrücklich: »du sollst ihm seinen Lohn am selben Tag geben, daß die Sonne nicht darüber untergehe – denn er ist bedürftig und verlangt danach« (5 Mo 24,14f). Propheten und Apostel haben sich für die Tagelöhner eingesetzt. (- Jer 22,13 Hes 22,29 -)
Was bedeutet 3 Mo 19,13 für die Moderne? a) Vereinbarter, zustehender Lohn muß ohne Wenn und Aber gezahlt werden. b) Schliche, die aus dem Geld des andern noch eigene Vorteile ziehen wollen, sind unstatthaft. c) Überhöhte Lohnansprüche dürfen von gläubigen Menschen nicht gestellt werden.

Wuppertaler Studienbibel

Nicht an meinen Brüdern bereichern? Nicht von Spenden leben? Den Armen durch Gaben und durch schnelle Bezahlung über den Tag helfen? In welcher Verfassung werden solche Grundsätze aufgenommen? Nur in der Verfassung von Jehovah Gott an Sein Volk!
Er wußte, dass es „immer Arme geben wird“ – und sorgte deshalb durch Gesetze!
Und wenn wir dann schauen : Jesus Christus wird in sehr ärmlichen Verhältnissen geboren – und Seine Predigten richteten sich in erster Linie an diejenigen, die sich selber zu den Armen gezählt haben werden. Aber Er grenzte niemanden aus. Seinen auch wir offenherzig! – und denken auch an die „Tagelöhner“ und „Armen“.

Leuten was zu geben, macht mehr Spaß, als nur zu bekommen.

Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisset, daß meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben. Ich habe euch alles (O. in allen Stücken) gezeigt, daß man, also arbeitend, sich der Schwachen annehmen und eingedenk sein müsse der Worte des Herrn Jesus, der (Eig daß er) selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen.
Elberfelder 1871 – Apostelgeschichte 20,33–35

Noch etwas: Ihr wisst, dass ich nie Unterstützung angenommen habe. Weder Geld noch Kleider habe ich je von jemand erbeten. Mit diesen meinen Händen habe ich erarbeitet, was ich und meine Begleiter zum Leben brauchten. Überhaupt habe ich euch mit meiner Lebensführung gezeigt, dass wir hart arbeiten müssen, um auch den Bedürftigen etwas abgeben zu können. Wir sollen uns immer an das erinnern, was Jesus, der Herr, darüber gesagt hat. Von ihm stammt das Wort: ›Auf dem Geben liegt mehr Segen als auf dem Nehmen.‹ «
Gute Nachricht Bibel 2018 – Apostgeschichte 20,33–35

Nie habe ich von jemandem Geld oder Kleider verlangt. Ihr wisst, dass ich mit meinen eigenen Händen gearbeitet habe, um mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen und auch meine Begleiter zu versorgen. Stets war ich euch ein Vorbild, wie ihr durch harte Arbeit den Armen helfen könnt. Behaltet die Worte von Jesus, dem Herrn, in Erinnerung: `Es ist segensreicher zu geben als zu nehmen.´«
Neues Leben – Bibel 2006 – Apostelgeschichte 20,33–35

Den Männern, die als Aufseher in einer Versammlung der Tempelklasse Gottes eingesetzt worden sind, obliegt eine besondere Verantwortung, nämlich die Pflicht, vor der Entwicklung irgendwelcher schlechten oder verkehrten Zustände auf der Hut zu sein. Da nun schon neunzehnhundert Jahre verflossen sind, seitdem der Apostel Paulus folgende Worte an die Aufseher richtete, ist es um so wichtiger, sie zu beherzigen: „Gebt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der heilige Geist euch zu Aufsehern ernannt hat, damit ihr die Versammlung Gottes hütet, die er mit dem Blute seines eigenen [Sohnes] erkaufte. Ich weiß, daß nach meinem Weggang tyrannische Wölfe in eure Mitte eindringen und die Herde nicht schonend behandeln werden, und aus eurer Mitte selbst werden Männer aufstehen und verkehrte Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her. Daher bleibt wach und denkt daran, daß ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden einzelnen unter Tränen zu ermahnen . . . indem ihr euch so abmüht, sollt ihr den Schwachen beistehen und sollt die Worte des Herrn Jesus im Sinn behalten, der selbst sagte: ‚Mehr Glück liegt im Geben als im Empfangen.‘ “ (Apostelgeschichte 20:28-35, NW) Heute besteht eine große Notwendigkeit, ja eine noch größere denn je, wach zu bleiben und darüber zu wachen, daß keine Wölfe eindringen, die die Schafe verschlingen würden, und daß keine ehrsüchtigen religiösen Führer aufstehen, welche Jünger hinter sich herziehen, so daß sie nicht mehr dem Rechten Hirten folgen, der sagte: „Auch laßt euch nicht ‚Führer‘ nennen, denn einer ist euer Führer, der Christus. Aber der Größte unter euch soll euer Diener sein.“ — Matthäus 23:10, 11, NW.

Wachtturm – 15.Dezember 1958

Eine wichtige Eigenschaft lautete: „nicht geldliebend“, oder: „nicht schändlichem Gewinn nachgehend“ (Tit 1, 7). Petrus ermahnt die Ältesten: „Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, indem ihr die Aufsicht nicht aus Zwang führet, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig“ (1.Pet 5, 2). Den Ältesten wird empfohlen, mit eigenen Händen zu arbeiten und sich der Schwachen anzunehmen, eingedenk der Worte des Herr Jesu: „Geben ist seliger als nehmen“ (Apg 20, 35).

Rudolf Brockhaus – Älteste und Diener

Auch in den äußerlichen Dingen sieht sich Paulus veranlaßt, Rechenschaft über sein Verhalten abzulegen. Weder materielle Werte (»Silber oder Gold«) noch Dinge des täglichen Bedarfs (»Bekleidung«) hat er für sich oder seine Mitarbeiter verlangt. Durch eigene Handarbeit (vgl. 18,3!) sorgte er für den Lebensunterhalt. Es hat etwas für sich, wenn der Prediger nicht von der Gemeinde bezahlt wird. Es verleiht ihm äußere und innere Unabhängigkeit. Das Beispiel der französischen Arbeiterpriester, die inmitten der Arbeiter lebten und ihre Arbeit teilten und nur in ihrer Freizeit Gemeinde bauten, hat nichts von seiner Beachtlichkeit verloren. Unsere heutigen Verhältnisse sind anders, aber es könnte die Zeit kommen, wo der Seelsorger wieder im normalen Berufsleben stehen muß, und es bleibt abzuwarten, ob das seine Wirkungsmöglichkeit verringert oder steigert!
»In allem habe ich euch gezeigt, daß es nötig ist, sich so abzumühen, um sich der Leidenden anzunehmen eingedenk der Worte des Herrn Jesus, weil er selbst gesagt hat: ›Geben ist seliger als Nehmen‹« (V. 35f.).
Der Rechenschaftsbericht des Apostels endet mit dem Hinweis auf die Verantwortung für »die Leidenden«, zu deren Gunsten man sich »abmühen« muß. Dabei dachte er wohl an die körperlich Schwachen und Kranken in der Gemeinde (denn über diese hinaus konnte man damals noch nicht versuchen, die Nöte der Allgemeinheit zu lindern!), die selbst nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten – und das werden nicht wenige gewesen sein (vgl. auch 2 Thes 3,7–12). Das in den Ev.n so nicht vorhandene Jesuswort vom »Geben«, das »seliger als Nehmen« ist, findet sich auch in der alten griech. Literatur (Thukydides führt es auf die Perser zurück!). Diese Parallele ist aber noch kein Grund, es Jesus abzusprechen, gibt es doch auch sonst etliche Beispiele solcher Worte im NT selbst (vgl. 1 Thes 4,16) und bei frühen christlichen Schriftstellern, insgesamt zwischen 200 und 300. Sie stellen jedoch keine wesentliche Bereicherung dessen dar, was uns im NT schon über Jesus berichtet wird. Die alte Meinung, daß in der Heiligen Schrift alles, was zu wissen für uns nötig ist, enthalten sei (also die sufficientia sacrae scripturae, von der die alten Dogmatiker sprachen), wird dadurch nur bestätigt. Immerhin wirft unser Wort ein bezeichnendes Licht auf unser Denken, das vornehmlich am Zuwachs des Eigentums, am Wachstum orientiert ist.

Edition C Bibelkommentar

Gerade in der grie Welt mit ihrer Geringschätzung der körperlichen Arbeit lag es Paulus ernst daran, daß die Glieder der Gemeinde Jesu ihr eigenes Brot essen und daß die helfende Liebe wirklich auf die „Schwachen“ beschränkt blieb. Auch hier war wichtiger als alle Lehren und Mahnungen das eigene Beispiel. Und es war ein mächtiges Beispiel, wenn der Leiter der großen, arbeitsreichen Mission keinen Unterhalt von der Gemeinde annahm, sondern mit seinen Gefährten durch Handarbeit selbst das Nötigste erwarb. Wer konnte dann noch die christliche Wohltätigkeit mißbrauchen, ohne sich schämen zu müssen (- Paulus hat dabei immer anerkannt, daß grundsätzlich der fleißige Verkünder des Evangeliums seinen Unterhalt von der Gemeinde empfangen darf. „So hat auch der Herr befohlen, daß, die das Evangelium verkündigen, sollen sich vom Evangelium nähren“ (1 Ko 9, 14). Es ist ein besonderer „Ruhm“, wenn er es anders macht. Es mußte freilich vor seinem Beispiel jeder Verkünder, jeder Älteste von Ephesus sich prüfen, ob er nicht an diesem „Ruhm“ selber Anteil haben sollte. Die Lage für den heutigen Boten Jesu unter den modernen Arbeits- und Lebensbedingungen ist eine andere; sie ändert sich vollends, wenn der Bote für eine ganze Familie zu sorgen hat. Und doch kann auch für uns die Zeit kommen, in der das Vorbild des Paulus wieder maßgebend und hilfreich sein wird. -) ? Wir wollen es vor uns sehen, wie ein Paulus hier seine Hände hochhebt – „diese meine Hände“ – und sie allen als harte Arbeitshände zeigt.
„Mit allem habe ich euch gezeigt, daß man so arbeitend sich der Schwachen annehmen muß.“ Paulus fügt dabei ein Wort des Herrn dazu, das uns sonst nicht überliefert ist (- Auch 1 Th 4, 15 zeigt uns, daß Paulus Worte Jesu kannte, die wir in unserem Evangelium nicht finden. Wenn gerade Lukas ein solches Wort hier bringt, sehen wir, wie wenig er meinte in seinem Evangelium alles aufgezeichnet zu haben. -) : „Selig ist mehr das Geben als das Nehmen.“ Es wird mit diesem Wort nicht geleugnet, daß auch das Nehmen eine selige Sache sein kann. Der Schwache darf sich fröhlich helfen lassen und die Kunst des dankbaren Nehmens üben. Ist doch das Nehmen die Grundhaltung, die wir alle Gott gegenüber einnehmen müssen. Aber der angstvolle Egoist in uns darf es sehen, daß das „Geben“ nicht eine abgerungene Pflicht, sondern eine „selige“ Sache ist, noch „seliger als das Empfangen“. Hier dürfen wir „Nachahmer“ des gebenden Gottes sein.

Wuppertaler Studienbibel

Selbst als er arbeitete, um seine eigenen Bedürfnisse zu stillen, erübrigte er immer noch etwas von dem, was er verdiente, um anderen zu helfen und sie zu unterstützen, wie er sie hier verpflichtet zu tun (Vers 35): „In allem habe ich euch gezeigt, dass man so arbeiten und sich der Schwachen annehmen soll.“ Manche verstehen dies so, dass es sich darauf bezieht, den Glauben von schwachen Gläubigen zu stützen, indem man ihre Vorurteile gegen das Christentum ausräumt. Ich verstehe es jedoch so, dass es sich auf die Hilfe der Ältesten zur Unterstützung für die Kranken und Armen und diejenigen bezieht, die nicht arbeiten konnten, denn das stimmt mit dem Aufruf von Paulus an anderer Stelle überein: „sondern bemühe sich vielmehr, mit den Händen etwas Gutes zu erarbeiten, damit er dem Bedürftigen etwas zu geben habe“ (Eph 4,28). Wir müssen nicht nur in einer ehrlichen Arbeit arbeiten, um zu leben, sondern auch, um zu geben. Das könnte als hartes Wort erscheinen und deshalb unterstützte es Paulus mit einem Ausspruch unseres Meisters. Es ist ein vorzüglicher Ausspruch, der etwas paradox ist: „Geben ist glückseliger als Nehmen!“ Es ist glückseliger, anderen zu geben, als von anderen zu bekommen, nicht nur glückseliger, reich und damit auf der Seite des Gebenden zu sein, als arm und damit auf der empfangenden Seite zu sein – das gesteht jeder ein –, sondern auch glückseliger, mit dem Gutes zu tun, was wir haben, ob es viel oder wenig ist, als es zu vergrößern und zu mehren. Die Haltung der Kinder dieser Welt ist das Gegenteil davon; sie haben Angst zu geben. Sie leben in der Hoffnung zu bekommen. Für sie ist es der größtmögliche Segen, einen deutlichen Gewinn zu machen. Doch Christus sagt: „Geben ist glückseliger als Nehmen!“ Es macht uns Gott ähnlicher, der jedem gibt und von niemandem nimmt, und mehr wie den Herrn Jesus, der „umherzog und Gutes tat“ (Apg 10,38). Es ist glückseliger, sich anzustrengen, als den Lohn dafür zu bekommen. Es ist wohltuender, denen Gutes zu tun, die dankbar sind, doch es ist ehrenwerter, denen Gutes zu tun, die undankbar sind, denn dann ist Gott unser Zahlmeister.

Der neue Matthew Henry Kommentar

Ach, warum sollte ich arbeiten, wenn ich auch von Spenden leben kann? Weil es Jehovah so verlangt!
Und ehrlich: als noch Bücher und Zeitschriften gedruckt wurden, entstanden ja auch wirkliche Kosten – da mußte das Papier, die Druckfarbe und der Strom bezahlt werden. Aber wer heute über einen Server Videos oder pdfs verteilt – der hat in relation gesehen, doch „keine Kosten“ – schau auf einer guten Seite, was heute Server kosten – das hält sich echt in Grenzen! Also warum das ständige „Spende jetzt! – morgen könnte zu spät sein“ ??
Warum Paulus das so sah – Siehe auch meinen alten Beitrag hier: geistige Arbeit?

wenn Jesus, der Herr, für alle sichtbar erscheinen wird

ein offenbares Zeichen (O. ein Beweis) des gerechten Gerichts Gottes, daß ihr würdig geachtet werdet (O. werden sollt) des Reiches Gottes, um dessentwillen ihr auch leidet: wenn es anders bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht,
Elberfelder 1871 – 2.Thess 1,5–7

Diese Verfolgungen erinnern euch daran, dass Gott ein gerechtes Gericht halten und euch ehrenvoll in seine neue Welt (- Wörtlich in die Königsherrschaft Gottes -) aufnehmen wird, für die ihr ja leidet.   (- Röm 12,19; Offb 18,6 -) Denn es entspricht der Gerechtigkeit Gottes, dass er die, die euch Leiden bereiten, selbst leiden lässt (- Mt 25,31 S; 1 Thess 4,16–17 -) und dass er euch, die ihr jetzt leiden müsst, mit uns zusammen von allen Leiden befreit.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 2.Thess 1,5–7

Das mit der Verfolgung ist übrigens ein gutes Zeichen. Dadran könnt ihr erkennen, dass ihr richtig liegt. Gott wird euch die Eintrittskarte für sein Land in die Hand drücken. Darum müsst ihr durch diese ätzenden Sachen jetzt durch. Gott ist gerecht. Er wird jedem mal die Rechnung präsentieren, der euch jetzt wegen eurem Glauben Probleme macht. Aber wartet ab, Leute! Damit wird Schluss sein, wenn Jesus wiederkommt! Er wird sich dann als der große Chef zeigen. Begleitet von ein paar powervollen Engeln wird er aus dem Himmel kommen, und dann werdet ihr bei ihm richtig ausruhen können.
VolxBibel – 2.Thessalonicher 1:5–7

Wie? Ich soll bereit sein, für meinen Glauben an Christus mich verfolgen zu lassen? Nur um dann irgendwann mal, „erquickende Ruhe“ gewährt zu bekommen? Warum denn nicht HEUTE schon „erquickende Ruhe“??
Wir können nicht wissen, wer heute bereit ist, für seinen Glauben sich verfolgen zu lassen? Doch! Unser Lebensweg zeigt, wie wir uns entschieden haben – und es gibt nur ein „entweder oder“ !! Denn Jehovah möchte eine persönliche Beziehung – und niemals nur ein religiöses Gefühl.

Religion
(lat. religio = Verpflichtung, Scheu, Gottesverehrung) Oberbegriff für alle Vorstellungen, Einstellungen und Handlungen gegenüber einer göttlichen Macht, auch als → Gott bzw. Götter, Geister, das → Heilige u. ä. bezeichnet. Jede Religion basiert auf der Erfahrung des Menschen, abhängig zu sein. In der Ausrichtung auf etwas „Überweltliches“ kann der einzelne Mensch in allen Schwierigkeiten Trost und Hilfe erfahren, weil er sich von etwas Größerem getragen weiß.

Kleines Lexikon zum Christentum

Eben – der Begriff Religion hat nichts mit einer persönlichem Verhältnis zu tun.
Bin ich bereit, für mein persönliches Verhältnis zu GOtt auf viele Dinge zu verzichten? Nutze ich meine Zeit um täglich einigige Minuten mit dem Lesen der Bibel zu verbringen?

»Ein offenbares Zeichen« ( endeigma ) kommt ausschließlich hier in der Schrift vor, aber es gibt ein verwandtes Wort ( endeixis ) in einer parallelen Stelle in Phil 1,28. Es bedeutet einen offensichtlichen und eindeutigen Beweis »des gerechten Gerichts Gottes«. Der Vers bezieht sich auf das Vorhergehende in V. 4, doch erhebt sich dabei die Frage, was nun genau in V. 4 (als deutlicher, offener Beweis) das gerechte Gericht Gottes zeigt. In diesem Zusammenhang wurde auf zwei Faktoren hingewiesen, den »ausharrenden Glauben« der Thessalonicher einerseits, und die »Verfolgungen und Drangsale« andererseits. Des weiteren ist zu fragen, ob der Ausdruck hier im Nominativ steht (und sich damit auf sämtliche vorausgehenden Wörter bezieht) oder im Akkusativ (dann wäre, wie in Röm 12,1; 1.Tim 2,6 der Bezug streng auf den unmittelbar vorausgehenden Satzteil mit seinem Zeitwort beschränkt). Die Gelehrten neigen im Großen und Ganzen zu letzterer Auffassung und meinen, daß mit dem »offenbaren Zeichen« allein das Ausharren der Gläubigen gemeint ist; diese Auffassung aber ignoriert das ganze Argument des Textzusammenhangs, daß Gott sowohl Gutes als auch Böses vergilt (siehe Röm 2,4-10). Deshalb folgern wir, daß die einleitende Aussage von V. 5 die Erklärung eines Grundsatzes einführt, daß sowohl die Verfolgung der Heiligen als auch das treue Ausharren unter diesen Verfolgungen, jedes auf seine Weise, die Gerechtigkeit vom Gericht Gottes erweist. Was die Verfolger betrifft, so ist Gottes geduldige Langmut ohne Hast und die majestätische Ruhe Seiner Bewegungen in der Geschichte in sich selbst schon ein Beweis Seiner gerechten Eigenschaften im Gericht. In der Tat legt die Rettung einiger der Verfolger, und nicht zuletzt die von Paulus selbst, Zeugnis davon ab. Aber für die Unbußfertigen ist das Gericht so gewiß wie gerecht, und die Umstände dieses Gerichts werden in dem nachfolgenden Einschub (V. 6-10) genannt.
Was kann nun über die Anwendung des gerechten Gerichts Gottes auf die Situation der leidenden und doch ausharrenden Gläubigen gesagt werden? Zuerst ist da die tatsächliche Erfahrung, zum Ausharren fähig zu sein, denn der Ausdruck »würdig geachtet werden« ( kataxioô ) weist nicht auf persönliches Verdienst und nicht einmal auf ein »würdiggemacht – werden« hin, sondern ist vielmehr »für würdig erachtet« wie in Apg 5,41 (»gewürdigt werden«), ähnlich dem Ausdruck »für gerecht gerechnet werden«.
Das Umstandswort eis (zu, im Hinblick auf) drückt den Gedanken aus »im Blick auf dieses Ziel« (nämlich das Reich Gottes).
So sollten die thessalonischen Gläubigen (es wird nicht gesagt, daß sie es bereits taten) also ihren ausharrenden Glauben in ihren Verfolgungen als Zeichen des gerechten Gerichts Gottes ansehen, insofern als die Kraft zum Durchhalten nicht ihr eigenes Verdienst war, sondern von Ihm kam und ihnen mit dem Ziel gegeben wurde, daß sie durch Leiden (denn so wird das Königreich erlangt, 1.Thess 3,3; vgl. Apg 14,22) als des Königreichs würdig erklärt werden könnten. Beachten wir, daß hier nicht steht »würdig des Himmels«.
Dies bedeutet nicht, daß sie vor Gott angenommen werden würden, weil sie die Verfolgungen erduldet hatten; jegliche Annahme erfolgt aus Gnade und nicht aus Werken. Die Gnade ließ sie leiden, die Gnade erhielt sie im Leiden aufrecht (Phil 1,29) und allein die Gnade konnte sie für würdig erachten; aber, wie Mt 5,10.12 erklärt, besteht ein Unterschied zwischen dem Gehören zum Königreich und dem Empfangen von Lohn, ebenso, wie es eine Sache ist, zum Teilhaber am Erbe gemacht zu sein (Kol 1,12), was das Teil jedes Gläubigen ist, und eine ganz a n d e r e, ob man aufgrund treuen Dienstes für den Herrn die Vergeltung des Erbes empfängt (Kol 3,24). Mit Ihm gestorben zu sein, bedeutet mit Ihm zu leben, aber diesen Heiligen wird der weitere Gedanke vorgestellt, daß, wenn sie litten (ausharrten), sie auch mit Ihm herrschen würden. Siehe 2.Tim 2,11.12. Das Königreich war noch nicht offenbar, aber diejenigen, die im Blick auf dieses Leiden erduldeten, sollten wissen, daß es nicht nur hinsichtlich seiner Drangsale etwas Gegenwärtiges war, sondern daß es auch hinsichtlich seiner Gnade, seiner Kraft, seinen Grundsätzen der Gerechtigkeit jetzt schon wirksam war, und zwar mit dem Blick auf zukünftige Vergeltung und Belohnung bei seiner sichtbaren Offenbarung.
Hyper (»um dessentwillen«) weist daraufhin, daß sie ihre Leiden im Zusammenhang mit dem Königreich sehen sollten, denn, wie Ellicott sagt, ist »die Verbindung zwischen heiligem Leiden und zukünftiger Segnung äußerst eng und unauflöslich« (siehe Apg 14,22). So hat Paulus in von Gott inspirierter Weisheit den Grund ihres Zweifels umgewandelt in den sicheren Beweis dafür, daß Gott ihnen Güte erweisen wollte.
Vers 6
Der Apostel beginnt nun mit einem Abschnitt (V. 6-10), der einen gewissen Einschub darstellt. Er beschäftigt sich mit Aspekten des gerechten Gerichts Gottes, die der natürliche Verstand vielleicht als eingängiger für die Leidenden betrachten könnte. Zuerst wendet er sich der anderen Seite zu, nämlich den Verursachern der Leiden, denn es ist ein elementarer und allgemein akzeptierter Grundsatz, daß Gerechtigkeit solche bestrafen muß. Oft erleben wir, wie die Folgen des Bösen schon in diesem Leben empfangen werden, denn es wird zurecht gesagt, daß Vergeltung die andere Hälfte der Sünde ist. Aber ob es nun im konkreten Fall so ist oder nicht, das Austeilen gerechter Vergeltung ist unausweichlich.
Ebenso wie Er Drangsale zum letzendlich Guten der Bedrängten verwendet (V. 5), so ist Gottes Gerechtigkeit auch darin ausgewogen, daß auch die Verfolger ihre Vergeltung empfangen werden, und sie wissen es (Phil 1,28). Wir können nicht sicher sagen, welche Auswirkung Stephanus‘ Erdulden des Leidens und der Verfolgung auf Paulus hatte, noch die letztendliche Einstellung eines Nero oder Pilatus gegenüber ihren Taten. Aber wir haben das Zeugnis, daß Leiden seinen Eindruck hinterläßt; dafür gibt es reichlich Beweise in der Schrift und in unserer eigenen Erfahrung.
»Wenn anders« ( eiper ) zeigt, wie Paulus sein Argument rhetorisch kraftvoll darlegt, indem er es als Frage stellt, auf die es nur eine bejahende Antwort geben kann. Niemand kann an der Tatsache herumkritisieren, daß die Verfolger das Gericht treffen muß. Einige haben eingewandt, daß eine derart leicht eingängige Hypothese unwürdig und kaum christlich sei, und gingen manchmal sogar so weit, dies als eine nachträgliche Einfügung in den Text anzusehen. Aber die Aussage hier ist Teil eines ausgewogenen Arguments, wobei der weniger eingängige Aspekt zuerst genannt wird (V. 5). Nun kommt der Apostel – mit einem absichtlichen Understatement, um den Hörer zu gewinnen, wie es der jüdischen Argumentationsweise entspricht – mit einem Argument, das für die ehemaligen Juden unter den Versammlungsgliedern sofort einsichtig und annehmbar ist und gleichzeitig ein Gegenargument gegen jeden feindlichen jüdischen Einfluß darstellt. Doch macht er seinen Punkt nicht auf Kosten der Wahrheit, wie es die Menschen oft tun, wenn sie eine Auffassung durchsetzen wollen, ganz im Gegenteil: er legt eine gerechte Grundlage für eine vernunftgemäße Annahme der in den folgenden Versen dargelegten Sache. Seine Aussage könnten wir wiedergeben als: »Wird es akzeptiert, daß es für Gott eine gerechte Sache ist, die mit Leiden zu bestrafen, die anderen Leiden zufügen?«
»Drangsal« ist das gleiche Wort wie in V. 4. »Bei Gott« ( para theou ) enthält den Gedanken örtlicher Nähe und vermittelt den Eindruck, daß der Bedränger direkt vor Gott zitiert wird. »Vergelten« ( antapodidômi ) bedeutet »erstatten, entrichten, zurückzahlen«; siehe 1.Thess 3,9 wo es im guten Sinn verwendet wird. Der Ausdruck »Drangsal (oder Bedrängnis) denen, die euch bedrängen« ( tois thlibousin hymas thlipsin ) vermittelt den ernsten Gedanken des »Maß für Maß« in Gottes gerechtem Handeln (siehe Röm 2,5).
Vers 7
Paulus wendet sich wiederum der Sache der Leidenden zu. Das hier verwendete Wort für »Ruhe« ( anesis ) gebraucht er an anderen Stellen für das Gegenteil von Drangsal. Es beschreibt ein Ackerfeld, für das nach Jahren der Bearbeitung eine Zeit der Brache gekommen ist, das Lösen der Spannung einer Bogensehne und Erholung von Anstrengung (zum Gebrauch siehe 2.Kor 2,13; 7,5; 8,13). Hier spricht es von Erholung von Leiden. Beachten wir, daß die Ruhe »mit uns« ist, den Schreibern, denn nicht alle leiden Drangsal. Diese liebliche Bemerkung hat die Heiligen sicher ermutigt, da Paulus damit andeutet, daß er und seine Gefährten ebenfalls unter Druck standen, und daß sie darunter aushielten aufgrund der Gewißheit zukünftiger Ruhe, des Preises, den er ihnen jetzt vorstellt, während er bereits damit beginnt (da ihr Denken nun umso empfänglicher geworden ist), ihre falsche Auffassung über den Tag des Gerichts zu berichtigen. Das erwähnte Ereignis, »die Offenbarung ( apokalypsis ) des Herrn Jesus vom Himmel«, ist Sein Erscheinen in Macht und großer Herrlichkeit, nicht die Entrückung, die Wiederkunft des Herrn auf die Erde, nicht Sein Kommen in die Luft (siehe die Anhänge über Entrückung, Parusie, Erscheinung, Apokalypsis). Von dieser Erscheinung wird (u.a. Schriftstellen) gesprochen in Dan 2,34.35; Sach 14; Mt 24,27; 26,64; Mk 13,26; Lk 21,27; Offb 19,11-16.
Das Argument hier ist nicht, daß die Erscheinung ( apokalypsis ) des Herrn Jesus ausschließlich als Ursache ihrer Ruhe oder Erholung gesehen werden sollte, denn ihre Erwähnung in diesem Zusammenhang ist gewissermaßen en passant und parenthetisch, da der Apostel das Thema des gerechten Gerichts Gottes behandelt. Es könnte nämlich auch darauf hingewiesen werden, daß die Ruhe für die zur Gemeinde gehörigen Heiligen mit der Entrückung beginnt; jedoch vermeidet es der Heilige Geist sorgfältig, dieses herrliche Geschehen als Anlaß der Ruhe für die Heiligen zu zeichnen, sondern hält ihnen beständig einen zentralen Gegenstand vor Augen: den Herrn selbst. Die Erwähnung der Ruhe bei der Erscheinung soll illustrieren, daß dieses Ereignis mit solch schrecklichen Folgen für ihre Verfolger verbunden ist; für sie aber, die Opfer, birgt es keinerlei Schrecken mehr, denn ihr Teil ist dann die Ruhe.
Wenn wir das gesagt haben, müssen wir uns jedoch auch vor Augen halten, daß dieser Brief – gemeinsam mit allen zweiten Briefen – auch auf die Umstände von Heiligen am Ende der Zeit nach der Entrückung der Gemeinde anzuwenden ist, welche in der Drangsal schreckliche Verfolgung erleiden müssen. Sie werden die Erscheinung – während sie noch rufen »wie lange?« – tatsächlich freudig als Befreiung von ihren Drangsalen begrüßen. Welch segensreiche Tröstung und Ermutigung wird dieser Brief dann in jenen schrecklichen Tagen der Verfolgung und des Martyriums sein.
Jedoch ist der anschließend weitergeführte Hauptgedanke der der Vergeltung gegenüber den Verfolgern, und in dieser Verbindung deutet der wörtliche Sinn des Ausdrucks »in ( en ) der Offenbarung Jesu Christi« an, daß die Vergeltung bei und mit dem Geschehen Seines Offenbarwerdens ausgeübt werden wird, wie der folgende Vers auch zeigt.
Der ehrfurchtgebietende Ausdruck »mit den Engeln seiner Macht« zeigt, daß Er durch sie Seine Macht ausübt. Die Macht ist Sein, und die Engel sind Werkzeuge seiner Macht, ebenso wie in V. 10 die Heiligen Werkzeuge Seiner Herrlichkeit sind.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Mit V. 5 wandelt sich der Dank zu einem lehrhaften Abschnitt über Gottes gerechte Vergeltung im Gericht.
Die über die Thessalonicher ergehende Verfolgung »ist ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes«. In der Regel sehen die Ausleger in dem »Gericht« das zukünftige, das allerdings bereits in die Gegenwart hineinragt. Das gegenwärtige Leiden wird im Jüngsten Gericht einen entsprechenden Ausgleich erfahren. Wird »Gericht« im Sinne eines gegenwärtigen Richtens Gottes verstanden, so ist der Sinn der: Durch die Verfolgung werden die Gemeindeglieder beurteilt und des Reiches Gottes für würdig befunden. Ähnliche Abschnitte begegnen uns in 1. Petr 4,17–19 und Phil 1,27–29. Auch dort ist das Ertragen der Verfolgung ein Anzeichen der Verdammnis für die Verfolger wie auch der Errettung für die Verfolgten.
Das kommende »Reich Gottes« (vgl. 1. Thes 2,12) kann nicht verdient werden, auch nicht durch das Leiden. Die »Würdigung« ist ein passiver Vorgang, der nur von Gott ausgehen kann. Zwar eröffnet die Beständigkeit in der Verfolgung den Zugang zum Reich Gottes. Doch ist dies einmal mehr Geschenk der Treue Gottes, aus der aller Glaube lebt.
Paulus spricht nicht vom Leiden insgesamt, sondern vom Leiden für das Reich Gottes. Dieses spezielle Leiden gewinnt die Herrlichkeit bei Gott. Dies ist nicht im Sinne der Werkgerechtigkeit zu verstehen, sondern betont schlicht die Verbindung zwischen gegenwärtigem Leiden und künftigem Reich. Der Weg zum Reich Gottes ist grundsätzlich und in aller Regel mit Bedrängnissen und Leiden verbunden: Apg 14,22; 1. Thes 3,3.
Vers 6
Die Grundlage für diese Ausführungen liegt in einer unerschütterlichen Gewißheit in V. 6f.: »so gewiß von Gott euern Bedrängern gerechte Bedrängnis vergolten wird«. Dies wird von Paulus lediglich festgestellt, ohne daß dafür eine Begründung erforderlich wäre. Gott wird entsprechend des Grundsatzes der Gerechtigkeit handeln und Verfolgung vergelten. Das Wortspiel »den Bedrängern Bedrängnis vergelten«, ruft das Gesetz der angemessenen Vergeltung nachdrücklich in Erinnerung: Auge um Auge, Zahn um Zahn (2. Mose 21,24).
Hervorzuheben ist, daß Vergeltung nicht Sache des Glaubenden, sondern ausschließlich Gottes sein kann. Für den Christen gilt die Aufforderung, Verfolgung mit Segnen, nicht aber mit Fluchen zu vergelten, das Böse mit Gutem zu überwinden. Die Freiheit zu solcher Handlungsweise beruht in der Freiheit vom Gesetz der Vergeltung, das jedoch von Gott angewandt wird (Röm 12,14–21). Nur vordergründiges Denken wird in Gottes Liebe und Gottes Gerechtigkeit zwei sich gegenseitig ausschließende Eigenschaften Gottes sehen wollen. Indem Gott seine Gerechtigkeit ausübt, geschieht sein guter Wille, bestätigt sich seine Wahrheit, erweist sich seine Liebe. Auch wenn dies dem menschlichen Denken verborgen bleibt, weiß der Glaube um die unlösbare Zusammengehörigkeit von Gottes Liebe und Gerechtigkeit.
Vers 7
Der Blick auf die Verfolger wird von dem Hinweis auf das Geschick der Verfolgten abgelöst: »euch aber als den Bedrängten Ruhe, zusammen mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel mit den Engeln seiner Macht«.
Von fehlender »Ruhe« spricht Paulus in 2. Kor 2,13 und 7,5 (vgl. auch 8,13); der Grund dafür ist Ungewißheit, sowie Bedrängnis von innen und außen. Ruhe ist daher weder Untätigkeit noch Belohnung für vorausgegangene Mühen, sondern die Befreiung vom Leiden, nach der sich die Verfolgten ausstrecken.
Da nicht nur die Gemeinde, sondern vor allem auch Paulus und seine Mitarbeiter selbst vielerlei Bedrängnisse zu ertragen haben (3,2; 1. Thes 2,15; 3,7 u.ö.), verbindet sich die Erwartung der Gemeinde mit der des Apostels: »zusammen mit uns«.
Der Gott, von dem Paulus hier spricht, hat sich in Jesus Christus offenbart. So hängt die doppelseitige Vergeltung, die Gott durchführen wird, eng mit der Wiederkunft Jesu Christi zusammen. Die Sprache in V. 7b–10 trägt liturgischen Charakter mit vielfältigen atl. Bezügen, so daß vermutet wurde, Paulus könnte hier ein bereits vorliegendes Lied eingefügt haben. Da diese Annahme jedoch nicht zwingend ist, kann davon ausgegangen werden, daß der Apostel selbst diese Verse komponiert hat.
»Bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel« gibt den Zeitpunkt der göttlichen Vollendung an. Hier wird das für die Wiederkunft seltenere Wort »Offenbarung« (griech. »apokalypsis«) gebraucht (in demselben Sinne 1. Kor 1,7; vgl. Röm 2,5,dazu 1. Petr 1,7.13; 4,13; das dazugehörige Verb findet sich außerdem in 2. Thes 2,3.6.8; Röm 8,18; 1. Kor 3,13,sowie Lk 17,30; 1. Petr 1,5; 5,1). Dann wird »enthüllt«, d.h. es wird der Vorhang vor dem bisher verborgenen Tun Gottes weggezogen und Jesus als der »Herr« und Richter allen bekannt.
Dieser »Herr« wird in dreifacher Weise näher beschrieben:
Er kommt »vom Himmel«, »mit den Engeln seiner Macht«, »in flammendem Feuer«.
Wenn Jesus »vom Himmel« kommt, so wird damit nicht nur auf seinen Platz zur Rechten des Vaters, sondern zugleich auf seine göttliche Autorität verwiesen (vgl. 1. Thes 4,16).
Die »Engel seiner Macht« sind Teil des göttlichen Hofstaates (Sach 14,5; vgl. die Auslegung von 1. Thes 3,13). Der Sinn kann sein: »Die Engel, durch die er seine Macht ausübt bzw. die zu seiner Macht gehören«, oder: »Die mächtigen Engel bzw. die Machtengel« (als Bezeichnung einer speziellen Engelgruppe). Auch in Mk 13,26 wird die Wiederkunft Jesu mit dem Hinweis auf seine Macht verbunden (mit Zitat aus Dan 7,13f.).

Edition C Bibelkommentar

Die Bedrückung der Gemeinde dauert noch fort; aber sie wird durch sie gestärkt. Ihre Zuversicht zu Gott wird immer fester, ihre Liebe immer kräftiger. Jeder einzelne wird von der Gemeinschaft umfasst, die zwischen ihnen besteht; keiner bleibt unbeachtet und ist mit der Gemeinde nur locker verbunden. Jeder arbeitet tätig und gebend am Wohl aller mit. Paulus spricht darum von den Thessalonichern in der korinthischen und den benachbarten Gemeinden mit großer Freude. Die Art, wie sie ihren Kampf durchfechten, dient auch denen, die ihnen das Wort Jesu brachten, zum Ruhm. Dadurch wird sichtbar, dass Gott durch ein gerechtes Urteil den Erfolg der Verkündigung Jesu angeordnet hat. Die, die er in die Christenheit führt, hat er für würdig erklärt, dass sein königliches Werk für sie geschehe und seine ewige Gnade sich an ihnen offenbare. Dieses Urteil ist dadurch als gerecht erwiesen, dass sie um Gottes willen leiden. Gott hat also durch seine Berufung die zu sich gezogen, die ihn über alles schätzen, ihn mit ganzer Seele lieben, seiner Gnade danken und sie mit Ernst bewahren. Andere blieben nach Gottes gerechtem Entscheid draußen, wie wieder durch das seitherige Geschehen offenbar wurde; denn sie toben gegen das Wort Jesu und wollen die Gemeinde mit Gewalt zerstören. Paulus erklärt nun noch deutlicher, wie sich in dem Erleben der Thessalonicher die Gerechtigkeit Gottes zeigt.
Die Glaubenden werden es erleben, dass Gott sich an ihnen als der vollkommene Verwalter des Rechts bewährt. Auch Paulus wartet unter der Anstrengung seiner Arbeit auf die Ruhe, die Gott ihm nach derselben Gerechtigkeit schaffen wird, mit der er die Thessalonicher tröstet; dann werden sie miteinander in derselben Erquickung vereint sein, mit der ihrer beider Kampf sein herrliches Ende erlangt. Wann geschieht dies?
Wenn Jesus wieder offenbar wird, erhalten die Verfolgten und die Verfolger ihren Lohn, weil er darin das richterliche Amt verwaltet. Da er vom Himmel kommt, ist er der Herrscher über alle, die auf Erden sind; er kommt mit dem himmlischen Heer, das seinen Willen vollführt, und Feuer ist das Mitte!, durch das er wegtut, was aus der Welt verschwinden muss. Die Schuld, die er straft, ist die Unkenntnis Gottes. In der Welt Gottes kann nur der leben, der ihn kennt und für ihn lebt. Der Mensch soll Gott nicht verdecken, sondern offenbaren, nicht leugnen, sondern bezeugen. Die Geschiedenheit von Gott wird im Widerstand gegen das Wort Jesu offenbar. Dazu kommt es nur, wenn der Mensch sich Gott verdeckt. So verhalten sich aber die, die in Thessalonicher gern die Gemeinde zerstören würden. Wie der Glaube, der das Wort Jesu annimmt, Gehorsam ist, so ist die Feindschaft, die es bekämpft, Ungehorsam und darum Schuld. Die ihr gesetzte Strafe ist der Untergang, den Paulus ewig heißt, weil dann das endgültige Urteil ausgesprochen wird, auf das keine Vergebung folgt. Ob daraus ein dauernder Zustand der Fesselung und des Todes folgt oder ob der Untergang die völlige Vernichtung schafft, davon spricht Paulus nicht. Mit solchen Fragen, die das menschliche Denkvermögen völlig übersteigen, hat Paulus sich nie beladen. Er spricht nur aus, dass dann der Vollzug des Rechts alles trifft, was wir Menschen sind. Hier wird Tod oder Leben erlangt, endgültiger Tod, der uns für immer zerstört, wie endgültiges Leben, das uns für immer lebendig macht.
Christus kommt aber nicht nur dazu, um mit göttlicher Strafgewalt an denen, die sich Gott widersetzen, das Recht zu vollstrecken, sondern auch, um seine Herrlichkeit zu offenbaren. Er macht sie dadurch sichtbar, dass er seine Gemeinde, die ihm durch den Glauben verbunden ist, verherrlicht und erhöht. In das, was er ihr gibt, setzt er seine eigene Verherrlichung. Das kann die Thessalonicher auch in der Verfolgung fest und froh machen. Zur erhabenen Größe des Ziels kann nicht ein kleiner, armseliger Anfang führen. Um des Ziels willen ist es gerecht, dass die Thessalonicher jede Entsagung auf sich nehmen und jeden Kampf bestehen; sie gehören ja zu denen, an denen Christus seine Herrlichkeit offenbaren wird. Gehören sie wirklich zu ihnen? Darauf gibt der letzte Satz Antwort. Für die Glaubenden tritt Christus ein; der Glaube ist aber den Thessalonichern bekannt. Das Zeugnis kam durch Paulus zu ihnen, und der Glaube, der zum Zeugnis gehört, entstand in ihnen. Das Zeugnis wurde ihnen als Wahrheit erkennbar; es gab ihnen Gewissheit und machte sie Christus Untertan.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Wir können also schon heute an uns und unseren Freunden ablesen, ob wir zu Jehovah ein persönliches Verhätnis aufgebaut haben, oder nur Mitläufer in einem religiösen System geworden sind.

Diese Einstellung findet man überall in der Welt. Die Macht der Gewohnheit und die Verbundenheit mit tief verwurzelten Überlieferungen halten Hunderte von Millionen Menschen an Religionssysteme gefesselt, von denen sie wissen, daß sie nicht die Wahrheit lehren oder praktizieren. Willst du zulassen, daß dich diese Gefühle daran hindern, der Wahrheit entsprechend zu handeln? Das ist bestimmt eine gefährliche Fallgrube. Wieso?
In erster Linie deshalb, weil eine solche Einstellung Gott mißfällt.

Erwachet! 22.März1975

Mein Gebet sei wie vorbereitetes Räucherwerk, das dir dargebracht wird

Ich hebe meine Hände zu dir empor im Gebet. Nimm mein Flehen an, so wie du das Rauchopfer und das Speiseopfer annimmst!
Hoffnung für alle – 1996 – Psalm 141,2

Nimm mein Gebet an wie den Duft geopferten Weihrauchs;
und wenn ich meine Hände zu dir emporhebe, dann sei es für dich wie ein Speiseopfer am Abend.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Psalm 141:2

Laß als Räucherwerk vor dir bestehen (d. h. gelten) mein Gebet, die Erhebung meiner Hände als Abendopfer! (Eig Abend-Speisopfer)
Elberfelder 1871 – Ps 141,2

Von Rauchaltar, Räucherfaß, Räucherpfanne und Räucherwerk steht oft in den heiligen Büchern geschrieben. Goldene Schalen voll Räucherwerks sind nach Offb 5,8 die Gebete der Heiligen, und David schreibt in Ps 141, 2: »Lasse als Räucherwerk vor dir bestehen mein Gebet!«
Nur von Gott verordnete Priester durften auf dem Räucheraltar räuchern. Darum traf Ussia das Strafgericht lebenslänglichen Aussatzes, als er im Hochmut seines Herzens trotz der Warnung des Priesters Asarja dem Herrn räuchern wollte (2 Chron. 26,16—21).
Zum Räuchern wurde meist das Wertvollste, nämlich das Fett verwendet (2 Mose 29,13; 3 Mose 8,16; 4 Mose 18,17).
Der hochheilige goldene Räucheraltar ist in 2 Mose 30,1—10 beschrieben, und in den Versen 34—38 wird die Bereitung des Räucherwerkes folgendermaßen angeordnet: »Der Herr sprach zu Mose: Nimm dir wohlriechende Gewürze, Stakte und Räuchermuschel und Galban, wohlriechende Gewürze und reinen Weihrauch; zu gleichen Teilen sollen sie sein. Und mache Räucherwerk daraus, Würzwerk, ein Werk des Salbenmischers, gesalzen, rein, heilig. Und zerstoße davon zu Pulver und lege davon vor das Zeugnis in das Zelt der Zusammenkunft, woselbst ich mit dir Zusammenkommen werde; hochheilig soll es euch sein. Und das Räucherwerk, das du machen sollst, nach dem Verhältnis seiner Bestandteile sollt ihr es euch nicht machen; heilig dem Herrn soll es dir sein. Wer dergleichen macht, der soll ausgerottet werden aus seinen Völkern.«
Jehiskia zeigt vier Gründe auf, weshalb der Zorn über Juda und Jerusalem gekommen ist. Er sagt in 2 Chron. 29, 6. 7, daß die Väter
1. die Türe der Halle verschlossen haben,
2. die Lampen ausgelöscht,
3. kein Räucherwerk geräuchert und
4. kein Brandopfer dargebracht haben.
War das nicht auch die Sünde der Pharisäer zur Zeit Jesu, und ist es nicht dem Wesen nach auch die Verschuldung der »Christenheit«, daß man
1. andern den Zutritt zu Gott unmöglich macht,
2. das gottgeschenkte Licht des Geistes verliert,
3. weder Gebet, Fürbitte noch Anbetung darbringt und
4. keine völlige Selbsthingabe an Gott vollzieht?
»öl und Räucherwerk erfreuen das Herz«, sagt Spr 27,9. Möchte auch unser Leben vom öl des Heiligen Geistes und vom Räucherwerk des Gebetes und der Anbetung so erfüllt sein, daß nicht nur unser eigenes Herz, sondern auch das Herz unseres Gottes und Vaters darob erfreut ist!

200 Biblische Symbole

Der zweite Vers nimmt ohne Zweifel Bezug auf Gesetzesbräuche. Weil nämlich Gott damals wollte, dass die Gebete der Gläubigen mit Räucherwerk und Opfern geweiht würden, so sieht David dies als ein Verheißung an und stützt sich darauf. Wenn aber einige aus diesem Vers schließen, David sei damals auf der Flucht und also fern von den Zusammenkünften der Gläubigen gewesen, so weiß ich nicht, ob das genügend feststeht. In diesem Falle müsste man zwischen den Zeilen einen gewissen Gegensatz lesen: Obschon ich verhindert bin, in den Tempel zu kommen und unter den Anbetenden zu erscheinen, obschon ich also von der Teilnahme am Räucherwerk und an den feierlichen Opfern ausgeschlossen bin, so wollest du, o Gott, doch meine Bitten nicht verschmähen. Es zwingt uns aber nichts zu dieser Auffassung; und so begnügen wir uns mit dem allgemeineren Sinn: weil solche sinnbildliche Handlungen die Gläubigen daran erinnern, dass ihre Bitten bei Gott gerade so gern angenommen werden wie der lieblichste Geruch und die besten Opfer, so sucht David daran seinen Glauben zu stärken. Denn wenn auch die Alten in solchen äußeren Handlungen keineswegs befangen waren, so war doch David genötigt, dieselben als Hilfsmittel in seiner Lage anzuwenden. Indem er also bei sich selbst erwägt, dass das von Gott gebotene, tägliche Räucherwerk und Abendopfer nicht umsonst dargebracht wird, so verbindet er mit jenem vorgeschriebenen Gottesdienst seine Bitten. Das Händeaufheben steht ohne Zweifel für das Gebet selbst. Weshalb bei allen Völkern der Brauch aufgekommen ist, beim Beten die Hände zum Himmel zu erheben, ist anderswo (zu. Ps. 28, 2) gesagt worden.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

David verglich sein Gebet mit der Abendopfergabe im Heiligtum und rief den Herrn an, ihn eilends zu erhören (vgl. den Kommentar zu Ps 31,3 ). Er wünschte sich, daß sein Gebet dem Herrn ein lieblicher Geruch sein möge, so wie das Räucherwerk beim Abendopfer (das etwa um drei Uhr nachmittags dargebracht wurde), das hinaufstieg und dem Herrn wohlgefiel. In der Offenbarung ist das Räucherwerk offensichtlich das Gebet ( Offb 5,8;8,3-4 ). Das Aufheben der Hände als Gebetshaltung wird auch in Ps 28,2;63,5 und Ps 134,2 erwähnt.

Walvoord Bibelkommentar

Nach dem Anruf Gottes erwartet David dessen Eingreifen: eile mir zur Hilfe (- Ps 22,20 38,23 40,14 -). Die Fortsetzung höre meine Stimme wird unterstrichen vom Erheben meiner Hände, und zwar in der Frühe als Ersatz für das Rauchopfer und am Abend als Speisopfer (- Jes 1,13 Jer 41,5 Neh 13,5.9 -). Da kein Levit da ist und die heilige Stätte weit entfernt ist, sieht Gott das dargebrachte Gebet als vollgültiges Opfer an. Gebet ist Hingabe und Opfer und nicht zuerst ein Sprechen mit dem Mund. David ändert damit die Opferbräuche nicht, aber er lebt so sehr mit Gott, daß er weiß, daß es diesem eigentlich auf die Gesinnung beim Opfer ankommt. Es sind keine Versöhnungsopfer, sondern schlichte Darbringungen, die Gott ehren sollen.

Wenn ein Jude in der Diaspora ohne Opfer zu Gott betet, muß man die Ausnahmesituation immer vor Augen haben, auch wenn diese Ausnahme für das aus dem Heiligen Land vertriebene Judentum schließlich zum Normalen geworden ist. Darum ist es unmöglich, von einer »Vergeistigung« des Opfers zu sprechen.

Wuppertaler Studienbibel

Wann immer der Feind Ärger machte, war Davids erste Reaktion das Gebet. „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft meines Lebens; vor wem sollte ich mich fürchten?“ (27:1, NKJV). Er war ein Mann mit geistlicher Einsicht, der verstand, dass er beten und Gott anbeten konnte, auch wenn er nicht im Heiligtum war und keinen Priester hatte, der ihm beistand (40:6-8; 50:8-9; 51:16-17; Jes. 1:11-17; Jer. 7:22-23; Hos. 6:6; Mic. 6:6-8; Markus 12:32-33). Jeden Abend brachte der jüdische Priester ein Brandopfer auf dem ehernen Altar dar und verbrannte auch Weihrauch auf dem goldenen Altar, aber Gott nahm Davids Gebet und seine erhobenen Hände an. Zum Brandopfer gehörte gewöhnlich auch Weihrauch. (Siehe Ex 30:1-10, 34-38; Lev 2:2.) Weihrauch ist ein Bild für das Gebet, das zum Herrn aufsteigt (Offb 5:8; 8:4). Davids Hände waren leer, aber sein Herz war voller Liebe zum Herrn und Glauben an seine Verheißungen. Sowohl Esra (Esra 9) als auch Daniel (Dan. 9) beteten zur Zeit des Abendopfers. Nach dem Bau des zweiten Tempels wurde dieser Psalm gelesen, wenn die Abendopfer dargebracht und die Lampen im Allerheiligsten angezündet wurden.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Die zwei Elemente des Gebets
Im Allgemeinen unterscheiden die Rabbiner zwei Elemente im Gebet, und zwar aufgrund der beiden von Salomo verwendeten Begriffe (1. Könige 8,28): Danksagung und Bittgebet. Diesen entsprechen die beiden Arten des frühjüdischen Gebets: die Lobpreisungen und die Tephillah. Und so weit richtig, wie die beiden hebräischen Wörter für Gebet andeuten: das eine ist Anbetung, das andere Bittgebet oder vielmehr Fürbitte. Beide Arten des Gebets fanden ihren Ausdruck in den Tempelgottesdiensten.

Aber erst nach der Offenbarung dessen, der in seiner Person die göttliche mit der menschlichen Natur vereinigte, konnten Anbetung und Flehen voll zum Ausdruck kommen. Nein, der Gedanke des Flehens würde erst nach der Ausgießung des Geistes der Adoption richtig verwirklicht werden, wodurch das Volk Gottes auch Kinder Gottes wurde. Es ist daher nicht richtig, die Opfer als „Gebete ohne Worte“ zu bezeichnen. Die Opfer waren keineswegs Gebete, sondern vielmehr die Vorbereitung zum Gebet. Die Stiftshütte war, wie ihre hebräische Bezeichnung zeigt, der Ort der Begegnung“ zwischen Gott und Israel; der Opferdienst ermöglichte diese Begegnung; und der Priester (wie die Wurzel des Wortes andeutet) war derjenige, der Israel Gott nahe brachte. Daher konnte das Gebet nur auf das Opfer folgen, und sein angemessenes Symbol und seine angemessene Zeit war das Verbrennen von Weihrauch. Diese Auffassung kommt in den Worten zum Ausdruck: Mein Gebet sei vor Dir wie Weihrauch“ (Ps 141,2), und wird in Offenbarung 5,8 bestätigt, wo wir von den „goldenen Schalen voll Weihrauch, die das Gebet der Heiligen sind“, lesen.

Verbrennen des Weihrauchs
Auf dieses Räucherwerk wird im Evangelium im Zusammenhang mit der Geburt von Johannes dem Täufer angespielt (Lk 1,9). Zacharias war aus dem Bergland von Judäa, aus der Nähe des priesterlichen Hebron, heraufgekommen, um im Tempel zu dienen. Sein Kurs – der von Abia – war für die Woche vorgesehen, und das „Haus seiner Väter“ für diesen besonderen Tag. Darüber hinaus fiel das Los auf Zacharias für den ehrenvollsten Dienst des täglichen Dienstes – das Verbrennen des Weihrauchs auf dem goldenen Altar im Heiligtum. Zum ersten und zum letzten Mal in seinem Leben sollte dieser Dienst auf ihn übertragen werden. Als der fromme alte Priester seinen Dienst im Allerheiligsten verrichtete, sah er die Stelle so deutlich, dass er sie später beschreiben konnte: Gabriel stand, als käme er gerade aus dem Allerheiligsten, zwischen dem Altar und dem Tisch der Schaubrote, „zur Rechten des Altars“. Soweit wir wissen, war dies die erste und einzige Erscheinung eines Engels im Tempel. Denn der Überlieferung, dass Simeon der Gerechte während der vierzig Jahre seines Pontifikats immer von einem Engel begleitet wurde, wenn er am Versöhnungstag das Allerheiligste betrat und verließ, können wir keine ernsthafte Bedeutung beimessen, außer im letzten Jahr, als der Engel ihn im Heiligtum zurückließ, um zu zeigen, dass dies das Ende seines Dienstes sein sollte. Was zwischen Gabriel und Zacharias geschah, ist für uns nicht von Belang. Es genügt, einige Details zu bemerken, die in dieser Erzählung beiläufig erwähnt werden, wie zum Beispiel, dass ein besonderes Los für diesen Dienst geworfen wurde, dass der Priester allein im Allerheiligsten war, während er das Räucherwerk verbrannte, und dass „die ganze Menge des Volkes draußen betete, wenn das Räucherwerk verbrannt wurde“.

Alfred Edersheim – Tempeldienst zur Zeit Jesu Christi


von Gott verlassen?

um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme und sagte: Eli, eli, lama sabachthani? das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Elberfelder 1871 – Matthäus 27,46

Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lema sabachthani?“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2).
Pattloch Übersetzung 1980 – Matthäus 27,46

Um die neunte Stunde aber rief Jesus (- Hebräer 5,7 -) mit lauter Stimme und sprach: «Eli, Eli, Lema, sabachthani?», das ist: «Mein Gott, Mein Gott (- Ps 22,2 -), warum hast Du Mich verlassen?»
Abraham Meister – Neues Testament – Matthäus 27:46

Hatte der Vater den Sohn wirklich verlassen?
Oder fangen wir mit einer noch wichtigeren Frage an: war der Tod Jesu ein „Unfall“? War der himmlische Vater überfordert, und konnte für seinen Sohn nichts tun?
Wenn wir diese Geschichte der Bibel als „Unglück“ sehen, dann müssen wir natürlich auch in unserem Leben „zittern“, weil Jehovah vielleicht überfordert wäre, uns zu helfen. Aber wenn die Tötung Jesu von Jehovah geplant war – ja, wenn der Tod Jesu nur der Höhepunkt der Liebesgeschichte Gottes an die Menschen war, dann kann und darf man diesen „Unfall“ niemals mit Geschehnissen in unserem Leben vergleichen! Ich würde behaupten, dass ALLES was geschieht, von Jehovah nicht nur gesehen sondern auch von IHM überwacht wird – ER ist NIE überfordert oder überrascht! Auch nicht, dass Menschen, die behaupten an Gott zu glauben, andere Menschen aus den Gemeinden ausschließen würden…

Aber schauen wir uns unterschiedliche Auslegungen zu dem obrigen Vers an:

Matthäus macht keine Angaben darüber, wann die Kreuzigung begann, doch nach Markus war es um die „dritte Stunde“ (Mk 15,25), also neun Uhr vormittags. Matthäus schreibt nur, daß von der sechsten Stunde, also von zwölf Uhr mittags, bis zur neunten Stunde, drei Uhr nachmittags, eine Finsternis über das ganze Land kam. Während dieser Zeit der Dunkelheit wurde Jesus das Sühneopfer für die Welt (Joh 1,29; Röm 5,8; 2Kor 5,21; 1 Petrus 2,24;3,18) und als solches vom Vater verlassen. Gegen Ende konnte Jesus die Trennung nicht länger ertragen und schrie laut: „Eli, Eli, lama asabtani?“ Diese aramäischen Worte bedeuten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“(ein Zitat aus Ps 22,2). Jesus hatte ein Gefühl des Verstoßenseins vom Vater, das er nie zuvor kennengelernt hatte, denn der Vater mußte sich als Richter vom Sohn abwenden, als dieser zur Sünde wurde (Röm 3,25-26).

Walvoord Bibelkommentar

Jesu hebräischer Gebetsschrei: »Eli, Eli, lema sabachthani«, zu deutsch: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« – wurde falsch verstanden. Sie sagten: Der ruft den Elia, den Propheten, der als der Vorläufer des Christus kommen sollte. Die Spötter meinten, es wäre jetzt höchste Zeit, daß Elia käme, um ihn, den Gehängten, als den Christus, als den Sohn Gottes zu rehabilitieren. – Es war ein billiger Hohn, dieser Spottruf: »Der ruft den Elia.«
Matthäus spricht im Anschluß an das Wort Jesu »Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« von der Tränkung Jesu mit Hilfe eines Schwammes voll Essig. – Johannes, der Evangelist, begründet diese Tränkung. Johannes schreibt (Jo 19,28): »Weil Jesus daß bereits alles erfüllt war, sprach er, damit die Schrift (ganz) erfüllt würde: ›Ich dürste.‹« – Der Zusammenhang ist also folgender: Im gleichen Psalm, dessen Anfangsworte Jesus in die Nacht hinausruft, heißt es einige Verse später: »Vertrocknet wie eine Scherbe ist meine Kraft, und die Zunge klebt mir am Gaumen« (V. 16). Und im 69. Psalm findet sich mit geheimnisvoller typischer Beziehung auf den verschmachtenden Messias die Stelle: »Sie haben mich mit Essig getränkt in meinem Durst« (Ps 69,22). Jesus, der sich bewußt ist, nun den ganzen Leidensbecher ausgetrunken zu haben, den der Vater ihm gereicht hat, will auch diese letzte noch ausstehende Prophezeiung erfüllen. Denn mitten in der schwersten Qual des Leibes und der Seele und obwohl verlassen von seinem himmlischen Vater, ist er darauf bedacht, bis ins kleinste hinein dessen Willen zu vollenden. Daher schloß er an jenen Ausruf der Gottverlassenheit diese Klage an über seinen Durst. Der Durst war es ja auch, was die Gekreuzigten am meisten peinigte. Und aus allem, was oben über die Kreuzigung gesagt worden ist, läßt sich entnehmen, wie quälend Jesu Durst gewesen sein muß. Trotzdem hätte er, der alles stillschweigend duldete, sich nicht darüber geäußert, hätte nicht die Prophezeiung ihn dazu veranlaßt.

Wuppertaler Studienbibel

Es ist schwer für uns, die wir geistlich tot geboren wurden, zu begreifen, was das für Jesus bedeutete und warum Er sich so sehr darüber aufregte. Wir wurden geistlich tot geboren, und obwohl wir jetzt geistlich lebendig sind, ist selbst dieses geistliche Leben kein völlig sündloses Leben; die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, wird im Leben eines Gläubigen durch Sünde unterbrochen. Nicht so bei Jeschua! In der ganzen vergangenen Ewigkeit war er in ständiger Gemeinschaft mit Gott dem Vater. Aber in dem Moment, als die Sünden der Welt auf Ihn gelegt wurden, wandte sich Gott der Vater ab; und für die zweiten drei Stunden am Kreuz war Jesus geistlich tot. Am Ende dieser drei Stunden, in denen er den geistlichen Tod erlitt – er litt den Zorn Gottes, den dieser Kelch darstellt -, schrie er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27:46)

Arnold Fruchtenbaum – Die Agonie von Gethsemane

Der neunzehnte Abschnitt war der vierte Satz vom Kreuz, und er ist sowohl in der aramäischen als auch in der hebräischen Form aufgezeichnet. Die aramäische Form steht in Markus 15,34: „Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloi, Eloi, lama sabachthani? was übersetzt heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Die hebräische Version steht in Matthäus 27:46: Und um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme und sprach: Eli, Eli, lama sabachthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Dieser vierte Satz vom Kreuz kommt am Ende der drei Stunden der Finsternis. Er ist ein Zitat aus Psalm 22,1, wo es ein Hilfeschrei ist. Der geistliche Tod des Messias dauerte insgesamt drei Stunden. Am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes steht dieser Hilfeschrei: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Dies ist das einzige Mal in den Evangelien, dass Jesus die Gottheit mit „Mein Gott, mein Gott“ anspricht. Mindestens 170 Mal sprach er Gott als Vater an und 21 weitere Male war es spezifischer: „Mein Vater.“ Das einzige Mal, dass er den Vater als „mein Gott“ ansprach, war am Ende der drei Stunden der Finsternis, am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes.
Wegen Seines geistlichen Todes hatte Jeschua nicht mehr eine väterliche Beziehung zu Gott, sondern eine gerichtliche. Er litt den Zorn Gottes; Er trank den Kelch, über den Er sich in Gethsemane quälte. Obwohl Er betete, dass Er ihn nicht trinken müsste, war es der Wille Gottes, des Vaters, dass Er ihn trinken würde. Aufgrund des Trinkens des Kelches wurde der Zorn Gottes über Ihn ausgegossen und Er war geistlich tot. Folglich hatte er keine väterliche Beziehung mehr zu Gott, dem Vater, sondern eine gerichtliche Beziehung zu ihm; und so ist es auch mit meinem Gott. Dieser Hilfeschrei wurde erhört, denn zu diesem Zeitpunkt wurde Jeschua geistig auferweckt und die Gemeinschaft mit dem Vater war nach drei Stunden der Trennung wieder vollständig hergestellt. Jeschua starb sowohl geistlich als auch wurde geistlich auferweckt, bevor Er jemals physisch starb.

Arnold Fruchtenbaum – Der Tod und das Begräbnis des Messias

»Um die neunte Stunde« ist etwa 3 Uhr mittags. Das »Aufschreien« Jesu ist Ausdruck tiefster, entsetzlicher Not. »Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne«, so heißt es am Anfang des 22. Psalms, auf den wir so oft in der Passion stoßen. Offenbar begann Jesus jetzt Psalm 22 zu beten. »Eli, eli, lema sabachthani« ist jedenfalls wörtliches Zitat von Ps 22,1. Die Worte »Eli, eli« = »Mein Gott, mein Gott« sind hebräisch. Dann scheint Jesus aramäisch fortgefahren zu sein, denn die Worte »lema sabachthani. = »warum hast du mich verlassen« sind aramäisch. Manche Handschriften veränderten hier zu »lama zaphthani«, was dem Hebräischen entspricht (vgl. Mk 15,34). Sowohl Matthäus als auch Markus geben zuerst die Heimatsprache Jesu wieder und übersetzen dann – »Das heißt« – ins Griechische. Das hängt mit dem unauslöschlichen Eindruck der Klage am Kreuz zusammen, aber auch mit dem »Elia« – Missverständnis von V. 47ff.
Wie konnte Jesus so schreien? Ist das nicht ein Widerspruch zu Joh 8,29, wo er sagte: »Der Vater lässt mich nicht allein«? Nein. Denn der Vater war während seines ganzen irdischen Wirkens mit ihm. Jetzt aber, am Kreuz, büßt Jesus für die Sünde der Menschen. Das Gericht über die Gott -losigkeit ist, dass man Gott los wird. D. h., das Wesen der Hölle besteht im Verlassensein von Gott. So wird Jesus nun wirklich von Gott verlassen: »Warum hast du mich verlassen?« Aber selbst im entsetzlichsten Gericht hört Jesus nicht auf, sich an den Vater zu klammern. Der Vater bleibt wirklich »mein Gott«. In dieser Treue zum richtenden Gott macht Jesus gut, was Adam und alle Menschen verdorben haben. Mit Recht weisen viele Ausleger daraufhin, dass Jesus, wenn er den 22. Psalm weiterbetete, auch zu V. 5 kommen musste: »da sie hofften, halfst du ihnen heraus«, ja zu den Versen 24ff. , die ins Lob Gottes münden. Aber zunächst bricht die Hölle über Jesus herein.

Edition C

und zum Abschluß „alte Zeiten“:

Was meinte Jesus mit seinen Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ — F. M., Georgia.
Jesus sprach diese Worte in Erfüllung von Psalm 22:1, der ursprünglich hinsichtlich David geschrieben worden war. Nicht dass David „verlassen“ worden wäre, um an einen Marterpfahl geschlagen zu werden, sondern wegen seiner Treue gegen den Königreichsbund wurde er der Wut der Feinde überlassen. In all diesem war David ein prophetisches Bild von Christus. Jesus wurde zur Prüfung seiner Lauterkeit einem schändlichen Tod an einem verfluchten Stamme überlassen. Indem er treu blieb, triumphierte er in seiner Lauterkeit, wie der Rest des Psalmes dies zeigt. Andere Verse von Psalm 22 über David erfüllten sich an Jesus, was ferner beweist, dass er prophetisch hinsichtlich Christi, des grösseren David, geschrieben worden war. Man vergleiche Psalm 22:1 mit Matthäus 27:46 und Markus 15:34; Psalm 22:7, 8 mit Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 mit Johannes 19:28; Psalm 22:16 mit Markus 15:25, und Psalm 22:18 mit Matthäus 27:35.
Die blosse Anführung dieser prophetischen Worte von Psalm 22:1 an sich genügte jedoch nicht, sie zu erfüllen. Zu der Zeit, da Jesus diese Worte am Marterpfahl sprach, waren wirkliche Tatsachen vorhanden, die sie erfüllten. Dass Gott Jesus verliess, bedeutete in diesem Fall nicht etwa, dass Gott ihm missbilligend und verurteilend den Rücken gekehrt hätte, sondern lediglich, dass Gott ihn der vollen Wut seiner Feinde überliess, indem er sogar zuliess, dass sie ihn töteten. Auf diese Weise hat Gott Jesus verlassen oder ihn seinen Feinden überlassen, so dass sie mit ihm tun konnten, was sie wollten, wobei er ihn auch nicht vor einem schändlichen Tode bewahrte.

Wachtturm – Fragen von Lesern Sept. 1951

Wenn Jesus wußte, daß er — in Erfüllung von 1. Mose 3:15 — von der großen Schlange, von Satan, dem Teufel, zermalmt werden sollte, weshalb rief er dann, als er am Marterpfahle starb: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ — Matthäus 27:46, NW.
Jesus stellte diese Frage am Marterpfahl nicht, weil er etwa nicht gewußt hätte, weshalb Jehova Gott, sein himmlischer Vater, ihn verlassen hatte, sondern damit die Prophezeiung erfüllt wurde. Die Prophezeiung, die damals in Erfüllung ging, findet sich in Psalm 22 aufgezeichnet. Dieser Psalm wurde von David geschrieben, der in verschiedener Hinsicht ein prophetisches Bild des Herrn Jesus Christus war.
In den einleitenden Worten dieses Psalmes ruft David aus: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ Als die Jünger Jesu, die in der Nähe seines Marterpfahles standen, so zum Beispiel Johannes und Maria, die Mutter Jesu, ihn diese Worte aus Psalm 22:1 ausrufen hörten, mögen sie damals nicht genau verstanden haben, warum Jesus das tat. Als ihnen aber das Verständnis aufging, nachdem der heilige Geist zu Pfingsten ausgegossen worden war, werden sie sich daran erinnert und die Tatsache verstanden haben, daß dieser prophetische Ruf Jesus als den Christus, den Messias Gottes, kennzeichnete.
Jehova, der himmlische Vater, verließ Jesus am Marterpfahl tatsächlich, damit dessen Lauterkeit Gott gegenüber bis zum äußersten geprüft werden konnte. Gott überließ ihn den grausamen Anschlägen Satans, des Teufels, und seiner bösen, ruchlosen religiösen Werkzeuge auf Erden. So erhielt Satan, der den Tod verursachen kann, freien Lauf, diese Macht gegen den Sohn Gottes anzuwenden.
Gott verließ Jesus aber nur insofern, als er dem Teufel und seinen Handlangern gestattete, Jesus zu Tode zu bringen. Daß Jesus von Gott verlassen wurde, schloß nicht ein, daß die Feinde über seinen Leichnam frei verfügen konnten. Statt daß sie seinen Leichnam vom Marterpfahl abnahmen und ihn in das Feuertal Hinnom [oder in die Gehenna] werfen konnten, wurde sein Leib von Joseph von Arimathia vom Marterpfahl heruntergenommen und in einer neuen Gruft, die er hatte graben lassen, bestattet. Diese Bestattung Jesu bedeutete, daß er sich im Scheol, im allgemeinen Grab der Menschheit, befand. Jehova Gott verließ ihn im Scheol aber nicht, sondern in Psalm 139:8 (der von David, einem Vorbild Jesu Christi, geschrieben wurde) lesen wir: „Bettete ich mir in dem Scheol, siehe, du bist da.“ Somit zeigte Jehova Gott am dritten Tage nach Jesu Tod, daß er Jesus nicht für immer verlassen, sondern ihn zu geistigem, unsterblichem Leben aus den Toten auferweckt hatte. Als Jesus später seinen Jüngern am selben Auferstehungstage erschien, konnte er daher sagen: „Alle Dinge, die im Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen über mich geschrieben stehen, müssen erfüllt werden.“ Und dazu gehörte auch Psalm 22:1, nämlich die Worte: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen.“ — Lukas 24:44, NW

Wachtturm – Fragen von Lesern 1.Sept. 1958

Warum rief Jesus Christus, als er am Marterpfahl hing, aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“? — USA.
Jesu Frage war ein Zitat aus einem Psalm Davids. (Ps 22:1) Im Falle Davids bezog sich die Frage auf einen vorübergehenden Zustand des Verlassenseins. Er befand sich, von Feinden umringt, in einer Lage, die den Anschein erweckte, als ob Jehova ihn vollständig verlassen hätte. Unter dem furchtbaren Druck, unter dem er deswegen litt, fragte er, warum dies geschehen sei, da er sich keiner Schuld bewußt war. David hatte aber den Glauben nicht verloren, denn in demselben Psalm betete er: „Eile doch zu meinem Beistand.“ — Ps 22:16-19.
Auch als Jesus die Worte aus Psalm 22:1 äußerte, glaubte er, sein Vater habe ihm momentan seinen Schutz entzogen oder ihn „verlassen“ oder den Händen seiner Feinde überlassen, damit er wie ein verfluchter Verbrecher an einem Marterpfahl sterbe. (Gal 3:13) Als Jesus nach dem Warum fragte, wollte er damit nicht sagen, daß er den Grund für dieses Verlassensein nicht kenne, und er erwartete auch keine Antwort von seinem Vater. Man könnte die Situation mit der Situation eines Christen vergleichen, der die Ursache für die Leiden der Menschheit kennt, der aber unter dem Druck großer Schwierigkeiten entweder im stillen oder hörbar nach dem Warum fragt. Der Fragende gibt dadurch zu erkennen, daß er keinen Grund hat zu denken, er müsse wegen irgendwelcher Übertretungen leiden. Abgesehen davon, daß sich durch diesen Ausruf Jesu Psalm 22:1 erfüllte, wurde dadurch auch offensichtlich Jesu Unschuld bestätigt und der eigentliche Zweck seiner Leiden ins Blickfeld gerückt. — Matthäus 27:46; vergleiche Johannes 12:27, 28, 33.

Wachtturm – Fragen von Lesern 15.August 1972

Jesus rief am Pfahl aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Fehlte es ihm an Glauben, und dachte er, Gott habe ihn im Stich gelassen?
Manche haben beim Lesen dieser Worte in Matthäus 27:46 und Markus 15:34 geschlußfolgert, daß Jesus in seinem Gottvertrauen erschüttert wurde, als er den schmerzvollen Tod vor Augen hatte. Andere sagen, dies sei lediglich Jesu menschliche Reaktion gewesen, der verständliche Verzweiflungsschrei eines Mannes aus Fleisch und Blut in seiner Todesangst. Wir haben allerdings guten Grund, es nicht bei solchen menschlichen Erwägungen zu belassen, die auf dem äußeren Erscheinungsbild beruhen. Zwar kann niemand von uns heute mit Sicherheit alles wissen, was mit Jesu Ausruf verbunden war, aber wir können zwei wahrscheinliche Beweggründe erkennen.
Jesus war sich durchaus bewußt, daß er „nach Jerusalem gehen und . . . vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse“ (Matthäus 16:21). Vom Himmel aus hatte der Sohn Gottes beobachtet, wie selbst unvollkommene Menschen einen grausamen Tod erlitten, gleichzeitig aber ihre Lauterkeit bewahrten (Hebräer 11:36-38). Daher besteht kein Grund, zu glauben, daß Jesus — als vollkommener Mensch — Furcht vor dem hatte, was ihm bevorstand; ebensowenig bedeutete der Tod an einem Marterpfahl für ihn, daß sein Vater ihn aufgegeben hätte. Jesus wußte im voraus, „welches Todes er zu sterben im Begriff war“, nämlich des Todes an einem Marterpfahl (Johannes 12:32, 33). Er war sich auch sicher, daß er am dritten Tag auferweckt werde. Wie kam Jesus dann dazu, zu sagen, Gott habe ihn verlassen?
Zum einen könnte er gemeint haben, Jehova habe seinen Schutz in dem Sinne von seinem Sohn genommen, daß Jesu Lauterkeit bis zum Äußersten — einem schmerzvollen und schändlichen Tod — geprüft werden könne. Dadurch, daß Gott Jesus dem Zorn der Feinde, die von Satan angeführt wurden, aussetzte, wurde aber nicht ein völliges Verlassen angezeigt. Jehova hatte weiterhin Zuneigung zu Jesus, und das wurde am dritten Tag offenkundig, als er seinen Sohn auferweckte, was Jesus schon vorher gewußt hatte (Apostelgeschichte 2:31-36; 10:40; 17:31).
Zum anderen steht mit dem eben Gesagten ein zweiter Grund in Verbindung, der Jesus zu diesem Ausruf am Pfahl bewogen haben könnte: Dadurch, daß er diese Worte äußerte, konnte er einen prophetischen Hinweis auf den Messias erfüllen. Stunden vorher hatte Jesus den Aposteln gesagt, daß alles so geschehen werde, „wie über ihn geschrieben steht“ (Matthäus 26:24; Markus 14:21). Ja, er wollte die Dinge ausführen, die geschrieben standen, einschließlich der Dinge in Psalm 22. Es mag für uns aufschlußreich sein, folgende Schrifttexte miteinander zu vergleichen: Psalm 22:7, 8 — Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 — Johannes 19:28, 29; Psalm 22:16 — Markus 15:25 und Johannes 20:27; Psalm 22:18 — Matthäus 27:35. Der 22. Psalm, der so viele prophetische Hinweise auf die Erlebnisse des Messias enthält, beginnt mit den Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Als Jesus daher diese Worte ausrief, erfüllte er wieder eine Prophezeiung (Lukas 24:44).
Der Psalmist David glaubte nicht, daß Gott ihn einfach aufgegeben oder verlassen hatte, denn er sagte des weiteren, daß er ‘Gottes Namen seinen Brüdern verkünden’ werde, und forderte andere auf, Jehova zu preisen (Psalm 22:22, 23). Ebenso hatte Jesus, der Psalm 22 gut kannte, Grund, darauf zu vertrauen, daß sein Vater ihn nach wie vor anerkannte und liebte, trotz der Erfahrung, die er ihn am Marterpfahl durchmachen ließ.

Wachtturm – Fragen von Lesern 15.Juni 1987

Genau – es geht um diese Person – und nicht um mich! Und schauen wir auf IHN! Haben wir bemerkt, dass Jesus diese Worte SCHRIE bzw „mit LAUTER STIMME“ sprach? Hätte er nicht kurz vor dem Ersticken sein müssen, und kaum hörbar röchelnd reden müssen?

Glauben – Vertrauen

Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt; denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.
Elberfelder 1871 – Johannes 7,4b–5

Denn nicht einmal seine Brüder schenkten ihm Glauben.
Gute Nachricht Bibel – Johannes 7:5

Seine Brüder glaubten nämlich nicht an ihn.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Johannes 7:5

Wenn wir heute im dt. von „ich glaube “ sprechen, meinen wir meist so etwas wie, „ja das gibt es“!
Also wer sagt „ich glaube an Gott“ meint heute meist „Ja natürlich gibt es einen Gott“ – und wer sagt „Nein, ich glaube nicht an Gott“ will meist damit sagen: „aus meiner Sicht gibt es keinen Gott“!
Doch wenn der biblische Begriff „Glaube“ das aussagen wollte – dann wäre ja die Frage: glaubten Jesu eigene Brüder nicht, dass er existiert? Glaubten sie nicht, dass Jesus lebt? Oder was war die Bedeutung von Glauben? „Gottes Agenda“ übersetzt deshalb das Wort richtig: sie hatten kein Vertrauen ihn Jesus!
Und schon ergeben die Sätze oben einen ganz anderen Sinn! Dann wären nämlich alle, die nicht zu 200% Jehovah vertrauen – ungläubige!
Würdest du dann zu den Menschen zählen die sagen dürften: „ich glaube an Gott“ – also „ich vertraue IHM zu jeder Sekunde meines Lebens“??

Aber kommen wir zu dem Thema „Jesu Brüder“ zurück, wie es viele Bibelleser bei diesem Vers machen, um diese Frage nicht in den Focus zu rücken:

Brüder des Herrn dürfen nicht als Stiefbrüder oder Vettern bezeichnet werden, wie dies seit den Kirchenvätern vielfach von kathol. und protest. Theologen geschah. Die Frage, ob Maria nach der Geburt des Heilandes mit Joseph in eine wirkliche Ehe getreten sei und noch andere Kinder geboren habe, kann nur bejaht werden. Seine Brüder glaubten selbst anfangs nicht an ihn, Joh. 7, 5; Mt. 12, 46; erst später erscheint Jakobus, mit dem Beinamen des Gerechten, als Bruder des Herrn und hervorragendes Haupt der Muttergemeinde zu Jerusalem. Auch der Verfasser des Judasbriefes, der sich ausdrücklich von den Aposteln unterscheidet und den Bruder Jakobi nennt, wäre ein wirklicher Bruder des Heilands. Außer diesen beiden werden Mt. 13, 55 genannt noch ein Joses (andere Lesart: Joseph) und ein Simon. Zugleich werden dort (ob Mk. 3, 32 ist zweifelhaft) Schwestern Christi erwähnt. Erst die Auferstehung des Herrn (1 Kor. 15, 7) scheint sie zum Glauben gebracht zu haben; nach seinem Hingang gehören sie zur Gemeinde, als Brüder Jesu zwar von den Aposteln unterschieden, aber doch in engerer Gemeinschaft mit ihnen. Ap. 1, 13 f.

Calwer Bibellexikon

Brüder/Schwestern Jesu. Im Mk 6,3 wird Jesus der Sohn von Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon genannt. S. werden erwähnt, bleiben aber namentlich und zahlenmäßig unbestimmt. Die Parallele Mt 13,55f. kennt die Reihenfolge Jakobus, Joses, Simon und Judas; die S. bleiben namenlos und tauchen im sonstigen NT auch nicht mehr auf. Lk 8,19–21 erwähnt nur Jesu Mutter und B. (ohne Namen). Nirgends deutet Lk an, daß der Jakobus, der plötzlich als ein Führer der Jerusalemer Gemeinde auftritt, ein Bruder Jesu sei (Apg 12,17; 15,13; 21,18); Paulus hingegen identifiziert Jakobus als den »Bruder des Herrn« (Gal 1,19; vgl. 1 Kor 9,5). Jesu B. werden in Joh 2,12; 7,3.5.10 erwähnt, aber nicht namentlich genannt. Mk 3,21–35 und Joh 7,5 weisen darauf hin, daß die B. vor Ostern nicht an Jesus geglaubt haben (vgl. aber Apg 1,14). Jak und Jud nehmen nicht ausdrücklich für sich in Anspruch, von den B. Jesu geschrieben worden zu sein, doch ist der Anspruch wahrscheinlich impliziert. Seit der Zeit der Kirchenväter haben sich drei Hauptpositionen zu dem Verwandtschaftsverhältnis zw. Jesus und seinen B./S. herausgebildet. Die Lösung, der → Epiphanius von Salamis im Osten zum Durchbruch verhalf, besagt, daß die B. Kinder Josephs aus früherer Ehe gewesen seien; sie entbehrt jeder Textgrundlage. Die Lösung, die sich im 4.Jh. Unter → Hieronymus durchsetzte, hält die B. für Vettern Jesu; dies ist die am wenigsten wahrscheinliche These. Die Lösung, die Helvidius vertrat und deutlich von → Tertullian im 3.Jh. bevorzugt wurde, behauptet, daß die B. leibliche Geschwister Jesu seien, und paßt am besten zum ntl. Text.

Religion in Geschichte und Gegenwart

Brüder des Herrn werden genannt in Mt 12,46f; 13,55; Mk 3,31f; 6,3; Lk 8,19; Joh 2,12; 7,3.5; Apg 1,14; 1Kor 9,5; Gal 1,19. – Bereits in sehr früher Zeit bestanden Meinungsverschiedenheiten über die Frage, was unter Brüdern in dieser Beziehung zu verstehen sei. Die röm. Kirche lehrt noch immer, dass Maria ihr Leben lang Jungfrau blieb und dass die im NT genannten Brüder Jesu eigentlich seine Vettern waren. Sonst nimmt man allgemein mit Recht an, dass es sich bei diesen Brüdern um Kinder von Josef und Maria handelt, die nach der Geburt Jesu (nach Lk 2,4 der erste Sohn Marias) geboren wurden. Als Brüder werden Jakobus, Josef (Mk 6,3 Joses), Simon und Judas genannt. Anfänglich glaubten sie nicht an den göttlichen Auftrag Jesu (Mk 3,21; Joh 7,5), doch nach der Auferstehung wurde das anders. Jesus erschien seinem Bruder Jakobus (1Kor 15,7). Die Brüder des Herrn waren mit Maria im Apostelkreis (Apg 1,14). Jakobus übernimmt die Leitung der Gemeinde in Jerusalem, als die Apostel die Stadt verlassen hatten (Apg 12,17; 15,13). Er ist der Schreiber des Jakobusbriefes (Jak 1,1), Judas der Schreiber des Judasbriefes (Jud 1). Von Josef (in einigen Hss. auch Joses genannt; vgl. Mk 15,47) und Simon ist nichts weiter bekannt.

Lexikon zur Bibel: Personen, Geschichte, Archäologie, Geografie und Theologie der Bibel

Das Leben des Herrenbruders Jakobus

Nachdem wir eine Verfasserschaft durch Jakobus, den Herrenbruder, für wahrscheinlich halten, sei hier einiges über sein Leben gesagt:
Außer dem ältesten, sozusagen dem Halbbruder Jesus, hatte Jakobus noch drei jüngere Brüder, Joseph, Simon und Judas (Mt 13,55) und mindestens noch zwei Schwestern (das Wort steht Mt 13,56 in Mehrzahlform).

Zunächst glaubte Jakobus nicht an Jesus. Nachdem es zwischen Jesus und der mächtigen Pharisäerpartei, sowie den einflußreichen Schriftgelehrten zum Konflikt gekommen war, wollte ihn seine Familie zurückholen: „Sie gingen aus und wollten ihn halten, denn sie sprachen: Er ist von Sinnen!“ (Markus 3,21). Es erschien ihnen als eine Wahnsinnstat, diesen Kampf zu wagen. (Der tiefere Grund des Rückholversuches war wohl eben dieser Konflikt. Vgl. Markus 2,18-3.6.) Die Brüder wollten Jesus und der ganzen Familie die Schande der Steinigung oder des Kreuzes ersparen. Auch Maria, die Mutter, hatten sie bewogen mitzugehen (Markus 3,31 ff). – Andererseits hatten die Brüder wohl auch die Hoffnung, sie könnten zusammen mit ihrem großen Bruder, der offenkundig etwas Besonderes war, selbst auch größer werden. So forderten sie ihn heraus, seine Wundermacht nicht nur im Winkel Galiläa, sondern auf der großen „Bühne“ Jerusalems und des Laubhüttenfestes zu zeigen. Vielleicht hatten sie die Hoffnung, daß er nun endlich gar als der Messias auftrete (Johannes 7,3.4). In diesen beiden Unternehmungen, bei denen Jakobus, als der Älteste im Geschwisterkreis nach Jesus, führend gewesen sein mag, zeigt sich, wie die Brüder Jesu typisch menschlich dachten, „denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn“ (Johannes 7,5).

Nach Ostern jedoch trat der große Wandel im Leben des Jakobus ein. Der auferstandene Herr war ihm erschienen (1 Kor 15,7). Über diese Begegnung findet sich im NT kein ausführlicher Bericht, so wenig wie über die erste Begegnung des Petrus mit dem auferstandenen Herrn (1 Kor 15,5;Lk 24,34).

Nun hält sich Jakobus mit seiner Mutter und seinen Brüdern zum Kreis der Apostel (Apostelgeschichte 1,14). Bald hatte er eine führende Stellung in der Urgemeinde, der judenchristlichen Gemeinde Jerusalems. Das wird in der ausdrücklichen Nennung des Jakobus in Apostelgeschichte 12,17 erkennbar, wo Petrus sich von der Jerusalemer Gemeinde verabschiedet. Auch Gal 1,19 führt Jakobus als einen der bestimmenden Männer in Jerusalem auf . (- Diese Zuordnung des Jakobus zu den „Aposteln“ beweist nicht, daß es sich hier um „Jakobus, den Sohn des Alphäus“, wie manche schon gemeint haben, handeln müsse. (Jakobus, der Sohn des Zebedäus hatte ja damals nach Apostelgeschichte 12,2 bereits den Märtyrertod erlitten.) Auch sonst werden Männer außerhalb des Zwölferkreises gelegentlich „Apostel“ genannt (Rö 16,7;Apostelgeschichte 14,14). „Apostel“, grie „apôstolos“, heißt zunächst einfach „Bote“, Abgesandter u. U. einer Gemeinde. In der Regel allerdings hat das Wort in NT die spezielle Bedeutung, daß einer zu den ersten in der Stafette gehört, die das Evangelium durch die Jahrhunderte trägt (Apostelgeschichte 1,21.22), also zum Kreis derer, die das Evangelium unmittelbar von dem auferstandenen Herrn empfangen haben (Gal 1,1). -)

Die Bedeutung des Jakobus wurde besonders in der Art seiner Mitwirkung beim „Apostelkonzil“ (Apostelgeschichte 15) deutlich. Er schlug den entscheidenden Ausgleich zwischen den Christen aus den Juden und denen aus den Heiden vor (Apostelgeschichte 15,13-21). Dieser Ausgleich schloß gelegentliche Spannungen nicht aus. In Erscheinung traten sie nicht zwischen Paulus und Jakobus, sondern zwischen Paulus und der Anhängerschaft des Jakobus (Gal 2,9.12). In dem wichtigen Bemühen, für die junge Christenheit, die sich aus einer Gruppe innerhalb des Judentums zu einer eigenständigen Größe entwickelt hatte, nun den richtigen Weg zu finden, vertrat Jakobus im Miteinander von Judenchristen und Heidenchristen besonders die Anliegen der judenchristlichen Kreise. Sehr lag ihm der ernsthafte Gehorsam gegenüber dem bereits im AT offenbarten heiligen und heilsamen Willen Gottes am Herzen. Das wird auch in dem uns vorliegenden Brief deutlich, was für die Verfasserschaft des Herrenbruders spricht.

Außerbiblisch wird berichtet, daß Jakobus noch bis in die sechziger Jahre des ersten Jahrhunderts in Jerusalem lebte und von den Juden der „Gerechte“ genannt wurde: Auch als Christ habe er in großer Treue das atst Gesetz gehalten und viel gebetet und gefastet. Das habe ihm beim Volk einen so großen Respekt eingetragen, daß er sich, im Unterschied zu andern führenden Christen, noch fast während einer ganzen Generation in Jerusalem halten konnte.

Über den Tod des Herrenbruders Jakobus gibt es zwei außerbiblische Berichte, die darin übereinstimmen, daß er den Märtyrertod gestorben sei: Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus berichtet, Jakobus sei von dem Hohenpriester Hannas II. nach dem Tod des Statthalters Festus und vor der Ankunft eines neuen römischen Statthalters (also während eines gewissen Interregnums, das ihm einige Beweglichkeit verschaffte) im Jahr 62 der Steinigung übergeben worden. (Josephus hat den jüdisch-römischen Krieg – 66-70 n. Chr. – beschrieben und ist um 100 n. Chr. gestorben.) Der christliche Schriftsteller Eusebius (4. Jahrhundert) dagegen gibt einen Bericht von Hegesipp aus dem 2. Jahrhundert wieder, nach dem Jakobus kurz vor dem Ausbruch des jüdisch-römischen Krieges im Jahr 66 auf Anstiften der Pharisäer und Schriftgelehrten durch eine wütende Volksmenge von der Zinne des Tempels herabgestürzt und mit einer Keule erschlagen wurde. Der Mann, der mit seinem priesterlichen Dienst der Fürbitte für Israel das Unheil noch aufgehalten hatte, war beseitigt; es nahm seinen Lauf.

Wuppertaler Studienbibel

Beide Evangelienschreiber gingen auf die Tatsache ein, dass der Messias vier Halbbrüder hatte: Jakobus (Yaakov auf Hebräisch), Joseph (den Matthäus Yoseph und Markus Yosei nannte), Jude (Yehudah) und Simon (Shimon). Jakobus und Judas schrieben später die Briefe, die ihre Namen tragen. Außerdem hatte Jeschua mindestens zwei Halbschwestern, die ungenannt bleiben. Miriam zeugte also mindestens sechs weitere Kinder nach Jeschua. Im Minimum war sie die Mutter von sieben oder mehr Kindern.

Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

In englischen Bibeln wird der Name des Autors mit James wiedergegeben; das ist allerdings nur eine anglisierte Form. Im griechischen Text lautet sein eigentlicher Name Jakob – genau wie der Name des Jakob in 2. Mose. Wie entwickelte sich der Name „Jakob“ denn zu „James“? Die Umwandlung ging folgendermaßen vor sich: Das hebräische Wort für „Jakob“ lautet Yaakov. Das Neue Testament wurde auf Griechisch abgefasst; und da es im Griechischen keinen Buchstaben mit dem Lautwert des hebräischen „Y“ gibt, wurde es zu einem griechischen „I“. Daher lautet sein Name auf Griechisch Iakobos. (Genauso wurde Yeschua, der hebräische Name für „Jesus“, zum griechischen Ieisous.) Die englische Form ging jedoch nicht direkt aus dem Griechischen hervor, sondern aus dem Lateinischen. Als sein Name ins Lateinische übersetzt wurde, war er zunächst dem Griechischen ähnlich: Iakobus. In der Entwicklung der lateinischen Sprache wurde jedoch Iakobus zu einer neuen Form, nämlich Jacobus. Später wurde dann das „B“ zu einem „M“, und sein Name war Jacomus. Schließlich wurde das lateinische Jacomus zum englischen James.

Jakob/Jakobus war ein beliebter jüdischer Name. Mehrere Menschen im Neuen Testament hießen so – darunter zwei der zwölf Apostel. Der Jakobus, von dem dieser Brief stammt, war der Halbbruder Jesu. Er hatte die gleiche Mutter, aber nicht den gleichen Vater. Josef war der biologische Vater von Jakobus, jedoch nur der Stief- oder Pflegevater Jesu. Dieser Halbbruder wird in Matthäus 13,55, in Markus 6,3 und Galater 1,19 als Halbbruder Jesu erwähnt. In der Lebens- und Dienstzeit Jesu glaubte Jakobus nicht an ihn, wie auch die anderen Halbbrüder Jesu nicht an ihn glaubten ( Joh 7,2-5). Durch die Auferstehung kam er jedoch zum Glauben. Der auferstandene Herr Jesus erschien zwar dem Jakobus; diese Erscheinung ist allerdings in keinem der vier Evangelien festgehalten. Paulus erwähnt sie jedoch in 1 Korinther 15,7. Diese Erfahrung führte zu Jakobus’ Errettung, und er wurde ein Zeuge der Auferstehung. Weil er den auferstandenen Messias gesehen hatte, wurde er ein Apostel der zweiten Kategorie.

Es gab zwei Kategorien unter den Aposteln. Die erste bestand aus der geschlossenen Gruppe der zwölf Apostel. Um zu ihnen zu gehören, musste man von der Taufe Jesu durch Johannes bis zu seiner Himmelfahrt bei ihm gewesen sein (Apg 1,21-22). Nur sehr wenige waren hierfür qualifiziert; und als die Apostel in Apostelgeschichte 1 einen Ersatz für Judas suchen wollten, brachten nur zwei Männer (Barsabbas/Justus und Matthias) diese Voraussetzung mit. Es gab aber noch eine zweite Apostelgruppe. Die einzige Vorraussetzung für Zugehörigkeit zu dieser Kategorie war das Zeugnis für den auferstandenen Messias (1Kor 9,1). Man musste Jesus nicht seit seiner Taufe durch Johannes begleitet haben. Paulus und Barnabas erfüllten diese Vorraussetzung zum Apostelamt; so auch Jakobus. In Galater 1,19 wird er als Apostel anerkannt. Später wurde er auch der erste Pastor der Jerusalemer Gemeinde (Apg 15,13-21; Apg 21,17-26).

Aus mehreren Abschnitten wird offensichtlich, wie bekannt Jakobus war. In Apostelgeschichte 12,17 beispielsweise wurde Petrus durch ein Wunder aus dem Gefängnis befreit. Hinterher wies er die Gebetsgruppe im Haus des Markus an: „Berichtet dies Jakobus!“ Denn Jakobus war das Haupt der Gemeinde von Jerusalem. Er musste von Petrus’ Befreiung erfahren. Dann gab Jakobus in Apostelgeschichte 15,13-21 auf dem Apostelkonzil in Jerusalem den Erlass über die Stellung der Nichtjuden im Glauben heraus. Später im selben Kapitel – Apostelgeschichte 15,22-29 – verfasste er den Brief an die nichtjüdische Christenheit: Er legte ihre angemessenen Freiheiten dar und befahl ihnen, sich bestimmter Praktiken zu enthalten. Noch einmal später (Apg 21,17-26), als Paulus zum letzten Mal vor seiner Verhaftung Jerusalem besuchte, legte er bei Jakobus Bericht ab. Jakobus ist auch durch Galater 2,12 bekannt. Hier wurde sein Name von jüdischen Irrlehrern in Antiochia gebraucht, die jüdischen Gläubigen befahlen, keinesfalls gemeinsam mit nichtjüdischen Gläubigen zu essen. Obwohl das nicht Jakobus’ Einstellung war, benutzten die jüdischen Irrlehrer seinen Namen, um diese jüdischen Gläubigen einzuschüchtern.

Laut 1 Korinther 9,5 war Jakobus verheiratet. Die Apostelgeschichte berichtet nicht von Jakobus’ Tod; andere Quellen des Altertums schreiben jedoch davon. Eine Quelle ist Josephus, der jüdische Geschichtsschreiber aus dem ersten Jahrhundert. Josephus datiert den Tod Jakobus’ zwischen die Regierungszeiten zweier römischer Prokuratoren in Judäa. Im Jahr 61 n. Chr. starb Festus – der Festus aus der Apostelgeschichte – in seinem Amt. Wenige Monate später – im Jahr 62 n. Chr. – wurde ein neuer Prokurator namens Albinus ausgesandt. Weil er erst 62 n. Chr. ankam, lagen einige Monate zwischen dem Tod des einen und der Ankunft des anderen Prokurators. Der Hohepriester zu dieser Zeit war Ananus, Sohn des Hannas – eben jenes Hannas, den wir aus den Evangelien kennen; jenes Hannas, der am Prozess Jesu beteiligt war. Der Sohn des Hannas beschuldigte Jakobus, das Gesetz gebrochen zu haben. Er befahl, Jakobus zu steinigen. Josephus berichtet weiter von der Steinigung des Jakobus und fügt dann einen interessanten Kommentar hinzu. Er nennt den Tod des Jakobus als einen Grund, aus dem Gott die Zerstörung Jerusalems und des Tempels zuließ. Es überrascht sehr, dass Josephus eine solche Verbindung zieht; denn er betrachtete sich nicht als Gläubigen, sondern als Pharisäer. Jakobus’ Frömmigkeit war jedoch wohlbekannt, und Josephus spürte, dass der unrechte Tod des Jakobus einer von mehreren Gründen für die Zerstörung Jerusalems war.

Die anderen Quellen, Hegesippus und Eusebius, berichten weitere Einzelheiten über Jakobus’ Tod. Sie notierten, dass er in Jerusalem sogar unter den ungläubigen Juden als „Jakobus der Gerechte“ bekannt war. Außerdem bot Ananus ihm bei seiner Verhaftung eine Ausweichmöglichkeit an: Wenn er, Jakobus, auf die Mauern Jerusalems treten und öffentlich seinem Glauben an Jesus absagen wolle, würde man ihn nicht zu Tode steinigen. Jakobus stimmte zu. Er wurde also auf die Stadtmauer Jerusalems geführt. Als sich die jüdischen Volksmengen versammelten, fing er an, das Evangelium zu predigen. Ananus wurde wütend und stieß ihn von der Mauer. Der Halbbruder des Messias, der an ihn glaubte, wurde von den Menschen am Fuß der Mauer zu Tode gesteinigt.

Wie bereits erwähnt, war Jakobus’ Frömmigkeit sehr bekannt. Weil er viel Zeit im Gebet auf seinen Knien verbrachte, wurde er oft als „Kamelknie“ bezeichnet. Ein Kamel richtet sich erst auf den Knien auf, bevor es aufsteht; und es geht erst in die Knie, bevor es sich hinlegt. Dadurch werden die Knie eines Kamels groß, breit und vorgewölbt. Laut Überlieferung verbrachte Jakobus so viel Zeit auf seinen Knien, dass seine Knie wie die eines Kamels aussahen. Hegesippus schreibt:
Er trank weder Wein noch starke Getränke und nahm keine tierische Nahrung zu sich. Ein Rasiermesser kam niemals auf sein Haupt, er salbte sich nie mit Öl und besuchte nie ein [öffentliches] Bad … Er pflegte allein in den Tempel zu treten; und oft fand man ihn auf seinen gebeugten Knien, wie er für die Vergebung des Volkes eintrat: so wurden seine Knie so hart wie die eines Kamels, als Folge seiner gewohnheitsmäßigen Fürbitte und seines Kniens vor Gott.

Moo fasst sehr gut zusammen, was außerhalb der Bibel über Jakobus bekannt ist:
Dieser Jakobus wurde zu einer beliebten und respektierten Person in der Frühkirche, vor allem unter jüdischen Christen. Er wurde als der erste „Bischof“ Jerusalems verehrt und erhielt den Titel „der Gerechte“ oder „der Rechtschaffene“, weil er dem Gesetz so treu und im Gebet so unermüdlich war. Viele unserer Informationen über Jakobus stammen aus dem von Eusebius aufgezeichneten Bericht Hegesippus’ über den Tod des Jakobus. Er berichtet, dass Jakobus von den Schriftgelehrten und Pharisäern gesteinigt wurde, weil er sich weigerte, seiner Hingabe an Jesus abzusagen. Der Bericht über Jakobus’ Tod wird unabhängig durch Josephus bestätigt (Antiquitatae Judaicae XX.9.1). Er macht es uns möglich, dieses Ereignis ins Jahr 62 n. Chr. zu datieren. Jedoch ist ein Großteil im weiteren Bericht des Hegesippus, in welchem Jakobus als Eiferer für das Gesetz dargestellt wird, nur eine Legende. Vielleicht bezog Hegesippus seine Informationen von einer strengen Sekte jüdischer Christen, die sich Ebioniten nannten; sie betrachteten Paulus mit beträchtlichem Missfallen und erhoben Jakobus zum wahren Erben der Lehren Jesu. Während also alle unsere Quellen bestätigen, dass Jakobus ein frommer, gläubiger Judenchrist war, der gerne gute Beziehungen zum Judentum aufrecht erhalten wollte, müssen wir das Bild eines gesetzlichen, anti-paulinischen Jakobus als tendenziöse Karikatur ablehnen.

Jakobus bezeichnet sich als zweifachen Knecht. Das ist ein Titel der Demut. Obwohl er der Halbbruder Jesu ist, betont er lieber seine geistliche als seine leibliche Verwandtschaft. Das griechische Wort für „Knecht“ ist hier doulos. In der griechischen Literatur hatte dieses Wort einen sehr negativen Beigeschmack. Jakobus sah den Begriff jedoch nicht im griechischen Umfeld, sondern im Umfeld des Alten Testaments, wo er viel ehrbarer war. In der Septuaginta beispielsweise wird dieses Wort für Mose und andere Botschafter Gottes wie die Propheten gebraucht, die geistliche Autorität ausübten. Er benutzt den Begriff im jüdischen Sinne, der ihm geistliche Autorität als Botschafter Gottes verleiht. Der Begriff beinhaltet auch das Bild des freiwilligen Sklaven auf Lebenszeit. Im mosaischen Gesetz war es dem Sklaven möglich, freiwillig und nicht erzwungen „auf ewig“ Sklave seines Herrn zu werden. Jakobus war ein lebenslanger Sklave für zwei Herren: Erstens ein Knecht Gottes – des Vaters; und zweitens ein Knecht des Herrn Jesus Christus – des Sohnes. So lautet der vollständige Name des Sohnes. Herr betont seine Gottheit und konzentriert sich auf seine Person. Jesus betont seinen menschlichen Namen (der „Rettung“ bedeutet), und konzentriert sich auf sein Werk. Christus ist das griechische Äquivalent für Messias (der Gesalbte) und betont, dass dieser Eine die Erfüllung aller messianischen Prophetie ist; dieser Name konzentriert sich auf sein Amt. Sein Name erscheint nur noch ein weiteres Mal in diesem Brief (2,1).

Arnold Fruchtenbaum – Der Jakobusbrief

Der Name des Autors lautet im Griechischen Judas – genau wie der Name von Judas Ischariot. Das Wort ist die hellenisierte Form von »Juda«. Dieser Judas stellt sich als Knecht Jesu Christi vor. Er betont: Seine geistliche Beziehung zu Jesus ist die eines Knechtes. Judas besaß noch eine weitere Beziehung zu Jesus; denn er war (wie auch Jakobus) Jesu Halbbruder. Judas war der Sohn Marias – genau wie Jesus; somit hatten Judas und Jesus dieselbe Mutter. Judas war jedoch ein leiblicher Sohn Josefs; somit hatte er einen anderen Vater. Er bezeichnet sich auch als Bruder des Jakobus. Judas war der Halbbruder Jesu, jedoch der »Vollbruder« von Jakobus, dem Autor des Jakobusbriefs. Obwohl Jakobus ein Apostel war, stuft sich Judas nicht als Apostel ein und schließt sich in Vers 17 seines Buches selbst vom Apostelamt aus. Er war ein Knecht Jesu Christi, als er dieses Buch schrieb; vor der Auferstehung jedoch war er nicht gläubig (Joh 7,3-5). Als Ergebnis der Auferstehung kam er – genau wie Jakobus – zum Glauben. Diese Tatsache geht aus Apostelgeschichte 1,14 hervor; dort gehören die Halbbrüder Jesu zu jener Gruppe, die im Obergemach betet.
Einige weitere Dinge lassen sich über Judas feststellen. Er war ein reisender Evangelist, und seine Frau reiste mit ihm (1Kor 9,5). In seinem Brief tut Judas etwas, was andere nicht getan haben: Er zitiert aus apokrypher Literatur. Das heißt nicht, dass er diesen apokryphen Schriften biblischen Stellenwert einräumt. Er bezieht sich einfach auf solche Elemente in den Apokryphen, die Wahrheiten enthalten. Auf ähnliche Weise zitierte Paulus heidnische griechische Dichter und Philosophen aus Kreta (Tit 1,12-13) und Athen (Apg 17,28). Vers 9 in Judas bezieht sich auf das Testament des Mose; die Verse 14-15 beziehen sich auf das Buch Henoch. Trotzdem sagt Judas keineswegs, dass alles im Testament des Mose wahr ist; genauso wenig sagt er, dass alles im Buch Henoch wahr ist. Trotzdem gab es in beiden Büchern wahre Elemente; und nur diese wahren Elemente bestätigt Judas. Judas gebraucht oft Dreiergruppen; er denkt nämlich in Dreierbegriffen. Insgesamt gibt es in seinem Buch 14 Dreier. Eusebius zitiert einen Ausspruch des Hegesippus, nach dem Judas Söhne und Enkel hatte. Weil diese Enkel zum Haus Davids gehörten, betrachtete Kaiser Domitian sie als potenzielle Anführer des Aufstands gegen Rom; daher ließ er sie vor seinen Richterstuhl bringen. Sie zeigten dem Kaiser die Schwielen an ihren Händen und wiesen sich damit als Bauern aus, die nicht nach einem irdischen, sondern nach einem himmlischen Königreich trachteten. Sie wurden freigelassen und lebten bis ins zweite Jahrhundert hinein.
Wie bereits in der Einleitung zu 2 Petrus erwähnt: Wer den 2. Petrusbrief und sofort hinterher den Judasbrief liest, stellt viele Ähnlichkeiten fest. Dadurch wird klar, dass einer den anderen zitiert. Petrus schreibt in der Zeitform der Zukunft; Judas dagegen schreibt in der Vergangenheitsform. Petrus sagte Ereignisse voraus, die in der Zukunft eintreten würden; Judas schreibt über dieselben Ereignisse, nachdem sie sich bereits zugetragen haben.

Arnold Fruchtenbaum – Judas