Gottes Wille

welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen
Elberfelder 1871 – 1.Timotheus 2,4

Welcher will, daß allen Menschen geholfen werde, und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. 1Tim 4,3; 2Tim 3,7; Röm 1,17; 2Pe 3,9; Jes 45,22; Ez 18,23.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 1.Timotheus 2:4

welcher will, (dass) alle Menschen errettet-werden (- Obwohl Gott effektiv nur unser Erretter-Gott ist (Vers 2; 2Tim 1,9; Tit 3,5), ist es doch sein Wunsch, dass alle Menschen errettet werden bzw., wenn es sich um ein toleratives Passiv handelt, sich erretten lassen. Das bedeutet aber nicht, dass er alle erretten wird. Das würde nämlich das Aktiv erfordern. Eine Allversöhnung kann man daher von diesem Vers nicht ableiten, auch nicht eine Verheißung, dass jemand sicher errettet wird, nur, weil man dafür betet (vgl. 1Kor 7,16; Lk 7,30; 8,12; Mt 23,37). Hier wird das Wort θελω gebraucht. Im Hinblick auf Gottes Willen betont es mehr den Wunsch Gottes, etwas für jemanden zu tun (vgl. auch Mt 23,37). Der Mensch kann sich aber diesem Wunsch Gottes widersetzen, – im Gegensatz zum Vorsatz Gottes (Strong Nr. G4286) und zum Ratschluss Gottes (Strong Nr. G1013) in Röm 9,19. Weil Gott will, dass alle Menschen errettet werden, hat er uns auch den Auftrag gegeben, allen Menschen das Evangelium zu verkünden. Wenn sie aber das Evangelium ablehnen, bleiben sie unter dem Zorn Gottes. -) und zur Erkenntnis (der) Wahrheit kommen.
Gerhart Kautz – STU 2023 – 1.Timotheus 2:4

Er will, dass alle sich Menschen retten lassen und zu Wahrheitserkenntnis gelangen.
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – 1.Timotheus 2,4

Sie ist Gott wohlgefällig, weil sie „nach seinem Willen“ ist (1Joh 5,14). Gott, der Heiland, will, daß allen Menschen geholfen werde. Paulus wiederholt die Worte „alle Menschen“ noch mehrmals (1Tim 2,1.4.6). Alle drei Male steht im Griechischen dasselbe Wort, pas (vgl. 1Tim 4,10). Gott möchte, daß keiner verlorengeht (2 Petrus 3,9) und daß die ganze Menschheit durch eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus, der die Wahrheit ist (vgl. Joh 14,6), zur Erkenntnis der Wahrheit kommt. (Es wäre allerdings ein Irrtum zu glauben, daß Paulus hier von der Allerlösung spricht.)

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Das Subjekt des AcI im Akkusativ ist zur Betonung nach links vor das Matrixprädikat θέλει („er will“) gerückt. Damit kommt der Kontrast zum Ausdruck, dass es nicht weniger als alle sind, d.h. kein Mensch soll nicht errettet werden. Die Möglichkeit dazu ist gelegt, indem Christus am Kreuz Sühnung für die Sünden der Menschen der ganzen Welt geleistet hat, wie andere Stellen deutlich machen (z.B. 1Johannes 2,2), sodass die Rettung jedem offensteht, wenn er sie annimmt. Zur Errettung gehört, dass man die Wahrheit im Evangelium erkennt. Wenn die Menschen erst dazu kommen müssen, bedeutet dies, dass sie von Geburt an die Wahrheit nicht erkennen, sodass sie ihnen nahegebracht werden muss, wozu Paulus auch eingesetzt wurde, wie er in Vers 6 deutlich macht.

P. Streitenberger – 1. Timotheus

Da der betende Gläubige Gott als „Heiland“ erkannt hat, hat er, bewußt Anteil an einer göttlichen Absicht, die „alle Menschen“ umschließt. Die Rev. Elberf. ist hier genau, da sie übersetzt „welcher will, daß alle Menschen gerettet werden“. Das Zeitwort thelo (Newberry und JND übersetzen „wünscht“) drückt den Wunsch und die Absicht aus, die aus einer Neigung entstehen. Das andere mit dem Willen Gottes verbundene Zeitwort ist boulomai und drückt Absicht und Zweck aus, die aus Überlegung entstehen. Daher unterstreicht das letztere Zeitwort den Ratschlußwillen Gottes, wie er in souveränem Handeln zum Ausdruck kommt. Es wird in 2.Petr. 3,9 verwendet „der Herr… ist langmütig… da er nicht will (das Zeitwort ist b oulomai), daß irgendwelche verlorengehen“: Wenn Seelen verloren gehen, dann wird der Grund dafür nicht in dem souveränen Ratschlußwillen Gottes gefunden, sondern in anderen Faktoren, und zwar in der Verwerfung seiner Absicht und seiner Gnade. Wenn Menschen durch die Ausübung ihres gottgegebenen, freien Willens den erklärten Plan und Wunsch Gottes verwerfen sowie das Gnadenangebot in Christus, dann hat dies unvermeidlich ihr Verlorengehen zur Folge. Diese Anerkennung der Rolle des freien Willens des Menschen bei der individuellen Errettung wird durch das Passiv des Zeitwortes „errettet werden“ bekräftigt. Gott wünscht, daß die Menschen die Errettung durch Christus erfahren; sie ist ihnen zugänglich; die Verantwortung liegt nun bei ihnen. Wäre das Aktiv verwendet worden, d. h. „sie zu retten wünscht“, dann würde sich daraus das Problem ergeben, wie der göttliche Wille vereitelt werden kann. Aber wie diese Schriftstelle klarmacht, ist es der Wunsch und die Absicht Gottes, daß alle Menschen die Errettung erfahren. Wenn einige nicht errettet werden, dann kann das nicht dem göttlichen Willen zur Last gelegt werden, sondern allein der menschlichen Starrköpfigkeit und Widerspenstigkeit.
Der Ausdruck „alle Menschen“ (alle innerhalb der Gattung Mensch) umfaßt die gleiche Gruppe wie diejenigen, für die (V. 1) gebetet wird, und für die in Christus das Gnadenangebot gilt (V. 6). Es drückt die Reichweite des göttlichen Wunsches und Absicht aus. Es ist eine falsche Exegese, „alle“ auf „alle Menschen ohne Unterschied“ zu beschränken, als ob die Untergruppe von V. 2 bedeuten würde, daß die Menschen dort ethnisch, national oder sozial aufgelistet werden und daß die Aussage bedeuten würde, daß Gott von jeder dieser Gruppen retten kann.
Das Zeitwort „errettet werden“ faßt in einem Wort die geistliche und ewige Befreiung zusammen, die in Christus für die Menschen bewirkt und für sie erhältlich ist. Die Errettung wird an dieser Stelle umfassend gesehen – es ist Errettung in ihrer Gesamtheit. Andere Schriftstellen definieren in den dort gebrauchten Zeiten, das Zeitelement; das Perfekt von Epheser 2,8 deutet eine vergangene Handlung mit gegenwärtigen Ergebnissen an, „ihr seid errettet“ bezieht sich auf den Geist; die Gegenwartsform von 1.Kor. 1,8 „die wir errettet werden“ bezieht sich auf die Seele; und der zukünftige Aspekt kommt in Hebräer 9,28 ins Blickfeld „zur Errettung“ wenn wir das letzte Element der Errettung, das sich auf den Leib bezieht, erfahren werden. All dies liegt im Ratschluß Gottes für die Menschen.
Das Passiv „errettet werden“ steht parallel zum Aorist Aktiv Infinitiv „kommen“, was die Verantwortlichkeit der Menschen betont, das in Anspruch zu nehmen, was Gott für sie vorgesehen hat. Wenn sie das tun, dann machen sie für sich selbst die Erfahrung der „Erkenntnis der Wahrheit“. Die zwei Aussagen sind synchron, d. h. sie finden zur gleichen Zeit statt und beschreiben den einen Akt, nur von zwei verschiedenen Blickwinkeln gesehen. Eine ist nicht die Konsequenz des anderen; man kann nicht einen ohne die andere haben. Der letztere Satz lenkt besondere Aufmerksamkeit auf einen entscheidenden Aspekt der Errettung. Die Errettung befreit die Menschen von allem was „unwahr“ (falsch) ist und bringt die Gläubigen in die Sphäre der „Wahrheit“.
Das Wort für Erkenntnis ist epignosis – eine stärke Form als (gnosis und deshalb „volle Erkenntnis“; es geht nichts über diese Vollständigkeit der Erkenntnis hinaus. Um zu zeigen, daß sie über das Intellektuelle in das Erfahrungsmäßige hineingeht, zitieren wir W. E. Vine über 1.Kor. 13,12 bzgl. des Unterschieds zwischen gnosis und epignosis: „Jetzt erkenne ich (ginosko) stückweise, dann aber werde ich erkennen (epignosko, d. h. vollkommen erkennen) wie ich erkannt worden bin“ (epignosko – vollkommen erkannt).
Wenn der Sünder zu Christus kommt, ist er nicht nur gerettet (Apostelgeschichte 16,31); er ist zu dem gekommen, der gesagt hatte „ich bin … die Wahrheit“ (Johannes 14,6) und er findet in Christus absolute Wahrheit. Die Tatsache, daß weder vor „Erkenntnis“ noch vor „Wahrheit“ ein Artikel steht, zeigt, daß bei beiden jeweils die Qualität oder Essenz im Blick ist und nicht spezifische Dinge. Wahrheit darf hier also nicht auf die Wahrheit des Evangeliums beschränkt werden (wie 3,15 sich nicht auf die Wahrheit der Gemeinde beschränken darf), sondern es ist Wahrheit in ihrer Fülle und Absolutheit, wie sie in Christus gefunden wird (Johannes 14,6), dem Geist der Wahrheit (Johannes 14,17) und dem Wort der Wahrheit (Johannes 17,17). Bezüglich des gleichen Ausdrucks siehe 2.Tim. 2,25; 2.Tim. 3,7; Titus 1,1 und vgl. Hebräer 10,26 (wo jedes Wort den Artikel hat).
Die öffentlichen Gebete der Heiligen in der Versammlung (V. 1-2) drücken nicht nur die göttliche Absicht für alle Menschen aus (V. 3-4), sondern haben auch eine solide Grundlage, in der in Christus für alle getroffenen Vorkehrung (V. 5-6). Die darauf gegründete Verkündigung (V. 7), kann nun alle nationalen Grenzen überschreiten, und geht mit apostolischer Autorität zu allen Nationen aus. Jede jüdische, gnostische oder moderne Exklusivität ist nicht in Übereinstimmung mit dieser Botschaft.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Der Wille Gottes
Dieser Vers macht weiter klar, warum wir für alle Menschen beten sollen (Vers 1). Es ist nämlich der ausdrückliche Wunsch Gottes, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Gott ist nicht nur ein Heiland in dem Sinn, dass er der Erhalter aller Menschen ist (1 Timotheus 4,1), sondern er möchte alle Menschen vor dem ewigen Verderben retten. Das ist sein primäres Interesse an allen Menschen.
Es ist an dieser Stelle wichtig zu bemerken, dass es hier nicht um den unabänderlichen Ratschluss Gottes geht. Wenn Gott einen Ratschluss fasst, dann wird er auch sicher zustande kommen (Jes 46,10). Wenn das hier gemeint wäre, würden tatsächlich alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Es gibt aber viele Stellen in der Bibel, die eindeutig klar machen, dass das leider nicht der Fall ist. In unserem Vers geht es nicht um den ewigen Ratschluss Gottes, sondern um seine Absicht oder seinen Wunsch. Gott hat alle Menschen im Blick, was seine Absicht betrifft. Er wünscht alle Menschen zu retten. Mehr noch, denn das Wort „wollen“ wird auch benutzt, wenn jemand etwas gerne tut oder Freude daran hat. Gott ist ein Gott, der Freude daran hat, Gnade zu üben und Menschen zu retten.
Wenn es dennoch Menschen gibt, die einmal ewig verloren gehen, dann ganz sicher nicht, weil Gott die Absicht hatte, sie verloren gehen zu lassen. Schon im Alten Testament hören wir Gott sagen: „So wahr ich lebe, spricht der Herr, HERR, ich habe kein Gefallen am Tod des Gesetzlosen, sondern dass der Gesetzlose von seinem Weg umkehre und lebe“ (Hes 33,11). Gott hat niemand zur Verdammnis zuvorbestimmt. Das zu behaupten ist eine Lüge. Wir müssen allerdings bedenken, dass Gott uns Menschen einen freien Willen gegeben hat. Wir können uns im Eigenwillen und Ungehorsam der Absicht Gottes verschließen. Nur „wer da will“ wird das Wasser des Lebens nehmen (Off 22,17) – das sind die Auserwählten Gottes. Leider wollen nicht alle Menschen. Dennoch ist es Gottes unveränderliche Absicht, dass alle Menschen errettet werden. Wenn sie nicht gerettet werden, liegt das in keinem Fall an Gott. In Johannes 5,40 sagt der Herr Jesus ein erschütterndes Wort: „Ihr wollt nicht zu mir kommen, damit ihr Leben habt“. Er wollte den Menschen Leben geben, aber sie wollten es nicht, weil sie ihn nicht wollten. Dafür tragen die Menschen die volle Verantwortung. In Lukas 13,34 gebraucht der Herr Jesus ebenfalls diese Worte, als er von Jerusalem sagte: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Brut unter die Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“
Diese Seite der Wahrheit steht der Wahrheit der Auserwählung nicht entgegen. Über Auserwählung können wir mit ungläubigen Menschen nicht reden. Ihnen gilt die Botschaft, dass Gott ein Heiland-Gott ist, der seinen Sohn zur Rettung aller gegeben hat. Aber es hat keinen Sinn, mit Ungläubigen über etwas zu reden, das sie nicht verstehen können.
Erneut geht es um „alle Menschen“ – niemand ist ausgeschlossen. „Alle Menschen“ meint jedes „menschliche Wesen“. In Kapitel 1,15 hatte Paulus gesagt, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, Sünder zu erretten. Jeder Mensch ist ein Sünder. Es gibt keine Ausnahme. Deshalb gilt die Botschaft der Gnade ohne jede Ausnahme allen Menschen.
Gottes Absicht wird hier in zwei Punkten vorgestellt, die wir zwar unterscheiden, aber nicht von einander trennen können. Der Gedanke ist nicht, dass Gott zunächst einen Menschen rettet und dass er dann – zu einem späteren Zeitpunkt – zur Erkenntnis der Wahrheit kommt. Grundsätzlich ist das natürlich wahr. Andere Bibelstellen machen klar, dass das Erkennen der Wahrheit des Wortes Gottes ein Prozess ist, mit dem wir hier auf der Erde nicht zu Ende kommen. Aber in unserem Vers ist der Gedanke ein anderer. Hier geschieht beides zeitgleich. Wenn ein Mensch errettet wird, kommt er zur Erkenntnis der Wahrheit. Anders ausgedrückt: Man kann nur dann errettet werden, wenn man die Wahrheit Gottes anerkennt.

Errettung
Zunächst spricht Paulus von der Errettung. Das Wort Errettung bedeutet, dass jemand sicher behütet wird, vor einer Gefahr geschützt, vor dem Verderben und der Zerstörung bewahrt bleibt. Man kann es auch mit „heilen“ oder „wiederherstellen“ übersetzen.
Die Bibel zeigt uns verschiedene Aspekte unserer Errettung. Es gibt eine zeitliche Errettung aus irdischen Umständen heraus und es gibt eine ewige Errettung für den Himmel. Errettung ist hier sehr allgemein und umfassend zu verstehen. Gemeint ist die Errettung in ihrer Gesamtheit. Sie betrifft den Geist des Menschen, seine Seele und seinen Körper. Jeder Mensch braucht Errettung, weil er von Natur verloren und somit auf dem Weg in die ewige Gottesferne ist. Die Verdammnis ist die größte Gefahr, in der jeder Mensch sich befindet. Davor kann sich kein Mensch selbst retten. Er muss errettet werden. Das kann nur Gott tun. Der Weg zur Errettung ist der Glaube und die Grundlage das Kreuz von Golgatha. In diesem umfassen Sinn ist die Errettung die Befreiung des Menschen aus jeder Gefahr, sei es in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft.
• Epheser 2,8 spricht von der Errettung als einer vollendeten Tatsache, die in der Vergangenheit liegt, aber gegenwärtige Auswirkungen hat: „ Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es“.
• 1 Korinther 1,8 spricht von der Errettung in der Gegenwart: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft“.
• Hebräer 9,28 hat den zukünftigen Aspekt im Augen, der den Leib des Gläubigen einschließt: „ … nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Male denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Errettung“. So erwarten wir den Herrn Jesus als unseren Heiland, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit (Phil 3,21).

Erkenntnis der Wahrheit
Wenn es um die Erkenntnis der Wahrheit geht, so müssen wir bedenken, dass weder vor „Erkenntnis“ noch vor „Wahrheit“ ein Artikel steht. Es geht also weder um die Erkenntnis einer speziellen Glaubenswahrheit, noch um die Erkenntnis einer bestimmten Heilstatsache oder um die Wahrheit als Glaubensgut. Es geht vielmehr um die Beschaffenheit oder Qualität einer Sache. Gemeint ist Wahrheit in einem allgemeinen Sinn. Es geht um das, was wahr ist. Von Natur befindet sich der verlorene Mensch in der Gewalt Satans und damit im Bereich der Lüge. Wahrheit finden wir nur bei Gott. Wahrheit bedeutet, die Dinge so zu sehen, wie sie tatsächlich sind. Nur Gott sieht die Dinge so, wie sie wirklich sind. Deshalb muss der Mensch seinen Standort wechseln. Der errettete Mensch „kommt“ aus dem Bereich der Lüge in den Bereich der Wahrheit. Der Mensch muss einsehen, dass Gott der unumschränkte Herrscher ist und dass er gegen ihn gesündigt hat. Er muss einsehen, dass nur Gott einen Weg zu Rettung weist. Es ist der Weg über den einen Mittler, von dem Paulus im nächsten Vers spricht. Erkenntnis bedeutet „Wissen“, „Unterscheiden“ und „Anerkennen“. Erkenntnis der Wahrheit meint hier also sowohl das Anerkennen des eigenen Zustandes als auch des Heilsweges, den Gott vorgesehen hat.

Zwei verschiedene Seiten
Bemerken wir noch, dass der Ausdruck „errettet werden“ im Passiv steht. Niemand kann sich selbst retten. Dennoch möchte Gott, dass alle Menschen die Errettung erfahren. Das „Retten“ an sich ist das, was Gott tut. Gleichzeitig steht der Mensch unter Verantwortung, das Angebot Gottes anzunehmen. Er hat die Möglichkeit, anzunehmen oder abzulehnen. Ablehnung ist sowohl ein Beweis des Unglaubens als auch des Ungehorsams. In der Tat gibt es viele Menschen, die das tun. Deshalb haben wir – in negativer Form – einen ähnlichen Gedanken in 2 Thessalonicher 2,10. Dort lesen wir von Menschen, die verloren gehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht annehmen. Diese Menschen haben die Wahrheit über sich und über Gott nicht akzeptiert.
Der Ausdruck „zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ ist hingegen aktiv. Wer seiner Verantwortung nachkommt und sich retten lässt, wird die Erfahrung machen, dass er aus dem Bereich der Lüge in den Bereich der „Erkenntnis der Wahrheit“ kommt. Er hat Licht über das, was wahr ist und sieht die Dinge so, wie Gott sie sieht.

Ernst-August Bremicker – 1 Timotheus 2 – eine Vers-für-Vers-Auslegung