Schlagwort: Jehova

wenn Jesus, der Herr, für alle sichtbar erscheinen wird

ein offenbares Zeichen (O. ein Beweis) des gerechten Gerichts Gottes, daß ihr würdig geachtet werdet (O. werden sollt) des Reiches Gottes, um dessentwillen ihr auch leidet: wenn es anders bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht,
Elberfelder 1871 – 2.Thess 1,5–7

Diese Verfolgungen erinnern euch daran, dass Gott ein gerechtes Gericht halten und euch ehrenvoll in seine neue Welt (- Wörtlich in die Königsherrschaft Gottes -) aufnehmen wird, für die ihr ja leidet.   (- Röm 12,19; Offb 18,6 -) Denn es entspricht der Gerechtigkeit Gottes, dass er die, die euch Leiden bereiten, selbst leiden lässt (- Mt 25,31 S; 1 Thess 4,16–17 -) und dass er euch, die ihr jetzt leiden müsst, mit uns zusammen von allen Leiden befreit.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 2.Thess 1,5–7

Das mit der Verfolgung ist übrigens ein gutes Zeichen. Dadran könnt ihr erkennen, dass ihr richtig liegt. Gott wird euch die Eintrittskarte für sein Land in die Hand drücken. Darum müsst ihr durch diese ätzenden Sachen jetzt durch. Gott ist gerecht. Er wird jedem mal die Rechnung präsentieren, der euch jetzt wegen eurem Glauben Probleme macht. Aber wartet ab, Leute! Damit wird Schluss sein, wenn Jesus wiederkommt! Er wird sich dann als der große Chef zeigen. Begleitet von ein paar powervollen Engeln wird er aus dem Himmel kommen, und dann werdet ihr bei ihm richtig ausruhen können.
VolxBibel – 2.Thessalonicher 1:5–7

Wie? Ich soll bereit sein, für meinen Glauben an Christus mich verfolgen zu lassen? Nur um dann irgendwann mal, „erquickende Ruhe“ gewährt zu bekommen? Warum denn nicht HEUTE schon „erquickende Ruhe“??
Wir können nicht wissen, wer heute bereit ist, für seinen Glauben sich verfolgen zu lassen? Doch! Unser Lebensweg zeigt, wie wir uns entschieden haben – und es gibt nur ein „entweder oder“ !! Denn Jehovah möchte eine persönliche Beziehung – und niemals nur ein religiöses Gefühl.

Religion
(lat. religio = Verpflichtung, Scheu, Gottesverehrung) Oberbegriff für alle Vorstellungen, Einstellungen und Handlungen gegenüber einer göttlichen Macht, auch als → Gott bzw. Götter, Geister, das → Heilige u. ä. bezeichnet. Jede Religion basiert auf der Erfahrung des Menschen, abhängig zu sein. In der Ausrichtung auf etwas „Überweltliches“ kann der einzelne Mensch in allen Schwierigkeiten Trost und Hilfe erfahren, weil er sich von etwas Größerem getragen weiß.

Kleines Lexikon zum Christentum

Eben – der Begriff Religion hat nichts mit einer persönlichem Verhältnis zu tun.
Bin ich bereit, für mein persönliches Verhältnis zu GOtt auf viele Dinge zu verzichten? Nutze ich meine Zeit um täglich einigige Minuten mit dem Lesen der Bibel zu verbringen?

»Ein offenbares Zeichen« ( endeigma ) kommt ausschließlich hier in der Schrift vor, aber es gibt ein verwandtes Wort ( endeixis ) in einer parallelen Stelle in Phil 1,28. Es bedeutet einen offensichtlichen und eindeutigen Beweis »des gerechten Gerichts Gottes«. Der Vers bezieht sich auf das Vorhergehende in V. 4, doch erhebt sich dabei die Frage, was nun genau in V. 4 (als deutlicher, offener Beweis) das gerechte Gericht Gottes zeigt. In diesem Zusammenhang wurde auf zwei Faktoren hingewiesen, den »ausharrenden Glauben« der Thessalonicher einerseits, und die »Verfolgungen und Drangsale« andererseits. Des weiteren ist zu fragen, ob der Ausdruck hier im Nominativ steht (und sich damit auf sämtliche vorausgehenden Wörter bezieht) oder im Akkusativ (dann wäre, wie in Röm 12,1; 1.Tim 2,6 der Bezug streng auf den unmittelbar vorausgehenden Satzteil mit seinem Zeitwort beschränkt). Die Gelehrten neigen im Großen und Ganzen zu letzterer Auffassung und meinen, daß mit dem »offenbaren Zeichen« allein das Ausharren der Gläubigen gemeint ist; diese Auffassung aber ignoriert das ganze Argument des Textzusammenhangs, daß Gott sowohl Gutes als auch Böses vergilt (siehe Röm 2,4-10). Deshalb folgern wir, daß die einleitende Aussage von V. 5 die Erklärung eines Grundsatzes einführt, daß sowohl die Verfolgung der Heiligen als auch das treue Ausharren unter diesen Verfolgungen, jedes auf seine Weise, die Gerechtigkeit vom Gericht Gottes erweist. Was die Verfolger betrifft, so ist Gottes geduldige Langmut ohne Hast und die majestätische Ruhe Seiner Bewegungen in der Geschichte in sich selbst schon ein Beweis Seiner gerechten Eigenschaften im Gericht. In der Tat legt die Rettung einiger der Verfolger, und nicht zuletzt die von Paulus selbst, Zeugnis davon ab. Aber für die Unbußfertigen ist das Gericht so gewiß wie gerecht, und die Umstände dieses Gerichts werden in dem nachfolgenden Einschub (V. 6-10) genannt.
Was kann nun über die Anwendung des gerechten Gerichts Gottes auf die Situation der leidenden und doch ausharrenden Gläubigen gesagt werden? Zuerst ist da die tatsächliche Erfahrung, zum Ausharren fähig zu sein, denn der Ausdruck »würdig geachtet werden« ( kataxioô ) weist nicht auf persönliches Verdienst und nicht einmal auf ein »würdiggemacht – werden« hin, sondern ist vielmehr »für würdig erachtet« wie in Apg 5,41 (»gewürdigt werden«), ähnlich dem Ausdruck »für gerecht gerechnet werden«.
Das Umstandswort eis (zu, im Hinblick auf) drückt den Gedanken aus »im Blick auf dieses Ziel« (nämlich das Reich Gottes).
So sollten die thessalonischen Gläubigen (es wird nicht gesagt, daß sie es bereits taten) also ihren ausharrenden Glauben in ihren Verfolgungen als Zeichen des gerechten Gerichts Gottes ansehen, insofern als die Kraft zum Durchhalten nicht ihr eigenes Verdienst war, sondern von Ihm kam und ihnen mit dem Ziel gegeben wurde, daß sie durch Leiden (denn so wird das Königreich erlangt, 1.Thess 3,3; vgl. Apg 14,22) als des Königreichs würdig erklärt werden könnten. Beachten wir, daß hier nicht steht »würdig des Himmels«.
Dies bedeutet nicht, daß sie vor Gott angenommen werden würden, weil sie die Verfolgungen erduldet hatten; jegliche Annahme erfolgt aus Gnade und nicht aus Werken. Die Gnade ließ sie leiden, die Gnade erhielt sie im Leiden aufrecht (Phil 1,29) und allein die Gnade konnte sie für würdig erachten; aber, wie Mt 5,10.12 erklärt, besteht ein Unterschied zwischen dem Gehören zum Königreich und dem Empfangen von Lohn, ebenso, wie es eine Sache ist, zum Teilhaber am Erbe gemacht zu sein (Kol 1,12), was das Teil jedes Gläubigen ist, und eine ganz a n d e r e, ob man aufgrund treuen Dienstes für den Herrn die Vergeltung des Erbes empfängt (Kol 3,24). Mit Ihm gestorben zu sein, bedeutet mit Ihm zu leben, aber diesen Heiligen wird der weitere Gedanke vorgestellt, daß, wenn sie litten (ausharrten), sie auch mit Ihm herrschen würden. Siehe 2.Tim 2,11.12. Das Königreich war noch nicht offenbar, aber diejenigen, die im Blick auf dieses Leiden erduldeten, sollten wissen, daß es nicht nur hinsichtlich seiner Drangsale etwas Gegenwärtiges war, sondern daß es auch hinsichtlich seiner Gnade, seiner Kraft, seinen Grundsätzen der Gerechtigkeit jetzt schon wirksam war, und zwar mit dem Blick auf zukünftige Vergeltung und Belohnung bei seiner sichtbaren Offenbarung.
Hyper (»um dessentwillen«) weist daraufhin, daß sie ihre Leiden im Zusammenhang mit dem Königreich sehen sollten, denn, wie Ellicott sagt, ist »die Verbindung zwischen heiligem Leiden und zukünftiger Segnung äußerst eng und unauflöslich« (siehe Apg 14,22). So hat Paulus in von Gott inspirierter Weisheit den Grund ihres Zweifels umgewandelt in den sicheren Beweis dafür, daß Gott ihnen Güte erweisen wollte.
Vers 6
Der Apostel beginnt nun mit einem Abschnitt (V. 6-10), der einen gewissen Einschub darstellt. Er beschäftigt sich mit Aspekten des gerechten Gerichts Gottes, die der natürliche Verstand vielleicht als eingängiger für die Leidenden betrachten könnte. Zuerst wendet er sich der anderen Seite zu, nämlich den Verursachern der Leiden, denn es ist ein elementarer und allgemein akzeptierter Grundsatz, daß Gerechtigkeit solche bestrafen muß. Oft erleben wir, wie die Folgen des Bösen schon in diesem Leben empfangen werden, denn es wird zurecht gesagt, daß Vergeltung die andere Hälfte der Sünde ist. Aber ob es nun im konkreten Fall so ist oder nicht, das Austeilen gerechter Vergeltung ist unausweichlich.
Ebenso wie Er Drangsale zum letzendlich Guten der Bedrängten verwendet (V. 5), so ist Gottes Gerechtigkeit auch darin ausgewogen, daß auch die Verfolger ihre Vergeltung empfangen werden, und sie wissen es (Phil 1,28). Wir können nicht sicher sagen, welche Auswirkung Stephanus‘ Erdulden des Leidens und der Verfolgung auf Paulus hatte, noch die letztendliche Einstellung eines Nero oder Pilatus gegenüber ihren Taten. Aber wir haben das Zeugnis, daß Leiden seinen Eindruck hinterläßt; dafür gibt es reichlich Beweise in der Schrift und in unserer eigenen Erfahrung.
»Wenn anders« ( eiper ) zeigt, wie Paulus sein Argument rhetorisch kraftvoll darlegt, indem er es als Frage stellt, auf die es nur eine bejahende Antwort geben kann. Niemand kann an der Tatsache herumkritisieren, daß die Verfolger das Gericht treffen muß. Einige haben eingewandt, daß eine derart leicht eingängige Hypothese unwürdig und kaum christlich sei, und gingen manchmal sogar so weit, dies als eine nachträgliche Einfügung in den Text anzusehen. Aber die Aussage hier ist Teil eines ausgewogenen Arguments, wobei der weniger eingängige Aspekt zuerst genannt wird (V. 5). Nun kommt der Apostel – mit einem absichtlichen Understatement, um den Hörer zu gewinnen, wie es der jüdischen Argumentationsweise entspricht – mit einem Argument, das für die ehemaligen Juden unter den Versammlungsgliedern sofort einsichtig und annehmbar ist und gleichzeitig ein Gegenargument gegen jeden feindlichen jüdischen Einfluß darstellt. Doch macht er seinen Punkt nicht auf Kosten der Wahrheit, wie es die Menschen oft tun, wenn sie eine Auffassung durchsetzen wollen, ganz im Gegenteil: er legt eine gerechte Grundlage für eine vernunftgemäße Annahme der in den folgenden Versen dargelegten Sache. Seine Aussage könnten wir wiedergeben als: »Wird es akzeptiert, daß es für Gott eine gerechte Sache ist, die mit Leiden zu bestrafen, die anderen Leiden zufügen?«
»Drangsal« ist das gleiche Wort wie in V. 4. »Bei Gott« ( para theou ) enthält den Gedanken örtlicher Nähe und vermittelt den Eindruck, daß der Bedränger direkt vor Gott zitiert wird. »Vergelten« ( antapodidômi ) bedeutet »erstatten, entrichten, zurückzahlen«; siehe 1.Thess 3,9 wo es im guten Sinn verwendet wird. Der Ausdruck »Drangsal (oder Bedrängnis) denen, die euch bedrängen« ( tois thlibousin hymas thlipsin ) vermittelt den ernsten Gedanken des »Maß für Maß« in Gottes gerechtem Handeln (siehe Röm 2,5).
Vers 7
Paulus wendet sich wiederum der Sache der Leidenden zu. Das hier verwendete Wort für »Ruhe« ( anesis ) gebraucht er an anderen Stellen für das Gegenteil von Drangsal. Es beschreibt ein Ackerfeld, für das nach Jahren der Bearbeitung eine Zeit der Brache gekommen ist, das Lösen der Spannung einer Bogensehne und Erholung von Anstrengung (zum Gebrauch siehe 2.Kor 2,13; 7,5; 8,13). Hier spricht es von Erholung von Leiden. Beachten wir, daß die Ruhe »mit uns« ist, den Schreibern, denn nicht alle leiden Drangsal. Diese liebliche Bemerkung hat die Heiligen sicher ermutigt, da Paulus damit andeutet, daß er und seine Gefährten ebenfalls unter Druck standen, und daß sie darunter aushielten aufgrund der Gewißheit zukünftiger Ruhe, des Preises, den er ihnen jetzt vorstellt, während er bereits damit beginnt (da ihr Denken nun umso empfänglicher geworden ist), ihre falsche Auffassung über den Tag des Gerichts zu berichtigen. Das erwähnte Ereignis, »die Offenbarung ( apokalypsis ) des Herrn Jesus vom Himmel«, ist Sein Erscheinen in Macht und großer Herrlichkeit, nicht die Entrückung, die Wiederkunft des Herrn auf die Erde, nicht Sein Kommen in die Luft (siehe die Anhänge über Entrückung, Parusie, Erscheinung, Apokalypsis). Von dieser Erscheinung wird (u.a. Schriftstellen) gesprochen in Dan 2,34.35; Sach 14; Mt 24,27; 26,64; Mk 13,26; Lk 21,27; Offb 19,11-16.
Das Argument hier ist nicht, daß die Erscheinung ( apokalypsis ) des Herrn Jesus ausschließlich als Ursache ihrer Ruhe oder Erholung gesehen werden sollte, denn ihre Erwähnung in diesem Zusammenhang ist gewissermaßen en passant und parenthetisch, da der Apostel das Thema des gerechten Gerichts Gottes behandelt. Es könnte nämlich auch darauf hingewiesen werden, daß die Ruhe für die zur Gemeinde gehörigen Heiligen mit der Entrückung beginnt; jedoch vermeidet es der Heilige Geist sorgfältig, dieses herrliche Geschehen als Anlaß der Ruhe für die Heiligen zu zeichnen, sondern hält ihnen beständig einen zentralen Gegenstand vor Augen: den Herrn selbst. Die Erwähnung der Ruhe bei der Erscheinung soll illustrieren, daß dieses Ereignis mit solch schrecklichen Folgen für ihre Verfolger verbunden ist; für sie aber, die Opfer, birgt es keinerlei Schrecken mehr, denn ihr Teil ist dann die Ruhe.
Wenn wir das gesagt haben, müssen wir uns jedoch auch vor Augen halten, daß dieser Brief – gemeinsam mit allen zweiten Briefen – auch auf die Umstände von Heiligen am Ende der Zeit nach der Entrückung der Gemeinde anzuwenden ist, welche in der Drangsal schreckliche Verfolgung erleiden müssen. Sie werden die Erscheinung – während sie noch rufen »wie lange?« – tatsächlich freudig als Befreiung von ihren Drangsalen begrüßen. Welch segensreiche Tröstung und Ermutigung wird dieser Brief dann in jenen schrecklichen Tagen der Verfolgung und des Martyriums sein.
Jedoch ist der anschließend weitergeführte Hauptgedanke der der Vergeltung gegenüber den Verfolgern, und in dieser Verbindung deutet der wörtliche Sinn des Ausdrucks »in ( en ) der Offenbarung Jesu Christi« an, daß die Vergeltung bei und mit dem Geschehen Seines Offenbarwerdens ausgeübt werden wird, wie der folgende Vers auch zeigt.
Der ehrfurchtgebietende Ausdruck »mit den Engeln seiner Macht« zeigt, daß Er durch sie Seine Macht ausübt. Die Macht ist Sein, und die Engel sind Werkzeuge seiner Macht, ebenso wie in V. 10 die Heiligen Werkzeuge Seiner Herrlichkeit sind.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Mit V. 5 wandelt sich der Dank zu einem lehrhaften Abschnitt über Gottes gerechte Vergeltung im Gericht.
Die über die Thessalonicher ergehende Verfolgung »ist ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes«. In der Regel sehen die Ausleger in dem »Gericht« das zukünftige, das allerdings bereits in die Gegenwart hineinragt. Das gegenwärtige Leiden wird im Jüngsten Gericht einen entsprechenden Ausgleich erfahren. Wird »Gericht« im Sinne eines gegenwärtigen Richtens Gottes verstanden, so ist der Sinn der: Durch die Verfolgung werden die Gemeindeglieder beurteilt und des Reiches Gottes für würdig befunden. Ähnliche Abschnitte begegnen uns in 1. Petr 4,17–19 und Phil 1,27–29. Auch dort ist das Ertragen der Verfolgung ein Anzeichen der Verdammnis für die Verfolger wie auch der Errettung für die Verfolgten.
Das kommende »Reich Gottes« (vgl. 1. Thes 2,12) kann nicht verdient werden, auch nicht durch das Leiden. Die »Würdigung« ist ein passiver Vorgang, der nur von Gott ausgehen kann. Zwar eröffnet die Beständigkeit in der Verfolgung den Zugang zum Reich Gottes. Doch ist dies einmal mehr Geschenk der Treue Gottes, aus der aller Glaube lebt.
Paulus spricht nicht vom Leiden insgesamt, sondern vom Leiden für das Reich Gottes. Dieses spezielle Leiden gewinnt die Herrlichkeit bei Gott. Dies ist nicht im Sinne der Werkgerechtigkeit zu verstehen, sondern betont schlicht die Verbindung zwischen gegenwärtigem Leiden und künftigem Reich. Der Weg zum Reich Gottes ist grundsätzlich und in aller Regel mit Bedrängnissen und Leiden verbunden: Apg 14,22; 1. Thes 3,3.
Vers 6
Die Grundlage für diese Ausführungen liegt in einer unerschütterlichen Gewißheit in V. 6f.: »so gewiß von Gott euern Bedrängern gerechte Bedrängnis vergolten wird«. Dies wird von Paulus lediglich festgestellt, ohne daß dafür eine Begründung erforderlich wäre. Gott wird entsprechend des Grundsatzes der Gerechtigkeit handeln und Verfolgung vergelten. Das Wortspiel »den Bedrängern Bedrängnis vergelten«, ruft das Gesetz der angemessenen Vergeltung nachdrücklich in Erinnerung: Auge um Auge, Zahn um Zahn (2. Mose 21,24).
Hervorzuheben ist, daß Vergeltung nicht Sache des Glaubenden, sondern ausschließlich Gottes sein kann. Für den Christen gilt die Aufforderung, Verfolgung mit Segnen, nicht aber mit Fluchen zu vergelten, das Böse mit Gutem zu überwinden. Die Freiheit zu solcher Handlungsweise beruht in der Freiheit vom Gesetz der Vergeltung, das jedoch von Gott angewandt wird (Röm 12,14–21). Nur vordergründiges Denken wird in Gottes Liebe und Gottes Gerechtigkeit zwei sich gegenseitig ausschließende Eigenschaften Gottes sehen wollen. Indem Gott seine Gerechtigkeit ausübt, geschieht sein guter Wille, bestätigt sich seine Wahrheit, erweist sich seine Liebe. Auch wenn dies dem menschlichen Denken verborgen bleibt, weiß der Glaube um die unlösbare Zusammengehörigkeit von Gottes Liebe und Gerechtigkeit.
Vers 7
Der Blick auf die Verfolger wird von dem Hinweis auf das Geschick der Verfolgten abgelöst: »euch aber als den Bedrängten Ruhe, zusammen mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel mit den Engeln seiner Macht«.
Von fehlender »Ruhe« spricht Paulus in 2. Kor 2,13 und 7,5 (vgl. auch 8,13); der Grund dafür ist Ungewißheit, sowie Bedrängnis von innen und außen. Ruhe ist daher weder Untätigkeit noch Belohnung für vorausgegangene Mühen, sondern die Befreiung vom Leiden, nach der sich die Verfolgten ausstrecken.
Da nicht nur die Gemeinde, sondern vor allem auch Paulus und seine Mitarbeiter selbst vielerlei Bedrängnisse zu ertragen haben (3,2; 1. Thes 2,15; 3,7 u.ö.), verbindet sich die Erwartung der Gemeinde mit der des Apostels: »zusammen mit uns«.
Der Gott, von dem Paulus hier spricht, hat sich in Jesus Christus offenbart. So hängt die doppelseitige Vergeltung, die Gott durchführen wird, eng mit der Wiederkunft Jesu Christi zusammen. Die Sprache in V. 7b–10 trägt liturgischen Charakter mit vielfältigen atl. Bezügen, so daß vermutet wurde, Paulus könnte hier ein bereits vorliegendes Lied eingefügt haben. Da diese Annahme jedoch nicht zwingend ist, kann davon ausgegangen werden, daß der Apostel selbst diese Verse komponiert hat.
»Bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel« gibt den Zeitpunkt der göttlichen Vollendung an. Hier wird das für die Wiederkunft seltenere Wort »Offenbarung« (griech. »apokalypsis«) gebraucht (in demselben Sinne 1. Kor 1,7; vgl. Röm 2,5,dazu 1. Petr 1,7.13; 4,13; das dazugehörige Verb findet sich außerdem in 2. Thes 2,3.6.8; Röm 8,18; 1. Kor 3,13,sowie Lk 17,30; 1. Petr 1,5; 5,1). Dann wird »enthüllt«, d.h. es wird der Vorhang vor dem bisher verborgenen Tun Gottes weggezogen und Jesus als der »Herr« und Richter allen bekannt.
Dieser »Herr« wird in dreifacher Weise näher beschrieben:
Er kommt »vom Himmel«, »mit den Engeln seiner Macht«, »in flammendem Feuer«.
Wenn Jesus »vom Himmel« kommt, so wird damit nicht nur auf seinen Platz zur Rechten des Vaters, sondern zugleich auf seine göttliche Autorität verwiesen (vgl. 1. Thes 4,16).
Die »Engel seiner Macht« sind Teil des göttlichen Hofstaates (Sach 14,5; vgl. die Auslegung von 1. Thes 3,13). Der Sinn kann sein: »Die Engel, durch die er seine Macht ausübt bzw. die zu seiner Macht gehören«, oder: »Die mächtigen Engel bzw. die Machtengel« (als Bezeichnung einer speziellen Engelgruppe). Auch in Mk 13,26 wird die Wiederkunft Jesu mit dem Hinweis auf seine Macht verbunden (mit Zitat aus Dan 7,13f.).

Edition C Bibelkommentar

Die Bedrückung der Gemeinde dauert noch fort; aber sie wird durch sie gestärkt. Ihre Zuversicht zu Gott wird immer fester, ihre Liebe immer kräftiger. Jeder einzelne wird von der Gemeinschaft umfasst, die zwischen ihnen besteht; keiner bleibt unbeachtet und ist mit der Gemeinde nur locker verbunden. Jeder arbeitet tätig und gebend am Wohl aller mit. Paulus spricht darum von den Thessalonichern in der korinthischen und den benachbarten Gemeinden mit großer Freude. Die Art, wie sie ihren Kampf durchfechten, dient auch denen, die ihnen das Wort Jesu brachten, zum Ruhm. Dadurch wird sichtbar, dass Gott durch ein gerechtes Urteil den Erfolg der Verkündigung Jesu angeordnet hat. Die, die er in die Christenheit führt, hat er für würdig erklärt, dass sein königliches Werk für sie geschehe und seine ewige Gnade sich an ihnen offenbare. Dieses Urteil ist dadurch als gerecht erwiesen, dass sie um Gottes willen leiden. Gott hat also durch seine Berufung die zu sich gezogen, die ihn über alles schätzen, ihn mit ganzer Seele lieben, seiner Gnade danken und sie mit Ernst bewahren. Andere blieben nach Gottes gerechtem Entscheid draußen, wie wieder durch das seitherige Geschehen offenbar wurde; denn sie toben gegen das Wort Jesu und wollen die Gemeinde mit Gewalt zerstören. Paulus erklärt nun noch deutlicher, wie sich in dem Erleben der Thessalonicher die Gerechtigkeit Gottes zeigt.
Die Glaubenden werden es erleben, dass Gott sich an ihnen als der vollkommene Verwalter des Rechts bewährt. Auch Paulus wartet unter der Anstrengung seiner Arbeit auf die Ruhe, die Gott ihm nach derselben Gerechtigkeit schaffen wird, mit der er die Thessalonicher tröstet; dann werden sie miteinander in derselben Erquickung vereint sein, mit der ihrer beider Kampf sein herrliches Ende erlangt. Wann geschieht dies?
Wenn Jesus wieder offenbar wird, erhalten die Verfolgten und die Verfolger ihren Lohn, weil er darin das richterliche Amt verwaltet. Da er vom Himmel kommt, ist er der Herrscher über alle, die auf Erden sind; er kommt mit dem himmlischen Heer, das seinen Willen vollführt, und Feuer ist das Mitte!, durch das er wegtut, was aus der Welt verschwinden muss. Die Schuld, die er straft, ist die Unkenntnis Gottes. In der Welt Gottes kann nur der leben, der ihn kennt und für ihn lebt. Der Mensch soll Gott nicht verdecken, sondern offenbaren, nicht leugnen, sondern bezeugen. Die Geschiedenheit von Gott wird im Widerstand gegen das Wort Jesu offenbar. Dazu kommt es nur, wenn der Mensch sich Gott verdeckt. So verhalten sich aber die, die in Thessalonicher gern die Gemeinde zerstören würden. Wie der Glaube, der das Wort Jesu annimmt, Gehorsam ist, so ist die Feindschaft, die es bekämpft, Ungehorsam und darum Schuld. Die ihr gesetzte Strafe ist der Untergang, den Paulus ewig heißt, weil dann das endgültige Urteil ausgesprochen wird, auf das keine Vergebung folgt. Ob daraus ein dauernder Zustand der Fesselung und des Todes folgt oder ob der Untergang die völlige Vernichtung schafft, davon spricht Paulus nicht. Mit solchen Fragen, die das menschliche Denkvermögen völlig übersteigen, hat Paulus sich nie beladen. Er spricht nur aus, dass dann der Vollzug des Rechts alles trifft, was wir Menschen sind. Hier wird Tod oder Leben erlangt, endgültiger Tod, der uns für immer zerstört, wie endgültiges Leben, das uns für immer lebendig macht.
Christus kommt aber nicht nur dazu, um mit göttlicher Strafgewalt an denen, die sich Gott widersetzen, das Recht zu vollstrecken, sondern auch, um seine Herrlichkeit zu offenbaren. Er macht sie dadurch sichtbar, dass er seine Gemeinde, die ihm durch den Glauben verbunden ist, verherrlicht und erhöht. In das, was er ihr gibt, setzt er seine eigene Verherrlichung. Das kann die Thessalonicher auch in der Verfolgung fest und froh machen. Zur erhabenen Größe des Ziels kann nicht ein kleiner, armseliger Anfang führen. Um des Ziels willen ist es gerecht, dass die Thessalonicher jede Entsagung auf sich nehmen und jeden Kampf bestehen; sie gehören ja zu denen, an denen Christus seine Herrlichkeit offenbaren wird. Gehören sie wirklich zu ihnen? Darauf gibt der letzte Satz Antwort. Für die Glaubenden tritt Christus ein; der Glaube ist aber den Thessalonichern bekannt. Das Zeugnis kam durch Paulus zu ihnen, und der Glaube, der zum Zeugnis gehört, entstand in ihnen. Das Zeugnis wurde ihnen als Wahrheit erkennbar; es gab ihnen Gewissheit und machte sie Christus Untertan.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Wir können also schon heute an uns und unseren Freunden ablesen, ob wir zu Jehovah ein persönliches Verhätnis aufgebaut haben, oder nur Mitläufer in einem religiösen System geworden sind.

Diese Einstellung findet man überall in der Welt. Die Macht der Gewohnheit und die Verbundenheit mit tief verwurzelten Überlieferungen halten Hunderte von Millionen Menschen an Religionssysteme gefesselt, von denen sie wissen, daß sie nicht die Wahrheit lehren oder praktizieren. Willst du zulassen, daß dich diese Gefühle daran hindern, der Wahrheit entsprechend zu handeln? Das ist bestimmt eine gefährliche Fallgrube. Wieso?
In erster Linie deshalb, weil eine solche Einstellung Gott mißfällt.

Erwachet! 22.März1975

Mein Gebet sei wie vorbereitetes Räucherwerk, das dir dargebracht wird

Ich hebe meine Hände zu dir empor im Gebet. Nimm mein Flehen an, so wie du das Rauchopfer und das Speiseopfer annimmst!
Hoffnung für alle – 1996 – Psalm 141,2

Nimm mein Gebet an wie den Duft geopferten Weihrauchs;
und wenn ich meine Hände zu dir emporhebe, dann sei es für dich wie ein Speiseopfer am Abend.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Psalm 141:2

Laß als Räucherwerk vor dir bestehen (d. h. gelten) mein Gebet, die Erhebung meiner Hände als Abendopfer! (Eig Abend-Speisopfer)
Elberfelder 1871 – Ps 141,2

Von Rauchaltar, Räucherfaß, Räucherpfanne und Räucherwerk steht oft in den heiligen Büchern geschrieben. Goldene Schalen voll Räucherwerks sind nach Offb 5,8 die Gebete der Heiligen, und David schreibt in Ps 141, 2: »Lasse als Räucherwerk vor dir bestehen mein Gebet!«
Nur von Gott verordnete Priester durften auf dem Räucheraltar räuchern. Darum traf Ussia das Strafgericht lebenslänglichen Aussatzes, als er im Hochmut seines Herzens trotz der Warnung des Priesters Asarja dem Herrn räuchern wollte (2 Chron. 26,16—21).
Zum Räuchern wurde meist das Wertvollste, nämlich das Fett verwendet (2 Mose 29,13; 3 Mose 8,16; 4 Mose 18,17).
Der hochheilige goldene Räucheraltar ist in 2 Mose 30,1—10 beschrieben, und in den Versen 34—38 wird die Bereitung des Räucherwerkes folgendermaßen angeordnet: »Der Herr sprach zu Mose: Nimm dir wohlriechende Gewürze, Stakte und Räuchermuschel und Galban, wohlriechende Gewürze und reinen Weihrauch; zu gleichen Teilen sollen sie sein. Und mache Räucherwerk daraus, Würzwerk, ein Werk des Salbenmischers, gesalzen, rein, heilig. Und zerstoße davon zu Pulver und lege davon vor das Zeugnis in das Zelt der Zusammenkunft, woselbst ich mit dir Zusammenkommen werde; hochheilig soll es euch sein. Und das Räucherwerk, das du machen sollst, nach dem Verhältnis seiner Bestandteile sollt ihr es euch nicht machen; heilig dem Herrn soll es dir sein. Wer dergleichen macht, der soll ausgerottet werden aus seinen Völkern.«
Jehiskia zeigt vier Gründe auf, weshalb der Zorn über Juda und Jerusalem gekommen ist. Er sagt in 2 Chron. 29, 6. 7, daß die Väter
1. die Türe der Halle verschlossen haben,
2. die Lampen ausgelöscht,
3. kein Räucherwerk geräuchert und
4. kein Brandopfer dargebracht haben.
War das nicht auch die Sünde der Pharisäer zur Zeit Jesu, und ist es nicht dem Wesen nach auch die Verschuldung der »Christenheit«, daß man
1. andern den Zutritt zu Gott unmöglich macht,
2. das gottgeschenkte Licht des Geistes verliert,
3. weder Gebet, Fürbitte noch Anbetung darbringt und
4. keine völlige Selbsthingabe an Gott vollzieht?
»öl und Räucherwerk erfreuen das Herz«, sagt Spr 27,9. Möchte auch unser Leben vom öl des Heiligen Geistes und vom Räucherwerk des Gebetes und der Anbetung so erfüllt sein, daß nicht nur unser eigenes Herz, sondern auch das Herz unseres Gottes und Vaters darob erfreut ist!

200 Biblische Symbole

Der zweite Vers nimmt ohne Zweifel Bezug auf Gesetzesbräuche. Weil nämlich Gott damals wollte, dass die Gebete der Gläubigen mit Räucherwerk und Opfern geweiht würden, so sieht David dies als ein Verheißung an und stützt sich darauf. Wenn aber einige aus diesem Vers schließen, David sei damals auf der Flucht und also fern von den Zusammenkünften der Gläubigen gewesen, so weiß ich nicht, ob das genügend feststeht. In diesem Falle müsste man zwischen den Zeilen einen gewissen Gegensatz lesen: Obschon ich verhindert bin, in den Tempel zu kommen und unter den Anbetenden zu erscheinen, obschon ich also von der Teilnahme am Räucherwerk und an den feierlichen Opfern ausgeschlossen bin, so wollest du, o Gott, doch meine Bitten nicht verschmähen. Es zwingt uns aber nichts zu dieser Auffassung; und so begnügen wir uns mit dem allgemeineren Sinn: weil solche sinnbildliche Handlungen die Gläubigen daran erinnern, dass ihre Bitten bei Gott gerade so gern angenommen werden wie der lieblichste Geruch und die besten Opfer, so sucht David daran seinen Glauben zu stärken. Denn wenn auch die Alten in solchen äußeren Handlungen keineswegs befangen waren, so war doch David genötigt, dieselben als Hilfsmittel in seiner Lage anzuwenden. Indem er also bei sich selbst erwägt, dass das von Gott gebotene, tägliche Räucherwerk und Abendopfer nicht umsonst dargebracht wird, so verbindet er mit jenem vorgeschriebenen Gottesdienst seine Bitten. Das Händeaufheben steht ohne Zweifel für das Gebet selbst. Weshalb bei allen Völkern der Brauch aufgekommen ist, beim Beten die Hände zum Himmel zu erheben, ist anderswo (zu. Ps. 28, 2) gesagt worden.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

David verglich sein Gebet mit der Abendopfergabe im Heiligtum und rief den Herrn an, ihn eilends zu erhören (vgl. den Kommentar zu Ps 31,3 ). Er wünschte sich, daß sein Gebet dem Herrn ein lieblicher Geruch sein möge, so wie das Räucherwerk beim Abendopfer (das etwa um drei Uhr nachmittags dargebracht wurde), das hinaufstieg und dem Herrn wohlgefiel. In der Offenbarung ist das Räucherwerk offensichtlich das Gebet ( Offb 5,8;8,3-4 ). Das Aufheben der Hände als Gebetshaltung wird auch in Ps 28,2;63,5 und Ps 134,2 erwähnt.

Walvoord Bibelkommentar

Nach dem Anruf Gottes erwartet David dessen Eingreifen: eile mir zur Hilfe (- Ps 22,20 38,23 40,14 -). Die Fortsetzung höre meine Stimme wird unterstrichen vom Erheben meiner Hände, und zwar in der Frühe als Ersatz für das Rauchopfer und am Abend als Speisopfer (- Jes 1,13 Jer 41,5 Neh 13,5.9 -). Da kein Levit da ist und die heilige Stätte weit entfernt ist, sieht Gott das dargebrachte Gebet als vollgültiges Opfer an. Gebet ist Hingabe und Opfer und nicht zuerst ein Sprechen mit dem Mund. David ändert damit die Opferbräuche nicht, aber er lebt so sehr mit Gott, daß er weiß, daß es diesem eigentlich auf die Gesinnung beim Opfer ankommt. Es sind keine Versöhnungsopfer, sondern schlichte Darbringungen, die Gott ehren sollen.

Wenn ein Jude in der Diaspora ohne Opfer zu Gott betet, muß man die Ausnahmesituation immer vor Augen haben, auch wenn diese Ausnahme für das aus dem Heiligen Land vertriebene Judentum schließlich zum Normalen geworden ist. Darum ist es unmöglich, von einer »Vergeistigung« des Opfers zu sprechen.

Wuppertaler Studienbibel

Wann immer der Feind Ärger machte, war Davids erste Reaktion das Gebet. „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft meines Lebens; vor wem sollte ich mich fürchten?“ (27:1, NKJV). Er war ein Mann mit geistlicher Einsicht, der verstand, dass er beten und Gott anbeten konnte, auch wenn er nicht im Heiligtum war und keinen Priester hatte, der ihm beistand (40:6-8; 50:8-9; 51:16-17; Jes. 1:11-17; Jer. 7:22-23; Hos. 6:6; Mic. 6:6-8; Markus 12:32-33). Jeden Abend brachte der jüdische Priester ein Brandopfer auf dem ehernen Altar dar und verbrannte auch Weihrauch auf dem goldenen Altar, aber Gott nahm Davids Gebet und seine erhobenen Hände an. Zum Brandopfer gehörte gewöhnlich auch Weihrauch. (Siehe Ex 30:1-10, 34-38; Lev 2:2.) Weihrauch ist ein Bild für das Gebet, das zum Herrn aufsteigt (Offb 5:8; 8:4). Davids Hände waren leer, aber sein Herz war voller Liebe zum Herrn und Glauben an seine Verheißungen. Sowohl Esra (Esra 9) als auch Daniel (Dan. 9) beteten zur Zeit des Abendopfers. Nach dem Bau des zweiten Tempels wurde dieser Psalm gelesen, wenn die Abendopfer dargebracht und die Lampen im Allerheiligsten angezündet wurden.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Die zwei Elemente des Gebets
Im Allgemeinen unterscheiden die Rabbiner zwei Elemente im Gebet, und zwar aufgrund der beiden von Salomo verwendeten Begriffe (1. Könige 8,28): Danksagung und Bittgebet. Diesen entsprechen die beiden Arten des frühjüdischen Gebets: die Lobpreisungen und die Tephillah. Und so weit richtig, wie die beiden hebräischen Wörter für Gebet andeuten: das eine ist Anbetung, das andere Bittgebet oder vielmehr Fürbitte. Beide Arten des Gebets fanden ihren Ausdruck in den Tempelgottesdiensten.

Aber erst nach der Offenbarung dessen, der in seiner Person die göttliche mit der menschlichen Natur vereinigte, konnten Anbetung und Flehen voll zum Ausdruck kommen. Nein, der Gedanke des Flehens würde erst nach der Ausgießung des Geistes der Adoption richtig verwirklicht werden, wodurch das Volk Gottes auch Kinder Gottes wurde. Es ist daher nicht richtig, die Opfer als „Gebete ohne Worte“ zu bezeichnen. Die Opfer waren keineswegs Gebete, sondern vielmehr die Vorbereitung zum Gebet. Die Stiftshütte war, wie ihre hebräische Bezeichnung zeigt, der Ort der Begegnung“ zwischen Gott und Israel; der Opferdienst ermöglichte diese Begegnung; und der Priester (wie die Wurzel des Wortes andeutet) war derjenige, der Israel Gott nahe brachte. Daher konnte das Gebet nur auf das Opfer folgen, und sein angemessenes Symbol und seine angemessene Zeit war das Verbrennen von Weihrauch. Diese Auffassung kommt in den Worten zum Ausdruck: Mein Gebet sei vor Dir wie Weihrauch“ (Ps 141,2), und wird in Offenbarung 5,8 bestätigt, wo wir von den „goldenen Schalen voll Weihrauch, die das Gebet der Heiligen sind“, lesen.

Verbrennen des Weihrauchs
Auf dieses Räucherwerk wird im Evangelium im Zusammenhang mit der Geburt von Johannes dem Täufer angespielt (Lk 1,9). Zacharias war aus dem Bergland von Judäa, aus der Nähe des priesterlichen Hebron, heraufgekommen, um im Tempel zu dienen. Sein Kurs – der von Abia – war für die Woche vorgesehen, und das „Haus seiner Väter“ für diesen besonderen Tag. Darüber hinaus fiel das Los auf Zacharias für den ehrenvollsten Dienst des täglichen Dienstes – das Verbrennen des Weihrauchs auf dem goldenen Altar im Heiligtum. Zum ersten und zum letzten Mal in seinem Leben sollte dieser Dienst auf ihn übertragen werden. Als der fromme alte Priester seinen Dienst im Allerheiligsten verrichtete, sah er die Stelle so deutlich, dass er sie später beschreiben konnte: Gabriel stand, als käme er gerade aus dem Allerheiligsten, zwischen dem Altar und dem Tisch der Schaubrote, „zur Rechten des Altars“. Soweit wir wissen, war dies die erste und einzige Erscheinung eines Engels im Tempel. Denn der Überlieferung, dass Simeon der Gerechte während der vierzig Jahre seines Pontifikats immer von einem Engel begleitet wurde, wenn er am Versöhnungstag das Allerheiligste betrat und verließ, können wir keine ernsthafte Bedeutung beimessen, außer im letzten Jahr, als der Engel ihn im Heiligtum zurückließ, um zu zeigen, dass dies das Ende seines Dienstes sein sollte. Was zwischen Gabriel und Zacharias geschah, ist für uns nicht von Belang. Es genügt, einige Details zu bemerken, die in dieser Erzählung beiläufig erwähnt werden, wie zum Beispiel, dass ein besonderes Los für diesen Dienst geworfen wurde, dass der Priester allein im Allerheiligsten war, während er das Räucherwerk verbrannte, und dass „die ganze Menge des Volkes draußen betete, wenn das Räucherwerk verbrannt wurde“.

Alfred Edersheim – Tempeldienst zur Zeit Jesu Christi


von Gott verlassen?

um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme und sagte: Eli, eli, lama sabachthani? das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Elberfelder 1871 – Matthäus 27,46

Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lema sabachthani?“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2).
Pattloch Übersetzung 1980 – Matthäus 27,46

Um die neunte Stunde aber rief Jesus (- Hebräer 5,7 -) mit lauter Stimme und sprach: «Eli, Eli, Lema, sabachthani?», das ist: «Mein Gott, Mein Gott (- Ps 22,2 -), warum hast Du Mich verlassen?»
Abraham Meister – Neues Testament – Matthäus 27:46

Hatte der Vater den Sohn wirklich verlassen?
Oder fangen wir mit einer noch wichtigeren Frage an: war der Tod Jesu ein „Unfall“? War der himmlische Vater überfordert, und konnte für seinen Sohn nichts tun?
Wenn wir diese Geschichte der Bibel als „Unglück“ sehen, dann müssen wir natürlich auch in unserem Leben „zittern“, weil Jehovah vielleicht überfordert wäre, uns zu helfen. Aber wenn die Tötung Jesu von Jehovah geplant war – ja, wenn der Tod Jesu nur der Höhepunkt der Liebesgeschichte Gottes an die Menschen war, dann kann und darf man diesen „Unfall“ niemals mit Geschehnissen in unserem Leben vergleichen! Ich würde behaupten, dass ALLES was geschieht, von Jehovah nicht nur gesehen sondern auch von IHM überwacht wird – ER ist NIE überfordert oder überrascht! Auch nicht, dass Menschen, die behaupten an Gott zu glauben, andere Menschen aus den Gemeinden ausschließen würden…

Aber schauen wir uns unterschiedliche Auslegungen zu dem obrigen Vers an:

Matthäus macht keine Angaben darüber, wann die Kreuzigung begann, doch nach Markus war es um die „dritte Stunde“ (Mk 15,25), also neun Uhr vormittags. Matthäus schreibt nur, daß von der sechsten Stunde, also von zwölf Uhr mittags, bis zur neunten Stunde, drei Uhr nachmittags, eine Finsternis über das ganze Land kam. Während dieser Zeit der Dunkelheit wurde Jesus das Sühneopfer für die Welt (Joh 1,29; Röm 5,8; 2Kor 5,21; 1 Petrus 2,24;3,18) und als solches vom Vater verlassen. Gegen Ende konnte Jesus die Trennung nicht länger ertragen und schrie laut: „Eli, Eli, lama asabtani?“ Diese aramäischen Worte bedeuten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“(ein Zitat aus Ps 22,2). Jesus hatte ein Gefühl des Verstoßenseins vom Vater, das er nie zuvor kennengelernt hatte, denn der Vater mußte sich als Richter vom Sohn abwenden, als dieser zur Sünde wurde (Röm 3,25-26).

Walvoord Bibelkommentar

Jesu hebräischer Gebetsschrei: »Eli, Eli, lema sabachthani«, zu deutsch: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« – wurde falsch verstanden. Sie sagten: Der ruft den Elia, den Propheten, der als der Vorläufer des Christus kommen sollte. Die Spötter meinten, es wäre jetzt höchste Zeit, daß Elia käme, um ihn, den Gehängten, als den Christus, als den Sohn Gottes zu rehabilitieren. – Es war ein billiger Hohn, dieser Spottruf: »Der ruft den Elia.«
Matthäus spricht im Anschluß an das Wort Jesu »Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« von der Tränkung Jesu mit Hilfe eines Schwammes voll Essig. – Johannes, der Evangelist, begründet diese Tränkung. Johannes schreibt (Jo 19,28): »Weil Jesus daß bereits alles erfüllt war, sprach er, damit die Schrift (ganz) erfüllt würde: ›Ich dürste.‹« – Der Zusammenhang ist also folgender: Im gleichen Psalm, dessen Anfangsworte Jesus in die Nacht hinausruft, heißt es einige Verse später: »Vertrocknet wie eine Scherbe ist meine Kraft, und die Zunge klebt mir am Gaumen« (V. 16). Und im 69. Psalm findet sich mit geheimnisvoller typischer Beziehung auf den verschmachtenden Messias die Stelle: »Sie haben mich mit Essig getränkt in meinem Durst« (Ps 69,22). Jesus, der sich bewußt ist, nun den ganzen Leidensbecher ausgetrunken zu haben, den der Vater ihm gereicht hat, will auch diese letzte noch ausstehende Prophezeiung erfüllen. Denn mitten in der schwersten Qual des Leibes und der Seele und obwohl verlassen von seinem himmlischen Vater, ist er darauf bedacht, bis ins kleinste hinein dessen Willen zu vollenden. Daher schloß er an jenen Ausruf der Gottverlassenheit diese Klage an über seinen Durst. Der Durst war es ja auch, was die Gekreuzigten am meisten peinigte. Und aus allem, was oben über die Kreuzigung gesagt worden ist, läßt sich entnehmen, wie quälend Jesu Durst gewesen sein muß. Trotzdem hätte er, der alles stillschweigend duldete, sich nicht darüber geäußert, hätte nicht die Prophezeiung ihn dazu veranlaßt.

Wuppertaler Studienbibel

Es ist schwer für uns, die wir geistlich tot geboren wurden, zu begreifen, was das für Jesus bedeutete und warum Er sich so sehr darüber aufregte. Wir wurden geistlich tot geboren, und obwohl wir jetzt geistlich lebendig sind, ist selbst dieses geistliche Leben kein völlig sündloses Leben; die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, wird im Leben eines Gläubigen durch Sünde unterbrochen. Nicht so bei Jeschua! In der ganzen vergangenen Ewigkeit war er in ständiger Gemeinschaft mit Gott dem Vater. Aber in dem Moment, als die Sünden der Welt auf Ihn gelegt wurden, wandte sich Gott der Vater ab; und für die zweiten drei Stunden am Kreuz war Jesus geistlich tot. Am Ende dieser drei Stunden, in denen er den geistlichen Tod erlitt – er litt den Zorn Gottes, den dieser Kelch darstellt -, schrie er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27:46)

Arnold Fruchtenbaum – Die Agonie von Gethsemane

Der neunzehnte Abschnitt war der vierte Satz vom Kreuz, und er ist sowohl in der aramäischen als auch in der hebräischen Form aufgezeichnet. Die aramäische Form steht in Markus 15,34: „Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloi, Eloi, lama sabachthani? was übersetzt heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Die hebräische Version steht in Matthäus 27:46: Und um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme und sprach: Eli, Eli, lama sabachthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Dieser vierte Satz vom Kreuz kommt am Ende der drei Stunden der Finsternis. Er ist ein Zitat aus Psalm 22,1, wo es ein Hilfeschrei ist. Der geistliche Tod des Messias dauerte insgesamt drei Stunden. Am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes steht dieser Hilfeschrei: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Dies ist das einzige Mal in den Evangelien, dass Jesus die Gottheit mit „Mein Gott, mein Gott“ anspricht. Mindestens 170 Mal sprach er Gott als Vater an und 21 weitere Male war es spezifischer: „Mein Vater.“ Das einzige Mal, dass er den Vater als „mein Gott“ ansprach, war am Ende der drei Stunden der Finsternis, am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes.
Wegen Seines geistlichen Todes hatte Jeschua nicht mehr eine väterliche Beziehung zu Gott, sondern eine gerichtliche. Er litt den Zorn Gottes; Er trank den Kelch, über den Er sich in Gethsemane quälte. Obwohl Er betete, dass Er ihn nicht trinken müsste, war es der Wille Gottes, des Vaters, dass Er ihn trinken würde. Aufgrund des Trinkens des Kelches wurde der Zorn Gottes über Ihn ausgegossen und Er war geistlich tot. Folglich hatte er keine väterliche Beziehung mehr zu Gott, dem Vater, sondern eine gerichtliche Beziehung zu ihm; und so ist es auch mit meinem Gott. Dieser Hilfeschrei wurde erhört, denn zu diesem Zeitpunkt wurde Jeschua geistig auferweckt und die Gemeinschaft mit dem Vater war nach drei Stunden der Trennung wieder vollständig hergestellt. Jeschua starb sowohl geistlich als auch wurde geistlich auferweckt, bevor Er jemals physisch starb.

Arnold Fruchtenbaum – Der Tod und das Begräbnis des Messias

»Um die neunte Stunde« ist etwa 3 Uhr mittags. Das »Aufschreien« Jesu ist Ausdruck tiefster, entsetzlicher Not. »Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne«, so heißt es am Anfang des 22. Psalms, auf den wir so oft in der Passion stoßen. Offenbar begann Jesus jetzt Psalm 22 zu beten. »Eli, eli, lema sabachthani« ist jedenfalls wörtliches Zitat von Ps 22,1. Die Worte »Eli, eli« = »Mein Gott, mein Gott« sind hebräisch. Dann scheint Jesus aramäisch fortgefahren zu sein, denn die Worte »lema sabachthani. = »warum hast du mich verlassen« sind aramäisch. Manche Handschriften veränderten hier zu »lama zaphthani«, was dem Hebräischen entspricht (vgl. Mk 15,34). Sowohl Matthäus als auch Markus geben zuerst die Heimatsprache Jesu wieder und übersetzen dann – »Das heißt« – ins Griechische. Das hängt mit dem unauslöschlichen Eindruck der Klage am Kreuz zusammen, aber auch mit dem »Elia« – Missverständnis von V. 47ff.
Wie konnte Jesus so schreien? Ist das nicht ein Widerspruch zu Joh 8,29, wo er sagte: »Der Vater lässt mich nicht allein«? Nein. Denn der Vater war während seines ganzen irdischen Wirkens mit ihm. Jetzt aber, am Kreuz, büßt Jesus für die Sünde der Menschen. Das Gericht über die Gott -losigkeit ist, dass man Gott los wird. D. h., das Wesen der Hölle besteht im Verlassensein von Gott. So wird Jesus nun wirklich von Gott verlassen: »Warum hast du mich verlassen?« Aber selbst im entsetzlichsten Gericht hört Jesus nicht auf, sich an den Vater zu klammern. Der Vater bleibt wirklich »mein Gott«. In dieser Treue zum richtenden Gott macht Jesus gut, was Adam und alle Menschen verdorben haben. Mit Recht weisen viele Ausleger daraufhin, dass Jesus, wenn er den 22. Psalm weiterbetete, auch zu V. 5 kommen musste: »da sie hofften, halfst du ihnen heraus«, ja zu den Versen 24ff. , die ins Lob Gottes münden. Aber zunächst bricht die Hölle über Jesus herein.

Edition C

und zum Abschluß „alte Zeiten“:

Was meinte Jesus mit seinen Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ — F. M., Georgia.
Jesus sprach diese Worte in Erfüllung von Psalm 22:1, der ursprünglich hinsichtlich David geschrieben worden war. Nicht dass David „verlassen“ worden wäre, um an einen Marterpfahl geschlagen zu werden, sondern wegen seiner Treue gegen den Königreichsbund wurde er der Wut der Feinde überlassen. In all diesem war David ein prophetisches Bild von Christus. Jesus wurde zur Prüfung seiner Lauterkeit einem schändlichen Tod an einem verfluchten Stamme überlassen. Indem er treu blieb, triumphierte er in seiner Lauterkeit, wie der Rest des Psalmes dies zeigt. Andere Verse von Psalm 22 über David erfüllten sich an Jesus, was ferner beweist, dass er prophetisch hinsichtlich Christi, des grösseren David, geschrieben worden war. Man vergleiche Psalm 22:1 mit Matthäus 27:46 und Markus 15:34; Psalm 22:7, 8 mit Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 mit Johannes 19:28; Psalm 22:16 mit Markus 15:25, und Psalm 22:18 mit Matthäus 27:35.
Die blosse Anführung dieser prophetischen Worte von Psalm 22:1 an sich genügte jedoch nicht, sie zu erfüllen. Zu der Zeit, da Jesus diese Worte am Marterpfahl sprach, waren wirkliche Tatsachen vorhanden, die sie erfüllten. Dass Gott Jesus verliess, bedeutete in diesem Fall nicht etwa, dass Gott ihm missbilligend und verurteilend den Rücken gekehrt hätte, sondern lediglich, dass Gott ihn der vollen Wut seiner Feinde überliess, indem er sogar zuliess, dass sie ihn töteten. Auf diese Weise hat Gott Jesus verlassen oder ihn seinen Feinden überlassen, so dass sie mit ihm tun konnten, was sie wollten, wobei er ihn auch nicht vor einem schändlichen Tode bewahrte.

Wachtturm – Fragen von Lesern Sept. 1951

Wenn Jesus wußte, daß er — in Erfüllung von 1. Mose 3:15 — von der großen Schlange, von Satan, dem Teufel, zermalmt werden sollte, weshalb rief er dann, als er am Marterpfahle starb: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ — Matthäus 27:46, NW.
Jesus stellte diese Frage am Marterpfahl nicht, weil er etwa nicht gewußt hätte, weshalb Jehova Gott, sein himmlischer Vater, ihn verlassen hatte, sondern damit die Prophezeiung erfüllt wurde. Die Prophezeiung, die damals in Erfüllung ging, findet sich in Psalm 22 aufgezeichnet. Dieser Psalm wurde von David geschrieben, der in verschiedener Hinsicht ein prophetisches Bild des Herrn Jesus Christus war.
In den einleitenden Worten dieses Psalmes ruft David aus: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ Als die Jünger Jesu, die in der Nähe seines Marterpfahles standen, so zum Beispiel Johannes und Maria, die Mutter Jesu, ihn diese Worte aus Psalm 22:1 ausrufen hörten, mögen sie damals nicht genau verstanden haben, warum Jesus das tat. Als ihnen aber das Verständnis aufging, nachdem der heilige Geist zu Pfingsten ausgegossen worden war, werden sie sich daran erinnert und die Tatsache verstanden haben, daß dieser prophetische Ruf Jesus als den Christus, den Messias Gottes, kennzeichnete.
Jehova, der himmlische Vater, verließ Jesus am Marterpfahl tatsächlich, damit dessen Lauterkeit Gott gegenüber bis zum äußersten geprüft werden konnte. Gott überließ ihn den grausamen Anschlägen Satans, des Teufels, und seiner bösen, ruchlosen religiösen Werkzeuge auf Erden. So erhielt Satan, der den Tod verursachen kann, freien Lauf, diese Macht gegen den Sohn Gottes anzuwenden.
Gott verließ Jesus aber nur insofern, als er dem Teufel und seinen Handlangern gestattete, Jesus zu Tode zu bringen. Daß Jesus von Gott verlassen wurde, schloß nicht ein, daß die Feinde über seinen Leichnam frei verfügen konnten. Statt daß sie seinen Leichnam vom Marterpfahl abnahmen und ihn in das Feuertal Hinnom [oder in die Gehenna] werfen konnten, wurde sein Leib von Joseph von Arimathia vom Marterpfahl heruntergenommen und in einer neuen Gruft, die er hatte graben lassen, bestattet. Diese Bestattung Jesu bedeutete, daß er sich im Scheol, im allgemeinen Grab der Menschheit, befand. Jehova Gott verließ ihn im Scheol aber nicht, sondern in Psalm 139:8 (der von David, einem Vorbild Jesu Christi, geschrieben wurde) lesen wir: „Bettete ich mir in dem Scheol, siehe, du bist da.“ Somit zeigte Jehova Gott am dritten Tage nach Jesu Tod, daß er Jesus nicht für immer verlassen, sondern ihn zu geistigem, unsterblichem Leben aus den Toten auferweckt hatte. Als Jesus später seinen Jüngern am selben Auferstehungstage erschien, konnte er daher sagen: „Alle Dinge, die im Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen über mich geschrieben stehen, müssen erfüllt werden.“ Und dazu gehörte auch Psalm 22:1, nämlich die Worte: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen.“ — Lukas 24:44, NW

Wachtturm – Fragen von Lesern 1.Sept. 1958

Warum rief Jesus Christus, als er am Marterpfahl hing, aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“? — USA.
Jesu Frage war ein Zitat aus einem Psalm Davids. (Ps 22:1) Im Falle Davids bezog sich die Frage auf einen vorübergehenden Zustand des Verlassenseins. Er befand sich, von Feinden umringt, in einer Lage, die den Anschein erweckte, als ob Jehova ihn vollständig verlassen hätte. Unter dem furchtbaren Druck, unter dem er deswegen litt, fragte er, warum dies geschehen sei, da er sich keiner Schuld bewußt war. David hatte aber den Glauben nicht verloren, denn in demselben Psalm betete er: „Eile doch zu meinem Beistand.“ — Ps 22:16-19.
Auch als Jesus die Worte aus Psalm 22:1 äußerte, glaubte er, sein Vater habe ihm momentan seinen Schutz entzogen oder ihn „verlassen“ oder den Händen seiner Feinde überlassen, damit er wie ein verfluchter Verbrecher an einem Marterpfahl sterbe. (Gal 3:13) Als Jesus nach dem Warum fragte, wollte er damit nicht sagen, daß er den Grund für dieses Verlassensein nicht kenne, und er erwartete auch keine Antwort von seinem Vater. Man könnte die Situation mit der Situation eines Christen vergleichen, der die Ursache für die Leiden der Menschheit kennt, der aber unter dem Druck großer Schwierigkeiten entweder im stillen oder hörbar nach dem Warum fragt. Der Fragende gibt dadurch zu erkennen, daß er keinen Grund hat zu denken, er müsse wegen irgendwelcher Übertretungen leiden. Abgesehen davon, daß sich durch diesen Ausruf Jesu Psalm 22:1 erfüllte, wurde dadurch auch offensichtlich Jesu Unschuld bestätigt und der eigentliche Zweck seiner Leiden ins Blickfeld gerückt. — Matthäus 27:46; vergleiche Johannes 12:27, 28, 33.

Wachtturm – Fragen von Lesern 15.August 1972

Jesus rief am Pfahl aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Fehlte es ihm an Glauben, und dachte er, Gott habe ihn im Stich gelassen?
Manche haben beim Lesen dieser Worte in Matthäus 27:46 und Markus 15:34 geschlußfolgert, daß Jesus in seinem Gottvertrauen erschüttert wurde, als er den schmerzvollen Tod vor Augen hatte. Andere sagen, dies sei lediglich Jesu menschliche Reaktion gewesen, der verständliche Verzweiflungsschrei eines Mannes aus Fleisch und Blut in seiner Todesangst. Wir haben allerdings guten Grund, es nicht bei solchen menschlichen Erwägungen zu belassen, die auf dem äußeren Erscheinungsbild beruhen. Zwar kann niemand von uns heute mit Sicherheit alles wissen, was mit Jesu Ausruf verbunden war, aber wir können zwei wahrscheinliche Beweggründe erkennen.
Jesus war sich durchaus bewußt, daß er „nach Jerusalem gehen und . . . vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse“ (Matthäus 16:21). Vom Himmel aus hatte der Sohn Gottes beobachtet, wie selbst unvollkommene Menschen einen grausamen Tod erlitten, gleichzeitig aber ihre Lauterkeit bewahrten (Hebräer 11:36-38). Daher besteht kein Grund, zu glauben, daß Jesus — als vollkommener Mensch — Furcht vor dem hatte, was ihm bevorstand; ebensowenig bedeutete der Tod an einem Marterpfahl für ihn, daß sein Vater ihn aufgegeben hätte. Jesus wußte im voraus, „welches Todes er zu sterben im Begriff war“, nämlich des Todes an einem Marterpfahl (Johannes 12:32, 33). Er war sich auch sicher, daß er am dritten Tag auferweckt werde. Wie kam Jesus dann dazu, zu sagen, Gott habe ihn verlassen?
Zum einen könnte er gemeint haben, Jehova habe seinen Schutz in dem Sinne von seinem Sohn genommen, daß Jesu Lauterkeit bis zum Äußersten — einem schmerzvollen und schändlichen Tod — geprüft werden könne. Dadurch, daß Gott Jesus dem Zorn der Feinde, die von Satan angeführt wurden, aussetzte, wurde aber nicht ein völliges Verlassen angezeigt. Jehova hatte weiterhin Zuneigung zu Jesus, und das wurde am dritten Tag offenkundig, als er seinen Sohn auferweckte, was Jesus schon vorher gewußt hatte (Apostelgeschichte 2:31-36; 10:40; 17:31).
Zum anderen steht mit dem eben Gesagten ein zweiter Grund in Verbindung, der Jesus zu diesem Ausruf am Pfahl bewogen haben könnte: Dadurch, daß er diese Worte äußerte, konnte er einen prophetischen Hinweis auf den Messias erfüllen. Stunden vorher hatte Jesus den Aposteln gesagt, daß alles so geschehen werde, „wie über ihn geschrieben steht“ (Matthäus 26:24; Markus 14:21). Ja, er wollte die Dinge ausführen, die geschrieben standen, einschließlich der Dinge in Psalm 22. Es mag für uns aufschlußreich sein, folgende Schrifttexte miteinander zu vergleichen: Psalm 22:7, 8 — Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 — Johannes 19:28, 29; Psalm 22:16 — Markus 15:25 und Johannes 20:27; Psalm 22:18 — Matthäus 27:35. Der 22. Psalm, der so viele prophetische Hinweise auf die Erlebnisse des Messias enthält, beginnt mit den Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Als Jesus daher diese Worte ausrief, erfüllte er wieder eine Prophezeiung (Lukas 24:44).
Der Psalmist David glaubte nicht, daß Gott ihn einfach aufgegeben oder verlassen hatte, denn er sagte des weiteren, daß er ‘Gottes Namen seinen Brüdern verkünden’ werde, und forderte andere auf, Jehova zu preisen (Psalm 22:22, 23). Ebenso hatte Jesus, der Psalm 22 gut kannte, Grund, darauf zu vertrauen, daß sein Vater ihn nach wie vor anerkannte und liebte, trotz der Erfahrung, die er ihn am Marterpfahl durchmachen ließ.

Wachtturm – Fragen von Lesern 15.Juni 1987

Genau – es geht um diese Person – und nicht um mich! Und schauen wir auf IHN! Haben wir bemerkt, dass Jesus diese Worte SCHRIE bzw „mit LAUTER STIMME“ sprach? Hätte er nicht kurz vor dem Ersticken sein müssen, und kaum hörbar röchelnd reden müssen?

Wir fürchten unsere Sünde, weil sie uns vor dem Bewusstsein der Fürsorge und Liebe Gottes blendet.

sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel; denn es steht geschrieben: „Seid heilig, denn ich bin heilig“. (3Mose 11,45)
Elberfelder 1871 – 1.Petrus 1,15–16

Euer ganzes Tun soll ausgerichtet sein an dem heiligen Gott, der euch berufen hat. In den Heiligen Schriften heißt es ja: »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.«
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Petrus 1:15–16

Jetzt sollt ihr leben wie Christus, der euch als seine Jünger berufen hat: Vorbildlich, ja heilig soll euer ganzes Leben sein. Genau das meint Gott, wenn er sagt: «Ihr sollt heilig sein, so wie ich heilig bin.» (- 3. Mose 19,2 -)
Hoffnung für alle – 1996 – 1. Petr 1,15–16

Wie sonst können wir überhaupt anfangen, die Heiligkeit Gottes und anderer zu festzunehmen, wenn wir merken Sie nicht gleichzeitig, dass wir getrennt sind, um heilig zu sein? Dies ist keine Ego-Anbetung, sondern die nüchterne Wahrheit des Geistes: Wir sind darin, unser Leben zu respektieren und sie als heilig zu schätzen, da Gott uns durch das Geschenk von Yeshua, unserem Messias, zu seinen Kindern erhöht hat…
Obwohl die meisten Weisen sagen, dass das größte Prinzip der Tora darin besteht, deinen Nächsten wie dich selbst zu lieben, sagte Ben Azzai, dass noch größer der Glaube daran ist, dass Gott Menschen in Seinem Gleichnis (created) geschaffen hat, seitdem kann man nicht sagen: ′′ Da ich mich selbst verachte, bin ich kann auch einen anderen verachten; da ich mich selbst verfluche, lass auch den anderen verfluchen.“ In Gottes Ähnlichkeit gemacht zu werden bedeutet, dass wir uns selbst und andere dieselbe Maßnahme sind, die wir Gott selbst betrachten (1 Johannes 4:20 ). Deshalb lautet das erste Gebot immer: ′′ Ich bin der HERR, dein Gott…“ (Exod. 20:2), da es außer Glauben keine Tora irgendeiner Art gibt….
Der HERR hat versprochen, uns niemals zu verlassen und zu verlassen, obwohl wir uns entscheiden können, uns von seiner Liebe abzuwenden und uns um unser Leben zu kümmern… Wir dürfen nicht andere fürchten, als dass wir keine Angst vor Gott haben, denn das ist in der Tat ein Ängstlicher Zustand der Seele. Möge es Gott uns helfen, uns zu helfen, niemals zu verlassen und uns selbst zu verlassen, indem wir uns entschieden haben, verloren zu gehen, indem wir vergessen, was real ist, und die Hoffnung in das Wunder für unser Leben verlassen… Möge der HERR uns helfen, nicht traurig zu sein, nicht zu sein, um nicht zu trauern verletzen uns selbst und niemals unsere Herzen der Verzweiflung der Schande überlassen.

Hebräisch für Christen

Das Leben der Kinder Gottes soll »heilig« sein, also ganz ausgesondert für Gott und ganz von ihm bestimmt. »Heilig sein« im »ganzen Wandel« geschieht dadurch, daß wir den Weisungen unseres Herrn aus seinem Wort gehorchen, daß der Geist Gottes so unser ganzes Leben gestalten darf. Wir werden nicht mehr vom Bösen gestaltet, auch nicht mehr von unseren Leidenschaften bestimmt; heilig zu leben heißt, vom Geist Gottes geprägt zu werden. Die Christusart gestaltet sich so in unserem Denken, Reden und Handeln aus. Darum kann Petrus sagen: »Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein.« Die Kindesart kommt nach dem Vater. Der heilige Gott hat uns »berufen«; das war sein Tun an uns. Das geschah durch die Wiedergeburt (vgl. zu V. 3), und nun bestimmt uns auch die Christusart. »Heilig sein« ist so zunächst gewiß keine eigene Leistung, zwingt uns nicht in Anstrengung unserer Kräfte; vielmehr ist es die Folge unserer Zugehörigkeit zum Herrn.
Trotzdem hat die Aufforderung »ihr sollt« entscheidende Bedeutung gerade auch für Christen. Denn Heiligung geschieht nicht automatisch und zwangsweise, sondern dann, wenn ich selber will und mich gestalten lasse. Der Imperativ – gewiß beruhend auf dem Indikativ – nimmt uns gerade als Person ernst. Wir können und sollen handeln nach dem Willen Gottes. Christliches Leben, heilig sein, heißt immer, das nun auch zu ergreifen und zu leben, was ich bin, wozu ich durch meine Berufung geworden bin.

1,16: »Denn es steht geschrieben (3 Mo 19,2): ›Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.‹«
Petrus spricht mit diesem Ruf zum »Heilig-Sein« nichts Eigenes aus, sondern er beruft sich auf die »Schrift«, auf das Gotteswort. Als Gott Israel seine Gebote gab, damit sie »heilig«, das heißt abgesondert von den Heiden, leben sollten, verwies er eben auf sich selbst. So wie er soll sein Volk auch sein: »Heilig«, von anderer Qualität als die Völker, so wie Gott von völlig anderer Art ist, mit nichts und niemandem zu vergleichen oder zu messen. Und diese unvergleichliche Qualität wird im täglichen Leben gelebt. Für Israel wie für die ntl. Gemeinde gilt: Heiligkeit wird zur Heiligung. Was ich bin, darf ich auch leben.

Edition C Bibelkommentar

In Vers 14 betont Petrus den Gehorsam. Er verwendet einen Hebraismus – Kinder des Gehorsams. Gehorsam ist sowohl Mutter als auch Charaktereigenschaft des Gläubigen und ein Zeichen wahren Glaubens. Zuvor wurden die Gläubigen dadurch charakterisiert, dass sie sich den Begierden anpassten; sie waren Kinder des Ungehorsams (Eph 2,2; 5,6). Jetzt sollen sie sich nicht länger nach den [früheren] Begierden verhalten. Das Wort euch anpassen wird noch an anderer Stelle gebraucht – in Römer 12 Vers 2, wo es sich auf die Ablehnung eines Lebensstils bezieht. Das abzulehnende Muster ist die Anpassung an die früheren Lüste und Begierden, die für ihre geistliche Unwissenheit selbstverständlich waren. Die Gläubigen sollen sich durch ihren Gehorsam auszeichnen.

In den Versen 15-16 betont Petrus ihre Heiligkeit. In Vers 15 ergeht der Aufruf zur Heiligkeit: wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist. Gott ist der Standard der Heiligkeit; er ist abgetrennt von allem Unreinen oder Bösen. Die Gläubigen sollten sich durch eine heilige Lebensführung auszeichnen: seid auch ihr im ganzen Wandel heilig. Gläubige sind berufen, heilig zu sein; die Kinder sollten ihren heiligen Vater nachahmen. Der Satzteil auch ihr betont diese ohnehin schon betonte Aussage. In eurem ganzen Wandel sollen sie sich durch Heiligkeit auszeichnen – das beinhaltet alle Bereiche ihres alltäglichen Lebens. In Vers 16 zitiert er aus 3 Mose 11,44 oder vielleicht 19,2 oder 20,7: Seid heilig, denn ich bin heilig.

Arnold Fruchtenbaum – Die Petrusbriefe

Zur Ehre Gottes, dessen Heiligkeit wir widerspiegeln

(Eph 5, 25–27; Hebr 12, 10–14; 1.Petr 1, 15–16; 2, 9–12; 1.Joh 3, 2–3) Deshalb leben wir! Wir Menschen sind dazu geschaffen, Träger von Gottes Ebenbild zu sein und seiner Schöpfung seinen Charakter zu zeigen (s. 1.Mose 1, 27). Deshalb überrascht es nicht weiter, dass Gott durch das ganze Alte Testament hindurch, in dem er ein Volk formte, das Träger seines Ebenbildes sein sollte, dieses Volk Heiligkeit lehrte, damit ihr Charakter dem seinen immer ähnlicher wurde (s. 3.Mose 11, 44a; 19, 2). Dies war zu alttestamentlichen Zeiten die Grundlage für Korrektur und sogar Ausschluss, als Gott sich selbst ein Volk bereitete; und dies war auch die Grundlage für die Gestaltung der neutestamentlichen Gemeinde (s. 2.Kor 6, 14–7, 1). Christen sollen auffallend heilig sein – nicht zu unserer eigenen Ehre, sondern zur Ehre Gottes. Wir sollen das Licht der Welt sein, damit die Menschen, wenn sie unseren guten Taten sehen, Gott loben (s. Mt 5, 16). Dasselbe sagt auch Petrus: „… und führt einen guten Wandel unter den Heiden, damit sie da, wo sie euch als Übeltäter verleumden, doch aufgrund der guten Werke, die sie gesehen haben, Gott preisen am Tag der Untersuchung“ (1.Petr 2, 12). Aus diesem Grund hat Gott uns berufen, erlöst und abgesondert (s. Kol 1, 21–22).

9 Merkmale einer gesunden Gemeinde

Beachten wir aber die Reihenfolge: Zuerst muss Gott Sein Werk tun; erst dann ist der Mensch überhaupt imstande, den Willen Gottes in seinem Leben zu erfüllen. Man kann nicht, wie manche meinen, möglichst heilig leben, um so in die Stellung eines Heiligen zu kommen. Unmöglich! Wie kann der natürliche, nicht wiedergeborene Mensch den Ansprüchen Gottes genügen? Die Praxis kann der Stellung nur folgen, nie umgekehrt. Aber sie muss es auch. Es ist uns als Gläubigen nicht freigestellt, ob wir uns darum bemühen wollen oder nicht, „denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit (Heiligung)“ (1 Thessalonicher 4,3).
Was ist das nun: Heiligung? Kurz gesagt, es bedeutet, zu leben für Gott; es ist ein Verhalten, das sich allein am Willen Gottes orientiert und Seinen Maßstäben genügt, denn Er selbst ist heilig.
Und hier nun will Gott Wachstum sehen, Fortschritt, Entfaltung – kein Stehenbleiben auf einer Stufe, denn das wäre der Ausdruck von Trägheit und Selbstzufriedenheit. Wir erkennen, dass dieses Wachstum lebenslang dauern wird. Aber das soll uns nicht entmutigen, denn es bedeutet schlussendlich, unserem Herrn ähnlicher zu werden, wenn auch bei Ihm kein Wachstum nötig war, denn Er war nie etwas anderes als vollkommen.
Wie kommen wir aber dahin, heilig zu leben? Gottes Wort zeigt uns zweierlei: Das eine haben wir zu tun, das andere tut Er.
Unsere Seite ist die Absonderung, die Trennung vom Bösen. Bewusst auf Distanz davon zu gehen bringt uns dem Herrn näher: „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen. … Lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (2 Korinther 6,17; 7,1). Die Verbindung mit Einflüssen oder Personen, die zur Unehre Gottes sind, behindert unser persönliches Wachstum und beeinträchtigt unsere Brauchbarkeit für den Herrn! Ob uns dieser Gedanke wohl genügend bewusst ist? „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet“ (2 Timotheus 2,21). Gott sei Dank – wir sind dabei in unseren Bemühungen nicht auf uns allein gestellt. Gott unterstützt und fördert unser Wachstum. Unserem Herrn selbst war das so wichtig, dass Er es in Seinem Gebet zum Vater in Johannes 17 zu einem Seiner Anliegen macht: „Heilige sie durch die Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit.“
Er hat Seine Jünger damals und hat uns heute in derselben Weise in die Welt gesandt, wie der Vater Ihn in die Welt gesandt hatte. Aus eigener Erfahrung und Anschauung kannte Er die Einflüsse, die mit dem Aufenthalt in der Welt verbunden sind. Deswegen sagte Er dem Sinn nach: „Vater, angesichts all der Unreinheit der Welt und der Schliche Satans stärke Du selbst alle, die Du mir gegeben hast. Hilf ihnen, das Böse zu erkennen und sich entschieden davon zu trennen, damit sie in dieser Welt für dich dastehen, so wie ich in der Welt Deine Belange vertreten habe.“
Das Mittel, das Gott zu unserer Heiligung benutzt, ist „die Wahrheit“ – ein uns geläufiger Ausdruck, der dennoch einiger Überlegungen wert ist. Was ist „die Wahrheit“?
In einem Sinn können wir darunter das ganze Buch verstehen, das Gott in unsere Hände gelegt hat: Sein Wort, die Heilige Schrift. Hier finden wir die Wahrheit, weil dieses Buch uns in aller Reinheit und Klarheit Gottes Gedanken und Sein Urteil zeigt – über alles: über Ihn selbst, über Seinen Sohn, über den Menschen, die Engel, Satan, die Schöpfung; über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.
„Die Wahrheit“ im engeren Sinn hat aber noch eine besondere Bedeutung: Es ist die Art und Weise, in der Gott sich selbst in unserer Zeit offenbart hat – in der Haushaltung der Gnade. Hier geht es um die Tatsache, dass die Gläubigen Kinder Gottes sind, weil Er sich uns in Seinem Sohn als Vater vorgestellt hat. Der Herr Jesus konnte sagen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9).
Wenn wir heute als Gläubige die Bibel hören oder lesen, redet ihr Verfasser als unser Gott und Vater zu uns als Seinen Söhnen. Er hat uns „das Geheimnis seines Willens kundgetan“ (Eph 1,9) – das ist Sein ganzer Ratschluss. Und der Heilige Geist benutzt die Heilige Schrift, um uns als Söhne Gottes zu leiten (Röm 8,14).
Wenn also der Sohn den Vater bittet: „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit“, so redet Er von dieser unter allen Haushaltungen einmaligen Beziehung zu Gott, in die wir heute gebracht sind. Das auf die Heilige Schrift gegründete Wissen, dass Gott, der Heilige, unser Vater ist, soll uns zu einem praktischen Verhalten anleiten, das dieser gewaltigen Stellung entspricht. Wir sind so nah zu Ihm gebracht; lasst uns deshalb auch für Ihn leben!
Im Gedanken hieran schreibt Petrus: „Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel! Denn es steht geschrieben: ,Seid heilig, denn ich bin heilig.‘ Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht …’• (1 Petrus 1,15-17).

Ermunterung und Ermahnung 2000


Bitter

 „Nennt mich nicht Nọomi“, erwiderte sie. „Nennt mich Mạra, denn der Allmächtige hat mir das Leben sehr bitter gemacht. Als ich wegzog, hatte ich alles, und jetzt lässt Jehova mich mit leeren Händen zurückkommen. Warum solltet ihr mich Nọomi nennen, wenn sich doch Jehova gegen mich gestellt und der Allmächtige Unglück über mich gebracht hat?“
neue Welt Übersetzung – 2018 – Ruth 1:20–21

»Nennt mich nicht länger Noomi (›die Fröhliche‹)«, erwiderte sie, »nennt mich Mara (›die Betrübte‹), denn der allmächtige Gott hat mir ein schweres Schicksal auferlegt: 21 Als ich von hier fortzog, hatte ich alles, was man sich nur wünschen kann. Jetzt lässt mich der Herr mit leeren Händen zurückkehren. Warum nennt ihr mich also noch Noomi? Der Herr hat sein Urteil gegen mich gesprochen; er, der Allmächtige, hat mir bitteres Leid zugefügt.«
Hoffnung für Alle – Ruth 1,20–21

»Nennt mich nicht mehr Noomi (- »die Liebliche« -)«, sagte sie, »nennt mich Mara (- bedeutet »bitter -); denn Gott, der Gewaltige (- Wiedergabe der hebräischen Gottesbezeichnung Schaddai (oder El Schaddai), deren genaue Bedeutung nicht mehr bekannt ist. Die Wiedergabe mit „der Gewaltige“ folgt dem Vorbild der alten griechischen Übersetzung, die Schaddai vermutlich mit einem hebräischen Wort für „überwältigen“ in Zusammenhang gebracht und meist mit „der Allherrscher“ wiedergegeben hat. Nach neuerer Auffassung bedeutet Schaddai möglicherweise „Bergbewohner“; in diesem Sinne würde es den Gott bezeichnen, der auf dem → Götterberg* wohnt und von dort aus über die Welt herrscht. -), hat mir ein sehr bitteres Schicksal bereitet. Mit meinem Mann und mit zwei Söhnen bin ich von hier weggezogen; arm und ohne Beschützer lässt der HERR mich heimkehren. Warum nennt ihr mich noch Noomi? Der HERR, der Gewaltige, hat sich gegen mich gewandt und mich ins Elend gestürzt.«
Gute Nachricht Bibel 2000 – Ruth 1,20–21

Aber wenn ich Jehovah diene, dann MUSS es mir doch gut gehen???

Schon in Ruth 1:13 sagt Noomi: „Nicht doch, meine Töchter! denn mir ergeht es viel bitterer als euch; denn die Hand Jehovas ist wider mich ausgegangen.“
Bitterer??


352 מָרַר (mā-rǎr): v.; ≡ Str 4843; TWOT 1248-1. LN 79.39-79.44 (qal) bitter sein, d.h. in einem Zustand eines bestimmten scharfen, gewöhnlich unangenehmen Geschmacks sein (Jes 24:9+); 2. LN 25.223-25.250 (qal) Qualen erleiden, förmlich, bitter sein, d.h., ein Gefühl oder eine Haltung großen Leids und großer Angst haben, als Erweiterung des Zurückschreckens beim Genuss von bitteren Speisen oder Getränken; in manchen Kontexten ist damit eine Verachtung oder sogar ein Hass auf die eigenen Umstände oder den Gegner verbunden (Ru 1: 13; 1Sa 30:6; 2Ki 4:27; Jer 4:18; La 1:4+); (piel) ganz bitter sein (Ex 1:14; Jes 22:4+); (hif) bitterlich trauern (Ru 1:20; Hiob 27:2; Zec 12:10(2×)+)

Dictionary of Biblical Languages with Semantic Domains : Hebrew (Old Testament)

In dem kleinen, ruhigen Dorf Bethlehem herrschte Aufregung – vor allem unter den Frauen7 -, als Noomi nach ihrer langen Abwesenheit unerwartet zurückkehrte, und das unter so veränderten Umständen. Die Klagen der Witwe selbst brachten sie sogar dazu, den alten Namen Naomi durch Mara („bitter“) zu ersetzen, denn „Jehova“ hatte „gegen sie ausgesagt“, und „Schaddai “ hatte sie heimgesucht. Ob Naomi und ihre Bekannten die wahre Bedeutung dieses „Zeugnisses“ Jehovas wirklich verstanden haben oder nicht, sicher ist, dass die vorübergehende Aufregung über ihre Ankunft bald verflog und die Witwe und ihr moabitischer Gefährte in ihrer Armut allein gelassen wurden. Offenbar gab es keine anderen nahen Verwandten von Elimelech, denn Boas selbst wird im Original als „ein Bekannter ihres Mannes “ (- Nicht, wie in der Autorisierten Fassung, „ein Verwandter ihres Mannes“. Die Rabbiner machen ihn zu einem Neffen von Elimelech, und zwar mit ebenso wenig Grund, wie sie darstellen, dass Naomi und Rut gerade ankamen, als sie die erste Frau des Boas begruben! Die Herleitung des Wortes Boas ist umstritten. Wir bevorzugen nach wie vor die Übersetzung des Namens: „in ihm Stärke“. -) bezeichnet, obwohl der Begriff auch auf eine Verwandtschaft hinweist. Und so wurden die Dinge während des tristen Winters immer schlimmer, bis endlich im Frühjahr die Gerstenernte eingebracht wurde.

Alfred Edersheim – Geschichte der Bibel – altes Testament

Noomis Klage wurde konkret. Vor Jahren war sie voll , d. h. mit einem Ehemann und zwei Söhnen, nach Moab gezogen, nun kehrte sie leer zurück . In ihrer Trauer und Depression war sie nicht in der Lage, in ihren moabitischen Schwiegertöchtern irgendeinen Wert zu erkennen. Später erfuhr sie jedoch großen Segen durch Rut ( Rt 4,15 ). Noomi war sich sicher, daß Gott an allem schuld war. Ihre Rückkehr vertiefte ihr Leid nur. Sie sah nichts als die Einsamkeit und Hilflosigkeit einer Witwe vor sich. Ihre Klage beginnt und endet mit der Nennung des Allmächtigen , dem Namen des allmächtigen Gottes. Gott würde in ihr tiefes Leid bald gnädig eingreifen.
Dieser Vers bildet den Übergang zur Hoffnung für Noomi und Rut. Gott war nicht ihr Gegenspieler, sondern handelte in seiner souveränen Fürsorge zugunsten der beiden Witwen.
Noomi hatte Bethlehem wegen einer Hungersnot verlassen. Nun kehrte sie mit Hunger in ihrer Seele zurück. Die Gerstenernte in Bethlehem mußte ein willkommenes Zeichen gewesen sein, auch wenn es Noomi in ihrer Trauer nicht erkannt haben mag. (Die Gerstenernte lag im Monat Nisan [März/April]; vgl. die Übersicht „Der Kalender in Israel“ bei 2Mo 12 .)
Noomi meinte, sie sei mit leeren Händen zurückgekehrt. Doch sie hatte Rut, die Moabiterin , bei sich. Die Ernte war reif, und deswegen gab es Hoffnung.

Walvoord Bibelkommentar

Noomi verstand natürlich, was die Frauen mit ihrem erstaunten Ausruf alles wissen wollten. Ihre Antwort aber zeigt, wie verbittert sie war. Vermutlich hatte die Erinnerung bei der Rückkehr nach Bethlehem ihre Verbitterung hervorgerufen. Diese Menschen, diese Häuser und diese Straßen hatte sie vor wenigen Jahren mit einem Mann und zwei Söhnen verlassen. Nun war sie allein zurückgekommen. Gegenüber ihren Schwiegertöchtern hatte sie auf dem Weg nach Juda noch recht allgemein davon gesprochen, dass »die Hand Jahwes« sie »getroffen« habe (V. 13). Nun aber kann man ihr die ganze Tiefe der inneren Verletzung abspüren. Die Frauen hatten gefragt, ob sie nicht Noomi sei. Noomi griff die Bedeutung dieses Namens auf: »die Liebliche«. Nein, das war keine richtige Bezeichnung für sie. Sie fordert die Frauen auf: »Nennt mich Mara«, d.h. »die Bittere«. Sie selbst erklärt diesen Namen: »… denn der Allmächtige hat es mit mir sehr bitter gemacht.«

Gott hatte es mit ihr sehr bitter gemacht. Er war es, der ihr dieses bittere Los zugedacht hatte. Man könnte hier auch übersetzen: »Er hat mich sehr bitter gemacht.« Allerdings wird die hebr. Formulierung, die sich hier findet, gewöhnlich angewendet, um ein Handeln an der entsprechenden Person zu kennzeichnen. Eine ähnliche Formulierung findet sich auch am Ende des nächsten Verses (»… der Allmächtige mir übel getan hat«).

Die Gottesbezeichnung, die Noomi hier benutzte, lautet »Schaddai«. Die Grundbedeutung dieses Begriffs ist nicht klar, er betont jedoch in besonderer Weise die Größe und Allmacht, aber auch das Gerichtshandeln Gottes (Campbell, 1975, S. 77). Er unterstreicht sozusagen die Souveränität Gottes. Der Gottesname Schaddai wird im Buch Rut nur in diesen beiden Versen (V. 20f) verwendet. Im AT findet er sich insgesamt 48-mal. In 1. Mose erscheint er sechsmal, und zwar vor allem im Zusammenhang mit Segenswünschen. Dadurch wird unterstrichen, dass Gott auch wirklich die Macht hat, das im Segen Erwünschte zu tun (vgl. 1.Mo. 28,3; 35,11; 43,14; 48,3; 49,25; vgl. S. 162f und 193) Besonders häufig (31-mal) kommt er im Buch Hiob vor. Diese Gottesbezeichnung kann sowohl die tröstliche Nähe und Hilfe Gottes (vgl. Ps. 91,1) als auch sein mächtiges Gerichtshandeln (vgl. Hiob 5,17; 6,4) unterstreichen. Von Noomi wurde er hier wie bei Hiob auch im letzteren Sinne gebraucht. Sie verstand Gott und sein Handeln nicht. Der Begriff Schaddai signalisiert sozusagen eine gewisse Distanz. Gott ist eben der Allmächtige, dessen Handeln oft unverständlich bleibt.

21 Noomis Anklagen gegen Gott steigern sich schrittweise. Jahwe, der Gott des Bundes mit Israel, hatte sie mit leeren Händen von Moab zurückgebracht. Dabei war sie gefüllt ausgezogen. Mit einem Mann, der für sie sorgte, und mit zwei Söhnen, die ihr Alter und ihre Zukunft sicherten, war sie aus Bethlehem weggezogen. Der Targum, die aramäische Übersetzung, erwähnt den Ehemann und die Söhne ausdrücklich (Levine, 1973, S. 24). Alles dies hatte Gott ihr genommen. In ihrer Anklage findet sich weder ein Hinweis darauf, unter welch schwierigen Umständen sie damals aus Israel weggezogen waren noch darauf, dass ihre Schwiegertochter Rut ja mit ihr zurückgekehrt war. Wie so oft erschien die Vergangenheit im goldenen Licht, während in den Problemen der Gegenwart nur noch Dunkelheit zu sein schien.

Am Ende jedes Kapitels wird indirekt auf diese Anklage der Noomi Bezug genommen und gezeigt, wie Gott die Leere der Noomi nach und nach ausgefüllt hat, zunächst durch die materielle Versorgung (2,18–23), dann durch Boas, der ihr sozusagen als Beweis für sein Versprechen, sich um sie und Rut zu kümmern, Getreide schickte (3,16–18) und schließlich durch Obed, den Sohn von Rut und Boas, der ihre Hoffnungslosigkeit beendete und ihr Zukunft schenkte (4,14–22).

Noch einmal stellte Noomi die Bedeutung ihres Namens in Frage: »Warum nennt ihr mich Noomi?« Nein, lieblich war nichts mehr in und an ihrem Leben. Schließlich hatte Jahwe sie gebeugt. Erneut benutzte Noomi den Gottesnamen Jahwe. Der Gott des Bundes, der Gott der Verheißung, hatte sie gedemütigt und niedergedrückt (»gebeugt«). Gott hatte sie, so Noomi, erbittert, mit leeren Händen zurückgebracht und dadurch zutiefst erniedrigt. Man spürt in diesen Worten die ganze Not und Bitterkeit einer Frau, die früher einmal eine gewisse Position in der Gemeinschaft ihrer Stadt eingenommen hatte, wie man aus dem großen Interesse an ihrer Rückkehr nach Bethlehem ersehen kann, und die nun als eine arme Frau zurückgekehrt war, die auf Hilfe und Unterstützung anderer angewiesen war.

In einem abschließenden Ausruf der Verzweiflung fasste sie diese ihre Situation noch einmal zusammen. Der Allmächtige (Schaddai) hatte ihr übel getan, so meinte sie. Nur sehr selten wird der Begriff, den Noomi hier für »übel tun« benutzt, im AT auf Gott angewandt. In ihm schwingt sehr stark der Begriff »Böses« mit, allerdings nicht so sehr im ethisch-moralischen Sinne. Vielmehr geht es gewöhnlich darum, dass sich etwas aus der Sicht des Betroffenen als »Böse«, als »Unheil« erweist. Gott hatte sie, so meinte Noomi, gestraft, hatte ihr Übles zugefügt. Zwar klagte sie Gott nicht direkt an oder forderte ausdrücklich von ihm eine Antwort auf die Frage nach dem »Warum«, aber in ihren Worten wird doch deutlich, dass sie Gottes Handeln mit Unverständnis und Verbitterung gegenüberstand.
In einem abschließenden Ausruf der Verzweiflung fasste sie diese ihre Situation noch einmal zusammen. Der Allmächtige (Schaddai) hatte ihr übel getan, so meinte sie. Nur sehr selten wird der Begriff, den Noomi hier für »übel tun« benutzt, im AT auf Gott angewandt. In ihm schwingt sehr stark der Begriff »Böses« mit, allerdings nicht so sehr im ethisch-moralischen Sinne. Vielmehr geht es gewöhnlich darum, dass sich etwas aus der Sicht des Betroffenen als »Böse«, als »Unheil« erweist. Gott hatte sie, so meinte Noomi, gestraft, hatte ihr Übles zugefügt. Zwar klagte sie Gott nicht direkt an oder forderte ausdrücklich von ihm eine Antwort auf die Frage nach dem »Warum«, aber in ihren Worten wird doch deutlich, dass sie Gottes Handeln mit Unverständnis und Verbitterung gegenüberstand.

Achtmal findet sich in diesen wenigen Sätzen das Pronomen der ersten Person. Noomi war es, die verletzt war, die bitter gemacht wurde, die alles verloren hatte. Dieser Ausbruch der Bitterkeit ließ die Fragen der Frauen verstummen. Jedenfalls wird uns nicht berichtet, dass sie noch einmal an Noomi herantraten. Erst viel später (vgl. 4,14f) kamen sie noch einmal zu Wort, als Obed geboren und so das Schicksal Noomis gewendet war. In diesem Lob des Handelns Gottes am Ende des Buches Rut wurde sozusagen die Antwort auf das anklagende »Warum« gegeben, das in dem verbitterten Ausruf der heimkehrenden Noomi mitschwang. Wichtig aber ist zunächst einmal, dass Gott die bittere Klage der Noomi zuließ und diese nicht für ihr »ungebührliches« Verhalten oder ihr mangelndes Vertrauen strafte. Vielmehr führte Gott sie schrittweise zu der Erkenntnis, die dann in Kap. 4 in der Aussage gipfelt, dass Rut für Noomi besser war als »sieben Söhne« (4,15).

Edition C Bibelkommentar

Ver. 20. Nennt mich nicht Naomi, nennt mich Mara. Das allgemeine Erstaunen über eine solche Rückkehr gab zweifellos Anlass zu vielen Überlegungen, die vor allem eine Frau tief empfinden würde. Nicht nur der äußere Vergleich zwischen „damals“ und „heute“, sondern auch die Gründe für den damaligen Aufbruch werden ins Gedächtnis gerufen. Damals entsprachen Naomis Leben und ihre Lebensumstände dem freundlichen und fröhlichen Namen, den sie trug. Jetzt sollte sie besser Mara heißen, die Bittere, Traurige. Es ist offensichtlich, dass die Namen immer noch mit einem bewussten Bezug zu ihrer Bedeutung beibehalten wurden. Mit diesen und den folgenden Worten will Naomi die Einwohner von Bethlehem offensichtlich über ihr Schicksal informieren. Ich bin nicht mehr die alte Naomi; denn was ich an Glück besaß, habe ich verloren. Ich habe nichts Angenehmes mehr an mir: Mein Leben ist wie eine salzige, bittere Quelle, ohne Geschmack und Würze.

Denn der Allmächtige (Schaddai) hat mir bitteres Leid zugefügt. Warum Schaddai? Die Verwendung dieses göttlichen Nachnamens muss auch hier mit seiner bedeutungsschwangeren Bedeutung in Verbindung gebracht werden. Die Erklärung, die zwangsläufig gegeben werden muss, ist nicht mit seiner Ableitung von שָׁדַד vereinbar, das immer in einem bestimmten Sinn gebraucht wird. Wie diese Erklärung lautet, wird deutlich, wenn wir die Stellen betrachten, in denen der Name zum ersten Mal und mit Nachdruck verwendet wird. Wir wählen daher die Genesis aus, in der der Name Schaddai häufiger vorkommt als in allen anderen Büchern außer Hiob, und zwar immer als Bezeichnung für den gnädigen, fruchtbaren Gott, durch den die Vermehrung der Menschheit gewährleistet wird. So wird er von Gott in 1. Mose 17,1 ff. angenommen, wo er zu Abram sagt: „Ich mache dich überaus fruchtbar, zum Vater einer Vielzahl von Völkern“, usw. Gen. 28,3: „El Schaddai wird dich segnen und fruchtbar machen.“ Gen 35,11: „Ich bin El Schaddai, seid fruchtbar und mehret euch.“ Mose 48,3: „El Schaddai erschien mir und sprach: Siehe, ich mache dich fruchtbar und mehre dich.“ Gen. 49:25: „Schaddai wird dich segnen – mit dem Segen der Brüste (שָׁדַיִם) und des Mutterleibs.“ Aus demselben Grund wird es in Gen. 43:14 verwendet, wo es um das Schicksal der Kinder Jakobs geht. Der gnädige Gott, die Quelle der Fruchtbarkeit und des Lebens, gibt seinen Segen an seine auserwählten Heiligen, aber von den Sündern und denen, die er prüft, nimmt er weg, was er anderen gibt. Daher der häufige Gebrauch des Namens bei Hiob, der an seinen Kindern gezüchtigt wird, vgl. Kap. 8,3: „Wird Schaddai die Gerechtigkeit verdrehen? Wenn deine Kinder gegen ihn gesündigt haben, hat er sie in die Hand ihrer Übertretungen gegeben.“ Und in diesem Sinne verwendet auch Naomi den Namen Schaddai, wenn sie von ihrem Elend spricht. Denn der Tod ihres Mannes und ihrer Söhne hat ihre Familie verwüstet und unfruchtbar gemacht. Das Wort muss daher zweifellos auf eine Wurzel שָׁדָה zurückgehen, die im Arabischen noch immer in der Bedeutung „bewässern, befruchten“ verwendet wird. Denn dass alle Fruchtbarkeit vom Wasser kommt, durch das die Trockenheit beseitigt und der Durst gestillt wird, ist eine tief verwurzelte Vorstellung, besonders im orientalischen Altertum. Zahlreiche mythische Bilder des Heidentums stellen ihre Helden als Bezwinger von Dürre und Unfruchtbarkeit dar, indem sie den Regen und die Ströme befreien. Der Name des indischen Gottes Indra leitet sich von Ind = und, fließen, ab und bedeutet daher „der Regenspender“, der die Wolken befreit, damit sie ihre Schauer verteilen können (vgl. E. Meier, Ind. Liederb. , S. 147 f.). Der wahre Regenspender, der die Fruchtbarkeit der Erde, der Tiere und der Menschen spendet und steigert, ist der lebendige, persönliche Gott Schaddai. Die Wurzel שָׁדָה muss auch שַׁד, mamma, erklären, eigentlich die Quelle des Regens und des Segens für Mensch und Tier, wie Gellius (xii. 1) sie nennt, fontem sanctissimum corporis, und die Erzieherin des menschlichen Geschlechts. So können wir die weit verbreitete philologische Wurzel erkennen, zu der shadah, Wasser, shad (Aram tad), mamma, gehört; denn sie ist mit dem Sanskrit dhe, dem Griechischen θῆσαι, dem Gotischen daddjan (altdeutsch tutta usw., vgl. Benfey, Gr. Gram. ii. 270) verbunden, in allen Formen ist die Idee des Trinkens, des Säugens, vorhanden. Von dem griechischen Wort leitet sich der Name der Göttin Thetis ab, als „Amme des Menschengeschlechts“ (vgl. Welcker, Gr. Mythol., i. 618). Dass Artemis von Ephesus als Multimammia dargestellt wurde, ist nicht nur aus antiken Skulpturen, sondern auch aus den Schriften der Kirchenväter bekannt; vgl. die Worte von Hieronymus (in Proœm Ep. Pauli ad Ephes.): omnium bestiarum et viventium esse nutricem mentiuntur. Naomi trug ihren Namen zu Recht, als sie mit einer blühenden Familie nach Moab ging – aber jetzt hat Schaddai, der den Segen gegeben hat, ihn wieder weggenommen.

Ver. 21. Ich bin voll ausgezogen, und Jehova hat mich leer wieder heimgebracht. Voller Familienglück, voller Freude über ihre Söhne und voller Hoffnung auf ein fröhliches Alter, umgeben von Kindern und Kindeskindern; aber jetzt ist sie leer, ohne Besitz und ohne Hoffnung. Ein reumütiges Gefühl durchdringt ihre Klage. Ich bin weggegangen, obwohl ich voll war, und weil ich voll war, komme ich leer zurück. Aus diesem Grund sagt sie. „Ich bin weggegangen, und Jehova hat mich wieder nach Hause gebracht.“ Ich bin gegangen, weil es mein Wille war, zu gehen, nicht der Gottes; jetzt hat mich Gottes Urteil zurückgeschickt. Mit diesem einen Wort macht sie ihrem Kummer darüber Luft, dass sie in den Zeiten der Hungersnot ihr Volk im Stich gelassen hat, obwohl sie selbst glücklich war. Was für ein Übel ist es, dem eigenen Willen zu folgen, wenn dieser sich nicht nach den Geboten Gottes richtet! Der Mensch geht, aber Gott bringt nach Hause. Doch neben diesem reuevollen Gefühl gibt es noch einen weiteren Aspekt, der Naomis wunderbaren Charakter kennzeichnet und den man nicht übersehen darf. Sie sagt: „Ich bin gegangen, mich hat Gott bedrängt“, nicht: „Wir sind gegangen – mein Mann hat mich mitgenommen“, sondern: „Ich bin nur aus Pflichtgefühl gefolgt. Sie macht Elimelech keine Vorwürfe und entschuldigt sich auch nicht für sich selbst. Richtig ist, dass die Schuld bei ihrem Mann und ihren Söhnen lag. Sie waren die Urheber des Unterfangens, das so verhängnisvoll endete, aber daran hat sie keine Erinnerung. Sie klagt sie weder an, noch bemitleidet sie sie. Über das Übel, das sie erlebt haben, spricht sie nicht. Ich bin gegangen, und Gott hat mich wieder nach Hause gebracht, leer und ohne Mann und Kind. Deshalb, so wiederholt sie, nennt mich nicht Naomi! Dieser Name, wenn sie ihn hört, deutet auf den ganzen Kontrast zwischen dem, was sie war, und dem, was sie jetzt ist.

Denn Jehova hat gegen mich bezeugt, עָנָה בִי. Der innere Zusammenhang mit den vorangegangenen Gedanken bestätigt die Richtigkeit der masoretischen Deutung. Von der Lesart der LXX, „er hat mich gedemütigt“, wurde zu Recht abgewichen, denn sie ist nur eine Umschreibung des Sinns. Das, was Bertheau für die Schwierigkeit der Stelle hält, dass sie Gott gegen eine Person aussagen lässt, während anderswo nur Menschen Zeugnis ablegen, ist genau der besondere Gedanke von Naomi: „Ich ging“, sagt sie, „und Gott hat bezeugt, dass dieses Gehen eine Sünde war. Durch den Ausgang meiner Auswanderung hat Gott bezeugt, dass ihr Anfang nicht in ihm, sondern in uns selbst begründet war.“ Es ist eine Besonderheit der Frömmigkeit, dass sie den Ausgang aller Angelegenheiten des Lebens Gott zuschreibt. „War es richtig oder nicht, dass ich (nämlich Elimelech und sie) nach Moab weggezogen bin?“ Die Menschen mögen darüber im Zweifel sein. Aber das Ende, sagt sie, legt Zeugnis gegen uns ab, die wir unseren eigenen Neigungen folgten. Gott zeugt gegen sie, denn „Schaddai hat mich bedrängt“. Mit anderen Worten: Weil Gott als Schaddai das Leid zu meinem Teil gemacht hat, hat er gegen mich Zeugnis abgelegt. Die beiden Sätze, עָנָה בִי יְהֹוָה, und שַׁדַּי הֵרַע-לִי, sind nicht so sehr parallel, sondern erklären sich gegenseitig. Durch den Verlust meiner Kinder und meiner Familie, sagt Naomi, erkenne ich, dass er mich „für schuldig erklärt“, wie der Targum עָנָה בִי auch hervorragend wiedergibt. Gleichzeitig kommt hier die Bedeutung von Schaddai wieder deutlich zum Vorschein. Denn er ist es, der ihr Leid zufügt, allein dadurch, dass ihr die Kinder weggenommen werden. Das, was Gott als Schaddai, der Geber der Fruchtbarkeit, ihr angetan hat, als er ihre Söhne verdorren ließ, beweist, dass Gott gegen sie zeugt. הֵרַע wird hier genauso verwendet wie in Jos. 24:20: „Wenn ihr Jehova verlasst, wird er euch Schaden zufügen (הֵרַע לָכֶם) und euch ganz und gar verderben.“

Paulus Cassel. P.H. Steenstra – Das Buch Rut

In Vers 19 wird die Reise beschrieben: So gingen die beiden, bis sie nach Bethlehem kamen. Das wäre eine Reise von etwa fünfundsiebzig Meilen, und auch kein gerader oder ebener Weg. Es bedeutete, dass sie vom moabitischen Hochland zum Jordantal hinabsteigen mussten, ein Abstieg von 4.500 Fuß, gefolgt von einem Aufstieg nach Bethlehem von 3.750 Fuß, wobei sie durch Wüstengebiet, durch die Wildnis von Juda gingen. Dieser Vers beschreibt dann die Reaktion Bethlehems auf Naomis Rückkehr. Der Text gibt den Zeitpunkt an: Und es geschah, als sie nach Bethlehem kamen. Die Reaktion war, dass die ganze Stadt sich um sie herum bewegte. Das verwendete hebräische Wort ist hum und bedeutet „murmeln“, „brüllen“, „aufregen“. Das Wort unterstreicht die große Aufregung, die mit der Rückkehr von Naomi verbunden war. Dasselbe Wort wird für die Aufregung der Israeliten verwendet, als die Bundeslade ins Lager gebracht wurde (1 Sam 4,5); es wird auch in 1 Kön 1,45 verwendet. Die wörtliche Antwort lautete: „Und die Frauen sagten: Ist das Naomi?

Die Verse 20 bis 21 enthalten Naomis Antwort. In Vers 20 beginnt sie damit, dass sie ihnen sagt, sie sollten sie mit einem neuen Namen anreden: Nennt mich nicht Naomi, sondern Mara. Im Hebräischen würde der Name Mara mit dem Buchstaben he am Ende geschrieben werden. Im Originaltext wird er jedoch mit einem Aleph geschrieben, was darauf hindeutet, dass das Wort aramäisch, aber auch moabitisch sein könnte. Wahrscheinlich gab es eine größere Ähnlichkeit zwischen dem Moabitischen und dem Aramäischen, daher wird es im Text in der moabitischen Form geschrieben. Naomi bedeutet „angenehm“; Mara bedeutet „bitter“. Dies war Naomis Reaktion, um eine emotionale Reaktion auf eine zerstörerische, herzzerreißende Situation auszudrücken. Der Grund, warum sie sie nicht Naomi, sondern Mara nennen sollten, ist, dass der Allmächtige sehr bitter mit mir umgegangen war. Sie benutzte den Namen Schaddai, einen Namen für Gott, der achtundvierzig Mal im Alten Testament vorkommt. In einunddreißig dieser achtundvierzig Male kommt Schaddai im Buch Hiob vor. Der Name unterstreicht Gottes Macht, die er nach eigenem Gutdünken austeilt. Wenn Gott bestimmt hatte, dass Bitterkeit in ihr Leben treten sollte, gab es keine andere Möglichkeit; sie musste kommen. Mit ihren Worten zeigt sie erneut, dass sie nicht an einen reinen Zufall glaubte, sondern an die göttliche Vorsehung. In Vers 21 erklärt Noomi den Grund für den neuen Namen – ihren veränderten Zustand: Ich bin voll ausgezogen, und Jehova hat mich leer wieder heimgebracht. Sie war nicht mit Reichtum und Besitz ausgezogen, sondern mit einem Mann und zwei Söhnen. Das Wort „leer“ steht in der Betonung: leer, da die beiden Söhne und der Ehemann weg sind. Dennoch ist sie nicht völlig leer: Sie hat Rut, die Naomi in ihrem hohen Alter ernähren wird und die auch für die Erlösung von Naomis Wohlstand und Elimelechs Linie sorgen wird. Dann verwies Naomi wieder auf ihren geänderten Namen: Warum nennt ihr mich Naomi, da Jehova gegen mich ausgesagt hat. Im Hebräischen hat der qal-Stamm die Bedeutung von „bezeugen“. Das bedeutet, dass Gott gegen sie Zeugnis abgelegt hat, weil er sie in Bedrängnis gebracht hat, vielleicht weil sie das Land Israel verlassen hat, um in das Land Moab zu ziehen. So sagt sie: Der Allmächtige hat mich bedrängt. Wieder benutzt sie Schaddai. Sie war hilflos gegenüber Gottes allmächtiger Macht. Gott war übermächtig, im Land Moab ebenso wie im Land Israel.
Vers 22 schließt die erste Episode, die Naomi betrifft: So kehrte Naomi zurück und mit ihr ihre Schwiegertochter Rut, die Moabiterin, die aus dem Land Moab zurückgekehrt war. Die rabbinische Tradition besagt, dass am selben Tag die Frau des Boas starb:

Arnold Fruchtenbaum – Ruth

Falls wir uns auch „bitterer“ fühlen – und denken, dass Jehovah uns gerade das Leben „schwer machen würde“ – dann schau auf Noomi! Jehovah kennt unser gesamtes Leben – in allen Einzelheiten. Und manchmal läßt ER bittere Zeiten zu – zu unserem Nutzen – denn ER kennt auch den Ausgang der Sache!

„Jehovah ist ein Hirte“ – II

Gesang Davids. Jehova ist mein Hirt, ich leide nicht Mangel. (2) Auf grünen Angern lagert er mich, zu stillem Wasser führt er mich.
de Wette Bibl – Psalm 23,1–2

Psalm von Dawid. Der Ewige ist meint Hirt, ich darbe nicht.
Auf grasigen Auen lässt Er mich ruhen, an stille Wasser leitet Er mich.
Zunz 1997 – Psalm 23:1–2

Vertrauen des Frommen auf Gottes Schutz
Gesang David’s.
Jehova ist mein Hirt, mir mangelt nichts.
Auf grünen Triften lässt er mich lagern; zu stillen Gewässern führt er mich.
van Ess 1858 – Psalm 23,1–2

Der Psalm ist wohl eines der beliebtesten Kapitel der Bibel.
Auch hier im Blog hatten wir das Thema schon: Jehovah ist mein Hirte , Schatten in unserem Leben und wenn Jehovah mein Hirte ist

von einem Vertrauen zu Gott
(Ps 23, 1),
das auch, uns allein Ruhe und Frieden im Wechsel des Lebens geben kann.
Der Herr ist mein Hirte, [darum] entbehre ich nichts.
Es sind zwei bekannte Bilder, durch welche dieses Vertrauen zum Ausdruck kommt: das Bild vom Hirten und das Bild vom Gastgeber. Wenn der Sänger bekennt: „Der HErr ist mein Hirte“ und zugleich bezeugt: „Darum entbehre ich nichts“, so drückt sich durch beides einmal eine Haltung Gott gegenüber, dann aber auch eine Glaubenserfahrung aus, die beide nur aus kindlichem Vertrauen zu Gott fließen können. Wenn der HErr „der Hirt Israels“ genannt wird, der „Joseph leitete wie eine Herde“ (Ps 80,2), und dem Israel als „Schafe seiner Weide“ (Ps 79,13) galten, so war das nur möglich, weil der HErr sich Israels als seiner Herde selbst angenommen hatte und Israel in bewusster Glaubenshingabe an Gott stand.
Das war zu allen Zeiten das Geheimnis des wahren Verhältnisses zu Gott, dass Gott handelnd und segnend in das Leben eines Menschen treten konnte und dass wiederum der Mensch dann freiwillig und vertrauensvoll in die Abhängigkeit von Gott trat. „Als Pharao das Volk hatte ziehen lassen, führte es Gott auf dem Umweg durch die Wüste“ (2Mo 13,17), heißt es beim Auszuge Israels aus Ägypten. Die Jünger fanden in Jesus erst dann ihren Herrn und Meister, als sie alles verließen und dem Propheten von Nazareth folgten. Solch einen Entschluss des Glaubens nennt die Schrift sehr oft Bekehrung oder auch’ Wiedergeburt.
Warum der Psalmist unter dem HErrn als seinem Hirten nichts entbehrt, begründet er, indem er spricht

Kroeker – Ausgewaehlte Psalmen

Der Glaubensmann David geht noch einen Schritt weiter und zeigt, welches Vertrauen er zu seinem Gott hat. In Psalm 23,1 hören wir ihn die bekannten Worte sagen: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Es heißt nicht: „Der Herr ist mein Hirte, es mangelte mir nichts.“ Nein, weil David wusste, dass der Herr sein Hirte war, war er sich ganz sicher, dass ihm auch in der Zukunft nichts mangeln würde. Was er in seinem Leben mit dem Herrn erlebt hatte, ließ daran keinen Zweifel aufkommen. Wie stark war Davids Vertrauen – obwohl er die Offenbarung Gottes in Christus noch nicht kannte!
Mein Gott aber wird euch alles Nötige geben nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus. Unserem Gott und Vater aber sei die Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Im Glauben leben 2016

Kannte Dvid wirklich nicht Jesus???

Nach alttestamentlichem Sprachgebrauch und alttestamentlicher Vorstellungswelt ist Hirte ein Titel für den König. In diesem Bildwort ist »der Gedanke der machtvollen und zugleich gütigen Herrschaft maßgebend« (Kraus). (- Luther vergleicht diese besondere Art des Hirteseins Gottes, eine Parallele zum Hirtenamt Jesu, mit dem des Mose: »Er ist ein ganz anderer Hirte als Mose, welcher hart und unfreundlich zu seinen Schafen ist und sie weit hinten in die Wüste treibt, wo sie weder Weide noch Wasser, sondern nur lauter Mangel finden.« -) Allerdings ist sofort hinzuzusetzen: Das Alte Testament stöhnt eher über die entsetzliche Verkehrung des Hirtenamtes der Könige, als daß es dieses in seiner Schönheit besingt. Das hat David an seinem eigenen Leib erfahren, als der eifersüchtige »Hirte« Saul David nachstellte. Darum wendet sich David entschlossen zu Gott und beginnt sein Vertrauensgebet mit dem Bekenntnis: Jahwe ist meine Hirte »Mein« Hirte, sagte David, nicht »Israels« Hirte. Gott ist der Hirte seines Volkes, weil er der Hirte seines Gesalbten ist. Obwohl Gott seinen Gesalbten dunkle Wege geführt hat (und führen wird), gilt der Satz: ich leide keinen Mangel.

Wuppertaler Studienbibel

Dies ist der Psalm des großen Hirten, der sich um seine Schafe kümmert und sie für den Dienst ausrüstet (Hebr 13,20-21), des „großen Hohenpriesters“ (Hebr 4,14), der „allezeit lebt, um für uns Fürsprache einzulegen“ (Hebr 7,25). Sicherlich hat dieser Psalm eine Botschaft für die Trauernden, aber es ist bedauerlich, dass er hauptsächlich bei Beerdigungen verwendet wird, denn Psalm 23 konzentriert sich auf das, was Jesus für uns „alle Tage [unseres] Lebens“ tut und nicht nur beim Tod (V. 6). Es ist auch bedauerlich, dass die Menschen dazu neigen, den Psalm zu vergeistigen und ihn nicht in seinem wahren Kontext zu sehen. Sie sehen David als einen „jungen Hirtenjungen“, der auf dem Rücken auf der Weide liegt und über die Dinge Gottes nachdenkt, während er diesen Psalm wahrscheinlich erst spät in seinem Leben schrieb, möglicherweise während der Rebellion Absaloms (2 Sam. 13-19). Darin verarbeitet David einige der schwierigen Dinge, die er auf seinem langen Weg mit dem Herrn erlebt hat. Obwohl Menschen jeden Alters diesen Psalm lieben und zitieren, ist seine Botschaft für reife Christen gedacht, die Schlachten geschlagen und Lasten getragen haben.

Abel, der erste Märtyrer, war ein Hirte (1. Mose 4,2), und auch die Patriarchen Israels waren Hirten. Mose hütete vierzig Jahre lang die Schafe seines Schwiegervaters, und David, der größte König Israels, diente seinem Vater als Hirte. Das Bild von Gott als Israels Hirte beginnt in 1. Mose 48,15 (NIV) und 49,24 und zieht sich durch die ganze Heilige Schrift (Pss. 28:980:1; 95:7; 100:3; Isa. 40:11; 49:10; Jer. 31:10; Hes. 34:11-15; Mt. 10:6; 15:24; Mk. 6:34). Der verheißene Messias wurde als Hirte gesehen (Hesek. 34:16, 23; Mic. 5:4; Sach. 13:7; Matthäus 2:6; 26:3; Markus 14:27; Johannes 10). In Psalm 22 vergleicht David den Feind mit Tieren, die klug und stark sind (22:12-16, 21), aber in diesem Psalm stellt er das Volk Gottes als niedrige Schafe dar. Und warum? Damit wir den Hirten kennenlernen und sehen, wie zärtlich er sich um uns kümmert. Schafe sind wehrlose Tiere, die sich leicht verirren können, und sie brauchen fast ständige Pflege. Man kann Schafe nicht wie Rinder treiben; sie müssen geführt werden. Die östlichen Hirten kennen ihre Schafe beim Namen und können sie rufen, und sie kommen (Johannes 10,1-5). Die Schafe wurden nicht zur Ernährung, sondern für Wolle, Milch und Fortpflanzung gehalten. In diesem Psalm erklärt David, dass, wenn wir dem Herrn folgen und ihm vertrauen, er alle unsere Bedürfnisse befriedigen wird, ganz gleich, wie die Umstände aussehen mögen.

Auf der Weide – Angemessenheit (Vv. 1-3)
„Der HERR“ ist Gott Jehova, der Gott Israels, der den Bund geschlossen hat. Die zusammengesetzten Namen Jehovas im Alten Testament spiegeln den Inhalt dieses Psalms wider.

Das Verb ist ein Partizip und bedeutet „er hütet mich“. Östliche Hirten bewachten ihre Schafe, führten sie, versorgten sie mit Nahrung und Wasser, kümmerten sich um sie, wenn sie müde, gequetscht, geschnitten oder krank waren, retteten sie, wenn sie sich verirrten, kannten ihre Namen, halfen bei der Geburt der Lämmer und liebten sie in jeder Hinsicht einfach. Was sagt das den Pastoren heute? Im Heiligen Land waren die Weiden nach der Regenzeit üppig und grün, aber das hielt nicht das ganze Jahr über an. Es gab keine Zäune, das Land war rau und gefährlich, es wimmelte von wilden Tieren und Schlangen, und die hilflose Herde musste ständig beaufsichtigt werden. Auch wenn ihm die Schafe nicht gehörten, behandelte der Hirte sie so, als ob sie ihm gehörten, und er musste Rechenschaft ablegen, wenn eines fehlte. Unser Herr nannte die Gläubigen „meine Schafe“, weil er für sie gestorben ist (1. Petrus 1,18-19) und weil der Vater sie ihm gegeben hat (Johannes 17,12). Die Betonung in den Versen 1 bis 3 liegt darauf, dass Jesus für alle Bedürfnisse der Schafe, die auf der Weide sind, ausreichend ist. In erster Linie brauchen sie Nahrung (Gras), Wasser, Ruhe und einen Hirten, der weiß, wohin er sie führen muss. Wenn Gottes Volk seinem Hirten folgt, hat es alles, was es braucht, und es wird ihm nicht am Lebensnotwendigen fehlen (37:25; Mt 6:33; Phil 4:19). Schafe werden sich nicht hinlegen, wenn sie hungrig sind, und sie werden auch nicht aus schnell fließenden Bächen trinken. Manchmal staut der Hirte vorübergehend einen Bach auf, damit die Schafe ihren Durst stillen können. Du kannst den Vers 2 „neben dem stillen Wasser“. Im Himmel wird unser Hirte uns zu Quellen lebendigen Wassers führen (Offb. 7:17).

Das mit „führen“ übersetzte Wort in Vers 2 bedeutet „sanft führen“. Man kann Schafe nicht treiben. Die Schafe hören die Stimme des Hirten und folgen ihm, so wie wir auf Christus in seinem Wort hören und ihm gehorchen (Johannes 10:3-5, 16, 27). Wenn sich ein Schaf verirrt, überlässt der Hirte die Herde seinen Helfern und geht los, um das verlorene Tier zu suchen. (Siehe Matthäus 9:36; 18:12-14; und Lukas 15:3-7.) Das Wort „Wege“ in Vers 3 bedeutet „ausgetretene Pfade, Spurrillen“. Wenn Schafe anfangen, einen aufregenden neuen Weg zu erkunden, wird sie das in Schwierigkeiten bringen. „Lasst euch nicht von verschiedenen und fremden Lehren verführen“ (Hebr. 13:9, NASB). Gott kümmert sich um uns, weil er uns liebt und will, dass wir ihn verherrlichen („um seines Namens willen“). Der Hirte kümmert sich um die Schafe, weil er sie liebt und seinen guten Ruf als treuer Hirte bewahren will

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Und wieder die Frage: WER ist DEIN Hirte?

Jehova hat uns das Gewissen gegeben, damit wir über uns selbst urteilen, nicht über andere

Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet; denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maße ihr messet, wird euch gemessen werden.
Elberfelder 1871 – Mattäus 7,1–2

»Verurteilt nicht andere, damit Gott nicht euch verurteilt! (- Mk 4,24; Röm 2,1; 14,10–12 -) Denn euer Urteil wird auf euch zurückfallen, und ihr werdet mit demselben Maß gemessen werden, das ihr bei anderen anlegt.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 7,1–2

„Erschreckt es euch, wenn ich euch sage, dass ihr eure ewige Zukunft selbst in der Hand habt? Euer Vater im Himmel wird an euch keinen anderen Maßstab anlegen als den, mit dem ihr andere Menschen beurteilt habt. Je härter und unbarmherziger ihr mit anderen umgegangen seid, desto härter und unbarmherziger wird auch mit euch umgegangen werden, wenn ihr einmal vor Gott stehen werdet. Wenn ihr zeitlebens an eure Mitmenschen einen hohen Maßstab angelegt habt, dann stellt euch darauf ein, dass ihr nach dem gleichen Maßstab beurteilt werdet.
Willkommen daheim – Matthäus 7:1–2

Die Überschrift heute stammt aus „Bleibt in Gottes Liebe“

Alles hat zwei Seiten:
Von dem bekannten elsässischen Pfarrer Oberlin wird erzählt, er habe über seinem Schreibtisch ein Bild hängen gehabt, das von rechts gesehen bläulich und von links rötlich schimmerte. Kam nun ein Brautpaar zu ihm, um die Trauung zu bestellen, dann ließ er den Bräutigam das Bild von rechts betrachten und die Braut von links, oder umgekehrt. Dann fragte er die beiden, welche Farbtönung das Bild habe, und die Antwort fiel natürlich verschieden aus.
Dann sagte Oberlin: “Wechselt nun die Plätze!” Und wenn das geschehen war, stellte er noch einmal die gleiche Frage und erhielt darauf von jedem der Brautleute die der vorigen entgegengesetzte Antwort. Daran knüpfte der Pfarrer die Lehre: “Wenn ihr einmal in eurer Ehe eine Meinungsverschiedenheit oder einen Streit habt, so tut dasselbe, was ich euch vorhin vor dem Bild geraten habe. Wechselt die Plätze, stellt euch in Gedanken auf die andere Seite, versetzt euch in seine Lage und beurteilt von hier aus das, worüber ihr gestritten habt.”
Jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. In der Regel sehen wir nur eine, und unser Urteil ist fertig. Diese Einseitigkeit schafft Spannungen, Streit und verhärtet die Herzen. Versetzen wir uns mal in die Lage des anderen. Sehen wir mal das Problem durch die Brille des anderen. Aber es erfordert Selbstverleugnung und Nächstenliebe. Wir müssen herunter vom Sockel unserer Selbstgerechtigkeit. Denn Richten ist lieblos und macht selbstherrlich. Richtet nicht, “denn mit dem Urteil, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden”, sagt Jesus. Das gilt hier und dort.

CMV-Materialsammlung

Kennst du den Unterschied zwischen dem Beurteilen und dem Verurteilen? Ein Lehrer oder eine Lehrerin beurteilt die Leistung eines Schülers und gibt ihm eine Note. Das ist eine Beurteilung. Du kannst eine Situation in deinem eigenen Leben oder im Leben eines anderen beurteilen. Du kannst deine Meinung sagen und kannst deine Erfahrungen dazu sagen, deine Gedanken, deinen Rat geben. Du kannst auch sagen: „Das finde ich gut“, oder: „Das finde ich schlecht.“
Verurteilen ist jedoch etwas ganz anderes. Darüber spricht Jesus. Er sagt: „Wer verurteilt, der maßt sich etwas an, was nicht zu ihm gehört, der maßt sich etwas an, was nur Gott überlassen werden soll.“ Gott ist der letzte Richter, der das letzte Wort über das Leben eines Menschen hat – egal, wer das ist. Zum Glück ist das so, denn Gott wird ein gerechter Richter sein. Er wird sein Urteil sprechen. Auch das wird keine Verurteilung sein, sondern auch eine Beurteilung. Das sagt Jesus. Er sagt: „Mit dem Maß, mit dem ihr andere verurteilt, werdet ihr beurteilt.“ Gott ist derjenige, der das letzte Wort hat.
Anscheinend ist diese Verurteilungs-Geschichte eine Sache, die ständig vorkommt, denn sonst würde Jesus dieses Thema hier nicht aufgreifen. Er sagt, gerade unter Menschen, die an Gott glauben, sollte das eigentlich nicht vorkommen, aber es kommt vor.

Die Bibel für Kopf und Herz (Der bibletunes-Kommentar)

Eine Warnung vor dem Richten (Vers 1–2). Das Verbot: „Richtet nicht.“ Wir müssen uns selbst und unsere eigenen Taten richten, doch wir dürfen nicht unseren Bruder richten. Wir dürfen nicht auf dem Richterstuhl sitzen, um unser Wort für jedermann zum Gesetz zu machen. Wir dürfen ihn nicht verachten oder abtun (s. Röm 14,10). Wir dürfen nicht vorschnell richten, wir dürfen nicht lieblos und unbarmherzig richten oder mit einem rachsüchtigen Geist und dem Wunsch, Schwierigkeiten zu verursachen. Wir dürfen nicht die Herzen anderer oder ihre Absichten richten, denn es ist Gottes Vorrecht, das Herz zu prüfen (s. Ps 7,10; Spr 17,3; 1.Thess 2,4). Wir dürfen auch nicht über ihren ewigen Stand richten noch sie „Heuchler“, „Verworfene“ und „Ausgestoßene“ nennen; das heißt die Grenze überschreiten; welches Recht haben wir, den Knecht einer anderen Person auf diese Weise zu richten? Raten Sie ihnen, helfen Sie ihnen, doch richten Sie sie nicht. Der Grund, um dieses Verbot zu unterstützen: „… damit ihr nicht gerichtet werdet!“ Dies deutet darauf hin:
1.1 Dass, wenn wir es uns erlauben, andere zu richten, wir erwarten können, selbst gerichtet zu werden. Im Allgemeinen wird niemand mehr kritisiert als die, die selbst sehr kritisch sind. Man zeigt gegenüber dem Ruf derjenigen keine Barmherzigkeit, die gegenüber dem Ruf anderer keine Barmherzigkeit zeigten (s. Jak 2,13). Das ist jedoch nicht das Schlimmste daran; sie werden auch von Gott gerichtet werden: Von ihm werden sie „ein strengeres Urteil empfangen“ (Jak 3,1). Beide Parteien müssen vor ihm erscheinen (s. Röm 14,10), der sowohl den demütig Duldenden entlasten als auch dem vermessenen Spötter widerstehen (s. Spr 21,24) und sie recht richten wird.
1.2 Dass wir, wenn wir maßvoll und nachsichtig in unserer Kritik mit anderen sind, es ablehnen, sie zu richten, und stattdessen uns selbst richten, nicht vom Herrn gerichtet werden sollen. So wie Gott denen vergeben wird, die ihren Brüdern und Schwestern vergeben, so wird er die nicht richten, die sich weigern, ihre Brüder und Schwestern zu richten; der Barmherzige soll Barmherzigkeit erlangen (s. Mt 5,7). Das Richten von denen, die andere richten, gründet sich auf das Gesetz der Vergeltung. „Denn mit demselben Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden“ (Vers 2). Der gerechte Gott befolgt in seinem Gericht oft die Regel des Gleichmaßes. „… und mit demselben Maß, mit dem ihr anderen zumesst, wird auch euch zugemessen werden“, vielleicht in dieser Welt, sodass die Menschen ihre Sünde an ihrer Strafe lesen können. Was würde aus uns werden, wenn Gott genauso genau und streng in seinem Richten über uns wäre, wie wir es beim Richten unseres Bruders oder unserer Schwester sind, wenn er uns mit dem gleichen Maß messen würde? Dies können wir zu Recht erwarten, wenn wir Protokoll über das halten, was unsere Brüder oder Schwestern falsch machen. In dieser wie in anderen Angelegenheiten, kehren die gewaltsamen Taten von Menschen auf ihre eigenen Köpfe zurück.
Einige Warnungen über das Tadeln. Aus dem Verbot des Richtens anderer, was eine große Sünde ist, folgt nicht, dass wir andere nicht tadeln dürfen, was eine große Pflicht und möglicherweise ein Mittel ist, eine Seele vom Tod zu erretten (s. Jak 5,20).

Der Neue Matthew Henry Kommentar

Jesu Aussage »Richtet nicht« heißt nicht blind sein gegen all das Unrecht, was die Menschen tun. Richtet nicht, heißt auch nicht, jeder Urteilsbildung über das Verhalten des Menschen sich enthalten. Nein, »Prüfen und Wachen und Achthaben« auf alles das, was vor Gott nicht recht ist, ist Aufgabe des einzelnen Christus-Nachfolgers, als auch Pflicht der Gemeinde Jesu fort und fort. Darin liegt auch der sogenannte »Öffentlichkeitsanspruch des Evangeliums« begründet. Ein Johannes der Täufer hat recht getan, wenn er sagte: »Es ist nicht recht, daß du, Herodes-Antipas, Ehebruch treibst.« (Vgl. Mt 14,4.) Und Jesus selbst hat fort und fort die Heuchler scharf gerichtet. Auch die Umkehr, die Bekehrung ernst predigen und die Sünde aufs härteste verurteilen ist nicht »Richten«.
Was meint der Herr nun mit dem »Richten«, das verwerflich ist? – Er meint mit dem verwerflichen Richten das lieblose Richten, das besonders gern hinter dem Rücken des Nächsten geschieht. Und was ist oft der Grund solch eines lieblosen Richtens und Verdammens hinter dem Rücken des Nächsten? Es ist die geheime Schadenfreude am Unglück des Nächsten. Das eigene Ich will von dem dunklen Hintergrund des vermeintlichen Unrechts des andern um so heller sich abheben! Wir machen gern den anderen klein, um selber groß zu scheinen. Die Überschätzung der eigenen Glaubenserfahrung und Erkenntnis ist der immer wieder vorkommende Ausgangspunkt eines lieblosen Richtens über den Nächsten! Man meint, der andere stehe nur dann »richtig im Glauben«, wenn er genau dieselben Zeichen von Bekehrung, Wiedergeburt, genau dieselben Glaubenserlebnisse usw. aufzuweisen habe. Daraus folgt der Richtgeist und der Bekehrungseifer. –
Der Christus-Nachfolger hat die Aufgabe, an die Stelle des Richtens den brüderlichen Hilfsdienst zu setzen. Nicht Kontrolleur, nicht Scharfrichter – Samariter gilt es zu sein. Den Holzsplitter unterm Fingernagel oder den Fremdkörper im Auge kann nur die Samariterhand des Bruders entfernen und nicht die Moralpredigt oder das Urteil eines lieblosen Richtens.
Das helfende Bußwort der Liebe kann nur dann heilsam gesagt werden, wenn das aufrichtige Bewußtsein der eigenen Schuld und Unvollkommenheit dahinter steht.

Wuppertaler Studienbibel

Die Praxis wahrer Gerechtigkeit wird sich darin manifestieren, wie der Gläubige andere beurteilt. Das Prinzip findet sich in Matthäus 7,1: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Die ersten drei Ermahnungen sind alle in der Negation ausgedrückt (legt nicht, seid nicht und richtet nicht), was auf drei Dinge hinweist, die Gläubige nicht tun sollten.

Matthäus 7,1 ist aus dem Zusammenhang gerissen worden, um zu lehren, dass Gläubige andere unter keinen Umständen richten sollen, aber das widerspricht anderen Stellen in der Schrift, wo Gläubige aufgefordert werden, in bestimmten Fällen ein Urteil zu fällen. Sogar Matthäus‘ eigenes Evangelium lehrt in Kapitel 18 die Prinzipien der Gemeindezucht, die ein Richten erfordern. Die persönliche Konfrontation eines Gläubigen mit einer Sünde erfordert ein gewisses Maß an Urteilsvermögen. Jeschua lehrt nicht, dass Gläubige niemals richten sollen. Der eigentliche Punkt, der hier gemacht wird, ist vielmehr: Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch gemessen werden (Matthäus 7,2). Gläubige sollen keine menschengemachten Maßstäbe verwenden, um andere zu beurteilen. Die religiösen Führer zu Jeschuas Zeiten benutzten die Mischna, um andere Juden zu beurteilen, deren Geistlichkeit sie dadurch bestimmten, dass sie maßen, inwieweit sie diesen menschengemachten Standards entsprachen. Die Kirche ist in dieselbe Falle getappt, indem sie kirchliche Regeln als Kriterium für die Messung der eigenen Spiritualität verwendet. Der einzige richtige Maßstab ist jedoch die Heilige Schrift, und die einzige richtige Grundlage für die Beurteilung sind Gottes Maßstäbe, nicht menschengemachte Maßstäbe.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive