Schlagwort: Jesus

wenn Jesus, der Herr, für alle sichtbar erscheinen wird

ein offenbares Zeichen (O. ein Beweis) des gerechten Gerichts Gottes, daß ihr würdig geachtet werdet (O. werden sollt) des Reiches Gottes, um dessentwillen ihr auch leidet: wenn es anders bei Gott gerecht ist, Drangsal zu vergelten denen, die euch bedrängen, und euch, die ihr bedrängt werdet, Ruhe mit uns bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht,
Elberfelder 1871 – 2.Thess 1,5–7

Diese Verfolgungen erinnern euch daran, dass Gott ein gerechtes Gericht halten und euch ehrenvoll in seine neue Welt (- Wörtlich in die Königsherrschaft Gottes -) aufnehmen wird, für die ihr ja leidet.   (- Röm 12,19; Offb 18,6 -) Denn es entspricht der Gerechtigkeit Gottes, dass er die, die euch Leiden bereiten, selbst leiden lässt (- Mt 25,31 S; 1 Thess 4,16–17 -) und dass er euch, die ihr jetzt leiden müsst, mit uns zusammen von allen Leiden befreit.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 2.Thess 1,5–7

Das mit der Verfolgung ist übrigens ein gutes Zeichen. Dadran könnt ihr erkennen, dass ihr richtig liegt. Gott wird euch die Eintrittskarte für sein Land in die Hand drücken. Darum müsst ihr durch diese ätzenden Sachen jetzt durch. Gott ist gerecht. Er wird jedem mal die Rechnung präsentieren, der euch jetzt wegen eurem Glauben Probleme macht. Aber wartet ab, Leute! Damit wird Schluss sein, wenn Jesus wiederkommt! Er wird sich dann als der große Chef zeigen. Begleitet von ein paar powervollen Engeln wird er aus dem Himmel kommen, und dann werdet ihr bei ihm richtig ausruhen können.
VolxBibel – 2.Thessalonicher 1:5–7

Wie? Ich soll bereit sein, für meinen Glauben an Christus mich verfolgen zu lassen? Nur um dann irgendwann mal, „erquickende Ruhe“ gewährt zu bekommen? Warum denn nicht HEUTE schon „erquickende Ruhe“??
Wir können nicht wissen, wer heute bereit ist, für seinen Glauben sich verfolgen zu lassen? Doch! Unser Lebensweg zeigt, wie wir uns entschieden haben – und es gibt nur ein „entweder oder“ !! Denn Jehovah möchte eine persönliche Beziehung – und niemals nur ein religiöses Gefühl.

Religion
(lat. religio = Verpflichtung, Scheu, Gottesverehrung) Oberbegriff für alle Vorstellungen, Einstellungen und Handlungen gegenüber einer göttlichen Macht, auch als → Gott bzw. Götter, Geister, das → Heilige u. ä. bezeichnet. Jede Religion basiert auf der Erfahrung des Menschen, abhängig zu sein. In der Ausrichtung auf etwas „Überweltliches“ kann der einzelne Mensch in allen Schwierigkeiten Trost und Hilfe erfahren, weil er sich von etwas Größerem getragen weiß.

Kleines Lexikon zum Christentum

Eben – der Begriff Religion hat nichts mit einer persönlichem Verhältnis zu tun.
Bin ich bereit, für mein persönliches Verhältnis zu GOtt auf viele Dinge zu verzichten? Nutze ich meine Zeit um täglich einigige Minuten mit dem Lesen der Bibel zu verbringen?

»Ein offenbares Zeichen« ( endeigma ) kommt ausschließlich hier in der Schrift vor, aber es gibt ein verwandtes Wort ( endeixis ) in einer parallelen Stelle in Phil 1,28. Es bedeutet einen offensichtlichen und eindeutigen Beweis »des gerechten Gerichts Gottes«. Der Vers bezieht sich auf das Vorhergehende in V. 4, doch erhebt sich dabei die Frage, was nun genau in V. 4 (als deutlicher, offener Beweis) das gerechte Gericht Gottes zeigt. In diesem Zusammenhang wurde auf zwei Faktoren hingewiesen, den »ausharrenden Glauben« der Thessalonicher einerseits, und die »Verfolgungen und Drangsale« andererseits. Des weiteren ist zu fragen, ob der Ausdruck hier im Nominativ steht (und sich damit auf sämtliche vorausgehenden Wörter bezieht) oder im Akkusativ (dann wäre, wie in Röm 12,1; 1.Tim 2,6 der Bezug streng auf den unmittelbar vorausgehenden Satzteil mit seinem Zeitwort beschränkt). Die Gelehrten neigen im Großen und Ganzen zu letzterer Auffassung und meinen, daß mit dem »offenbaren Zeichen« allein das Ausharren der Gläubigen gemeint ist; diese Auffassung aber ignoriert das ganze Argument des Textzusammenhangs, daß Gott sowohl Gutes als auch Böses vergilt (siehe Röm 2,4-10). Deshalb folgern wir, daß die einleitende Aussage von V. 5 die Erklärung eines Grundsatzes einführt, daß sowohl die Verfolgung der Heiligen als auch das treue Ausharren unter diesen Verfolgungen, jedes auf seine Weise, die Gerechtigkeit vom Gericht Gottes erweist. Was die Verfolger betrifft, so ist Gottes geduldige Langmut ohne Hast und die majestätische Ruhe Seiner Bewegungen in der Geschichte in sich selbst schon ein Beweis Seiner gerechten Eigenschaften im Gericht. In der Tat legt die Rettung einiger der Verfolger, und nicht zuletzt die von Paulus selbst, Zeugnis davon ab. Aber für die Unbußfertigen ist das Gericht so gewiß wie gerecht, und die Umstände dieses Gerichts werden in dem nachfolgenden Einschub (V. 6-10) genannt.
Was kann nun über die Anwendung des gerechten Gerichts Gottes auf die Situation der leidenden und doch ausharrenden Gläubigen gesagt werden? Zuerst ist da die tatsächliche Erfahrung, zum Ausharren fähig zu sein, denn der Ausdruck »würdig geachtet werden« ( kataxioô ) weist nicht auf persönliches Verdienst und nicht einmal auf ein »würdiggemacht – werden« hin, sondern ist vielmehr »für würdig erachtet« wie in Apg 5,41 (»gewürdigt werden«), ähnlich dem Ausdruck »für gerecht gerechnet werden«.
Das Umstandswort eis (zu, im Hinblick auf) drückt den Gedanken aus »im Blick auf dieses Ziel« (nämlich das Reich Gottes).
So sollten die thessalonischen Gläubigen (es wird nicht gesagt, daß sie es bereits taten) also ihren ausharrenden Glauben in ihren Verfolgungen als Zeichen des gerechten Gerichts Gottes ansehen, insofern als die Kraft zum Durchhalten nicht ihr eigenes Verdienst war, sondern von Ihm kam und ihnen mit dem Ziel gegeben wurde, daß sie durch Leiden (denn so wird das Königreich erlangt, 1.Thess 3,3; vgl. Apg 14,22) als des Königreichs würdig erklärt werden könnten. Beachten wir, daß hier nicht steht »würdig des Himmels«.
Dies bedeutet nicht, daß sie vor Gott angenommen werden würden, weil sie die Verfolgungen erduldet hatten; jegliche Annahme erfolgt aus Gnade und nicht aus Werken. Die Gnade ließ sie leiden, die Gnade erhielt sie im Leiden aufrecht (Phil 1,29) und allein die Gnade konnte sie für würdig erachten; aber, wie Mt 5,10.12 erklärt, besteht ein Unterschied zwischen dem Gehören zum Königreich und dem Empfangen von Lohn, ebenso, wie es eine Sache ist, zum Teilhaber am Erbe gemacht zu sein (Kol 1,12), was das Teil jedes Gläubigen ist, und eine ganz a n d e r e, ob man aufgrund treuen Dienstes für den Herrn die Vergeltung des Erbes empfängt (Kol 3,24). Mit Ihm gestorben zu sein, bedeutet mit Ihm zu leben, aber diesen Heiligen wird der weitere Gedanke vorgestellt, daß, wenn sie litten (ausharrten), sie auch mit Ihm herrschen würden. Siehe 2.Tim 2,11.12. Das Königreich war noch nicht offenbar, aber diejenigen, die im Blick auf dieses Leiden erduldeten, sollten wissen, daß es nicht nur hinsichtlich seiner Drangsale etwas Gegenwärtiges war, sondern daß es auch hinsichtlich seiner Gnade, seiner Kraft, seinen Grundsätzen der Gerechtigkeit jetzt schon wirksam war, und zwar mit dem Blick auf zukünftige Vergeltung und Belohnung bei seiner sichtbaren Offenbarung.
Hyper (»um dessentwillen«) weist daraufhin, daß sie ihre Leiden im Zusammenhang mit dem Königreich sehen sollten, denn, wie Ellicott sagt, ist »die Verbindung zwischen heiligem Leiden und zukünftiger Segnung äußerst eng und unauflöslich« (siehe Apg 14,22). So hat Paulus in von Gott inspirierter Weisheit den Grund ihres Zweifels umgewandelt in den sicheren Beweis dafür, daß Gott ihnen Güte erweisen wollte.
Vers 6
Der Apostel beginnt nun mit einem Abschnitt (V. 6-10), der einen gewissen Einschub darstellt. Er beschäftigt sich mit Aspekten des gerechten Gerichts Gottes, die der natürliche Verstand vielleicht als eingängiger für die Leidenden betrachten könnte. Zuerst wendet er sich der anderen Seite zu, nämlich den Verursachern der Leiden, denn es ist ein elementarer und allgemein akzeptierter Grundsatz, daß Gerechtigkeit solche bestrafen muß. Oft erleben wir, wie die Folgen des Bösen schon in diesem Leben empfangen werden, denn es wird zurecht gesagt, daß Vergeltung die andere Hälfte der Sünde ist. Aber ob es nun im konkreten Fall so ist oder nicht, das Austeilen gerechter Vergeltung ist unausweichlich.
Ebenso wie Er Drangsale zum letzendlich Guten der Bedrängten verwendet (V. 5), so ist Gottes Gerechtigkeit auch darin ausgewogen, daß auch die Verfolger ihre Vergeltung empfangen werden, und sie wissen es (Phil 1,28). Wir können nicht sicher sagen, welche Auswirkung Stephanus‘ Erdulden des Leidens und der Verfolgung auf Paulus hatte, noch die letztendliche Einstellung eines Nero oder Pilatus gegenüber ihren Taten. Aber wir haben das Zeugnis, daß Leiden seinen Eindruck hinterläßt; dafür gibt es reichlich Beweise in der Schrift und in unserer eigenen Erfahrung.
»Wenn anders« ( eiper ) zeigt, wie Paulus sein Argument rhetorisch kraftvoll darlegt, indem er es als Frage stellt, auf die es nur eine bejahende Antwort geben kann. Niemand kann an der Tatsache herumkritisieren, daß die Verfolger das Gericht treffen muß. Einige haben eingewandt, daß eine derart leicht eingängige Hypothese unwürdig und kaum christlich sei, und gingen manchmal sogar so weit, dies als eine nachträgliche Einfügung in den Text anzusehen. Aber die Aussage hier ist Teil eines ausgewogenen Arguments, wobei der weniger eingängige Aspekt zuerst genannt wird (V. 5). Nun kommt der Apostel – mit einem absichtlichen Understatement, um den Hörer zu gewinnen, wie es der jüdischen Argumentationsweise entspricht – mit einem Argument, das für die ehemaligen Juden unter den Versammlungsgliedern sofort einsichtig und annehmbar ist und gleichzeitig ein Gegenargument gegen jeden feindlichen jüdischen Einfluß darstellt. Doch macht er seinen Punkt nicht auf Kosten der Wahrheit, wie es die Menschen oft tun, wenn sie eine Auffassung durchsetzen wollen, ganz im Gegenteil: er legt eine gerechte Grundlage für eine vernunftgemäße Annahme der in den folgenden Versen dargelegten Sache. Seine Aussage könnten wir wiedergeben als: »Wird es akzeptiert, daß es für Gott eine gerechte Sache ist, die mit Leiden zu bestrafen, die anderen Leiden zufügen?«
»Drangsal« ist das gleiche Wort wie in V. 4. »Bei Gott« ( para theou ) enthält den Gedanken örtlicher Nähe und vermittelt den Eindruck, daß der Bedränger direkt vor Gott zitiert wird. »Vergelten« ( antapodidômi ) bedeutet »erstatten, entrichten, zurückzahlen«; siehe 1.Thess 3,9 wo es im guten Sinn verwendet wird. Der Ausdruck »Drangsal (oder Bedrängnis) denen, die euch bedrängen« ( tois thlibousin hymas thlipsin ) vermittelt den ernsten Gedanken des »Maß für Maß« in Gottes gerechtem Handeln (siehe Röm 2,5).
Vers 7
Paulus wendet sich wiederum der Sache der Leidenden zu. Das hier verwendete Wort für »Ruhe« ( anesis ) gebraucht er an anderen Stellen für das Gegenteil von Drangsal. Es beschreibt ein Ackerfeld, für das nach Jahren der Bearbeitung eine Zeit der Brache gekommen ist, das Lösen der Spannung einer Bogensehne und Erholung von Anstrengung (zum Gebrauch siehe 2.Kor 2,13; 7,5; 8,13). Hier spricht es von Erholung von Leiden. Beachten wir, daß die Ruhe »mit uns« ist, den Schreibern, denn nicht alle leiden Drangsal. Diese liebliche Bemerkung hat die Heiligen sicher ermutigt, da Paulus damit andeutet, daß er und seine Gefährten ebenfalls unter Druck standen, und daß sie darunter aushielten aufgrund der Gewißheit zukünftiger Ruhe, des Preises, den er ihnen jetzt vorstellt, während er bereits damit beginnt (da ihr Denken nun umso empfänglicher geworden ist), ihre falsche Auffassung über den Tag des Gerichts zu berichtigen. Das erwähnte Ereignis, »die Offenbarung ( apokalypsis ) des Herrn Jesus vom Himmel«, ist Sein Erscheinen in Macht und großer Herrlichkeit, nicht die Entrückung, die Wiederkunft des Herrn auf die Erde, nicht Sein Kommen in die Luft (siehe die Anhänge über Entrückung, Parusie, Erscheinung, Apokalypsis). Von dieser Erscheinung wird (u.a. Schriftstellen) gesprochen in Dan 2,34.35; Sach 14; Mt 24,27; 26,64; Mk 13,26; Lk 21,27; Offb 19,11-16.
Das Argument hier ist nicht, daß die Erscheinung ( apokalypsis ) des Herrn Jesus ausschließlich als Ursache ihrer Ruhe oder Erholung gesehen werden sollte, denn ihre Erwähnung in diesem Zusammenhang ist gewissermaßen en passant und parenthetisch, da der Apostel das Thema des gerechten Gerichts Gottes behandelt. Es könnte nämlich auch darauf hingewiesen werden, daß die Ruhe für die zur Gemeinde gehörigen Heiligen mit der Entrückung beginnt; jedoch vermeidet es der Heilige Geist sorgfältig, dieses herrliche Geschehen als Anlaß der Ruhe für die Heiligen zu zeichnen, sondern hält ihnen beständig einen zentralen Gegenstand vor Augen: den Herrn selbst. Die Erwähnung der Ruhe bei der Erscheinung soll illustrieren, daß dieses Ereignis mit solch schrecklichen Folgen für ihre Verfolger verbunden ist; für sie aber, die Opfer, birgt es keinerlei Schrecken mehr, denn ihr Teil ist dann die Ruhe.
Wenn wir das gesagt haben, müssen wir uns jedoch auch vor Augen halten, daß dieser Brief – gemeinsam mit allen zweiten Briefen – auch auf die Umstände von Heiligen am Ende der Zeit nach der Entrückung der Gemeinde anzuwenden ist, welche in der Drangsal schreckliche Verfolgung erleiden müssen. Sie werden die Erscheinung – während sie noch rufen »wie lange?« – tatsächlich freudig als Befreiung von ihren Drangsalen begrüßen. Welch segensreiche Tröstung und Ermutigung wird dieser Brief dann in jenen schrecklichen Tagen der Verfolgung und des Martyriums sein.
Jedoch ist der anschließend weitergeführte Hauptgedanke der der Vergeltung gegenüber den Verfolgern, und in dieser Verbindung deutet der wörtliche Sinn des Ausdrucks »in ( en ) der Offenbarung Jesu Christi« an, daß die Vergeltung bei und mit dem Geschehen Seines Offenbarwerdens ausgeübt werden wird, wie der folgende Vers auch zeigt.
Der ehrfurchtgebietende Ausdruck »mit den Engeln seiner Macht« zeigt, daß Er durch sie Seine Macht ausübt. Die Macht ist Sein, und die Engel sind Werkzeuge seiner Macht, ebenso wie in V. 10 die Heiligen Werkzeuge Seiner Herrlichkeit sind.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Mit V. 5 wandelt sich der Dank zu einem lehrhaften Abschnitt über Gottes gerechte Vergeltung im Gericht.
Die über die Thessalonicher ergehende Verfolgung »ist ein Anzeichen des gerechten Gerichtes Gottes«. In der Regel sehen die Ausleger in dem »Gericht« das zukünftige, das allerdings bereits in die Gegenwart hineinragt. Das gegenwärtige Leiden wird im Jüngsten Gericht einen entsprechenden Ausgleich erfahren. Wird »Gericht« im Sinne eines gegenwärtigen Richtens Gottes verstanden, so ist der Sinn der: Durch die Verfolgung werden die Gemeindeglieder beurteilt und des Reiches Gottes für würdig befunden. Ähnliche Abschnitte begegnen uns in 1. Petr 4,17–19 und Phil 1,27–29. Auch dort ist das Ertragen der Verfolgung ein Anzeichen der Verdammnis für die Verfolger wie auch der Errettung für die Verfolgten.
Das kommende »Reich Gottes« (vgl. 1. Thes 2,12) kann nicht verdient werden, auch nicht durch das Leiden. Die »Würdigung« ist ein passiver Vorgang, der nur von Gott ausgehen kann. Zwar eröffnet die Beständigkeit in der Verfolgung den Zugang zum Reich Gottes. Doch ist dies einmal mehr Geschenk der Treue Gottes, aus der aller Glaube lebt.
Paulus spricht nicht vom Leiden insgesamt, sondern vom Leiden für das Reich Gottes. Dieses spezielle Leiden gewinnt die Herrlichkeit bei Gott. Dies ist nicht im Sinne der Werkgerechtigkeit zu verstehen, sondern betont schlicht die Verbindung zwischen gegenwärtigem Leiden und künftigem Reich. Der Weg zum Reich Gottes ist grundsätzlich und in aller Regel mit Bedrängnissen und Leiden verbunden: Apg 14,22; 1. Thes 3,3.
Vers 6
Die Grundlage für diese Ausführungen liegt in einer unerschütterlichen Gewißheit in V. 6f.: »so gewiß von Gott euern Bedrängern gerechte Bedrängnis vergolten wird«. Dies wird von Paulus lediglich festgestellt, ohne daß dafür eine Begründung erforderlich wäre. Gott wird entsprechend des Grundsatzes der Gerechtigkeit handeln und Verfolgung vergelten. Das Wortspiel »den Bedrängern Bedrängnis vergelten«, ruft das Gesetz der angemessenen Vergeltung nachdrücklich in Erinnerung: Auge um Auge, Zahn um Zahn (2. Mose 21,24).
Hervorzuheben ist, daß Vergeltung nicht Sache des Glaubenden, sondern ausschließlich Gottes sein kann. Für den Christen gilt die Aufforderung, Verfolgung mit Segnen, nicht aber mit Fluchen zu vergelten, das Böse mit Gutem zu überwinden. Die Freiheit zu solcher Handlungsweise beruht in der Freiheit vom Gesetz der Vergeltung, das jedoch von Gott angewandt wird (Röm 12,14–21). Nur vordergründiges Denken wird in Gottes Liebe und Gottes Gerechtigkeit zwei sich gegenseitig ausschließende Eigenschaften Gottes sehen wollen. Indem Gott seine Gerechtigkeit ausübt, geschieht sein guter Wille, bestätigt sich seine Wahrheit, erweist sich seine Liebe. Auch wenn dies dem menschlichen Denken verborgen bleibt, weiß der Glaube um die unlösbare Zusammengehörigkeit von Gottes Liebe und Gerechtigkeit.
Vers 7
Der Blick auf die Verfolger wird von dem Hinweis auf das Geschick der Verfolgten abgelöst: »euch aber als den Bedrängten Ruhe, zusammen mit uns, bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel mit den Engeln seiner Macht«.
Von fehlender »Ruhe« spricht Paulus in 2. Kor 2,13 und 7,5 (vgl. auch 8,13); der Grund dafür ist Ungewißheit, sowie Bedrängnis von innen und außen. Ruhe ist daher weder Untätigkeit noch Belohnung für vorausgegangene Mühen, sondern die Befreiung vom Leiden, nach der sich die Verfolgten ausstrecken.
Da nicht nur die Gemeinde, sondern vor allem auch Paulus und seine Mitarbeiter selbst vielerlei Bedrängnisse zu ertragen haben (3,2; 1. Thes 2,15; 3,7 u.ö.), verbindet sich die Erwartung der Gemeinde mit der des Apostels: »zusammen mit uns«.
Der Gott, von dem Paulus hier spricht, hat sich in Jesus Christus offenbart. So hängt die doppelseitige Vergeltung, die Gott durchführen wird, eng mit der Wiederkunft Jesu Christi zusammen. Die Sprache in V. 7b–10 trägt liturgischen Charakter mit vielfältigen atl. Bezügen, so daß vermutet wurde, Paulus könnte hier ein bereits vorliegendes Lied eingefügt haben. Da diese Annahme jedoch nicht zwingend ist, kann davon ausgegangen werden, daß der Apostel selbst diese Verse komponiert hat.
»Bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel« gibt den Zeitpunkt der göttlichen Vollendung an. Hier wird das für die Wiederkunft seltenere Wort »Offenbarung« (griech. »apokalypsis«) gebraucht (in demselben Sinne 1. Kor 1,7; vgl. Röm 2,5,dazu 1. Petr 1,7.13; 4,13; das dazugehörige Verb findet sich außerdem in 2. Thes 2,3.6.8; Röm 8,18; 1. Kor 3,13,sowie Lk 17,30; 1. Petr 1,5; 5,1). Dann wird »enthüllt«, d.h. es wird der Vorhang vor dem bisher verborgenen Tun Gottes weggezogen und Jesus als der »Herr« und Richter allen bekannt.
Dieser »Herr« wird in dreifacher Weise näher beschrieben:
Er kommt »vom Himmel«, »mit den Engeln seiner Macht«, »in flammendem Feuer«.
Wenn Jesus »vom Himmel« kommt, so wird damit nicht nur auf seinen Platz zur Rechten des Vaters, sondern zugleich auf seine göttliche Autorität verwiesen (vgl. 1. Thes 4,16).
Die »Engel seiner Macht« sind Teil des göttlichen Hofstaates (Sach 14,5; vgl. die Auslegung von 1. Thes 3,13). Der Sinn kann sein: »Die Engel, durch die er seine Macht ausübt bzw. die zu seiner Macht gehören«, oder: »Die mächtigen Engel bzw. die Machtengel« (als Bezeichnung einer speziellen Engelgruppe). Auch in Mk 13,26 wird die Wiederkunft Jesu mit dem Hinweis auf seine Macht verbunden (mit Zitat aus Dan 7,13f.).

Edition C Bibelkommentar

Die Bedrückung der Gemeinde dauert noch fort; aber sie wird durch sie gestärkt. Ihre Zuversicht zu Gott wird immer fester, ihre Liebe immer kräftiger. Jeder einzelne wird von der Gemeinschaft umfasst, die zwischen ihnen besteht; keiner bleibt unbeachtet und ist mit der Gemeinde nur locker verbunden. Jeder arbeitet tätig und gebend am Wohl aller mit. Paulus spricht darum von den Thessalonichern in der korinthischen und den benachbarten Gemeinden mit großer Freude. Die Art, wie sie ihren Kampf durchfechten, dient auch denen, die ihnen das Wort Jesu brachten, zum Ruhm. Dadurch wird sichtbar, dass Gott durch ein gerechtes Urteil den Erfolg der Verkündigung Jesu angeordnet hat. Die, die er in die Christenheit führt, hat er für würdig erklärt, dass sein königliches Werk für sie geschehe und seine ewige Gnade sich an ihnen offenbare. Dieses Urteil ist dadurch als gerecht erwiesen, dass sie um Gottes willen leiden. Gott hat also durch seine Berufung die zu sich gezogen, die ihn über alles schätzen, ihn mit ganzer Seele lieben, seiner Gnade danken und sie mit Ernst bewahren. Andere blieben nach Gottes gerechtem Entscheid draußen, wie wieder durch das seitherige Geschehen offenbar wurde; denn sie toben gegen das Wort Jesu und wollen die Gemeinde mit Gewalt zerstören. Paulus erklärt nun noch deutlicher, wie sich in dem Erleben der Thessalonicher die Gerechtigkeit Gottes zeigt.
Die Glaubenden werden es erleben, dass Gott sich an ihnen als der vollkommene Verwalter des Rechts bewährt. Auch Paulus wartet unter der Anstrengung seiner Arbeit auf die Ruhe, die Gott ihm nach derselben Gerechtigkeit schaffen wird, mit der er die Thessalonicher tröstet; dann werden sie miteinander in derselben Erquickung vereint sein, mit der ihrer beider Kampf sein herrliches Ende erlangt. Wann geschieht dies?
Wenn Jesus wieder offenbar wird, erhalten die Verfolgten und die Verfolger ihren Lohn, weil er darin das richterliche Amt verwaltet. Da er vom Himmel kommt, ist er der Herrscher über alle, die auf Erden sind; er kommt mit dem himmlischen Heer, das seinen Willen vollführt, und Feuer ist das Mitte!, durch das er wegtut, was aus der Welt verschwinden muss. Die Schuld, die er straft, ist die Unkenntnis Gottes. In der Welt Gottes kann nur der leben, der ihn kennt und für ihn lebt. Der Mensch soll Gott nicht verdecken, sondern offenbaren, nicht leugnen, sondern bezeugen. Die Geschiedenheit von Gott wird im Widerstand gegen das Wort Jesu offenbar. Dazu kommt es nur, wenn der Mensch sich Gott verdeckt. So verhalten sich aber die, die in Thessalonicher gern die Gemeinde zerstören würden. Wie der Glaube, der das Wort Jesu annimmt, Gehorsam ist, so ist die Feindschaft, die es bekämpft, Ungehorsam und darum Schuld. Die ihr gesetzte Strafe ist der Untergang, den Paulus ewig heißt, weil dann das endgültige Urteil ausgesprochen wird, auf das keine Vergebung folgt. Ob daraus ein dauernder Zustand der Fesselung und des Todes folgt oder ob der Untergang die völlige Vernichtung schafft, davon spricht Paulus nicht. Mit solchen Fragen, die das menschliche Denkvermögen völlig übersteigen, hat Paulus sich nie beladen. Er spricht nur aus, dass dann der Vollzug des Rechts alles trifft, was wir Menschen sind. Hier wird Tod oder Leben erlangt, endgültiger Tod, der uns für immer zerstört, wie endgültiges Leben, das uns für immer lebendig macht.
Christus kommt aber nicht nur dazu, um mit göttlicher Strafgewalt an denen, die sich Gott widersetzen, das Recht zu vollstrecken, sondern auch, um seine Herrlichkeit zu offenbaren. Er macht sie dadurch sichtbar, dass er seine Gemeinde, die ihm durch den Glauben verbunden ist, verherrlicht und erhöht. In das, was er ihr gibt, setzt er seine eigene Verherrlichung. Das kann die Thessalonicher auch in der Verfolgung fest und froh machen. Zur erhabenen Größe des Ziels kann nicht ein kleiner, armseliger Anfang führen. Um des Ziels willen ist es gerecht, dass die Thessalonicher jede Entsagung auf sich nehmen und jeden Kampf bestehen; sie gehören ja zu denen, an denen Christus seine Herrlichkeit offenbaren wird. Gehören sie wirklich zu ihnen? Darauf gibt der letzte Satz Antwort. Für die Glaubenden tritt Christus ein; der Glaube ist aber den Thessalonichern bekannt. Das Zeugnis kam durch Paulus zu ihnen, und der Glaube, der zum Zeugnis gehört, entstand in ihnen. Das Zeugnis wurde ihnen als Wahrheit erkennbar; es gab ihnen Gewissheit und machte sie Christus Untertan.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Wir können also schon heute an uns und unseren Freunden ablesen, ob wir zu Jehovah ein persönliches Verhätnis aufgebaut haben, oder nur Mitläufer in einem religiösen System geworden sind.

Diese Einstellung findet man überall in der Welt. Die Macht der Gewohnheit und die Verbundenheit mit tief verwurzelten Überlieferungen halten Hunderte von Millionen Menschen an Religionssysteme gefesselt, von denen sie wissen, daß sie nicht die Wahrheit lehren oder praktizieren. Willst du zulassen, daß dich diese Gefühle daran hindern, der Wahrheit entsprechend zu handeln? Das ist bestimmt eine gefährliche Fallgrube. Wieso?
In erster Linie deshalb, weil eine solche Einstellung Gott mißfällt.

Erwachet! 22.März1975

von Gott verlassen?

um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme und sagte: Eli, eli, lama sabachthani? das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Elberfelder 1871 – Matthäus 27,46

Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lema sabachthani?“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2).
Pattloch Übersetzung 1980 – Matthäus 27,46

Um die neunte Stunde aber rief Jesus (- Hebräer 5,7 -) mit lauter Stimme und sprach: «Eli, Eli, Lema, sabachthani?», das ist: «Mein Gott, Mein Gott (- Ps 22,2 -), warum hast Du Mich verlassen?»
Abraham Meister – Neues Testament – Matthäus 27:46

Hatte der Vater den Sohn wirklich verlassen?
Oder fangen wir mit einer noch wichtigeren Frage an: war der Tod Jesu ein „Unfall“? War der himmlische Vater überfordert, und konnte für seinen Sohn nichts tun?
Wenn wir diese Geschichte der Bibel als „Unglück“ sehen, dann müssen wir natürlich auch in unserem Leben „zittern“, weil Jehovah vielleicht überfordert wäre, uns zu helfen. Aber wenn die Tötung Jesu von Jehovah geplant war – ja, wenn der Tod Jesu nur der Höhepunkt der Liebesgeschichte Gottes an die Menschen war, dann kann und darf man diesen „Unfall“ niemals mit Geschehnissen in unserem Leben vergleichen! Ich würde behaupten, dass ALLES was geschieht, von Jehovah nicht nur gesehen sondern auch von IHM überwacht wird – ER ist NIE überfordert oder überrascht! Auch nicht, dass Menschen, die behaupten an Gott zu glauben, andere Menschen aus den Gemeinden ausschließen würden…

Aber schauen wir uns unterschiedliche Auslegungen zu dem obrigen Vers an:

Matthäus macht keine Angaben darüber, wann die Kreuzigung begann, doch nach Markus war es um die „dritte Stunde“ (Mk 15,25), also neun Uhr vormittags. Matthäus schreibt nur, daß von der sechsten Stunde, also von zwölf Uhr mittags, bis zur neunten Stunde, drei Uhr nachmittags, eine Finsternis über das ganze Land kam. Während dieser Zeit der Dunkelheit wurde Jesus das Sühneopfer für die Welt (Joh 1,29; Röm 5,8; 2Kor 5,21; 1 Petrus 2,24;3,18) und als solches vom Vater verlassen. Gegen Ende konnte Jesus die Trennung nicht länger ertragen und schrie laut: „Eli, Eli, lama asabtani?“ Diese aramäischen Worte bedeuten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“(ein Zitat aus Ps 22,2). Jesus hatte ein Gefühl des Verstoßenseins vom Vater, das er nie zuvor kennengelernt hatte, denn der Vater mußte sich als Richter vom Sohn abwenden, als dieser zur Sünde wurde (Röm 3,25-26).

Walvoord Bibelkommentar

Jesu hebräischer Gebetsschrei: »Eli, Eli, lema sabachthani«, zu deutsch: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« – wurde falsch verstanden. Sie sagten: Der ruft den Elia, den Propheten, der als der Vorläufer des Christus kommen sollte. Die Spötter meinten, es wäre jetzt höchste Zeit, daß Elia käme, um ihn, den Gehängten, als den Christus, als den Sohn Gottes zu rehabilitieren. – Es war ein billiger Hohn, dieser Spottruf: »Der ruft den Elia.«
Matthäus spricht im Anschluß an das Wort Jesu »Eli, Eli, lemá sabachtháni? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« von der Tränkung Jesu mit Hilfe eines Schwammes voll Essig. – Johannes, der Evangelist, begründet diese Tränkung. Johannes schreibt (Jo 19,28): »Weil Jesus daß bereits alles erfüllt war, sprach er, damit die Schrift (ganz) erfüllt würde: ›Ich dürste.‹« – Der Zusammenhang ist also folgender: Im gleichen Psalm, dessen Anfangsworte Jesus in die Nacht hinausruft, heißt es einige Verse später: »Vertrocknet wie eine Scherbe ist meine Kraft, und die Zunge klebt mir am Gaumen« (V. 16). Und im 69. Psalm findet sich mit geheimnisvoller typischer Beziehung auf den verschmachtenden Messias die Stelle: »Sie haben mich mit Essig getränkt in meinem Durst« (Ps 69,22). Jesus, der sich bewußt ist, nun den ganzen Leidensbecher ausgetrunken zu haben, den der Vater ihm gereicht hat, will auch diese letzte noch ausstehende Prophezeiung erfüllen. Denn mitten in der schwersten Qual des Leibes und der Seele und obwohl verlassen von seinem himmlischen Vater, ist er darauf bedacht, bis ins kleinste hinein dessen Willen zu vollenden. Daher schloß er an jenen Ausruf der Gottverlassenheit diese Klage an über seinen Durst. Der Durst war es ja auch, was die Gekreuzigten am meisten peinigte. Und aus allem, was oben über die Kreuzigung gesagt worden ist, läßt sich entnehmen, wie quälend Jesu Durst gewesen sein muß. Trotzdem hätte er, der alles stillschweigend duldete, sich nicht darüber geäußert, hätte nicht die Prophezeiung ihn dazu veranlaßt.

Wuppertaler Studienbibel

Es ist schwer für uns, die wir geistlich tot geboren wurden, zu begreifen, was das für Jesus bedeutete und warum Er sich so sehr darüber aufregte. Wir wurden geistlich tot geboren, und obwohl wir jetzt geistlich lebendig sind, ist selbst dieses geistliche Leben kein völlig sündloses Leben; die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, wird im Leben eines Gläubigen durch Sünde unterbrochen. Nicht so bei Jeschua! In der ganzen vergangenen Ewigkeit war er in ständiger Gemeinschaft mit Gott dem Vater. Aber in dem Moment, als die Sünden der Welt auf Ihn gelegt wurden, wandte sich Gott der Vater ab; und für die zweiten drei Stunden am Kreuz war Jesus geistlich tot. Am Ende dieser drei Stunden, in denen er den geistlichen Tod erlitt – er litt den Zorn Gottes, den dieser Kelch darstellt -, schrie er: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Matthäus 27:46)

Arnold Fruchtenbaum – Die Agonie von Gethsemane

Der neunzehnte Abschnitt war der vierte Satz vom Kreuz, und er ist sowohl in der aramäischen als auch in der hebräischen Form aufgezeichnet. Die aramäische Form steht in Markus 15,34: „Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloi, Eloi, lama sabachthani? was übersetzt heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Die hebräische Version steht in Matthäus 27:46: Und um die neunte Stunde schrie Jesus mit lauter Stimme und sprach: Eli, Eli, lama sabachthani? das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Dieser vierte Satz vom Kreuz kommt am Ende der drei Stunden der Finsternis. Er ist ein Zitat aus Psalm 22,1, wo es ein Hilfeschrei ist. Der geistliche Tod des Messias dauerte insgesamt drei Stunden. Am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes steht dieser Hilfeschrei: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Dies ist das einzige Mal in den Evangelien, dass Jesus die Gottheit mit „Mein Gott, mein Gott“ anspricht. Mindestens 170 Mal sprach er Gott als Vater an und 21 weitere Male war es spezifischer: „Mein Vater.“ Das einzige Mal, dass er den Vater als „mein Gott“ ansprach, war am Ende der drei Stunden der Finsternis, am Ende der drei Stunden des geistlichen Todes.
Wegen Seines geistlichen Todes hatte Jeschua nicht mehr eine väterliche Beziehung zu Gott, sondern eine gerichtliche. Er litt den Zorn Gottes; Er trank den Kelch, über den Er sich in Gethsemane quälte. Obwohl Er betete, dass Er ihn nicht trinken müsste, war es der Wille Gottes, des Vaters, dass Er ihn trinken würde. Aufgrund des Trinkens des Kelches wurde der Zorn Gottes über Ihn ausgegossen und Er war geistlich tot. Folglich hatte er keine väterliche Beziehung mehr zu Gott, dem Vater, sondern eine gerichtliche Beziehung zu ihm; und so ist es auch mit meinem Gott. Dieser Hilfeschrei wurde erhört, denn zu diesem Zeitpunkt wurde Jeschua geistig auferweckt und die Gemeinschaft mit dem Vater war nach drei Stunden der Trennung wieder vollständig hergestellt. Jeschua starb sowohl geistlich als auch wurde geistlich auferweckt, bevor Er jemals physisch starb.

Arnold Fruchtenbaum – Der Tod und das Begräbnis des Messias

»Um die neunte Stunde« ist etwa 3 Uhr mittags. Das »Aufschreien« Jesu ist Ausdruck tiefster, entsetzlicher Not. »Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne«, so heißt es am Anfang des 22. Psalms, auf den wir so oft in der Passion stoßen. Offenbar begann Jesus jetzt Psalm 22 zu beten. »Eli, eli, lema sabachthani« ist jedenfalls wörtliches Zitat von Ps 22,1. Die Worte »Eli, eli« = »Mein Gott, mein Gott« sind hebräisch. Dann scheint Jesus aramäisch fortgefahren zu sein, denn die Worte »lema sabachthani. = »warum hast du mich verlassen« sind aramäisch. Manche Handschriften veränderten hier zu »lama zaphthani«, was dem Hebräischen entspricht (vgl. Mk 15,34). Sowohl Matthäus als auch Markus geben zuerst die Heimatsprache Jesu wieder und übersetzen dann – »Das heißt« – ins Griechische. Das hängt mit dem unauslöschlichen Eindruck der Klage am Kreuz zusammen, aber auch mit dem »Elia« – Missverständnis von V. 47ff.
Wie konnte Jesus so schreien? Ist das nicht ein Widerspruch zu Joh 8,29, wo er sagte: »Der Vater lässt mich nicht allein«? Nein. Denn der Vater war während seines ganzen irdischen Wirkens mit ihm. Jetzt aber, am Kreuz, büßt Jesus für die Sünde der Menschen. Das Gericht über die Gott -losigkeit ist, dass man Gott los wird. D. h., das Wesen der Hölle besteht im Verlassensein von Gott. So wird Jesus nun wirklich von Gott verlassen: »Warum hast du mich verlassen?« Aber selbst im entsetzlichsten Gericht hört Jesus nicht auf, sich an den Vater zu klammern. Der Vater bleibt wirklich »mein Gott«. In dieser Treue zum richtenden Gott macht Jesus gut, was Adam und alle Menschen verdorben haben. Mit Recht weisen viele Ausleger daraufhin, dass Jesus, wenn er den 22. Psalm weiterbetete, auch zu V. 5 kommen musste: »da sie hofften, halfst du ihnen heraus«, ja zu den Versen 24ff. , die ins Lob Gottes münden. Aber zunächst bricht die Hölle über Jesus herein.

Edition C

und zum Abschluß „alte Zeiten“:

Was meinte Jesus mit seinen Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ — F. M., Georgia.
Jesus sprach diese Worte in Erfüllung von Psalm 22:1, der ursprünglich hinsichtlich David geschrieben worden war. Nicht dass David „verlassen“ worden wäre, um an einen Marterpfahl geschlagen zu werden, sondern wegen seiner Treue gegen den Königreichsbund wurde er der Wut der Feinde überlassen. In all diesem war David ein prophetisches Bild von Christus. Jesus wurde zur Prüfung seiner Lauterkeit einem schändlichen Tod an einem verfluchten Stamme überlassen. Indem er treu blieb, triumphierte er in seiner Lauterkeit, wie der Rest des Psalmes dies zeigt. Andere Verse von Psalm 22 über David erfüllten sich an Jesus, was ferner beweist, dass er prophetisch hinsichtlich Christi, des grösseren David, geschrieben worden war. Man vergleiche Psalm 22:1 mit Matthäus 27:46 und Markus 15:34; Psalm 22:7, 8 mit Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 mit Johannes 19:28; Psalm 22:16 mit Markus 15:25, und Psalm 22:18 mit Matthäus 27:35.
Die blosse Anführung dieser prophetischen Worte von Psalm 22:1 an sich genügte jedoch nicht, sie zu erfüllen. Zu der Zeit, da Jesus diese Worte am Marterpfahl sprach, waren wirkliche Tatsachen vorhanden, die sie erfüllten. Dass Gott Jesus verliess, bedeutete in diesem Fall nicht etwa, dass Gott ihm missbilligend und verurteilend den Rücken gekehrt hätte, sondern lediglich, dass Gott ihn der vollen Wut seiner Feinde überliess, indem er sogar zuliess, dass sie ihn töteten. Auf diese Weise hat Gott Jesus verlassen oder ihn seinen Feinden überlassen, so dass sie mit ihm tun konnten, was sie wollten, wobei er ihn auch nicht vor einem schändlichen Tode bewahrte.

Wachtturm – Fragen von Lesern Sept. 1951

Wenn Jesus wußte, daß er — in Erfüllung von 1. Mose 3:15 — von der großen Schlange, von Satan, dem Teufel, zermalmt werden sollte, weshalb rief er dann, als er am Marterpfahle starb: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ — Matthäus 27:46, NW.
Jesus stellte diese Frage am Marterpfahl nicht, weil er etwa nicht gewußt hätte, weshalb Jehova Gott, sein himmlischer Vater, ihn verlassen hatte, sondern damit die Prophezeiung erfüllt wurde. Die Prophezeiung, die damals in Erfüllung ging, findet sich in Psalm 22 aufgezeichnet. Dieser Psalm wurde von David geschrieben, der in verschiedener Hinsicht ein prophetisches Bild des Herrn Jesus Christus war.
In den einleitenden Worten dieses Psalmes ruft David aus: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen?“ Als die Jünger Jesu, die in der Nähe seines Marterpfahles standen, so zum Beispiel Johannes und Maria, die Mutter Jesu, ihn diese Worte aus Psalm 22:1 ausrufen hörten, mögen sie damals nicht genau verstanden haben, warum Jesus das tat. Als ihnen aber das Verständnis aufging, nachdem der heilige Geist zu Pfingsten ausgegossen worden war, werden sie sich daran erinnert und die Tatsache verstanden haben, daß dieser prophetische Ruf Jesus als den Christus, den Messias Gottes, kennzeichnete.
Jehova, der himmlische Vater, verließ Jesus am Marterpfahl tatsächlich, damit dessen Lauterkeit Gott gegenüber bis zum äußersten geprüft werden konnte. Gott überließ ihn den grausamen Anschlägen Satans, des Teufels, und seiner bösen, ruchlosen religiösen Werkzeuge auf Erden. So erhielt Satan, der den Tod verursachen kann, freien Lauf, diese Macht gegen den Sohn Gottes anzuwenden.
Gott verließ Jesus aber nur insofern, als er dem Teufel und seinen Handlangern gestattete, Jesus zu Tode zu bringen. Daß Jesus von Gott verlassen wurde, schloß nicht ein, daß die Feinde über seinen Leichnam frei verfügen konnten. Statt daß sie seinen Leichnam vom Marterpfahl abnahmen und ihn in das Feuertal Hinnom [oder in die Gehenna] werfen konnten, wurde sein Leib von Joseph von Arimathia vom Marterpfahl heruntergenommen und in einer neuen Gruft, die er hatte graben lassen, bestattet. Diese Bestattung Jesu bedeutete, daß er sich im Scheol, im allgemeinen Grab der Menschheit, befand. Jehova Gott verließ ihn im Scheol aber nicht, sondern in Psalm 139:8 (der von David, einem Vorbild Jesu Christi, geschrieben wurde) lesen wir: „Bettete ich mir in dem Scheol, siehe, du bist da.“ Somit zeigte Jehova Gott am dritten Tage nach Jesu Tod, daß er Jesus nicht für immer verlassen, sondern ihn zu geistigem, unsterblichem Leben aus den Toten auferweckt hatte. Als Jesus später seinen Jüngern am selben Auferstehungstage erschien, konnte er daher sagen: „Alle Dinge, die im Gesetz Moses und in den Propheten und Psalmen über mich geschrieben stehen, müssen erfüllt werden.“ Und dazu gehörte auch Psalm 22:1, nämlich die Worte: „Mein Gott, mein Gott, weshalb hast du mich verlassen.“ — Lukas 24:44, NW

Wachtturm – Fragen von Lesern 1.Sept. 1958

Warum rief Jesus Christus, als er am Marterpfahl hing, aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“? — USA.
Jesu Frage war ein Zitat aus einem Psalm Davids. (Ps 22:1) Im Falle Davids bezog sich die Frage auf einen vorübergehenden Zustand des Verlassenseins. Er befand sich, von Feinden umringt, in einer Lage, die den Anschein erweckte, als ob Jehova ihn vollständig verlassen hätte. Unter dem furchtbaren Druck, unter dem er deswegen litt, fragte er, warum dies geschehen sei, da er sich keiner Schuld bewußt war. David hatte aber den Glauben nicht verloren, denn in demselben Psalm betete er: „Eile doch zu meinem Beistand.“ — Ps 22:16-19.
Auch als Jesus die Worte aus Psalm 22:1 äußerte, glaubte er, sein Vater habe ihm momentan seinen Schutz entzogen oder ihn „verlassen“ oder den Händen seiner Feinde überlassen, damit er wie ein verfluchter Verbrecher an einem Marterpfahl sterbe. (Gal 3:13) Als Jesus nach dem Warum fragte, wollte er damit nicht sagen, daß er den Grund für dieses Verlassensein nicht kenne, und er erwartete auch keine Antwort von seinem Vater. Man könnte die Situation mit der Situation eines Christen vergleichen, der die Ursache für die Leiden der Menschheit kennt, der aber unter dem Druck großer Schwierigkeiten entweder im stillen oder hörbar nach dem Warum fragt. Der Fragende gibt dadurch zu erkennen, daß er keinen Grund hat zu denken, er müsse wegen irgendwelcher Übertretungen leiden. Abgesehen davon, daß sich durch diesen Ausruf Jesu Psalm 22:1 erfüllte, wurde dadurch auch offensichtlich Jesu Unschuld bestätigt und der eigentliche Zweck seiner Leiden ins Blickfeld gerückt. — Matthäus 27:46; vergleiche Johannes 12:27, 28, 33.

Wachtturm – Fragen von Lesern 15.August 1972

Jesus rief am Pfahl aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Fehlte es ihm an Glauben, und dachte er, Gott habe ihn im Stich gelassen?
Manche haben beim Lesen dieser Worte in Matthäus 27:46 und Markus 15:34 geschlußfolgert, daß Jesus in seinem Gottvertrauen erschüttert wurde, als er den schmerzvollen Tod vor Augen hatte. Andere sagen, dies sei lediglich Jesu menschliche Reaktion gewesen, der verständliche Verzweiflungsschrei eines Mannes aus Fleisch und Blut in seiner Todesangst. Wir haben allerdings guten Grund, es nicht bei solchen menschlichen Erwägungen zu belassen, die auf dem äußeren Erscheinungsbild beruhen. Zwar kann niemand von uns heute mit Sicherheit alles wissen, was mit Jesu Ausruf verbunden war, aber wir können zwei wahrscheinliche Beweggründe erkennen.
Jesus war sich durchaus bewußt, daß er „nach Jerusalem gehen und . . . vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse“ (Matthäus 16:21). Vom Himmel aus hatte der Sohn Gottes beobachtet, wie selbst unvollkommene Menschen einen grausamen Tod erlitten, gleichzeitig aber ihre Lauterkeit bewahrten (Hebräer 11:36-38). Daher besteht kein Grund, zu glauben, daß Jesus — als vollkommener Mensch — Furcht vor dem hatte, was ihm bevorstand; ebensowenig bedeutete der Tod an einem Marterpfahl für ihn, daß sein Vater ihn aufgegeben hätte. Jesus wußte im voraus, „welches Todes er zu sterben im Begriff war“, nämlich des Todes an einem Marterpfahl (Johannes 12:32, 33). Er war sich auch sicher, daß er am dritten Tag auferweckt werde. Wie kam Jesus dann dazu, zu sagen, Gott habe ihn verlassen?
Zum einen könnte er gemeint haben, Jehova habe seinen Schutz in dem Sinne von seinem Sohn genommen, daß Jesu Lauterkeit bis zum Äußersten — einem schmerzvollen und schändlichen Tod — geprüft werden könne. Dadurch, daß Gott Jesus dem Zorn der Feinde, die von Satan angeführt wurden, aussetzte, wurde aber nicht ein völliges Verlassen angezeigt. Jehova hatte weiterhin Zuneigung zu Jesus, und das wurde am dritten Tag offenkundig, als er seinen Sohn auferweckte, was Jesus schon vorher gewußt hatte (Apostelgeschichte 2:31-36; 10:40; 17:31).
Zum anderen steht mit dem eben Gesagten ein zweiter Grund in Verbindung, der Jesus zu diesem Ausruf am Pfahl bewogen haben könnte: Dadurch, daß er diese Worte äußerte, konnte er einen prophetischen Hinweis auf den Messias erfüllen. Stunden vorher hatte Jesus den Aposteln gesagt, daß alles so geschehen werde, „wie über ihn geschrieben steht“ (Matthäus 26:24; Markus 14:21). Ja, er wollte die Dinge ausführen, die geschrieben standen, einschließlich der Dinge in Psalm 22. Es mag für uns aufschlußreich sein, folgende Schrifttexte miteinander zu vergleichen: Psalm 22:7, 8 — Matthäus 27:39, 43; Psalm 22:15 — Johannes 19:28, 29; Psalm 22:16 — Markus 15:25 und Johannes 20:27; Psalm 22:18 — Matthäus 27:35. Der 22. Psalm, der so viele prophetische Hinweise auf die Erlebnisse des Messias enthält, beginnt mit den Worten: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Als Jesus daher diese Worte ausrief, erfüllte er wieder eine Prophezeiung (Lukas 24:44).
Der Psalmist David glaubte nicht, daß Gott ihn einfach aufgegeben oder verlassen hatte, denn er sagte des weiteren, daß er ‘Gottes Namen seinen Brüdern verkünden’ werde, und forderte andere auf, Jehova zu preisen (Psalm 22:22, 23). Ebenso hatte Jesus, der Psalm 22 gut kannte, Grund, darauf zu vertrauen, daß sein Vater ihn nach wie vor anerkannte und liebte, trotz der Erfahrung, die er ihn am Marterpfahl durchmachen ließ.

Wachtturm – Fragen von Lesern 15.Juni 1987

Genau – es geht um diese Person – und nicht um mich! Und schauen wir auf IHN! Haben wir bemerkt, dass Jesus diese Worte SCHRIE bzw „mit LAUTER STIMME“ sprach? Hätte er nicht kurz vor dem Ersticken sein müssen, und kaum hörbar röchelnd reden müssen?

Glauben – Vertrauen

Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt; denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.
Elberfelder 1871 – Johannes 7,4b–5

Denn nicht einmal seine Brüder schenkten ihm Glauben.
Gute Nachricht Bibel – Johannes 7:5

Seine Brüder glaubten nämlich nicht an ihn.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Johannes 7:5

Wenn wir heute im dt. von „ich glaube “ sprechen, meinen wir meist so etwas wie, „ja das gibt es“!
Also wer sagt „ich glaube an Gott“ meint heute meist „Ja natürlich gibt es einen Gott“ – und wer sagt „Nein, ich glaube nicht an Gott“ will meist damit sagen: „aus meiner Sicht gibt es keinen Gott“!
Doch wenn der biblische Begriff „Glaube“ das aussagen wollte – dann wäre ja die Frage: glaubten Jesu eigene Brüder nicht, dass er existiert? Glaubten sie nicht, dass Jesus lebt? Oder was war die Bedeutung von Glauben? „Gottes Agenda“ übersetzt deshalb das Wort richtig: sie hatten kein Vertrauen ihn Jesus!
Und schon ergeben die Sätze oben einen ganz anderen Sinn! Dann wären nämlich alle, die nicht zu 200% Jehovah vertrauen – ungläubige!
Würdest du dann zu den Menschen zählen die sagen dürften: „ich glaube an Gott“ – also „ich vertraue IHM zu jeder Sekunde meines Lebens“??

Aber kommen wir zu dem Thema „Jesu Brüder“ zurück, wie es viele Bibelleser bei diesem Vers machen, um diese Frage nicht in den Focus zu rücken:

Brüder des Herrn dürfen nicht als Stiefbrüder oder Vettern bezeichnet werden, wie dies seit den Kirchenvätern vielfach von kathol. und protest. Theologen geschah. Die Frage, ob Maria nach der Geburt des Heilandes mit Joseph in eine wirkliche Ehe getreten sei und noch andere Kinder geboren habe, kann nur bejaht werden. Seine Brüder glaubten selbst anfangs nicht an ihn, Joh. 7, 5; Mt. 12, 46; erst später erscheint Jakobus, mit dem Beinamen des Gerechten, als Bruder des Herrn und hervorragendes Haupt der Muttergemeinde zu Jerusalem. Auch der Verfasser des Judasbriefes, der sich ausdrücklich von den Aposteln unterscheidet und den Bruder Jakobi nennt, wäre ein wirklicher Bruder des Heilands. Außer diesen beiden werden Mt. 13, 55 genannt noch ein Joses (andere Lesart: Joseph) und ein Simon. Zugleich werden dort (ob Mk. 3, 32 ist zweifelhaft) Schwestern Christi erwähnt. Erst die Auferstehung des Herrn (1 Kor. 15, 7) scheint sie zum Glauben gebracht zu haben; nach seinem Hingang gehören sie zur Gemeinde, als Brüder Jesu zwar von den Aposteln unterschieden, aber doch in engerer Gemeinschaft mit ihnen. Ap. 1, 13 f.

Calwer Bibellexikon

Brüder/Schwestern Jesu. Im Mk 6,3 wird Jesus der Sohn von Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon genannt. S. werden erwähnt, bleiben aber namentlich und zahlenmäßig unbestimmt. Die Parallele Mt 13,55f. kennt die Reihenfolge Jakobus, Joses, Simon und Judas; die S. bleiben namenlos und tauchen im sonstigen NT auch nicht mehr auf. Lk 8,19–21 erwähnt nur Jesu Mutter und B. (ohne Namen). Nirgends deutet Lk an, daß der Jakobus, der plötzlich als ein Führer der Jerusalemer Gemeinde auftritt, ein Bruder Jesu sei (Apg 12,17; 15,13; 21,18); Paulus hingegen identifiziert Jakobus als den »Bruder des Herrn« (Gal 1,19; vgl. 1 Kor 9,5). Jesu B. werden in Joh 2,12; 7,3.5.10 erwähnt, aber nicht namentlich genannt. Mk 3,21–35 und Joh 7,5 weisen darauf hin, daß die B. vor Ostern nicht an Jesus geglaubt haben (vgl. aber Apg 1,14). Jak und Jud nehmen nicht ausdrücklich für sich in Anspruch, von den B. Jesu geschrieben worden zu sein, doch ist der Anspruch wahrscheinlich impliziert. Seit der Zeit der Kirchenväter haben sich drei Hauptpositionen zu dem Verwandtschaftsverhältnis zw. Jesus und seinen B./S. herausgebildet. Die Lösung, der → Epiphanius von Salamis im Osten zum Durchbruch verhalf, besagt, daß die B. Kinder Josephs aus früherer Ehe gewesen seien; sie entbehrt jeder Textgrundlage. Die Lösung, die sich im 4.Jh. Unter → Hieronymus durchsetzte, hält die B. für Vettern Jesu; dies ist die am wenigsten wahrscheinliche These. Die Lösung, die Helvidius vertrat und deutlich von → Tertullian im 3.Jh. bevorzugt wurde, behauptet, daß die B. leibliche Geschwister Jesu seien, und paßt am besten zum ntl. Text.

Religion in Geschichte und Gegenwart

Brüder des Herrn werden genannt in Mt 12,46f; 13,55; Mk 3,31f; 6,3; Lk 8,19; Joh 2,12; 7,3.5; Apg 1,14; 1Kor 9,5; Gal 1,19. – Bereits in sehr früher Zeit bestanden Meinungsverschiedenheiten über die Frage, was unter Brüdern in dieser Beziehung zu verstehen sei. Die röm. Kirche lehrt noch immer, dass Maria ihr Leben lang Jungfrau blieb und dass die im NT genannten Brüder Jesu eigentlich seine Vettern waren. Sonst nimmt man allgemein mit Recht an, dass es sich bei diesen Brüdern um Kinder von Josef und Maria handelt, die nach der Geburt Jesu (nach Lk 2,4 der erste Sohn Marias) geboren wurden. Als Brüder werden Jakobus, Josef (Mk 6,3 Joses), Simon und Judas genannt. Anfänglich glaubten sie nicht an den göttlichen Auftrag Jesu (Mk 3,21; Joh 7,5), doch nach der Auferstehung wurde das anders. Jesus erschien seinem Bruder Jakobus (1Kor 15,7). Die Brüder des Herrn waren mit Maria im Apostelkreis (Apg 1,14). Jakobus übernimmt die Leitung der Gemeinde in Jerusalem, als die Apostel die Stadt verlassen hatten (Apg 12,17; 15,13). Er ist der Schreiber des Jakobusbriefes (Jak 1,1), Judas der Schreiber des Judasbriefes (Jud 1). Von Josef (in einigen Hss. auch Joses genannt; vgl. Mk 15,47) und Simon ist nichts weiter bekannt.

Lexikon zur Bibel: Personen, Geschichte, Archäologie, Geografie und Theologie der Bibel

Das Leben des Herrenbruders Jakobus

Nachdem wir eine Verfasserschaft durch Jakobus, den Herrenbruder, für wahrscheinlich halten, sei hier einiges über sein Leben gesagt:
Außer dem ältesten, sozusagen dem Halbbruder Jesus, hatte Jakobus noch drei jüngere Brüder, Joseph, Simon und Judas (Mt 13,55) und mindestens noch zwei Schwestern (das Wort steht Mt 13,56 in Mehrzahlform).

Zunächst glaubte Jakobus nicht an Jesus. Nachdem es zwischen Jesus und der mächtigen Pharisäerpartei, sowie den einflußreichen Schriftgelehrten zum Konflikt gekommen war, wollte ihn seine Familie zurückholen: „Sie gingen aus und wollten ihn halten, denn sie sprachen: Er ist von Sinnen!“ (Markus 3,21). Es erschien ihnen als eine Wahnsinnstat, diesen Kampf zu wagen. (Der tiefere Grund des Rückholversuches war wohl eben dieser Konflikt. Vgl. Markus 2,18-3.6.) Die Brüder wollten Jesus und der ganzen Familie die Schande der Steinigung oder des Kreuzes ersparen. Auch Maria, die Mutter, hatten sie bewogen mitzugehen (Markus 3,31 ff). – Andererseits hatten die Brüder wohl auch die Hoffnung, sie könnten zusammen mit ihrem großen Bruder, der offenkundig etwas Besonderes war, selbst auch größer werden. So forderten sie ihn heraus, seine Wundermacht nicht nur im Winkel Galiläa, sondern auf der großen „Bühne“ Jerusalems und des Laubhüttenfestes zu zeigen. Vielleicht hatten sie die Hoffnung, daß er nun endlich gar als der Messias auftrete (Johannes 7,3.4). In diesen beiden Unternehmungen, bei denen Jakobus, als der Älteste im Geschwisterkreis nach Jesus, führend gewesen sein mag, zeigt sich, wie die Brüder Jesu typisch menschlich dachten, „denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn“ (Johannes 7,5).

Nach Ostern jedoch trat der große Wandel im Leben des Jakobus ein. Der auferstandene Herr war ihm erschienen (1 Kor 15,7). Über diese Begegnung findet sich im NT kein ausführlicher Bericht, so wenig wie über die erste Begegnung des Petrus mit dem auferstandenen Herrn (1 Kor 15,5;Lk 24,34).

Nun hält sich Jakobus mit seiner Mutter und seinen Brüdern zum Kreis der Apostel (Apostelgeschichte 1,14). Bald hatte er eine führende Stellung in der Urgemeinde, der judenchristlichen Gemeinde Jerusalems. Das wird in der ausdrücklichen Nennung des Jakobus in Apostelgeschichte 12,17 erkennbar, wo Petrus sich von der Jerusalemer Gemeinde verabschiedet. Auch Gal 1,19 führt Jakobus als einen der bestimmenden Männer in Jerusalem auf . (- Diese Zuordnung des Jakobus zu den „Aposteln“ beweist nicht, daß es sich hier um „Jakobus, den Sohn des Alphäus“, wie manche schon gemeint haben, handeln müsse. (Jakobus, der Sohn des Zebedäus hatte ja damals nach Apostelgeschichte 12,2 bereits den Märtyrertod erlitten.) Auch sonst werden Männer außerhalb des Zwölferkreises gelegentlich „Apostel“ genannt (Rö 16,7;Apostelgeschichte 14,14). „Apostel“, grie „apôstolos“, heißt zunächst einfach „Bote“, Abgesandter u. U. einer Gemeinde. In der Regel allerdings hat das Wort in NT die spezielle Bedeutung, daß einer zu den ersten in der Stafette gehört, die das Evangelium durch die Jahrhunderte trägt (Apostelgeschichte 1,21.22), also zum Kreis derer, die das Evangelium unmittelbar von dem auferstandenen Herrn empfangen haben (Gal 1,1). -)

Die Bedeutung des Jakobus wurde besonders in der Art seiner Mitwirkung beim „Apostelkonzil“ (Apostelgeschichte 15) deutlich. Er schlug den entscheidenden Ausgleich zwischen den Christen aus den Juden und denen aus den Heiden vor (Apostelgeschichte 15,13-21). Dieser Ausgleich schloß gelegentliche Spannungen nicht aus. In Erscheinung traten sie nicht zwischen Paulus und Jakobus, sondern zwischen Paulus und der Anhängerschaft des Jakobus (Gal 2,9.12). In dem wichtigen Bemühen, für die junge Christenheit, die sich aus einer Gruppe innerhalb des Judentums zu einer eigenständigen Größe entwickelt hatte, nun den richtigen Weg zu finden, vertrat Jakobus im Miteinander von Judenchristen und Heidenchristen besonders die Anliegen der judenchristlichen Kreise. Sehr lag ihm der ernsthafte Gehorsam gegenüber dem bereits im AT offenbarten heiligen und heilsamen Willen Gottes am Herzen. Das wird auch in dem uns vorliegenden Brief deutlich, was für die Verfasserschaft des Herrenbruders spricht.

Außerbiblisch wird berichtet, daß Jakobus noch bis in die sechziger Jahre des ersten Jahrhunderts in Jerusalem lebte und von den Juden der „Gerechte“ genannt wurde: Auch als Christ habe er in großer Treue das atst Gesetz gehalten und viel gebetet und gefastet. Das habe ihm beim Volk einen so großen Respekt eingetragen, daß er sich, im Unterschied zu andern führenden Christen, noch fast während einer ganzen Generation in Jerusalem halten konnte.

Über den Tod des Herrenbruders Jakobus gibt es zwei außerbiblische Berichte, die darin übereinstimmen, daß er den Märtyrertod gestorben sei: Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus berichtet, Jakobus sei von dem Hohenpriester Hannas II. nach dem Tod des Statthalters Festus und vor der Ankunft eines neuen römischen Statthalters (also während eines gewissen Interregnums, das ihm einige Beweglichkeit verschaffte) im Jahr 62 der Steinigung übergeben worden. (Josephus hat den jüdisch-römischen Krieg – 66-70 n. Chr. – beschrieben und ist um 100 n. Chr. gestorben.) Der christliche Schriftsteller Eusebius (4. Jahrhundert) dagegen gibt einen Bericht von Hegesipp aus dem 2. Jahrhundert wieder, nach dem Jakobus kurz vor dem Ausbruch des jüdisch-römischen Krieges im Jahr 66 auf Anstiften der Pharisäer und Schriftgelehrten durch eine wütende Volksmenge von der Zinne des Tempels herabgestürzt und mit einer Keule erschlagen wurde. Der Mann, der mit seinem priesterlichen Dienst der Fürbitte für Israel das Unheil noch aufgehalten hatte, war beseitigt; es nahm seinen Lauf.

Wuppertaler Studienbibel

Beide Evangelienschreiber gingen auf die Tatsache ein, dass der Messias vier Halbbrüder hatte: Jakobus (Yaakov auf Hebräisch), Joseph (den Matthäus Yoseph und Markus Yosei nannte), Jude (Yehudah) und Simon (Shimon). Jakobus und Judas schrieben später die Briefe, die ihre Namen tragen. Außerdem hatte Jeschua mindestens zwei Halbschwestern, die ungenannt bleiben. Miriam zeugte also mindestens sechs weitere Kinder nach Jeschua. Im Minimum war sie die Mutter von sieben oder mehr Kindern.

Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

In englischen Bibeln wird der Name des Autors mit James wiedergegeben; das ist allerdings nur eine anglisierte Form. Im griechischen Text lautet sein eigentlicher Name Jakob – genau wie der Name des Jakob in 2. Mose. Wie entwickelte sich der Name „Jakob“ denn zu „James“? Die Umwandlung ging folgendermaßen vor sich: Das hebräische Wort für „Jakob“ lautet Yaakov. Das Neue Testament wurde auf Griechisch abgefasst; und da es im Griechischen keinen Buchstaben mit dem Lautwert des hebräischen „Y“ gibt, wurde es zu einem griechischen „I“. Daher lautet sein Name auf Griechisch Iakobos. (Genauso wurde Yeschua, der hebräische Name für „Jesus“, zum griechischen Ieisous.) Die englische Form ging jedoch nicht direkt aus dem Griechischen hervor, sondern aus dem Lateinischen. Als sein Name ins Lateinische übersetzt wurde, war er zunächst dem Griechischen ähnlich: Iakobus. In der Entwicklung der lateinischen Sprache wurde jedoch Iakobus zu einer neuen Form, nämlich Jacobus. Später wurde dann das „B“ zu einem „M“, und sein Name war Jacomus. Schließlich wurde das lateinische Jacomus zum englischen James.

Jakob/Jakobus war ein beliebter jüdischer Name. Mehrere Menschen im Neuen Testament hießen so – darunter zwei der zwölf Apostel. Der Jakobus, von dem dieser Brief stammt, war der Halbbruder Jesu. Er hatte die gleiche Mutter, aber nicht den gleichen Vater. Josef war der biologische Vater von Jakobus, jedoch nur der Stief- oder Pflegevater Jesu. Dieser Halbbruder wird in Matthäus 13,55, in Markus 6,3 und Galater 1,19 als Halbbruder Jesu erwähnt. In der Lebens- und Dienstzeit Jesu glaubte Jakobus nicht an ihn, wie auch die anderen Halbbrüder Jesu nicht an ihn glaubten ( Joh 7,2-5). Durch die Auferstehung kam er jedoch zum Glauben. Der auferstandene Herr Jesus erschien zwar dem Jakobus; diese Erscheinung ist allerdings in keinem der vier Evangelien festgehalten. Paulus erwähnt sie jedoch in 1 Korinther 15,7. Diese Erfahrung führte zu Jakobus’ Errettung, und er wurde ein Zeuge der Auferstehung. Weil er den auferstandenen Messias gesehen hatte, wurde er ein Apostel der zweiten Kategorie.

Es gab zwei Kategorien unter den Aposteln. Die erste bestand aus der geschlossenen Gruppe der zwölf Apostel. Um zu ihnen zu gehören, musste man von der Taufe Jesu durch Johannes bis zu seiner Himmelfahrt bei ihm gewesen sein (Apg 1,21-22). Nur sehr wenige waren hierfür qualifiziert; und als die Apostel in Apostelgeschichte 1 einen Ersatz für Judas suchen wollten, brachten nur zwei Männer (Barsabbas/Justus und Matthias) diese Voraussetzung mit. Es gab aber noch eine zweite Apostelgruppe. Die einzige Vorraussetzung für Zugehörigkeit zu dieser Kategorie war das Zeugnis für den auferstandenen Messias (1Kor 9,1). Man musste Jesus nicht seit seiner Taufe durch Johannes begleitet haben. Paulus und Barnabas erfüllten diese Vorraussetzung zum Apostelamt; so auch Jakobus. In Galater 1,19 wird er als Apostel anerkannt. Später wurde er auch der erste Pastor der Jerusalemer Gemeinde (Apg 15,13-21; Apg 21,17-26).

Aus mehreren Abschnitten wird offensichtlich, wie bekannt Jakobus war. In Apostelgeschichte 12,17 beispielsweise wurde Petrus durch ein Wunder aus dem Gefängnis befreit. Hinterher wies er die Gebetsgruppe im Haus des Markus an: „Berichtet dies Jakobus!“ Denn Jakobus war das Haupt der Gemeinde von Jerusalem. Er musste von Petrus’ Befreiung erfahren. Dann gab Jakobus in Apostelgeschichte 15,13-21 auf dem Apostelkonzil in Jerusalem den Erlass über die Stellung der Nichtjuden im Glauben heraus. Später im selben Kapitel – Apostelgeschichte 15,22-29 – verfasste er den Brief an die nichtjüdische Christenheit: Er legte ihre angemessenen Freiheiten dar und befahl ihnen, sich bestimmter Praktiken zu enthalten. Noch einmal später (Apg 21,17-26), als Paulus zum letzten Mal vor seiner Verhaftung Jerusalem besuchte, legte er bei Jakobus Bericht ab. Jakobus ist auch durch Galater 2,12 bekannt. Hier wurde sein Name von jüdischen Irrlehrern in Antiochia gebraucht, die jüdischen Gläubigen befahlen, keinesfalls gemeinsam mit nichtjüdischen Gläubigen zu essen. Obwohl das nicht Jakobus’ Einstellung war, benutzten die jüdischen Irrlehrer seinen Namen, um diese jüdischen Gläubigen einzuschüchtern.

Laut 1 Korinther 9,5 war Jakobus verheiratet. Die Apostelgeschichte berichtet nicht von Jakobus’ Tod; andere Quellen des Altertums schreiben jedoch davon. Eine Quelle ist Josephus, der jüdische Geschichtsschreiber aus dem ersten Jahrhundert. Josephus datiert den Tod Jakobus’ zwischen die Regierungszeiten zweier römischer Prokuratoren in Judäa. Im Jahr 61 n. Chr. starb Festus – der Festus aus der Apostelgeschichte – in seinem Amt. Wenige Monate später – im Jahr 62 n. Chr. – wurde ein neuer Prokurator namens Albinus ausgesandt. Weil er erst 62 n. Chr. ankam, lagen einige Monate zwischen dem Tod des einen und der Ankunft des anderen Prokurators. Der Hohepriester zu dieser Zeit war Ananus, Sohn des Hannas – eben jenes Hannas, den wir aus den Evangelien kennen; jenes Hannas, der am Prozess Jesu beteiligt war. Der Sohn des Hannas beschuldigte Jakobus, das Gesetz gebrochen zu haben. Er befahl, Jakobus zu steinigen. Josephus berichtet weiter von der Steinigung des Jakobus und fügt dann einen interessanten Kommentar hinzu. Er nennt den Tod des Jakobus als einen Grund, aus dem Gott die Zerstörung Jerusalems und des Tempels zuließ. Es überrascht sehr, dass Josephus eine solche Verbindung zieht; denn er betrachtete sich nicht als Gläubigen, sondern als Pharisäer. Jakobus’ Frömmigkeit war jedoch wohlbekannt, und Josephus spürte, dass der unrechte Tod des Jakobus einer von mehreren Gründen für die Zerstörung Jerusalems war.

Die anderen Quellen, Hegesippus und Eusebius, berichten weitere Einzelheiten über Jakobus’ Tod. Sie notierten, dass er in Jerusalem sogar unter den ungläubigen Juden als „Jakobus der Gerechte“ bekannt war. Außerdem bot Ananus ihm bei seiner Verhaftung eine Ausweichmöglichkeit an: Wenn er, Jakobus, auf die Mauern Jerusalems treten und öffentlich seinem Glauben an Jesus absagen wolle, würde man ihn nicht zu Tode steinigen. Jakobus stimmte zu. Er wurde also auf die Stadtmauer Jerusalems geführt. Als sich die jüdischen Volksmengen versammelten, fing er an, das Evangelium zu predigen. Ananus wurde wütend und stieß ihn von der Mauer. Der Halbbruder des Messias, der an ihn glaubte, wurde von den Menschen am Fuß der Mauer zu Tode gesteinigt.

Wie bereits erwähnt, war Jakobus’ Frömmigkeit sehr bekannt. Weil er viel Zeit im Gebet auf seinen Knien verbrachte, wurde er oft als „Kamelknie“ bezeichnet. Ein Kamel richtet sich erst auf den Knien auf, bevor es aufsteht; und es geht erst in die Knie, bevor es sich hinlegt. Dadurch werden die Knie eines Kamels groß, breit und vorgewölbt. Laut Überlieferung verbrachte Jakobus so viel Zeit auf seinen Knien, dass seine Knie wie die eines Kamels aussahen. Hegesippus schreibt:
Er trank weder Wein noch starke Getränke und nahm keine tierische Nahrung zu sich. Ein Rasiermesser kam niemals auf sein Haupt, er salbte sich nie mit Öl und besuchte nie ein [öffentliches] Bad … Er pflegte allein in den Tempel zu treten; und oft fand man ihn auf seinen gebeugten Knien, wie er für die Vergebung des Volkes eintrat: so wurden seine Knie so hart wie die eines Kamels, als Folge seiner gewohnheitsmäßigen Fürbitte und seines Kniens vor Gott.

Moo fasst sehr gut zusammen, was außerhalb der Bibel über Jakobus bekannt ist:
Dieser Jakobus wurde zu einer beliebten und respektierten Person in der Frühkirche, vor allem unter jüdischen Christen. Er wurde als der erste „Bischof“ Jerusalems verehrt und erhielt den Titel „der Gerechte“ oder „der Rechtschaffene“, weil er dem Gesetz so treu und im Gebet so unermüdlich war. Viele unserer Informationen über Jakobus stammen aus dem von Eusebius aufgezeichneten Bericht Hegesippus’ über den Tod des Jakobus. Er berichtet, dass Jakobus von den Schriftgelehrten und Pharisäern gesteinigt wurde, weil er sich weigerte, seiner Hingabe an Jesus abzusagen. Der Bericht über Jakobus’ Tod wird unabhängig durch Josephus bestätigt (Antiquitatae Judaicae XX.9.1). Er macht es uns möglich, dieses Ereignis ins Jahr 62 n. Chr. zu datieren. Jedoch ist ein Großteil im weiteren Bericht des Hegesippus, in welchem Jakobus als Eiferer für das Gesetz dargestellt wird, nur eine Legende. Vielleicht bezog Hegesippus seine Informationen von einer strengen Sekte jüdischer Christen, die sich Ebioniten nannten; sie betrachteten Paulus mit beträchtlichem Missfallen und erhoben Jakobus zum wahren Erben der Lehren Jesu. Während also alle unsere Quellen bestätigen, dass Jakobus ein frommer, gläubiger Judenchrist war, der gerne gute Beziehungen zum Judentum aufrecht erhalten wollte, müssen wir das Bild eines gesetzlichen, anti-paulinischen Jakobus als tendenziöse Karikatur ablehnen.

Jakobus bezeichnet sich als zweifachen Knecht. Das ist ein Titel der Demut. Obwohl er der Halbbruder Jesu ist, betont er lieber seine geistliche als seine leibliche Verwandtschaft. Das griechische Wort für „Knecht“ ist hier doulos. In der griechischen Literatur hatte dieses Wort einen sehr negativen Beigeschmack. Jakobus sah den Begriff jedoch nicht im griechischen Umfeld, sondern im Umfeld des Alten Testaments, wo er viel ehrbarer war. In der Septuaginta beispielsweise wird dieses Wort für Mose und andere Botschafter Gottes wie die Propheten gebraucht, die geistliche Autorität ausübten. Er benutzt den Begriff im jüdischen Sinne, der ihm geistliche Autorität als Botschafter Gottes verleiht. Der Begriff beinhaltet auch das Bild des freiwilligen Sklaven auf Lebenszeit. Im mosaischen Gesetz war es dem Sklaven möglich, freiwillig und nicht erzwungen „auf ewig“ Sklave seines Herrn zu werden. Jakobus war ein lebenslanger Sklave für zwei Herren: Erstens ein Knecht Gottes – des Vaters; und zweitens ein Knecht des Herrn Jesus Christus – des Sohnes. So lautet der vollständige Name des Sohnes. Herr betont seine Gottheit und konzentriert sich auf seine Person. Jesus betont seinen menschlichen Namen (der „Rettung“ bedeutet), und konzentriert sich auf sein Werk. Christus ist das griechische Äquivalent für Messias (der Gesalbte) und betont, dass dieser Eine die Erfüllung aller messianischen Prophetie ist; dieser Name konzentriert sich auf sein Amt. Sein Name erscheint nur noch ein weiteres Mal in diesem Brief (2,1).

Arnold Fruchtenbaum – Der Jakobusbrief

Der Name des Autors lautet im Griechischen Judas – genau wie der Name von Judas Ischariot. Das Wort ist die hellenisierte Form von »Juda«. Dieser Judas stellt sich als Knecht Jesu Christi vor. Er betont: Seine geistliche Beziehung zu Jesus ist die eines Knechtes. Judas besaß noch eine weitere Beziehung zu Jesus; denn er war (wie auch Jakobus) Jesu Halbbruder. Judas war der Sohn Marias – genau wie Jesus; somit hatten Judas und Jesus dieselbe Mutter. Judas war jedoch ein leiblicher Sohn Josefs; somit hatte er einen anderen Vater. Er bezeichnet sich auch als Bruder des Jakobus. Judas war der Halbbruder Jesu, jedoch der »Vollbruder« von Jakobus, dem Autor des Jakobusbriefs. Obwohl Jakobus ein Apostel war, stuft sich Judas nicht als Apostel ein und schließt sich in Vers 17 seines Buches selbst vom Apostelamt aus. Er war ein Knecht Jesu Christi, als er dieses Buch schrieb; vor der Auferstehung jedoch war er nicht gläubig (Joh 7,3-5). Als Ergebnis der Auferstehung kam er – genau wie Jakobus – zum Glauben. Diese Tatsache geht aus Apostelgeschichte 1,14 hervor; dort gehören die Halbbrüder Jesu zu jener Gruppe, die im Obergemach betet.
Einige weitere Dinge lassen sich über Judas feststellen. Er war ein reisender Evangelist, und seine Frau reiste mit ihm (1Kor 9,5). In seinem Brief tut Judas etwas, was andere nicht getan haben: Er zitiert aus apokrypher Literatur. Das heißt nicht, dass er diesen apokryphen Schriften biblischen Stellenwert einräumt. Er bezieht sich einfach auf solche Elemente in den Apokryphen, die Wahrheiten enthalten. Auf ähnliche Weise zitierte Paulus heidnische griechische Dichter und Philosophen aus Kreta (Tit 1,12-13) und Athen (Apg 17,28). Vers 9 in Judas bezieht sich auf das Testament des Mose; die Verse 14-15 beziehen sich auf das Buch Henoch. Trotzdem sagt Judas keineswegs, dass alles im Testament des Mose wahr ist; genauso wenig sagt er, dass alles im Buch Henoch wahr ist. Trotzdem gab es in beiden Büchern wahre Elemente; und nur diese wahren Elemente bestätigt Judas. Judas gebraucht oft Dreiergruppen; er denkt nämlich in Dreierbegriffen. Insgesamt gibt es in seinem Buch 14 Dreier. Eusebius zitiert einen Ausspruch des Hegesippus, nach dem Judas Söhne und Enkel hatte. Weil diese Enkel zum Haus Davids gehörten, betrachtete Kaiser Domitian sie als potenzielle Anführer des Aufstands gegen Rom; daher ließ er sie vor seinen Richterstuhl bringen. Sie zeigten dem Kaiser die Schwielen an ihren Händen und wiesen sich damit als Bauern aus, die nicht nach einem irdischen, sondern nach einem himmlischen Königreich trachteten. Sie wurden freigelassen und lebten bis ins zweite Jahrhundert hinein.
Wie bereits in der Einleitung zu 2 Petrus erwähnt: Wer den 2. Petrusbrief und sofort hinterher den Judasbrief liest, stellt viele Ähnlichkeiten fest. Dadurch wird klar, dass einer den anderen zitiert. Petrus schreibt in der Zeitform der Zukunft; Judas dagegen schreibt in der Vergangenheitsform. Petrus sagte Ereignisse voraus, die in der Zukunft eintreten würden; Judas schreibt über dieselben Ereignisse, nachdem sie sich bereits zugetragen haben.

Arnold Fruchtenbaum – Judas

Wir fürchten unsere Sünde, weil sie uns vor dem Bewusstsein der Fürsorge und Liebe Gottes blendet.

sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel; denn es steht geschrieben: „Seid heilig, denn ich bin heilig“. (3Mose 11,45)
Elberfelder 1871 – 1.Petrus 1,15–16

Euer ganzes Tun soll ausgerichtet sein an dem heiligen Gott, der euch berufen hat. In den Heiligen Schriften heißt es ja: »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.«
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Petrus 1:15–16

Jetzt sollt ihr leben wie Christus, der euch als seine Jünger berufen hat: Vorbildlich, ja heilig soll euer ganzes Leben sein. Genau das meint Gott, wenn er sagt: «Ihr sollt heilig sein, so wie ich heilig bin.» (- 3. Mose 19,2 -)
Hoffnung für alle – 1996 – 1. Petr 1,15–16

Wie sonst können wir überhaupt anfangen, die Heiligkeit Gottes und anderer zu festzunehmen, wenn wir merken Sie nicht gleichzeitig, dass wir getrennt sind, um heilig zu sein? Dies ist keine Ego-Anbetung, sondern die nüchterne Wahrheit des Geistes: Wir sind darin, unser Leben zu respektieren und sie als heilig zu schätzen, da Gott uns durch das Geschenk von Yeshua, unserem Messias, zu seinen Kindern erhöht hat…
Obwohl die meisten Weisen sagen, dass das größte Prinzip der Tora darin besteht, deinen Nächsten wie dich selbst zu lieben, sagte Ben Azzai, dass noch größer der Glaube daran ist, dass Gott Menschen in Seinem Gleichnis (created) geschaffen hat, seitdem kann man nicht sagen: ′′ Da ich mich selbst verachte, bin ich kann auch einen anderen verachten; da ich mich selbst verfluche, lass auch den anderen verfluchen.“ In Gottes Ähnlichkeit gemacht zu werden bedeutet, dass wir uns selbst und andere dieselbe Maßnahme sind, die wir Gott selbst betrachten (1 Johannes 4:20 ). Deshalb lautet das erste Gebot immer: ′′ Ich bin der HERR, dein Gott…“ (Exod. 20:2), da es außer Glauben keine Tora irgendeiner Art gibt….
Der HERR hat versprochen, uns niemals zu verlassen und zu verlassen, obwohl wir uns entscheiden können, uns von seiner Liebe abzuwenden und uns um unser Leben zu kümmern… Wir dürfen nicht andere fürchten, als dass wir keine Angst vor Gott haben, denn das ist in der Tat ein Ängstlicher Zustand der Seele. Möge es Gott uns helfen, uns zu helfen, niemals zu verlassen und uns selbst zu verlassen, indem wir uns entschieden haben, verloren zu gehen, indem wir vergessen, was real ist, und die Hoffnung in das Wunder für unser Leben verlassen… Möge der HERR uns helfen, nicht traurig zu sein, nicht zu sein, um nicht zu trauern verletzen uns selbst und niemals unsere Herzen der Verzweiflung der Schande überlassen.

Hebräisch für Christen

Das Leben der Kinder Gottes soll »heilig« sein, also ganz ausgesondert für Gott und ganz von ihm bestimmt. »Heilig sein« im »ganzen Wandel« geschieht dadurch, daß wir den Weisungen unseres Herrn aus seinem Wort gehorchen, daß der Geist Gottes so unser ganzes Leben gestalten darf. Wir werden nicht mehr vom Bösen gestaltet, auch nicht mehr von unseren Leidenschaften bestimmt; heilig zu leben heißt, vom Geist Gottes geprägt zu werden. Die Christusart gestaltet sich so in unserem Denken, Reden und Handeln aus. Darum kann Petrus sagen: »Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein.« Die Kindesart kommt nach dem Vater. Der heilige Gott hat uns »berufen«; das war sein Tun an uns. Das geschah durch die Wiedergeburt (vgl. zu V. 3), und nun bestimmt uns auch die Christusart. »Heilig sein« ist so zunächst gewiß keine eigene Leistung, zwingt uns nicht in Anstrengung unserer Kräfte; vielmehr ist es die Folge unserer Zugehörigkeit zum Herrn.
Trotzdem hat die Aufforderung »ihr sollt« entscheidende Bedeutung gerade auch für Christen. Denn Heiligung geschieht nicht automatisch und zwangsweise, sondern dann, wenn ich selber will und mich gestalten lasse. Der Imperativ – gewiß beruhend auf dem Indikativ – nimmt uns gerade als Person ernst. Wir können und sollen handeln nach dem Willen Gottes. Christliches Leben, heilig sein, heißt immer, das nun auch zu ergreifen und zu leben, was ich bin, wozu ich durch meine Berufung geworden bin.

1,16: »Denn es steht geschrieben (3 Mo 19,2): ›Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.‹«
Petrus spricht mit diesem Ruf zum »Heilig-Sein« nichts Eigenes aus, sondern er beruft sich auf die »Schrift«, auf das Gotteswort. Als Gott Israel seine Gebote gab, damit sie »heilig«, das heißt abgesondert von den Heiden, leben sollten, verwies er eben auf sich selbst. So wie er soll sein Volk auch sein: »Heilig«, von anderer Qualität als die Völker, so wie Gott von völlig anderer Art ist, mit nichts und niemandem zu vergleichen oder zu messen. Und diese unvergleichliche Qualität wird im täglichen Leben gelebt. Für Israel wie für die ntl. Gemeinde gilt: Heiligkeit wird zur Heiligung. Was ich bin, darf ich auch leben.

Edition C Bibelkommentar

In Vers 14 betont Petrus den Gehorsam. Er verwendet einen Hebraismus – Kinder des Gehorsams. Gehorsam ist sowohl Mutter als auch Charaktereigenschaft des Gläubigen und ein Zeichen wahren Glaubens. Zuvor wurden die Gläubigen dadurch charakterisiert, dass sie sich den Begierden anpassten; sie waren Kinder des Ungehorsams (Eph 2,2; 5,6). Jetzt sollen sie sich nicht länger nach den [früheren] Begierden verhalten. Das Wort euch anpassen wird noch an anderer Stelle gebraucht – in Römer 12 Vers 2, wo es sich auf die Ablehnung eines Lebensstils bezieht. Das abzulehnende Muster ist die Anpassung an die früheren Lüste und Begierden, die für ihre geistliche Unwissenheit selbstverständlich waren. Die Gläubigen sollen sich durch ihren Gehorsam auszeichnen.

In den Versen 15-16 betont Petrus ihre Heiligkeit. In Vers 15 ergeht der Aufruf zur Heiligkeit: wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist. Gott ist der Standard der Heiligkeit; er ist abgetrennt von allem Unreinen oder Bösen. Die Gläubigen sollten sich durch eine heilige Lebensführung auszeichnen: seid auch ihr im ganzen Wandel heilig. Gläubige sind berufen, heilig zu sein; die Kinder sollten ihren heiligen Vater nachahmen. Der Satzteil auch ihr betont diese ohnehin schon betonte Aussage. In eurem ganzen Wandel sollen sie sich durch Heiligkeit auszeichnen – das beinhaltet alle Bereiche ihres alltäglichen Lebens. In Vers 16 zitiert er aus 3 Mose 11,44 oder vielleicht 19,2 oder 20,7: Seid heilig, denn ich bin heilig.

Arnold Fruchtenbaum – Die Petrusbriefe

Zur Ehre Gottes, dessen Heiligkeit wir widerspiegeln

(Eph 5, 25–27; Hebr 12, 10–14; 1.Petr 1, 15–16; 2, 9–12; 1.Joh 3, 2–3) Deshalb leben wir! Wir Menschen sind dazu geschaffen, Träger von Gottes Ebenbild zu sein und seiner Schöpfung seinen Charakter zu zeigen (s. 1.Mose 1, 27). Deshalb überrascht es nicht weiter, dass Gott durch das ganze Alte Testament hindurch, in dem er ein Volk formte, das Träger seines Ebenbildes sein sollte, dieses Volk Heiligkeit lehrte, damit ihr Charakter dem seinen immer ähnlicher wurde (s. 3.Mose 11, 44a; 19, 2). Dies war zu alttestamentlichen Zeiten die Grundlage für Korrektur und sogar Ausschluss, als Gott sich selbst ein Volk bereitete; und dies war auch die Grundlage für die Gestaltung der neutestamentlichen Gemeinde (s. 2.Kor 6, 14–7, 1). Christen sollen auffallend heilig sein – nicht zu unserer eigenen Ehre, sondern zur Ehre Gottes. Wir sollen das Licht der Welt sein, damit die Menschen, wenn sie unseren guten Taten sehen, Gott loben (s. Mt 5, 16). Dasselbe sagt auch Petrus: „… und führt einen guten Wandel unter den Heiden, damit sie da, wo sie euch als Übeltäter verleumden, doch aufgrund der guten Werke, die sie gesehen haben, Gott preisen am Tag der Untersuchung“ (1.Petr 2, 12). Aus diesem Grund hat Gott uns berufen, erlöst und abgesondert (s. Kol 1, 21–22).

9 Merkmale einer gesunden Gemeinde

Beachten wir aber die Reihenfolge: Zuerst muss Gott Sein Werk tun; erst dann ist der Mensch überhaupt imstande, den Willen Gottes in seinem Leben zu erfüllen. Man kann nicht, wie manche meinen, möglichst heilig leben, um so in die Stellung eines Heiligen zu kommen. Unmöglich! Wie kann der natürliche, nicht wiedergeborene Mensch den Ansprüchen Gottes genügen? Die Praxis kann der Stellung nur folgen, nie umgekehrt. Aber sie muss es auch. Es ist uns als Gläubigen nicht freigestellt, ob wir uns darum bemühen wollen oder nicht, „denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit (Heiligung)“ (1 Thessalonicher 4,3).
Was ist das nun: Heiligung? Kurz gesagt, es bedeutet, zu leben für Gott; es ist ein Verhalten, das sich allein am Willen Gottes orientiert und Seinen Maßstäben genügt, denn Er selbst ist heilig.
Und hier nun will Gott Wachstum sehen, Fortschritt, Entfaltung – kein Stehenbleiben auf einer Stufe, denn das wäre der Ausdruck von Trägheit und Selbstzufriedenheit. Wir erkennen, dass dieses Wachstum lebenslang dauern wird. Aber das soll uns nicht entmutigen, denn es bedeutet schlussendlich, unserem Herrn ähnlicher zu werden, wenn auch bei Ihm kein Wachstum nötig war, denn Er war nie etwas anderes als vollkommen.
Wie kommen wir aber dahin, heilig zu leben? Gottes Wort zeigt uns zweierlei: Das eine haben wir zu tun, das andere tut Er.
Unsere Seite ist die Absonderung, die Trennung vom Bösen. Bewusst auf Distanz davon zu gehen bringt uns dem Herrn näher: „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen. … Lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (2 Korinther 6,17; 7,1). Die Verbindung mit Einflüssen oder Personen, die zur Unehre Gottes sind, behindert unser persönliches Wachstum und beeinträchtigt unsere Brauchbarkeit für den Herrn! Ob uns dieser Gedanke wohl genügend bewusst ist? „Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet“ (2 Timotheus 2,21). Gott sei Dank – wir sind dabei in unseren Bemühungen nicht auf uns allein gestellt. Gott unterstützt und fördert unser Wachstum. Unserem Herrn selbst war das so wichtig, dass Er es in Seinem Gebet zum Vater in Johannes 17 zu einem Seiner Anliegen macht: „Heilige sie durch die Wahrheit: Dein Wort ist Wahrheit.“
Er hat Seine Jünger damals und hat uns heute in derselben Weise in die Welt gesandt, wie der Vater Ihn in die Welt gesandt hatte. Aus eigener Erfahrung und Anschauung kannte Er die Einflüsse, die mit dem Aufenthalt in der Welt verbunden sind. Deswegen sagte Er dem Sinn nach: „Vater, angesichts all der Unreinheit der Welt und der Schliche Satans stärke Du selbst alle, die Du mir gegeben hast. Hilf ihnen, das Böse zu erkennen und sich entschieden davon zu trennen, damit sie in dieser Welt für dich dastehen, so wie ich in der Welt Deine Belange vertreten habe.“
Das Mittel, das Gott zu unserer Heiligung benutzt, ist „die Wahrheit“ – ein uns geläufiger Ausdruck, der dennoch einiger Überlegungen wert ist. Was ist „die Wahrheit“?
In einem Sinn können wir darunter das ganze Buch verstehen, das Gott in unsere Hände gelegt hat: Sein Wort, die Heilige Schrift. Hier finden wir die Wahrheit, weil dieses Buch uns in aller Reinheit und Klarheit Gottes Gedanken und Sein Urteil zeigt – über alles: über Ihn selbst, über Seinen Sohn, über den Menschen, die Engel, Satan, die Schöpfung; über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.
„Die Wahrheit“ im engeren Sinn hat aber noch eine besondere Bedeutung: Es ist die Art und Weise, in der Gott sich selbst in unserer Zeit offenbart hat – in der Haushaltung der Gnade. Hier geht es um die Tatsache, dass die Gläubigen Kinder Gottes sind, weil Er sich uns in Seinem Sohn als Vater vorgestellt hat. Der Herr Jesus konnte sagen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9).
Wenn wir heute als Gläubige die Bibel hören oder lesen, redet ihr Verfasser als unser Gott und Vater zu uns als Seinen Söhnen. Er hat uns „das Geheimnis seines Willens kundgetan“ (Eph 1,9) – das ist Sein ganzer Ratschluss. Und der Heilige Geist benutzt die Heilige Schrift, um uns als Söhne Gottes zu leiten (Röm 8,14).
Wenn also der Sohn den Vater bittet: „Heilige sie durch die Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit“, so redet Er von dieser unter allen Haushaltungen einmaligen Beziehung zu Gott, in die wir heute gebracht sind. Das auf die Heilige Schrift gegründete Wissen, dass Gott, der Heilige, unser Vater ist, soll uns zu einem praktischen Verhalten anleiten, das dieser gewaltigen Stellung entspricht. Wir sind so nah zu Ihm gebracht; lasst uns deshalb auch für Ihn leben!
Im Gedanken hieran schreibt Petrus: „Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel! Denn es steht geschrieben: ,Seid heilig, denn ich bin heilig.‘ Und wenn ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht …’• (1 Petrus 1,15-17).

Ermunterung und Ermahnung 2000


Gnadenlohn für jeden Diener

Der aber pflanzt und der begießt, sind eins; ein jeder aber wird seinen eigenen Lohn empfangen nach seiner eigenen Arbeit. (O. Mühe)
Elberfelder 1871 -1. Korinther 3,8

Der, der pflanzt, und der, der es begießt, arbeiten zwar beide an demselben Werk, aber jeder wird seinen besonderen Lohn erhalten, wie es seinem persönlichen Einsatz entspricht.
NeÜ bibel.heute Stand 2015 – 1. Korinther 3:8

Und was ist mit dem, der pflanzt, und mit dem, der begießt? Ihre Aufgaben, so unterschiedlich sie sind, dienen demselben Ziel (- Od der begießt? Sie stehen auf derselben Stufe (od Sie arbeiten am selben Werk; wörtlich Sie sind eins) -), und beide werden ´von Gott` ihren Lohn bekommen – den Lohn, der ihrem persönlichen Einsatz entspricht.
Neue Genfer Übersetzung 2013- 1. Korinther 3,8

Apollos und Paulus haben ihre Ämter von Christus erhalten (Eph 4,11). Sie waren die Werkzeuge, nicht etwa die Ursache, durch die die Korinther zum Glauben gefunden haben (vgl. 1Kor 2,4-5).
Alles Wirken geht allein auf Gott zurück: Er hat das Gedeihen gegeben (1Kor 3,6.9), daher soll auch ihm allein das Verdienst dafür zugerechnet werden (V. 7). Als seine Knechte stehen Paulus und Apollos nicht in einem Wettkampf, sondern ergänzen einander in ihrem Amt (V. 8). Es ist ihre Aufgabe, die Kirche zur Vollendung zu führen, d. h. zum Ebenbild Christi zu formen ( Eph 4,12-13 ). Entsprechend ihrer Treue gegenüber dieser Aufgabe werden sie belohnt werden (vgl. 1Kor 4,2-5 ). Denn wenn ein geistlicher Lehrer auch der Gemeinde dient, so ist er doch in erster Linie Gott verantwortlich. Paulus und Apollos arbeiten gemeinsam für Gott auf seinem Ackerfeld, der Kirche (3,9).

Walvoord Bibelkommentar

Beide Diener, der »pflanzt« und der »begießt«, stehen auf einer Stufe – vor Gott als die seiner Wachstumskraft Bedürftigen. So ist der Eifersucht, dem Neid und dem Hochmut gewehrt. Nicht jeder hat dieselbe Aufgabe, aber jeder ist von dem einen Herrn beauftragt und bedarf der Bestätigung, der Fruchtbarmachung seines Dienstes durch eben diesen Herrn. Es geht hier nicht um Gleichmacherei, sondern um die Platzanweisung unter dem Herrn, unter Gott, der allein Gott ist. Jeder Diener wird seinen eigenen Lohn empfangen »nach seiner Arbeit«, nach seiner eigenen, besonderen Mühe. Diese Platzanweisung unter Gott ist verbunden mit der Verheißung des Lohnes. Hier redet Paulus wie Jesus, der oft vom »Lohn« – der griechische Begriff ist besonders in der Militärsprache gebraucht, etwa als »Sold« oder auch »Kampfpreis« – redete (vgl. Mt 5,46; 6,1; 10,41; 20,8; 24,51; Lk 6,23; 10,7; Joh 4,36; auch 1 Mo 15,1; Ps 19,12; Jes 49,4; und 1 Kor 9,18; 2 Jo 8; Offb 11,18; 22,12). Dabei wird der Lohngedanke biblisch in doppelter Weise gegenüber natürlichem Denken verdeutlicht: Der Lohn wird nicht nach den Erfolgen bemessen, sondern nach der »Arbeit«, eigentlich nach der »Mühe« (ganz wörtlich: nach »dem Standhalten in Schlägen«), also nach der Treue und dem Gehorsam auf dem Jesusweg des Leidens und der Verfolgung. Gerade dann, wenn der Dienst im Reich Gottes nicht in Erfolgen, in Leistungen und Wirkungen sichtbar wird, resigniert der Diener schnell. Gott aber belohnt die durchhaltende Treue, den ausharrenden Gehorsam. Und zum zweiten gilt: Keiner hat Anspruch auf Lohn; es ist unverdienter Gnadenlohn, den Gott in schenkender Liebe gibt. Es »lohnt sich«, Jünger Jesu zu sein, denn unser Herr ist überreich schenkend.

Edition C Bibelkommentar

So fährt Paulus fort: „Der Pflanzende und der Begießende sind eins“, jeder gleich nötig, jeder auf das Geben und Wirken des Herrn angewiesen. Keiner kann sagen, welches das größere Werk sei: eine Gemeinde an einem Ort wie Korinth erstmalig gründen oder sie gerade in einer Stadt wie Korinth am Leben erhalten und mehren. Gott selbst muß das eine wie das andere tun. Eifersucht zwischen dem „Pflanzenden“ und „Begießenden“ und Eifersucht in der Gemeinde für den einen und für den andern ist völlig fehl am Platz und verkennt die eigentliche Wirklichkeit. Beide „sind eins“ und dürfen darum auch miteinander und für die Gemeinde „eins“ sein.
Freilich gibt es für die Diener „Lohn“. Das ganze NT zweifelt nicht daran, daß der Herr seinen Dienern „Lohn“ zahlt. Aber das ist nun ganz wichtig: dieser „Lohn“ richtet sich nicht nach dem „Erfolg“ der Arbeit, sondern nach ihrer „Mühe“. Der „Erfolg“ ist ja immer „Frucht“, die wir überhaupt nicht schaffen können, sondern nur der „wachsenlassende Gott“. Dafür können wir darum auch nicht belohnt werden, sondern „jeder aber wird seinen eigenen Lohn empfangen nach seiner eigenen Arbeitsmühe“. Das Wort „Arbeit“ hat hier — wie in der ganzen, so realistischen Bibel — den Sinn der „Mühsal“. Wirkliche Arbeit ist nie einfach Vergnügen, auch gerade die „geistliche“ Arbeit, der Dienst an der Gemeinde Gottes, ist es nicht. Sie ist harter und ermüdender Einsatz der Kraft. Die Briefe der Apostel zeigen uns sehr anschaulich, wie diese „Arbeitsmühe“ aussieht, welche Fülle von Kampf, Kummer, Enttäuschungen und Rückschlägen neben aller Freude mit dem Dienst an der Gemeinde verbunden ist. Paulus ist überzeugt: „Ich habe mehr gearbeitet als sie alle“ (15, 10). Er wird gerade den Korinthern, die den geistlichen Genuß liebten, sehr ernstlich schildern, was apostolische „Arbeit“ heißt (4, 6–13). An dem Maß solcher Arbeit bemißt sich der Lohn. Den Lohn zahlt aber nicht die Gemeinde nach ihrer Gunst und Ungunst, sondern der Herr.

Wuppertaler Studienbibel

Merken wir uns, wonach der Lohn ausgeteilt wird: nach der Arbeit, nicht nach der Faulheit oder faulem Frommtun, – nach der Arbeit, wie eins für den HErrn und Seine Sache arbeitet. Es gibt aber heutzutage viele Christen, denen das Arbeiten für den HErrn und Seine Sache gar nicht einfällt, obwohl sie an einem fort schmeichelig tun mit dem Heilande, immer für sich, wer weiß wie viel ansprechen, immer nur wollen, daß es ihnen innerlich wohl sei, Frieden wollen und Ruhe wollen, und wenn etwas ihnen wehe tut, das nur gleich weg haben wollen. In dieser Weise sind sie Christen, tun aber sonst rein nichts, wodurch die Sache Christi, etwa auch am Andern, gefördert wird. Bei ihnen wird einmal der Lohn schmal ausfallen, wie die Arbeit gering oder gewesen ist.
Deswegen müssen wir sehr darauf achten, daß wir, wenn wir wollen des HErrn Diener sein, Ihm auch etwas nütze sind in unserem Teil, nicht wie wir’s uns ausdenken und auswählen, sondern nur auch, wie Er’s uns gelegentlich anweist. Wenn Er ruft, sollen wir laufen; wenn Er winkt und Andeutungen gibt, – und der Fleißige merkt das schnell, – sollen wir nicht lange uns besinnen, oder grübeln, bis wir endlich den Kopf schütteln und sagen: „Das mag ich nicht! Das ist mir zu unbequem, das bringt mich aus der Fassung, das übersteigt meine Kräfte!“ – wie’s eben mancher tut, der nicht dran will und lieber in süßer Ruhe sein Leben hinbringt. Diese Weigerung gegen den HErrn, dieses Nichtwollen, wenn Er winkt, dieses sich Zurückziehen in den Winkel, etwa mit dem Vorgeben, man tauge ja doch nicht, andere verständen das besser, – das wird einmal angerechnet werden. Denn der HErr wird danach fragen; und es wird nicht gar leicht werden, bei Verschuldungen dieser Art so gar gut durchzukommen.
Bei der Arbeit für den HErrn übrigens kommt auch wieder viel darauf an, ob man’s mit eigenem Geist tut, oder mit demütiger Selbstverleugnung rein nach dem Sinn und Geist und Willen des HErrn. Man kann auch ungeheißen mit Eigenliebe, Selbstgefälligkeit, fleischlicher Anmaßung, Eigensinn und Großtuerei viel anfangen; und da verderbt man dem HErrn oft mehr, als man gut macht, weil man da nicht Gottes Mitarbeiter ist, wie der Spruch sagt. Also nicht auf jede Arbeit, sondern je nachdem die Arbeit ist, folgt einst der Lohn. Bisweilen scheint der liebe Gott schon hienieden zu manchen Arbeitern, auf die wir viel halten, zu sagen: „Geh‘ beiseite, ich kann dich nicht brauchen!“ und es könnte, wenn nur auch je und je, – denn wir dürfen nicht richterisch werden, – wohl begriffen werden, warum sie Gott krank werden läßt, weil sie, wenn sie gesund wären, viel mehr schaden, als nützen würden; – oder werden sie gar abgerufen. Wenigstens wird’s nicht verkehrt gedacht sein, wenn je und je bei eintretender Unfähigkeit zur Arbeit, da einer sagt: „Ich möchte so gerne für den Heiland etwa tun und kann nicht,“ überlegt würde, ob der liebe Gott nicht etwas sagen wollte über die Art der Arbeit, daß diese eben besser nach Seinem Sinn werden sollte, damit man wirklich Sein Mitarbeiter würde. Also auch die Art und Weise, mit der man arbeitet, ist wichtig; und wie viel haben wir doch da zu lernen, ob nun unsre Arbeit Berufssache oder freie Wahl sein mag! Die Rechenschaft aber an jenem Tage über Untätigkeit oder verkehrte Tätigkeit wird immerhin eine ernste sein! Ach, daß wir nur immer in der Demuth blieben, mit welcher wir leicht zu Gnaden kommen könnten

Christoph Blumhardt – Andachten zu biblischen Büchern – Neues Testament

Paulus wechselt nun das Bild von einer Familie zu einem Feld; er stellt den Pfarrer als einen Landwirt dar, der auf dem Feld arbeitet. Die Saat ist das Wort Gottes (vgl. das Gleichnis vom Sämann in Mt 13,1ff), und die Herzen der Menschen sind die verschiedenen Arten von Boden. Die Ortsgemeinde ist ein „geistlicher Garten“, in dem der Pastor als Gärtner fungiert (siehe V. 9 – „Ihr seid Gottes Hauswirtschaft [Gottes Garten]“).
Auf jedem Bauernhof werden viele verschiedene Arbeiter benötigt. Einer bereitet den Boden vor, ein anderer pflanzt den Samen, ein dritter jätet das Unkraut und ein vierter erntet die Ernte. Aber sie alle haben Anteil an der Ernte, und jeder erhält seinen Lohn. „Wie töricht von euch, einen Arbeiter mit einem anderen zu vergleichen“, sagt Paulus. „Wir arbeiten alle zusammen. Ich habe den Samen gesät, indem ich die Gemeinde in Korinth gegründet habe; Apollos kam hinzu und bewässerte den Samen durch seine Predigt und seinen Dienst; aber die Ernte kann nur Gott geben. Apollos und mir gebührt kein Ruhm! Wir sind nichts, aber Gott ist alles!“ Die Gemeinde war wegen der menschlichen Leiter gespalten, aber Paulus sagt in V. 8, dass die Arbeiter eins sind, vereint in Ziel und Herz; deshalb sollte auch die Gemeinde eins sein. Wie tragisch ist es, wenn Christen Pastoren, Evangelisten und Bibellehrer so vergleichen, wie die Menschen in der Welt Sportler oder Filmstars vergleichen! „Gemeinsam arbeiten“ muss immer unser Motto und Motiv sein. Wir müssen darauf achten, dass der Boden unseres eigenen Herzens nicht hart und kalt ist und den Samen des Wortes nicht aufnehmen kann.

Wiersbe – Wiersbe’s expository outlines on the New Testament

Unterschiedliche Bereiche des Dienstes? Jeder nur direkt Jehovah unterstellt?

Jehova hat uns das Gewissen gegeben, damit wir über uns selbst urteilen, nicht über andere

Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet; denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maße ihr messet, wird euch gemessen werden.
Elberfelder 1871 – Mattäus 7,1–2

»Verurteilt nicht andere, damit Gott nicht euch verurteilt! (- Mk 4,24; Röm 2,1; 14,10–12 -) Denn euer Urteil wird auf euch zurückfallen, und ihr werdet mit demselben Maß gemessen werden, das ihr bei anderen anlegt.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 7,1–2

„Erschreckt es euch, wenn ich euch sage, dass ihr eure ewige Zukunft selbst in der Hand habt? Euer Vater im Himmel wird an euch keinen anderen Maßstab anlegen als den, mit dem ihr andere Menschen beurteilt habt. Je härter und unbarmherziger ihr mit anderen umgegangen seid, desto härter und unbarmherziger wird auch mit euch umgegangen werden, wenn ihr einmal vor Gott stehen werdet. Wenn ihr zeitlebens an eure Mitmenschen einen hohen Maßstab angelegt habt, dann stellt euch darauf ein, dass ihr nach dem gleichen Maßstab beurteilt werdet.
Willkommen daheim – Matthäus 7:1–2

Die Überschrift heute stammt aus „Bleibt in Gottes Liebe“

Alles hat zwei Seiten:
Von dem bekannten elsässischen Pfarrer Oberlin wird erzählt, er habe über seinem Schreibtisch ein Bild hängen gehabt, das von rechts gesehen bläulich und von links rötlich schimmerte. Kam nun ein Brautpaar zu ihm, um die Trauung zu bestellen, dann ließ er den Bräutigam das Bild von rechts betrachten und die Braut von links, oder umgekehrt. Dann fragte er die beiden, welche Farbtönung das Bild habe, und die Antwort fiel natürlich verschieden aus.
Dann sagte Oberlin: “Wechselt nun die Plätze!” Und wenn das geschehen war, stellte er noch einmal die gleiche Frage und erhielt darauf von jedem der Brautleute die der vorigen entgegengesetzte Antwort. Daran knüpfte der Pfarrer die Lehre: “Wenn ihr einmal in eurer Ehe eine Meinungsverschiedenheit oder einen Streit habt, so tut dasselbe, was ich euch vorhin vor dem Bild geraten habe. Wechselt die Plätze, stellt euch in Gedanken auf die andere Seite, versetzt euch in seine Lage und beurteilt von hier aus das, worüber ihr gestritten habt.”
Jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. In der Regel sehen wir nur eine, und unser Urteil ist fertig. Diese Einseitigkeit schafft Spannungen, Streit und verhärtet die Herzen. Versetzen wir uns mal in die Lage des anderen. Sehen wir mal das Problem durch die Brille des anderen. Aber es erfordert Selbstverleugnung und Nächstenliebe. Wir müssen herunter vom Sockel unserer Selbstgerechtigkeit. Denn Richten ist lieblos und macht selbstherrlich. Richtet nicht, “denn mit dem Urteil, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden”, sagt Jesus. Das gilt hier und dort.

CMV-Materialsammlung

Kennst du den Unterschied zwischen dem Beurteilen und dem Verurteilen? Ein Lehrer oder eine Lehrerin beurteilt die Leistung eines Schülers und gibt ihm eine Note. Das ist eine Beurteilung. Du kannst eine Situation in deinem eigenen Leben oder im Leben eines anderen beurteilen. Du kannst deine Meinung sagen und kannst deine Erfahrungen dazu sagen, deine Gedanken, deinen Rat geben. Du kannst auch sagen: „Das finde ich gut“, oder: „Das finde ich schlecht.“
Verurteilen ist jedoch etwas ganz anderes. Darüber spricht Jesus. Er sagt: „Wer verurteilt, der maßt sich etwas an, was nicht zu ihm gehört, der maßt sich etwas an, was nur Gott überlassen werden soll.“ Gott ist der letzte Richter, der das letzte Wort über das Leben eines Menschen hat – egal, wer das ist. Zum Glück ist das so, denn Gott wird ein gerechter Richter sein. Er wird sein Urteil sprechen. Auch das wird keine Verurteilung sein, sondern auch eine Beurteilung. Das sagt Jesus. Er sagt: „Mit dem Maß, mit dem ihr andere verurteilt, werdet ihr beurteilt.“ Gott ist derjenige, der das letzte Wort hat.
Anscheinend ist diese Verurteilungs-Geschichte eine Sache, die ständig vorkommt, denn sonst würde Jesus dieses Thema hier nicht aufgreifen. Er sagt, gerade unter Menschen, die an Gott glauben, sollte das eigentlich nicht vorkommen, aber es kommt vor.

Die Bibel für Kopf und Herz (Der bibletunes-Kommentar)

Eine Warnung vor dem Richten (Vers 1–2). Das Verbot: „Richtet nicht.“ Wir müssen uns selbst und unsere eigenen Taten richten, doch wir dürfen nicht unseren Bruder richten. Wir dürfen nicht auf dem Richterstuhl sitzen, um unser Wort für jedermann zum Gesetz zu machen. Wir dürfen ihn nicht verachten oder abtun (s. Röm 14,10). Wir dürfen nicht vorschnell richten, wir dürfen nicht lieblos und unbarmherzig richten oder mit einem rachsüchtigen Geist und dem Wunsch, Schwierigkeiten zu verursachen. Wir dürfen nicht die Herzen anderer oder ihre Absichten richten, denn es ist Gottes Vorrecht, das Herz zu prüfen (s. Ps 7,10; Spr 17,3; 1.Thess 2,4). Wir dürfen auch nicht über ihren ewigen Stand richten noch sie „Heuchler“, „Verworfene“ und „Ausgestoßene“ nennen; das heißt die Grenze überschreiten; welches Recht haben wir, den Knecht einer anderen Person auf diese Weise zu richten? Raten Sie ihnen, helfen Sie ihnen, doch richten Sie sie nicht. Der Grund, um dieses Verbot zu unterstützen: „… damit ihr nicht gerichtet werdet!“ Dies deutet darauf hin:
1.1 Dass, wenn wir es uns erlauben, andere zu richten, wir erwarten können, selbst gerichtet zu werden. Im Allgemeinen wird niemand mehr kritisiert als die, die selbst sehr kritisch sind. Man zeigt gegenüber dem Ruf derjenigen keine Barmherzigkeit, die gegenüber dem Ruf anderer keine Barmherzigkeit zeigten (s. Jak 2,13). Das ist jedoch nicht das Schlimmste daran; sie werden auch von Gott gerichtet werden: Von ihm werden sie „ein strengeres Urteil empfangen“ (Jak 3,1). Beide Parteien müssen vor ihm erscheinen (s. Röm 14,10), der sowohl den demütig Duldenden entlasten als auch dem vermessenen Spötter widerstehen (s. Spr 21,24) und sie recht richten wird.
1.2 Dass wir, wenn wir maßvoll und nachsichtig in unserer Kritik mit anderen sind, es ablehnen, sie zu richten, und stattdessen uns selbst richten, nicht vom Herrn gerichtet werden sollen. So wie Gott denen vergeben wird, die ihren Brüdern und Schwestern vergeben, so wird er die nicht richten, die sich weigern, ihre Brüder und Schwestern zu richten; der Barmherzige soll Barmherzigkeit erlangen (s. Mt 5,7). Das Richten von denen, die andere richten, gründet sich auf das Gesetz der Vergeltung. „Denn mit demselben Gericht, mit dem ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden“ (Vers 2). Der gerechte Gott befolgt in seinem Gericht oft die Regel des Gleichmaßes. „… und mit demselben Maß, mit dem ihr anderen zumesst, wird auch euch zugemessen werden“, vielleicht in dieser Welt, sodass die Menschen ihre Sünde an ihrer Strafe lesen können. Was würde aus uns werden, wenn Gott genauso genau und streng in seinem Richten über uns wäre, wie wir es beim Richten unseres Bruders oder unserer Schwester sind, wenn er uns mit dem gleichen Maß messen würde? Dies können wir zu Recht erwarten, wenn wir Protokoll über das halten, was unsere Brüder oder Schwestern falsch machen. In dieser wie in anderen Angelegenheiten, kehren die gewaltsamen Taten von Menschen auf ihre eigenen Köpfe zurück.
Einige Warnungen über das Tadeln. Aus dem Verbot des Richtens anderer, was eine große Sünde ist, folgt nicht, dass wir andere nicht tadeln dürfen, was eine große Pflicht und möglicherweise ein Mittel ist, eine Seele vom Tod zu erretten (s. Jak 5,20).

Der Neue Matthew Henry Kommentar

Jesu Aussage »Richtet nicht« heißt nicht blind sein gegen all das Unrecht, was die Menschen tun. Richtet nicht, heißt auch nicht, jeder Urteilsbildung über das Verhalten des Menschen sich enthalten. Nein, »Prüfen und Wachen und Achthaben« auf alles das, was vor Gott nicht recht ist, ist Aufgabe des einzelnen Christus-Nachfolgers, als auch Pflicht der Gemeinde Jesu fort und fort. Darin liegt auch der sogenannte »Öffentlichkeitsanspruch des Evangeliums« begründet. Ein Johannes der Täufer hat recht getan, wenn er sagte: »Es ist nicht recht, daß du, Herodes-Antipas, Ehebruch treibst.« (Vgl. Mt 14,4.) Und Jesus selbst hat fort und fort die Heuchler scharf gerichtet. Auch die Umkehr, die Bekehrung ernst predigen und die Sünde aufs härteste verurteilen ist nicht »Richten«.
Was meint der Herr nun mit dem »Richten«, das verwerflich ist? – Er meint mit dem verwerflichen Richten das lieblose Richten, das besonders gern hinter dem Rücken des Nächsten geschieht. Und was ist oft der Grund solch eines lieblosen Richtens und Verdammens hinter dem Rücken des Nächsten? Es ist die geheime Schadenfreude am Unglück des Nächsten. Das eigene Ich will von dem dunklen Hintergrund des vermeintlichen Unrechts des andern um so heller sich abheben! Wir machen gern den anderen klein, um selber groß zu scheinen. Die Überschätzung der eigenen Glaubenserfahrung und Erkenntnis ist der immer wieder vorkommende Ausgangspunkt eines lieblosen Richtens über den Nächsten! Man meint, der andere stehe nur dann »richtig im Glauben«, wenn er genau dieselben Zeichen von Bekehrung, Wiedergeburt, genau dieselben Glaubenserlebnisse usw. aufzuweisen habe. Daraus folgt der Richtgeist und der Bekehrungseifer. –
Der Christus-Nachfolger hat die Aufgabe, an die Stelle des Richtens den brüderlichen Hilfsdienst zu setzen. Nicht Kontrolleur, nicht Scharfrichter – Samariter gilt es zu sein. Den Holzsplitter unterm Fingernagel oder den Fremdkörper im Auge kann nur die Samariterhand des Bruders entfernen und nicht die Moralpredigt oder das Urteil eines lieblosen Richtens.
Das helfende Bußwort der Liebe kann nur dann heilsam gesagt werden, wenn das aufrichtige Bewußtsein der eigenen Schuld und Unvollkommenheit dahinter steht.

Wuppertaler Studienbibel

Die Praxis wahrer Gerechtigkeit wird sich darin manifestieren, wie der Gläubige andere beurteilt. Das Prinzip findet sich in Matthäus 7,1: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. Die ersten drei Ermahnungen sind alle in der Negation ausgedrückt (legt nicht, seid nicht und richtet nicht), was auf drei Dinge hinweist, die Gläubige nicht tun sollten.

Matthäus 7,1 ist aus dem Zusammenhang gerissen worden, um zu lehren, dass Gläubige andere unter keinen Umständen richten sollen, aber das widerspricht anderen Stellen in der Schrift, wo Gläubige aufgefordert werden, in bestimmten Fällen ein Urteil zu fällen. Sogar Matthäus‘ eigenes Evangelium lehrt in Kapitel 18 die Prinzipien der Gemeindezucht, die ein Richten erfordern. Die persönliche Konfrontation eines Gläubigen mit einer Sünde erfordert ein gewisses Maß an Urteilsvermögen. Jeschua lehrt nicht, dass Gläubige niemals richten sollen. Der eigentliche Punkt, der hier gemacht wird, ist vielmehr: Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch gemessen werden (Matthäus 7,2). Gläubige sollen keine menschengemachten Maßstäbe verwenden, um andere zu beurteilen. Die religiösen Führer zu Jeschuas Zeiten benutzten die Mischna, um andere Juden zu beurteilen, deren Geistlichkeit sie dadurch bestimmten, dass sie maßen, inwieweit sie diesen menschengemachten Standards entsprachen. Die Kirche ist in dieselbe Falle getappt, indem sie kirchliche Regeln als Kriterium für die Messung der eigenen Spiritualität verwendet. Der einzige richtige Maßstab ist jedoch die Heilige Schrift, und die einzige richtige Grundlage für die Beurteilung sind Gottes Maßstäbe, nicht menschengemachte Maßstäbe.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Sind andere Menschen glücklich, dann freut euch mit ihnen. Sind sie traurig, dann begleitet sie in ihrem Kummer.

Freuet euch mit den sich Freuenden, weinet mit den Weinenden.
Elberfelder 1871 – Römer 12,15

Wenn andere fröhlich sind, dann freut euch mit ihnen. Weint aber auch mit den Trauernden!
Hoffnung für alle – 1996 – Römer 12,15

Wenn Leute gut drauf sind, dann freut euch mit ihnen. Und wenn sie depressiv sind, dann weint mit ihnen.
VolxBibel – Römer 12:15

Paulus verstand auch, dass Gott uns göttliche Waffen gegeben hat, die wir bei unserer Suche nach Frieden einsetzen können. Zu diesen Waffen gehören die Heilige Schrift, das Gebet, die Wahrheit, die Gerechtigkeit, das Evangelium, der Glaube, die Liebe, die Freude, der Friede, die Geduld, die Freundlichkeit, die Güte, die Treue, die Sanftmut und die Selbstbeherrschung (Epheser 6,10-18; Galater 5,22-23). Vielen Menschen scheinen diese Mittel und Eigenschaften schwach und nutzlos zu sein, wenn es um „echte“ Probleme geht. Doch das sind genau die Waffen, die Jesus benutzte, um Satan zu besiegen und die Welt zu erobern (z.B. Mt. 4,1-11; 11,28-30; Johannes 14,15-17). Da Jesus sich entschied, diese Waffen zu benutzen, anstatt auf weltliche Waffen zurückzugreifen, sollten wir dasselbe tun.

In Römer 12,14-21 wird beschrieben, wie wir uns verhalten sollen, wenn wir diese geistlichen Waffen einsetzen, besonders im Umgang mit Menschen, die sich uns widersetzen oder uns schlecht behandeln:
Segnet die, die euch verfolgen; segnet und flucht nicht. Freut euch mit denen, die sich freuen; trauert mit denen, die trauern. Lebt in Harmonie miteinander. Seid nicht hochmütig, sondern seid bereit, mit Menschen von geringer Stellung Umgang zu pflegen. Seid nicht eingebildet. Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid darauf bedacht, das zu tun, was in den Augen aller richtig ist. Wenn es möglich ist, lebe, soweit es von dir abhängt, mit allen in Frieden. Rächt euch nicht, meine Freunde, sondern lasst Raum für den Zorn Gottes, denn es steht geschrieben: „Es ist mein, mich zu rächen; ich will vergelten“, spricht der Herr. Ganz im Gegenteil: „Wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen; wenn er durstig ist, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, wirst du brennende Kohlen auf sein Haupt häufen.“ Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Dieser Abschnitt zeigt, dass Paulus das klassische militärische Prinzip verstanden hat, dass die beste Verteidigung ein effektiver Angriff ist. Er ermutigte nicht zu einer passiven Reaktion auf das Böse. Stattdessen lehrte er, dass wir in die Offensive gehen sollten – nicht um unsere Gegner niederzuschlagen oder zu zerstören, sondern um sie zu gewinnen, ihnen zu helfen, die Wahrheit zu erkennen und sie in eine rechte Beziehung zu Gott zu bringen. Wie dieser Abschnitt zeigt, gibt es fünf grundlegende Prinzipien, die zu einer siegreichen Offensive beitragen. Wir haben die meisten dieser Prinzipien bereits in früheren Kapiteln erwähnt, aber jetzt werden wir sie noch einmal betrachten, um zu sehen, wie wir sie bei Menschen anwenden können, die sich unseren Bemühungen, Frieden zu schaffen, hartnäckig widersetzt haben.

Ken Sande – Der Friedensstifter – Ein biblischer Leitfaden zum Lösen von persönlichen Konflikten

Mit Trauernden zu weinen war in der Kultur der Antike fast überall ein Ausdruck der Sympathie. Philosophen und Moralisten warnten zwar häufig vor zu vielem Weinen, da es sinnlos und nutzlos sei, doch bei jüdischen Hochzeitsund Trauerfeiern (einschließlich der Begräbnisprozessionen, an denen die gesamte Öffentlichkeit teilnahm) wurde das Verhalten erwartet, zu dem Paulus die Christen hier auffordert.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Die folgenden drei Verse sprechen von den Reaktionen eines Gläubigen auf die Handlungen und Gefühle anderer – sowohl Christen als auch Nicht-Christen. Haß, der sich in Verfolgungen äußert, erweckt meist wieder Haß. Paulus aber gebietet: Segnet, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht (vgl. Mt 5,44). Vielleicht dachte er dabei an Stephanus (Apg 7,59-60) und an Jesus Christus (Lk 23,34). Beide hatten diese Worte gelebt und Gott noch im Tod um Vergebung für ihre Verfolger gebeten.
Christen sollen in der Lage sein, mit anderen – Gläubigen und Nichtgläubigen – mitzuempfinden. Paulus verlangt: Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. Das aber setzt zunächst einmal die Einheit unter den Christen voraus: Seid eines Sinnes untereinander (vgl. Röm 15,5; Phil 2,2; 1 Petrus 3,8). Die Harmonie unter den Christen ist die Grundlage für ihre Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen. Auch diesen Gedanken formuliert Paulus noch genauer, und zwar sowohl positiv als auch negativ: Trachtet nicht nach hohen Dingen (wörtlich: „Denkt nicht hoch von euch selbst“; vgl. Röm 11,20; 12,3), sondern halteteuch herunter zu den geringen (vgl. Jak 2,1-9). Er faßt beide Aufforderungen in dem Gebot zusammen: Haltet euch nicht selbst für klug (vgl. Sprüche 3,7; Röm 11,25), denn eine solche Einstellung macht das Verständnis für andere unmöglich.

Walvoord Bibelkommentar

Damit schließt dieser Teil der Ermahnungen, und unser Blick wird darauf gelenkt, wie Christus selbst hienieden gehandelt hat: „Segnet die euch verfolgen, segnet und fluchet nicht. Freuet euch mit den sich Freuenden, weinet mit den Weinenden” (V. 14.15). Ein welch vollkommenes Beispiel hat unser hochgelobter Herr uns in diesem allen gegeben! Er vergoß Tränen tiefsten Mitgefühls über die Stadt voller Mörder, betete für Seine Feinde, und Seine Liebe war groß genug, um Ihn an den Freuden und Leiden der Menschen um Ihn her innig Anteil nehmen zu lassen. Machen wir es auch so, entgegen unserer so leicht erregbaren und selbstsüchtigen Natur!

Gerechtfertigt aus Glauben: Römerbrief

Vierzehntens: Segnet, die euch verfolgen; segnet und flucht nicht (V. 14).[155] Das griechische Wort für „segnen“, eulogeó, bedeutet „gut reden“ oder „loben“. In Lukas 24,50 und an anderen Stellen wird eulogeó verwendet, wenn Gott Menschen segnet. In Lukas 1,64 und an anderen Stellen wird es verwendet, wenn Gott sein Volk segnet. In Römer 12:14 taucht der Begriff zweimal auf, und beide Male setzt Paulus ihn in den aktiven Imperativ der Gegenwart, um zu betonen, dass das Segnen zur Gewohnheit im Leben der Gläubigen werden soll. Dieses Prinzip wird auch in 1. Petrus 3,8-9 erläutert:
Jedes Mal, wenn Gläubige bekämpft und angefeindet werden, sollten sie es ihren Gegnern vergelten, indem sie sie segnen.

Fünfzehntens: Freue dich mit denen, die sich freuen (V. 15a).[156] Anders als in der englischen Übersetzung fehlt im griechischen Vers die richtige Verbform. Eine wörtlichere Übersetzung des Verses wäre „sich mit den sich Freuenden freuen“. Die Gläubigen sollen sich mit denen identifizieren, die etwas haben, worüber sie sich freuen können.

Sechzehntens: Weint mit denen, die weinen (V. 15b). Die Gläubigen sollen sich auch mit denen identifizieren, die über einen Verlust oder eine Katastrophe trauern.

Arnold G. Fruchtenbaum – Ariel’s Bibelkommentar: Römer

Dieser Vers richtet sich an dieselben Leser. Die Verfolger können sehr wohl dieselben sein, die unter anderen Umständen Mitgefühl brauchen. Der Christ kann da nicht wählerisch sein. Ob wir mit Reichen oder Armen zu tun haben oder vor Angenehmem oder Unangenehmen stehen, ob sich Freuden oder Trübsale des Lebens ankündigen – wir müssen so reagieren, wie es die Umstände erfordern. Unsere Reaktion muß unvoreingenommen sein. Unser Herr machte bei der Freude der Hochzeit zu Kana mit, und am Grab des kurz zuvor verstorbenen Lazarus weinte er mit den Trauernden. Der Ausdruck »erschütterte sich« (Johannes 11,33) verdeutlicht, daß Er Seine Gefühle beherrschte. Er weinte, doch wurde Er nicht von ungezügelten Gefühlen der Erschütterung beherrscht. Der Gläubige sollte in Freude wie in Leid über seinen Gefühlen stehen. Doch gleichzeitig müssen wir einsehen, daß mit zunehmender Intensität der Beziehung auch die Anteilnahme intensiver wird.
    Es ist eine wohlbekannte Tatsache, daß das »Weinen mit den Weinenden« einfacher ist als das »Freuen mit den sich Freuenden«. Wenn es um Sorgen geht, spielt Neid keine Rolle, doch wenn es einen Grund zur Freude gibt, kann Neid tatsächlich ein Problem sein. Man braucht eine edle Gesinnung, um an der Freude eines anderen teilzuhaben, insbesondere wenn diese Person bisher wenig Interesse an den Freuden und Leiden anderer gezeigt hat. Die Maßstäbe des Christseins sind hoch. Wenn sich die Christen schon nicht richtig verhalten, kann man das von anderen erst recht nicht erwarten. Außerdem kann heute ein Tag der Freude oder des Leids für jemand anderes sein, und morgen ist Freude oder Leid womöglich das Los des Gläubigen. Deshalb geziemt es sich für alle, zu wissen, wann die rechte Zeit zum Mitfreuen und die Zeit zum Mitweinen ist.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt