Schlagwort: Jesus

„Stecke dein Schwertmesser weg an seinen Ort! Denn alle zum Schwertmesser Greifenden werden durch Schwertmesser umkommen.“ – Übersetzung Peter Knauer

Da spricht Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort; denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen.
Elberfelder 1871 – Matthäus 26,52

Und siehe!, einer von denen, die bei Jesus [waren], streckte die Hand aus und zog sein Schwert heraus, und er schlug den Knecht des Oberpriesters und trennte dessen Ohr ab.
Daraufhin sagt Jesus zu ihm: „Steck dein Schwert an seinen Platz, denn alle, die ein Schwert ziehen, werden durch ein Schwert sterben.
Leonberger Bibel – byzantinischen Text von Robinson-Pierpont 05 – Matth. 26,51–52

Einer von seinen Freunden hatte ein langes Messer dabei. Blitzschnell zog er es aus dem Mantel, ging auf einen der Securityleute los und schnitt ihm im Kampf ein Ohr ab.
„Hör auf damit!“, sagte Jesus, „Wer versucht, Sachen mit Gewalt zu regeln, wird durch Gewalt auch getötet werden. Mann, checkst du das nicht? Wenn ich meinen Vater nur darum bitten würde, könnte er sofort eine ganze Armee von Engeln vorbeischicken, die würden hier aus allem Kleinholz machen!
VolxBibel – Matthäus 26:51–53

Der Krieg in der Ukraine führt dazu, dass viele Christen in den beteiligten zwei Ländern eine Entscheidung treffen müssen: Neutralität und für Jesus Christus einzutreten – oder aber „für ihr Heimatland“ einzutreten. Nun ist die Frage: WO ist meine Heimat?
Schauen wir uns einen Moment an, wo eigentlich jeder Christ zu seinem Messer/Schwert gegriffen hätte: Jesus Christus wird verhaftet, obwohl Er nichts gemacht hatte – und Petrus greift natürlich zu seinem Schwert! Doch wie reagiert Jesus darauf?

Petrus wollte in dieser Situation nicht sofort klein beigeben. (Nur Johannes erwähnt ihn in diesem Zusammenhang mit Namen; Joh 18,10.) Er war soeben erwacht und wußte im Augenblick noch nicht so recht, was vor sich ging, daher zog er sein Schwert und versuchte, Jesus zu verteidigen, indem er auf einen der Angreifer einhieb. Er traf Malchus, den Knecht des Hohenpriesters (Joh 18,10), am Ohr.
Der Herr untersagte jedoch sofort jede Gewalttätigkeit und tadelte Petrus. Er hatte keine Hilfe nötig; sein Vater würde ihm, wenn er es wollte, auf der Stelle zwölf Legionen Engel schicken, die ihn verteidigten. Eine römische Legion umfaßte 6 000 Soldaten. Von über 72 000 Engeln umgeben, hätte Jesus leicht jeden Angriff abwehren können. Doch es war nicht Gottes Wille, daß Jesus freikam; Jesus wurde gefangengenommen, weil Gott es zuließ. Matthäus schreibt nichts darüber, doch Lukas, der Arzt, berichtet, daß Jesus den Verletzten wieder heilte (Lk 22,51).

Walvoord Bibelkommentar

Einer der Jünger will seinen Herrn verteidigen. Auch er hat noch nicht begriffen, wer der Herr ist – als ob Er sich nicht selbst hätte verteidigen können. So leistet dieser Jünger tatsächlich auch keine Hilfe, sondern richtet Schaden an, indem er einen der Widersacher, den Sklaven des Hohenpriesters, verletzt. Dass der Hohepriester einen Sklaven hat, bedeutet, dass der Hohepriester sich von jemandem bedienen lässt, den er sich unterworfen hat. War es denn nicht die Aufgabe des Hohenpriesters, anderen zu dienen? Der Hohepriester aber hatte seinen Sklaven mitgenommen, um bei dieser bösen Unternehmung, den Sohn Gottes gefangen zu nehmen, mitzuhelfen.
Matthäus berichtet nicht, dass der Herr das Ohr dieses Sklaven heilt, sondern nur, dass Er seinen Jünger zurechtweist. Das Schwert soll nicht gezogen werden, sondern in der Scheide bleiben. Wer das Schwert benutzt, wird dadurch umkommen (Off 13,10). In der jetzigen Zeit sollen Leiden ertragen werden; das ist der Weg des Vaters. Der Herr hätte den Vater bitten können, Ihm Engel zu senden. Die Engel standen bereit, um auf einen Wink des Vaters über alle, die sich an dem Sohn vergriffen, das Gericht zu vollstrecken. Sie werden wohl den Atem angehalten haben, als sie dieses Schauspiel ansehen mussten, dass ihr Schöpfer von nichtigen Geschöpfen gefangen genommen wurde! Jedoch, es war jetzt nicht die Zeit, das Gericht über das Böse auszuüben, sondern die Schriften zu erfüllen.

Ger de Koning – Das Evangelium nach Matthäus

Über die Christen aber [ist zu sagen]: Da sie die Lehre empfangen hatten, sich nicht gegen ihre Feinde zu verteidigen, so hielten sie auch an dieser milden und menschenfreundlichen Gesetzgebung fest. Deshalb ist ihnen das von Gott zuteil geworden, was ihnen selbst, auch wenn sie sehr mächtig gewesen wären und die Erlaubnis, Krieg zu führen, gehabt hätten, versagt geblieben wäre.

Denn Gott führte immer für sie Krieg und machte jedesmal zur rechten Stunde die Pläne derer zuschanden, die sich gegen die Christen erhoben hatten und sie vernichten wollten. Auf dass ein ermunterndes Vorbild nicht fehle und der Anblick einiger Glaubenszeugen Stärkung im Glauben und Verachtung des Todes in den Herzen wecke, hat im Laufe der Zeiten eine kleine Schar, die leicht zu zählen ist, um des christlichen Glaubens willen den Tod erlitten. Die Vernichtung des ganzen Christenvolkes aber gab Gott nicht zu, denn er wollte, dass es fortbestehe und dass diese heilsame und fromme Lehre über die ganze Erde verbreitet werden sollte. Damit auf der anderen Seite die schwächeren Seelen von der Todesfurcht wieder aufatmen konnten, sorgte Gott für die Gläubigen und vernichtete durch sein bloßes Wollen alle Anschläge gegen sie, so dass weder die Kaiser noch ihre Statthalter, noch die Völker in ihrer Wut gegen sie zu weit gehen konnten.

Origenes – Gegen Celsus

Die Volksmenge kam mit »Schwertern und Stöcken« (Verse 47.55), als ob sie befürchteten, der »Friedefürst« würde Gewalt anwenden und Unruhe auslösen. Das hier für Schwert gebraucht Wort ist machaira, das Kurzschwert für den Nahkampf; die Stücke sind xyla, Hölzer, also Knüppel. Auch die Apostel hatten »zwei Schwerter« (Lk 22,38), welche sie dem Herrn im Obersaal gezeigt hatten. Er hatte darauf geantwortet: »Es genügt«, das heißt, es waren der Worte genug gesprochen. Einer von ihnen (Joh 18,10 identifiziert ihn als Petrus) schlug in fleischlicher Kühnheit mit einem dieser Schwerter einem Knecht des Hohenpriesters mit Namen Malchus (Joh 18,10) das Ohr ab. Lukas hat uns einige zusätzlichen Einzelheiten des Vorfalls überliefert. Die Jünger hatten den Herrn gefragt: »Herr, sollen wir mit dem Schwerte dreinschlagen?« (Lk 22,49), der Herr aber hatte keine Antwort gegeben. Und dann tat der Herr Sein letztes Wunder vor Seinem Tod: »Er rührte sein Ohr an und heilte ihn« (V.51). Eigentlich müßte man sich ja darob verwundern, aber ihre verhärteten Herzen konnten über die Wunder des Herrn nicht mehr staunen, auch wenn sie dieses besondere Wunder nie zuvor gesehen hatten. Wenn das ein Zeichen war, so wurden sie durch dasselbe nicht zum Glauben bewegt. Der Herr schalt Petrus, er müsse das Schwert wegstecken: »Denn alle, die das Schwert nehmen, werden durch das Schwert umkommen«. Eine ähnliche Aussage findet sich in Offb 13,10, wo es um den Krieg geht, den das Tier gegen die Heiligen führen wird.

Was die Bibel lehrt

Eine direkte Reflexion über den K. findet sich im NT ebensowenig wie diesbezügliche Verhaltensanweisungen. K. erscheinen als eine schreckliche Realität menschlichen Lebens, bes. in apokalyptischen Teilen des NT (Mk 13,7f. par. und Apk passim). Wie Erdbeben und Hungersnöte sind sie ein Teil des menschlichen Leidens, die bes. den Gläubigen von bösen Kräften auferlegt sind, und sie nehmen in dem Maße zu, wie sich der Konflikt zw. diesen Kräften und dem Allmächtigen während der Endzeit verschärft. Nur in der suprahist. Szene in Apk 19,11–22 ist Christus als göttlicher Krieger an der Spitze himmlischer Armeen dargestellt, der die Kräfte des Bösen besiegt. Mt 26,53 deutet an, daß diese Rolle für Jesus selbst eine Versuchung gewesen sein könnte, der er widerstand (vgl. Lk 4,6f. par.). Zu – beachten ist auch, daß die Sprache des Kriegswesens in der ntl. → Paränese ausschließlich in übertragener Weise eingesetzt wird. Daraus geht hervor: Ob es für einen Christusgläubigen legitim ist, an Kämpfen mit tödlichen Folgen teilzunehmen, ist eine Frage, die jenseits des ntl. Horizontes liegt; den Rat in Lk 22,36, sich ein Schwert zu kaufen, wörtl. verstehen zu wollen, wird in V. 49–51 (noch deutlicher in Mt 26,52) als Fehler aufgedeckt. Der Gewaltverzicht, der von Jesus gelebt (Gethsemane) und gelehrt (Mt 5,39 par.) wurde, bietet für Christen jedenfalls wichtiges Material für nachfolgende Diskussionen über K. und Pazifismus. – Unter Umständen wirken hier noch Traditionen des messianischen K. nach (Windisch), die im NT allerdings von der Botschaft des endzeitlichen Friedens überlagert werden. Der einzige bewaffnete Kampf, der von Gläubigen gefordert wird, ist der metaphorische K. gegen die Sünde und das Böse, der hauptsächlich im eigenen Inneren stattfindet (Röm 13,12; 1Thess 5,8; Eph 6,10–17; 2Kor 10,3f.).

Religion in Geschichte und Gegenwart

Was offenbart Gott seiner Gemeinde im sechsten Gebot der Schrift? Gott ist allein der Herr über alles Leben und hat uns50 Freund und Feind gegeben, daß wir ihm nicht Schaden tun, ihn hassen, verachten, ihm zürnen, sondern ihn lieben, sein Leben erhalten, ihm dienen, wohltun, vergeben, für ihn beten. [–] Mt 5,21 f 44 I Joh 3,1551 [Gen] 9,6. Mt 26,52 R 12,21

Dietrich Bonhoeffer Werke – Illegale Theologenausbildung: Finkenwalde

Das bringt die Frage nach dem Verhältnis der Nachfolgenden zu den Menschen um sie herum mit sich. Ist ihnen durch die Aussonderung, die ihnen zuteil wurde, ein besonderes, eigenes Recht mitgeteilt worden, sind sie in den Besitz von Kräften, Maßstäben, Begabungen gelangt, die es ihnen ermöglichten, diesen anderen gegenüber eine besondere Autorität für sich in Anspruch zu nehmen? Es hätte ja vor allem nahegelegen, wenn die Nachfolger Jesu sich nun durch ein scharfes, trennendes Urteil von ihrer Umgebung selbst gelöst hätten. Ja, es hätte geradezu die Meinung entstehen können, als sei es der Wille Jesu, daß solches trennende und richtende Urteil von den Jüngern nun auch in ihrem täglichen Umgang mit den Anderen vollzogen würde. Darum muß es Jesus deutlich machen, daß durch solche Mißverständnisse die Nachfolge ernstlich gefährdet würde. Die Jünger sollen nicht richten. Tun sie es, so verfallen sie selbst dem Gericht Gottes. Das Schwert, mit dem sie den Bruder richten, fällt auf sie selbst herab. Der Schnitt, mit dem sie sich vom Anderen absondern als die Gerechten von den Ungerechten, trennt sie selbst von Jesus.
Warum ist das so? Der Nachfolgende lebt ganz und gar aus der Verbundenheit mit Jesus Christus. Er hat seine Gerechtigkeit nur in dieser Verbundenheit und niemals außerhalb derselben. Sie kann ihm also niemals zum Maßstab werden, den er in Besitz hätte zu beliebiger Verfügung. Was ihn zum Jünger macht, ist nicht ein neuer Maßstab seines Lebens, sondern ist ganz allein Jesus Christus, der Mittler und Sohn Gottes selbst. Seine eigene Gerechtigkeit ist ihm | daher verborgen in der Gemeinschaft mit Jesus. Er kann sich selbst nicht mehr sehen, beobachten, beurteilen, er sieht allein Jesus, er ist allein von Jesus gesehen, beurteilt und begnadigt.

Dietrich Bonhoeffer Werke – Nachfolge

Wessen Knecht bin ich?

Gestern auf FB eines „Pastors“ aus der Ukraine gelesen „Neutralität ist eine Seite des Bösen, Christus sagte, wer nicht mit uns ist, ist gegen uns.. bald wird sich die Welt verändern und wir werden sehen, wie viele sich künstlich in „Schuhe der evangelisierungsbereitschaft“ verwandeln werden.“
Nun – schauen wir uns an, was Neutralität bedeutet:

Die Neutralität (von lateinisch neuter, keiner von beiden) eines Staates bedeutet entweder das Abseitsstehen in einem konkreten Konflikt zwischen anderen Staaten oder bezeichnet generell die allgemeine Politik der Neutralität. Von Dauernder Neutralität spricht man, wenn sich ein Staat zur immerwährenden Neutralität in allen Konflikten bekennt. Von Neutralismus spricht man, wenn ein Staat sich nicht nur aus Konflikten heraushält, sondern aus grundsätzlichen Erwägungen jegliche Bündnisse vermeidet.

wikiedia

Neutralität bedeutet, dass man zu keiner von zwei Seiten gehört. Wer neutral ist, mischt sich nicht ein. Ein anderes deutsches Wort dafür ist Unparteilichkeit: Man schließt sich keiner Partei an. Mit Partei ist keine Partei in der Politik gemeint, sondern eine Seite in einem Streit.

Das Wort Neutralität kommt aus der lateinischen Sprache. „Ne uter“ bedeutet: keines von beiden. Am Ende des Mittelalters kannte man das Wort „neutralité“ schon auf Französisch. Dieses französische Wort wurde später auch in die deutsche Sprache übernommen.

Ursprünglich dachte man bei der Neutralität daran, dass man im Krieg keine Seite unterstützt.

https://klexikon.zum.de/wiki/Neutralit%C3%A4t

Nun – wo stehe ich als Christ????

Deshalb tue ich euch kund, daß niemand, im (d. h. in der Kraft des) Geiste Gottes redend, sagt: Fluch über Jesum! und niemand sagen kann: Herr Jesus! als nur im (d. h. in der Kraft des) Heiligen Geiste.
Elberfelder 1871 – 1 Kor 12,3

Deshalb weise ich euch auf Folgendes hin: Niemand, der unter der Leitung von Gottes Geist redet, wird jemals sagen: »Jesus sei verflucht!« Und umgekehrt kann niemand sagen: »Jesus ist der Herr!«, es sei denn, er wird vom Heiligen Geist geleitet.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Korinther 12:3

Deshalb erkläre ich euch ausdrücklich: Keiner, der durch den Geist Gottes redet, wird jemals sagen, Jesus sei verflucht. Und ohne den Heiligen Geist kann keiner sagen: „Jesus ist der Herr!“
Neue evangelistische Übersetzung – 1.Korinther 12,3

Auf diesem Hintergrund möchte ich euch noch mal klarmachen, wie man auseinanderhalten kann, was von Gott kommt und was eben nicht. Also niemand, der den Geist von Gott hat, ist in der Lage zu sagen: „Jesus soll verflucht sein!“ Auch kann niemand die Ansage machen: „Jesus ist der Chef über allem!“, wenn ihm das nicht der Heilige Geist gezeigt hätte.
VolxBibel – 1.Kor. 12:3

Also ist die erste Frage: WER IST MEIN CHEF? Bin ich Soldat Christi – oder Soldat eines anderen Herrschers?

Kyrios

Der Titel “Kyrios” (κύριος, gr. Herr) bezieht sich im Neuen Testament häufig auf Gott. Dieser Sprachgebrauch knüpft an einen auch im Frühjudentum nachweisbaren Brauch an, den Gottesnamen (JHWH) durch den Titel “(der) Herr” zu ersetzen (vgl. 1QGenApoc 20:12f; TestLevi 18:2).
Die Verwendung des Titels für Jesus findet sich bereits in den ältesten vorpaulinischen Bekenntnissen (1 Kor 12:3; Röm 10:9; Phil 2:11). Auch der aramäische Gebetsruf māranā tā (Unser Herr komm!; 1 Kor 16:22) weist auf die palästinischen frühesten Gemeinden als Ursprung der Verwendung dieses christologischen Titels für Jesus. Er impliziert, daß der auferstandene und erhöhte Jesus Gott gleichgestellt wurde. Zugleich bedeutete die Anrede des Erhöhten als Kyrios auch eine bewußte Abgrenzung von der Verehrung anderer “Herren” (vgl. 1 Kor 8:6), insbesondere des römischen Kaisers.
Außerhalb der authentischen Paulusbriefe wird der Titel auch auf die irdische Wirksamkeit Jesu bezogen. Hier bezeichnet er Jesus vor allem als Sieger über den Tod.

Elektronische Bibelkunde

Denn das Wirken des Geistes geht genau in der entgegengesetzten Richtung und führt zu dem Bekenntnis: „Herr ist Jesus.“ Ja, „keiner ist imstande zu sagen: „Herr ist Jesus‘. als nur im Heiligen Geist“. Lange Zeit, in den Jahrhunderten christlicher Gewöhnung, schien das freilich nicht zu stimmen. Aber gerade heute beginnen wir es wieder neu zu verstehen. Daß ein jüdischer Handwerker, der verhöhnt von den Menschen und verlassen von Gott hilflos am Kreuz endete, der „Kyrios“, der Herr des Weltalls, der Richter aller Milliarden Menschen sein soll, das kann kein „vernünftiger Mensch“ erkennen. „Herr ist Jesus“ — wer das mit klarer Überzeugung sagt, in dem wirkt es der Heilige Geist. Denn eben dies ist nach Jo 16, 14 das eigenste und eigentliche Werk des Geistes, Jesus zu verherrlichen, Jesus in seiner ganzen Herrlichkeit zu zeigen. Durch den Heiligen Geist kommt es zu dem Urbekenntnis der Christenheit: „Herr ist Jesus.“ Alle weiteren „Bekenntnisse“ und „Bekenntnisschriften“ in der Christenheit sind nur nähere Ausführungen und Erklärungen dieses Grundbekenntnisses. Zugleich aber darf jeder, der dieses Grundbekenntnis redlich mit sprechen und in dem Menschen Jesus den „Kyrios“ sehen kann, mit Dank und Freude wissen, daß der Geist in seinem Herzen wohnt und wirkt. Und die Gemeinde, die in diesem Bekenntnis lebt, ist der Ort der Gegenwart des Heiligen Geistes (3, 16).

Das hier verwendete Wort „Kyrios“ bezeichnet in seiner Grundbedeutung den „Herrn“ als den Eigentümer und Besitzer. Es entspricht damit dem hbr. „Baal“. Wie „Baal“ dann der Ausdruck für den religiös verehrten „Herrn“ und Spender bestimmter Güter und Gaben wie Korn, Obst, Öl usw. wurde, so bezeichnete man auch im Hellenismus mancherlei Göttergestalten als „Herren“. Und von daher wiederum wurde der vergöttlichte Kaiser „Herr“ im religiösen Sinn genannt. So war das Wort „Kyrios“ als religiöser „Herrentitel“ den Korinthern völlig vertraut! Nur das mußten sie in einer unerhörten Umstellung ihres Denkens lernen, daß alle diese so selbstverständlich als „Kyrios“ Bezeichneten, bis hin zum Kaiser, keine wirklichen „Herren“ waren, daß dieser göttliche Hoheitsname allein einem Einzigen zukam: Jesus Christus. Nur er war in Wahrheit „Kyrios, Herr“, Weltherr, Allherr. Vgl. dazu das „Lexikon zur Bibel“, Sp. 595.

Wuppertaler Studienbibel

»Herr ist Jesus« (vgl. Mt 7,21; Apg 2,36; Röm 10,9; Phil 2,11; 1Joh 5,1) ist das Bekenntnis der geistbegabten Gemeinde. »Herr« (»Kyrios«) war auch der offizielle Titel des römischen Kaisers. In den Christenverfolgungen konnten Christen ihr Leben retten, wenn sie dieses andere Bekenntnis aussprachen: »Der Kaiser ist Herr.« Christen aber bekennen, geleitet und befähigt vom Heiligen Geist, das alleinige Herr-Sein Jesu Christi. Er trägt diesen Titel, der ihn Gott zuordnet, denn im AT wird für die Umschreibung des Jahwe -Namens eben dieser Titel »Herr« gesetzt (in der griechischen Übersetzung des AT). Daran ist die Geistbegabung erkennbar: »Niemand kann sagen: Herr ist Jesus! wenn nicht im Heiligen Geist.« Hast du den Heiligen Geist? Bekennst du Jesus als Herrn? Ob ich den Geist Gottes habe, das kann ich »wissen«. Hier bleibt nichts im Nebel.

Edition C

Auch ungläubige Menschen erkennen Ihn nicht als Herrn an. Sie rechnen nicht mit seiner Herrschaft, sondern führen ihr eigenes Leben. In Matthäus 7,21 liest du sogar von Menschen, die zwar sagen: „Herr, Herr“, aber in ihrem Leben nicht nach seinem Willen gefragt haben. Dem Namen nach wollen sie zwar Christen sein, aber sie gehen ihren eigenen Weg. Wo du das findest, hast du es nicht mit dem Werk des Heiligen Geistes zu tun, sondern mit dem Werk von Dämonen. Ein Wiedergeborener wird mit Achtung von Jesus sprechen und Ihn deshalb auch möglichst „Herr“ Jesus nennen. In seinem Leben wird zu sehen sein, dass es mehr als ein Lippenbekenntnis ist und dass er der Autorität des Herrn Jesus in allen Bereichen seines Lebens Rechnung trägt. Wo du das findest, hast du es nicht mit dem Werk von Dämonen zu tun, sondern mit dem Werk des Heiligen Geistes.

Ger de Koning

Die Bedeutung des Wortes „Herr“ in Bezug auf die Erlösung

Bei dem Versuch, das Problem zu lösen, muss man die Bedeutung des Wortes „Herr“ berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, hat der Begriff „Herr“ eine Reihe von verschiedenen Facetten und Aspekten. Selbst wenn wir den Aspekt der Herrschaft auf die Errettung beschränken, gibt es Variationen des Konzepts innerhalb der Schrift. Bei der Erörterung des Aspekts der Herrschaft, der rettet, sollten drei Dinge beachtet werden.

Zunächst einmal bedeutet der Ausdruck „Herr“ im Titel „Herr Jeschua“ mehr, als nur der Herr des eigenen Lebens zu werden. Es ist nicht einfach „Herr Jeschua“ im Sinne von „Meister Jeschua“. Vielmehr betont der Begriff „Herr“ Jeschua als Gott, und so betont der Begriff „Herr Jeschua“ Ihn als den Gott-Menschen. Jeschua betont Sein Menschsein. Herr betont seine Gottheit. Herr Jeschua bedeutet also, dass Er der Gott-Mensch ist.

In 1 Korinther 12,3 heißt es, dass kein Mensch sagen kann: Jeschua ist Herr, außer im Heiligen Geist. Unerrettete Menschen mögen es im Sinne von „Herr“ sagen, aber Herr bedeutet auch „im Sinne von Gott sein“, und man kann die Gottheit Jeschuas anerkennen, ohne bereit zu sein, ihn zum Souverän über eine bestimmte Angelegenheit zu machen, wie Petrus es in Apostelgeschichte 10,14 tat. Man kann Jeschua als Gott anerkennen, aber das bedeutet nicht, dass man ihn zum Herrn über jeden Aspekt seines Lebens macht. Petrus wusste von der Gottheit des Messias, er glaubte sie und nahm sie an, aber er versäumte es, ihn in diesem einen Bereich zu diesem Zeitpunkt zum Herrn seines Lebens zu machen.

Den Herrn Jeschua anzunehmen bedeutet, Ihn als den Gott-Menschen zu akzeptieren und nicht als den Souverän über jeden Bereich unseres Lebens. Wenn die Bibel sagt, dass der Ungläubige an den Herrn Jeschua, den Messias, glauben muss, bedeutet das einfach, dass er Ihn als den Gott-Menschen annimmt. Das ist es, was er glaubt und annimmt, wenn er gerettet wird. Er macht Ihn zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Souverän über jeden Bereich seines Lebens. Das Thema der Errettung ist also Herr Jeschua als der Gott-Mensch, nicht Herr Jeschua als der Meister-Mensch.

Als Zweites ist zu beachten, dass der Messias Herr im Sinne Jehovas sein muss, um als Retter qualifiziert zu sein, denn nur Gott kann retten. Seine persönliche Herrschaft über das Leben des Einzelnen ist jedoch keine Bedingung für die Errettung.

Die dritte Sache, die zu beachten ist, ist, dass der griechische Begriff Kurios die Bedeutung von „Gott“ hat, was in der Septuaginta etwas Neues war. Wie schon gesehen, wird der Begriff Kurios im Neuen Testament von Gott, von einem Ehemann, von einem Herrn, von einem römischen Offizier oder einfach als Titel „Herr“ verwendet. Die Herrschaft über einen Gläubigen ist nur ein Aspekt von Kurios. Dieser eine Aspekt allein kann nicht zur Bedingung für die Errettung gemacht werden.

Muss der Messias also Herr über jeden Bereich des eigenen Lebens sein, damit man gerettet werden kann? Ist es das, was es bedeutet, Jeschua als Herrn anzunehmen, oder bedeutet es lediglich, Jeschua als den Gott-Menschen anzunehmen, weil Er sowohl Gott als auch Mensch sein muss, um sich als Retter zu qualifizieren? Es gibt fünf Schlüsselstellen, die diese Frage ansprechen.

In Römer 1,1-4 liest man:
Paulus, ein Knecht des Jeschua Messias, berufen zum Apostel, abgesondert für das Evangelium Gottes, das er zuvor verheißen hat durch seine Propheten in den heiligen Schriften, in Bezug auf seinen Sohn, der geboren ist aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, der erklärt worden ist als Sohn Gottes mit Macht, nach dem Geist der Heiligkeit, durch die Auferstehung von den Toten, nämlich Jeschua Messias, unser Herr,

In diesen Versen buchstabiert Paulus das Evangelium klar aus. Er weist auf die Menschlichkeit von Jeschua hin, indem er ihn als Sohn Davids bezeichnet. Er weist auch auf die Gottheit des Messias hin, indem er Ihn den Sohn Gottes nennt. Was die gläubigen Römer rettete, war die Tatsache, dass Jeschua sowohl Gott als auch Mensch war; seine Herrschaft betonte seine Gottheit, nicht seine Herrschaft über jedermanns Leben. In der Tat spricht Paulus nicht einmal über Jeschua als Herrn über das Leben eines Menschen, bis er zu Römer 12 kommt. Aber er bespricht die Herrschaft Jeschuas in dem Sinne, dass Jeschua Gott ist, und das ist es, was man glaubt, wenn man Jeschua als Herrn annimmt – dass Er der Gott-Mensch ist, nicht dass Er der Herr über jeden einzelnen Aspekt des Lebens der Gläubigen ist.

Römer 10,9-10 spricht davon, Jeshua als Herrn zu bekennen:
Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, daß Jeschua der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, daß Gott ihn von den Toten auferweckt hat, so wirst du errettet werden; denn mit dem Herzen glaubt der Mensch zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde bekennt er zur Errettung.
Nach diesen Versen muss man, um gerettet zu werden, Jeschua als Herrn bekennen. Das ist nicht Herr in dem Sinne, dass man in jeder Facette seines Lebens Herr wird, sondern Herr im Sinne von Gottheit. Er muss die Herrschaft von Jeschua bekennen. Der Begriff Herr betont seine Gottheit, und der Begriff Jeschua betont seine Menschlichkeit, so dass das, was man bekennen muss, der Gott-Mensch zur Errettung ist. Man besitzt Ihn als den Gott-Menschen, um gerettet zu werden. Man besitzt Ihn nicht als den Herrn seines Lebens, um gerettet zu werden.

Apostelgeschichte 2,36 erklärt die Rolle des Vaters dabei:
So soll nun das ganze Haus Israel gewiss wissen, dass Gott ihn zum Herrn und Messias gemacht hat, diesen Jeschua, den ihr gekreuzigt habt.
Dieser Vers erklärt, dass der Vater ihn sowohl zum Herrn als auch zum Messias gemacht hat. Wieder betont der Begriff Herr die Gottheit; der Begriff Messias betont seine Menschlichkeit.

In 1 Korinther 12,3 wird dieses Konzept erneut aufgegriffen:
Darum erkläre ich euch, dass kein Mensch, der im Geist Gottes redet, sagt: Jeschua ist anathema; und kein Mensch kann sagen: Jeschua ist Herr, außer im Heiligen Geist.
Wir wissen, dass Menschen die Worte „Jeschua ist Herr“ in den Mund nehmen können, ohne ihn als den Herrgott zu besitzen. Wieder betont dieser Vers, dass Jeschua sowohl Gott als auch Mensch sein muss, um sich als Retter zu qualifizieren.

Philipper 2,8-11 erklärt, was man bekennen muss:
und da er in Menschengestalt gefunden wurde, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott hoch erhöht und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, daß in dem Namen Jeschuas sich beuge jedes Knie, im Himmel und auf Erden und unter der Erde, und jede Zunge bekenne, daß Jeschua, der Messias, der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Auch hier muss man Jeschua, den Messias, als Herrn bekennen in dem Sinne, dass er Gott ist, nicht in dem Sinne, dass er zum Zeitpunkt der Errettung zum Herrn des eigenen Lebens wird.
Diese fünf Passagen, die oft verwendet werden, um die Errettung durch die Herrschaft zu lehren, lehren das in Wirklichkeit nicht. Der Aspekt der Herrschaft, der rettet, ist Seine Gottheit. In der Tat muss Jeschua Gott sein, um Menschen retten zu können. Wenn sie Ihn zum Zeitpunkt der Errettung als ihren Herrn annehmen, dann nehmen sie Ihn als Gott, ihren Retter, an. Sie machen Ihn nicht zum Herrn ihres Lebens und legen jeden Aspekt ihres Lebens zu diesem Zeitpunkt fest. Es erfordert ein gewisses geistliches Wachstum, bevor man dieses Ziel erreicht.

Die Diskussion über das Verhältnis von Herrschaft und Errettung soll mit einer Analogie abgeschlossen werden. Die beiden Begriffe Jeschua und „Herr“ haben verschiedene Facetten. Zum Beispiel weist der Name Jeschua auf seine reale Menschlichkeit hin, die für die Sünden gestorben ist. Er betont seine Menschlichkeit als Beispiel für sein Leben (1 Petrus 2,21; 1 Johannes 2,6). Er impliziert die Wiederkunft (Apostelgeschichte 1,11; Sacharja 12,10). Der Name Jeschua hat also diese verschiedenen Aspekte. Muss man alle diese Aspekte glauben, um gerettet zu werden? Nein, er muss nur den ersten Aspekt glauben, um gerettet zu werden: dass er als Mensch für unsere Sünden gestorben ist. Auch der Begriff „Herr“ hat verschiedene Aspekte. Er könnte „Gott“ oder „Schöpfer“ oder „König“ oder „Herrscher“ bedeuten. Muss man all diese Facetten glauben, um gerettet zu werden? Auch hier ist die Antwort „nein“. Nur der erste Punkt ist für die Errettung notwendig: zu glauben, dass Er Gott ist.

Wenn Gläubige Ihn als Herrn besitzen, besitzen sie Ihn als Gott, und das ist es, was sie rettet. Sie besitzen Ihn nicht als Herrn in jeder Facette ihres Lebens in dem Moment, in dem sie glauben. Das ist etwas, das nach der Errettung geschehen kann, aber nicht Teil davon ist.

Arnold G. Fruchtenbaum – Allein durch den Glauben

Die Frage, die gestellt werden sollte, lautet: „Ist Jesus, der Messias, Herr?“ „Herr“ bedeutet in diesem Fall nicht nur „ein Herr, der zufällig Sklaven besitzt“, sondern Herr im Sinne des Jehovas des Alten Testaments. Ist Jesus der Messias Herr oder der Jehova des Alten Testaments? Wenn die Herrschaft des Messias geleugnet wird, dann kann man einen Dämon vermuten, weil auch der zweite Test nicht bestanden wurde.

Arnold Fruchtenbaum – Dämonologie

„zueinander und zu allen“

Euch aber mache der Herr völlig und überströmend in der Liebe gegeneinander und gegen alle (gleichwie auch wir gegen euch sind), um eure Herzen tadellos in Heiligkeit zu befestigen vor unserem Gott und Vater, bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.
Elberfelder 1871 – 1 Thess 3,12–13

Euch aber lasse der Herr zunehmen und überschwenglich werden in der Liebe zueinander und gegen jedermann [wie denn auch wir gegen euch gesinnt sind.] 1Thess 4,1.9.10; 5,15; 2Pe 1,7.
Daß Er eure Herzen stärke und ihr unsträflich seid in der Heiligkeit vor Gott und unserem Vater, auf die Zukunft unseres Herrn Jesus Christus mit allen Seinen Heiligen. 1Thess 5,23; 2Thess 2,1; 1,7.10; Phil 1,10.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – 1.Thess 3,12–13

Und für euch erbitten wir vom Herrn eine immer größere Liebe zueinander und zu allen Menschen – eine Liebe, die so überströmend ist wie unsere Liebe zu euch.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Thess 3:12

Ich bete dafür, dass Gott bei euch den Liebespegel zueinander ansteigen lässt. Das wünschen wir uns auch für alle anderen Menschen, genau so eine Art von Liebe, wie wir sie auch für euch empfinden.
VolxBibel – 1.Thessalonicher 3,12

Liebe zu ALLEN Menschen? Wirklich? Fällt uns das nicht schwer?
Es gibt so viele Menschen, die sich als Christen bezeichnen – doch gerade in Tagen wie jetzt, wo Kriegsberichte in Europa aufschrecken, zeigt sich mehr denn je, wer die Eigenschaften eines Christen widerspielgelt und wer auf eigene Werke gesetzt hat.

In den Danksagungen und Gebeten wurden z. T. Themen eingeführt, die später im Briefverlauf wieder aufgegriffen wurden; in den Paulusbriefen ist das häufig der Fall. In 4,9 kommt der Apostel noch einmal auf die »Liebe« zurück, und in 4,12 auf die, »die draußen sind«.
Vers 13 : Im A.T. , im jüdischen Schrifttum und in den Reden Jesu ist ebenfalls von einer Hoffnung für die Zukunft die Rede, die dem standhaften Ertragen der Gegenwart einen Sinn verleihen kann. Mit »Heiligen« könnte das Gottesvolk gemeint sein ( 4,14 ), möglicherweise aber auch die heiligen Engel ( Sach 14,5 ); beide werden in der jüdischen Literatur als »Heilige« bezeichnet. Paulus gebraucht die Bezeichnung in der Regel für das Gottesvolk.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Für ihr inwendiges Gedeihen brauchen sie die Liebe in der doppelten Richtung, in der sie ihre Arbeit tut, so, daß sie die Brüder miteinander vereint, und so, daß sie sich allen gibt und allen dient. Sie wissen es in Thessalonich, daß die Verfolgung sie nicht berechtigt, jemand zu hassen. Sie sind vielmehr durch ihre Berufung zu Christus dazu fähig gemacht, allen darzubieten, was zu ihrem Heil hilft. Für die Liebe haben sie an Paulus das Vorbild, das ihnen deutlicher als Worte zeigt, wie sie denkt und handelt. Wenn die Liebe in ihnen bleibt, dann schwanken sie nicht. Wo sie ist, da läßt Christus den Menschen nicht fallen, sondern macht sein inwendiges Leben, das freilich leicht schwankt, fest und stark und tritt für ihn ein, so daß er das Ziel erreicht. Dann trifft sie kein Tadel, weil ihnen die Heiligkeit, die ihnen Gottes Berufung erteilt hat, bleibt und auch bei der letzten Entscheidung im Urteil Jesu, wenn er sich wieder offenbart, vor ihm besteht. Die Bedeutung dieser Entscheidung wird dadurch deutlich, daß Christus sich dann mit allen seinen Heiligen offenbart.

Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament

Nach der Bitte für seinen Missionsdienst (»unseren Weg«) bezieht sich der zweite Teil betont auf die Thessalonicher: »Euch aber«. Angeredet wird an dieser Stelle »der Herr«, womit in Übereinstimmung mit dem bei Paulus üblichen Gebrauch Jesus (vgl. 1Thess 3,11.13), nicht aber der Vater gemeint sein wird (vgl. auch 2Thess 3,5.16; 1Kor 16,22; 2Kor 12,8). Man hat darauf verwiesen, dass dies durch die besondere Betonung des Liebesgebotes bei Jesus begründet sein könnte (Joh 13,34). Allerdings wäre dem entgegenzuhalten, dass die Forderung Jahwes, »des Herrn«, nach Mi 6,8 sich eben auf die Liebe bezieht und im Doppelgebot (Mt 22,37ff.) die Liebe »des Herrn« und des Nächsten geboten wird. Es wäre daher keineswegs angebracht, aus der unterschiedlichen Anrede in Vers 11 und V. 12 inhaltliche Folgerungen ziehen zu wollen.
Gegenstand der Bitte ist: »Euch aber lasse der Herr wachsen und mache euch überreich in der Liebe«. Beide Verben verstärken sich gegenseitig in dem Wunsch um »überreiche« Vermehrung der aus dem Glaubensverhältnis erwachsenden Liebe.
Diese Liebe ist der Christ zunächst den anderen Gliedern am Leib Christi schuldig. Es gehört zu den erfreulichen Kennzeichen der thessalonischen Gemeinde, dass solche Liebe bereits unter ihnen lebendig ist (vgl. 1Thess 1,3; 4,9ff.). Sie kann und soll aber noch zunehmen und »überreich« werden und dabei »alle« anderen einschließen. Bei »allen« sind selbst die Feinde nicht ausgenommen (vgl. Gal 6,10; Mt 5,43ff.; Lk 6,32ff.; Lk 10,25-37). Bekommt Gottes Handeln sein besonderes Kennzeichen darin, dass er uns liebte, als wir noch Feinde und Sünder waren (Röm 5,8.10), so prägt dies die Liebe des Christen in entsprechender Weise: Sie lässt sich nicht von äußeren Widrigkeiten in ihrem Zeugnis abhalten, sondern wird durch den ihr gegebenen Auftrag motiviert: 2Kor 5,11ff. Sie erkennt die Bedürftigkeit dessen, dem sie unversehens zum Nächsten wird, ohne an ihm vorüberzugehen (Lk 10,25ff.).
Wie die Sehnsucht (1Thess 3,6), so ist auch die Liebe gegenseitig: »wie auch wir (sie) zu euch (haben)«. Bereits in 1Thess 1,6 wurde deutlich, dass Paulus sich als Beispiel für die Gemeinde darstellen kann (vgl. auch 2Thess 3,7-9; Apg 20,35; 1Kor 4,16; 11,1; Phil 3,17; 4,9). Auch für einen Apostel bedeutet dies jedoch nicht, dass er sich dessen rühmen könnte, hat doch auch er nichts anderes vorzuweisen als das, was er von Gott empfangen hat (1Kor 4,7). Die Gewissheit, alles empfangen zu haben, vermittelt dann ihrerseits die Freiheit zu sagen: »Folgt meinem Beispiel!«

Der Orientierungspunkt aller christlichen Existenz ist eindeutig festgelegt: Es ist die »Ankunft unseres Herrn Jesus«. Diese Ausrichtung ist unverzichtbarer Bestandteil der missionarischen Verkündigung in den neu entstehenden Gemeinden (1Thess 1,10), wie auch ihrer weiteren seelsorgerlichen Begleitung (1Kor 1,7ff.). Auf diesen Punkt zielt der Glaube, der dann ins Schauen übergeht, weist die Hoffnung, die dann erfüllt sein wird.
Indem der Herr die Liebe überreich werden lässt, verbindet sich damit für die Thessalonicher ein zusätzlicher Aspekt: »Damit er eure Herzen stärke«. Was in 1Thess 3,2 auf den Glauben und in 2Thess 2,17 auf »jedes Werk und Wort« bezogen wird, das ist hier mit der Liebe in Verbindung gebracht.

Vor dem atl. Hintergrund dieses Ausdrucks (vgl. Ps 104,15; 112,8) ist »Herz« auch hier als Zentrum der Person zu deuten. Das Wachstum im Glauben und in der Liebe lässt Christen zu gefestigten Persönlichkeiten heranreifen, die nicht leichthin von ihrem Stand wegbewegt werden (1Kor 15,58; Eph 4,14; 2Thess 2,2).
Das Feststehen im Glauben und in der Liebe wirkt sich auch im Bestehen der Versuchung aus (vgl. 1Thess 3,5.8). Damit wird der Glaubende im Gericht als »untadelig« erwiesen. Das Wort begegnet in ganz parallelem Kontext in 1Thess 5,23; in Phil 2,15 bezieht sich das untadelige Leben auf das gegenwärtige Zeugnis gegenüber den Mitmenschen.
Eng damit verbunden ist die »Heiligkeit« (sonst nur in 2Kor 7,1 im Gegenüber zu »Befleckung des Fleisches«, und in Röm 1,4 vom »Geist der Heiligkeit«). Für die folgenden Kapitel des 1Thess wird der Themenbereich »Heiligkeit – Heiligung« eine zentrale Rolle einnehmen (1Thess 4,3.7; 5,23; vgl. 1Thess 2,10; 2Thess 2,13).

»Heiligkeit« ist grundlegendes Prädikat Gottes, durch das der Mensch von ihm geschieden ist, da keine Ungerechtigkeit oder Unreinheit vor Gott bestehen kann. Gleichzeitig hat all das »heilig« zu sein, was für Gott und den Gottesdienst abgesondert wird. Neben heiligen Gegenständen, Zeiten, Orten etc. ist dies auch die Gruppe der Priester, ja sogar das erwählte Volk insgesamt. Diese Auswahl verpflichtet zugleich zu derselben Heiligkeit, die Gott eigen ist: 3Mose se 11,44ff.; 3Mose 19,2.

Als dem »Heiligen Israels« (Mk 1,24) kommt Jesus die Aufgabe des Heiligens zu: Er tauft mit dem Heiligen Geist (Mt 3,11; vgl. Röm 15,16; 1Kor 6,11), er heiligt seine Gemeinde durch die Hingabe seines Lebens (Eph 5,25ff.), er selbst ist der Gemeinde zur Heiligung gemacht (1Kor 1,30).
So wird das gesamte Leben der »Heiligen« von dem umgriffen, was Jesus Christus für sie getan hat und tut. Diese umfassende, unverdiente Barmherzigkeit verpflichtet jeden Einzelnen, die zugeeignete Heiligkeit in allem Tun, Reden und Denken zum Ausdruck zu bringen und die Sünde in jeder Gestalt zu meiden. Auch hier ist das Ziel »untadelig in Heiligkeit« niemals menschlicher Bemühung verfügbar, sondern bleibt als Heiligkeit Christi immer Geschenk. Wenn sich aber der Heilige Gottes dem armseligen Sünder in dieser Weise zuwendet, wie könnte dieser anders darauf antworten, als ausschließlich diesem Herrn leben zu wollen, eben »heilig« zu sein?

Edition C

So „normal“ erschien einem Paulus das Leben des Christen unter Drangsalen. Aber unter diesen Nöten soll das Gemeindeleben nicht nur mit Mühe erhalten werden, sondern soll „reich und überreich“ werden. Paulus verendet hier sein beliebtes Wort „überfließen, überströmen“. Und das, was unter Kampf und Verfolgung so „reich“ und „überreich“ werden soll, ist „die Liebe gegeneinander und gegen alle. Druck und Leiden macht von Natur hart, eng und ichhaft. In einer Gemeinde Jesu darf es ganz anders sein, weil der Herr am Werk ist. Nicht aus sich selbst sollen die Thessalonicher trotz der Drangsale immer mehr Liebe hervorbringen: wie unmöglich wäre das. Nein, „der Herr mache euch reich an Liebe“. Aber dies nicht nur so, daß die Verfolgung die Gemeinde selbst um so herzlicher und liebevoller in gegenseitiger äußerer und innerer Hilfe zusammenschließt. Nein, durch Jesus darf es Wirklichkeit werden, was Er selbst als Kennzeichen der „Kinder des Vaters im Himmel“ angegeben hat: Die Erwiderung von Feindschaft mit Liebe, von Fluch mit Segen, von Verfolgung mit Fürbitte, von Haß mit Wohltun. Das ist die „Liebe gegen alle“.
Sofort und ohne jede künstliche Anstrengung geht der Blick wieder zum großen Ziel und Ende. Wie sollte es auch anders sein, wenn es dieses ungeheure Ziel gibt! Wenn die „Parusie unseres Herrn Jesus mit allen Seinen Heiligen“ kein schöner Traum ist – und in diesem Falle wäre die Auferstehung Jesu geleugnet und das ganze Evangelium zunichte gemacht – dann ist alles andere gering gegen dies Eine, daß da „eure Herzen als untadelige in Heiligkeit vor unserem Gott und Vater“ dastehen.

Wuppertaler Studienbibel

Die zweite Bitte in Paulus‘ Gebet war, daß der Herr sie »völlig und überströmend in der Liebe gegeneinander und gegen alle« machen möge. Liebe ( agape ) ist das charakteristische Wort des Christentums. Es wurde einmal »das Größte in der Welt« genannt. Es ist ein Gebot. Zu den letzten Anweisungen des Herrn an Seine Jünger gehören die Worte:
»Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, auf daß, gleichwie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt« (Joh 13,34.35). Im Zusammenhang der Thessalonicherbriefe wird die Liebe als das von Gott verwendete Mittel dargestellt, um in Seinen Kindern Christusähnlichkeit hervorzubringen.

Was die Bibel lehrt

Christus für uns gestorben, deshalb

Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß er für uns sein Leben dargelegt hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen.
Elberfelder 1871 – 1 Joh 3,16

Christus gab sein Leben für uns hin; daran haben wir erkannt, was Liebe ist. Auch wir müssen deshalb unser Leben für unsere Brüder und Schwestern einsetzen.
Gute Nachricht Bibel – 1.Johannes 3,16

Wir haben echte Liebe erst durch Jesus kennengelernt und verstanden. Weil er für uns gestorben ist, müssen wir auch bereit sein, für unsere Glaubensgeschwister alles zu geben.
VolxBibel – 1.Johannes 3:16

Daran (Darin) haben wir die Liebe erkannt, dass jener für uns sein Leben (seine Seele) hingegeben (eingesetzt) hat. Auch müssen (sind verpflichtet) für die Brüder das Leben (die Seele) hinzugeben (einzusetzen).
offene Bibel – 1 Joh 3:16

Wie oft sagen Christen „Jesus starb für mich“ – und deswegen…
Ja, was DESWEGEN? Was sind die Folgen von Jesu Opfertod für uns?

Diese Liebe ist keine gefühlsmäßige, sentimentale Liebe, keine nur mit Worten zum Ausdruck gebrachte Liebe, sondern sie beweist sich praktisch. Wir erkennen tätige Liebe in der Person des Herrn Jesus: hier liegt die göttliche Definition für Liebe vor, nicht in Worten, sondern in der Tat. Selbstaufopferung ist das eigentliche Wesen der Liebe: „… daß er für uns sein Leben dargelegt hat“ (beachten wir „für uns“). Dagegen sehen wir im Bericht über Kain die entgegengesetzte Gesinnung: „… da erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und erschlug ihn“ (1Mo 4,8). Kains Tat löschte Leben aus. Die Tat unseres Herrn Jesus besteht darin, daß Er Sein Leben für uns (uns zugute) dargelegt hat (siehe Joh 10,11.15.17.18;13,37.38;15,13 ). Diese Wendung „scheint in erster Linie nicht das Hinlegen, sondern das Beiseite-Legen von etwas wie der Kleidung bedeuten, indem man sich ihr entledigt“ (Westcott). „Es ist das gleiche Wort wie in Joh 13,4: ‚und legt die Oberkleider ab'“ (Stott). Er hat Sein Leben freiwillig für uns abgelegt: „Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst“ (Joh 10,18). Aus diesem Grund liebte Ihn Sein Vater. Der Vater fand an der aufopfernden Liebe Seines Sohnes großes Wohlgefallen. Weil daher Seine Liebe in der Hingabe Seines Lebens für uns erkennbar ist, folgt: „wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen“. Darin hat Er uns ein Beispiel hinterlassen, denn wir sind schuldig, so zu wandeln wie Er gewandelt ist (2,6); „… so sind auch wir schuldig, einander zu lieben“ (4,11).

Was die Bibel lehrt

In starkem Kontrast zu einer haßerfüllten Gesinnung steht der wahre Charakter der christlichen Liebe. Sie ist so weit von Mordgedanken entfernt, daß sie ihr Leben eher für andere hingibt, als es einem anderen zu nehmen. Das wird in einzigartiger Weise deutlich an Jesus Christus, der sein Leben für uns gelassen hat. Von diesem Vorbild her sollen die Christen bereit sein, dasselbe für ihre Brüder zu tun.

Walvoord Bibelkommentar

Es geht Johannes nie um einen verschwommenen, gefühlsmäßigen, allgemeinen Liebesbegriff, sondern die biblische, christliche Liebe ist die Agape, die Gottesliebe, mit der Gott uns liebt, und die so zum Ursprung der christlichen Liebe, wie wir Christen lieben, wird. Und diese Gottesliebe haben wir »erkannt«: Wir sehen sie und sind in engste Gemeinschaft mit ihr gekommen in Jesus Christus. »Er hat sein Leben für uns gelassen« (griechisch: »jener«, und damit ist auf Jesus Christus hingewiesen). In ihm ist die Gottesliebe eindeutig, unüberbietbar da und zu erkennen. Wer wissen will, was Liebe, was Agape ist, der schaue Jesus Christus an, sein Kommen, Leben, Leiden und Sterben. »Sein Leben hat er für uns gelassen« (wörtlich: »sein Leben eingesetzt für uns«). Das griechisch Wort für »Leben« ist hier umfassender als nur das natürliche, leibliche Leben. Es bezeichnet »die Seele, die Lebenskraft« – modern gesagt: die ganze Person. Diese Hingabe des Herrn für uns mündet und gipfelt zwar in seinen Opfertod am Kreuz. Aber schon die Menschwerdung des Sohnes war Hingabe; er gab die Herrlichkeit beim Vater her für uns (vgl. Phil 2,5-8).
Sein Leben im Land Israel war ganzer Einsatz für uns, denn Jesus verzichtete auf Elternhaus, Familie, Besitz und Beruf, um gänzlich für die Menschen da zu sein (vgl. Mt 8,20; 12,48f.). Auch das »gab« in dem Wort: »… dass er seinen eingeborenen Sohn gab« (Joh 3,16) ist in so umfassendem Sinn gemeint. Jesus Christus hat alles, was er ist und hat, für uns eingesetzt. Auch sein leibliches Leben hat er für uns gegeben. Wir können nicht den Sühnetod für einen andern Menschen sterben. Das kann Johannes nicht meinen, wenn er schreibt: »… und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen.« Wohl aber geht es auch für uns um den Einsatz unserer ganzen Person und Lebenskraft für den andern, was in manchen Fällen gewiss auch bis zur Hingabe des leiblichen Lebens führen kann. Aber die christliche Liebe hält nichts zurück. Sie gibt sich ganz dem und für den andern. Der Hass nimmt dem Nächsten das Leben, missgönnt ihm das Seine; die christliche Liebe will, dass der andere lebt, gibt ihm das Seine, ja gibt sich selbst.

Gerhardt Maier – Edition C

Die Liebe bewegt sich in der entgegengesetzten Bahn.
1 Joh 3,16a: Daran erkannten wir die Liebe, dass er sein Leben für uns hergab. {Johannes 15,13}
Der Mörder nimmt dem anderen das Leben; Jesus hat sein Leben für uns gegeben. Wir sollen auf Jesus sehen, wie er zum Kreuz gegangen ist; er hat sich des Sterbens nicht geweigert, sondern hat sich Gott dargeboten, damit er durch ihn in seinem Blute die Welt mit sich versöhne. „Da,“ sagt Johannes, „haben wir die Liebe erkannt.“ So sieht die Liebe aus.

Daraus ergibt sich, was unsere Verpflichtung ist:
1 Joh 3,16b: Auch wir sind verpflichtet, für die Brüder das Leben herzugeben.
Johannes lässt für die Liebe kein geringeres Maß gelten; er sieht darin keineswegs eine besondere Groß- und Heldentat, für die wir uns selbst bewundern und bewundern lassen dürften, sondern heißt das einfach unsere Pflicht. Wir sollen füreinander sterben können. Der Apostel hat ja soeben gesagt: „Wir sind aus dem Tod ins Leben hinübergegangen „; da hat das Hingeben des Lebens keine Schrecklichkeit mehr. Zur buchstäblichen Ausführung des Gebots, mit einem einzigen Entschluss und mit einer raschen Tat das Leben für andere zu lassen, kommt es natürlich nur unter besonderen Fügungen. Dennoch gilt unser Wort für jeden Christen. Wer den Vorbehalt macht: Ich will den anderen dienen und für sie leben; nur darf es mein Wohlsein nichtbeinträchtigen, meine Gesundheit nicht gefährden, meine Kraft nicht erschöpfen, mir das Leben nicht kosten, der hat die Liebe nicht; denn er hält am entscheidenden Punkt das eigene Ich fest. Johannes straft jeden solchen Vorbehalt. Erst dann, wenn wir ihm hierin gehorsam sind und fröhlich, ohne Angst um uns selbst, dem Trieb der Liebe folgen, was sich auch für uns daraus ergeben mag, ist unsere Liebe aufrichtig und macht uns frei.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

«Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben» (1 Johannes 3,16). Das ist das Mass unserer Liebe! Sie soll nicht davon abhängen, was unsere Brüder uns gegenüber sind, sondern was sie für den Herrn sind. Sie mögen uns beleidigt, uns unrecht getan haben, aber sie sind seine Brüder, seine Geliebten. «Insofern ihr es einem der geringsten dieser meiner Brüder getan habt, habt ihr es mir getan» (Mt 25,40). Die Menschen können in gewissen Umständen, in ihrem eigenen Interesse Unterstützung leisten, um Schwierigkeiten zu vermeiden, aber das ist noch nicht die Liebe, die gütig ist und sich selbst vergisst, um an andere als an ihre Interessen zu denken. Die Liebe ist wie ein Kleid, in dem wir uns der Welt zeigen sollen, mit dieser Milde, die allen Menschen kundwerden soll. Dieses Kleid wird uns als Jünger des Herrn erkenntlich machen. «Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt» (Joh 13,35). Sie ist das sichere Zeichen unserer Herkunft. Welch ein Anstoss für die Welt, wenn wir Kinder Gottes zu sein bekennen, aber fleischliche Empfindungen offenbaren statt Liebe!

Halte fest 1971

Daran haben wir erkannt usw. Nun zeigt der Apostel, was wahre Liebe ist. Es ist nicht genug, sie zu loben, wenn man sich nicht an ihre Kraft hält. Die vollkommene Liebe zeigt er am Beispiel Christi, der sein eigenes Leben nicht geschont und dadurch bezeugt hat, wie sehr er uns liebte. Nach diesem Ziel heißt er uns streben. Kurz, darin wird unsere Liebe dargetan, wenn wir die Liebe, die wir zu uns haben, auf die Brüder übertragen, so dass ein jeder sich selbst vergisst und für die andern sorgt. Gewiss ist, dass wir Christus sehr ungleich sind; aber der Apostel empfiehlt uns seine Nachfolge, weil es sich ziemt, dass wir seinen Fußstapfen von ferne nachfolgen, wenn wir ihn auch nicht erreichen. Es ist des Apostels Absicht, den eitlen Ruhm der Heuchler zu erschüttern, die sich rühmen, Glauben an Christus zu haben, obwohl sie keine Bruderliebe haben. Deshalb sagt er mit diesen Worten, dass wir nichts mit Christus gemein haben, wenn in unsern Herzen nicht der Eifer der Liebe lebt. Dennoch hält er uns, wie gesagt, die Liebe Christi nicht so vor, dass er die gleiche von uns forderte. Was hieße das anders, als alle zur Verzweiflung bringen? Aber unser Gemüt soll darauf gestimmt sein, dass wir begehren, unser Leben oder unser Sterben in erster Linie für Gott, sodann auch für die Nächsten zur Verfügung zu stellen. Es ist auch noch ein anderer Unterschied zwischen uns und Christus, so dass unser Tod nicht dieselbe Kraft haben kann. Durch unser Blut wird nämlich nicht der Zorn Gottes gestillt, noch wird durch unsern Tod das Leben erworben, noch wird die verdiente Strafe für andere getragen. Aber der Apostel sieht bei dieser Vergleichung nicht darauf, welches der Zweck und die Wirkung des Todes Christi war; er will nur, dass unser Leben nach seinem Vorbild gestaltet werde.

Jean Calvin

Ist Jesu Leben also ein Vorbild für mich? Oder nehme ich mich viel zu wichtig?
Wie sehe ich „Verteidigung“ und „Rache“?

Gottes Offenbarung in Jesus Christus, Gottes Offenbarung seiner Liebe, kommt aller unserer Liebe zu ihm zuvor. Nicht in uns, sondern in Gott hat die Liebe ihren Ursprung, nicht ein Verhalten des Menschen, sondern ein Verhalten Gottes ist die Liebe. „Darin steht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Vergebung für unsere Sünden“ (1 Joh 4,10). Was Liebe ist, erkennen wir allein in Jesus Christus und zwar in seinem Tode für uns. „Daran haben wir erkannt die Liebe, daß er sein Leben für uns gelassen hat“ (1 Joh 3,16).108 Auch hier wird keine allgemeine Definition der Liebe gegeben etwa in dem Sinne, daß die Hingabe des Lebens für andere Liebe sei. Nicht dies Allgemeine, sondern das ganz und gar Einmalige der Hingabe109 des Lebens Jesu Christi für uns wird | hier Liebe genannt. Liebe ist unlösbar mit dem Namen Jesu Christi als der Offenbarung Gottes verknüpft. Auf die Frage, was Liebe sei, antwortet das Neue Testament ganz eindeutig, indem es ausschließlich auf Jesus Christus weist. Er ist die einzige Definition der Liebe. Es wäre aber wieder alles mißverstanden, wenn nun doch aus dem Blick auf Jesus Christus und sein Tun und Leiden eine allgemeine Definition der Liebe erhoben werden sollte. Nicht was er tut und leidet, sondern was er tut und leidet, ist Liebe. Liebe ist immer Er selbst. Liebe ist immer Gott selbst. Liebe ist immer Offenbarung Gottes in Jesus Christus.
Gerade die strengste Konzentration aller Gedanken und Sätze über die Liebe auf den Namen Jesu Christi darf nun diesen Namen nicht zu einem abstrakten Begriff degradieren, sondern es muß dieser immer in der konkreten Fülle der geschichtlichen Wirklichkeit eines lebendigen Menschen verstanden werden. So wird also – bei aller Wahrung des vorher Gesagten – erst das konkrete Tun und Leiden dieses Menschen Jesus Christus verständlich machen, was Liebe sei. Der Name Jesus Christus, in dem Gott sich selbst offenbart, legt sich selbst im Leben und Sterben Jesu Christi aus. Schließlich besteht ja auch das Neue Testament nicht in einer endlosen Wiederholung des Namens Jesu Christi, sondern das, was dieser Name umschließt, wird in Ereignissen, Begriffen und Sätzen, die uns verständlich sind, ausgelegt. So ist auch die Wahl des Begriffes „Liebe“ – αγαπη nicht einfach willkürlich, sondern so sehr dieser Begriff durch die neutestamentliche Botschaft eine völlig neue Bestimmung erhält, so steht er doch nicht ohne jede Beziehung zu dem, was wir sprachlich unter „Liebe“ verstehen; freilich liegt es nun doch nicht so, daß der biblische Begriff der Liebe eine bestimmte Gestalt dessen ist, was wir schon vor[her] allgem[ein] darunter verstanden haben, sondern es erweist sich vielmehr angesichts des biblischen Begriffes der Liebe gerade das Umgekehrte, nämlich | daß er und er allein die Grundlage, die Wahrheit und Wirklichkeit der Liebe ist und zwar so daß alles natürliche Denken über die Liebe nur soweit Wahrheit und Wirklichkeit hat, als es an diesem seinem Ursprung, also an der Liebe, die Gott selbst in Jesus Christus ist, teilhat.
Auf die Frage, worin die Liebe besteht, antworten wir also weiter mit der Schrift: in der Versöhnung des Menschen mit Gott in Jesus Christus. Die Entzweiung des Menschen mit Gott, mit dem anderen Menschen, mit der Welt und mit sich selbst ist zu Ende. Der Ursprung ist ihm wiedergeschenkt.
Die Liebe bezeichnet also jene Tat Gottes am Menschen, durch die die Entzweiung, in der der Mensch lebte, überwunden ist. Diese Tat heißt Christus, heißt Versöhnung. So ist Liebe also etwas, was am Menschen geschieht, etwas Passives, etwas, worüber er von sich aus nicht verfügt, weil es schlechthin jenseits seiner Existenz in der Entzweiung liegt, Liebe bedeutet das Erleiden der Umwandlung der gesamten Existenz durch Gott, das Hineingezogenwerden in die Welt, wie sie vor Gott und in Gott allein leben kann. Liebe ist also nicht Wahl des Menschen, sondern Erwählung des Menschen durch Gott.

Dietrich Bonhoeffer Werke – Ethik

Barmherzig und Treu

Daher mußte er in allem den Brüdern gleich werden, auf daß er in den Sachen mit Gott (O. die Gott betreffen; so auch Kap 5,1) ein barmherziger und treuer Hoherpriester werden möchte, um die Sünden des Volkes zu sühnen
Elberfelder 1871 – Hebr 2,17

weswegen Er in allem den Brüdern gleich werden mußte, damit Er [ein] barmherziger und treuer Hoherpriester [i]m [Dienst] vor Gott werde, um die Sünden (wörtl.: Zielverfehlungen) des Volkes zu sühnen.
Adolph Ernst Knoch – Konkordante Übersetzung 1939 – Hebraer 2,17

Darum musste er genau so werden wie wir, seine Brüder. Nur so konnte er bei Gott die Stellung eines Priesters bekommen. Weil er die Menschen liebte und hundertpro zu Gott stand, hat er sich für die Menschen geopfert, um sie von ihrer Schuld zu befreien.
VolxBibel – Hebraer 2:17

Aus den vorhergehenden Versen zieht unser Verfasser den erforderlichen Schluss: »Daher musste er in allem seinen Brüdern gleich werden.« Um die Menschen dem Tode zu entreißen (V. 14-15), wurde Christus Mensch. Und zwar nicht zum Schein! »In allem« wurde er seinen Brüdern gleich. Nur in einer Beziehung unterschied er sich von denen: Er war »ohne Sünde« (Heb 4,15). Entscheidend ist es, das göttliche Muss, das hinter Jesu Menschwerdung steckt, zu erkennen. Christus handelt deutlich im Auftrag Gottes. Es geht um die grundlegenden Voraussetzungen seines Wirkens. Nur dadurch, dass er sich in allem dem Los der Menschen unterwarf, wurde er fähig, ein rechter Hohepriester zu werden, der barmherzig und treu ist. Also: Christus »musste« Mensch werden, um Sühne schaffen zu können.
Die Adjektive »barmherzig« und »treu« beziehen sich auf den zweiseitigen Dienst Christi, sowohl für die Menschen als auch vor Gott. Dass es sich um einen priesterlichen Dienst handelt, geht aus der Wendung »vor Gott« hervor. Die Aufgabe des Priesters besteht darin, ein Mittler zwischen Gott und Menschen zu sein. Wie später noch entfaltet wird (vgl. Heb 5,1-10), besitzt Christus die nötigen Qualifikationen, um diese Aufgabe wahrzunehmen. Hier wird zunächst seine Barmherzigkeit und Treue hervorgehoben. Dadurch, dass Christus des Blutes und Fleisches teilhaftig (V. 14) geworden und Versuchung und Leiden (V. 18) kennen gelernt hat, kann er »barmherzig«, d. h. mitfühlend (vgl. Heb 5,2) sein. Er kennt unsere Not. Deshalb weiß er auch, wie hilfsbedürftig wir sind. Unablässig bittet er für seine Brüder (Heb 7,25) und heiligt sie durch sein Opfer (Heb 10,14). Während er uns gegenüber barmherzig ist, zeigt er sich »treu in den Sachen mit Gott«. So ist die Verheißung Gottes in Erfüllung gegangen: »Ich aber will mir einen treuen Priester erwecken, der wird tun, wie es meinem Herzen und meiner Seele gefällt« (1Sam 2,35).
Zum ersten Mal begegnet uns der für den Hebräerbrief so bedeutsam Begriff »Hohepriester«. Wir haben festgestellt, dass unser Verfasser eine Vorliebe dafür hegt, das Werk Christi in priesterlichen Kategorien zu schildern: Christus hat »vollbracht die Reinigung von den Sünden« (Heb 1,3); »damit er durch Gottes Gnade für alle den Tod schmecken sollte« (Heb 2,9); »der heiligt und die geheiligt werden« (Heb 2,11). Die vornehmste Aufgabe des jüdischen Hohenpriesters bestand darin, die Sünden des Volkes zu sühnen. Dies geschah, wenn er am großen Versöhnungstag das Allerheiligste des Tempels betrat, um Sühne für sich und die ganze Gemeinde Israel zu schaffen (siehe 3Mose 16 ; vgl. Heb 9,6-10). Es ist dieses Bild, das – so unvollkommen es ist – auf Christus übertragen wird. Durch seine Selbstopfer hat er ein vollkommenes Sühneopfer dargebracht (Heb 9,12).

Edition C

In diesem Zusammenhang rührt der Apostel noch einmal an ein Geheimnis Gottes. Er sagt: Durch seine Menschwerdung ging Jesus in unsere irdisch-menschliche Geschichte ein, er nahm teil an Versuchung, Leiden und Sterben. Er mußte in allen Dingen den „Brüdern“ gleichwerden. Sein Weg über diese Erde wurde für ihn zu einer Schule der Barmherzigkeit.
Jesus hat von seinem Vater im Himmel als dem „Barmherzigen“ gesprochen (Lk 6, 36). Paulus betet zu Gott, dem „Vater der Barmherzigkeit“ (2 Ko 1, 3). In Hbr 2, 17 spricht der Apostel von der Barmherzigkeit als einem besonderen Kennzeichen der Wesensart Jesu. Hier tauchen wieder letzte Zusammenhänge zwischen dem Wesen Gottes und dem Wesen Jesu auf. Aber ebenso, wie die Barmherzigkeit ein Kennzeichen des priesterlichen Wirkens Jesu ist, soll die tätige Barmherzigkeit auch Merkmal seiner Gemeinde sein, die zu einem Volk von Priestern berufen ist.
„… damit er barmherzig und ein treuer Hoherpriester vor Gott würde!“ Im AT war der Hohepriester beides gleichzeitig: Vertreter des Volkes vor Gott und Beauftragter Gottes an das Volk. Schon der Priester Eli empfing von Gott eine Verheißung, die sich in unserem Wort widerspiegelt: „Ich aber will mir einen treuen Priester bestellen, der nach meinem Herzen und nach meinem Sinne tut“ (1 Sam 2, 35). Diese Verheißung zielt nicht nur auf den Knaben Samuel, den Gott in außerordentlicher Weise herausstellt; Samuel wurde zum Propheten berufen, nicht zum Hohenpriester bestellt. Sie findet ihre endgültige Erfüllung erst in der Person Jesu, in dem „getreuen Hohenpriester“. Jesu Leiden und Sterben waren das Sühneopfer des wahren Hohenpriesters. Weil er als der sündlose Gottessohn sich selbst opferte, bleibt sein Opfer von unermeßlichem Wert und ermöglicht zugleich seinen himmlischen Hohenpriesterdienst in alle Ewigkeit. Sein Sterben war ein Sterben vor Gott113, d.h. er gab sein Leben an Gott hin. Durch seinen Tod am Kreuz bezwang Christus den Widersacher Gottes und erwirkte die Versöhnung für alle unsere Sünden. Die Aufgabe des Hohenpriesters im AT war die Sühnung aller Schuld Israels am großen Versöhnungsfest (3 Mo 16, 5–24). Ebenso übt auch Christus im Sterben und im Hingang zum Vater sein hohepriesterliches Amt aus (Hbr 9, 11ff). Er erfüllt den Dienst des Hohenpriesters, indem sein Tod der radikale Einsatz des Lebens für die Schuld anderer wurde

Wuppertaler Studienbibel

Hier begründet der Verfasser des Briefes, warum Christus Mensch werden musste, um die Menschheit zu erlösen: Er musste sich so mit der Menschheit identifizieren wie der Hohepriester am Versöhnungsfest (s. die Ausführungen zu 5,1-3 ). Dieses Bild mochte viele Menschen auf der untersten Stufe der gesellschaftlichen Leiter überraschen, die von der Oberschicht lediglich ausgebeutet und mit Brot und Spielen ruhig gehalten wurden. Zu »treu« siehe die Ausführungen zu 3,2 und die Ausführungen zu 3,5 .

Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Durch seinen Anteil am menschlichen Leben und am menschlichen Sterben ist Jesus der Erbarmer geworden. Wäre er im höchsten Glanz der Himmelswelt erschienen, so würde uns damit gerade das fehlen, was wir brauchen und was uns der Kreuzesweg Jesu gibt: der Erbarmer fehlte uns. Es versteht sich nicht von selbst, dass Jesus trotz dem, was böse, gott- und heillos an uns ist, doch nicht ein strafendes und rächendes Wort, sondern Barmherzigkeit für uns hat. Der Sünder sich zu erbarmen ist aber ein Recht, das von ihm erworben werden musste. Um für uns ein Erbarmer zu werden, war er verbunden und verpflichtet, in allen Stücken unser menschliches Los zu tragen und unsere ganze Last auf sich zu nehmen. In der Tat hat er sich unserer nicht geschämt, hat an Fleisch und Blut Anteil genommen und hat sich an unsere Seite gestellt; dabei ist er auch bis zum letzten Schritt geblieben; er hat sich des Leidens nicht geweigert und ist für uns gestorben. Damit hat er sich das Recht erworben, barmherzig gegen uns zu sein, unsere Sünden zu vergeben und das drohende Gericht von uns abzuwenden. Weil er in so reiner und vollkommener Weise sich uns gleichgestellt hat, ist dies der Lohn und die Frucht, die er davontrug, dass er nun sein Erbarmen frei an uns betätigen kann. Dadurch ist er unser Hoherpriester vor Gott geworden. Dieser Titel Jesu ist dem Hebräerbrief eigentümlich und bildet ein wesentliches Stück seines besonderen Lehrgehalts. Solche Benennungen Jesu, die sein Werk und seine Gabe mit einem einzigen, gewichtigen Wort aussprechen, kamen den apostolischen Männern nicht von ungefähr, sondern fassen vielfältige, tiefgehende Eindrücke zusammen und werfen ein helles Licht auf ihre ganze innere Glaubensstellung. Wie der Ruf des Thomas: „Mein Herr und mein Gott!“ eine lange innere Geschichte zum Abschluss bringt, so entsteht auch das Bekenntnis des Hebräerbriefes: „Du bist unser Priester!“ aus tiefgehenden inneren Erlebnissen und bildet die Frucht einer langen, reichen Lebensgeschichte. Das Gemeinsame in aller apostolischen Verkündigung ist dies, dass sie uns Jesus als den Weg zum Vater zeigt, als unseren Mittler mit Gott, als den Sohn, der den Vater kennt, ihn uns offenbart und die Gabe seiner Gnade uns darreicht. Sie hält uns Jesus vor, damit wir in ihm Gottes gewiss werden und in den Frieden mit Gott versetzt und in sein Reich eingepflanzt werden. Diesen Kern des Evangeliums entfaltet das apostolische Wort in mancherlei Begriffen und Bildern, je nach der besonderen inneren Stellung der Apostel und Gemeinden, je nach der eigentümlichen Art, wie sie die Trennung von Gott an sich selbst erlebten und die Hinleitung zu ihm durch Christus empfingen. Paulus hat das Gesetz als Scheidewand zwischen sich und Gott erfahren. Er ruft aus: „Was richtet das Gesetz an? Übertretung, Zorn, Tod.“ {Römer 4,15} Wie ergreift er darum Jesus? Wir sind, sagt er, in ihm gerechtfertigt. Wer hat, so fragt Johannes, Gott je gesehen? Die Welt kennt ihn nicht; sie liegt im argen und entbehrt des Lichtes und des Lebens aus Gott. Aber Jesus hat ihn uns verkündigt und bringt uns zum Vater. Wie heißt er ihn darum? „Das Wort, das Fleisch geworden ist.“ {Johannes 1,14.18; 14,6} „Wer darf nahen zu Gott,“ fragt unser Brief, „wer wohnen in seinem heiligen Zelt?“ Ohne Tor und Zugang steht der Himmel hoch über der Erde, und die Kluft zwischen dem Thron Gottes und dem Standort des Menschen, zwischen dem Heiligen und den Sündigenden füllt der Mensch nicht aus. Er mag sich strecken, wie er will, so reicht er nicht heran an Gott, gelangt er nicht zur Gemeinschaft mit ihm. Die Schwäche, in der er steht, die Sünde und Verirrung, in die er sich verwickelt hat, halten ihn von Gott fern. Wie nennt der Brief darum Jesus, der uns zu Gott hinführt, sein Heiligtum uns öffnet und unsere Schulden tilgt, so dass wir in der Nähe des Heiligen und in der Hütte des Allmächtigen wohnen können? Wie soll er heißen, der dies uns…

Der Brief spricht damit das tiefste aus, was ein Jude wusste und empfand. Das Gesetz hatte es Israel mit höchstem Ernst eingeprägt, dass sein Herr und Gott über aller Welt in einem Licht wohnt, zu dem niemand hinzutreten kann. Das war der Unterschied der Juden von den Heiden. Der Heide zog seine Götter in die Welt herab und machte sie sich selbst gleich. Darum trat er freilich dreist und kühn vor sie, ja neben sie und über sie. Er behandelte sie als seine Knechte. Israel dagegen wusste: Unser Gott ist nicht wie wir. Der Schöpfer und das Geschöpf, der Heilige und der Sünder, das sind nicht unbedeutende Unterschiede, die sich übersehen und übergehen lassen; das sind totale Gegensätze. Deshalb entstand für Israel unabweislich die Frage: „Wo ist der Priester, der uns zu Gott führt, zu ihm, der in Heiligkeit und Herrlichkeit so hoch über uns erhaben ist?“ Auf diese Frage gibt unser Brief die Antwort, indem er auf Jesus zeigt.
Auch hier benutzt der Brief die Schrift des Alten Testaments, um das Ziel und Werk Jesu verständlich zu machen. Das Gesetz richtete in Israel ein Priestertum auf und ordnete dessen ganzen Dienst mit großer Sorgfalt. Unser Brief blickt forschend in diesen Teil der Schrift: Was bedeutet das? Die Aufrichtung des Priestertums machte die Scheidung zwischen dem Volk und Gott offenbar. Aber sie zeigte Israel zugleich, dass Gott ihm dennoch sein Heiligtum öffnete und es vor sein Angesicht rief. Nun ist Christus gekommen, der verborgene Gott lässt sich in ihm finden, der Widersacher jeder Sünde verzeiht durch ihn väterlich, der Heilige nimmt alle unsere Schulden von uns weg und tut in ihm die Schätze seiner Gnade auf: Wer ist nun Jesus? Der Priester, wie ihn der Mensch braucht. Und was bedeuten jene Ordnungen des Gesetzes? Eine Weissagung auf Christus hin. Es gibt in der alttestamentlichen Schrift nichts Großes und Heiliges, das nach unserem Brief nicht in Jesus Wahrheit und Wirklichkeit geworden ist. Die Schrift redete von der künftigen Erscheinung Gottes voller Macht und Gnade; warum? Um auf Jesus zu zeigen! Die Schrift beschrieb den König auf Davids Thron mit wunderbar großen Worten; warum? Jesu wegen. Die Schrift pries den Menschen, wie es im 8. Psalm geschieht; warum? Jesu wegen. Die Schrift erhob den Hohenpriester und gab ihm große Heiligkeit und seinem Amt unentbehrliche Wichtigkeit; warum? Jesu wegen. Alle Würde, Ehre und Macht, die Gott in Israel gestiftet hat, fällt Jesus zu und bildet den Kranz seiner Vollkommenheit.
Damit er unser Priester werde, dazu ist Jesus Mensch geworden und hat er alles bis zum Tod mit uns geteilt. Ein Priester muss Macht haben, allerhöchste Macht, Macht vor Gott, um uns die Verzeihung Gottes zu gewähren, die Gnade Gottes uns zuzuwenden, die Gaben Gottes uns zuzuteilen. Diese priesterliche Macht hat Jesus deshalb, weil er uns in allem gleich geworden ist. Als Frucht seines Wirkens und Leidens auf Erden hat Gott sein Vergeben und allen Reichtum seiner Gnade in Jesu Hand gelegt, dass er sie uns darreichen darf. Und weil er solche Macht für uns vor Gott hat, hat er auch die Macht über den Satan und ist dieser ohnmächtig, so dass wir vor dem bösen Tod behütet sind.
Jesus ist geworden wie wir, um in seinem priesterlichen Werk treu zu sein, treu gegen Gott, dessen Willen er bis zum letzten Schritt vollführte, treu gegen uns, die er nicht fahren- und fallenlässt , obwohl er für uns sterben muss. Diese Treue macht ihn Gott lieb und wert und für uns glaubhaft und zuverlässig. Damit hat er uns seinen priesterlichen Sinn so bewährt und erwiesen, dass ein herzliches Vertrauen zu ihm in uns entspringen kann.
Weil es für Sünder keine Gemeinschaft mit Gott gibt, ist es die Aufgabe des Priesters, die Sünden zu tilgen. Das hat Christus für uns getan; unsere Sünden sind durch ihn beseitigt und bedeckt. Wir empfangen nicht, was unseren Sünden, sondern was der Heiligkeit des Christus entspricht, der sich mit uns verbunden hat. Durch ihn ist uns alles wiedergebracht, was durch die Sünde für uns verloren war. Wir waren unserer Sünde wegen von Gott getrennt; des Christus wegen sind wir mit ihm verbunden. Gott war unser Widersacher; durch Christus ist der Zugang zum Thron der Gnade für uns frei. Wir waren entweiht und geschändet; Christus ist unsere Heiligkeit. Wir versanken in den Tod; durch Christus ist uns das Leben gegeben. So ist er die Decke, die unsere Sünden verschwinden lässt , und dies kann er deshalb, weil er wie wir geworden und an unsere Stelle getreten ist.
Unser Brief redet mit Männern aus dem Judentum, denen zunächst am Herzen lag, ob Jesus die Israel gegebene Verheißung erfüllt und was er den Juden von Gott gebracht habe; darum heißt er Jesus den Priester, der die Vergebung für die Sünden des Volks, das heißt Israels, bewirkt. „Eure, der Juden Sünden,“ sagt der Brief, hat Jesus zugedeckt. Dass es für euch Juden, für das Volk, bei Gott Gnade gibt, dass euer Unglaube, Trotz und Fall euch nicht ins Verderben reißt, dass Gott euch Juden die Sünde nicht anrechnet und der Weg zu seinem Reich auch euch offen steht, das ist das Werk Jesu; das hat euch der am Kreuz vollendete Priester gebracht.“ Würden wir fragen: „Hat Jesus nicht auch der Heiden Sünde bedeckt?,“ so wäre die Antwort: „Gewiss! Ihr Heiden seht ja an Israel, was Jesus den Sündern tut.“ Weil der Brief aber zu jüdischen Männern redet, spricht er aus, dass Israel trotz seiner Sünden um Jesu willen unter der Gnade Gottes steht.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Er hilft den Menschen – (2,16-18)
Der vierte und letzte Grund für die Fleischwerdung und das Kreuz war, den Menschen zu helfen. Nach Vers 16 bildeten die Menschen und nicht die Engel den Wirkungskreis des Messias. Es gab gefallene Engel, doch Gott hat für gefallene Engel keine Errettung vorgesehen. Er entschied, den gefallenen Menschen Errettung zuteil werden zu lassen. Deshalb sagt der Schreiber: Er nimmt sich doch wohl nicht der Engel an. Um zu erretten, war Gott denen gleich geworden, für die die Errettung bestimmt war. Deshalb wurde Gott Mensch – um Menschen zu erretten. Deshalb nahm Jesus nie einen Engelsnatur an. Er wurde nie ein Engel, weil Gott nie vorhatte, gefallene Engel zu retten. Er wurde Mensch, um Menschen zu retten. Er wurde zu einem Menschen, aber nicht zu irgendeinem Menschen, sondern zum Samen Abrahams. Er wurde ein Jude.
Sein Wirkungsbereich in Vers 17 ist die Erlösung. Er wurde seinen Brüdern gleich. Er wurde ein Jude mit einem dreifachen Ziel: 1. damit er barmherzig würde, eine menschliche Eigenschaft; 2. damit er treu würde bei der Ausübung seiner priesterlichen Funktionen; und 3. damit er ein Hoherpriester würde, denn nach dem, was der Verfasser in 5,1 ausführen wird, konnte nur ein Mensch Priester sein. Indem er Priester wurde, schaffte er Sühne. Das Wort Sühne bedeutet „dem Zorn Gottes Genüge zu tun“. Durch den Tod Jesu wurde Gott versöhnt. Dem Zorn Gottes über die Sünde wurde Genüge getan. Gottes gerechte Forderungen wurden erfüllt durch die stellvertretende Bezahlung mit dem Blut des Sohnes für die Sünden der Menschen.
Der Hintergrund von Vers 14-17 ist der alttestamentliche Gedanke vom „Löser in Gestalt eines Verwandten“. Unter dem Gesetz des Mose konnte sich ein Jude auf vielerlei Weise selbst in Schwierigkeiten bringen. Zum Beispiel konnte er sich so weit verschulden, dass er seine Schulden auf normalem Wege nicht mehr zurückzahlen konnte. Wenn ein Jude in eine solche Lage geriet, gab es nur eine einzige Möglichkeit: Er musste sich selbst als Sklave verkaufen und sechs Jahre lang Sklavendienste leisten. Im siebten Jahre würde er freigelassen werden. Wenn er sich einmal als Sklave verkauft hatte, hatte er zwei Möglichkeiten. Eine davon war, seine sechs Jahre abzuarbeiten und danach freigelassen zu werden. Die zweite Möglichkeit bestand darin, einen Löser hinzuzuziehen. Wenn ein Löser die Schulden übernehmen würde, könnte der Verschuldete noch vor Ablauf der sechs Jahre frei ausgehen. Der Löser musste aber drei Anforderungen erfüllen. Erstens, er musste ein Blutsverwandter sein. Ein Fremder konnte nicht Löser sein. Zweitens, er musste das nötige Geld haben, um den Loskauf zu tätigen. Er musste also die Mittel besitzen, um die Schulden seines Verwandten zu tilgen. Drittens, der Verwandte musste die Summe freiwillig bezahlen. Die Rolle des Lösers konnte ihm nicht aufgezwungen werden.

Die Bibel lehrt, dass diejenigen, die sündigen, Sklaven der Sünde sind. Das betrifft die gesamte Menschheit. Alle sind Sünder. Selbst die Juden waren unter den Fluch des Gesetzes versklavt, weil sie unfähig waren, das Gesetz einzuhalten. Jesus, der Löser, erfüllte alle drei Anforderungen. Er stand in Blutsverwandtschaft zur gesamten Menschheit im Allgemeinen. Da er als Mitglied des Samens Abrahams kam, bestand ein Verhältnis der Blutsverwandtschaft mit dem jüdischen Teil der Menschheit im Besonderen. Zweitens, er hatte die Mittel zum Loskauf. In diesem Fall bestand der Preis für die Erlösung in seinem unschuldigen, menschlichen Blut. Da er der einzige Jude war, der jemals gelebt und das mosaische Gesetz vollkommen eingehalten hat, hatte er unschuldiges Blut. Drittens, er war willig, den Preis zu bezahlen. Er selbst sagte: Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst (Joh 10,18).
Schließlich wendet der Autor in Vers 18 das Werk Jesu auf das konfliktreiche Leben der einzelnen Menschen an. Dieser Vers zeigt, was alles dazugehörte, um so zu werden wie seine Brüder. Es bedeutete Leiden und Versuchungen. Es gibt zwei Gründe, warum er uns helfen kann: Er wurde versucht, und er litt auch. Da er versucht wurde und litt, ist er jetzt auch in der Lage, denen beizustehen, die versucht werden. Das Wort, das mit succor übersetzt wird, ist ein zusammengesetztes griechisches Wort und bedeutet „beim Hilfeschrei hinzueilen“. Wenn Gläubige in Not sind und weinen, dann rennt er um zu helfen. Er rennt, um sie zu unterstützen, wenn sie in Versuchungen und Leiden geraten. Jesus ist nicht nur der Urheber des Heils, er ist nicht nur der Heiligende, er ist nicht nur der Satansbezwinger, sondern er ist auch der Mitfühlende. Er ist fähig, jene zu verstehen, die im Moment gerade versucht werden.

Arnold Fruchtenbaum – Der Hebräerbrief

Der verwandtschaftliche Erlöser

Es gab mehrere Möglichkeiten, wie sich ein Jude unter dem Gesetz in Schwierigkeiten bringen konnte.[1] Eine dieser Möglichkeiten war, in einen Zustand der Verschuldung zu geraten, den er nicht mehr zurückzahlen konnte. Wenn ihm das passierte, gab es für ihn nur eine Möglichkeit: sich in die Sklaverei zu verkaufen, sechs Jahre lang für seinen Herrn zu arbeiten und dann im siebten Jahr, dem Sabbatjahr, freigelassen zu werden.
Sobald er sich in die Sklaverei verkauft hatte, standen ihm zwei weitere Optionen offen. Die erste Möglichkeit war, die sechs Jahre abzusitzen. Die zweite Option hing davon ab, dass er einen Verwandten hatte, der bereit war, seine Schulden zu begleichen, um ihn vorzeitig aus der Sklaverei zu entlassen. Nach dem Gesetz gab es jedoch drei Voraussetzungen, um ein Verwandter-Erlöser zu sein. Erstens musste er der nächste Angehörige sein; ein völlig Fremder konnte es nicht tun. Zweitens musste er den Preis für die Erlösung haben. Er musste über genügend eigene Mittel verfügen, um die Schulden seines Verwandten zu begleichen. Und drittens musste er bereit sein, den Preis zu zahlen, denn das Gesetz machte es nicht zur Pflicht; es war freiwillig.
Das ist der Hintergrund von Hebräer 2:14-17.
Da nun die Kinder an Fleisch und Blut teilhaben, hat auch er selbst an demselben teilgenommen, damit er durch den Tod den entmachtet, der die Macht des Todes hatte, nämlich den Teufel, und die befreit, die aus Furcht vor dem Tod ihr ganzes Leben lang der Sklaverei unterworfen waren. Denn gewiss hilft Er nicht den Engeln, sondern dem Nachkommen Abrahams. Darum musste er in allem seinen Brüdern gleich werden, damit er ein barmherziger und treuer Hoherpriester in Sachen Gottes würde, um für die Sünden des Volkes Sühne zu leisten. (NASB)
Da der Mensch, indem er der Sünde dient, ein Sklave der Sünde wird, ist jeder, die ganze Menschheit, der Sünde versklavt worden. Insbesondere das jüdische Volk fiel aufgrund seiner Unfähigkeit, das Gesetz perfekt zu halten, unter die Versklavung des Fluches des Gesetzes. Um die erste Bedingung der Verwandtschaft zu erfüllen, musste Jesus als Mensch, aber speziell als Jude geboren werden. Zweitens musste Er den Preis der Erlösung haben, der in diesem Fall unschuldiges Blut war. Und drittens musste er bereit sein, den Preis zu zahlen, denn das Gesetz machte es nicht zwingend erforderlich. In der Tat war Jeschua bereit, den Preis zu zahlen. In Johannes 10:18, war es Jesus, der sagte:
Niemand hat es [mein Leben] von mir weggenommen, sondern ich lege es aus eigenem Antrieb nieder. Ich habe Vollmacht, es hinzulegen, und ich habe Vollmacht, es wieder aufzunehmen. (NASB)

Arnold Fruchtenbaum – Fragen und Antworten auf ariel.org – Geschrieben am 10. Januar 2012 von Ariel Ministries

„Ehre sei Gott“

Herrlichkeit Gott in der Höhe, (W. in den höchsten (Örtern)) und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen!
Elberfelder 1871 – Lk 2,14

Ehre sei Gott in den Höhen / und Friede auf Erden / unter den Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat. wörtlich: „unter den Menschen des Wohlgefallens“. Viele alte Textzeugen haben: „Ehre sei Gott in den Höhen / und Friede auf Erden, / an den Menschen ein Wohlgefallen.“ (a) Lu 19:38; Eph 2:14.17
Zürcher 1931 – Lukas 2,14

Der Gott, der im Himmel wohnt, soll groß rauskommen! Er hat all den Menschen ein Friedensangebot gemacht, die bereit sind, dieses Angebot auch anzunehmen!“
VolxBibel – Lukas 2:14

Die Engel preisen die Geburt des Herrn als den Anfang der größten Verherrlichung Gottes in der Menschheits- und Allgeschichte. Die anbetenden Engelscharen sehen hier im Kindlein von Bethlehem schon die damit verbürgte Vollendung. Jedes ihrer Lied-Worte wird zu einer großen Prophetie, und wenn der Blick auf die arme Gegenwart das Jauchzen der Weihnacht dämpfen möchte, so muß das prophetische Vorausschauen der herrlichen zukünftigen Vollendungsziele Gottes die Stimme wieder zu Jubel und Jauchzen ertönen lassen.
Der himmlische Anbetungs-Hymnus der Engel droben im Himmel besteht nicht, wie Luthers Übersetzung es zum Ausdruck bringt, aus drei Teilen — sondern nur aus zwei Gliedern.

Luthers Übersetzung lautet:
Ehre sei Gott in der Höhe, 2. Friede auf Erden, 3. und den Menschen ein Wohlgefallen.
Luther hat die ihm damals vorgelegene griechische Koine-Fassung richtig übersetzt, denn diese hat im Griechischen das Wort Wohlgefallen = eudokia im Nominativ und nicht wie die älteren Handschriften, die Luther nicht gekannt hat, nämlich Vaticanus und Sinaiticus, im Genetiv. Und darum auch Luthers Dreiteilung des himmlischen Lobgesanges.
Die wörtliche Übersetzung sieht so aus:

Herrlichkeit (oder Ehre) existiert bei Gott in Himmelshöhen. 2. Friede existiert auf Erden bei den Menschen des (göttlichen) Wohlgefallens.
Der 1. Teil des Anbetungs-Hymnus der Engel sagt, was droben im Himmel ist. Der 2. Teil des Anbetungs-Hymnus der Engel sagt, was drunten auf Erden ist.
Beide Teile stehen nicht im Optativ, so wie Luther es übersetzt hat: „Herrlichkeit sei Gott … Friede sei auf Erden“; das fehlende Hilfsverb „sein“ muß am besten im Indikativ wiedergegeben werden, also „Herrlichkeit ist (oder existiert) bei Gott … Friede ist (oder existiert) auf Erden …“

Die Engel im Himmel sagen: „Bei unserem Gott in Himmelshöhen ist eine Herrlichkeit ohnegleichen offenbar geworden.“ So unermeßlich groß war unserm Gott die Menschwerdung Seines ewigen Gottes-Sohnes, daß Er durch die Jahrtausende hindurch immer und immer wieder auf dieses einmalige, einzigartige, Himmel und Erde, alle Zeitalter und Ewigkeiten umfassende Ereignis aufmerksam gemacht hat. „Denn die Freundlichkeit Gottes, wörtlich die Menschenfreundlichkeit Gottes, (die Philanthropia Gottes) und die Güte Gottes sind in dem Soter-Heiland Jesus Christus erschienen“, so sagt’s der Titus-Brief (Tit 3, 4). „Die Gottesgerechtigkeit ist enthüllt in dem Evangelium“ — (welches Jesus-Christus ist), so sagt’s der Römerbrief (Rö 1, 17) — „Wir schauten mit Freuden und kostbar verweilender Aufmerksamkeit (etheasametha) Seine Herrlichkeit“, so sagt’s Johannes Kap 1, 14.
Der Ausdruck Doxa = Herrlichkeit (Ehre), im Hebräischen kabod. bedeutet bei dem Menschen „seine Ehre, sein Ansehen“ — Bei Gott ist die Doxa Sein einzigartiger Lichtherrlichkeitsglanz, Seine unvergleichliche Heiligkeit und ewig reine Schönheit. —
Dieser strahlende Lichtherrlichkeitsglanz der majestätischen Gottesschönheit wird in noch nie geahnter Macht überboten durch das, was in Bethlehem geschah. Staunend und gewaltiger als die brausenden Meereswogen singen die himmlischen Heerscharen ihrem Gott und Herrn ein Neues Lied, wie sic es wohl noch nie zuvor gesungen haben, denn die Herrlichkeit Dessen, der der rechte Vater ist über alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden, hat Sich im Kindlein zu Bethlehem nicht nur den Menschen, sondern auch den Engeln in einem so überschwenglichen Maße offenbart, daß sie gleichsam jetzt erst völlig wissen, was sie an ihrem Gott und Vater haben.
Wohl kannten sie den Gott, der die Liebe Selber ist, und dessen größte Herrlichkeit nicht nur Seine Macht, sondern auch Seine Liebe ist. Aber nun hat sich ihrem Blick eine neue Tiefe und Fülle der Liebe Gottes erschlossen, wie sie auch im Himmel völlig neu und unbeschreiblich kostbar war, deren Anblick auch sie überraschte und, obwohl sie nicht ihnen, den Engeln, sondernuns, den Menschen, galt, sie entzückte. Wie hätte es auch selbst ein Engel nur ahnen können, daß Gott Seine Herrlichkeit auf Erden so wunderbar wiederaufzurichten imstande sein würde, daß der Vater im Himmel einer Sünderwelt zuliebe Seinen eingeborenen Sohn von Seinem Herzen reißen werde, und daß dieser Sein Sohn solche Liebe zu den Verlorenen haben werde, daß Er um der gefallenen Sünderwelt willen den Thron Gottes mit der Krippe und dem Kreuz vertauschen würde! Diese Menschwerdung des Sohnes Gottes offenbart das Geheimnis der tiefen Gottesliebe, in das auch die Engel gelüstet zu schauen (1 Petr 1, 12)

14b Und Friede ist auf Erden bei den Menschen des (göttlichen) Wohlgefallens.
Zwei Fragen gilt es zunächst zu beantworten:
Was ist mit „Friede auf Erden“ gemeint? 2. Was ist mit dem Ausdruck „Menschen des göttlichen Wohlgefallens“ gemeint?
Was ist mit Frieden gemeint? Mit Frieden ist kein anderer gemeint als Jesus Christus. Der Lobeshymnus der Engel könnte darum auch an Stelle von Friede ist auf Erden heißen: Jesus Christus ist auf Erden.
Kann man nun aber so ohne weiteres für Friede den Herrn Jesus einsetzen? Außerbiblische und biblische Belege können das bestätigen.
Rabbiner-Aussprüche sagten: „Der Name des Messias ist Friede.“ — „Groß ist der Friede, denn, wenn der Messias kommt, hebt Er nur mit Frieden an!“
In Jesaja 9, 5 wird der Messias Friedefürst genannt. In Eph 2, 14 heißt es: „Er“, nämlich Christus, „ist unser Friede.“ Das letzte Wort, das der scheidende Herr Seinen Jüngern sagt (Joh 14, 27) ist: „Meinen Frieden gebe Ich euch.“ Und das erste Wort des Auferstandenen heißt: „Friede sei mit euch“! (Jo 20, 19 u. 21 u. 26). Und der Römerbrief sagt (Rö 5, 1) „… so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“. —
Jesus Christus ist der Friede in Seiner Person, und zwar wesenhaft. Jesus Christus ist der Friede, indem Er den Frieden wirkt und schafft.

Was ist mit dem Ausdruck Menschen des (göttlichen) Wohlgefallens gemeint?
Der Ausdruck „Menschen des Wohlgefallens“ bedeutet nicht, wie der Ausleger Zahn meint: „Menschen, die gutwillig auf die Taten und Worte Gottes eingehen“, oder wie die Vulgata meint: „Menschen mit gutem Willen.“ Nein — das ist hier nicht gemeint. Der Ausdruck „bei den Menschen des Wohlgefallens“ (Genitiv eudokias) — oder wie Luthers Vorlage, nämlich die Koine-Handschriftengruppe, es hat: an den Menschen ein Wohlgefallen (Nominativ eudokia) — wird als das Wohlgefallen zu verstehen sein, das Gott an den Menschen hat. Diese unbegreifliche Tatsache, daß Gott an der „verlorenen und verdammten Menschheit“ Wohlgefallen hat — ist unter Beweis gestellt durch das Kommen des Kindleins von Bethlehem.
Die Wendung: en anthropois eudokias = bei den Menschen des Wohlgefallens bezieht sich auf den Gnadenratschluß Gottes, der in Christo erschienen ist (vgl. Eph 1, 5.6). Das grie „eudokia“ entspricht dem hebr „razon = Wohlgefallen“ als Äußerung der Gnade und Wohltaten Gottes (vgl. Ps 145, 16). Die Menschen erzeigten Gott wegen ihrer Sünde nie Wohlgefallen. — Aber Gott erzeigte durch Seinen Sohn Sein Wohlgefallen!
Der 2. Teil des Lobgesanges der himmlischen Heerscharen enthält also nichts anderes als den kostbaren Inhalt des ewigen, göttlichen Evangeliums. Gott hat von Sich aus das Liebste und Beste in jener Bethlehem-Nacht der Erde geschenkt, nämlich Seinen geliebten Sohn, auf dem Sein Wohlgefallen von Ewigkeiten her geruht hat (vgl. Mt 3, 17 u. Mk 1, 11 u. Lk 3, 21).
In der Sendung des Sohnes Seines Wohlgefallens, und zwar hinein in diese Welt, ist diese Welt trotz Sünde und Verdammnis zum Gegenstand Seines Wohlgefallens geworden! O Wunder, Wunder ohnegleichen! Es ist sowohl in dieser Welt wie in Ewigkeit völlig unmöglich, solches Wunder, solche Macht der Liebe verstehen und begreifen zu können, — aber anbeten wollen wir schon hier zusammen mit den himmlischen Heerscharen und erst recht dort drüben in der Herrlichkeit dieses Wunder von Bethlehem. Anbetung gebührt Ihm, dem Dreieinigen Gott in die Ewigkeiten der Ewigkeiten.
Mit dem Ausdruck Menschen des Wohlgefallens (wir haben auf Grund des kostbaren Evangeliumsinhaltes hinzugefügt „Menschen des göttlichen Wohlgefallens“) ist also ganz bewußt die Großtat Gottes von Weihnachten in Seiner monumentalen Objektivität anbetend gerühmt! —
Nichts ist hier an dieser Stelle von dem subjektiven Verhalten des Menschen erwähnt oder auch nur angedeutet, nichts von des Menschen Willen, von seinem „Jasagen“, seiner Hingabe, seinem Glauben an die Tat Gottes.
Es ist in diesem Weihnachts-Hymnus der himmlischen Heerscharen nur allein die Großtat Gottes gerühmt, wie es Jesus Selbst Jo 3, 16 ausspricht: „So weit ist Gott mit Seiner Liebe zur Welt gegangen, d. h. zur verlorenen und verdammten Welt, daß ER Seinen einziggeborenen Sohn sandte …“ —
Es ist in diesem Weihnachts-Hymnus der himmlischen Heerscharen dasselbe gesagt, was Paulus in 2 Ko 5, 19 niedergeschrieben hat: „Gott war in Christo und hat die Welt, d. h. die verlorene Welt, mit Sich versöhnt …“
Kurz, was schon im AT in dem Protevangelium (1 Mo 3, 15) angedeutet ist: „… Er wird der Schlange den Kopf zertreten …“ das ist, nachdem es immer und immer wieder von den AT-Propheten vorausgesagt worden ist, dann in Jesus Christus unwiederbringliche Tatsache geworden: „Gott hat Seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern hat Ihn für uns alle dahingegeben …“ von Bethlehem an bis Golgatha! —
Schlatter formuliert dies so: „Menschen, denen Gott Sein Wohlgefallen gab, gibt es deshalb, weil der Christus bei der Menschheit ist. Sein Dasein ist für sie „Nichtanrechnung der Verschuldung“, Aufhebung der die Menschen von Gott trennenden Scheidung. Darum, weil hier Versöhnung Gottes von Gott her mit den Menschen geschieht, preisen Ihn die Himmlischen. Dies alles aber ist Gottes Selbsteigenes Werk, Wirkung Seines Willens. Mit dem Hinweis auf das Wohlgefallen Gottes ist in die Verkündigung Seiner Gnade die Bezeugung Seiner Hoheit hineingesetzt.“

Wuppertaler Studienbibel

Wieder stehen wir vor einem berühmten Vers, wenn wir jetzt V. 14 anschauen. Wie oft ist dieses »Gloria in excelsis« (so der Anfang des Verses in Latein) vertont worden! Wie oft und wie verschieden ausgelegt worden! »Ehre« soll »Gott« zuteil werden. Ob es »sei« oder »ist« heißen muss, bleibt in der Auslegung umstritten. »In der Höhe«, d. h. im Himmel, empfängt Gott dieses Lob. Je näher die Geschöpfe beim Throne Gottes sind, desto mehr geben sie ihm die Ehre (vgl. Jes 6,1ff.; Offb 4,8ff.; Offb 5,11ff.). »Auf Erden sei (oder: ist) Friede«: das ist der Christusfriede (vgl. Mi 5,4; Eph 2,14.17; 6,15). Es handelt sich also um denjenigen Frieden, der ein Ende der Feindschaft des Menschen gegen Gott bedeutet, und um denjenigen Frieden, der die neue Gemeinschaft mit Gott bezeichnet (vgl. Joh 14,27; 16,33; Röm 5,1). Der äußere Friede folgt ihm dann im Tausendjährigen Reich (Offb 20,1-6) und in der neuen Schöpfung (Offb 21,3ff.) nach. Weil es ein Christusfriede ist, breitet er sich »bei den Menschen« aus, »denen sein (= Gottes) Wohlgefallen gilt«. An wem hat Gott »Wohlgefallen«? An jedem, der an Jesus als seinen Retter glaubt (Joh 6,28 f). Solche Gläubige gibt es nicht nur in Israel. Sie gibt es in aller Welt. Deshalb lautet der Lobgesang auch nicht: »bei den Israeliten, denen sein Wohlgefallen gilt«, sondern: »bei den Menschen, denen sein Wohlgefallen gilt«. Diese Erstreckung des endzeitlichen Heils auf alle Menschen wurde im AT seit langem angekündigt (Jes 42,6; 49,6; 57,19; Sach 9,10; Mal 1,11). Sie wird von den Aposteln mehrfach betont (Apg 10,34ff.; Röm 10,12; Eph 2,14ff.). Mit diesem Christusfrieden verwirklicht sich der Friedenswunsch des Priestersegens in 4Mose 6,26. Zugleich beginnt die Friedensherrschaft, von der in Jes 9,5ff. die Rede ist. Man kann auch sagen: Hier beginnt die göttliche Friedensrealität, gegen die alle menschlichen Friedensbemühungen nur Träume sind (vgl. dazu Jer 6,14; 8,11; Offb 6,4).
Was die Engel in Lk 2,14 sagen, bestätigt übrigens den Lobpreis des Zacharias in Lk 1,79.

Edition C

Der Lobpreis der himmlischen Heerscharen, einer Armee von Engeln, hatte die Herrlichkeit Gottes und Sein Wohlgefallen an den Menschen und ihren Frieden als Ergebnis der Geburt des Retters zum Inhalt. Es ist gesagt worden, die Engel hätten „gesprochen“, nicht „gesungen“. Viele haben wie ich gelehrt, daß die Engel bei der Erschaffung der Welt sangen (Hi 38,4-7), daß aber die Sünde, als sie in die Welt kam, den Gesang der Engel zum Verstummen brachte und daß sie erst wieder zu singen anheben werden, wenn die Sünde aus dem Universum verbannt und der ewige Tag angebrochen ist. Viele glauben, daß die singenden „Morgensterne“ in Hiob buchstäbliche Sterne und nicht Engel seien. Wenn dem so ist, dann haben wir keine einzige Bibelstelle, die sagt, daß Engel singen, denn im vorliegenden Vers lesen wir, daß sie „Gott lobten und sprachen“. Wie wir schon festgestellt haben 1,13-14) ist das dichterische Sprache, die gesungen werden kann; aber es wird uns gesagt, daß die Menge der himmlischen Heerscharen die Worte des schönen Hymnus „sprach“.
 „Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“ ist ein Satz, der sogar den Gottlosen geläufig ist. Er gehört zum weihnachtlichen Geschehen und sollte eigentlich kaum der Erläuterung bedürfen. Dennoch ist dieser Segensspruch viel falsch verstanden worden. In seiner Einleitung zu seiner New Translation des NT zeigt Darby, wie Westcott und Hort sich irrten, als sie einer Lesart folgten, die auf einen Abschreibfehler zurückgehen mag. Die englische RV gründet auf eben diesen vieldiskutierten griechischen Text und lautet: „Frieden unter den Menschen, an denen er sein Wohlgefallen hat“. Von den deutschen Übersetzungen lauten auch die Rev.Elberf, Menge, und Zürcher so. Dazu sagt Darby: „Die Revisoren haben den besseren Text in die Fußnote verwiesen.“ Elberf, Luther und Schlachter folgen dem Textus Receptus. Die schlechte Lesart der RV suggeriert, daß es Menschen auf Erden gäbe, an denen Gott Sein Wohlgefallen hat. Das muß man aus lehrmäßigen Gründen zurückweisen. Noch sagt Lukas, daß die Menschen ihr Wohlgefallen an Gott finden; sondern, daß Gott in seiner souveränen Gnade den Menschen Sein Wohlgefallen zuwendet. Das alttestamentliche Gegenstück zu dieser Aussage findet sich in Spr 8,31: „Und meine Wonne war bei den Menschenkindern“. Die himmlischen Heerscharen jubelten angesichts der Tatsache, daß den Menschenkindern eine „so große Errettung“ zuteil werden sollte. Sie waren nicht neidisch, daß Gott, obwohl gefallenen Engeln kein Heil bereitet worden ist, nach dem Reichtum Seiner Gnade Seinen Sohn gesandt hatte, um die gefallenen Adamskinder zu erlösen. Der Friede ist das Überwinden der Kluft, welche die Sünde zwischen Gott und den Menschen gerissen hat – Sünde, die den schuldigen Menschen von Gott entfremdet hatte. Aber Gottes Wohlgefallen ist es nun, daß versöhnende Gnade uns nahebringen soll (Eph 2,13).

Was die Bibel lehrt

Mirijam

Die Geburt Jesu Christi war aber also: Als nämlich Maria, seine Mutter, dem Joseph verlobt war, wurde sie, ehe sie zusammengekommen waren, schwanger erfunden von dem Heiligen Geiste.
Elberfelder 1871 – Mt 1,18

Die Geburt – Textkritik: Viele Handschriften: γένεσις (Entstehung, Werdung, Geburt). Einige andere Handschriften: γέννησις (Zeugung, Geburt). – Jesu Christi – Textkritik: Seine Geburt (ohne Namensnennung) – {aber} ereignete sich folgendermaßen (fand folgendermaßen statt): Seine Mutter Maria war mit Josef verlobt (Josefs Braut geworden, dem Josef vertraut). Bevor sie zusammengekommen waren (er sie heimgeholt hatte, sie einander ehelich beigewohnten, die Ehe eingangen waren), stellte sich heraus, dass sie vom Heiligen Geist – Im gr. Text wird der Heilige Geist am Ende des Satzes erwähnt, um zu betonen, dass das Kind von ihm gezeugt ist und nicht von einem Menschen. – schwanger geworden war (ein Kind erwartete, etwas in ihrem Bauch hatte).
offene Bibel – Matthäus 1,18

Die Geburt Jesu Christi aber war also: Als nämlich Maria, Seine Mutter, dem Joseph verlobt war, fand sich, ehe sie zusammenkamen, daß sie vom Heiligen Geist empfangen (Griechisch: im Leibe hatte) hatte. Lk 1,26-35; 2,5.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Matthäus 1:18

Wie kam es nun zur Geburt Jesu? Josef war bereits mit Maria verlobt, als sie schwanger wurde, obwohl sie noch nicht miteinander geschlafen hatten. Bislang wusste nur Maria, dass ihre Schwangerschaft durch die Kraft des Heiligen Geistes hervorgerufen worden war.
Willkommen daheim – Matth. 1:18

Wie alt Maria? Rief man sie nicht Mirijam? Wie hießen ihre Eltern? Wie sah Mirijam aus? Was fühlte Mirijam in den Monaten vor Jesu Geburt?
Keine Auskunft über all diese Fragen in der Bibel? Warum? Sind dass nicht die Dinge, die wir Menschen eigentlich wissen wollen?
Und doch! Für Jehovah nicht wichtig! Und deshalb NICHT in seinem Buch! Einfach keine Informationen, die für uns aus SEINER Sicht nicht wichtig sind.
Und dann schauen wir in den sozialen Medien, und überraschung: es geht um dich und mich, um Aussehen, Gefühle, Verwandschaft und Krankheiten. Aber das ist keine neue Sache: selbst die Christen im laufe der Jahrhunderte haben viele „Büchlein“ geschrieben, um den „Fehler Jehovahs“ auszumerzen: man nennt diese Bücher Apogryphen – da findet man dann die „Geschichten“ um Mirijam, wie alt sie war, wie die Eltern geheißen haben könnten, wie die Geburt ablief usw. usf. – ABER keine lesenswerten Aussagen, weil es nicht aus den Augen Jehovahs für uns interessant sein sollte! So wenig, wie die in den heutigen sozialen Medien viele Dinge zum Thema gemacht werden, die für uns als Christen eigentlich unwichtig sein sollten!

Die Tatsache, daß Jesus, wie der Stammbaum andeutet, allein „von Maria“ geboren ist (V. 16), bedarf der näheren Erklärung. Matthäus‘ Bericht wird sehr viel verständlicher, wenn man sich die hebräischen Heiratsbräuche ansieht. Ehen wurden damals von den Eltern arrangiert, dabei wurden Eheverträge ausgehandelt. Wenn die entsprechenden Vereinbarungen getroffen worden waren, galten die Betreffenden als verheiratet und wurden als Mann und Frau bezeichnet. Sie lebten jedoch nicht sofort zusammen, sondern die Frau wohnte noch ein Jahr lang weiterhin bei ihren Eltern und der Mann bei den seinen. Die Wartezeit sollte beweisen, daß die Braut noch unberührt war, wie sie und ihre Angehörigen gelobt hatten.
Wenn sich in dieser Zeit herausstellte, daß sie schwanger war, hatte sie sich offensichtlich auf eine verbotene sexuelle Beziehung eingelassen und war keine Jungfrau mehr, ein Grund, der zur Annullierung der Ehe führen konnte. Wenn die einjährige Prüfungszeit jedoch die Reinheit der Braut erwies, ging der Ehemann zum Haus der Brauteltern und führte sie in einem großen Umzug in sein Haus. Dort lebten sie dann als Mann und Frau zusammen und vollzogen die Ehe auch physisch. Vor diesem Hintergrund sollte Matthäus‘ Geschichte gelesen werden.
Maria und Josef befanden sich in der einjährigen Wartezeit, als es sich fand, daß sie schwanger war. Sie hatten noch keinen Geschlechtsverkehr gehabt, und Maria war auch nicht untreu gewesen (V. 20.23). Obwohl nur wenig über Josef erzählt wird, kann man sich doch gut vorstellen, wie sehr er betroffen war. Er liebte Maria wirklich, und nun ging das Gerücht um, daß sie schwanger sei. Sein Verhalten ist ein Beweis seiner Zuneigung zu seiner Braut. Er wollte keinen öffentlichen Skandal heraufbeschwören, indem er ihren Zustand den Richtern am Stadttor offenbarte, denn das hätte zur Folge haben können, daß Maria gesteinigt wurde (5Mo 22,23-24). Statt dessen beschloß er, sie heimlich zu verlassen.

Walvoord Bibelkommentar

Für einen Judenchristen musste dieser Satz eine ungeheure Überwindung sein. Er konnte ihn nur schreiben, wenn er wahr war. Denn die Zeugung eines Kindes in einer unberührten Frau durch den Heiligen Geist sprengte die Grenze der Vorstellungskraft und war vollends für einen auf die Realität hin erzogenen Juden (vgl. 1 Kor 1,22 !) etwas Unerhörtes.
Wir übersetzen wieder mit »Geschichte«, weil das griechische Wort dasselbe ist wie in Mt 1, 1 . Außerdem hat Matthäus vorher die Abstammung geschildert und kommt nun wirklich auf die »Geschichte Jesu Christi« zu sprechen. »Jesus Christus« ist hier bereits als ein Name zusammengewachsen.
Zwar nennt Matthäus Maria »seine Mutter«. Niemals aber nennt er Joseph »seinen Vater«. Das Wort »anvertrauen« kennzeichnet den Sachverhalt besser als »verloben«. Denn unsere deutsche »Verlobung« ist eine wenig verbindliche Sache. Dagegen bedeutet »anvertrauen« nach jüdischem Recht den Abschluss des bindenden Ehevertrags. Zum Vollzug der Ehe fehlt nur noch die Heimholung der Braut in das Haus des Bräutigams (vgl. Mt 1, 20-24). Deshalb heißt Joseph schon jetzt »ihr Mann« (Mt 1, 19-20.24). In der Regel heiratete das jüdische Mädchen mit 14 Jahren. So alt ungefähr wird Maria damals gewesen sein.
Dann »wurde sie, noch bevor sie zusammengekommen waren, als vom Heiligen Geist schwanger gefunden«. Unter »zusammengekommen« verstehen manche Forscher ehelichen Verkehr. Jedoch zeigen Mt 1, 20 und Mt 1, 24 , dass hier »zusammengekommen« so viel heißt wie »zusammengezogen«. Maria war noch gar nicht im Hause des Joseph. So blieb es für Joseph keinen Augenblick zweifelhaft, dass er nicht der Vater war. Denn Geschlechtsverkehr unter Verlobten gilt in der ganzen Bibel als Hurerei gegen Gottes Willen. Matthäus nennt uns sofort die Ursache der Schwangerschaft: »vom Heiligen Geist«. Er erzählt aber niemals, wie es dazu kam! Ganz anders Lukas in Lk 1,26ff.) D. h.: Matthäus berichtet hier nur in knappster Auswahl. Auch er muss ja gewusst haben, wie es zur Schwangerschaft der Maria kam. Aber er erzählt es nicht.
Wir können kaum nachempfinden, was es für Maria bedeutete, als »Schwangere« angetroffen zu werden. Vermutlich stammt sie aus Levi, aus priesterlichem Geschlecht. Denn nach Lukas 1,36 ist die Priesterfrau Elisabeth ihre »Verwandte«. Man darf also keinesfalls in dem Stammbaum von Lk 3 die Stammtafel Marias sehen. Nun steht Maria nach außen da, als hätte sie wie einst Thamar Hurerei getrieben (vgl. 1 Mose 38,24)! Eine Priestertochter und vor Ehevollzug schwanger! Nach 5 Mose 22,20ff.) musste jedes Mädchen in Israel gesteinigt werden, das nicht mehr als Jungfrau in die Ehe ging. Und nach 3 Mose 21,9 wird eine Priestertochter mit Feuer verbrannt, wenn sie unerlaubten Verkehr hatte. Welche Last musste auf Maria liegen: in einem göttlichen Geheimnis lebend, das man nicht publizieren konnte; im Angesicht hämischer oder drohender Entdecker; im Bewusstsein, Joseph zu enttäuschen. Matthäus lässt also Jesu Geschichte mit einem Augenblick höchster Spannung beginnen.

Edition C

Was hat Matthäus über die Jungfrauengeburt berichtet?
Das Matthäusevangelium spricht nach dem Stammbaum von Jesus (Matthäus 1,1-17) gleich im ersten Satz der eigentlichen Erzählung von der Jungfrauengeburt: Als Maria noch mit Josef verlobt ist und darum noch nicht mit ihm geschlafen hat, stellt sich heraus, dass sie schwanger ist (Matthäus 1,18). Als Josef verständlicherweise annimmt, dass seine Verlobte ihm untreu war, korrigiert ihn ein Engel im Traum: „Das Kind, das Maria erwartet, ist vom Heiligen Geist“ (Matthäus 1,20). Daraufhin wartet Josef bis zur Geburt des Kindes, bevor er mit Maria schläft (Matthäus 1,25).
Für Juden und Christen war klar, dass der Engel nicht von einer sexuellen Zeugung spricht, bei der Gottes Geist die Rolle des Mannes einnimmt. So konnten sich in der Antike nur Heiden das Wirken ihrer Götter vorstellen. Aber auch im Matthäusevangelium bleibt vieles geheimnisvoll. Matthäus legte jedoch großen Wert darauf, dass durch die übernatürliche Geburt von Jesus eine uralte Vorhersage des Propheten Jesaja eingetroffen ist: „Die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen“ (Matthäus 1,23 = Jesaja 7,14). Ob Matthäus damit der Aussage des Jesaja gerecht geworden ist, ist ziemlich umstritten. Aber so merkwürdig ist es gar nicht, wie der Evangelist seine Bibel liest und deutet.

Faszination Bibel 4/2020

Was ist dann das Mittel der Menschwerdung? Wie ist Gott ein Mensch geworden? Die Mittel der Menschwerdung umfassten drei Dinge.

Erstens war an der Menschwerdung der Heilige Geist beteiligt (Lk. 1:35). Als Maria fragte, wie die Empfängnis möglich sei, weil sie eine Jungfrau war, antwortete der Engel, dass der Heilige Geist sie überschatten und eine wundersame Empfängnis bewirken würde. Der Generator der Menschwerdung war der Heilige Geist. Der Heilige Geist kam auf Maria, und die Kraft des Allerhöchsten überschattete sie. Der Geist wirkte, um die Menschheit des Messias zu zeugen oder zu empfangen. Er war immer Gott, also musste die Gottheit nicht erzeugt werden; nur seine Menschlichkeit musste erzeugt werden. Die Gottheit nahm an Marias Menschlichkeit teil, schloss aber gleichzeitig Marias sündige Natur aus. Durch die Überschattung des Heiligen Geistes mit der Kraft des Allerhöchsten, erzeugte der Heilige Geist die Menschlichkeit von Jeschua (Jesus), dem Messias. Der Heilige Geist erzeugte die Empfängnis. Das Produkt sollte nach Lukas 1,35 zweierlei sein: erstens heilig und zweitens der Sohn Gottes, der Gottmensch.

Zweitens: Die Menschwerdung betraf die Jungfrau Maria. Ihre Jungfräulichkeit wurde von zwei der vier Evangelien bekräftigt (Matthäus 1:18, 22-23; Lk. 1:27, 34). Die Empfängnis war übernatürlich. Weil Maria eine Jungfrau war, war es notwendig, dass es eine übernatürliche Empfängnis gab. Die Leute sprechen oft von dem Wunder der Jungfrauengeburt, aber technisch gesehen war nicht die eigentliche Geburt das Wunder; Jeschua wurde wie jedes andere Baby geboren. Es war nicht die Geburt, die das Wunder war, sondern die Empfängnis. Die weibliche Eizelle war die von Maria, also war Jesus der wirkliche Sohn Marias, aber es fehlte das männliche Sperma völlig. Deshalb hatte Jeschua keinen natürlichen Vater, und deshalb bedurfte die Empfängnis der erzeugenden Kraft des Heiligen Geistes. Auf der einen Seite war der Heilige Geist das Mittel, aber auf der anderen Seite war auch die Jungfrau Maria ein Mittel.

Drittens beinhaltete die Menschwerdung die Jungfrauengeburt, die den menschgewordenen Menschen hervorbrachte. Dies wurde in 1 Mose 3,15 und Jesaja 7,14 vorausgesagt und ging schließlich in Matthäus 1,16 in Erfüllung.

Arnold Fruchtenbaum – Die Inkarnation