Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen; denn sie meinen, daß sie um ihres vielen Redens willen werden erhört werden. Seid ihnen nun nicht gleich; denn euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe ihr ihn bittet.
Elberfelder 1871 – Matthäus 6,7–8
Leiere nicht gedankenlos Gebete herunter wie Leute, die Gott nicht kennen. Sie meinen, sie würden bei Gott etwas erreichen, wenn sie nur viele Worte machen. Folgt nicht ihrem schlechten Beispiel, denn euer Vater weiß genau, was ihr braucht, schon bevor ihr ihn um etwas bittet.
Hoffnung für Alle – Matthäus 6:7–8
Wenn ihr betet, dann leiert nicht leere Worte herunter, wie es überall bei den Völkern üblich ist. Die Menschen anderer Nationen glauben, dass sie deshalb auf Erhörung hoffen können, weil sie so viele Worte machen. Macht es ihnen auf keinen Fall nach! Denn euer Vater weiß, welche Bedürfnisse ihr habt, schon lange bevor ihr überhaupt angefangen habt zu beten.
Roland Werner – Das Buch – Matt 6,7–9
Warum aber verwirft Jesus das heidnische Geplapper? Darum sollt ihr euch ihnen nicht gleichen: euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe denn ihr Ihn bittet. Wir sollen also beten, nicht in der Absicht, Gott über den Zustand unseres Herzens und unser Verlangen erst weitläufig zu belehren und Ihn dadurch zur Abhülfe zu zwingen: nein, Gott kennt unser Bedürfniß viel früher bereits, als wir es fühlen. Wir sollen beten, nicht um Gottes-, sondern um unsertwillen; beten, weil Gott schon weiß, was wir bedürfen, und weil Er, ohne daß wir unserer Bedürftigkeit bewußt geworden sind und diese gläubig verlangend gegen Ihn ausgesprochen haben, es uns nicht geben kann. „Aber,“ könnte man einwenden, „wenn Gott schon Alles weiß, was wir bedürfen, ehe wir ihn darum bitten, und ohne daß wir Ihn darum bitten: dann hätten wir ja eigentlich gar nicht mehr nöthig, zu beten? wozu Ihm erst noch sagen, was Er längst schon weiß, und längst besser weiß, als wie es Ihm je aussprechen können?“ So spricht der Unglaube, meine Brüder; und wenn irgendwo Unglaube, Aberglaube und Glaube recht bestimmt in ihrem Unterschiede hervortreten, so ist es gerade beim Gebet. Der Unglaube leitet aus Gottes Allwissenheit die Ueberflüssigkeit und Nichtigkeit des Gebets ab, und nach seinem Urtheil ist daher auch das Beten die größte Lächerlichkeit und Narrheit. Der Aberglaube verlangt von Gott Erhörung, nicht um der göttlichen Gnade willen, sondern wegen seines Gebets, wegen seines oft gedanken- und gottlosen Werks. Der Glaube aber betet, weil Gott der Allwissende, der Heilige, der Gnädige ist, weil Gott schon vor dem Beten weiß, was der Mensch zu beten hat, weil Er das Ihm wohlgefällige Gebet selbst wirkt und erfüllt. Ist es schon für uns tröstlich, wenn derjenige, dem wir unsern Kummer entdecken, unsere Lage schon kennt und fühlt, und wir ihm nicht erst Alles haarklein zu erzählen brauchen: um wie viel tröstlicher und erquicklicher ist es, daß der Vater im Himmel schon Alles weiß, was wir Ihm sagen; daß wir nie über etwas Fremdes, sondern allezeit über etwas Ihm schon Bekanntes mit Ihm sprechen; daß wir von vorn herein wissen: An dieser Gottesthür klopfst du nicht vergebens an; hier brauchst du keinen Zweifel zu hegen, ob Er dich auch hören und erhören wolle, werde und könne; hier kannst du mit vollem Vertrauen und mit ganzer Zuversicht hinzutreten; denn du thust ja nur, wozu Er dir gnädige Erlaubniß gegeben, was er dir auf’s Bestimmteste geboten und wozu Er dich unzählige Male aufgerufen hat; wolltest du da zurückbleiben und nicht thun, was Er verlangt, so würdest du Ihn verachten und nicht für den Geber alles dessen, was dir nöthig ist, anerkennen. Der Christ betet demnach nicht um Gottes willen, um Ihm mit seinem Gebete einen Dienst zu thun, sondern um sein selbst willen. Gottes Allwissenheit ist ihm der Trost, daß er nicht falsch und unerhörlich bittet, und treibt ihn erst recht zum Gebete an.
Johann Friedrich Arndt – Die Bergpredigt Jesu Christi
Betet denn, Geliebte! denn das Gebet ist der Prüfstein der Herzen. Wie man betet, so ist man. Betet gern, daß der Umgang mit eurem unsichtbaren Freunde im Himmel euch der liebste Umgang hienieden sei. Betet oft, daß mit jedem Gebet auch das Vertrauen und die Sehnsucht, wieder zu kommen, wachse und auflebe. Betet mit dem erquickenden Bewußtsein, daß ihr, was es auch sei, das euch zum Gebete veranlaßt, immer nur über etwas Bekanntes mit Ihm sprechet. Dann wird es euch nie Angst und Sorge machen, welche und wie viel Worte ihr zu wählen und wie ihr sie zu stellen habt. Ihr werdet sagen, wie es euch um’s Herz ist; ihr werdet die Worte wählen, die euch eure Lage ungesucht und von selbst auf die Lippen legt. Heil solchen Betern! Möchten ihrer recht Viele sein und immer mehr werden in der Christenheit! Je mehr Beter, desto mehr Beglücker der Menschheit, desto mehr segnende Engel auf Erden.
Wortreiche Gebete
Arend Remmers – Die Bergpredigt: Eine Verständnishilfe zu Matthäus 5–7
„Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen; denn sie meinen, um ihres vielen Redens willen erhört zu werden. Seid ihnen nun nicht gleich; denn euer Vater weiß, was ihr nötig habt, ehe ihr ihn bittet.“ (V. 7–8)
Wenn der Herr bei den Juden die Heuchelei anprangern musste, dann war es bei den heidnischen Nationen das sinnlose Geplapper und das viele Reden beim Beten (vgl. 1. Kön 18,26–29). Aber nicht nur das, sondern Er warnt seine Jünger auch vor inhaltslosen Gebeten. Er wusste im Voraus, welche Entwicklung die Christenheit nehmen würde. Die ständige Wiederholung vorformulierter Gebete ist nicht nur in heidnischen Religionen bekannt, sondern wird auch in christlichen Kirchen praktiziert.
Das bedeutet jedoch nicht, dass wir in unseren Gebeten bestimmte Bitten, die uns sehr auf dem Herzen liegen, nicht öfter wiederholen dürften. Wir müssen unterscheiden zwischen leerem Geplapper ständig wiederholter Formeln und dem intensiven, anhaltenden Gebet eines Gläubigen, der in seiner Not immer wieder dasselbe Anliegen vorbringt. Hat der Herr Jesus seinen Jüngern nicht selbst das Beispiel der Witwe vorgestellt, damit sie allezeit beten und nicht ermatten sollten, und dabei ausdrücklich gesagt: „Gott aber, sollte er das Recht seiner Auserwählten nicht ausführen, die Tag und Nacht zu ihm schreien, und ist er in Bezug auf sie langsam?“ (Lk 18,1–8; Apg 12,5; Röm 12,12; Eph 6,18).
„Euer himmlischer Vater weiß, was ihr nötig habt, ehe ihr ihn bittet.“ Dass unser Vater weiß, was wir brauchen, ist die eine Seite; dass Er uns immer wieder zum Bewusstsein unserer eigenen Kraftlosigkeit und Abhängigkeit von Ihm führen und in dem Genuss der Gemeinschaft mit Ihm erhalten möchte, ist die andere Seite. Nichts ist dazu mehr angetan als das persönliche, vertrauensvolle Gebet.
Die beiden Verse geben eine weitere Antwort Jesu auf die Frage: Wie beten wir richtig? Paulus ist noch in Röm 8,26 bewegt von dieser Frage, ebenso viele gläubige und ungläubige Menschen unserer Tage. Es geht hier um die praktische Gestaltung des Gesprächs mit Gott: Welche Worte soll ich benützen? Wie oft und um was soll und darf ich beten?
Gerhard Maier – Edition C
Falsche Gesprächsführung liegt dort vor, wo wir »plappern wie die Heiden«. Die »Heiden« sind wie in Mt 5,47 die Nichtjuden. Ein alttestamentliches Beispiel für das »plappern« und »viel Worte machen« geben uns die Baalspropheten auf dem Karmel in der Auseinandersetzung mit Elia (1 Kön 18,26ff.). Das griechische Wort für »plappern« ist ein sehr seltenes Wort. Es scheint die ständige Hervorstoßung von Worten zu bezeichnen. Eine andere Deutung möchte es auf die semitische Sprache zurückführen, wonach es so viel wie »nichtiges Reden« hieße. Jedenfalls steht es in Parallele zur »Vielrednerei« – so wörtlich statt »viel Worte machen« – und von daher ist klar, dass es die Fülle der Worte bezeichnet. Ganz anders urteilt Jesus, und zwar in Fortsetzung der Linie des AT (Jes 1,15) und Sirachs (Sir 7,15). Entscheidend dafür, ob wir »erhört werden«, ist die Kindesbeziehung zum Vater. Damit deckt Jesus die Wurzel erhörlichen Gebets auf. Nicht die »Technik« des Gebets entscheidet, sondern die innere Beziehung, die wir zu Gott haben. Samuel Gottlieb Bürde nannte es »ein Herz…, das unbedingt mit Kindesmut in deinem Vaterwillen ruht« (EKG ;582, 3).
Dadurch gewinnt das Gebet eine unvergleichliche Schlichtheit und Innigkeit. Man erzählt, ein Reisender sei abends neugierig auf das Gebet seines Reisegenossen gewesen. Dieser, ein bekannter und tiefgläubiger Mann, trat ans Fenster, zog seine Mütze und sagte: »Lieber Vater, es bleibt dabei.« Daraus ergibt sich ein Weiteres: Nicht die Fülle der Worte ist von Gewicht, sondern das Bedürfnis des Kindes! »Denn euer Vater weiß, was ihr braucht, ehe ihr ihn bittet.« Die Wendung: »was ihr braucht«, besitzt zentrale Bedeutung. Ist hier nicht schon ausgedrückt, dass Gott wirklich wie ein Vater handelt, der verantwortlich ist und weiter sieht als das Kind? Demnach kann uns Gott nichts Böses geben. Er kann aber auch keine schädliche Bitte erfüllen, so sehr wir ihn bestürmen. Er gibt genau, was wir nötig haben. Zugleich liegt darin eine große Weite: Die kleinsten Alltagsdinge wie die wichtigsten Lebensfragen sind hier eingeschlossen. Wie ein richtiger Vater vom Radiergummi bis zum Lebensberuf alles fürsorglich ermöglicht, so Gott durch die Gebetsbeziehung! Jünger beten also, wie Kinder mit einem richtigen Vater reden.
Die Wendung: »ehe ihr ihn bittet« hat Anlass zu Missverständnissen gegeben. Man zog den etwas krausen Schluss, folglich brauche man Gott ja gar nichts mehr zu sagen. Oder man argumentierte theologisch, Bitte und Fürbitte sei dann im Grunde überflüssig. Aber das folgende Vaterunser widerlegt beide Irrwege. Gott gibt auf unser Gebet etwas – d. h., ohne unser Bitten unterließe er bestimmte Dinge, ohne dadurch in Verlegenheit mit seinen Plänen zu kommen. Wir unsererseits wollen aber im Gespräch bleiben und uns auch gegebenenfalls korrigieren lassen. Was wären wir sonst für Kinder, wenn wir niemals reden würden! Schließlich wollen wir auch nicht stolz werden auf die Kürze unserer Gebete. Zu leicht triumphiert dann der Selbstruhm oder schlicht die Faulheit im Beten.
Das vierte Problem des Gebets ist die Allwissenheit Gottes. Die Frage ist: Da Gott schon alles weiß, warum müssen wir dann beten?
Arnold Fruchtenbaum – Das Problem des Gebets
Dieses Thema spiegelt sich in Matthäus 6:8 wider: Seid nun nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr nötig habt, ehe ihr ihn bittet.
Da Gott bereits weiß, was wir brauchen, noch bevor wir ihn um etwas bitten, warum sollten wir uns die Mühe machen zu beten?
Doch in genau diesem Abschnitt und im gleichen Kontext werden wir, auch wenn Jeschua sagt, dass Gott es schon im Voraus weiß, dennoch ermutigt zu beten. Wir sollten vorangehen und Gott sozusagen die Dinge wissen lassen, die uns bedrücken, und unsere Bedürfnisse ausbuchstabieren. Nicht, weil Gott es nicht weiß, sondern weil wir selbst Glauben und Vertrauen erfahren müssen. Indem wir im Gebet zu Gott kommen und sehen, dass unsere Gebete erhört werden, werden wir Glauben und Vertrauen erfahren; wir werden Gottes Antwort auf Gebet erleben. Darüber hinaus sollte uns die Gewissheit, dass etwas eintreffen wird, zum Gebet anspornen.
Ein gutes Beispiel dafür ereignete sich im Leben des Propheten Elia. In 1. Könige 18 hatte Gott Elia bereits versprochen, dass er die Dürre beenden und Regen über Israel schicken würde.
Nach 1. Könige 18,41: Und Elia sprach zu Ahab: Steh auf, iss und trink; denn es kündigt sich eine Fülle von Regen an.
Elia wusste bereits, dass Regen kommen würde, und sagte Ahab, er solle hingehen und sich bereit machen, weil es eine Fülle von Regen geben würde.
Dann heißt es in 1. Könige 18:42-45: Also ging Ahab hinauf, zu essen und zu trinken. Elia aber stieg hinauf auf die Spitze des Karmel und warf sich nieder auf die Erde und legte sein Angesicht zwischen seine Kniee. Und er sprach zu seinem Knecht: Steig hinauf und sieh gegen das Meer. Und er stieg hinauf und sah und sprach: Da ist nichts. Und er sprach: Gehe noch siebenmal hin. Und es geschah beim siebentenmal, daß er sprach: Siehe, da steigt eine Wolke aus dem Meer, so klein wie eine Menschenhand. Und er sprach: Gehe hinauf und sprich zu Ahab: Mache deinen Wagen bereit und fahre hinab, daß dich der Regen nicht aufhalte. Und es begab sich über eine kleine Weile, daß der Himmel schwarz ward von Wolken und Wind, und es regnete sehr. Und Ahab ritt hin und zog gen Jesreel.
Elia wusste, dass der Regen kommen würde. Er wusste es, denn Gott hatte ihm versprochen, dass der Regen kommen würde. Dennoch hielt ihn die Gewissheit, dass etwas passieren würde, nicht vom Beten ab; sie spornte ihn zum Beten an. Es sollte kein Problem mit der Allwissenheit Gottes in Bezug auf das Gebet geben.
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