Schlagwort: Glaube

Jehova ist nahe denen, die gebrochenen Herzens sind – II

Der Herr ist denen nahe, (- Nun scheint er von ihnen gewichen. – Um sie zu erproben und ihre Verdienste zu mehren. – Sprichwörtlich für die besondere Fürsorge der göttlichen Vorsehung, die über die Gerechten waltet. Vergl. [Mt 10,30]. – Weil dem ersten Tode der zweite der Verdammnis folgt. Hebr.: Todbringend wird dem Gottlosen die Bosheit, und die den Gerechten hassen, büßen es. -) welche bedrängten Herzens sind, und hilft denen, die gebeugten Geistes sind.
Joseph Franz von Allioli – Psalm 33,19

da wir diesen Vers schon 2020 hatten, heute nur Ergänzungen (sprich: lies bitte auch den verlinkten alten Posts)

Nirgendwo in diesem Psalm deutet David an, dass ein Leben des Glaubens und des Gehorsams das Kind Gottes vor Schwierigkeiten bewahren wird (siehe Vv. 4, 6, 17, 19). Er verheißt jedoch, dass der Herr, wenn wir ihm vertrauen und ihn anrufen, uns durch unsere Schwierigkeiten hindurch begleiten und sie zum Segen für uns und durch uns für andere machen kann. (Siehe 28:7, Jes. 41:10, Heb. 13:6.) Er ist auch in der Lage, uns mit unseren Gefühlen zu helfen (V. 18). Die Zusicherung lautet, dass Gott uns nahe ist, wenn unser Herz gebrochen und unser Geist niedergeschlagen ist, ob wir es wollen oder nicht. Dies ist kein Versprechen, das an Bedingungen geknüpft ist, sondern eine Tatsache. (Siehe 69,20; 119,151; 147,3; Jes 50,8 und 61,1; Lukas 4,18).
Der Herr wird sich um unsere körperliche Sicherheit kümmern (V. 19-20), bis unsere Arbeit beendet ist. Das Wort „behüten“ bedeutet „große Sorgfalt walten lassen“, so wie Adam den Garten behütete (Gen 2,15) oder Jakob seine Schafe behütete (Gen 30,31). Der Apostel Johannes zitierte den Vers 20 in Johannes 19,36 und wandte ihn auf Jesus, das Lamm Gottes, an (2. Mose 12,46; Num 9,12). Der Herr ist in der Lage, unsere Feinde in Schach zu halten, und ihre eigenen bösen Taten werden sie vernichten, denn die Sünde ist ihr eigener Henker (V. 21vgl. 7,14-16; 9,16; 10,2; Spr 5,22; Röm 12,17-21). „Verwüstet“ in den Versen 21-22 (KJV) bedeutet „verdammt“. Die Gottlosen werden verdammt, aber die Gerechten werden nicht verdammt, weil sie dem Herrn vertrauen (Röm 8:1, 33-34). Gott hat David erlöst, so wie er Israel aus Ägypten erlöst hatte, und er ist in der Lage, uns aus unseren Schwierigkeiten zu erlösen.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Akzeptiere deine Vergangenheit
Akzeptiere die Tatsche, dass deine Vergangenheit „vergangen“ ist.
• Bete – nimm Gottes Hilfe für die Bewältigung deiner Trauer in Anspruch.
PSALM 34,18–19
Sie schreien, und der HERR hört, aus allen ihren Bedrängnissen rettet er sie. Nahe ist der HERR denen, die zerbrochenen Herzens sind, und die zerschlagenen Geistes sind, rettet er.
• Denke an deinen Verlust zurück – schreibe die folgenden Sätze auf und ergänze die fehlenden Wörter.
a. „Ich erinnere mich an die folgenden einschneidenden Ereignisse und Augenblicke: … (schreibe sowohl Positives als auch Negatives auf).“
b. „Wenn ich diese Fotos betrachte, denke ich an… (schreibe sowohl die positiven als auch die negativen Erinnerungen auf).“
c. „Ich bin traurig über… (schreibe alles auf, worüber du traurig bist).“

Hunt – Schlüssel zur biblischen Seelsorge

Die Gottesfürchtigen »schreien, und der HERR hört«. Er hört und versteht, was keiner sonst hören und verstehen kann; und er tut, was keiner sonst kann: Er »rettet aus allen ihren Nöten«. Das alles ist fast zu schön, um wahr zu sein. Aber es ist wahr für den, der Gott fürchtet. Obwohl der Herr unendlich höher ist als wir, hört er uns. Und obwohl er in der Höhe wohnt, so wohnt er doch gleichzeitig bei denen, die zerschlagenen Herzens sind (Jes 57,15). Er ist »nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind«. Wenn wir uns unter Gottes Hand demütigen (1Petr 5,6), erfahren wir seine Nähe in einer Weise, wie wir sie bisher nie gekannt haben. Toren sind wir, wenn wir uns gegen seine Zucht auflehnen. Dann bleibt er uns ferne – bis er uns im Gericht nahe kommen wird.

Benedikt Peters – Die Psalmen

Gott wird also die von ihm Geretteten durch ständigen Engelschutz begleiten (vgl. V. 8). Daß Engelschutz und erneute Not so dicht beieinander liegen können, ist dem menschlichen Verstand ein Rätsel. Sollten sie, wenn sie der Engel des Herrn von allen Seiten umlagert, schreien, worauf dann folgen würde: und Jahwe hört? Bei Gott gehört offensichtlich beides ohne Widerspruch zusammen: Erst wenn es zum Äußersten gekommen ist, offenbart Gott seine bewahrende Macht. Daß diese bewahrende Macht Gottes auch die Art des stillen Dabeiseins haben kann, erkennt man aus dem Satz: Nahe ist Jahwe den zerbrochenen Herzen. Gemeint »sind Menschen, die von einer großen Verzweiflung über sich selbst erfaßt sind. Ihr natürliches Lebensvertrauen ist gebrochen und zerstört« (Kraus). Bevor Gott mit Macht eingreift, wendet er sich den zu Rettenden zu. Er greift nicht in spektakulären Aktionen aus der Höhe zu, sondern er schenkt sich zuerst selbst, damit der Mensch einen unauslöschbaren Eindruck von Gottes Wesen bekommt. Jede Handlung muß im Herzen eines Menschen erwachsen, damit sie als Gottes Zuwendung erkannt wird. So erkennt der Zerbrochene das Wesen Gottes, weil er für Zuwendung offen ist. Der Starke würde an ihr vorübergehen. Dabei wird es auch weiterhin bei der Regel bleiben: Viel Übles (trifft) den Gerechten – nicht, um ihn zu strafen, sondern um ihn für eine neue Gottesbegegnung bereit zu machen. Sogleich sieht David aber auch die andere Seite, die den Gottesfürchtigen bestimmen wird: (Gott) bewahrt ihm alle seine Gebeine, auch nicht eins von ihnen wird zerbrochenl. An Jesus selbst hat sich dieses Wort erfüllt. Der von Gott Erwählte geht in den Tod, aber die Bewahrung des Gottesengels besteht darin, daß der Dahingehende sich als ein unbeschädigtes Ganzopfer Gott darbringt. Wer nicht auf Gottes Seite stehen will, wird den Folgen seiner Taten preisgegeben: die Bosheit, die er nicht hat vergeben lassen, wird den Frevlertöten. Welche Gott hassen, hassen auch den Gerechten, denn den Anblick der wunderbaren Taten Gottes an einem anderen können sie nicht ertragen.

Wuppertaler Studienbibel

Gerechtigkeit ist nicht in erster Linie eine Sache zwischen Menschen, sondern zwischen einer Person und Gott

«HÜTET euch, daß ihr nicht eure Gerechtigkeit (- 5Mo 24,13; Ps 112,9; 2 Kor 9,9.10. -) vor den Menschen tut, um von ihnen betrachtet zu werden! Wenn im anderen Falle aber nicht, so habt ihr keinen Lohn bei euerm Vater, dem in den Himmeln!  
Abraham Meister – Matthäus 6,1

Habet acht, dass ihr eure Gerechtigkeit (- Kap. 6: Was [Mt 5,20] gesagt, wird weiter ausgeführt. Die Gerechtigkeit besteht in den Werken der Tugend -) nicht übet vor den Menschen, um von ihnen gesehen zu werden, sonst werdet ihr keinen Lohn haben bei eurem Vater, welcher im Himmel ist. (- Unsere guten Werke dürfen von den Menschen gesehen werden [Mt 5,16], aber ist dies unser Ziel, so verlieren wir den Lohn. Der Gedanke, dass Gott unser Vater ist, soll unseren Eifer anstacheln. Nunmehr geht Christus auf Einzelnes über: Almosen, Gebet, Fasten. Dies sind die drei gewöhnlichen äußeren Tugendakte und zugleich der dreifachen Quelle der Fehler entgegengesetzt (Thom.), Wie leicht bei denselben die Eitelkeit sich einschleicht, zeigt [Lk 18,11]. -)
Joseph Franz von Allioli – Matthäus 6:1

Richtet aber eure Aufmerksamkeit darauf, eure Gerechtigkeit nicht zu wirken vor den Menschen, in der Nebenabsicht, um ein Schaustück (Theater) für sie zu werden; wo aber je nicht, Lohn habt ihr dann keinen bei eurem Vater, Dem in den Himmeln.
Pfleiderer Übersetzung – Matthäus 6:1

Er tadelte zunächst ihre Art, Almosen zu geben. Gerechtigkeit ist nicht in erster Linie eine Sache zwischen Menschen, sondern zwischen einer Person und Gott. Daher sollte man seine Frömmigkeit nicht vor anderen zur Schau stellen, denn dann erhält man auch seinen Lohn nur von den Menschen (V. 1-2). Die Pharisäer machten aus ihren Gaben an die Armen eine große Show in den Synagogen und auf den Gassen und dachten, auf diese Weise unter Beweis zu stellen, was für gerechte Leute sie doch seien. Jesus jedoch sagte, wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, d. h., es sollte so verborgen geschehen, daß der Geber sofort wieder vergißt, was er gegeben hat.
Auf diese Art zeigt er wahre Gerechtigkeit vor Gott, nicht vor den Menschen, und Gott wird es ihm vergelten. Man kann nicht, wie die Pharisäer annahmen, von den Menschen und von Gott belohnt werden.

Walvoord Bibelkommentar

Dieser Vers stellt ein allgemeines Prinzip dar, das danach anhand von drei Beispielen veranschaulicht wird. Anstelle von »Almosen« (Elberf, Regv Elberf, AV) hat RV »Gerechtigkeit«. JND setzt »Almosen« in den Text, und »Gerechtigkeit« in die Fußnote, wo er einräumt, daß letzteres wahrscheinlich korrekt ist. Im Zusammenhang erkennen wir, daß der V.2 wenig sinnvoll ist, wenn bereits in V.1 »Almosen« steht. die Jünger müssen ihre Beweggründe zu ihren gerechten Handlungen hinterfragen. Geschehen sie vor Gott oder vor den Menschen? Jedes öffentliche Werk muß vom Diener selbst streng geprüft werden. Die Haltung des Paulus, daß er »nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott« (1 Thessalonicher 2,4) sein Werk tat, steht in krassem Gegensatz zu den Pharisäern, die »alle ihre Werke tun, um von den Menschen gesehen zu werden« (Matthäus 23,5)

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Dieser Vers ist die Grundaussage, die durch die daran anschließenden drei Beispiele einer in aller Stille, ohne großes Aufsehen geübten Frömmigkeit durch 6,2-18 veranschaulicht werden soll. Die Juden sollten gute Werke nicht um des Lohnes willen vollbringen, auch wenn solche Werke, wie Jesus hier bestätigt, am Tag des Gerichts belohnt werden. Beten, Fasten und Almosengeben waren grundlegende Elemente der jüdischen Frömmigkeit (* Tob 12,9). Die Rabbinen bedienten sich gern der Dreizahl in Aufzählungen (wenn es etwa um die Grundtugenden geht, auf denen die Welt fußt).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Wie bei dem Kodex der wahren Gerechtigkeit begann Jeschua seine Lehre über das Verhalten der wahren Gerechtigkeit mit einer Einleitung, in der er das Thema angab und dann konkrete Beispiele nannte. Das einleitende Prinzip lautet: Tut eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen, um von ihnen gesehen zu werden. Wenn man die äußeren Werke der Gerechtigkeit tut, sollte das Motiv sein, Gott zu gefallen und nicht, um Lob von Menschen zu erhalten. Diejenigen, die Lob von Menschen suchen, werden es erhalten, aber das ist alles, was sie bekommen werden; sie werden keine Belohnung vom Herrn haben.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Die Bibel fordert uns nirgends auf, für die Reichen und Mächtigen einzutreten, aus dem einfachen Grunde, dass diese das nicht nötig haben. Stattdessen sagt sie: „Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht all derer, die sonst niemand haben. […] verschaffe den Armen und Schwachen ihr Recht!“ (Sprüche 31,8-9). Und Jeremia sagt: „[…] errettet den Beraubten von des Frevlers Hand und bedrängt nicht die Fremdlinge, Waisen und Witwen und tut niemand Gewalt an und vergießt kein unschuldiges Blut an dieser Stätte“ (Jeremia 22,310). Die „Fremdlinge, Waisen und Witwen“ sind Menschen, die sich nicht so wehren können wie andere. Sacharja 7,9-10 nennt vier soziale Gruppen, die in der Antike besonders schutzbedürftig waren: Witwen, Waisen, Fremde und Arme. Sie sollten den Gläubigen besonders am Herzen liegen. In Sprüche 22,22-23 heißt es sinngemäß: Hüte dich davor, einen Armen auszunutzen, weil er sich nicht wehren kann! Und Psalm 41,2 erklärt: „Glücklich zu preisen ist, wer anderen Menschen in Not zur Seite steht!“ Das „zur Seite stehen“ meint eine dauerhafte, strategisch geplante und durchdachte Hilfe.
In der Bergpredigt ruft Jesus seine Jünger dazu auf, den Armen Almosen zu geben, und nennt dieses Almosengeben „Gerechtigkeit“ (dikaiosune, Matthäus 6,1). An anderen Stellen wird Jesus dadurch zum Fürsprecher der Armen, dass er die Pharisäer konfrontiert, „die am Geld hingen“ (Lukas 14,16), oder den Schriftgelehrten vorhält, dass sie „den Besitz der Witwen verschlingen“ (Lukas 20,47), also ihre prekäre finanzielle und rechtliche Lage ausnutzen.

Timothy Keller – Hoffnung in Zeiten der Angst

Bisher hat uns Jesus gezeigt, was wir einander schuldig sind, wie wir Menschen unsere Gemeinschaft miteinander nach Gottes Sinn ordnen, und er hat absichtlich nicht gleich von dem gesprochen, was wir Gott als unseren Dienst darbringen, sondern zuerst von dem, was wir einander zu gewähren haben. Denn darin, daß der Mensch von uns empfange, was wir ihm zu geben haben, zeigt uns Jesus das erste Hauptstück unseres Berufs. Wir dürfen aber unsere Liebe auch dem Vater geben und ihm unseren Dienst darbringen. Darin sah auch der Jude das größte und wirksamste Stück der Gerechtigkeit. War denn nicht sein eifriger und opferwilliger Gottesdienst stark genug, um ihm Gottes Wohlgefallen zu verschaffen? Mußte Jesus nicht seinetwegen ihn ehren und Gemeinschaft mit ihm halten? Wie viele hatten daran Tag um Tag ihr großes Anliegen, Gott zu ehren und sich vor ihm als gerecht zu erweisen! Allein auch ihrer Verehrung Gottes verweigert Jesus sein Lob und trennt seine Jünger auch von ihr. Er trennt sie wieder wie bei der Auslegung derjenigen Rechte, die uns Menschen miteinander vereinen, nicht nur von der jüdischen Sünde, sondern auch von der jüdischen Frömmigkeit, weil der Jude mit ihr sich selbst verherrlichte. Es lag ihm bei dem, was er Gottes wegen tat, nicht einzig an Gott, sondern beständig nicht weniger an den Menschen. Dadurch wurde aber aus seinem Gottesdienst eine Entehrung Gottes. Darum warnt Jesus seine Jünger 6,1: Gebt aber acht auf eure Gerechtigkeit, daß ihr sie nicht vor den Menschen tut, um von ihnen gesehen zu werden. Sonst habt ihr bei eurem Vater, der in den Himmeln ist, keinen Lohn. Wenn die Jünger das nicht verstehen lernten, mußten sie sich täglich an der stillen Weise Jesu stoßen; denn er tat nichts des Lobes der Menschen wegen; sie sollen wissen, warum er dies nicht bloß selbst so hält, sondern es auch von ihnen verlangt.
Die Sucht, um der Menschen willen fromm zu sein und den Lohn der Frömmigkeit sofort in ihrem Lob zu genießen, ist in Israel deswegen stark geworden, weil es durch seinen Gottesdienst zu einer eng verbundenen Gemeinschaft geworden war. Das Gesetz ging das gesamte Volk an und konnte nur dadurch geschehen, daß es alle taten. Was half es, wenn dieser oder jener Gott noch so eifrig diente? Damit war der Zweck des Gesetzes noch nicht erfüllt, weil das Gesetz eine Gemeinde verlangte, die Gott ganz gehorsam sei. Konnte denn Gottes Gnade sich offenbaren, solange es im Volke noch viele Übertreter des Gesetzes gab? Darum wurde aus der Frömmigkeit jedes einzelnen ein öffentliches Anliegen, um das sich jedermann kümmerte. Jedermann gab acht auf jedermann. Wer unfromm handelte, war überall verachtet; wer fromm war, genoß deswegen sofort hohe Ehren. So entstand zwar eine feste, enge Gemeinschaft, die jeden zur Frömmigkeit trieb; aber es wurde auch offenbar, wie gefährlich wir Menschen füreinander sind, daß aus der Gemeinschaft Knechtschaft werden kann und daß das Gesetz allein unfähig ist, uns fromm zu machen. Der Blick Israels schob sich weg von Gott zu den Menschen hin. Weil die Frömmigkeit sofort ihre Vergeltung im öffentlichen Urteil fand und jedermann nach seinem Gottesdienst gemessen wurde, wurde der Mensch das Ziel und die große Hauptsache des Gottesdienstes, und Gott wurde die geringe Nebensache. Alles wurde Schein, und damit wich auch die Kraft und der Gewinn aus ihrem Gottesdienst. Denn dafür, daß sie sich selber ehren und erhöhen, gibt ihnen Gott keinen Lohn.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

In V. 1 steht im Urtext das Wort »Gerechtigkeit«. Es wird hier im umfassenden Sinn gebraucht, im Sinne von Rechtes tun, Gerechtes tun! – Während in 5,22 »Gerechtigkeit« gesehen wurde von der Stellung zum mosaischen Gesetz (siehe dort), ist hier Gerechtigkeit gesehen als »Tätigkeit«, als »Frucht« jener in 5,22 genannten Gerechtigkeit, kurz als »das neue Leben«.
In V. 2 steht im Urtext nicht: »Gerechtigkeit« (Wohltätigkeit) üben, sondern »Almosen geben«. Über die Bedeutung dieses Wortes nachher in V. 2.
Wie ist das Wort »Lohn« zu verstehen? Der Ausdruck »Lohn« kommt in diesen Versen viermal vor, immer wieder in derselben Redewendung, die gegen die Pharisäer gerichtet ist: »Sie haben ihren Lohn empfangen.« – Wir fragen, was will hier das Wort vom »Lohn«? Alles Trachten nach dem lohnenden Beifall der Menschen war doch soeben schärfstens abgelehnt?
Wir antworten: »Der Lohn Gottes« ist etwas ganz anderes als der Lohn, der hier als etwas Verwerfliches abgelehnt wird.
Lohn ist hier nicht im Sinne von »Entlohnung« zu verstehen, so wie es eine Entlohnung gibt zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Bezahlung für eine geleistete Arbeit. Nein, so ist Lohn hier nicht zu verstehen, nicht Entlohnung auf Grund eines Vertragsverhältnisses oder eines Anstellungsverhältnisses, sondern im Sinne eines Familien Verhältnisses von Vater und Kind. Lohn ist als »Anerkennung« anzusehen, die der Vater seinem fleißigen Kinde schenkt. Lohn ist, so gesehen, »Gabe«, »Geschenk«, »Güte«, Einlösung von Versprechungen, Darreichung gegebener Verheißungen. Kurz: »Himmlischer Lohn« ist die Umarmung des himmlischen Vaters, ist »Schenkung ewiger Herrlichkeiten«. (Wie sollte Er uns mit Seinem Sohn nicht alles schenken?) – Solch »himmlischer Lohn« steht in keinem Vergleich zu unserem irdischen »Gutes tun«, weil er alles Denken über alle Maßen unendlich übersteigt, also nie und nimmer irgendwie eine Gegenleistung für unser irdisches Tun im »neuen Leben« sein kann. Lukas 17,10 spricht der Herr: »Wenn ihr alles getan, was euch befohlen ist, dann sprechet: Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig sind.«
An dem Gleichnis von den »anvertrauten Pfunden« (Mt 25,14–30; vgl. Lk 19,12–27) wird ebenfalls deutlich, daß nicht der Gedanke an irgendwelche Entlohnung, sondern der Gedanke der Gnade das Hauptmotiv ist! – Wilhelm Löhe sagt in dem bekannten Wort »Was will ich? Dienen will ich!«:
»Wem will ich dienen? Dem Herrn in seinen Elenden und Armen. Und was ist mein Lohn? Mein Lohn ist, daß ich darf.«
Luther sagt in seinen Predigten über Mt 5–7 zum Lohngedanken: »Gott will uns feste machen durch solch ›Lohn‹. Will dir die Welt nicht danken und nimmt dir Ehr, Gut, Leib und Leben drüber, dann halte dich an mich und tröste dich des, daß ich noch einen Himmel habe und so viel drinnen, daß ich dir’s wohl vergelten kann und vielmals mehr, denn man dir jetzt nehmen kann … daß du das Himmelreich offenbarlich hast und Christum, den du jetzt im Glauben hast, dann sichtiglich anschauest, in ewiger Herrlichkeit und Freude.«
Nach der Lehre der Rabbiner zeigt der Jude seine Gottesliebe durch drei Leistungen:
a) Wohltätigkeit; b) Gebet; c) Fasten.
Diese drei Leistungen kommen zu den jüdischen gottesdienstlichen Leistungen noch hinzu.
In die Sprache von heute übersetzt könnten wir sagen: Hier werden drei Äußerungen des »Neuen Lebens« gekennzeichnet. Durch drei Gesichtspunkte sind diese Auswirkungen des neuen Lebens charakterisiert.
1. Gesichtspunkt: Der Blick nach außen bewirkt den Dienst (»Almosen«) unserer Hand dem Nächsten gegenüber.
2. Gesichtspunkt: Der Blick nach oben bewirkt den Dienst (»Gebet«) unseres Mundes Gott gegenüber.
3. Gesichtspunkt: Der Blick nach innen bewirkt den Dienst (»Fasten«) unserer Seele ihren inneren Kämpfen gegenüber.
Eine Dreiheit ist’s! Nach außen, nach oben, nach innen.
Jesus sagt nicht: »Seid nicht wohltätig, betet nicht, fastet nicht«, sondern er meint: Wenn ihr Wohltätigkeit übt, wenn ihr betet, wenn ihr fastet, dann macht das nicht so, wie die Pharisäer das zu tun pflegen. Denn so wie sie es tun, ist’s verwerflich!
Wir fragen: Wie haben denn die Pharisäer das getan? Antwort: Sie wollten von den Menschen angestaunt werden, von denselben Menschen, die sie sonst verachteten, von denen wollten sie nunmehr bewundert werden.

Wuppertaler Studienbibel

Inhaltlich und in der Form ist Mt 5, 1 eine Art Überschrift zu Mt 6, 2-18 . Er redet noch nicht vom Almosen, sondern von der »Gerechtigkeit«. Die Wendung »Gerechtigkeit (Luthertext: Frömmigkeit) tun« zeigt aber, dass der Begriff hier enger gefasst werden muss wie in Mt 5,6; 5,20 . Dort war er die Freiheit von Schuld. Jetzt bedeutet »Gerechtigkeit« das Handeln nach außen entsprechend unserer Verbindung mit Gott.
Unser »Gerechtigkeitstun« in diesem Sinne soll nicht geschehen »vor den Leuten, um ihnen ein Schauspiel zu bieten«. Denn in diesem Fall wollen wir Eindruck auf Menschen machen. Für das »gesehen werden« des Luthertextes steht griechisch ein Wort, das mit Theater aufs engste verwandt ist. Wir produzieren uns also vor Menschen, im Theater der Gesellschaft. Von daher bleibt völlig klar, dass wir öffentlich handeln können – und oft sogar müssen! -, sofern wir nicht die Öffentlichkeit zum Selbstruhm suchen. Abgesehen von der Herzensprüfung, die uns Jesus hier aufträgt, ist es nützlich zu überlegen, inwieweit die Bekanntmachung von Gaben im Gottesdienst oder die Pressearbeit kirchlicher Werke, der Diakonie und sonstiger Art versuchlich sind. Der Selbstruhm ist eine im irdischen Leben nie ganz versiegende Quelle. Sobald wir die Schleuse ein wenig öffnen, überschwemmt sie uns.
»Andernfalls habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.« Diese Aussage deutet schon an, was Mt 6, 2 , 5, 16 am Ende bringt. Auf jeden Fall will uns der »Vater« vergelten, was wir ihm hier an Freude bereiten. Noch einmal sei bemerkt, dass der »Lohn« kein Abrechnungslohn ist, sondern eine unser irdisches Tun weit übertreffende und unverdiente positive Vergeltung! Wir haben auf Lohn kein Recht, werden aber über alles Verstehen hinaus mit einer Belohnung beschenkt. Die Entsprechung zwischen Vater und Kind besteht nicht nur im Tun, sondern auch im Teilhaben an den göttlichen Reichtümern. Sodann wird von jetzt ab »Vater« die ständige Gottesbezeichnung für die Jünger, während der Name »Gott« zurücktritt. Im Lebensumgang der wahren Frömmigkeit überstrahlt also der »Vater« den »Gott« der Lehre

Edition C

Der Generalsatz lautet: Gebt acht auf eure Frömmigkeit, dass ihr sie nicht vor den Menschen praktiziert, um ihnen ein Schauspiel zu bieten (V. 1). προσέχειν [prosechein] heißt hier achtgeben, „aufpassen“. Bauer-Aland und Blass-Debrunner-Rehkopf schlagen an unsrer Stelle „sich hüten, dass“ vor. Diese Akzentuierung ist wohl etwas scharf, ändert aber kaum etwas am Sinn.
Entscheidend wird für V. 1 der Sinn des griech. δικαιοσύνη [dikaiosynē], hinter dem hebr. צְדָקָה [zᵉdāqāh] zu vermuten ist. Die übliche Übersetzung „Gerechtigkeit“ trifft hier offenbar nur teilweise das, was Jesus meint. Bauer-Aland und Gottlob Schrenk ziehen deshalb die Übersetzung „Frömmigkeitsübung“, „Frömmigkeit“ vor. Andere bleiben bei „Gerechtigkeit“. Inhaltlich geht es um die Erfüllung des Gotteswillens im Alltag. Weil der Begriff „Gerechtigkeit“ dabei doch eher Missverständnisse produziert, haben wir mit Frömmigkeit übersetzt.
Achtgeben sollen die Jünger, dass sie die praxis pietatis, das praktizierte (ποιεῖν [poiein]!) Frömmigkeitsleben, nicht mit falschen Motivationen und Verhaltensweisen verknüpfen. Explizit warnt Jesus davor, dass sie vor den Menschen ein Schauspiel bieten oder „in Erscheinung treten“ wollen. Frömmigkeit soll nicht zur Schau werden! Bis heute ist diese Mahnung wichtig. Frömmigkeit bleibt ein „Handeln vor und für Gott“. All das ändert freilich nichts daran, dass man den heutigen europäischen Christen die Feigheit vor dem Bekenntnis nehmen muss. Vgl. noch Mt 23,5.
Jesus nennt sofort die Konsequenz eines solchen „sich zur Schau Stellens“: Andernfalls habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. Darin steckt zweierlei: Erstens kann ein solches öffentliches Praktizieren durchaus einen Lohn bei den Menschen zur Folge haben, zweitens gibt es aber im Reich Gottes und nach der Auferstehung keinen Lohn mehr. Der Jünger muss sich zwischen diesen zwei Optionen entscheiden. Euer Vater im Himmel nimmt die Formulierung von 5,45 auf. Vgl. die Erklärung dort.
Auch die späteren Rabbinen unterstrichen übrigens, dass die Frommen nach Mi 6,8 „bescheiden wandeln“ sollten „vor Gott“. Sie sahen hier deutlich: „Alles hängt von der Intensität des Herzens ab.“
Hier stoßen wir erneut auf die Problematik des Lohn-Gedankens (μισθός [misthos]), mit dem sich vor allem Karl Bornhäuser intensiv beschäftigt hat. Er möchte die „Belohnung“ im Vater-Sohn-Verhältnis streng unterscheiden von der „Entlohung“ im Arbeitsverhältnis. Auf Letztere besteht ein Anspruch, auf Erstere nicht. Erstere ist ein Geschenk, Letztere ein Rechtstitel. Bornhäuser kann sich dabei auf Röm 4,4 berufen, wo der „Lohn nach Gnade“ (ὁ μισθὸς κατὰ χάριν [ho misthos kata charin]) dem „Lohn nach Schuldigkeit“ (ὁ μισθὸς κατὰ ὀφείλημα [ho misthos kata opheilēma]) gegenübergestellt wird. Damit hat er die richtige Spur gelegt. Er wies bei gleicher Gelegenheit auch auf die beiden verschiedenen Lohn-Auffassungen in Pirqe Abot I, 3.13 einerseits und II, 15.16 andererseits hin.

Maier – Historisch-Theologische Auslegung Neues Testament

die Wahl

Denn so spricht der Herr, Jehova, der Heilige Israels: Durch Umkehr und durch Ruhe würdet ihr gerettet werden; in Stillsein und in Vertrauen würde eure Stärke sein. Aber ihr habt nicht gewollt; und ihr sprachet: „Nein, sondern auf Rossen wollen wir fliegen“, darum werdet ihr fliehen; und: „Auf Rennern wollen wir reiten“, darum werden eure Verfolger rennen.
Elberfelder 1871 – Jesaja 30,15–16

Denn so spricht der Herr Jehovah, der Heilige Israels: Durch Rückkehr und Ruhe kann euch Heil werden. Durch Stillesein und Vertrauen wird euch Macht. Ihr aber habt es nicht gewollt, Ps 62,2; 37,7.
Und sagtet: Nein, zu Rosse wollen wir fliehen, darum sollt ihr fliehen; und auf dem Schnellen wollen wir reiten, darum sind schnell, die euch verfolgen. Jes 31,1; Hos 14,4; Mi 1,13.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Jesaja 30:15–16

Denn so sprach mein Oberherr, Jehova, Der Heilige Israels, bei reuiger Umkehr und ruhigem Ersinken werdet ihr in Siegheilsweite versetzt werden; in Stillehalten und in Vertrauen wird bestehen eure strenge Heidenkraft; aber nicht wurdet ihr willig.
Sondern ihr sprächet: „Nein; sondern auf Rossen wollen wir entfliehen; darum sollt ihr fliehen müssen, und auf leichtfüßigen Dromedaren wollen wir reiten;“ darum sollen leichtfüßig sein eure Verfolger.
Pfleiderer – Jesaja 30:15–16

Gerade in diesen Tagen, wi Israel mal wieder in einem Krieg mit seinen Nachbarn steckt, stellt sich die Frage, die auch zu Jesajas Zeiten schon interessant war: auf WEN vertraut Gottes Volk?
Und irgendwie ist es ja auch die Frage für uns: Vertrauen wir einer Kirche, Gemeinde, Organisation – oder vertrauen wir Jehovah direkt und allein? Wenn wir uns die Geschichte von Israel der Zeit Jesajas anschauen, merken wir schnell: nur wer einen direkten Draht zu Jehovah hatte, verstand, dass wir NUR IHM vertrauen können. Alle „Repräsentanten“ lagen völlig falsch und brachten die Vernichtung!
Glauben wir, dass Jehovah JEDE Verheißung wahr machen wird? Glauben wir IHM wirklich, dass es bald KEINE Religion mehr geben wird, weil ER selbst von Jerusalem regieren wird?

Die Vernichtung ist für Jesajas Zuhörer jedoch nicht unausweichlich. Es gibt einen Ausweg. Der Prophet erklärt: „Dies hat der Souveräne Herr Jehova, der Heilige Israels, gesprochen: ‚Durch Umkehr und Ruhe werdet ihr gerettet werden. Eure Macht wird sich einfach im Ruhigbleiben und im Vertrauen zeigen‘ “ (Jesaja 30:15a). Jehova ist bereit, sein Volk zu retten — wenn es Glauben beweist durch „Ruhe“, das heißt, wenn es die Rettung nicht durch menschliche Bündnisse zu sichern sucht, sondern durch „Ruhigbleiben“, was es dadurch zeigen kann, dass es auf Gottes schützende Macht vertraut, ohne der Furcht nachzugeben. „Aber“, so erklärt Jesaja dem Volk, „ihr wolltet nicht“ (Jesaja 30:15b).

Die Prophezeiung Jesajas — Licht für alle Menschen

Das Buch Jesaja stellt sich als Werk des judäischen Propheten Jesaja, Sohn des Amoz, aus dem achten Jahrhundert dar und enthält sowohl Urteile als auch Verheißungen der Wiederherstellung für Israel und Juda. Im Kontext von Kap. 30 tadelt Gott Juda für ihr nationales Bündnis mit Ägypten, das ihre eigene Weigerung, auf den Schutz des Herrn vor dem Assyrischen Reich zu vertrauen, zum Ausdruck bringt. Jesaja 30 beginnt mit der Verurteilung Judas durch Gott, der sie als geistlich bankrott und nachlässig gegenüber seinem Gesetz bezeichnet (Jes 30,1-17). In den Versen 18-26 ändert sich jedoch der Ton des Textes, da Gott Juda geistliche und körperliche Wiederherstellung verspricht, sobald der/die Lehrer/innen eintreffen (Jes 30,18-26).
Der Kontrast zwischen Jes 30,9-11 und Jes 30,18-26 ist ziemlich auffällig und verdeutlicht den positiven Einfluss von Judas Lehrer(in). So berichtet Jesaja zunächst von der Weigerung Judas, „der Weisung des HERRN zu gehorchen“ (Jes 30,9b), verkündet aber später, dass „eure Ohren dieses Gebot hören werden“, sobald die Lehrer/innen kommen (Jes 30,21). Auch die Führer von Juda befahlen den Sehern, Gottes Offenbarung zu vernachlässigen: „Seht nicht (ra’ah)“ (Jes 30,10). Sobald sich der/die Lehrer/innen jedoch offenbart/offenbaren, sagt Jesaja voraus: „Eure Augen werden euren/deine Lehrer/innen sehen (ra’ah)“ (Jes 30,20). Und schließlich: Obwohl Juda seine Propheten ursprünglich angewiesen hatte, „den Weg (derek)“ Gottes zu verlassen (Jes 30:11), wird die Anwesenheit des/der Lehrer(s) das Volk auf „den Weg (derek)“ Gottes führen, wenn es sich verirrt (Jes 30:21). Jes 30,18-26 beschreibt also eindeutig eine eschatologische Ära, in der die Lehrer/innen als Katalysator für die geistliche und körperliche Erweckung Judas wirken, die ihren Höhepunkt im kommenden Regen und im landwirtschaftlichen Segen findet.

Moody Handbuch messianische Prophezeiungen – Studien und Darlegungen zum Messias im AT

Voller Ironie stellt ihnen Jesaja, gleich nachdem sie gesagt haben, daß sie nicht mit dem Heiligen Israels konfrontiert werden möchten (V. 11 ), noch mehr Worte des Heiligen Israels (vgl. V. 15 ) vor Augen. Sie werden dem Gericht übergeben werden, weil sie Jesajas Botschaft verwerfen (V. 9 – 11 ) und sich auf Frevel (d. h. Pläne, Gottes Ratschlag zunichte zu machen) und Mutwillen (den Ägypten an ihnen üben wird) verlassen.
Das Gericht wird plötzlich kommen – wie eine hohe Mauer, die über ihnen zusammenbricht (V. 13 ). Und es wird ein ernstes Gericht sein – wie ein Topf, der so zerschmettert wird, daß man die einzelnen Teile zu nichts mehr gebrauchen kann (V. 14 ). Der Herr hatte sie zu Umkehr und Vertrauen aufgerufen, so daß sie Heil und Kraft erhalten hätten (V. 15 ). Aber sie wollen es nicht. Statt dessen verlassen sie sich auf militärische Stärke (V. 16 ). Aber wenn sie sich auf Pferde verlassen (vgl. Jes 31,1 ), dann, so sagt Gott, wird er sie dazu bringen, zu fliehen ( Jes 30,16-17 ) und von dem Feind leicht in Furcht versetzt zu werden. Sie werden allein dastehen, wie ein Banner auf einem Hügel , als Mahnzeichen an andere, sich nicht auf ihre militärische Kraft zu verlassen.

Walvoord Bibelkommentar

In dieser Sprache des offiziellen Juda wird offenbar, wie wenig eine nur noch auf diplomatische Klugheit und auf außenpolitische Beziehungen eingestellte Machtpolitik ein Urteil göttlichen Offenbarung über sich zu ertragen vermag. Sie will weder die Schau der Propheten, noch das Urteil der Offenbarung, noch den Heiligen Israels in seinem bisherigen Wollen. Sie will handeln nach ihren eigenen Gesetzen. In dieses ihr Handeln sucht sie auch Priester und Propheten hineinzuziehen. Denn nicht das im Lichte Gottes orientierte Gewissen, das Gesetz der Stunde hat das Handeln der bestimmen!

Juda sah sich in seiner Geschichte durch die Pflege solch einer von Gott gelösten Politik in die dunkelste Nacht geführt.
„Allein ihr wolltet nicht!“ – zu welchen Konsequenzen führte dieses Wort, das der Prophet bebend vor dem Kommenden in die Geschichte seines Volkes schrieb! Juda zerbrach an seinem Wollen wider Gott. Aber auch in seinen Gerichten bleibt Israel der Prophet Gottes, dass es den Völkern sagen muss: Auch ihr zerbrecht an eurem Wollen wider Gott! Der Mensch zerbrach noch immer am Menschen, sobald er sich selbst zum Götzen wurde. Das Volk zerbrach am Volk, wenn es sich erst von ewigen Quellen löste und seine Kraft nur noch in sich selber suchte. Jahrtausende hindurch schreit daher bereits Israels Gerichts- und Leidensgeschichte dieses Prophetenwort in die Welt hinaus, damit [387] es von Völkern gehört werde, die in Gefahr stehen, an demselben Wollen in ihrer Geschichte zu zerbrechen.

Jakob Kroeker – Jesaja

Die zweite Folge ist Flucht und Entvölkerung, die in den Versen 15-17 beschrieben wird. In Vers 15 wird die Ursache noch einmal genau beschrieben: Denn so sprach der Herr Jehova, der Heilige Israels: In der Rückkehr und in der Ruhe werdet ihr gerettet werden; in der Stille und in der Zuversicht wird eure Stärke sein. Und ihr wolltet nicht. Der hebräische Begriff für „umkehren“, shuvah, bezieht sich auf eine Rückkehr im Sinne einer Umkehr. Der hebräische Begriff für „ausruhen“, nachat, bezieht sich auf ein Ausruhen im Sinne eines Aufhörens des Versuchs, das Heil durch menschliche Aktivität zu erlangen. Mit anderen Worten, es bezieht sich auf das Ausruhen in der Gnade Gottes. Dem Volk Juda war die Rettung angeboten worden. Wenn sie zurückgekehrt wären, hätten sie ihre Ruhe haben können und wären in Frieden und Zuversicht gewesen. Doch die Zeitgenossen Jesajas lehnten alles ab, was ihnen die prophetische Botschaft bot. Die Formulierung „und ihr wolltet nicht“ macht deutlich, dass sie nicht aus dem Fehler von Ahas lernten, dem in Jesaja 7,3-4 ebenfalls Ruhe und Erholung angeboten worden war und der die Botschaft abgelehnt hatte. Ahas‘ Ablehnung führte zu der ursprünglichen Unterwerfung Judas unter das assyrische Joch. Jesaja forderte Juda auf, nicht zu rebellieren. Zu gegebener Zeit würde Gott selbst das Joch entfernen. Leider lehnte Hiskia die prophetische Botschaft ab und wandte sich an die Ägypter, so dass Juda nicht aus dem Fehler von Ahas lernte.

Die Folgen des Versagens von Juda wären Flucht und Entvölkerung. Jesaja prophezeite in den Versen 16-17a, dass jeder Fluchtversuch scheitern würde: „Ihr aber sagt: Nein, wir wollen auf Pferden fliehen; darum werdet ihr fliehen, und: Wir wollen auf schnellen Pferden reiten; darum werden die, die euch verfolgen, schnell sein. Tausend werden fliehen, wenn einer droht; wenn fünf drohen, werdet ihr fliehen. Das hebräische Wort für „fliehen“, nus, bedeutet normalerweise „vor einer Person oder Sache fliehen“. In diesem Zusammenhang scheint es jedoch eher eine schnelle Bewegung zu bedeuten, was der Grund dafür sein könnte, dass Delitzsch das Wort mit „fliegen“ übersetzt hat. Fliegen würde Juda, aber nur im Sinne von fliehen. Schnell würde Juda sein, aber die, die Juda verfolgten, wären noch schneller. Dieses Ergebnis steht in klarem Gegensatz zu den Segnungen, die im mosaischen Gesetz für Gehorsam versprochen wurden (Lev. 26:3-13; Deut 32:28-30; Jos. 23:10).

Was die Entvölkerung Judas angeht, so liegt die Betonung in Vers 17b auf der Einsamkeit, in der das Königreich zurückbleiben würde: „Bis ihr übrigbleibt wie ein Leuchtfeuer auf dem Gipfel eines Berges und wie ein Fähnlein auf einem Hügel. Was einst ein Wald war, würde auf einen einzigen Baum reduziert werden, der für sich allein steht.

Arnold Fruchtenbaum – Bibelkomentar Jesaja

“Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.” Jesaja 30,15. Suchst du den Herrn täglich und kehrst dich zu ihm, wählst du aus eigenem Trieb Freiheit und Freude in Gott, folgst du frohen Herzens seinem gnädigen Ruf und nimmst das Joch Christi, das Joch des Gehorsams und der Dienstbereitschaft, auf dich, dann wird all dein Klagen verstummen, werden alle deine Schwierigkeiten beseitigt, lösen sich dir alle die schwierigen Rätsel, denen du heute noch ratlos gegenüberstehst.

Ellen Gould White – Das bessere Leben

Das Stillsein! Nichts sollte unsere Herzen beunruhigen. Ist Christus nicht unser Hirte? der gute Hirte, der sein Leben für die Schafe gelassen hat, und der uns in seinen Schutz nimmt? Er bewahrt uns, Er liebt uns, Er erhellt unseren Pfad und ruft uns unaufhörlich zu: «Fürchte dich nicht!» Er trägt uns auf seinen Schultern und auf seinem Herzen, bis Er uns ins Vaterhaus einführen kann.
• «Den festen Sinn bewahrst du in Frieden, in Frieden; denn er vertraut auf dich» (Jes 26,3).
• «Im Stillsein und im Vertrauen würde eure Stärke sein» (Jes 30,15).
Unsere armen Herzen! Wie wenig braucht es doch, dieses Stillsein zu stören! Oft genügt eine geringfügige Durchkreuzung unserer Wünsche, um uns in Wallung zu bringen und uns die Ruhe zu rauben. Die Sorgen des Lebens, sagt Jesus, beschweren die Herzen; sie hindern sie am Genuss des Herrn. Daher werden wir im Wort so oft vor den Sorgen gewarnt. Es ermahnt uns, sie wegzuwerfen: «Werft alle eure Sorge auf ihn, denn er ist besorgt für euch» (1 Petrus 5,7) Sie sind eine Bürde, die unserem geistlichen Gedeihen schadet und uns hindert, zum Ziel zu streben: «Lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus» (Heb 12,1).
Das Stillsein kann nur da verwirklicht werden, wo der eigene Wille beiseite getan wird und sich das Herz dem Willen Gottes völlig unterwirft, einem Willen, der für die abhängige Seele gut, wohlgefällig und vollkommen ist.
Wie oft fehlt es am Glauben, und wie einst den Jüngern, muss der Herr auch uns sagen: «Kleingläubige!» Wie jener geprüfte Vater, müssen auch wir Ihm dann antworten: «Ich glaube; hilf meinem Unglauben!» (Mk 9,24).
Das Stillsein des Gläubigen ist nicht Gleichgültigkeit gegenüber seinen Pflichten, seiner Arbeit, seiner Familie, sondern das Vertrauen des Glaubens, das alle Umstände und alle Prüfungen des Lebens überwindet, indem es auf den Herrn wartet und nichts ohne Ihn und ohne an Ihn zu denken tun will.
Gewiss, die Schwierigkeiten, die Trübsale, die Trauer können unsere Herzen beschweren, aber wir haben dabei auch unerschöpfliche Hilfsquellen der Gnade: «Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe» (Heb 4,16). Unser Hoherpriester ist dort und hat Mitleid mit unseren Schwachheiten. Und wenn unser schwaches Herz unruhig wird und durch das Gewicht der Bürden des Lebens niedergebeugt ist, so dürfen wir sie vor den Füssen des Herrn niederlegen, der auf die Wunden den köstlichen Balsam des Friedens giesst, den Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt.

Halte fest 1961

Doch ich komm’ in deiner Gnaden Fülle in dein Haus, ich werfe mich vor deiner heil’gen Halle nieder, in Furcht vor dir.

Ich aber, ich werde in der (O. durch die) Größe deiner Güte eingehen in dein Haus, ich werde anbeten (Eig mich niederwerfen) in deiner Furcht gegen deinen heiligen Tempel.
Elberfelder 1871 – Psalm 5,8

Durch deine Liebe darf ich in dein Haus kommen, voll Ehrfurcht bete ich dich in deinem heiligen Tempel an.
Neues Leben – Bibel 2006 – Psalm 5:8

Ich aber werde ob der Fülle deiner Barmherzigkeit in dein Haus kommen, anbeten gegen deinen heiligen Tempel hin (- Durch deine reiche Gnade aus der Verbannung berufen. (Der Psalm berührt wohl die Zeiten der Verfolgung durch Saul.) Der Tempel ist entweder die Stiftshütte in Gabaon oder die Bundeslade in Nobe, das Zeichen und Unterpfand der Gegenwart Gottes. Auch vor ihr ward geopfert. In das Heiligtum dar niemand eingehen außer dem Hohenpriester. [3Mose 1,3, Hebr 9,6] Gegen Jerusalem wendet sich auch Daniel. [Dan 6,10] -) in Furcht vor dir.
Allioli Bibel – Psalm 5,8

David träumt von Jehovah in Seinem Tempel – und scheinbar hatte Jehovah dem David die Gunst erwiesen, „Seinen heiligen Tempel“ zu sehen. David hatte ein persönliches Verhältnis zu Jehovah.

Der Psalmist drückte sein Vertrauen darauf aus, sich einem Gott zu nähern, der Ungerechtigkeit (Sünde) haßt. Ein Sünder kann nicht bei einem solchen Gott wohnen. Freche und hochmütige Menschen, die nicht vor Mord oder Betrug zurückschrecken, haßt Gott und wird sie vernichten. Sie sind für ihn verabscheuenswert.
Im Gegensatz zu solcher Gottlosigkeit rühmte David nicht seine eigenen Tugenden. Vielmehr hob er Gottes Gnade ( HeseD , treue Liebe) gegen ihn hervor. Dadurch konnte er sich der Stiftshütte nähern (vgl. den Kommentar zu Haus und Tempel im ersten Abschnitt von Ps 5 ), um den Herrn in Ehrfurcht anzubeten. Das hebräische Wort für verehren (häufig übersetzt mit „anbeten“, z. B. in 2Mo 34,8 ) deutet auf das Niederwerfen auf den Boden hin; eine Haltung, die die rechte innere Einstellung gegenüber Gott bei der Anbetung darstellt. Die Gottlosen sind hochmütig; wer Gott anbetet, demütigt sich vor ihm.

Walvoord Bibelkommentar

David bezeugt hier, während er von Jerusalem vertrieben ist, seine Gewissheit, dass er in die Wohnung Gottes eingehen und die Lade wieder sehen werde (vgl. 2Sam 15,25).
»Ich aber …«: Dem Treiben der Gottlosen kann David dieses göttliche »Aber« entgegenhalten. Aber David vergisst nicht, dass er in Gottes »großer Güte« in sein Haus gehen wird: Er geht hinein, während andere draußen sind. Was ist das anderes als Güte Gottes? Womit hat er es verdient, vom verdienten Los der Gottlosen befreit worden zu sein (vgl. Offb 22,15)?
Das hebräische Wort ḥæsæd beinhaltet mehr als das deutsche »Güte«. Es steht für die Treue, für die Beistandspflicht, die Familienangehörige oder Bundespartner einander schulden. Rev. Elb gibt in einer Fußnote dafür sehr treffend »Gemeinschaftstreue« an. Folgende Stellen belegen, dass mit »Güte« ebendas gemeint ist: 1. Mose 21,23; 39,21; 2. Samuel 3,8; 2. Samuel 9,1. Die letzte Stelle zeigt sehr schön, was ḥæsæd beinhaltet: David hatte Jonathan geschworen, er werde ihm und seinen Nachkommen ḥæsæd erweisen, indem er sie am Leben erhalte, wenn er zum Königtum gekommen sei (1Sam 20,14–17). Diesen Eid hält David ein, indem er einem Nachkommen Jonathans Gutes tut. Dass nun Gott Menschen gegenüber »gemeinschaftstreu« bleibt, wo sie doch untreu sind, ist ein Beweis seiner Güte (Rt 2,20), weshalb dieses deutsche Wort dem Sachverhalt oft gerecht wird. Wenn David in Psalm 18,51 sagt, Gott erweise ḥæsæd an seinem Gesalbten, dann denkt er daran, wie Gott seinen mit David gemachten Bund einhält (2Sam 7,8–16); und wenn er in Psalm 33,5 sagt: »Die Erde ist voll der Güte – ḥæsæd – des HERRN«, dann denkt er an den Bund, den Gott mit Noah machte, in dem er verhieß, er werde die Erde und die Menschen auf ihr bewahren.
Gottes Güte hat David erwählt, Gottes Güte hat David berufen, Gottes Güte hat David geführt. Als ein Mann nach dem Herzen Gottes, weiß David, dass er nur Böses getan und daher nur Gericht verdient hat, dass alles Gute allein von Gott kommt; dass es an Gottes freiem Wohlgefallen lag, dass er nicht wie die Übrigen auch draußen stand.
»in dein Haus«: Hier wird zum ersten Mal in der Sammlung der Psalmen Gottes Haus erwähnt; David wird noch oft von ihm sprechen. Es war seine alles verdrängende Sehnsucht gewesen, dem Gott Jakobs eine Wohnstätte zu finden (Ps 132,1–5). Er verlangte danach, dort zu sein, wo Gottes Herrlichkeit wohnt, um dort die Lieblichkeit des HERRN anzuschauen. Immer wieder redet er darum von Gottes Haus (Ps 23,6; 26,8; 27,4; 28,2).
»will anbeten«: Der Heilige kann nicht anders, wenn er bedenkt, wie Gottes Zorn sich von ihm gewandt hat und Gottes Erbarmen ihn in sein Haus geführt hat. Und er steht jetzt da, befreit von den Männern des Blutes und des Truges, befreit von der Macht des Hasses und der Lüge, der er einst selbst gedient hatte, und sieht in Gottes Licht das Licht (Ps 36,10) und sieht in der Hingabe seines Sohnes seine Liebe. Seine Seele jubelt vor Bewunderung, sein Gemüt jauchzt vor reiner Wonne, er sinkt nieder und betet an.
»in deiner Furcht«: Eben hatte David gesagt, dass er dank Gottes Güte ins Heiligtum eintreten kann. Nun verknüpft er Gottes Güte mit Gottesfurcht. In Psalm 130,4 sagt der Beter, dass Gott dem Sünder die Sünden vergibt, damit man ihn fürchte. Gottes Gnade, richtig verstanden, bindet uns nur noch enger an den Gott aller Gnade und lehrt uns, alle Sünde zu verabscheuen, weil Gott sie verabscheut, wie David in diesem Psalm eben gesagt hat (V. 5–7).
Das hebräische Wort für »Tempel« ist hêkâl, und das ist sumerischen Ursprungs: e-gal bedeutet wörtlich »großes Haus«. Es ist anzunehmen, dass Abraham dieses Wort aus dem Zweistromland nach Kanaan mitbrachte und es in seiner Familie und unter seinen Nachkommen zum Ausdruck für Gottes Haus wurde. Das ägyptische Wort Pharao bedeutet auch »großes Haus«. Den Ägyptern war ihr Herrscher und seine Familie größer als alles andere; dem Hebräer ist das Haus Gottes das Größte in dieser Welt. In den Psalmen kommt dieses Wort außer hier noch vor in Psalm 18,7; 27,4; 29,9; 45,9; 48,10; 65,5; 68,30; 79,1; 138,2; 144,12. Siehe auch Erklärung zu 27,4.

Dass David hier vom Tempel spricht, muss uns nicht befremden. Es haben zwar einige gemeint, der Psalm müsse von einem Späteren als David geschrieben worden sein, da der Tempel erst nach seinem Tod errichtet wurde. Nun wird aber schon die Stiftshütte, die in Silo stand, »Tempel« genannt (1Sam 1,9; 3,15). Zur Zeit Davids wohnte »die Lade des Bundes des HERRN unter Teppichen« (1Chr 17,1), nämlich in dem Zelt, das er für die Bundeslade errichtete, die er nach Jerusalem gebracht hatte. Wenn man das Zelt der Zusammenkunft schon hatte »Tempel« nennen können, dann spricht nichts dagegen, dass David jenes Zelt in Jerusalem auch »Tempel« nannte, wo doch die Lade Gottes, das Herz des Heiligtums, in ihm stand. Zudem nennt David die Wohnung Gottes im Himmel auch »Tempel« (2Sam 22,7). Während er bezeugt, dass er durch Gottes Gnade in sein Haus eingehen werde, kann er an beides, an die irdische und an die himmlische Wohnung gedacht haben, weil er wohl wusste, dass er einst auch droben in Gottes Gegenwart eingehen werde (wie auch ein Asaph in Ps 73,24 bezeugt).

Benedikt Peters

Als er schrieb: „Aber was mich betrifft“, stellte David sich selbst der bösen Menge gegenüber, die sich gegen den König auflehnte. David war gekommen, um zu beten, und er hatte drei Bitten.
Er betete um Führung (V. 7-8). Weil er nicht zum Stamm Levi gehörte, konnte David die Stiftshütte nicht wie die Priester betreten, aber er benutzte diesen Ausdruck, um seine Annäherung an den Herrn zu beschreiben. David war in der Wüste, aber er kam zum Herrn mit der gleichen Ehrfurcht, die die Priester und Leviten in der Stiftshütte zeigten. In der Anbetung unseres großen Gottes ist kein Platz für Niedlichkeit und Leichtsinn. Damit Gläubige in die Gegenwart Gottes eintreten können, um anzubeten und zu beten, hat Jesus sein Leben gelassen (Hebr 10,19-20), und dieses Privileg auf die leichte Schulter zu nehmen, bedeutet, dieses Opfer zu entwerten. David wusste, dass er Gottes Führung brauchte, denn er musste das Königreich wieder aufbauen. (Siehe Jakobus 1,5.)

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Um deutlich zu machen, dass Gott für ihn da war, stellt der Psalmist nicht seine gerechten Taten ihren bösen Taten gegenüber, sondern er erklärt einfach, dass er von Gottes Liebe angenommen wurde, einer Liebe, die jedem offen steht, der auf den Herrn vertraut. Der Gegensatz wird mit Nachdruck formuliert: „Was aber mich betrifft“ (וַאֲנִי), und weist dann sofort auf den Grund für seine Annahme hin: „durch die Fülle deiner treuen Liebe“ (בְרֹב חַסְדְּךָ). Er ist durch den Glauben in den Bund mit dem Herrn eingetreten, und aufgrund der treuen Liebe des Herrn zu seinem Volk hat er Zugang zum Heiligtum („dein Haus“ // „dein heiliger Tempel“, wo die Übeltäter keinen Bestand haben). Darin unterscheidet sich der Psalmist von den Bösen.

Einige Ausleger haben die Erwähnung des „Hauses“ des Herrn und des „Tempels“ als Beweis dafür angeführt, dass der Psalm nicht von David geschrieben worden sein kann, denn Salomo baute den Tempel, aber beide Worte wurden auf das Heiligtum in Silo angewandt, bevor David auf den Plan trat. Das Wort „Haus“ wurde auf diese Weise in Josua 6,24 und 2 Samuel 12,20 verwendet, um sich auf die Stiftshütte in Silo zu beziehen; es verbindet die Idee eines irdischen Heiligtums mit der Gegenwart Gottes für den Anbeter (siehe seine Verwendung auch für den Ort von Jakobs Vision der „Leiter“ in 1. Mose 28,15). Das Wort für „Tempel“ (הֵיכָל) ist etwas schwieriger, denn es wird nirgends für das tragbare Heiligtum der Stiftshütte verwendet. Es wurde jedoch auch für den vorübergehenden Standort des Heiligtums in Silo verwendet und bezog sich wahrscheinlich auf das Gebäude, das Teil des Heiligtums war (siehe 1 Sam 1,9; 3,3). Möglicherweise wird es hier auch einfach für den Ort verwendet, an dem sich die Lade befand, bevor Jerusalem gewählt wurde. Der Psalmist will damit sagen, dass er als wahrer Gläubiger im Heiligtum des Herrn willkommen ist, um anzubeten und in diesem Fall zu beten. Er wird nur aufgrund der treuen Liebe Gottes aufgenommen. Er wird daher nicht in Hochmut oder Selbstgenügsamkeit eintreten, sondern in Ehrfurcht und Demut – er wird sich in Furcht vor dem heiligen Tempel verneigen (אֶשְׁתַּחֲוֶה). So mischt er seine Zuversicht über den freien Zugang zu Gottes Gegenwart mit Ehrfurcht und Demut.

Allen P. Ross – Ein Kommentar zu den Psalmen

Furcht und Panik – II

Sobald das Essen beendet war, drängte Jesus die Jünger, schon einmal ins Boot zu steigen und auf die andere Seite des Sees überzusetzen. Inzwischen wollte er sich von den Leuten verabschieden. Nachdem sich die Menschenmenge zerstreut hatte, stieg er auf einen Berg. Auf diese Weise konnte er für sich sein und beten. Dort blieb er allein bis tief in die Nacht.
Unterdessen war das Boot bereits weit draußen auf dem See. Wind kam auf, der den Jüngern schwer zu schaffen machte. Auch die Wellen schlugen immer heftiger gegen das Boot. Es war gegen vier Uhr morgens, als sie Jesus direkt auf sich zukommen sahen – auf dem Wasser! Sie waren außer sich vor Angst und schrien in ihrem Schrecken: „Ein Geist!“
Doch Jesus beeilte sich, sie zu beruhigen: „Keine Angst, ich bin es! Ihr braucht euch nicht zu fürchten.“
Da wurde Petrus plötzlich mutig und rief: „Herr, wenn du es wirklich bist, dann sag, dass ich auf dem Wasser zu dir kommen soll.“
Jesus erwiderte darauf: „Na los, dann komm!“
Petrus sprang über die Bordwand und ging auf Jesus zu. Aber als er auf die Wellen hinabsah, die unter seinen Füßen schäumten, bekam er Angst und begann zu sinken. Jetzt schrie er: „Herr, rette mich!“
Jesus zögerte keine Sekunde, er beugte sich nieder und ergriff seine Hand. Dann sagte er: „Du Glaubensheld, warum hast du nur plötzlich gezweifelt?“
Beide kletterten in das Boot und sofort legte sich der Wind. Die Jünger, die das alles mit angesehen hatten, fielen vor Jesus auf die Knie und stammelten: „Das ist es! Kein Zweifel: Du bist Gottes Sohn.“
Bald hatten sie den See überquert und zogen das Boot bei Gennesaret an Land. Als einige mitbekamen, wer da bei ihnen an Land gegangen war, benachrichtigten sie alle Leute in der weiteren Umgebung. Daraufhin brachten diese ihre Kranken zu ihm. Dann baten sie Jesus um Erlaubnis, den Saum seines Gewandes berühren zu dürfen. Und wer immer ihn berührte, der wurde auch geheilt.

Willkommen daheim – Matthäus 14:22–36

da wir diesen Vers als auch den Zusammenhang schon hatten:

Furcht und Panik
Übers Wasser gehen
Komm & Geh

Was mich persönlich immer wieder schockiert: die meisten kritisieren Petrus – doch Petrus hatte Glauben! Ich sehe viele Zusammenhänge mit der aktuellen Weltsituation – besonders mit Blick auf Israel. Die meisten Menschen sehen nur auf die schrecklichen Taten, sehen auf den Krieg, und beten um Frieden. Aber aus biblischer Sicht, frag ich mich: sollten wir nicht eher um das Kommen von Elia beten? Elia, der das Volk Jehovahs wieder auf Jehovah blicken läßt? Wäre es nicht besser, wir würden darum bitten, dass alle Menschen nach dem „zweiten Kommen Jesu rufen“ würden? Ist nicht nur Jehovah in der Lage, Frieden zu schaffen – besonders Frieden, in „seinem Land“?

Aber zurück zu Petrus und dem „auf dem Wasser gehen“:

Welches Wunder war grösser: über ruhiges Wasser zu laufen oder über sturmbewegtes? Benötigte nicht beides dieselbe Wunderkraft Gottes? Ja sicher! Wenn der Herr uns im normalen Alltag durchträgt, dann ist das kein kleineres Wunder, als wenn Er es in sturmbewegten Zeiten tut! Ohne Ihn würden wir auch in «ruhigen Gewässern» untergehen. Schauen wir uns einmal den Glauben des Petrus an:
Er glaubte an die Macht Jesu,
er glaubte an die Kraft des Wortes Jesu,
er glaubte an die Allmacht Jesu,
er hatte Jesus als Ziel vor Augen,
er wollte Jesus in den unmöglichsten Situationen folgen (sogar auf dem Wasser).
War das nicht ein grossartiger Glaube? Soweit muss ja erst einmal jemand kommen! Der Herr hätte Petrus dementsprechend ermutigen und sagen können: «Petrus, Ich freue mich über deinen wirklich grossen Glauben.» Stattdessen sagte Jesus, nachdem Petrus auf den Wind gesehen und zu sinken begonnen hatte, zu ihm: «Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?» (Mt 14,31). Jesus nannte ihn nicht «Ungläubiger», sondern «Kleingläubiger». Hatte Petrus denn keinen grossen Glauben gehabt, als er im Vertrauen auf Jesus über das Wasser ging? Doch, aber leider bewährte sich sein Glaube in der Krise nicht. Wie ist oder wie wäre das bei uns?
Die Qualität des Glaubens, der wirklich zählt, zeigt sich nicht in den Wundern, die wir erleben, oder in den «grossen Taten», die wir tun, sondern in den Nöten, die wir im Vertrauen auf Jesus durchstehen! Nicht im «übers Wasser gehen», sondern im Sturm erweist es sich, ob wir standhaft sind. Die Qualität unseres Glaubens wird nicht offenkundig, wenn wir «als Weltenbezwinger auf sonnigen Höhen» wandeln, sondern dann, wenn wir inmitten einer unabänderlichen Not standhaft bleiben und nicht an der Treue Jesu zweifeln.

9 Wunderzeichen im Johannesevangelium


Simon Petrus mochte es, mitten im Geschehen zu sein. Als die Jünger erkannten, dass es sich bei der geheimnisvollen Gestalt auf dem Wasser um Jesus und nicht um ein Gespenst handelte, verwandelte sich Simons Angst in Glauben. Und Aufregung. Und Entschlossenheit. Simon hatte ein wachsendes Verlangen, dort zu sein, wo Jesus war, auch wenn das bedeutete, einer Sturmböe zu trotzen. Und die anderen? Nun, sie blieben an Ort und Stelle.
Das ist die Sache. Viel zu oft verzichten wir darauf, Jesus wirklich zu folgen, weil uns die Optik nicht gefällt. Wir haben Angst, dass er von uns verlangt, irgendwohin zu gehen, wo wir nicht hin wollen, oder etwas zu tun, was wir nicht tun wollen. Was ist, wenn er uns dazu bringt, den Arbeitsplatz zu wechseln, ein Kind zu adoptieren, umzuziehen, eine Beziehung zu beenden, in der wir unbedingt bleiben wollen, oder (Gott bewahre!) Missionar in einem fremden Land zu werden? Es liegt in der Natur der Sache, dass Nachfolge so störend sein kann. Wir würden es vorziehen, die Kontrolle zu behalten, uns selbst zu regieren, indem wir an unserem Stolz, unseren Leidenschaften und unserem Streben festhalten. Wir klammern uns lieber an die Dinge, die uns ein Gefühl von Komfort und Sicherheit geben.

Ein bisschen wie ein Boot im Sturm.
Das Problem ist, dass wir nicht im Boot bleiben und gleichzeitig auf dem Wasser laufen können.
Simon Petrus traf die Entscheidung zu gehen, und das Ergebnis veränderte den Lauf der Geschichte. Bis zu diesem Moment hatten die Jünger immer noch nicht ganz verstanden, was es bedeutet, dass Jesus der menschgewordene Gott ist. Aus Gründen, die man nur unserer dummen menschlichen Natur ankreiden kann, hatte selbst das Wunder mit den Broten und Fischen die Sache für sie nicht zu 100 % geklärt. „Und [Jesus] stieg mit ihnen in das Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich sehr; denn sie verstanden nichts von den Broten, sondern ihr Herz war verstockt“ (Markus 6:51-52, Hervorhebung hinzugefügt).
Es stellte sich heraus, dass die Heilung aller Krankheiten und Gebrechen (Matthäus 4:23), das Lehren mit jenseitiger Autorität (Markus 1:22, 6:2) und die Befähigung der Jünger, dasselbe zu tun (Lukas 9:1), nicht ausreichten. Offenbar mussten die Männer auch sehen, wie sie die Physik überwanden und das Wetter beherrschten (mehr als einmal!), bevor die Augen ihres Herzens wirklich sehen konnten. Aber was soll’s – sie haben es schließlich verstanden, und Simon Petrus reagierte darauf, indem er im Glauben weiterging und glaubte, dass der Eine auf dem Wasser auch ihn gehen lassen würde.

Und genau das ist passiert.
Als Simon seinen Blick von Jesus abwandte, begann er natürlich zu sinken. So funktioniert es: Wir gehen unter, wenn wir uns auf unsere Umstände konzentrieren, anstatt auf unseren Retter. Aber darum geht es nicht wirklich, denn wenn wir Jesus eng folgen, ist er da, um uns aufzufangen, wenn wir versagen und fallen. Dem Himmel sei Dank.
Das Wichtigste, lieber Leser, ist, dass Simon aus dem Boot gestiegen ist. Und das ist immer der Ort, an dem die Action stattfindet. Denn wenn wir überfordert sind und uns ganz auf die Macht und die Pläne unseres Erlösers verlassen, geschehen unglaubliche Dinge wie sich teilende Meere (2. Mose 14), fallende Riesen (1. Samuel 17), schnurrende Löwen (Daniel 6), auferstehende Armeen (Hesekiel 37) und Gott, der sich selbst durch das Leben derer verherrlicht, die ihn lieben und nach seinem Plan berufen sind (Römer 8,28).

Unabhängig von der Optik haben wir also nichts zu befürchten, denn derjenige, der all das getan hat, ist immer noch bei uns. Und das bedeutet, dass wir die Freiheit haben, aus dem Boot auszusteigen und so zu leben, wie Gott es beabsichtigt hat. Wir dürfen nicht dem weltlichen Vergnügen oder Druck erliegen, sondern müssen uns ganz und gar hingeben und bereit sein, dem zu folgen, der auf dem Wasser geht.

Jenkins Hendricks – Der Auserwählte – Buch drei: 40 Tage mit Jesus

Jesus Christus, Herr über das Meer

Johannes identifiziert Jesus als den Menschensohn, dem der Vater die Vollmacht gegeben hat, das Gericht zu vollstrecken (Joh 5,27; vgl. Mt 26,57-68). Johannes behauptet auch wiederholt, dass Jesus der menschgewordene Gott ist. Im Johannesevangelium ruft Jesus siebenmal den göttlichen Namen („Ich bin“) in Bezug auf sich selbst an (z. B. Johannes 6,35; 15,1). Er erklärt das Einssein mit dem Vater (Johannes 10,30), und er verkündet, dass der Vater in ihm ist und er im Vater ist (Johannes 10,37-38).

Für Johannes, einen mit dem Alten Testament vertrauten Juden, war das Bild von Jesus, der auf dem Meer geht, eine dramatische Darstellung, dass Jesus Jehovah ist – derjenige, der die Kräfte des Chaos unterwirft und dem Wasser und allem, was das Wasser darstellt, seinen Willen aufzwingt. Das Reich des Menschensohns war angebrochen, und alle Kräfte, die sich Gottes geordneter Ordnung widersetzten, würden nun besiegt werden. Wie die Jünger Jesu können wir Trost in dem Wissen finden, dass derjenige, der das unruhige Meer zertritt, jedes Chaos, das uns zu überwältigen droht, unterwerfen kann.

Michael S. Heiser – Ich fordere Sie auf, mich nicht mit der Bibel zu langweilen

Jehova hat uns das Gewissen gegeben, damit wir über uns selbst urteilen, nicht über andere – II

„Vorverurteile niemanden, sonst könnte Gott dasselbe mit dir auch tun.
VolxBibel – Matthäus 7,1

Richtet nicht (hart und lieblos), damit ihr nicht (einst ebenso) gerichtet werdet!
Ludwig Albrecht – Matthäus 7:1

Fällt kein abschätziges Urteil über andere, damit auch ihr nicht vorschnell abgeurteilt werdet! Denn mit dem Maßstab, den ihr an andere anlegt, werdet ihr auch gemessen werden. Und die Erwartungen, die ihr anderen gegenüber habt, werden auch an euch gestellt!
Roland Werner – Matthäus 7:1–2

Den Vers hatten wir schon vor zwei Monaten – also heute nur weitere Gedanken:

Die Leute, welche weniger in der praktischen Gerechtigkeit, die der Herr in der Bergpredigt lehrt, wandeln, werden ihr Zukurzkommen dadurch zu entschuldigen suchen, daß sie die Geistlicheren und Gehorsameren richten. Kleine Dinge können über die Maßen aufgeblasen werden. Das suchten die Pharisäer mit dem Herrn zu tun, nur daß sie bei ihm nicht einmal Kleinigkeiten fanden, die sie angreifen konnten. Daher mußten sie falsche Klagen gegen ihn erfinden.  »Richtet nicht« bedeutet, daß man nicht jemanden hart und lieblos richten darf. Wenn unsere Augen nicht verschlossen sind, dann können wir Fehler bei andern erkennen, aber unsere Haltung darf nie die des überlegenen Richtens sein. »Auf daß ihr nicht gerichtet werdet« kann zwar auch bedeuten, daß Gott den richten wird, der andere richtet. Der Grundsatz reicht aber weiter. Wer andere hart verurteilt, wird auch von Gott ähnlich beurteilt werden. Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben (1Kor 3,17). Was der Mensch sät, das wird er ernten (Gal 6,7). Man vergleiche auch Matthäus 18,33; Jak 2,13; 4,11-12.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

»Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!«

Was ist das »Richten«, das Jesus den Seinen so schroff untersagt? Es ist mit dem »Gericht« von Mt 6, 2 zu verbinden und wird von da her klarer. Demnach handelt es sich um das endgültige Urteil über das persönliche Verhältnis eines Menschen zu Gott: ob einer verdammt oder gerettet ist. Dahin weisen auch die Vergleichsstellen Röm 2,1; 14,4; 1 Kor 4,5; 5,12; Jak 4,11; 5,9 . Zu diesem Richten sind wir nicht befugt, weil hier nur der göttliche Richter in Frage kommt (Mt 13,28ff.). Sünder können in diesem Sinn keinen Sünder richten. »Denn«, wie Paulus in Röm 2,1 vielleicht unter Benutzung des Wortes Jesu sagt, »worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest.« Selbstverständlich ist damit auch der überhebliche Richtgeist getroffen, wie Mt 6, 2 sogleich zeigt.
Was ist das »Richten«, das Jesus den Seinen so schroff untersagt? Es ist mit dem »Gericht« von Mt 6, 2 zu verbinden und wird von da her klarer. Demnach handelt es sich um das endgültige Urteil über das persönliche Verhältnis eines Menschen zu Gott: ob einer verdammt oder gerettet ist. Dahin weisen auch die Vergleichsstellen Röm 2,1; 14,4; 1 Kor 4,5; 5,12; Jak 4,11; 5,9 . Zu diesem Richten sind wir nicht befugt, weil hier nur der göttliche Richter in Frage kommt (Mt 13,28ff.). Sünder können in diesem Sinn keinen Sünder richten. »Denn«, wie Paulus in Röm 2,1 vielleicht unter Benutzung des Wortes Jesu sagt, »worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest.« Selbstverständlich ist damit auch der überhebliche Richtgeist getroffen, wie Mt 6, 2 sogleich zeigt.

Auch Mt 6, 1 kann missbraucht werden. Ein Missbrauch geschieht z. B. da, wo man die Prüfung der Geister, die 1 Joh4,1ff.) fordert, mit Mt 7,1 ausschalten will. Ohne geistliches Prüfen können wir ja den Weg der Nachfolge nicht gehen (vgl. auch Röm 12,2; Eph 5,10; 1 Thess 5,21; Apg 17,11). Der Irrlehre müssen wir ebenso entgegentreten wie die Apostel (Röm 16,17ff.); 1 Kor 6,9ff.); 1 Kor 15,12ff.); Phil 3,2ff.); Kol 2,8ff.) usw.). Dennoch mahnt uns Jesus auch hier zur abwägenden Vorsicht und zur liebenden Geduld. Selbst wenn wir jemand aus der Gemeinde ausschließen müssen, ist damit das letzte Urteil nicht gesprochen. Es bleibt dem Jüngsten Gericht überlassen.

Gerhard Maier – Edition C

Würde uns erst einmal von dieser Erkenntnis das Herz brennen, dann würde es uns nicht mehr als ein harter Befehl erscheinen, daß wir nicht richten sollen, vielmehr wir würden es als Geschenk Gottes hinnehmen, daß wir nicht zu richten brauchen in soviel Elend und Schuld; daß wir lieben dürfen, daß wir uns nicht wie die Pharisäer absondern müssen, sondern daß wir herbeitreten dürfen in all das Elend und all die Not, daß wir helfen und lieben und barmherzig sein dürfen unter den Sündern, daß uns unser Herz brechen darf unter der Not der Großstädte und ihrer Unmoral, daß wir ans Herz ziehen dürfen die Enterbten und Fehlgegangenen: Gott und seine Liebe sei Dank für dies Geschenk. Jesus selbst hat es gesagt: ich bin nicht gekommen, die Welt zu richten; Jesus hat geliebt sein Leben lang, das war sein Glück und seine Seligkeit. Wollen wir unser Glück und unsere Seligkeit das Richten sein lassen. Nun, laßt uns danken, daß wir lieben dürfen, daß wir Jesus ähnlich sein dürfen, daß wir an die Menschen glauben dürfen, weil sie ja Gottes Kinder sind, daß wir sie tragen dürfen in Liebe; die Liebe duldet, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie trägt alles.
Gott hat die Menschen in Jesus Christus geliebt, hat sie zu seinen Kindern gemacht, da sie noch Sünder waren, laßt uns in unserem Nächsten das Gotteskind lieben, auch wenn er fehltritt, auch wenn er fällt. Im Nächsten lieben wir Gott, das ist das große Geschenk des Christentums. Und damit kommen wir auf das zuerst Gesagte zurück. Richten zerstört jegliche Gemeinschaft. Lieben, verzeihen, fürbitten das allein baut sie auf. Keine Ehe und keine Freundschaft besteht ohne diese tiefste verzeihende nicht richtenwollende Liebe, keine Erziehung der Jugend gibt es ohne daß wir uns ihm gleichstellen in Liebe, nicht Hochmut und Selbstgerechtigkeit des […] sondern Liebe verzeihende und fürbittende Liebe dessen, der aus Gott seine einzige Kraft zieht, und der mit seinem Zögling oder Kinde vor Gott steht. Aber auch keine Volksgemeinschaft gibt es, solange die Menschen richten wollen. Nie wird der Klassenhaß ein Ende haben, wenn wir nicht endlich einmal Schluß machen mit dem Richten über die andere Klasse. Richten schafft Hochmut und Selbstgerechtigkeit, Hochmut schafft Trennung, Entfremdung, Feindschaft, Liebe Demut und Zutrauen auf Gottes Barmherzigkeit, Demut schafft Einheit und Freundschaft, denn sie stammt von Gott.

Dietrich Bonhoeffer – Barcelona, Berlin, Amerika

Wie können wir jene akzeptieren, die anders sind als wir? Überprüfe dein Herz, deine Gedanken und deine Motive:
• Beurteile nicht das Herz eines anderen Menschen (Matthäus 7,1).
• Bitte Gott, dein eigenes Herz zu erforschen (Psalm 139,23–24).
• Beurteile Menschen nicht nach ihrer äußeren Erscheinung (1 Samuel 16,7).
• Trachte danach, den Bedürfnissen anderer zu begegnen (Philipper 2,4).
• Glaube nicht, dass du deine Einstellung nicht ändern kannst (2 Korinther 5,17).
• Setze dir das Ziel, dein Denken zu verändern (Römer 12,2).
• Verwende keine erniedrigenden Namen oder Ausdrücke (Titus 3,1–2).
• Bitte Gott, deine Worte mit seiner Liebe zu „würzen“ (Epheser 4,29).
• Diskriminiere andere nicht deshalb, weil das „ohnehin alle tun“ (Sprüche 14,12).
• Behandle andere so, wie du behandelt werden willst (Matthäus 7,12).
• Mache dich über die unterschiedlichen Merkmale anderer nicht lustig (Sprüche 11,12).
• Lerne, die unterschiedlichen Merkmale anderer als Bereicherung der bunten Schöpfung Gottes zu schätzen (Maleachi 2,10).
• Reagiere nicht aggressiv auf die Vorurteile, die andere dir gegenüber haben (1 Petrus 3,8–9).
• Sei bereit, um Christi willen die schmerzlichen Folgen der Vorurteile anderer zu erdulden (Matthäus 5,11–12).

Handbuch für biblische Seelsorge

Eltern

Ihr sollt ein jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten; und meine Sabbathe sollt ihr beobachten. Ich bin Jehova, euer Gott –
Elberfelder 1871 -Leviticus 19,3

Jeder von euch soll seine Mutter und seinen Vater ehren und immer meinen Sabbat als Ruhetag halten; denn ich bin der Herr, euer Gott.
Neues Leben – Bibel 2006 – 3.Mose 19,3

Jeder von euch soll seine Mutter und seinen Vater achten und den Sabbat als Ruhetag einhalten. Ich bin der Herr, euer Gott!
Hoffnung für alle – 1996 – 3.Mose 19:3

Das Ehren der Eltern und das Halten des Sabbats fassen das ganze Gesetz und die Zehn Gebote zusammen und zeigen, daß Heiligkeit immer zu Hause beginnt. Ein Kind, das lernt, Vater und Mutter zu ehren (wörtl. »zu fürchten« wie in V. 14 ) wird auch »Gott fürchten« und sich nicht zu den Götzen wenden und keine gegossenen Götter machen (V. 4 ).

Walvoord Bibelkommentar

Beide Gebote die in Vers 3 erwähnt werden, sind eine Zusammenfassung des ganzen Gesetzes. Es ist die Anerkennung der von Gott gewährten Autorität und der Autorität Gottes selbst.
Ehrfurcht vor Gott, den wir nicht sehen, wird in erster Linie dadurch gezeigt, dass wir Ehrfurcht vor Vater und Mutter haben, die wir wohl sehen können (Mal 1,6). Vater und Mutter sind die ersten Autoritäten, mit denen wir als Menschen zu tun haben, sobald wir geboren sind. Das Ehren von Vater und Mutter gilt, solange sie leben, und nicht nur, solange wir bei ihnen wohnen. Die Mutter wird zuerst genannt. Auch wenn der Vater gestorben ist, bleibt das Gebot, sie zu ehren.
Das Sabbatgebot wird verbunden mit dem Gebot, Ehrfurcht zu haben vor der ersten Instanz der Autorität, womit ein Mensch auf der Erde zu tun hat, den Eltern. Durch die Beobachtung von Gottes Sabbaten zeigt der Israelit seine Anerkennung Gottes. Bei allen Geboten kann man eine gewisse Nützlichkeit annehmen. Bei dem Sabbatgebot ist das nicht der Fall. Ein Mensch kann diesen Tag schnell als einen Tag verlorener Produktivität ansehen. Wer diesem Gebot gehorcht, tut es, weil Gott es gesagt hat.
In der geistlichen Bedeutung legt das Sabbatgebot die Grundlage für alle Beziehungen. Wenn wir in der Ruhe Gottes ruhen, das heißt in dem Werk von Christus, wird es auch in den Beziehungen als Familie Ruhe geben, in der Anerkennung der Verpflichtungen, die Gott darin gegeben hat.
Vater und Mutter (Familie) und Sabbat (Ruhe nach dem Werk) sind bereits vor dem Sündenfall von Gott eingesetzt worden. Sie bilden die Pfeiler der sittlichen Weltordnung und des bürgerlichen Wohlergehens. Alle, die zum Volk Gottes gehören, sollen diese Pfeiler im geistlichen Sinn hochhalten.
Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, gilt auch für die Christenheit (Eph 6,2.3). Das Sabbatgebot muss nicht buchstäblich gehalten werden, weil die Sünde die Ruhe Gottes in Beziehung zu der Schöpfung gestört hat (Joh 5,16.17). Für die Schöpfung ist die Ruhe noch zukünftig (Heb 4,9). Im geistlichen Sinn ruht Gott in dem Werk seines Sohnes, und darin dürfen auch wir ruhen.
Das Kind, das lernt, Vater und Mutter zu fürchten, wird auch Gott fürchten und sich weit von den Götzen fernhalten. Die Verbindung mit dem Nächsten kann nur gut sein, wenn auch die Verbindung nach oben, mit Gott, gut ist. Wenn Gott nicht mehr vor unseren Blicken steht, weil andere Dinge wichtiger geworden sind (Götzen in welcher Form auch immer), wird das Verhältnis mit unseren direkten Nächsten, unseren Familiengliedern, abkühlen.

Ger de Koning

großen Respekt zeigen. Das Wort yare‘ [TH3372, ZH3707] wird oft mit „Furcht“ übersetzt, nicht unbedingt mit der Vorstellung von Schrecken oder Entsetzen, sondern eher von Ehrfurcht in der Gegenwart von Majestät und Macht. Dies ist derselbe Begriff, der die Haltung gegenüber Gott selbst charakterisiert (19:14, 32). Die Eltern wurden also in den israelitischen Familienbeziehungen als äußerst wichtig angesehen.

Eckstein Biblischer Kommentar

Ihr sollt jeder seine Mutter und seinen Vater ehren und meine Sabbate halten Wörtlich: „Ihr sollt jeder seine Mutter und seinen Vater ehren. Im biblischen Hebräisch können Sätze, die mit ʾish, „eine Person“, beginnen, in die zweite Person übergehen, wie es hier der Fall ist. Noch bedeutsamer ist die Tatsache, dass die Mutter vor dem Vater steht, während anderswo der Vater in der Regel zuerst kommt, wie man es in einer patrilinearen Gesellschaft erwarten würde. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von diesem Muster, die darauf hindeuten, dass in familiären Kontexten die Mutter bevorzugt wird. In 21,2 steht die Mutter an erster Stelle in einer Liste von Blutsverwandten. In Genesis 35:18 wird der Name, den die Mutter einem Neugeborenen gibt, vor dem Namen des Vaters aufgezeichnet. Die traditionelle Lösung für die ungewöhnliche Reihenfolge in unserem Vers basiert auf einem Vergleich mit dem fünften Gebot, in dem der Vater vor der Mutter steht. Beide Aussagen zusammengenommen ergeben eine gerechte Wertschätzung beider Elternteile.

Baruch A. Levine – Der JPS Tora-Kommentar

Levitikus 19 wird manchmal die alttestamentliche Bergpredigt genannt, weil sie viele bekannte Gesetze enthält, insbesondere „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (V. 18). Diese Gesetze haben einen starken Schwerpunkt auf dem Gemeinschaftsleben. Die Grundlage des Gemeinschaftslebens ist Heiligkeit: daher das Gebot: „Ihr sollt heilig sein, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig“ (V. 2). Das Gemeinschaftsleben beginnt mit der Gemeinschaft mit Gott. Alle modernen politischen Bemühungen, die große Gemeinschaft weltweit auf humanistischen und politischen Grundlagen zu errichten, sind daher zum Scheitern verurteilt. Die Grundlage aller wahren Gemeinschaft erfordert die Gemeinschaft mit Gott, und sie beginnt mit unserer Heiligkeit. Die Grundlagen der sozialen Ordnung sind theologisch; Versuche des sozialen Friedens und der Einheit ohne den dreieinigen Gott sind lediglich Wiederholungen des Trugschlusses des Turmbaus zu Babel und sind wie dieser zur Verwirrung verurteilt.
Da die Familie die grundlegende soziale Einheit unter Gott ist, wird uns sofort gesagt: „Ihr sollt ein jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten“ (V. 3). Das hebräische Wort Furcht ist yare, (yawray), was soviel wie fürchten, verehren, fürchten bedeutet. In den Zehn Geboten ist das Wort Ehre (2 Mose 20,12; 5 Mose 5,16). Es wird nicht von uns verlangt, dass wir unsere Eltern lieben, weil sie vielleicht nicht liebenswert sind, und es ist auch keine pauschale Forderung nach Gehorsam, denn Gehorsam wird von Erwachsenen nicht verlangt, und es gibt auch kein Recht für Eltern, von Kindern einen Gehorsam im Bösen zu verlangen. Die Ehre, Furcht oder Ehrfurcht ist ein elterliches Gebot um des Herrn willen und wegen der Institution der Familie. Die elterliche Autorität ist theologisch, und es ist eine Sünde von Seiten der Eltern, ihre Position in humanistischen Begriffen zu sehen. In diesem Gesetz, wie auch in Levitikus 20,19 und 21,2, wird die Reihenfolge der Zehn Gebote umgedreht; statt „dein Vater und deine Mutter“ heißt es Mutter und dann Vater. Weil wir hier das Gesetz der Heiligkeit haben, wird der Mutter der Vorrang gegeben.
1. Heiligkeit ist in der Schrift keine abstrakte Tatsache, sondern eine sehr persönliche. Daher erfordert Heiligkeit in Bezug auf das Familienleben eine besondere Ehre und Achtung für die Mutter. Der normale Gebrauch des Wortes yare ist in Bezug auf Gott. Gott ist der Schöpfer allen Lebens, und die Mutter ist die unmittelbare Quelle unseres Lebens, daher die übliche Bezeichnung. Dies ist ein Gesetz der Heiligkeit; es bedeutet, dass unser Verhalten gegenüber unseren Eltern nicht von persönlichen Erwägungen bestimmt wird, sondern von Gottes Gesetz. Scott sagte über Heiligkeit, dass Heiligkeit besteht in der Trennung von der Sünde, der Hingabe an Gott und der Übereinstimmung mit seinen moralischen Vorzügen, die auch in seinem heiligen Gesetz niedergeschrieben sind. Ohne Heiligkeit können wir nicht mit Gott wandeln oder Gemeinschaft mit ihm haben; und obwohl eine äußere oder zeremonielle Reinheit „dem HERRN heilig“ genannt wurde, war sie doch nur ein Sinnbild für die Reinheit des Herzens, die besonders gemeint war.
2 Obwohl „der HERR reich ist an Barmherzigkeit und Güte“, so macht es doch seine vollkommene Heiligkeit unmöglich, daß wir in ihm glücklich werden oder daß er sich an uns erfreut, es sei denn, daß wir auch geheiligt werden; die nun, die er besonders liebt, heiligt er auch.

Es ist wichtig zu beachten, dass wir in V. 3 in einer einzigen Aussage die Forderung nach Ehrfurcht vor den Eltern und die Einhaltung des Sabbats haben. Das gemeinsame Thema ist die Ruhe. Der Sabbat soll ein Tag der Ruhe sein, und in Rut 3,1 wird die Ehe als Ruhe bezeichnet. Für den modernen Menschen bedeutet Ruhe Untätigkeit, während es für die Heilige Schrift bedeutet, dass wir dort sind, wo wir hingehören, an dem von Gott für uns bestimmten Platz und unter seinem Gesetz-Wort. Die Ehe ist unsere Ruhe, denn sie ist Gottes Plan für uns. Der Sabbat ist ein Tag der Ruhe, weil er ein Teil unserer Umsiedlung, der Neuausrichtung unseres Lebens, in Gottes Bestimmung ist. Der Gott, der uns geschaffen hat, hat sowohl die Ehe als auch den Sabbat in Bezug auf unser Wesen und unsere Bedürfnisse bestimmt. Revolutionäre Bewegungen haben sowohl die Ehe als auch den Sabbat angegriffen; die alten Mozdakiter schafften die Ehe ab, und die Französische und Russische Revolution den Sabbat, nur zu ihrem eigenen Schaden.

Rousas John Rushdony – Kommentare zum Pentateuch

Was bedeutet es, „heilig“ zu sein?
„HEILIG“ zu sein heißt, in Worten und in Taten rein oder makellos zu sein. Es bedeutet, dem göttlichen Maßstab des Rechts und der Sittlichkeit zu entsprechen. Es heißt, in sittlicher Hinsicht unverderbt zu sein.
Der Apostel Petrus schrieb über den Grund, weshalb Gottes Diener heilig sein sollten, folgendes: „In Übereinstimmung mit dem Heiligen, der euch berufen hat, werdet auch ihr selbst heilig in eurem ganzen Wandel, weil geschrieben steht: ,Ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin‘ “ (1. Petr 1:15, 16).
Ja, Jehova Gott ist im höchsten Grade heilig — rein oder makellos. Er ist der „Heilige“. Von Seraphim, mächtigen Geistgeschöpfen, heißt es in der Bibel, daß sie sagen: „Heilig, heilig, heilig ist Jehova der Heerscharen“ (Jes 6:3). Jesus Christus, der oberste seiner Söhne, redete ihn als „heiliger Vater“ an (Joh 17:11). Somit sollten sich alle, die vorgeben, seine Diener zu sein, zu Recht bemühen, in ihrem ganzen Wandel rein zu bleiben. Was schließt das alles ein?
Um diese Frage zu beantworten, sollten wir die Worte: „Ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin“ näher untersuchen. Der Apostel Petrus zitierte sie aus dem mosaischen Gesetz. Dort erscheinen sie in 3Mose 19:2 im Zusammenhang mit Anforderungen, die Gott nicht nur für heilige Tätigkeiten, sondern auch für Angelegenheiten des täglichen Lebens aufstellte.
Zum Beispiel finden wir das Gebot: „Ihr solltet ein jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten“ (3Mose 19:3). Ehrfurcht oder Achtung vor den Eltern ist unerläßlich, um in einem Volk Frieden und Eintracht zu bewahren. Der Grund besteht darin, daß starke Familien eine solide Grundlage für eine geeinte Gesellschaft bilden. Mißachtung der Eltern führt hingegen zu Uneinigkeit und ist das Gegenteil von dem, was man von einem Volk erwarten sollte, das Jehova Gott verehrt.

Wachtturm 15.Oktober 1978

Aber dann hier ein Denkfehler:

In den Schriften des Apostels Johannes finden wir ähnliche Anweisungen, die zeigen, daß Christen solche Personen völlig meiden sollten: „Jeder, der vorausdrängt und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht. . . . Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn niemals in euer Haus auf, noch entbietet ihm einen Gruß. Denn wer ihm einen Gruß [griechisch: cháirō] entbietet, hat an seinen bösen Werken teil“ (2. Johannes 9-11).
Warum ist es angebracht, auch heute eine solch entschiedene Haltung einzunehmen? Nun, denken wir daran, daß in dem Gesetz, das Gott dem Volk Israel gab, die strenge Maßnahme des ‘Abschneidens’ geboten wurde. In verschiedenen schwerwiegenden Fällen wurden willentliche Übertreter hingerichtet ( 3Mose 20:10; 4Mose 15:30, 31). Nach der Hinrichtung war es niemandem mehr möglich — selbst den Verwandten nicht —, mit dem Gesetzesbrecher zu sprechen ( 3Mose 19:1-4; 5Mose 13:1-5; 17:1-7). Loyale Israeliten waren Menschen wie wir und hatten dieselben Empfindungen. Sie wußten aber, daß Gott gerecht und liebevoll ist und daß sein Gesetz ein Schutz für ihre sittliche und geistige Reinheit war. Daher konnten sie davon ausgehen, daß seine Anordnung, Sünder vom Leben abzuschneiden, grundsätzlich gut und richtig war (Hiob 34:10-12).

Wachtturm 15.April 1988

Wieso ein Denkfehler? Weil jeder, der die gesamte Bibel liest, merkt, dass niemand jemals in Israel wirklich zu Tode gesteinigt wurde, weil er eine andere Einstellung hatte. War ja auch nicht nötig, da es keine Grenzen und keine Pässe gab – jeder, der mit der Anbetung in Israel nicht einverstanden gewesen war, sollte eigentlich NUR das „heilige Land verlassen“! Aber die Kinder und Enkel, die Eltern und andere Verwandte konnten ja jederzeit den betreffenden Verwandten besuchen. Schau dir zum Beispiel die Geschichte von Noomi an – sie reiste zusammen mit ihren Söhnen und ihrem Mann nach Moab. Oder schau dir das Leben von David an, der oft bei den Philistern, bei den Moabitern usw. Schutz suchte. Wer also die Bibel so verdreht, das die engsten Familienverhältnisse zugunsten von Religion zerstört werden müssen, hat nicht nur die Bibel nicht verstanden, sondern ist damit auch ein Feind Jehovahs – denn schau dir den Vers von heute an: die Begründung, warum wir Vater und Mutter ehren sollen ist – WEIL ER JEHOVAH ist!