Wie dankbar bin ich Christus Jesus, unserem Herrn, der mich stark gemacht, als vertrauenswürdig erachtet und zu seinem Dienst berufen hat, obwohl ich ihn früher verachtet habe! Ich habe die Gläubigen verfolgt und ihnen geschadet, wo ich nur konnte. Doch Gott hatte Erbarmen mit mir, weil ich unwissend und im Unglauben handelte. Aber der Herr war freundlich und gnädig! Er hat mich erfüllt mit Glauben und mit der Liebe von Christus Jesus. Was ich sage, ist wahr und glaubwürdig: Christus Jesus kam in die Welt, um Sünder zu retten — und ich bin der Schlimmste von allen.
Neues Leben – Bibel 2006 – 1.Timotheus 1,12–15
Ich danke dem Messias Jesus, unserem Herrn, der mir Kraft gibt, dass er mich für zuverlässig erachtet hat und mir diese Aufgabe anvertraut hat. Denn früher war ich ein Lästerer und Christenverfolger, ja, ein mutwilliger, gewalttätiger Gottesfeind. Aber dann habe ich Gottes Barmherzigkeit erfahren. Denn ich habe es ja in der Zeit meiner Unwissenheit getan, als ich noch nicht an Jesus glaubte. Doch die unverdiente, wunderbare Gnade unseres Herrn ist umso reicher geworden, zusammen mit dem Vertrauen und der Liebe, die der Messias Jesus verkörpert. Diese Aussage ist zuverlässig und sollte angenommen werden: Jesus, der Messias, ist in die Welt gekommen, um Sünder zu retten. Und ich bin ja der größte Sünder von allen!
Roland Werner – Das Buch – 1.Timotheus 1:12–15
Den Vers 15 hatten wir 2021 schon.
In einer religiösen Zeitschrift heißt es:
Früher hatte der Apostel Paulus die Christen erbittert und brutal verfolgt. Doch dann wurde ihm bewusst, wie falsch er gehandelt hatte, und er war bereit, an seiner Einstellung und seiner Persönlichkeit zu arbeiten (1. Tim. 1:12-16). Mit der Hilfe Jehovas wurde aus Paulus ein liebevoller, mitfühlender und demütiger Hirte. Er grübelte aber nicht ständig über seine Fehler und Schwächen, sondern vertraute darauf, dass Jehova ihm vergab (Röm. 7:21-25). Er erwartete von sich keine Perfektion. Stattdessen strengte er sich an, weiter christliche Eigenschaften auszuprägen, und verließ sich dabei auf Jehovas Unterstützung (1. Kor. 9:27; Phil. 4:13).
Wie? Paulus wurd bewußt, dass er falsch gehandelt hat? Schon mal die Apostelgeschichte gelesen, was Paulus getan hat? Und dann, was Jesus für Paulus getan hat? Nein – Paulus wurde sein Fehler nicht bewusst – sondern Jesus berief Paulus, ohne das Paulus je auf die Idee gekommen wäre! Das Paulus den verherrlichten Jesus sah und hörte war der Punkt, wo Paulus umdachte – weil Paulus nun erkannte: Jesus aus Nazareth war doch kein Irrlehrer, sondern der verheißene Messias!
der ich ihn früher verhöhnt und seine Gemeinde … verfolgt hatte Vor seiner Bekehrung verfolgte Paulus die Gemeinde Jesu (Apg 8,3; 9,1–5; 22,4f.; 26,9.11; Gal 1,13). Zu dieser Zeit sah er es – in seinem Eifer für die Ehre Gottes – als seine Verpflichtung an (Phil 3,6), nun aber, nachdem er durch Jesus, den Christus, Gnade empfangen hat, sieht er seine Geschichte als ein Verfolger, was folgende Äußerungen verdeutlichen: „Ja, ich bin der unwürdigste von allen Aposteln“ (1.Kor 15,8–10); „Mir, dem Allergeringsten von allen, die zu Gottes heiligem Volk gehören“ (Eph 3,8) und „einen größeren Sünder als mich gibt es nicht“ (V. 15f.).
Reformations-Studien-Bibel
weil ich in meinem Unglauben nicht wusste, was ich tat Gott gab Paulus nicht, was er begehrte, sondern das, was er brauchte (vgl. Apg 3,17–20). Paulus tat nichts, um sich die Gnade Gottes in Christus zu verdienen oder sich ihrer würdig zu machen. Der Apostel sagt nicht, dass Unwissenheit als Entschuldigung für die Sünde genommen werden kann, denn selbst denjenigen, die sündigen, ohne den Willen ihres Herrn zu kennen, wird Bestrafung widerfahren, wenn sie nicht umkehren (Lk 12,35–48).
Paulus wird zum Urbild des durch Gottes Gnade sich bekehrenden Sünders stilisiert, zum Vorbild und zum Garanten für die in der Glaubenszuversicht, „Christus kam in die Welt, um Sünder zu retten“ (1,15), lebende Gemeinde. Die Zeit bis zum Damaskuserlebnis war für den Apostel im Rückblick keinesfalls eine Epoche der Sünde, und für eine Folge von Unwissenheit und Unglauben hat er seinen Gesetzeseifer auch niemals erklärt.
Herder-Übersetzung mit Kommentar
Paulus wendet dieses schreckliche Wort auf sich selbst an (»Lästerer« = »Gotteslästerer«) und gibt damit ein starkes Zeugnis für seinen Glauben an die Gottheit Christi. Gott lästern heißt, ungebührlich von Gott reden; es steht fest, dass Saulus von Tarsus, der strenge Pharisäer, niemals in dieser Weise von dem Herrn, dem Gott Israels, hätte reden können. Aber er hatte Böses über Jesus gesagt (Apg 9,4.5), und er bekennt nun demütig seine frühere Gotteslästerung.
Scofield-Bibel
Paulus erhielt Gnade, weil er unwissend gehandelt hatte. Der Punkt ist, dass seine Rettung unverdient war; seine Unwissenheit entschuldigte weder seine Sünde noch rechtfertigte sie Gottes Gnade. Wahrscheinlich vergleicht Paulus sich selbst mit den falschen Lehrern. Als Paulus sich so gegen Christus stellte, hatte er sich noch nicht zum Glauben bekannt. Diese Menschen geben vor, Christus nachzufolgen, und leben trotzdem auf eine böse Art und Weise. Damit kommen sie gefährlich nahe daran, von der Möglichkeit der Barmherzigkeit Gottes abgeschnitten zu werden (vgl. Matthäus 12,31-32; Markus 3,28-30; Lukas 12,10; 1. Johannes 5,16).
Die ESV Studienbibel
Dieser Ausdruck der Dankbarkeit ist eine Klammer zu Paulus‘ Auftrag an Timotheus (1:3-11, 18-20). Ausgelöst durch die Erwähnung von Paulus‘ Rolle (1,11), gibt er einen Einblick in die Quelle von Paulus‘ Dankbarkeit und ist ein Vorbild für die Leser. Wenn Paulus über seine eigene Arbeit spricht, richtet er den Ruhm auf Gott und macht deutlich, dass er Gottes Werk tut (siehe auch 2 Kor 1,21-22; 2,14-17; 3,4-6; 4,7; 12,9-10).
Neue Lebendige Übersetzung Studienbibel
Er war gnadenlos und wurde von seinen Freunden bewundert. Er hatte einen wichtigen Auftrag, den Auftrag seines Lebens. Die Kultur und die Religion seines Volkes waren gefährdet, und er sollte alles wieder in Ordnung bringen. Die Rede ist von Saulus. Er verfolgte Menschen, die gerade Christen geworden waren. Lukas beschreibt das mit den Worten: “Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn” (Apostelgeschichte 9,1). Er bat den Hohepriester sogar um ein Geleitschreiben, damit er selbst in Damaskus die Christen gefangen nehmen konnte. Saulus verfolgte die Christen mit allen Mitteln.
ERF – 1.Timotheus
In den Versen 12-17 bezeichnet Paulus sich selbst als den größten Sünder. Er hat die wenigen Christen, die es damals gab, erbittert verfolgt. Aber Jesus hat sich nicht an Paulus gerächt, sondern ihm ein Amt und eine Aufgabe gegeben, obwohl Paulus die Christen so hart bekämpfte. Paulus fragt sich: “Warum hat Jesus das gemacht? Wie kommt es, dass Jesus mir, der ich die Christen hart verfolgte, einen so verantwortungsvollen Auftrag gibt?” Die Antwort ist ganz einfach: Jesus handelt aus Gnade! Paulus schreibt: “Mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist.”
Was genau ist Gnade? Andere Worte für Gnade wären Gunst, Erbarmen oder Liebestat. Das hat nichts mit Leistung, Arbeit, Lohn oder gar Anrecht zu tun. Gnade ist ein Geschenk. Paulus hatte bei Jesus nichts vorzuweisen. Ganz im Gegenteil: Er hat sogar versucht Jesu Gemeinde zu zerstören. Trotzdem erhält Paulus von Jesus eine Chance, denn Jesus nimmt alle Schuld von Paulus auf sich und gibt ihm einen wichtigen Auftrag: Er soll die Nichtjuden mit dem Evangelium erreichen. Das ist eine gewaltige Aufgabe, besonders für einen ehemaligen Christenhasser! Das kann Paulus sich nicht verdient haben
Das ist für ihn um so wunderbarer, als er nur zu gut weiß, in welcher Lage ihn der Ruf Gottes getroffen hat. Wenn Paulus hier sagt, daß er ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war, so ist das keineswegs eine Übertreibung aus bloßer Effekthascherei (vgl. Apg 22,4-5.19-20; 26,9-11 ). Doch ihm ist Barmherzigkeit widerfahren, denn seine Aktivitäten geschahen unwissend, im Unglauben. Wissentlicher Ungehorsam ruft Gottes Zorn hervor (vgl. z. B. 4Mo 15,22-31; Hebräer 10,26), doch mit dem unwissenden und irregeleiteten Sünder verfährt Gott gnädig (Hebräer 5,2). Der Philosoph Nietzsche hat gesagt: „Wenn man mir Gott beweisen könnte, würde ich ihm um so weniger glauben.“ In Paulus‘ Unglauben war diese bewußte Ablehnung eben gerade nicht zu finden.
Walvoord Bibelkommentar
Deshalb wurde dem Apostel auch Gottes Gnade und nicht sein Zorn zuteil. Ja, die göttliche Gnade, die er erfuhr, ging sogar weit über seine schwere Sünde hinaus. Wo einst nur Unglaube gewesen war, schenkte Gott ihm Glauben … in Christus Jesus. Wo heftige Gegnerschaft gegen Gott und sein Volk geherrscht hatte, herrschte nun die Liebe Christi (vgl. den Kommentar zu 2Tim 2,10). Alles, was Paulus gefehlt hatte, hat die Gnade Gottes ihm mehr als reichlich gegeben. (Das Verb hyperepleonasen, das nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament vorkommt, bedeutet „reichlich oder überreichlich vorhanden sein“.) Hier wird die ganze Fülle dessen deutlich, was Paulus meint, wenn er davon spricht, wie er für den Dienst Christi ausgerüstet und gestärkt wurde (1Tim 1,12).
Nimm dir Zeit und Ruhe für 1Tim 1,12–14
Ger de Koning – Die Briefe an Timotheus
Der Abschnitt der Verse 12–17 zeigt den Gegensatz zwischen dem Gesetz und dem, was Paulus anvertraut worden war. Bereits in Vers 11 spricht er von dem, was ihm anvertraut worden war. Es beeindruckt ihn erneut. Darum wendet er sich der Quelle, dem Ursprung seines Dienstes zu und dankt „Christus Jesus, unserem Herrn“ für den Dienst, den Er ihm anvertraut hat. Er dankt hier nicht für die Erlösung, sondern für das, was der Herr aufgrund der Erlösung mit ihm vorhat. Tust du das auch?
Wie Paulus bist auch du für den Dienst nicht auf deine eigene Kraft angewiesen. Wenn du das versuchst, wird der Dienst in einem Fiasko enden. Doch der Herr gibt Kraft. Paulus war sich dessen bewusst, und es ist wichtig, dass auch du dir dessen bewusst bist. Einerseits solltest du nicht in eigener Kraft zu Werke gehen, andererseits gibt es aber auch etwas, was bei dir vorhanden sein muss, um deinen Dienst recht zu versehen, und das ist Treue.
Weil der Herr wusste, dass Paulus treu sein würde, hatte Er ihn in den Dienst gestellt. Auch vor seiner Bekehrung hatte Paulus bereits in reichem Maß Treue und Einsatzbereitschaft an den Tag gelegt. Seine Taten waren verwerflich, doch seine Treue und seine Einsatzbereitschaft waren vorbildlich. Infolge seiner Bekehrung konnte der Herr diese Qualitäten dann im Dienst für Ihn nutzen. Was früher zu seiner eigenen Ehre diente, das setzte er jetzt zur Verherrlichung des Herrn ein.
Paulus war nicht von Menschen in den Dienst gestellt worden, sondern vom Herrn (Apg 20,24; Gal 1,15.16). Eine menschliche Anstellung ist ein unerlaubter Eingriff in die Rechte, die der Herr sich selbst vorbehalten hat. Du brauchst auch nicht auf eine offizielle Bestätigung durch Menschen zu warten, bevor du etwas für den Herrn tun kannst.
Ältere und reifere Gläubige können dich zwar ermutigen und dir mit Ratschlägen in deinem Dienst behilflich sein, und es wäre ein Zeichen von Eigenwille, wenn du darauf nichts geben würdest. Doch dein Auftraggeber bleibt der Herr. Er hat dich in den Dienst gestellt, und Ihm schuldest du Verantwortung für das, was du tust und wie du es tust.
Wenn Paulus an seine Vergangenheit zurückdenkt, wird er noch dankbarer dafür, dass der Herr ihn in seinem Dienst gebrauchen will. Nach menschlichen Maßstäben war er für einen Dienst, wie er in Vers 11 beschrieben wird, die am wenigsten geeignete Person. Aber nach den Maßstäben Gottes gab es keine geeignetere Person als ihn (siehe V. 16). Er erinnert sich noch sehr gut daran, dass er früher „ein Lästerer und Verfolger und Gewalttäter war“ (V. 13; siehe auch Gal 1,13).
Weißt du noch, wie es vor deiner Bekehrung war? Oder, wenn du keine so radikale Bekehrung erlebt hast, hast du entdeckt, wie viel Schlechtes sich in deinem Herzen verbirgt? Wenn du an deine Vergangenheit denkst oder an die schlechten Gedanken, die in dir aufkommen können, staunst du dann nicht immer wieder über die Gnade Gottes? Bewegt es dich dann nicht zutiefst, dass Er dich gerettet hat und dich jetzt gebrauchen will?
Ohne sich hervorzutun oder Aufhebens davon zu machen, berichtet Paulus, dass er früher „ein Lästerer“ war; das bedeutet, dass er Flüche aussprach. Entsprechend waren dann auch seine Taten: Er war „ein Verfolger“ der Heiligen, er spürte sie auf und jagte ihnen nach. In seiner ganzen Haltung war er ein brutaler und boshafter Mensch, „ein Gewalttäter“. Er war wie ein Besessener vorgegangen. Aus verschiedenen Aussagen, die Lukas oder er selbst in der Apostelgeschichte dazu machen, kann man entnehmen, dass er nichts lieber tun wollte, als alle Christen auszurotten (z. B. Apg 7,58; 8,3; 9,1.13.14.21; 22,20; 26,9–11).
Doch dann kommt, eingeleitet durch das Wörtchen „aber“, der große Kontrast zwischen dem, was er verdient hat, und dem, was er bekommen hat. Paulus anerkennt die Barmherzigkeit, die ihm erwiesen worden ist, obwohl er doch so gegen den Herrn Jesus zu Felde gezogen war. Ihm ist „Barmherzigkeit zuteil geworden“ (V. 13). Das Wort kannte er vorher nicht. Ohne die geringste Barmherzigkeit hatte er die Christen verfolgt. Damals war er ein Diener des Gesetzes, und das Gesetz kannte keine Barmherzigkeit (Heb 10,28). Nachdem er sie nun selbst erfahren hat, wünscht er sie auch anderen (1Tim 1,2; 2Tim 1,2.16.18).
Gott konnte Paulus barmherzig sein, weil er nicht wusste, was er tat, als er die Gemeinde verfolgte (Lk 23,34; Apg 3,17). Er hatte es „unwissend“ getan. Das heißt jedoch nicht, dass er deshalb nicht schuldig war. Das war er durchaus. Er hatte gesündigt, aber in Unwissenheit. Er hatte sich nicht mit voller Absicht gegen Gott gewandt. Er hatte nicht „mit erhobener Hand“ gesündigt (3Mo 22,14; 4Mo 15,22–31). Was er tat, hatte er mit einem guten Gewissen getan (Apg 23,1; 2Tim 1,3).
Er meinte, Gott damit einen Dienst zu erweisen. Er meinte, „gegen den Namen Jesu, des Nazaräers, viel Feindseliges tun zu müssen“ (Apg 26,9; Joh 16,2). Es war der Gottesdienst seiner Väter, der eine solche Überzeugung bei ihm bewirkt hatte. Dadurch hatte er die Anbetung des wahren Gottes kennengelernt. Das konnte ihn nur zu dem Schluss führen, dass der christliche Glaube und der alttestamentliche Glaube an Jahwe im Widerspruch zueinander standen. Er glaubte, er würde die Ehre Gottes verteidigen, wenn er die Christen umbrächte. Er hatte Eifer, doch ohne Erkenntnis (Röm 10,2; Apg 22,3). Seine Überzeugung machte ihn blind für die Offenbarung Gottes in Christus und machte ihn zum größten der Sünder.
Ist es nicht erschütternd, dass ein Mann, der so in den Schriften unterrichtet war, der die beste Ausbildung (zu den Füßen Gamaliels, Apg 22,3) genossen hatte, sagen muss, dass er etwas „unwissend“ getan hatte? Hier siehst du, dass die beste theologische Ausbildung keine Garantie dafür ist, die gesunde Lehre zu verstehen (vgl. 1Kor 2,14). Im Gegenteil, sie kann zu einem Verhalten führen, das gegen das Wort Gottes ist.
Er hatte „im Unglauben“ gehandelt. Sein früheres Handeln zeigte kein Vertrauen auf Gott. Es bestand nur aus Anmaßungen seines sündigen Fleisches, seines eigenen „Ichs“. So wie die Verwaltung Gottes in einem Klima des Glaubens geschieht („die im Glauben ist“, V. 4), so spielte sich das frühere Leben des Paulus in einem Klima des Unglaubens ab. „Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde“ (Röm 14,23).
Tief unter dem Eindruck der ihm erwiesenen Barmherzigkeit spricht Paulus anschließend über die „Gnade“, die „über die Maßen … überströmend geworden“ ist (siehe auch Röm 5,20). Er tut das, weil diese Gnade ihm als dem ersten der Sünder geschenkt worden ist. Indem ihm Gnade erwiesen worden ist, hat die Gnade jede Begrenzung, die man sich denken kann, überschritten. Seine Bekehrung ist ein Beweis dafür, dass die Gnade des Herrn größer ist als die größte Sünde. Er ist der lebende Beweis dafür, dass die Geduld Gottes größer ist als das Durchhaltevermögen seines erbittertsten Feindes.
Und es ist die Gnade „unseres Herrn“, die er empfangen hat. Er sagt nicht meines Herrn. Dadurch bezieht er Timotheus in das gleiche Verhältnis zum Herrn mit ein, das er selbst hat, und in die gleiche Gnade, die auch ihm zuteilgeworden ist. Gnade steht immer im Gegensatz zum Lohn (Röm 4,4). Gnade ist ganz unverdiente Gunst. Das rechte Bewusstsein von der empfangenen Gnade wird uns zu hingegebenen Dienern Gottes machen.
Zusammen mit der Gnade, die der Herr ihm geschenkt hatte, hatte er ihm auch „Glauben und Liebe“ gegeben. Dieser Glaube und diese Liebe wurden in seinem Leben sichtbar. Er lebte in völligem Glaubensvertrauen auf den Herrn und diente Ihm mit der ganzen Liebe seines Herzens. „In Christus Jesus“ hatte sein Leben Sinn und Ziel bekommen. Seitdem Er Paulus seine über die Maßen überströmende Gnade erwiesen hatte, war Jesus Christus die ganze Sphäre seines Lebens. Worin sich auch immer sein Glaube und seine Liebe zeigten – alles entsprang der Gemeinschaft mit Ihm.
Lies noch einmal 1Tim 1,12–14. – Denk einmal darüber nach, was du früher warst und was du durch die Gnade Gottes geworden bist. Woran ist bei dir der Unterschied zu erkennen?
Auch der Apostel Paulus war zu diesem Ergebnis gelangt. Bei ihm ist keine Selbstgerechtigkeit zu sehen. Er preist die reine Gnade. Und obschon er nach dem Gesetz untadelig war (Phil 3,6), anerkennt er sich als ersten der Sünder und sagt: «Mir ist Barmherzigkeit zuteilgeworden.» Er wusste, dass er dieser Gnade nicht würdig war, unter der er nun stand. Die Überzeugung, das Gesetz gehalten zu haben, hätte Paulus dazu führen können, sich immer noch als ehrbaren Menschen zu betrachten. Doch die Gnade berührte sein Herz, öffnete seine Augen und liess ihn bekennen, was er in Wahrheit war. Sein Gewissen war gründlich davon durchdrungen, und er brauchte immer dieselben Ausdrücke, wenn er von sich selbst sprach (1 Korither 15,8.9; Eph 3,8).
Halte fest 1968
Wir müssen dahin kommen, uns so zu sehen, wie Gott uns sieht, sonst machen wir in unserer Seele keine Fortschritte. Doch Gott ist treu, und Er vermag auch uns zu dem Bekenntnis zu führen, das Paulus äusserte. Je früher dies geschieht, desto besser. Ein Neubekehrter mag denken, er sei fähig, aus eigener Kraft etwas zu vollbringen. Er hält viel von sich. Doch sobald er auf dem Weg fortschreitet, sinkt er in seiner eigenen Achtung und ist schliesslich froh, sich weit hinter den Apostel Paulus stellen zu dürfen.
Nicht das Gesetz, sondern die Gnade ist es, die uns lehrt, das Böse zu verabscheuen. Ein Christ scheut sich davor, sich gegen die Gnade zu vergehen, gegen die Gnade zu sündigen.
Wie Paulus sich verschuldet hatte
Gerhard Maier – Edition C
Er schreibt: »… der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war« (V. 13 a).
3.3.1»Ein Verfolger«:
Die wütenden Männer, die einst den ersten Blutzeugen Jesu, Stephanus, durch Steinwürfe zu Tode brachten, legten ihre Gewänder zu Füßen des damals noch jungen Saulus bzw. Paulus nieder; er sollte sie bewachen. Und der Bericht sagt, welchen Eindruck das auf ihn machte: »Saulus hatte Gefallen am Tode des Stephanus« (Apg 8,1). Danach erhob sich ein Sturm der Verfolgung gegen die Christengemeinde, und der Eifrigste dabei war eben Saulus. Es wird berichtet: »Saulus suchte die Gemeinde zu zerstören, ging von Haus zu Haus, schleppte Männer und Frauen fort und warf sie ins Gefängnis« (Apg 8,3). Er »verfolgte« die Christen wie ein Jäger die Spur von Tieren verfolgt, um sie zu erlegen. Paulus trug die Verfolgung dann sogar ins Ausland, und es gelang ihm, sich dafür Vollmachten zu verschaffen. So machte er sich auf den Weg auch nach Damaskus, »damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führte« (Apg 9,1f.).
3.3.2 »Ein Lästerer«:
Das Lästern, die Herabstufung und Entehrung Jesu mit dem Ziel, dass andere das gleiche tun, wird vor dem Verfolgen genannt, denn die Verführung ist für die Glaubenden noch gefährlicher als die Verfolgung. Der gebildete und wortgewandte Schriftgelehrte Saulus wollte gewiss die Christen – etwa vor Gericht – mit seinen klug vorgebrachten Argumenten gegen Jesus, gegen dessen Messiasamt und dessen Gottessohnschaft in ihrem Glauben an ihren Herrn verunsichern, irremachen und sie dahin bringen, dass sie Jesus wieder absagten. Und vielleicht ist es ihm auch da und dort gelungen -, das war ihm gewiss lebenslang ein besonderer Schmerz.
3.3.3 »Ein Frevler«:
So heißt jemand, der Gottes Ehre und Werk, das, was Gott hatte geistlich aufwachsen lassen, antastete. Wir reden ja im Deutschen von »Knospenfrevel«, »Baumfrevel«, etwa wenn ein zur Blüte kommender Obstbaum aufs Übelste zugerichtet wird. Gott ließ in jener ersten Zeit der Gemeinde Jesu in Menschen den Glauben an Jesus aufwachsen, zur Blüte kommen, Frucht tragen. »Der Vater zog sie zum Sohn« (Joh 6,44). Doch da wurde in den Synagogen von den Christen verlangt, dass sie Jesus wieder absagten, ja ihm fluchten. Und wenn sie das nicht taten, wollte man sie dadurch dazu zwingen, dass man sie hart auspeitschte. Von derartigem erzählen frühe außerbiblische Berichte. Das war solch ein »Frevel«.
Kaum irgendetwas anderes kann auch unser Gewissen so sehr belasten wie die Sorge, wir könnten mit unserem Verhalten jemanden wieder irre gemacht haben, der eben erste Schritte mit Jesus getan hatte.
3.4 Was Gott darauf tat – was die Erfahrung der Barmherzigkeit für Paulus umschloss
3.4.1 »Aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren«, schreibt Paulus (V. 13 b; wörtlich: »Ich wurde mit Erbarmen beschenkt«). Diese Passivform ist, nach damaligem israelitischem Sprachgebrauch, ein Hinweis darauf, dass hier Gott am Werk war; so ist das auch bei dem Wort: »Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.« Das heißt: Gott erhöht ihn (Lk 14,11).
3.4.2 Der Blick des Apostels ging zurück auf jenes Geschehen vor Damaskus (Apg 9): Er ritt damals ruhig dahin; und die Schar derer, die ihm bei seiner Aktion gegen die Christen zur Verfügung stehen sollten, folgte ihm. Sein Kopf arbeitete; er heckte die Pläne für seine Verfolgung aus und durchdachte noch einmal seine scharfsinnigen Argumente, mit denen er die Christen in ihrem Glauben an Jesus verunsichern wollte. Doch da wurde er plötzlich vom Licht Gottes geblendet, er sank auf die Erde und hörte, wie ihn eine Stimme fragte: »Saul, Saul, was verfolgst du mich?« Es war, wie wenn ein Verbrecher bei seiner Tat ertappt und gestellt wird. Paulus fragte zurück; er wollte genau wissen, mit wem er es zu tun hatte -: »Herr, wer bist du?« Und er empfing die klare Antwort: »Ich bin Jesus, den du verfolgst« (Apg 9,3-5). Auch hier galt: »Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40). Nun war klar: Jesus war doch der Messias, der Gekreuzigte, der Auferstandene und nun von Gott einzigartig Erhöhte.
3.4.3 Paulus, der ja im Wort des AT lebte, konnte es sich nun gewiss nicht anders denken, als dass er, wie einst die »Rotte Korah« (4Mose 16), lebendig von der Erde verschlungen werde. Jene waren Aufrührer gegen Mose, und er war sogar ein Aufrührer gegen den Messias Gottes und damit gegen Gott selbst. Er musste damit rechnen, dass er nun weggeblitzt oder zertreten würde, wie das Ungeziefer von einem Bauern zertreten wird.
3.4.4 Doch der Herr tat etwas so ganz anderes: Er begegnete Paulus mit »Barmherzigkeit« (V. 13). Paulus »fand Mitleid« (so kann auch übersetzt werden). Was »Barmherzigkeit Gottes« ist, sehen wir besonders deutlich aus 2Mose 32-34: Israel hatte damals, nach dem Bundesschluss am Sinai (2Mose 19-20), soeben erst das Gebot empfangen: »Ich bin der Herr, dein Gott …. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben« (2Mose 20,2), da machte es sich schon einer groben Übertretung dieses Gebots schuldig: Ein »goldenes Stierbild« wurde nach Ägypter-Art gegossen, und sie umtanzten es mit der Behauptung: »Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!« (2Mose 32,4). Solch ein »Glücksbringer-Gott«, den man sehen und mit sich führen konnte. war ganz nach ihrem Sinn. Holte der heilige Gott nun gleich schon zum Schlag aus, um das so rasch abgefallene Volk zu zerschmettern? Dan lag Mose für das Volk mit Beten und Flehen vor Gott. Ja, er bot Gott zugunsten Israels an: »Tilge lieber mich aus deinem Buch!« (2Mose 32,32f.). Das nahm Gott so nicht an; aber er ließ sich dennoch von Mose erbitten (2Mose 32,14). Solch priesterlicher Dienst der Fürbitte bringt den Menschen Gott besonders nah; und so wird Gott dem Menschen besonders nah. Er eröffnete Mose sein innerstes Wesen; er offenbarte ihm das Geheimnis seines Namens, der etwas wie ein »Hauptnenner« seines Wesens und Wirkens ist – »Name ist Wesen«, haben die Alten gesagt -: »Barmherzig, gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue« (2Mose 34,6). So heißt Gott und so ist Gott. Noch ganz anders als damals Mose für Israel ist unser Herr Jesus Christus für Israel, für alle Welt, für uns eingetreten (Mt 1,21; Joh 1,29; Röm 1,16). Er hat nicht nur angeboten, alles für uns hinzugeben; er hat es auch tatsächlich getan. Darauf beruhte es, dass Gott damals Paulus sein ganzes Erbarmen zuwandte. Und darauf beruht es, dass er heute auch uns, wenn wir uns vor ihm beugen, ebenso sein Erbarmen zuwendet.
3.4.5 So ließ Gott, unser Herr Jesus Christus, damals Saulus leben. Ja, er gab ihm auch schon eine Weisung, wie es nun weitergehen sollte, einen ersten Auftrag (Apg 9,6). Es gibt kein schöneres Zeichen dafür, dass unser Herr uns vergeben hat, als dass er uns Aufträge gibt. So hat es auch Petrus erfahren: Nach seiner Verleugnung gab ihm Jesus neue Aufträge bzw. bestätigte die alten: »Weide meine Lämmer! Weide meine Schafe!« (Joh 21,15-17; vgl. Mt 16,18ff.). Bei Paulus war es zunächst nur die Weisung: »Steh auf und geh in die Stadt,« Damaskus; »da wird man dir sagen, was du tun sollst« (Apg 9,6). Aber dem sonst unbekannten Christen Hananias in Damaskus, der mit Paulus reden sollte, eröffnete Gott bereits schon sein ganzes Lebens – und Dienstprogramm für Paulus: »Dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen« (Apg 9,15f.). Eben das war Paulus lebenslang das allergrößte Wunder, dass Jesus ihn nicht etwa nur selbst selig machte, was auch schon viel gewesen wäre, sondern ihn auch als seinen »Mitarbeiter« berief (1Kor 3,9). Auch Petrus meinte wohl nach seiner Verleugnung, dass er nun natürlich alles, was der Herr Segensvolles mit ihm vorhatte, verscherzt habe. Doch nichts war verscherzt. Gottes Barmherzigkeit ist größer als wir in unserer Anfechtung denken. Sie ist »alle Morgen neu über uns, und seine Treue ist groß« (Kla 3,22f.). »Und wenn unser Herz uns verdammt, so ist doch Gott größer als unser Herz« (1Joh 3,20). Ja, »wenn wir untreu werden, so bleibt er doch treu«, schreibt Paulus in seinem letzten Brief (2Tim 2,13). So ist Jesus! Und so ist Gott!
Denn wer Jesus sieht, sieht den Vater (Joh 14,9). Ebenso begegnet Jesus auch uns, gerade wenn uns im Blick auf unser Leben die Augen aufgehen, wenn uns darüber ein Stich durchs Herz geht und wenn wir nur ihn um sein Erbarmen, um sein Vergeben, um seine Fürsprache (1Joh 2,1) bitten und anflehen können.
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