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Gerecht oder Ungerechte? – II

Ich bin nicht gekommen, solche Menschen in Gottes neue Welt einzuladen, bei denen alles in Ordnung ist, sondern solche, die Gott den Rücken gekehrt haben. Sie soll ich dazu aufrufen, ihr Leben zu ändern.« (- solche Menschen …: wörtlich Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Umkehr. -)
Gute Nachricht Bibel 2018 – Lukas 5,32

Jesus bekam diese Vorwürfe mit, deshalb sprach er seine Kritiker direkt an: „Wer braucht denn nun den Arzt: der Gesunde oder der Kranke? Ich bin nicht gekommen, um Fromme noch frommer zu machen, sondern um Menschen, die weit von Gott entfernt sind, in seine Nähe zu bringen.“
Willkommen daheim – Lukas 5:31–32

Da gab Jesus ihnen diese Antwort: »Nicht die brauchen einen Arzt, die sowieso gesund sind, sondern die, denen es schlecht geht! Ich bin nicht in diese Welt gekommen, um die Gerechten dazu aufzurufen, sich Gott zuzuwenden, sondern die Menschen, die gegen Gottes Gebote verstoßen.
Roland Werner Das Buch – Lukas 5,31–32

Diesen Vers hatten wir schon 2020 – mit der abschließenden Frage „Als was sehe ich mich? Und will ich wirklich veränderungen an MIR vornehmen lassen? Oder habe ich schon die „Wahrheit“ gefunden und bin glücklich darin?“ – ja die Frage ist immer noch aktuell: Will ich mich von Gott verändern lassen?
Paralleltxt aus Matthäus 9,13 hatten wir auch schon

Sich nicht über Jesus, sondern über seine Jünger zu beschweren – was für eine passiv-aggressive Verhaltensweise der Pharisäer und Schriftgelehrten. Sie hatten die rechtliche Befugnis (und die Persönlichkeiten), Jesus zu züchtigen; stattdessen richteten sie ihre Herausforderung an diejenigen, die sie beleidigten.

Und ich stelle mir vor, dass diese bunt zusammengewürfelte Tischgesellschaft nicht wusste, wie sie reagieren sollte. Alles war so neu: Sie hatten Jesus gerade erst kennengelernt, und obwohl sie dachten, er sei vielleicht der lang erwartete Messias, konnten sie sich nicht hundertprozentig sicher sein. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich mit den von der Gesellschaft am meisten Verachteten herumtrieben – zu denen auch einige von ihnen gehörten. Die Frage der Pharisäer ging sicherlich allen am Tisch Sitzenden durch den Kopf.
Ich wette, sie beugten sich vor, um die Antwort von Jesus zu hören.

Er hatte in letzter Zeit viel Bekanntheit erlangt. Die Menschen reisten aus Galiläa, Judäa und Jerusalem an, um ihn predigen zu hören und zu sehen, wie er heilt. Zweifellos gingen die religiösen Führer davon aus, dass er beeindruckend sein würde – dass er so aussehen und sich so verhalten würde wie sie; wie jemand, der den Berichten, die sie erhielten, würdig war.
Im Gegenteil.

Stattdessen fanden sie einen normal aussehenden Mann vor, der mit normalen Menschen zusammen war und Dinge tat, die normale Menschen tun, wie zum Beispiel essen – wenn er nicht gerade Dämonen austrieb und Blinde sehend machte. In Lukas 5:29 heißt es, dass Jesus „mit ihnen am Tisch saß“. Er war entspannt und unterhielt sich mit ihnen. Er lernte sie (und sie ihn) kennen, als die Pharisäer uneingeladen im Haus des Matthäus auftauchten.
Ich frage mich, ob sie an der Tür geklingelt haben, bevor sie hereingeplatzt sind. Ich frage mich, ob sie in der Ecke standen und flüsterten wie Mittelschülerinnen. Ich frage mich, ob sie laut murrten, aber so taten, als könne Jesus sie nicht aus einem Meter Entfernung hören. Ich frage mich, ob sie mit konkreten Fragen kamen, aber den Kurs änderten, als sie Jesus mit dem Pöbel sahen. Ich frage mich, ob sich irgendjemand am Tisch durch ihre Frage beleidigt fühlte, oder ob sie zu sehr daran gewöhnt waren, gehasst und verurteilt zu werden, um sich darum zu kümmern. Ich frage mich, ob die Frage der Pharisäer die beleidigten Gäste noch mehr für Jesus einnahm.
Sicherlich hat er geantwortet.

Ich sehe Ihre passiv-aggressive, indirekte Frage und antworte mit einer indirekten Aussage meinerseits – ich rufe die Sünder zur Umkehr auf, nicht die Gerechten.

Hm. Während seine Antwort sie zum Schweigen brachte (was zweifellos für die Zuschauer lustig war), habe ich das Gefühl, dass die Pharisäer die Bedeutung von Römer 3:10-12 spürten: „Keiner ist gerecht, nein, nicht einer; keiner versteht, keiner sucht Gott. Alle haben sich abgewandt und sind wertlos geworden; niemand tut Gutes, auch nicht einer.“

Vielleicht wäre eine direktere Antwort gewesen: „Ich treffe mich mit Leuten, die wissen, dass sie mich brauchen. Ich treffe mich nicht mit Leuten, die zu selbstgerecht sind, um zu wissen, dass sie mich brauchen. Aber ihr braucht mich doch. Ihr alle braucht mich verzweifelt.“

Hendricks Jenkins – Der Auserwählte – Buch eins: 40 Tage mit Jesus

Neben seiner Lehrtätigkeit heilte der Herr auch (Lk 5,17). Die Offenbarung der Gedanken Gottes stand im Mittelpunkt und an erster Stelle seines Dienstes. Aber um die Wahrheit seiner Worte zu bestätigen und um die Not vieler Hilfsbedürftiger zu lindern, heilte Er viele Krankheiten und Gebrechen. Er war der große Arzt, der gekommen war, um verlorene Menschen innerlich und äußerlich zu heilen (Lk 4,23; 5,31; vgl. 2 Mose 15,26; Ps 103,3).
Auch heute noch ist Er derselbe. Mit jeder Not dürfen wir zu Ihm kommen. Er hält immer noch für alle unsere Nöte und Beschwerden die richtige Lösung bereit. Nicht immer nimmt der Herr die Not weg. Aber Er hat für jede Not einen Ausweg und in der Not will Er uns seinen tiefen Frieden schenken (1 Korinther 10,13; Phil 4,6-7).
Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken; ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße.

Im Glauben leben 2019

Jesus vergleicht die Gesunden mit den Gerechten und die Kranken mit den Sündern; die Gegner Jesu müssen selbst beurteilen, wer sie sind. Aufgrund ihres Mangels an Barmherzigkeit sind sie in der Tat „krank“ und Sünder (siehe V. 23-27; 3:1-5; 7:1-15; Anmerkung zu Matthäus 9:13).

Die ESV Studienbibel zu Markus

Ich bin nicht gekommen, um die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder. Das Angebot Jesu, Sünder zu retten, stellt eine Bedrohung für die Lebensweise der Pharisäer dar und ist doch das Herzstück des Evangeliums, das er verkündet hat. „Ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer“ ist ein Zitat aus Hos. 6:6 (siehe Anmerkung). Mit „Opfer“ war das Einhalten religiöser Rituale gemeint. Wichtiger war Gott die „Barmherzigkeit“ (die Septuaginta gibt Hesed wieder, was „unerschütterliche Liebe“ bedeutet), die die Pharisäer dazu gebracht hätte, sich um diese Sünder zu kümmern, wie Jesus es tat.

Die ESV Studienbibel zu Matthäus

Jesus antwortete, dass es seine Aufgabe sei, wie ein Arzt mit kranken Menschen zu arbeiten, nicht mit den Gesunden. Jesus war nicht dazu berufen, selbstgerechten Menschen zu dienen, sondern solchen, die ihr geistliches Bedürfnis nach Gottes Gnade und Heilung erkannten.

New Living Translation Study Bible

5:31 kein Bedürfnis nach einem Arzt: Jesus wollte damit nicht sagen, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten keine geistliche Heilung nötig hätten. Stattdessen sagte er, dass nur diejenigen, die ihre geistliche Not kennen, behandelt werden können. Als selbstgerechte Menschen wollten die Pharisäer keine Hilfe in Anspruch nehmen und brauchten in ihren eigenen Augen auch keinen Arzt.
5:32 Jesu Aufgabe war es, Sünder zur Umkehr zu rufen. Nach seiner Himmelfahrt beauftragte Jesus seine Jünger mit der gleichen Aufgabe (24:47; siehe auch 3:3, 8; 13:1-5; 15:7-10; 16:30; 17:3, 4; Apostelgeschichte 26:20). In diesem Abschnitt wird die Buße als ein Patient dargestellt, der erkennt, dass er krank ist und dass nur Jesus, der große Arzt, ihn behandeln kann. Die demütige Bitte um geistliche Heilung an Gott ist das Wesen der Buße.

Die Nelson Studienbibel

Und noch einmal die Frage: Will ich mich von Gott verändern lassen?

Vorbildlich?

Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi.
Elberfelder 1871 – 1.Korinther 11,1

Nehmt mich zum Vorbild (4,16), gleichwie ich meinerseits dem Vorbild Christi nachfolge!
Menge 2003 – 1.Korinther 11:1

Seid meine Nachfolger, wie auch ich Christi Nachfolger bin. (- Da die an die Neubekehrten gestellten Forderungen schwer zu sein scheinen, stellt Paulus sein Beispiel, ja das des Herrn, zur Nachahmung vor Augen. Dieser Vers ist der Schluss des vorhergehenden Abschnittes. – Betreffs der Sache, welche dem Apostel Anlass zum Tadel gibt, hatte der heil. Paulus zuvor noch keine Anordnungen getroffen. -)
Allioli Bibel – 1.Korinther 11,1

Wenn man den Vers aus dem Zusammenhang reißt, und vielleicht noch nur den ersten Teil zitiert, dann könnte daraus eine „gefährliche Mischung“ entstehen! Dann könnte man doch meinen , dass Paulus sich selbst zum Vorbild macht, oder sogar zum „Religionsstifter“!?! Dann könnte man meinen, Paulus fordert den Leser auf, sich „seiner Gruppe anzuschließen“. Oder aber man könnte das Leben von Paulus betrachten und sagen: wir sollten ebenfalls als Witwer leben, und ganz viele Briefe an verschiedene Gemeinden schreiben. Aber das meint Paulus nicht! Um zu verstehen, was Paulus meint, müssen wir den gesamten 1.Korinther lesen – und verstehen, wie sehr er gegen Sektierer schreibt! – und verstehen: Paulus geht es um NACHFOLGE Jesu Christi!
Wir könnten aber bei den Worten: „folge Jesus Christus nach!“ mit den Worten: „Jesus war vollkommen, dass kann ich nicht“ antworten. Deshalb nimmt Paulus den Zwischenweg: folge einem „unvollkommenen Menschen“ – der ein „direkter Nachfolger dieses vollkommenen Menschen“ ist.

Out Front: Der Anführer

Das Symbol, das in der Grafik mit Out Front bezeichnet ist, zeigt ein nach rechts zeigendes Dreieck, dessen rechte Spitze mit einem Kreis markiert ist. Dies steht für einen weiteren Teil der Leitung – derjenige, der ganz vorne ist, der die Initiative ergreift und Vorbild ist. In der Leitung geht es viel darum, Vorbilder zu liefern und die Initiative zu ergreifen. So waren in der Militärgeschichte oftmals die Generäle besonders erfolgreich, die nicht aus dem Hintergrund die Truppen dirigierten, sondern sich an die Spitze der Truppen stellten.
Das gleiche Prinzip finden wir auch im Alten Testament. Die erfolgreichen Heeresführer gingen vorneweg. So ging zum Beispiel Gott selbst, symbolisiert durch die Bundeslade, vor seinem Volk her, als dieses den Jordan durchquerte (s. Jos 3, 3) und Jericho einnahm (s. Jos 6, 6). Andererseits führte Passivität von Heeresführern zu schlimmen Sünden, wie im Fall von König David, als er nicht mit in den Krieg gegen die Ammoniter zog und stattdessen in Jerusalem zurückblieb (s. 2.Sam 11). Gute Leiter bleiben nicht zurück. Gute Anführer ergreifen die Initiative.
Ein weiterer Bestandteil biblischer Leitung ist es, Vorbild zu sein. Jesus sagt in Johannes 13, 34: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieben sollt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt.“ Paulus schreibt: „Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war“ (Phil 2, 5). Petrus ermahnt einige frühe Christen, daran zu denken, dass „auch Christus für uns gelitten und uns ein Vorbild hinterlassen hat, damit ihr seinen Fußstapfen nachfolgt“ (1.Petr 2, 21). An die Christen in Korinth schreibt Paulus: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Nachahmer des Christus bin!“ (1.Kor 11, 1). Und den Christen in Thessalonich sagt er ausdrücklich, dass er sich bemüht hat, für sie ein Vorbild zu sein, dem sie folgen können (s. 2.Thess 3, 7–9). Er arbeitete bewusst daran, ein vorbildliches Leben zu führen – kein perfektes Leben, aber nichtsdestotrotz ein vorbildliches. Paulus stellte sein eigenes Leben als Vorbild hin, indem er ganz vorne die Führung übernahm, um zu zeigen, wie das praktisch aussehen soll.
Und genau das sollen wir auch tun. Zu unserer Leitungsaufgabe gehört, dass wir Vorbilder sind
(s. Joh 13, 15; Phil 3, 17; 1.Tim 4, 12; Tit 2, 7; Jak 5, 10).

9 Merkmale einer gesunden Gemeinde

Der Apostel Paulus beginnt diesen Schriftabschnitt damit, dass er sagt: „Seid meine Nachahmer.“ Man könnte jetzt sehr vieles über diesen Gedanken sagen. Es gibt eine Palette von Verhaltensweisen und Haltungen, die der Apostel Paulus uns vorgelebt hat, denen wir nachahmen dürfen und können. Um sich als ein solches Vorbild vorstellen zu können, muss man zunächst einmal selbst ein Nachahmer geworden sein. Das sagt dieser Vers. Der Apostel Paulus stellt sich anderen als Vorbild vor, weil er für sich selbst zunächst ein Nachahmer des Herrn Jesus war. Das ist immer die göttliche Reihenfolge. Anders ist es nicht möglich, ein Vorbild für andere zu sein, wenn man nicht persönlich den Herrn Jesus nachgeahmt hat. Bei den Thessalonichern war das der Fall. In 1 Thessalonicher 1 wird zuerst gesagt, dass die Thessalonicher den Apostel Paulus nachgeahmt hatten und somit ein Vorbild für andere wurden. Dieser Weg steht uns allen immer offen. Ich erinnere nur einmal an die eine oder andere Seite im Leben des Apostels. In Philipper 1 konnte er sagen: „Das Leben ist für mich Christus“; in Philipper 3 achtete er alles für Schaden und Dreck wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, seines Herrn. Alle seine irdischen Vorzüge vergaß er. Er hat sich keine Anstecknadel angeheftet im Blick auf seine Ausbildung, seine Kenntnis. Er hat das wie etwas geachtet, das man nicht mehr anfasst, weil er etwas Besseres kannte und hatte. Am Ende des vorhergehenden Kapitels sagt er im letzten Vers: Ich suche nicht meinen Vorteil, sondern den der Vielen (1 Korither 10,33). Das sind alles nachahmenswerte Einstellungen und Haltungen dieses Mannes. Und am Ende hat er sein Leben für Christus gegeben, den Märtyrertod für seinen Herrn erduldet. Ihn lohnt es sich wirklich nachzuahmen.

Karl-Heinz Weber – Die Schöpfungsordnung Gottes

Nachahmer
1 Korinther 11,1; Hebräer 13,7

Die Gläubigen sind berufen, hier auf der Erde Nachahmer zu sein, nicht auf eigenen Wegen, sondern in den Fussspuren von anderen zu wandeln. Das gilt für alle und galt auch für die, die uns vorangegangen sind, selbst für die Apostel. Paulus, der die Korinther ermahnte, ihn nachzuahmen, nannte sich selbst ein Nachahmer Christi. Wir werden in der Schrift nicht nur ermuntert, Gott und den Herrn Jesus nachzuahmen; auch Menschen, von gleichen Empfindungen wie wir, werden uns als Vorbilder vorgestellt. Die Arbeiter im Dienst des Herrn sollen Vorbilder sein (Tit 2,7; 1 Timotheus 4,12), und auch die Gläubigen in Thessalonich waren für die Versammlungen in jener ganzen Gegend zu Vorbildern geworden.
Nicht nur Gläubige, die wir aus der Bibel kennen, haben wir nachzuahmen, Auch die «Führer unter den Brüdern», die wir persönlich gekannt haben, werden uns in Hebräer 13,7 als Vorbilder zur Nachahmung vorgestellt. Wir werden in dieser Schriftstelle angewiesen, derer zu gedenken, die uns das Wort Gottes verkündigt haben, und, den Ausgang ihres Wandels anschauend, ihren Glauben nachzuahmen. Voraussetzung war also, dass sie diese zwei Bedingungen erfüllt hatten: sie mussten Gottes Wort geredet haben und bis zum Ende in ihrem Wandel treu gewesen sein.
Die Nachahmung der Führer
Zweifellos ist in unseren Tagen die grosse Uneinigkeit unter den Gläubigen eine der Ursachen, dass der Ermahnung in Hebräer 13,7 so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Einerseits folgt man Führern nach, die nicht das Wort Gottes geredet oder nicht rein verkündigt haben oder die nicht in den Fussstapfen des Herrn gewandelt sind. Anderseits gedenkt man aber auch nicht mehr der Führer, die uns in der gesunden Lehre unterwiesen haben – oder uns noch durch ihre Schriften belehren – und uns in einem treuen Wandel mit dem Herrn vorangingen. Wie nötig ist es doch, unserer Führer, die den in unserem Text genannten Bedingungen entsprochen haben, eingedenk zu bleiben und ihren Glauben nachzuahmen. Auch sollen wir ihre Schriften, worin sie noch nach ihrem Tod zu uns reden, nicht ungelesen lassen, vielleicht mit der Begründung, es sei besser, nichts anderes als die Bibel zu lesen. Die Bibel selbst stellt sie uns als Vorbilder zur Nachahmung hin. «Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen» (Spr 10,7).
Nachdem in Hebräer 13,7 offenbar von Führern gesprochen wird, die schon beim Herrn sind, könnte man noch die Frage stellen, ob wir die Führer, die noch in unserer Mitte sind, auch nachahmen sollen. Gottes Wort ermahnt uns, ihnen zu gehorchen, uns ihnen unterzuordnen (Heb 13,17) und sie über die Massen in Liebe zu achten, um ihres Werkes willen (1 Thessalonicher 5,12), wenn wir auch noch nicht die Möglichkeit haben, «den Ausgang ihres Wandels anzuschauen», und sie immer noch der Gefahr ausgesetzt sind, einen verkehrten Weg einzuschlagen.
Ein Nachahmer des Paulus
Als Vorbild zur Nachahmung im Neuen Testament erscheint uns, wenn wir das vollkommene Beispiel des Herrn Jesus selbst ausser Betracht lassen, vor allem der Apostel Paulus. Er selbst schrieb an die Korinther: «Seid meine Nachahmer, wie auch ich Christi» (1 Korither 11,1). Er, dem zu seinem Werk, sowohl im Evangelium als auch unter den Gläubigen, von Gott eine besondere Gnade zuteilwurde, und der Barmherzigkeit empfangen hatte, um treu zu sein, ist uns ein leuchtendes Vorbild der Hingebung an den Herrn und seine Sache. In 2 Timotheus 3,10 bezeugt er von Timotheus, dass ihm dieser genau nachgefolgt sei, und er führt verschiedene Punkte an, die zeigen, worin diese Nachfolge bestand. An erster Stelle hatte die Lehre des Paulus seine volle Aufmerksamkeit. Er gab sich nicht damit zufrieden, in diese nur einen oberflächlichen Einblick zu bekommen. Nein, er kannte die Lehre genau, und war dadurch imstande, ihr völlig nachzufolgen, sowohl in seinem Leben als auch in seiner Verkündigung. So konnte er dann die Lehre des Paulus treuen Männern anvertrauen, die tüchtig waren, auch andere zu lehren; und so wurde die Lehre in ihrer Reinheit bewahrt und verbreitet.
Timotheus ahmte Paulus nicht nur in der Lehre nach, sondern auch in seinem Betragen. Er suchte nicht wie so viele in unseren Tagen nach «neuen Formen» in der Verkündigung und im Auslegen der Wahrheit, sondern ahmte in allem das Vorbild seines Lehrmeisters nach. Paulus fand dies so wichtig, dass er das Betragen unmittelbar nach der Lehre nennt. Schon im Alten Testament finden wir die Ermahnung: «mit Aufrührern (oder «Andersgesinnten») lass dich nicht ein» (Spr 24,21). Zweifellos bringt es Unordnung, wenn wir die Bedeutung davon nicht einsehen und wir in unserem Betragen die, die uns vorangegangen sind, nicht nachahmen, namentlich den Apostel Paulus. Wir mögen in unserer bewegten Zeit als konservativ gelten, wenn wir in unserem Leben jemand nachahmen, der vor Jahrhunderten gelebt hat. Bedenken wir aber wohl, dass der christliche Glaube nach Gottes Gedanken keine Entwicklung kennt. Er wurde einmal den Heiligen überliefert; wir haben ihn nur zu bewahren und dafür zu kämpfen (Judas 3). Inmitten einer Christenheit, in der alles, was Lehre und Offenbarung betrifft, in Bewegung ist, in einer Zeit grössten wissenschaftlichen und technischen Fortschritts auf vielerlei Gebieten, haben wir keine neuen Wege oder Formen zu suchen, die unserer Zeit angepasst sind, sondern der Lehre und dem Betragen des Paulus nachzufolgen und denen, die seine Nachahmer waren.

Halte fest 1973- Seite: 105 Verfasser: aus «Bode van het Heil in Christus»

Wenn ich den Betrag von „Halte fest“ lese, dann denke ich an die Äußerung „das einige wenige früher geglaubt haben“ – und sehe: wer ständig seine Lehrmeinung ändern muss hat eindeutig nicht die Führung durch den heiligen Geist! Denn die Wahrheit, um die Paulus sich dreht, und zu der Jesus in Matthäus 28 seine Nachfolger auffordert, ändert sich NIE! DIe Wahrheit um den Vater und den Sohn ist unabänderlich – deshalb können wir Paulus als Beispiel nehmen: Paulus brauchte keine Zeitschriften, um zu wissen, was er predigen sollte. Paulus brauchte keine Website, Paulus brauchte auch keine Anweisungen „aus Jerusalem“ – sondern hatte wirklich ein persönliches Verhältnis zu Gott und Jesus Christus! (Paulus brauchte noch nicht einmal eine so gute Bibelsoftware um Briefe zu schreiben 😉 )

Und euer himmlischer Vater wird euch mit allem versorgen, was ihr an Nahrung zu essen braucht und was ihr an Kleidung zu tragen oder anzulegen braucht.

Wenn ihr euch für ein Leben mit Gott entschieden habt, dann wisst ihr ja bereits, was das alles an Gutem mit sich bringt: Ihr werdet euch nicht dauernd den Kopf darüber zerbrechen, ob euer Einkommen für alle Lebenshaltungskosten ausreicht und für das, was darüber hinaus noch angeschafft werden muss. Es gibt weitaus Wichtigeres im Leben als all das, was scheinbar so furchtbar notwendig ist. Schaut euch die Spatzen an, die geradezu als Symbol für ein sorgloses Leben gelten könnten. Habt ihr nicht das Gefühl, dass Gott sich auch um sie sorgt, obwohl sie sich offensichtlich nicht abmühen, um ihr Dasein zu sichern? Wie viel mehr gilt das für euch, die ihr doch mehr Wert habt als alle Spatzen auf dieser Welt zusammen!
Willkommen daheim – Matthäus 6,25–26

Jesus erzählt, dass Gott sich immer
um die Menschen kümmert.
Jesus wollte seinen Freunden erklären:
Die Menschen können sich immer auf Gott verlassen.
Gott sorgt immer für die Menschen.
Dazu erzählte Jesus Beispiele.
Und Geschichten.
Einmal erzählte Jesus ein Beispiel von der Arbeit.
Jesus sagte:
Bei der Arbeit kann jeder Mensch nur auf einen Chef hören.
Bei der Arbeit kann jeder Mensch nur tun, was ein Chef sagt.
Wenn 2 Chefs da sind, sagt der eine Chef zum Arbeiter:
Arbeite diese Sache.
Dann kommt der andere Chef und sagt:
Nein, arbeite eine andere Sache.
Davon kommt der Arbeiter durcheinander.
Davon kriegt der Arbeiter schlechte Laune.
Jesus sagte:
Wenn ein Arbeiter 2 Chefs hat, denkt der Arbeiter nach.
Der Arbeiter überlegt:
– Welcher Chef ist besser?
Dann hört der Arbeiter nur auf den Chef, der besser ist.
Jesus sagte:
Im Leben sollt ihr es wie bei der Arbeit machen.
Im Leben sollt ihr überlegen:
– Wer sorgt besser für mich?
– Wer kümmert sich am besten um mich?
Ihr sollt auf den vertrauen, der am besten für euch sorgt.
Jesus sagte:
Gott ist euer Vater im Himmel.
Gott sorgt am besten für euch.
Gott kümmert sich um euch.
Auf Gott könnt ihr euch verlassen.
– Gott weiß, was ihr zum Leben braucht.
– Gott weiß, dass ihr etwas zum Essen braucht.
– Gott weiß, dass ihr etwas zum Trinken braucht.
– Gott weiß, dass ihr etwas zum Anziehen braucht.
Jesus sagte:
Seht euch die Vögel an.
– Die Vögel säen kein Futter.
– Die Vögel haben keinen Schrank für ihr Futter.
– Die Vögel haben genug zu essen.
Gott sorgt für die Vögel.
Ihr Menschen seid wichtiger als die Vögel.
Jesus sagte:
Seht euch die Blumen an.
– Die Blumen arbeiten nicht.
– Die Blumen nähen keine Kleider.
– Die Blumen sind immer hübsch angezogen.
– Mit bunten Blüten.
– Und grünen Blättern.
– Kein König hat so schöne bunte Kleider wie die Blumen.
Gott sorgt für die Blumen.
Gott lässt das bunte Kleid für die Blumen wachsen.
Jesus sagte:
Ihr Menschen seid wichtiger als die Blumen.
Darum sorgt Gott noch mehr für die Menschen.
– Damit alle Menschen genug zum Anziehen haben.
– Damit alle Menschen genug zum Essen haben.
– Damit alle Menschen genug zum Trinken haben.
Jesus sagte:
Macht euch also keine Sorgen.
Sorgen machen das Leben schwer.
Habt immer frohen Mut.
Gott weiß, was ihr braucht.
Ihr braucht kein dickes Geld für Essen und Trinken und Anziehen.
Gott kümmert sich um alles.
Verlasst euch auf Gott.
Jeden Tag von neuem.
Das ist genug.

Evangelium in Leichter Sprache – Matthäus 6,24–34

Deshalb sage ich euch: Zermartert euch nicht mit Sorgen darüber, ob ihr genug zum Essen haben werdet! Macht euch auch keinen Kopf darüber, was ihr anziehen könnt! Denn euer Leben besteht aus viel mehr als der Nahrung. Und auch der Körper ist mehr wert als die Kleidung, mit der ihr ihn schmückt.
Roland Werner – Das Buch – Matthäus 6:25

Warum sollen wir uns als Nachfolger Jesu Christi keine Sorgen machen? Weil wir uns auf unseren Ehepartner verlassen können? Weil wir uns auf unsere Eltern verlassen? Weil wir den Sozialstaat ausnutzen könnten, anstatt zu arbeiten?? – NEIN – die Verse um den „ausgewählten Vers“ erklären gut, das WARUM!
Und dann können wir uns fragen: WANN kümmert sich Gott um meine Sorgen? Schau dir den Text an! Steht dort etwas, dass du vorher getauft sein musst? Steht da etwas davon, dass du eine bestimmte Anzahl von Stunden einer bestimmten Tätigkeit für Gott reservieren musst? Steht da, dass du vorher Spenden musst, um Gottes Segen erhalten zu können?
Weitere Gedanken hatten wir ja schon: Matthäus 6,26 und Matthäus 6,27-28

Die Praxis wahrer Rechtschaffenheit wird sich auch darauf auswirken, wie der Gläubige mit Ängsten umgeht. Das Prinzip findet sich in Vers 25: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen oder trinken sollt, noch um euren Leib, was ihr anziehen sollt. Wenn Gott sowohl für das Tierreich als auch für das Pflanzenreich das Nötige bereitstellt, und wenn Er sich sowohl um die unbelebte als auch um die belebte Welt kümmert, wie viel mehr wird Er dann sicherlich für den Gläubigen sorgen, der seine Gerechtigkeit sucht? Dies ist ein kal v’chomer Argument. Unter normalen Umständen verspricht Gott, für die Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft zu sorgen. Er verspricht nicht, Wünsche zu erfüllen, aber Er verspricht, für die Grundbedürfnisse des Lebens zu sorgen. Später macht der Hebräerbrief deutlich, dass in Zeiten der Verfolgung Menschen ihr Zuhause verlieren oder ihrer Nahrung und Kleidung beraubt werden können. Unter solchen Umständen sind Gläubige an Entblößung und Verhungern gestorben.
Der Matthäusabschnitt beschreibt, was Gläubige unter normalen Bedingungen erwarten können, und der Schwerpunkt muss folgender sein: Trachtet zuerst nach seinem Reich und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles zugerechnet werden (Matthäus 6,33). Das Ziel des Gläubigen ist es, Gottes Reichsprogramm voranzubringen und rechtschaffen zu leben. Im Kontext von Matthäus 6 bedeutet das, konsequent nach dem Standard des mosaischen Gesetzes zu leben. Diejenigen, die diese Aufforderung erfüllen, werden mit Nahrung, Kleidung und Unterkunft versorgt werden. Deshalb machte Jeschua die Anwendung: Seid also nicht besorgt um den morgigen Tag (Matthäus 6:34). Er schloss mit der gleichen Ermahnung, mit der er begann: Seid nicht ängstlich um die Grundbedürfnisse des Lebens. Solche Ängste zeigen nur einen Mangel an Glauben. Elieser, ein Rabbi aus dem zweiten Jahrhundert, drückte eine ähnliche Empfindung aus, als er sagte: „Wer ein Stück Brot in seinem Korb hat und sagt: ‚Was soll ich morgen essen?‘, gehört nur zu denen, die wenig Glauben haben.“

Das schließt die Verantwortung des Einzelnen, zu arbeiten und seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht aus. An anderer Stelle lehrt die Heilige Schrift, dass ein Mensch, der nicht arbeitet, auch nicht essen soll. Das ist eine Wahrheit, die sich auch auf die Gemeinde bezieht. Gläubige an den Messias Jeschua sollten nicht erwarten, dass sie von anderen Heiligen leben; die individuelle Verantwortung bleibt. Vielmehr werden sie, wenn sie sein Reich und seine Gerechtigkeit suchen, ihre persönliche Verantwortung in diesen Bereichen erfüllen und darauf vertrauen, dass Gott die Bedürfnisse entsprechend erfüllt.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Wer also versucht, sich auf den Spenden der Mitglieder auszuruhen – und nicht selber arbeitet – sollte nicht als Lehrer anerkannt werden 😉

Quält euch nicht mit dem, was ihr zur Erhaltung des Leibes braucht; ist das die Meinung Jesu? Ja. Aber sein Wort sagt uns noch mehr. Die Qual, mit der wir uns ängsten, bis wir die Lebensmittel haben, nimmt uns Jesus ab. Er kann uns aber von der Qual nicht befreien, wenn er nicht unser Begehren stillt. Spricht er von den Sorgen, so sind das nicht nur die bekümmerten Gedanken, die dann entstehen, wenn wir kein Brot und keinen Rock haben oder doch sie nicht so haben, wie wir sie uns wünschen, sondern das sind auch die begehrlichen Gedanken, die gierig nach dem fragen, was wohl auf den Tisch kommen wird und was wir als Schmuck und Ehrenzeichen um uns legen wollen. Die Sorge, von der Jesus spricht, nimmt mit dem Besitz nicht ab, sondern zu; denn sie erfaßt den Menschen mit Gewalt, wenn er in der gottlosen Nacht verweilt. Dass wir die Nahrung und Kleidung bedürfen, das hat Jesus nicht vergessen. Wir bedürfen sie wie die Tiere, die nicht vergeblich nach der Nahrung suchen, weil sie dazu gerüstet sind, sie zu finden wie die Lilien, die mit ihrem herrlichen Gewand das salomonische Prachtkleid verdunkeln. Erwogen werden muss die Frage: was werden wir essen und anziehen? Mit jedem neuen Tag. Sie ist aber nicht mehr der heiße Funke, der unsere Begehrlichkeit in hellen Brand versetzt. Alle unsere Krankheiten heilt Jesus durch dasselbe Mittel. Unsere wilde, nach vielerlei greifende Begehrlichkeit löscht er dadurch aus, dass er uns den Vater zeigt, den gebenden Gott. Mit dem Glauben an ihn versetzt er uns in die Freiheit von der Sorge, sowohl von der, die sich bekümmert und ängstigt, als von der, die lüstern genießt. Mit dem Glauben endet nicht unsere Natürlichkeit und ihr Bedürfnis, endet auch nicht die Arbeit, die unserem Bedürfnis gehorcht; aber die Zerrüttung der Seele endet im Aufblick zum gebenden Gott. Denn nun erscheint, wenn ich mich glaubend an ihn wende, vor meinem Blick sein Reich und seine Gerechtigkeit und gibt meinem Leben das neue, hohe Ziel.

Adolf Schlatter – Andachten

Die meisten Menschen in der Antike besaßen nur wenig, was über den Grundbedarf – Nahrung, Kleidung und Obdach – hinausging. Da ihre Versorgung mit diesen unverzichtbaren, lebensnotwendigen Dingen vor allem in ländlichen Gebieten häufig vom Regen und (in Ägypten) von den jährlichen Überschwemmungen der Flüsse abhing, hatten sie allen Anlass, sich um Nahrung und Kleidung Sorgen zu machen.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Dieser Abschnitt beginnt mit einer einleitenden Aufforderung, (V.25), daran schließen sich Illustrationen an (Verse 26-30) und Folgerungen beschließen den Gegenstand (Verse 31-34). Das Zeitwort »besorgt sein« (merimnaô) kommt in diesen Versen sechsmal vor. Gewiß treffen wir gemäß Gottes Willen auch Vorbereitungen für die Zukunft, aber wir sorgen uns nicht, als ob wir ohne Gott etwas vermöchten.  Die Wörter »essen« und »trinken« verdeutlichen, was hier unter »Leben« (psychê) zu verstehen ist. Das Wort wird auch mit »Seele« übersetzt, hat also einen weiten Bedeutungsumfang. Hier geht es um das Funktionieren des Lebens, etwas weiter unten hingegen um dessen äußere Gestalt (wie an der dort erwähnten »Kleidung« deutlich wird). Die Wichtigkeit des irdischen Lebens ist nur relativ; die Erfordernisse des ewigen Lebens übersteigen die zeitlichen Bedürfnisse des irdischen Lebens: »Wirket nicht für die Speise, die vergeht, sondern für die Speise, die da bleibt ins ewige Leben, welche der Sohn des Menschen euch geben wird; denn diesen hat der Vater, Gott, versiegelt« (Joh 6,27). Er reichte 5000 Menschen in der Tat Brot zur Speise dar, aber noch vielmehr reicht Er sich selbst als das Brot des Lebens dar (Joh 6,35). In Joh 4,8.31-34 waren die Jünger weggegangen, um Essen zu kaufen. Die Speise des Herrn aber war, den Willen des Vaters zu tun. In Lk 10,38-42 war Martha um vieles besorgt, Maria hingegen saß zu Füßen des Herrn und hörte Sein Wort. Der gleiche Grundsatz läßt sich auf den Leib anwenden. Unser Leib ist der Tempel des Heiligen Geistes (1Kor 6,19). Sind wir geistlich gesinnt, können wir daher sagen: »Wenn wir aber Nahrung und Bedeckung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen« (1Tim 6,8). Paulus arbeitete mit seinen eigenen Händen für seine Bedürfnisse (Apg 20,34), es gab aber auch Zeiten, in denen er »Hunger und Durst…Kälte und Nacktheit« erfuhr (2Kor 11,27). Er klagte nicht, denn das Werk der Apostelschaft hatte Vorrang. Aus Stellen wie Eph 4,24; Kol 3,12; 1Tim 3,9-10; 1 Petrus 3,3-4 lernen wir, daß das geistliche Gewand wichtiger ist als das zeitliche.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Acht Gründe, sich nicht zu sorgen
Edwin Broadus
Duluth, Minn.
Das Folgende basiert auf einer Rede Jesu zu diesem Thema, die in Matthäus 6,24-34 zu finden ist.

Wenn wir uns Sorgen machen, dienen wir dem falschen Herrn. Jesus sagte: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben.“ Mammon ist gleichbedeutend mit materiellem Reichtum. Wenn wir uns übermäßig Sorgen um materielle Dinge machen, dienen wir dem Mammon und nicht Gott.
Andere Dinge sind wichtiger. Jesus sagte: „Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ Bei einer anderen Gelegenheit sagte Jesus: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes geht“ (Matthäus 4,4).
Gott kümmert sich. Jesus sagte: „Seht die Vögel des Himmels … euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ Wenn Gott sich um die Vögel kümmert, wird er sich sicher auch um uns kümmern.
Sorgen bringen nichts Gutes. Jesus sagte: „Wer von euch kann durch seine Sorge auch nur eine Elle zum Maß seines Lebens hinzufügen?“ Alle Sorgen der Welt können nichts daran ändern, was ist oder was sein wird.
Sorgen zeigen, dass wir nur wenig Glauben haben. Jesus sagte zu denen, die sich sorgten: „Ihr Kleingläubigen“. Sorgen zeigen, dass unser Glaube schwach ist, denn sie zeigen, dass wir Gottes Versprechen, für uns zu sorgen, nicht wirklich glauben.
Gott kennt unsere Bedürfnisse. Jesus sagte: „Euer himmlischer Vater weiß, dass ihr das alles braucht. Weil Gott sich kümmert, ist er bereit, unsere Bedürfnisse zu stillen, und weil er sie kennt, kann er uns genau das geben, was wir am meisten brauchen.
Gott hat versprochen, für unsere Bedürfnisse zu sorgen. Jesus sagte: „Trachtet aber zuerst nach seinem Reich und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles zufallen.“ „All das“ sind die materiellen Bedürfnisse, um die wir uns oft sorgen. Uns wird versprochen, dass, wenn wir zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit trachten, uns dies alles hinzugefügt werden wird. Wenn Jesus es ernst meinte, als er sagte, dass derjenige, der glaubt und getauft wird, gerettet wird, dann meinte er es auch, als er sagte, dass derjenige, der zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit trachtet, auch seine materiellen Bedürfnisse befriedigt bekommen wird!
Jeder Tag hat genug Probleme, ohne dass wir uns um die von morgen sorgen müssen. Jesus sagte: „Der Tag hat genug Böses an sich.“ Wir haben mehr als genug zu tun, um die Herausforderungen von heute zu meistern, ohne uns über die Probleme von morgen Gedanken zu machen, die auftauchen können oder auch nicht.

Truth Magazine: März 1958

Wer sich gerade auf der Terrasse seines Hauses aufhält, der soll nicht erst im Haus sein Gepäck für die Flucht zusammensuchen.

Wenn ihr nun den Greuel der Verwüstung, von welchem durch Daniel, den Propheten, geredet ist, stehen sehet an heiligem Orte (wer es liest, der beachte (O. verstehe) es), daß alsdann die in Judäa sind, auf die Berge fliehen; wer auf dem Dache (O. Hause) ist, nicht hinabsteige, um die Sachen aus seinem Hause zu holen; und wer auf dem Felde ist, nicht zurückkehre, um sein Kleid zu holen.
Elberfelder 1871 – Matthäus 24,15–18

Wenn ihr aber das ‚Scheusal der Verwüstung‘, von dem der Prophet Daniel geredet hat (- Daniel 11,31 -), am heiligen Ort stehen seht – wer das liest, der merke auf! –, dann sollen die Einwohner Judäas in die Berge fliehen. Wer auf seiner Dachterrasse sitzt, soll keine Zeit damit verlieren, noch etwas aus dem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, soll nicht mehr zurücklaufen, um seinen Umhang zu holen.
NeÜ bibel.heute Stand 2019 – Matthäus 24:15–18

Seht ihr nun den Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte stehn, wovon Daniel, der Prophet, geredet hat -Dan 8,13; 9,27; 11,31; 12,11- – wer das liest, beachte es wohl*! -, . Es ist hier nicht die Rede von einer Zerstörung, sondern von einer Entweihung der heiligen Stätte, d.h. des Tempels (2 Thess 2,3.4).++
dann sollen, die in Judäa sind, in die Berge fliehn*.
 Wer auf dem Dache ist, gehe nicht erst ins Haus hinunter, um noch seine Habe zu holen- von den platten Dächern der Häuser konnte man unmittelbar auf die Straße kommen.   a) Lk 17,31 – ) .++
und wer auf dem Felde ist -wo er nur im Unterkleide arbeitete.-, der kehre nicht in die Wohnung zurück, um sich noch sein Oberkleid zu holen.  ++
Ludwig Albrecht – Matthäus 24,15–18

Jeschua hat das Zeichen identifiziert, das diese Zeitperiode beginnen wird: Wenn ihr nun den Greuel der Verwüstung, von dem durch den Propheten Daniel geredet worden ist, an der heiligen Stätte stehen seht (Matthäus 24,15). Im Jahr 167 v. Chr. entweihte der griechische König Antiochus Epiphanes den Tempel in Jerusalem, indem er einen Altar für Zeus aufstellte. Er „brachte auch Dinge in den Tempel, die verboten waren, so dass der Altar mit abscheulichen, nach den Gesetzen verbotenen Opfern bedeckt war“ (II Makkabäer 6:4b-5), darunter ein Schwein. Dieses Ereignis ist als der Gräuel der Verwüstung bekannt geworden. Allerdings erwähnte Jeschua den Gräuel der Verwüstung etwa zweihundert Jahre nach diesem Ereignis und fügte hinzu, dass durch den Propheten Daniel davon gesprochen wurde. Offensichtlich erwartete er, dass die Apostel diese spezielle Prophezeiung kennen würden. Während Daniels Prophezeiung in Kapitel 8 von den Ereignissen spricht, die sich 167 v. Chr. durch Antiochus Epiphanes erfüllten, sagen die Kapitel 9 und 10 eindeutig ein Ereignis voraus, das während der Trübsal geschehen wird. Diese Prophezeiung besagt, dass der Gräuel der Verwüstung genau in der Mitte der Trübsal geschehen wird: Mitten in der Woche wird er das Opfer und das Speisopfer aufhören lassen; und auf dem Flügel der Gräuel wird einer kommen, der Verwüstung stiftet (Daniel 9:27b). Das bedeutet, dass die Mitte der Trübsal mit einem bestimmten Ereignis beginnen wird, das in zwei Phasen abläuft. Die erste Stufe wird eintreten, wenn der Antichrist im Tempel Gottes sitzt und sich als Gott ausgibt (2 Thessalonicher 2,4). Die zweite Stufe wird eintreten, wenn der falsche Prophet ein Bild des Antichristen macht und es im Allerheiligsten des jüdischen Tempels aufstellt (Matthäus 24:15; Offenbarung 13:11-15). Dieses Bild wird dort 1.290 Tage lang ununterbrochen stehen dürfen, also dreißig Tage über das Ende der Trübsal hinaus (Daniel 12:11). Die Apostel wussten also aus dem Buch Daniel, dass der Gräuel der Verwüstung den Bruch des Sieben-Jahres-Bundes zwischen Israel und dem Antichristen signalisieren wird, den Beginn der zweiten Hälfte der Trübsal, und dass von diesem Punkt bis zum zweiten Kommen genau 1.260 Tage vergehen werden. Es signalisiert auch den Beginn des letzten Krieges gegen die Juden, da Satan versuchen wird, sie zu zerstören, um das zweite Kommen zu verhindern.

Jeschua prophezeite dann die Flucht Israels aus dem Land. Der Greuel der Verwüstung wird den Juden signalisieren, dass es an der Zeit ist, das Land zu verlassen: dann sollen die, die in Jehuda sind, auf die Berge fliehen (Matthäus 24:16). Die Dringlichkeit wird hervorgehoben. Jeder, der sich aus irgendeinem Grund auf dem Hausdach befindet, darf seinen Besitz nicht aus den Kammern im Inneren einsammeln (Matthäus 24:17), sondern muss sich sofort auf den Weg aus dem Land machen. Wenn jemand, der auf dem Feld pflügt, von diesem Ereignis hört, darf er die wenigen kostbaren Augenblicke nicht damit verschwenden, in die Wohnräume des Kibbuz zurückzukehren, um auch nur einen Mantel mitzunehmen (Matthäus 24:18). Sie müssen das Feld verlassen und aus dem Land fliehen.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Gewaltige Angst ergriff nun die Empörer, und viele von ihnen flüchteten sich bereits aus der Stadt, als stände deren Eroberung im nächsten Augenblick bevor. Ebendeshalb aber fasste das Volk wieder frischen Mut: wie die Bösewichter sich davon machten, näherte es sich den Thoren, um sie zu öffnen und Cestius als Wohlthäter der Stadt aufzunehmen. Hätte dieser die Belagerung nur noch kurze Zeit fortgesetzt, so würde er die Stadt wohl rasch in seine Gewalt bekommen haben. Gott aber hatte, wie ich glaube, um der Frevler willen schon damals sich vom Heiligtum abgewandt und liess deshalb an jenem Tage den Krieg sein Ende nicht erreichen.
Cestius nämlich, der weder von der Verzweiflung der Belagerten noch von der Stimmung des Volkes Kenntnis zu haben schien, liess plötzlich seine Soldaten den Rückzug antreten, gab, obwohl kein Missgeschick ihn getroffen, alle Hoffnung auf und verliess unbegreiflicherweise die Stadt. Infolge seines ganz unerwarteten Abmarsches gewannen die Banditen ihre Kühnheit wieder, fielen über die Nachhut der Römer her und machten eine Menge Reiter und Fusssoldaten nieder. Cestius bezog nun für die erste Nacht das Lager auf dem Skopos; tags darauf aber marschierte er weiter und reizte dadurch die Feinde nur noch mehr, sodass sie abermals seiner Nachhut schwere Verluste beibrachten und zugleich auch von der Seite des Weges aus den Römern mit Geschossen zusetzten. Die letzten im Zuge hatten übrigens nicht den Mut, gegen ihre Verfolger Front zu machen, weil sie dieselben ausserordentlich zahlreich wähnten, und was den Angriff auf den Flanken betraf, so waren die Römer ihm thatsächlich nicht gewachsen, da sie selbst schwerbewaffnet waren und die Marschlinie zu zerreissen fürchteten, während die Juden leichtgerüstet und angriffslustig daherzogen. So mussten die Römer grosse Verluste erleiden, ohne ihrerseits dem Feinde irgendwie schaden zu können. Auf dem ganzen Wege geschlagen und in Verwirrung gebracht, wurden sie massenhaft niedergemetzelt; unter den Gefallenen befanden sich auch Priscus, der Anführer der sechsten Legion, der Tribun Longinus und der Befehlshaber einer Reiterschwadron, Aemilius Jucundus. Endlich erreichten sie, nachdem sie auch einen grossen Teil ihres Gepäckes verloren hatten, mit Mühe ihr früheres Lager bei Gabao. Unschlüssig bezüglich dessen, was er beginnen sollte, verweilte Cestius hier zwei Tage; als er aber am dritten Tage sehen musste, wie die Zahl seiner Feinde sich noch vermehrt hatte und alles ringsum von Juden wimmelte, ward es ihm klar, dass Zögern ihm nur zum Schaden gereiche und dass, je länger er verweile, desto mehr Feinde sich ansammeln würden.
Um daher die Flucht zu beschleunigen, gab er Befehl, alles zu vernichten, was das Heer aufhalten könnte. Man tötete nun die Maulesel und die übrigen Lasttiere mit Ausnahme derjenigen, welche Geschosse und Maschinen trugen; letztere nämlich konnte man einesteils nicht gut entbehren, andernteils befürchtete man auch, sie möchten den Juden in die Hände fallen und gegen die Römer Verwendung finden. Hierauf rückte das Heer weiter auf Bethoron zu. So lange nun der Marsch über offenes Feld ging, wurden die Römer von den Juden weniger behelligt; sowie sie aber einen engen, abschüssigen Hohlweg gedrängt passieren mussten, eilte ein Teil der Juden voraus, um ihnen den Ausgang zu sperren, während andere die den Schluss des Zuges bildenden Römer in die Schlucht hineintrieben und die Hauptmasse der jüdischen Streitmacht, die sich an den Abhängen zu beiden Seiten des Weges ausgedehnt hatte, das feindliche Heer mit einem Hagel von Geschossen überschüttete. Da gerieten schon die Fusssoldaten in Verlegenheit, wie sie sich wehren sollten; in noch grösserer Gefahr aber schwebten die Reiter: denn einmal gestatteten ihnen die feindlichen Geschosse nicht, den Abstieg in Reih und Glied zu machen, und dann waren auch die steilen Abhänge, auf denen die Juden sich verteilt hatten, für die Pferde unzugänglich, während auf der anderen Seite Felsspalten und Abgründe ihnen entgegengähnten, in die sie bei jedem Fehltritt hinabstürzen konnten. In dieser entsetzlichen Lage, die weder ein Entrinnen ermöglichte, noch den Gedanken an Widerstand aufkommen liess, hatten sie schliesslich nichts als lautes Jammergeheul und das Stöhnen der Verzweiflung, dem die Schlachtrufe der Juden, untermischt mit Freudengeschrei und Wutgebrüll, schauerlich entgegenhallten. Wenig fehlte, so hätten sie das ganze Heer des Cestius aufgerieben, wäre nicht die Nacht herein gebrochen, in der die Römer nach Bethoron flohen, während die Juden alle geeigneten Punkte ringsum besetzten, um den Abmarsch ihrer Feinde überwachen zu können.

Josephus – Geschichte des Jüdischen Krieges

Diese kurzen Hinweise mögen uns helfen, das Umfeld des jüdischen Stadtlebens besser zu verstehen. Wenn wir eine der Straßen einer Stadt in Galiläa oder Judäa auf und ab gehen, werden wir feststellen, dass die Häuser sich in Größe und Eleganz unterscheiden, vom kleinen Häuschen, das nur acht oder zehn Meter im Quadrat misst, bis hin zu den Häusern der Reichen, die manchmal zwei oder mehr Stockwerke hoch sind und mit Reihen von Säulen und architektonischen Verzierungen geschmückt sind. Stellen wir uns vor ein Haus der besseren Klasse, wenn auch nicht gerade das eines Patriziers, denn es ist aus Ziegeln gebaut, vielleicht aus unbearbeitetem oder sogar bearbeitetem Stein, aber nicht aus Marmor und auch nicht aus behauenem Stein; auch sind die Wände nicht mit so zarten Farben wie Zinnoberrot gestrichen, sondern einfach gekalkt oder vielleicht mit einer neutralen Farbe überzogen. Eine breite, manchmal kostspielige Treppe führt von außen direkt auf das flache Dach, das ein wenig nach unten geneigt ist, so dass das Regenwasser leicht durch Rohre in die darunter liegende Zisterne fließen kann. Das Dach ist mit Ziegeln, Steinen oder einer anderen harten Substanz gepflastert und von einer Balustrade umgeben, die nach jüdischem Gesetz mindestens zwei Ellen (drei Fuß) hoch und stark genug sein muss, um das Gewicht einer Person zu tragen. Polizeiverordnungen, die vom gleichen Geist der Vorsicht getragen waren, verboten offene Brunnen und Gruben, unzureichende Leitern, wackelige Treppen und sogar gefährliche Hunde in einem Haus. Von Dach zu Dach konnte es eine regelmäßige Verbindung geben, die von den Rabbinern „die Straße der Dächer“ genannt wurde (Baba Mez. 88 b). Auf diese Weise konnte eine Person von Dach zu Dach fliehen, bis sie beim letzten Haus die Treppe hinunterstieg, die nach außen führte, ohne eine Wohnung betreten zu haben. Auf diese „Straße der Dächer“ bezog sich unser Herr zweifellos in seiner Warnung an seine Jünger (Mt 24,17; Mk 13,15; Lk 17,31), die sich auf die letzte Belagerung Jerusalems beziehen sollte: „Und wer auf dem Dach ist, der steige nicht hinab in das Haus und gehe nicht hinein.“ Für den normalen Verkehr war das Dach der kühlste, luftigste und stillste Ort. Natürlich wurde es zuweilen für Zwecke der Hauswirtschaft genutzt. Aber dorthin zog sich ein Mann vorzugsweise zurück, um zu beten oder in Ruhe nachzudenken; hier beobachtete er, ob Freund oder Feind, das Aufziehen des Sturms oder – wie der Priester, der vor dem Morgenopfer auf der Zinne des Tempels stand – wie sich das rote und goldene Licht der Morgendämmerung am Rande des Horizonts ausbreitete. Vom Dach aus war es auch leicht, sich vor Feinden zu schützen oder gefährliche Kämpfe mit den Untergebenen auszutragen; und wenn überhaupt, dann war es „auf den Dächern“, wo Geheimnisse geflüstert oder andererseits am öffentlichsten „verkündet“ werden konnten (Matthäus 10,27; Lukas 12,3). Das Zimmer des Fremden wurde in der Regel auf dem Dach gebaut, damit der Gast ungestört vom Haushalt aus- und eingehen konnte; und hier wurden beim Laubhüttenfest zur Abkühlung und Bequemlichkeit oft die begrünten „Buden“ aufgestellt, in denen Israel zur Erinnerung an seine Pilgerfahrt wohnte. Ganz in der Nähe befand sich „das Obergemach“. Auf dem Dach versammelte sich die Familie zum Gespräch, sonst im Hof darunter – mit seinen Bäumen, die dankbaren Schatten spendeten, und der Musik seines plätschernden Brunnens, die beruhigend auf das Ohr fiel, während man in der überdachten Galerie stand, die rundherum verlief und sich zu den Wohnungen des Haushalts öffnete.

Wenn das Gästezimmer auf dem Dach, das man von außen erreichen konnte, ohne durch das Haus zu gehen, uns an Elisa und die Schunamiterin und an das letzte Passahfest erinnert, zu dem der Herr und seine Jünger gehen und das sie verlassen konnten, ohne mit jemandem im Haus in Berührung zu kommen, so erinnert die Galerie, die um den Hof unter dem Dach herumführte, an eine weitere höchst feierliche Szene. Wir erinnern uns daran, wie diejenigen, die den „Gichtbrüchigen“ trugen, als sie nicht in der Lage waren, „zu Jesus zu kommen, um ihn zu drücken“, „das Dach aufdeckten, wo er war“, und ihn „durch die Ziegel mit seiner Liege in die Mitte vor Jesus hinunterließen“ (Markus 2,4; Lukas 5,19). Aus vielen talmudischen Texten wissen wir, dass die Rabbiner bei der Erörterung religiöser Fragen mit Vorliebe auf den „Obersaal“ zurückgriffen. So mag es auch in diesem Fall gewesen sein; und da die Träger des Kranken nicht durch die Tür in den oberen Raum gelangen konnten, haben sie vielleicht die Decke vom Dach heruntergebrochen. Oder, wenn man es für wahrscheinlicher hält, dass sich die Menge der Anwesenden unten im Hof drängte, während Jesus auf der Empore stand, die um den Hof herumging und sich zu den verschiedenen Wohnungen hin öffnete, könnten sie das Dach über ihm heruntergebrochen haben und so ihre Last langsam zu seinen Füßen und in Sichtweite aller herunterlassen. Eine bedeutsame Parallele oder vielmehr ein Kontrast dazu findet sich in einer rabbinischen Geschichte (Moed K. 25 a), in der berichtet wird, wie sie, als die Bahre, auf der ein berühmter Lehrer lag, nicht durch die Tür hinausgelassen werden konnte, ihre Last hinauf trugen und vom Dach herabließen – nicht auf dem Weg zu einem neuen Leben, sondern zur Beerdigung. Ansonsten gab es auch eine Treppe, die vom Dach in den Hof und ins Haus führte. Wenn man sich einem Haus von der Straße aus näherte, wie es Besucher normalerweise taten, ging man entweder durch einen großen äußeren Hof oder man kam direkt in die Vorhalle oder den Vorbau. Hier öffnete sich die Tür in den Innenhof, der manchmal von mehreren Familien gemeinsam genutzt wurde. Ein Pförtner öffnete den Rufern, wenn sie ihren Namen nannten, so wie Rhoda dem Petrus in der ereignisreichen Nacht seiner wundersamen Befreiung aus dem Gefängnis (Apg 12,13.14). Auch unser Herr wendet diese bekannte Tatsache des häuslichen Lebens an, wenn er sagt (Offb 3,20): „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, so will ich zu ihm hineingehen und mit ihm essen und er mit mir.“ Durch diesen Innenhof und die Galerie gelangte man in die verschiedenen Räume – das Familienzimmer, das Empfangszimmer und die Schlafgemächer -, wobei die Damen die zurückgezogensten Räume bewohnten und die inneren Räume hauptsächlich im Winter genutzt wurden. Das Mobiliar entsprach im Wesentlichen dem heutigen, bestehend aus Tischen, Sofas, Stühlen, Kerzenleuchtern und Lampen, die je nach Rang und Reichtum der Familie unterschiedlich teuer waren. Zu den Luxusartikeln gehörten reiche Kissen für Kopf und Arme, Ornamente und manchmal sogar Bilder. Die Türen bewegten sich an Scharnieren, die mit Holzstiften befestigt waren, und waren mit hölzernen Riegeln verriegelt, die mit Scheckschlüsseln von außen herausgezogen werden konnten. Der Speisesaal war im Allgemeinen geräumig und wurde manchmal für Versammlungen genutzt.

Alfred Edersheim – Skizzen des jüdischen Gesellschaftslebens in den Tagen von Christus

Das Kardinalproblem bei diesen Versen ist: Worauf beziehen sie sich? Auf die palästinischen judenchristen zur Zeit der Tempelzerstörung? Oder auf die weltwelte Christenheit zur Zeit des Antichristen? Auf Ersteres deutet die Zitierung Daniels, die Erwähnung Judäas und die Erwähnung des Sabbats. Das Zweite legt die Fortsetzung in V. 21ff. nahe. Beachtet man, dass Jesus zwei Perspektiven, die Israel- und die Völker-Perspektive, miteinander verbindet, dann ist es gerechtfertigt, diese Verse auf beides zu beziehen. D. h., sie erfüllen sich zunächst bei der Tempelzerstörung, dann aber in einem geistlichen Sinn noch einmal zur Zeit des Antichristen.
Wir wenden uns der Israel-Perspektive zu. Die »Abscheulichkeit der Verwüstung… an heiliger Stätte« meint die Entweihung des Jerusalemer Tempels, die in Dan 9,27; 11,31; 12,11 angekündigt ist. Sie geschah schon einmal im Jahr 167 v. Chr., als der Judenverfolger Antiochus IV. Epiphanes von Syrien den Jerusalemer Tempel dem griechischen Götzen Zeus Olympios weihte und eine dünne Goldplatte auf den Brandopferaltar legte. Aber Jesus sieht eine zweite Entweihung voraus. Sie realisierte sich, als die Römer im Jahre 70 n. Chr. den Tempel in Brand steckten und zerstörten. Nach einem weiteren jüdischen Aufstand 132-135 n. Chr. ließ der römische Kaiser Hadrian sogar einen Jupitertempel auf dem Platz des jüdischen Tempels errichten. Oder sieht Jesus die Gräuel voraus, die die jüdischen Aufständischen selbst vor ihrer Niederlage im Tempelbereich verübten? Ausdrücklich bezieht er sich auf »Daniel, den Propheten«. Demnach war Daniel schon zur Zeit Jesu unter die Propheten eingereiht. Jesus urteilte anders als die modernen Kritiker, die »Daniel« ins 2. Jh. v. Chr. setzen bzw. seine Prophezeiungen erst nach den Ereignissen verfasst sein lassen. Für Jesus war Daniel ein echter »Prophet., der das Kommende voraussah. Die Wendung »Der Leser verstehe es recht!« lautet im Urtext eigentlich kürzer: »Der Leser verstehe es!« Die Aufforderung setzt voraus, dass Jesu Jünger lesen konnten und außerdem das Buch Daniel schriftlich vorliegen hatten. Wir erinnern uns daran, dass Jesus immer wieder zum Lesen der Heiligen Schrift aufrief (vgl. Mt 12,3.5; 19,4; 21,16.42; 22,31; Joh 5,39). Ferner erinnern wir uns an Dan 12,4.
Drei Weisungen gibt Jesus für die Zeit der Tempelzerstörung: »Diejenigen (natürlich von seinen Jüngern!) , die in Judia sind, sollen in die Bergefliehen.« In der Tat floh die Jerusalemer Gemeinde im Jahre 68 n. Chr., als die Römer vordrangen und die jüdischen Kämpfer durch Morde den Tempel entweihten, nach Pella im OstJordanland. Möglicherweise kam damals Johannes mit Maria, der Mutter Jesu, nach Ephesus. Jesus nennt hier nur »Judäa«, d. h. die Gegend um Jerusalem. In Galiläa war der Krieg harmloser. So ist Jesu Wort auch im Rückblick gerechtfertigt. Die Flucht »in die Berge« bedeutet zugleich die Flucht in das öde Kalksteingebirge, wo Höhlen Unterschlupf gewähren. Eine solche Flucht »in die Berge« unternahmen z. B. auch David (1 Sam 22,1ff.; 1 Sam 23,14ff.; 1 Sam 24,1ff.) oder die Makkabäer, als sie gegen die Syrer kämpften (1 Makk 2,28; 2.Makk 5,27). Vielleicht deutet Hes 7,16 an, dass man auch vor den Babyloniern »in die Berge« floh. Übrigens stellt Jesu Fluchtbefehl noch einmal klar, dass die Gemeinde im Krieg keine Partei ergreift und sich nicht in politische oder militärische Kämpfe einschaltet. Für sie ist der Ablauf der Ereignisse vielmehr ein göttliches Gericht (vgl. Spr 22,3). »Wer auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um zu holen, was in seinem Hause ist«: Aufs »Dach« gelangte man mittels einer Leiter oder Treppe neben der Hauswand, so dass man nicht durchs »Haus« musste, wenn man hinauf- oder hinabstieg (vgl. Mk 2,4).
»Und wer auf dem Felde ist, kehre nicht zurück, um seinen Mantel zu holen«: Der »Mantel« durfte nach 2.Mose 22,25ff. über Nacht nicht gepfändet werden, denn er ist »seine einzige Decke für seinen Leib« (vgl. Mt 5,40 und die Erklärung dort). Der Mantel ist also die Minimalausrüstung für die Flucht. Nicht einmal die sollte mitgenommen werden – so sehr eilt es! Lot musste in ähnlicher Eile fliehen (1.Mose 19,17.26). Sieht Jesus also einen inneren Zusammenhang zwischen dem Untergang des damaligen Jerusalem und dem Untergang Sodoms und Gomorras (Lk 17,32 !) ? In diese Richtung deutet jedenfalls die Johannesoffenbarung (Off 11,8). So wie Gott mit den Kindern in Ninive besonderes Erbarmen hatte (Jona 4,11) , so gilt Jesu Erbarmen den Mütter. -»die werdendes oder ganz junges Leben bei sich haben, »den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen« (vgl. Ps 137,9; Lk 23,29; 1 Kor 7,26-28). Hier redet der Heiland der Welt, kein Großmachtsüchtiger. Schließlich weist Jesus auf das Gebet hin: »Betet aber, dass ihr nicht im Winter oder am Sabbat fliehen müsst«. »Im Winter« kann es in Jerusalem schneien, die Nächte im Bergland Judäas sind bitter kalt. »Am Sabbat« sind Verkehr und Hilfeleistungen behindert (vgl. Apg 1,12). Was ein Kriegsausbruch an einem Feiertag bedeutet, haben wir beim Jom-Kippur-Krieg 1973 gesehen (vgl. auch Makk 1,32ff.). Zwar sind es kleine Hilfen, wenn die Flucht nicht auf den Winter oder Sabbat fällt. Und doch ist es ein Stück Gnade, wenn Gott durch kleine Hilfen seine Gegenwart erfahrbar macht! Aus dem Gesagten ergibt sich allerdings, dass die Gemeinde nicht einfach den Nöten der Welt entnommen wird, sondern mitleiden muss.

Gerhard Maier – Edition C

„Kleidet euch mit der neuen Persönlichkeit“

Belüget einander nicht, da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bilde dessen, der ihn erschaffen hat; wo nicht ist Grieche und Jude, Beschneidung und Vorhaut, Barbar, (S. die Anm zu Apg 28,2) Scythe, Sklave, Freier, sondern Christus alles und in allen.
Elberfelder 1871 – Kolosser 3,9–11

Belügt einander nicht mehr! Ihr habt doch den alten Menschen mit seinen Gewohnheiten ausgezogen und habt den neuen Menschen angezogen: den Menschen, der in der Weise erneuert ist, dass er nun Gott erkennt und weiß, was Gott will – der erneuert ist nach dem Bild dessen, der ihn am Anfang nach seinem Bild geschaffen hat!
Gute Nachricht Bibel 2018 – Kolosser 3:9–10

Belügt einander nicht mehr! Ihr habt doch das alte Gewand ausgezogen – den alten Menschen mit seinen Verhaltensweisen –  und habt das neue Gewand angezogen – den neuen, von Gott erschaffenen Menschen, der fortwährend erneuert wird, damit ihr ´Gott` immer besser kennen lernt und seinem Bild ähnlich werdet.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Kolosser 3,9–10

Es gibt ja Menschen, die denken, dass sie jeden Morgen die „neue Persönlichkeit“ anziehen müssen – und abends wohl die „neuen Kleider“ wieder ausziehen … 😉

Bei anderen gilt die Regel „Denken >> Reden >> Handeln“ – und um immer „gut zu sein“ wird das eigene Reden und das eigene Denken beobachtet – und ganz ganz doll versucht, „die neue Persönlichkeit anzuziehen“.

Da wir alle Sünder sind, müssen wir uns in Bezug auf unsere Einstellung und unseren Lebenswandel ändern, wenn wir die Persönlichkeit unseres Gottes widerspiegeln wollen. Wir müssen uns mit „der neuen Persönlichkeit“ kleiden (Kolosser 3:5-14). Durch Rat erkennen wir leichter, wo wir uns noch ändern müssen, und durch Schulung lernen wir, wie das möglich ist. Die Unterweisung, die wir brauchen, kommt hauptsächlich aus der Bibel selbst (2 Timotheus 3:16, 17).

Den allein wahren Gott anbeten

Ihr habt … ausgezogen … angezogen Der „Wechsel der Kleidung“ bei den Gläubigen steht für den Wechsel von ihrer gefallenen Identität in Adam (den alten Menschen) zu ihrer neuen Identität in Christus, den „neuen Menschen“ (Eph 2,15; 4,22–24).
3,10 den neuen, von Gott erschaffenen Menschen In Christus, den zweiten Adam (1.Kor 15,20–28.45–49), sind die Gläubigen verwandelt und erneuert worden nach dem Vorbild Christi. Jede der Eigenschaften, die Paulus in Vers 12 aufzählt, kann auf allgemeine Weise auf Gottes Wesen oder auf besondere Weise auf Christi Charakter zurückgeführt werden. Das zeigt auf, wie buchstäblich Paulus die Vorstellung nahm, dass die Gläubigen zum „Bild“ ihres Schöpfers werden.

Reformations-Studien-Bibel

„Bild seines Schöpfers“ ist nach dem Verfasser des Kol Christus; in ihm wird dem Menschen die (durch Adams Ungehorsam verloren gegangene) Gottebenbildlichkeit neu geschenkt.

Herder-Übersetzung mit Kommentar und Erläuterungen

denn ihr habt das alte Selbst abgelegt … und das neue Selbst angezogen. (Zu „Selbst“ als Wiedergabe von „Mensch“ [ESV-Fußnote] siehe Anmerkung zu Eph. 4:22.) Paulus greift hier auf, was er zuvor über die Beschneidung der Christen durch Christus gesagt hat, indem er „den Leib des Fleisches“ ablegte (siehe Kol. 2:11). Hier verwendet er die Metapher des „Ausziehens“ und „Anziehens“ der Kleidung. Die aoristische Zeitform der beiden Partizipien deutet darauf hin, dass es sich um ein Ereignis handelt, das bereits stattgefunden hat. Eine qualitative Veränderung der Identität hat im Leben der Gläubigen bereits stattgefunden. Jetzt müssen sie nur noch ihr Verhalten mit ihrer neuen Identität in Einklang bringen (siehe auch Röm. 6,6; Eph. 4,24). Erneuert werden (Präsens) zeigt, dass die Verwandlung der Christen ein fortlaufender Prozess ist.

Die ESV Studienbibel

deine alte sündige Natur … deine neue Natur: Paulus stellt die alte und die neue Identität gegenüber (siehe auch Röm 5,12-21; 6,6; Eph 4,22-24). Gläubige legen ihr altes Leben ab und ziehen das neue Leben Christi an. Sie erlauben ihm, Herr zu sein und die Art und Weise, wie sie leben, zu bestimmen.

Neue Lebendige Übersetzung Studienbibel

Die Analogien zwischen dem alten Menschen und unseren alten sündigen Verhaltensweisen und dem neuen Menschen und unserem neuen Leben in Jesus Christus sind eine Parallele zu Paulus‘ Ausführungen in Römer 6 über das Sterben für die Sünde und das Leben für Christus. Die beiden Worte alter Mensch und neuer Mensch beziehen sich nicht auf die fleischliche und geistliche Natur des Christen. Stattdessen bezeichnet Paulus unser früheres unerlöstes Leben als den alten Menschen und unser Leben als Gottes Kind als den neuen Menschen. Der neue Mensch trägt das Bild der neuen Schöpfung in Christus, während der alte Mensch das Bild unserer gefallenen Natur trägt. Der alte Mensch steht unter einem alten Herrn, Satan, während der neue Mensch einen neuen Herrn hat, den Geist Gottes, der in ihm lebt.

Die Nelson Studienbibel

lm Kolosserbrief überschneidet sich unsere Fülle mit den neuen Kämpfen, die auftreten, wenn wir Christen werden. In Kolosser 3,5-11 fügt Paulus hinzu: „5 Tötet daher eure Glieder, die auf Erden sind: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und die Habsucht, die Götzendienst ist; 6 um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams; 7 unter ihnen seid auch ihr einstgewandelt, als ihr in diesen Dingen lebtet. 8 jetzt aber legt auch ihr das alles ab — Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, hässliche Redensarten aus eurem Mund. 9 Lügt einander nicht an, da ihr ja den alten Menschen ausgezogen habt mit seinen Handlungen 10 und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis, nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat; 11 wo nicht Grieche noch Jude ist, weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit, noch Barbar, Skythe, Knecht, Freier — sondern alles und in allen Christus“ (Ko! 3,5-11).

Nichts wird beschönigt bezüglich des Krieges, der im Leben als Christ wütet. Es wimmelt von Anfechtungen und Versuchungen. aber wir reagieren auf sie aus einem neuen Blickwinkel. J.C. Ryle erfasst das aktive Vertrauen auf Christus. das für unsere Heiligung nötig ist. Heiligkeit muss mit Christus beginnen. Zuerst müssen wir ihm gehören.
„Möchten Sie heilig sein? Möchten Sie eine neue Kreatur werden? Dann müssen Sie bei Christus beginnen. Sie werden einfach überhaupt nichts und keinerlei Fortschritte machen, bis Sie nicht Ihre Sünde und Schwachheit spüren und zu ihm fliehen. Er ist die Wurzel und der Anfang aller Heiligkeit, und um heilig zu sein. muss man im Glauben zu ihm kommen und mit ihm verbunden sein Die Menschen versuchen oft, zuallererst aus eigener Kraft heilig zu werden, und machen ein trauriges Geschäft daraus. Sie plagen sich und mühen sich und beginnen immer wieder von Neuem und verändern sich ständig, und doch geht es ihnen wie der Frau mit dem Blutfluss, bevor sie zu Christus kam, sie spüren keine Besserung, sondern dass es ‚noch schlimmer‘ mit ihnen geworden ist (siehe Mk 5,26). Sie laufen vergeblich und arbeiten vergeblich, und das ist kein Wunder, denn sie beginnen am falschen Ende. Sie bauen eine Mauer aus Sand; ihr Werk fällt so schnell zusammen. wie sie es aufbauen. Sie schöpfen Wasser aus einem undichten Gefäß; das Loch holt sie ein, nicht sie das Loch Trail! drückt es drastisch, aber richtig aus: ‚Weisheit außerhalb von Christus ist verfluchte Torheit; Gerechtigkeit außerhalb von Christus ist Schuld und Verdammnis; Heiligung außerhalb von Christus ist Schmutz und Sünde; Erlösung außerhalb von Christus ist Knechtschaft und Sklaverei.‘
Möchten Sie Heiligkeit erreichen? Spüren Sie heute ein echtes, herzliches Verlangen, heilig zu sein? Möchten Sie Teilhaber an der himmlischen Schöpfung sein? Dann gehen Sie zu Christus! Warten Sie auf nichts. Warten Sie auf niemanden. Zögern Sie nicht. Glauben Sie nicht, Sie könnten sich selbst dafür bereitmachen. Gehen Sie und sagen Sie es ihm mit den Worten dieses wunderschönen Liedes: ‚Nichts in meiner Hand ich bringen kann, ich schmieg nur an dein Kreuz mich an; nackt und bloß, —— o kleid mich doch! Hilflos. ach -— erbarm dich doch!‘ Wir werden keinen einzigen Stein in dem Werk unserer Heiligung legen. bis wir zu Christus gehen.“ (J.C. Ryle, Seid heilig! Der Schlüssel zum erfüllten Leben, 3L Verlag GmbH, Friedberg 2005, S. 99—100)

Timothey S. Lane – Alles anders – aber wie?

Die Parallelstelle in Epheser zu dieser Ermahnung » belüget einander nicht « gibt den Grund an, warum wir uns der Ehrlichkeit befleißigen sollten: » Denn wir sind Glieder voneinander « (Eph 4,25). Jemand hat dazu treffend gesagt: Verlogenheit verletzt die Brüderlichkeit. « Der Sinn der Ermahnung ist klar: Sie sollten sich jede Art Unwahrheit abgewöhnen. Wahrheit ist ein Instinkt der neuen Natur des Christen. Wer bezeugt, ein Nachfolger dessen zu sein, der die Wahrheit heißt (Joh 14,6), muß sich vor Betrug mit Mund oder Tat hüten. Unter- wie auch Übertreibungen müssen um jeden Preis vermieden werden. Lügen ist wohl eine Sünde der Zunge, aber man kann auch mit seinem Gebaren hinters Licht führen. Josephs Brüder beließen ihren Vater im Glauben, sein Sohn sei tot, indem sie ihm das blutdurchtränkte Gewand zeigten. » Da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen « habt, ist nach Paulus der Grund, warum sie keineswegs die Gewohnheit zu lügen tolerieren durften. Daß die neue Gemeinschaft besteht und wir Glieder voneinander sind, ist die Grundlage der Ermahnung in Eph 4,25; hier aber wird gesagt, eine alte Beziehung sei abgebrochen worden: der » alte Mensch « ist ein für allemal abgelegt worden. Es kann kein Zweifel bestehen, daß für Paulus lügen wie alles übrige hier Gesagte Wesenszüge des alten Menschen sind und der alte Mensch mit seinen Wesenszügen verträgt sich nicht mit dem neuen Menschen.
    Das Verb » ablegen « , apekdyomai, beschäftigte uns schon in 2,15 und das dazugehörige Hauptwort in 2,11. Das Ablegen muß hier als gleich radikal angesehen werden wie dort (2,15). Man schwächt die Kraft des Ausdrucks ab, wenn man-wie es einige tun-sagt, der » alte Mensch « sei die » alte Natur « . Man kann nicht von einer radikalen, das Leben verändernden Erfahrung sprechen, wenn man das, was man » abgelegt « hat, in mancherlei Beziehung noch » an « sich hat. Es gibt drei Stellen, in denen der » alte Mensch « vorkommt, nämlich: Röm 6,6, Eph 4,22 und hier. Keiner dieser Abschnitte fordert uns auf, den alten Menschen zu kreuzigen oder abzulegen, nicht einmal Eph 4,22. JND gibt den Sinn dieser Stelle so an: » Da ihr den alten Menschen abgelegt habt « , was eine angemessene Berücksichtigung des Aorists bedeutet. Bei Paulus hat palaios immer einen negativen Sinn. In 1.Kor 5 spricht er vom » alten Sauerteig « ; in 2.Kor 3 vom » alten Bund « und vom » alten Menschen « in Röm 6,6; Eph 4,22 und hier. Das Wort » Mensch « , anthropos kommt 546 mal vor im NT und wird immer so übersetzt. Von daher gibt es keinen Anlaß, den » alten Menschen « als die » alte Natur « zu verstehen oder als sonst etwas Inwendiges. Dieser Punkt muß klar verstanden werden: Es geht beim » alten Menschen « um alles, was wir haben durch unsere Verbindung mit der adamitischen Menschheit. Das Kreuz hat alles gerichtet, was wir der Stellung und der Beziehung zu Adam nach sind, ein für allemal, so daß wir gemäß dem richterlichen Urteil Gottes nicht mehr in gesetzlicher Knechtschaft durch Schuld im juristischen Sinn sind. wir bekennen dies im Augenblick, da wir zum Glauben kommen und bezeugen es öffentlich in der Taufe, so daß die Handlung uns zugerechnet wird: » da ihr den alten Menschen abgelegt habt. «
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in der Wendung » und den neuen angezogen habt « ist endysamenoi das Aoristpartizip des Verb endyo (» sich bekleiden «). Der Herr verwendet es in Luk 24,29 für den Heiligen Geist, wo Er von der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und solchen, die Ihn aufnehmen, spricht. Das Wort kommt auch in der LXX mit ähnlicher Bedeutung vor (Ri 5, 34). Der Gläubige wird als jemand angesehen, der in der Taufe Christus angezogen hat (Gal 3,27). Es wird von ihm gesagt, er habe den neuen Menschen angezogen (Eph 4,24 und hier), und weiter unten wird er aufgefordert, Güte und Erbarmen anzuziehen. Paulus drückt in Röm 13 ,14 den gleichen Gedanken aus: » Zieht den Herrn Jesus Christus an « . Als der Gläubige ein Krieger Gottes wurde (2.Tim 2,4), wurde er in passende Rüstung eingekleidet, welche, da er sie einmal angezogen hat, immer getragen werden muß (Röm 13,12; 2.Kor 6,7; Eph 6,11; 1.Thess 5,8). Wenn der Herr kommt, um die Seinen aus der Welt zu holen, werden die Lebenden Unsterblichkeit und die Toten Unverweslichkeit anziehen (1.Kor 15,53.54; 2.Kor 5,3). Wir sind wie verlorene Söhne, die zum Vater in Buße zurückgekehrt sind, in die besten Gewänder eingekleidet worden.
    Der Text in Kolosser hat das Wort » Mensch « nicht, weshalb auch Elbf. lediglich sagt » und den neuen angezogen habt « . Aber » Mensch « ist natürlich gemeint und wird deshalb von verschiedenen Übersetzungen zu recht ergänzt. Ein Vergleich zwischen diesem Abschnitt und Eph 4 wird nützliche Ähnlichkeiten zeigen, aber auch Unterschiede, so die verschiedenen griechischen Wörter für » neu « . In Kolosser haben wir neos, neu in Bezug auf sich selbst. In Eph 4 ist das Wort kainos, neu in Bezug auf andere Dinge. Die Unterscheidung bewährt sich hier eigentlich nicht, denn die Bedeutung wird beide Male durch das Antonym palaios, » alt « , bestimmt. Zudem geht die in Epheser genannte Erneuerung der Erwähnung des neuen Menschen voraus, während hier die Erneuerung nachher genannt wird. Schaut man wieder in den Text, stellt man fest, daß das Wort für Erneuerung in Eph 4,23 die verbale Ableitung von neos ist, wo es vom Adjektiv kainos befolgt wird, während in unserem Abschnitt das Adjektiv neos von der verbalen Ableitung von kainos befolgt wird. wie wir auch die verschiedene Bedeutung zu definieren suchen, Paulus will ganz offensichtlich beide Male auf die gleiche Grundbedeutung hinaus.
    Den neuen Menschen angezogen zu haben, bedeutet, daß der Gläubige von allem getrennt worden ist, was er in Adam war, dem gemeinschaftlichen Haupt der alten Menschheit, und jetzt Teil hat an der neuen Menschheit, dessen Haupt der letzte Adam, Christus, ist.
    Er ist eine neue Schöpfung, wie Paulus in 2.Kor 5,17 sagt, das richtig ausgelegt die beste Erklärung unseres vorliegenden Abschnittes ist. In » der erneuert wird zur Erkenntnis « bezieht sich das Relativpronomen (ton) auf den vorhergenannten » neuen Menschen « , sodaß die hier genannte Erneuerung nicht im Gläubigen persönlich vor sich geht, sondern vielmehr vom Wirken Gottes spricht, der die gesamte neue Menschheitsordnung zu voller Erkenntnis führt. Das Endergebnis übersteigt bei weitem die alte Herrlichkeit im Garten Eden. So wunderbar dort alles war, besaß der Mensch dort nicht volle Erkenntnis. Als Adam sie gegen Gottes Gebot begehrte, fiel er und damit seine ganze Nachkommenschaft. Der letzte Adam vertritt eine neue Menschheit, welche zur vollen Erkenntnis des Vorsatzes Gottes geführt wird. Der Prozeß ist beständig, wie die Zeitform des Verbums nahelegt. Das Subjekt ist nicht der Gläubige, sondern der neue Mensch, und das Muster ist » das Bild dessen, der ihn erschaffen hat « . In Titus 3,5 spricht Paulus von der » Erneuerung durch den Heiligen Geist « , der anfänglichen Operation. Das beginnt mit der Bekehrung, der Wiedergeburt. Die Erneuerung ist geistlich. Das ergibt sich ganz deutlich aus dem Kontrast von 2.Kor 4,16 zwischen dem » äußeren Menschen « , dem leiblichen, und dem » inneren Menschen « , dem geistlichen. Das dort hinzugefügte » von Tag zu Tag « unterstreicht das Fortwährende des Prozesses. Die persönliche Erneuerung betrifft die Gesinnung (Röm 12,2), wie auch Paulus in Eph 4,23 bestätigt: » Indem ihr erneuert werdet in dem Geiste eurer Gesinnung « .
    » Nach dem Bilde dessen, der ihn erschaffen hat « ist eine Anspielung auf 1 Mose 1,26.27, welches freilich kaum der entscheidende Text zur korrekten Auslegung des Ausdrucks sein dürfte. Hätten wir den Ausdruck von 1,15 nicht, müßten wir freilich 1 Mose die Auslegung bestimmen lassen. Nun aber wirft 1,15 sein Licht auf diese Worte und es wird klar, daß die beständige Erneuerung des neuen Menschen gemäß der Gleichheit Christi ist, welcher das Bild des unsichtbaren Gottes ist. Durch einen Akt göttlicher Macht hat Gott eine neue Schöpfung ins Dasein gerufen, eine neue Menschheit. Er bewirkt auch dessen beständige Erneuerung gemäß dem Haupt, Christus. Paulus zeigt in Eph 4,7-16, daß das höchste und letzte gemeinschaftliche Ziel Christus ist.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Das ist der »alte Mensch«, der Mensch, der in die Linie Adams hineingeboren und hineinverflochten ist, der sich »in seinen Werken«, seinen »Taten« ausdrückt, die eben diese Sündenverfallenheit widerspiegeln. »Ihr habt ihn ausgezogen«, wieder ist »ausziehen« und »endgültig wegtun« gemeint (vgl. zu Kol 2,11.15). Der Christ ist nicht mehr Teil der sündenverfallenen Menschheit von Adam her, sondern er lebt in der Neuschöpfung, unter dem Haupt Christus. Das ist seine Wirklichkeit. Zwar zeigt der Christ noch manche Sünde; der Vers vorher spricht die Kolosser ja nicht theoretisch an, sondern zeigt deutlich, was in der Gemeinde immer wieder vorkommt. Aber es ist nicht mehr das folgerichtige »Tun« des sündenverflochtenen Menschen. Es sind Angriffe, die der Satan erfolgreich vorträgt, Versuchungen, denen sie erliegen. Trotzdem gilt: »Ihr habt den alten Menschen ausgezogen.« So ist die neue Gemeinschaft in Wahrheit und Liebe möglich untereinander. Vom Haupt Christus her ist wahre Gemeinschaft, ein Umgang miteinander, der wahr ist. »Belügt einander nicht« meint mehr als einzelne Lügen. Das ist schon schlimm, denn jede Form der Unwahrhaftigkeit zerstört das Vertrauen und schädigt die Liebe. »Lüge« meint auch die Verstellung voreinander, wo ich dem andern etwas vorspiele, was ich gar nicht bin. Dass wir voreinander die »Lebenslüge« aufgeben, uns einander zeigen, wie wir sind, einander an Freuden und Leiden, an Dank und Versagen teilhaben lassen, das ist die christliche Wahrhaftigkeit; die Durchsichtigkeit füreinander. Denn wir haben durch Christi Kreuz den »alten Menschen«, den, der ganz in sich verschlossen war, abgelegt.

Kolosser 3,10 :
Christen haben den »neuen« Menschen »angezogen«, am gefülltesten verstanden: Sie haben Christus angezogen (vgl. Jes 52,1; 61,10; Lk 15,22: Röm 13,14; Gal 3,27; Eph 4,24; 6,11; Offb 3,18), sind eingegliedert, eingeleibt in Christus. Christus hat uns neu erschaffen; die Neuschöpfung ist an uns geschehen, das betont der Ausdruck »der ihn geschaffen hat«. Es ist ganz und gar Christi Tat, und wir können deshalb ganz und gar mittun und »anziehen«. Dieser »neue« Mensch wächst, »wird erneuert zur Erkenntnis«, schreitet in dieser Christusgemeinschaft fort von einer Erkenntnis zur andern. »Erkenntnis« ist dabei wieder viel umfassender als verstandesmäßiges Erfassen, so sehr das der Glaube auch beinhaltet; »Erkenntnis« meint biblisch das immer mehr Hineinwachsen in den Christus, seinem »Ebenbild« gleich zu werden (vgl. Kol 1,15). Der »neue« Mensch – »neu« trägt hier die Betonung des zeitlich Neuen – wächst und entfaltet sich in immer deutlicherer Christusähnlichkeit, bis er ihm »gleich sein wird« (1Joh 3,2; vgl. auch Mt 12,50; Joh 20,17; Apg 13,43; Phil 3,21; Kol 1,18; 1Petr 1,2): Dort liegt der tiefste Grund, warum wir »ablegen, ausziehen« können und dürfen: weil der Christus uns »erneuert«, weiterwachsen lässt und uns sein Wesen aufprägt.

Gerhard Maier – Edition C

Die Beziehung und das gegenseitige Wissen von Jesus und dem Vater sind einzigartig

Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand erkennt, wer der Sohn ist, als nur der Vater; und wer der Vater ist, als nur der Sohn, und wem irgend der Sohn ihn offenbaren will.
Elberfelder 1871 – Lukas 10,22

Mein Vater hat mir Vollmacht über alles gegeben. Niemand außer dem Vater kennt den Sohn wirklich, und niemand kennt den Vater außer dem Sohn und jenen, denen der Sohn den Vater offenbaren will.«
Neues Leben – Bibel 2006 – Lukas 10:22

„Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden und so begreift niemand außer dem Vater, wer der Sohn ist, und außer dem Sohn und dem der Sohn es wohl zu enthüllen wünscht, wer der Vater ist.“
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – Lukas 10,22

Dieses „alles“, das dem Sohn übergeben ist, wird hier nicht im einzelnen aufgezählt. Johannes aber, der so schlicht vom Sohn schreibt, der uns gegeben worden ist (3,16), spricht von vielen Dingen, die der Vater in Seine Hände gegeben hatte (3,35). Nicht nur das Werk der Schöpfung (1,3) und das Werk der Erlösung (17,4), sondern auch alles Gericht wurde Ihm übergeben (5,22); und „Gleichwie der Vater Leben in sich selbst hat, also hat er auch dem Sohne gegeben, Leben zu haben in sich selbst“ (5,26). Die Werke, die Er tat, waren Ihm vom Vater gegeben (5,36), und alle, die an Ihn glauben, sind eine Gabe des Vaters an Ihn (6,37.39). Sie werden „die Schafe“ genannt, die der Vater Ihm gegeben hatte (10,29), und Er nennt sie die „Menschen, die du mir aus der Welt gegeben hast“ (17,6). Der Vater gab Ihm die Worte, die Er den Seinigen gab (17,8), und die Herrlichkeit gar, welche der Vater Ihm gab, gibt Er ihnen, wiewohl Er auch Seine eigene Herrlichkeit beim Vater besitzt. Und Er bittet, daß die Seinigen diese Herrlichkeit sehen möchten (17,24). Das „alles“, das Ihm vom Vater „übergeben“ war, reicht von den Uranfängen her bis in alle kommenden Ewigkeiten.
 Nirgends kommt Lukas in seinem Evangelium dem Thema des Johannesevangeliums so nahe, wie in diesem Abschnitt. Wir sehen hier den Herrn wie in Joh 17, wie Er zum Vater spricht, wie Er sich an den Kindlein freut, die Sein Heil kennen, und wie Er sich als den bezeichnet, der den Vater offenbart wie in Joh 1,18.
 Der Sohn hat den Vater geoffenbart, Er ist der Weg zum Vater, offenbart die Wahrheit über den Vater und gibt den Seinigen Leben vom Vater (Joh 14,6). Aber es gibt auch einen einzigartigen Sinn, in dem nur der Vater den Sohn erkennt. Es sind Herrlichkeiten in Seiner gesegneten Person, die nur der Vater schätzen kann. Wenn wir Ihn sehen werden, wie Er ist (1Jo 3,2), wird Er Seine Schönheit und Herrlichkeit nicht vor uns verbergen, aber sie übersteigen unser Fassungsvermögen so vollständig, daß wir, wiewohl wir in alle Ewigkeit immer tiefer in Seine Erkenntnis eindringen werden, nie an einen Punkt gelangen werden, an dem wir nicht noch weitere unvergängliche Herrlichkeiten Seiner Person schauen würden. Wir haben hier eine so herrliche Person vor uns, deren Größe und Pracht nie genug gerühmt werden kann. Die erhabensten Gedanken, die wir je über Ihn gehegt haben mögen, und die schönsten Worte, die wir je über Ihn haben sprechen können, vermögen die Wunder Seiner herrlichen Person nie auszuschöpfen.
  O Vater! Einer ist’s vor allen,
 Auf Ihn blickst Du mit Wohlgefallen,
 Auf den geliebten, eig’nen Sohn.
 Wie in dem Schoß der Ewigkeiten,
 So war Er’s in der Füll‘ der Zeiten,
 Und jetzt als Mensch auf Deinem Thron.
 In Ihm sind Deine Wesenheiten,
 Dein Abdruck ist Er und Dein Bild,
 der Abglanz Deiner Herrlichkeiten;
 Er ist’s, der Dein Verlangen stillt.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

In V. 21 war von der Offenbarung an die Jünger die Rede. Jetzt aber, in V. 22, wird klargestellt, dass es diese Offenbarung nur durch Jesus gibt. Was Jesus später in Joh 14,6 sagt (»niemand kommt zum Vater denn durch mich«), das liegt bereits in Lk 10,22; Mt 11,27 vor.

»Alles«, so beginnt diese Aussage Jesu, »alles ist mir übergeben von meinem Vater«. Er ist also der vollständige Offenbarer. Seine Offenbarung kann später weder aufgehoben noch ergänzt werden (vgl. Heb 1,1ff.). Für die Juden war diese Aussage insofern verständlich, als sie die vollkommene Tora, die Weisung, vom Messias erwarteten.

Dass Jesus dieser vollständige Offenbarer sein kann, hängt mit der einzigartigen Sohnesverbindung zusammen, in der er zum Vater steht: »Niemand weiß, wer der Sohn ist, als nur der Vater; und wer der Vater ist, als nur der Sohn«. Letzteres leuchtet unmittelbar ein, da ja der Gottes – »Sohn« Jesus vom Himmel herabkam. Er war in Ewigkeit bei Gott, wie Joh 1,1ff sagt. Er hat als Einziger unter den Menschen Gott gesehen. Deshalb ist seine Verkündigung von Gott einzigartig (Joh 1,18). Aber wie steht es mit dem ersten Teil der Aussage, dass nämlich »niemand weiß, wer der Sohn ist, als nur der Vater«? Auch da muss man sagen, dass die göttliche Würde des Sohnes »nur« dem »Vater« im Vollsinn bekannt sein kann. Denn wenn »der Sohn« von Ewigkeit her beim Vater war (Joh 1,1ff.), dann kann keiner der sterblichen Menschen »wissen«, wer er vom Ursprung her eigentlich ist (vgl. Joh 3,12ff.). Wir Menschen erfahren es nur von Jesus selbst bzw. durch den Heiligen Geist (vgl. Joh 14,6ff.; Joh 16,7ff.; Joh 17,8ff.; Mt 16,17; 1 Kor 2,6ff.).
Nun fehlt uns noch der letzte Teil von V. 22: »… und wem es der Sohn offenbaren will«. Diese Worte bestätigen unsere vorige Auslegung. Denn sie stellen klar, dass es in V. 21 und V. 22 um das Thema »Offenbarung« geht. Das ist der Unterschied zu Mt 28,18, wo das Thema »Weltherrschaft« im Mittelpunkt steht. Sie stellen weiterhin klar, dass nur Jesus letztgültig sagen kann, wer der »Vater« und wer der »Sohn«, wer die dreieinige Gottheit und was der göttliche Heilsplan ist. Er hat diese Aufschlüsse seiner Gemeinde geoffenbart. Die früheste Gemeinde hat sie dann im Neuen Testament niedergelegt. Wer also am NT vorübergeht, weiß nichts Endgültiges und nichts Vollständiges von Gott (Heb 1,1ff.).

Gerhard Maier – Edition C

In derselben Stunde freute er sich im [oder durch den] Heiligen Geist (Lukas 10:21a) und begann zu beten. Jeschua wies in seinem Gebet auf drei Dinge hin. Erstens erklärte er, warum einige glaubten und andere nicht (Lukas 10,21b). Der Grund für den Unglauben war, dass diese Dinge aufgrund ihrer Sünde vor ihnen verborgen geblieben waren. Obwohl sie weise und verständig waren, lehnten sie den Messias ab. Umgekehrt lag der Grund für den Glauben darin, dass diese Dinge denen offenbart worden waren, die als geistliche Säuglinge galten. Zweitens offenbarte Jeschua alles, was die Gläubigen über Gott den Vater wissen (Lukas 10:22). Keiner kennt den Vater wie der Sohn, und keiner kennt den Sohn wie den Vater. Was die Gläubigen über beide wissen können, kommt durch den Sohn. Drittens hatten diese Jünger einen einzigartigen Vorteil (Lukas 10:23-24). Viele Könige und Propheten der hebräischen Bibel wünschten sich, die Erfüllung dieser messianischen Tage zu sehen, aber sie starben, bevor Jeschua auf der Bildfläche erschienen war. Diese Jünger jedoch sahen den messianischen König. Sie bekamen einen einzigartigen Vorteil und wurden auf besondere Weise gesegnet, da sie die Prophezeiungen und die Wünsche der Propheten und Könige erfüllt sahen.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Da haben wir es wieder: keine Kirche, keine Gemeindschaft kann uns das vermitteln, was Jesus uns vermitteln kann. Dafür müssen wir „nur“ die Bibel unter Gebet lesen – und diese Beziehung aufrecht erhalten!

Mir sind alle Dinge übergeben worden: Das ist die Erklärung Jesu, dass er als Sohn Gottes absolute Autorität besitzt (siehe Johannes 10:18; 17:2). Eine ähnliche Aussage macht er in Mt 28,18. außer dem Vater . . . außer dem Sohn: Jesus erklärt seine einzigartige Beziehung zu Gott, dem Vater. Der Herr offenbart sich nur durch Jesus. Um Gott zu kennen, muss man seinen Sohn, Jesus, kennen.

Die Nelson Studienbibel

Der Vater und der Sohn haben eine innige Beziehung zueinander. Jesus kam auf die Erde, um den Vater einer verlorenen Welt zu offenbaren (siehe Johannes 1,1-18).

New Living Translation Study Bible

Die Beziehung und das gegenseitige Wissen von Jesus und dem Vater sind einzigartig: Nur der Vater kennt den Sohn vollkommen und befähigt andere, das wahre Wesen des Sohnes anzuerkennen (Mt 16,17). Nur der Sohn kann den Vater in Übereinstimmung mit seiner souveränen Gnadenwahl bekannt machen (Joh 14,6–11; 17,6).

Reformations-Studien-Bibel

Hochmut kommt vor dem Fall, ein weiser Mensch ist bescheiden.

Kommt Übermut, so kommt auch Schande; bei den Bescheidenen aber ist Weisheit.
Elberfelder 1871 – Sprüche 11,2

Wo Anmaßung ist, folgt Unehre,
aber bei den Bescheidenen ist Weisheit.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Sprüche 11:2

Wo Hochmut eintritt, dort (tritt) auch Schande (ein),
der Mund der Demütigen aber meditiert (- sinngemäß wohl »Er prägt sich durch beständiges, murmelndes Wiederholen Weisheitssprüche ein«. -) Weisheit.
Septuaginta Deutsch – Sprüche 11,2

Während der Gesetzeslehrer das ganze Gesetz kennen und vermitteln kann, kann der Weise immer nur weitergeben, was er persönlich gelernt hat. Er wird immer gerne die Erfahrungen anderer hinzuziehen. „Die Weisheit ist bei den Bescheidenen“ (Spr 11,2). Bescheidenheit macht sich gerade bemerkbar, indem man gerne andere zu Rate zieht und ihr Urteil einbezieht und sich nicht für allwissend hält.

Schirrmacher – Das Gesetz der Freiheit: Die Differenzierung von Gottes Willen

Das erste Membrum enthält eine schöne Lautmalerei. Die hebr. Wörter für Übermut und Schande lauten sadon und qalon. Dieser Gleichklang wird unterstützt durch das zweimalige kommt. Dadurch erscheint der Zusammenhang zwischen Vergehen und Strafe nicht in zeitlicher Folge, sondern fast als Gleichzeitigkeit. Die beiden Dinge kommen Hand in Hand. Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Es ist unmöglich, nur das eine für sich allein einzuladen. Aber vielleicht braucht man den Übermut gar nicht einzuladen. Das könnte durch kommt angedeutet sein. Plötzlich ist er da, plötzlich kommt er über uns. Wir hatten nur ein kleines Erfolgserlebnis. Wir haben uns nur über etwas gefreut. Und schon werden wir übermütig. Ist das denn so schlimm, daß wir uns gleich in Schande bringen? Der Weise erkennt an dem Übermut die Unbeherrschtheit. Er kann Weisheit nur den Beherrschten zuerkennen. Unter »Beherrschung« versteht er nicht nur das gefaßte Ertragen von Leid, sondern auch, daß überschäumendes Glück unter Kontrolle gehalten wird.

Wuppertaler Studienbibel

V. 2 – zâdôn ist abgeleitet vom verb zûd/zîd, »aufwallen«, »übermütig, zügellos sein« (2Mo 18,11; Jer 50,29). Im Kausativstamm (Hifil) wird es verwendet für »kochen, sieden«, d. h. »Wasser aufwallen machen« (1Mo 25,29). Wenn es sich auf das Aufwallen des Gemüts bezieht, bedeutet es »vermessen, frevelhaft handeln« (2Mo 21,14; 5Mo 1,43; 17,13; 18,20; Neh 9,10.16.29).

Wer sich über alles Recht und Maß hinwegsetzt, ist ein Übermütiger, und sein Tun wird am Ende seine Schande sein. Der Demütige bildet sich nicht ein, größer oder klüger zu sein, als er ist. Demut ist ein echtes Kind der Weisheit, denn der Weise fürchtet Gott, und wer Gott fürchtet, kann weder mehr fordern, als recht ist, noch sich für größer halten, als er ist.
Der »Übermut«, zâdôn (auch in 13,10 und 21,24), oder »Vermessenheit« (5Mo 17,12), vom Verb zîd/zûd, eigentlich »kochen, sieden« (1Mo 25,29 [»überwallen«]) und von daher auch »übermütig sein« (2Mo 18,11) oder gar »frevelhaft handeln« (5Mo 1,43; 17,13). Übermut ist so etwas wie ein Sieden oder Überwallen des Gemüts. Dazu gibt es das Adjektiv zêd, »übermütig, frech« (Spr 21,24; Ps 19,14; Jes 13,11). Im Übermut setzt man sich über von Gott gesetzte Grenzen hinweg oder verachtet Autoritäten (2Petr 2,10; Jud 8), man überhebt sich und maßt sich an, was man nicht ist (5Mo 18,22); man ist aufgeblasen (Hab 2,4), d. h., man täuscht Größe vor, die man nicht hat. Der Hochmütige hat wie eine Blase großen Umfang, aber er ist leer. Von den selbst ernannten übergroßen Aposteln sagt Paulus, dass sie falsche Waage und falsches Maß verwenden: »… indem sie sich an sich selbst messen und mit sich selbst vergleichen, sind die unverständig« (2Kor 10,12). Der Übermut verführt das Herz des Menschen (Jer 49,16; Ob 3), wo er sprosst, wächst gleichzeitig die göttliche Zuchtrute (Hes 7,10).
Auf den Übermut folgt »Schande«. Die Sünde des Übermuts wählt der Mensch selbst, die Folgen davon kann er nicht wählen; die verhängt Gott. Als der Mensch in Vermessenheit gegen Gott sündigte und Gott gleich sein wollte, kamen Scham und Schande auf ihn (1Mo 3,5–7). Die Sünde ist die Schande des Menschen, und wenn er sie nicht bekennt und sich von ihr befreien lässt, wird er einst auferstehen zur ewigen Schande (Dan 12,2).
Die »Demütigen« oder »Bescheidenen«, ṣânucîm – vom Verb ṣânac, das nur noch in Micha 6,8 belegt ist (»demütig wandeln«) –, bilden den Gegensatz zum Übermut der ersten Verszeile. Während Übermut Schande nach sich zieht, empfangen die Demütigen »Weisheit«. Der Sohn Gottes pries den Vater darüber, dass er die Weisheit zur Errettung den »Weisen und Verständigen« verbarg und sie den »Unmündigen« offenbarte, d. h. denen, die nichts von sich hielten und empfanden, dass sie es nötig hatten, dass Gott ihnen gebe, was sie nicht besaßen (Mt 11,25; vgl. Jak 1,5). Salomo selber, obwohl gekrönter König, hielt sich für einen »kleinen Knaben«, der nicht wisse, ein- und auszugehen, und in dieser Einsicht bat er Gott um Weisheit, und Gott gab sie ihm (1Kö 3,5–12; 2Chr 1,7–12).

Benedikt Peters – Das Buch der Sprüche

Wenn der Stolz kommt, dann, &c. Beispiele: Miriam (Num. 12:10); Usija (2. Chron. 26:16-21); Nebukadnezar (Dan. 4:30); Moab (Zeph. 2:8, 10); Ninive (Zeph. 2:15).
Aber mit den Niedrigen, &c. Veranschaulichungen: Josef (Gen. 41:16, 38, 39); Daniel (Dan. 2:20, 21. Vgl. Spr. 2:6).

The Companion Bible

Stolz ist unehrliche Selbstdarstellung, während Demut eine ehrliche Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen ist.

New Living Translation Study Bible

Leider fehlt es heute vielen Menschen, die Bibelkommentare herausgeben, nicht nur an Demut, sondern auch an Erfahrung! Es gibt schon wirklich triftige Gründe, warum ein Rabbi früher verheiratet sein mußte – und auch (wie Paulus auch für Christen festlegt) Kinder haben mußte.
Außerdem sollten sich christliche Lehrer und Kommentarschreiber nicht „mit fremden Federn schmücken“ – und den Mut haben, die Zitate richtig anzugeben – die Leser werden es genießen!