Schlagwort: Glauben

Gerechtigkeit ist nicht in erster Linie eine Sache zwischen Menschen, sondern zwischen einer Person und Gott

«HÜTET euch, daß ihr nicht eure Gerechtigkeit (- 5Mo 24,13; Ps 112,9; 2 Kor 9,9.10. -) vor den Menschen tut, um von ihnen betrachtet zu werden! Wenn im anderen Falle aber nicht, so habt ihr keinen Lohn bei euerm Vater, dem in den Himmeln!  
Abraham Meister – Matthäus 6,1

Habet acht, dass ihr eure Gerechtigkeit (- Kap. 6: Was [Mt 5,20] gesagt, wird weiter ausgeführt. Die Gerechtigkeit besteht in den Werken der Tugend -) nicht übet vor den Menschen, um von ihnen gesehen zu werden, sonst werdet ihr keinen Lohn haben bei eurem Vater, welcher im Himmel ist. (- Unsere guten Werke dürfen von den Menschen gesehen werden [Mt 5,16], aber ist dies unser Ziel, so verlieren wir den Lohn. Der Gedanke, dass Gott unser Vater ist, soll unseren Eifer anstacheln. Nunmehr geht Christus auf Einzelnes über: Almosen, Gebet, Fasten. Dies sind die drei gewöhnlichen äußeren Tugendakte und zugleich der dreifachen Quelle der Fehler entgegengesetzt (Thom.), Wie leicht bei denselben die Eitelkeit sich einschleicht, zeigt [Lk 18,11]. -)
Joseph Franz von Allioli – Matthäus 6:1

Richtet aber eure Aufmerksamkeit darauf, eure Gerechtigkeit nicht zu wirken vor den Menschen, in der Nebenabsicht, um ein Schaustück (Theater) für sie zu werden; wo aber je nicht, Lohn habt ihr dann keinen bei eurem Vater, Dem in den Himmeln.
Pfleiderer Übersetzung – Matthäus 6:1

Er tadelte zunächst ihre Art, Almosen zu geben. Gerechtigkeit ist nicht in erster Linie eine Sache zwischen Menschen, sondern zwischen einer Person und Gott. Daher sollte man seine Frömmigkeit nicht vor anderen zur Schau stellen, denn dann erhält man auch seinen Lohn nur von den Menschen (V. 1-2). Die Pharisäer machten aus ihren Gaben an die Armen eine große Show in den Synagogen und auf den Gassen und dachten, auf diese Weise unter Beweis zu stellen, was für gerechte Leute sie doch seien. Jesus jedoch sagte, wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, d. h., es sollte so verborgen geschehen, daß der Geber sofort wieder vergißt, was er gegeben hat.
Auf diese Art zeigt er wahre Gerechtigkeit vor Gott, nicht vor den Menschen, und Gott wird es ihm vergelten. Man kann nicht, wie die Pharisäer annahmen, von den Menschen und von Gott belohnt werden.

Walvoord Bibelkommentar

Dieser Vers stellt ein allgemeines Prinzip dar, das danach anhand von drei Beispielen veranschaulicht wird. Anstelle von »Almosen« (Elberf, Regv Elberf, AV) hat RV »Gerechtigkeit«. JND setzt »Almosen« in den Text, und »Gerechtigkeit« in die Fußnote, wo er einräumt, daß letzteres wahrscheinlich korrekt ist. Im Zusammenhang erkennen wir, daß der V.2 wenig sinnvoll ist, wenn bereits in V.1 »Almosen« steht. die Jünger müssen ihre Beweggründe zu ihren gerechten Handlungen hinterfragen. Geschehen sie vor Gott oder vor den Menschen? Jedes öffentliche Werk muß vom Diener selbst streng geprüft werden. Die Haltung des Paulus, daß er »nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott« (1 Thessalonicher 2,4) sein Werk tat, steht in krassem Gegensatz zu den Pharisäern, die »alle ihre Werke tun, um von den Menschen gesehen zu werden« (Matthäus 23,5)

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Dieser Vers ist die Grundaussage, die durch die daran anschließenden drei Beispiele einer in aller Stille, ohne großes Aufsehen geübten Frömmigkeit durch 6,2-18 veranschaulicht werden soll. Die Juden sollten gute Werke nicht um des Lohnes willen vollbringen, auch wenn solche Werke, wie Jesus hier bestätigt, am Tag des Gerichts belohnt werden. Beten, Fasten und Almosengeben waren grundlegende Elemente der jüdischen Frömmigkeit (* Tob 12,9). Die Rabbinen bedienten sich gern der Dreizahl in Aufzählungen (wenn es etwa um die Grundtugenden geht, auf denen die Welt fußt).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Wie bei dem Kodex der wahren Gerechtigkeit begann Jeschua seine Lehre über das Verhalten der wahren Gerechtigkeit mit einer Einleitung, in der er das Thema angab und dann konkrete Beispiele nannte. Das einleitende Prinzip lautet: Tut eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen, um von ihnen gesehen zu werden. Wenn man die äußeren Werke der Gerechtigkeit tut, sollte das Motiv sein, Gott zu gefallen und nicht, um Lob von Menschen zu erhalten. Diejenigen, die Lob von Menschen suchen, werden es erhalten, aber das ist alles, was sie bekommen werden; sie werden keine Belohnung vom Herrn haben.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Die Bibel fordert uns nirgends auf, für die Reichen und Mächtigen einzutreten, aus dem einfachen Grunde, dass diese das nicht nötig haben. Stattdessen sagt sie: „Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht all derer, die sonst niemand haben. […] verschaffe den Armen und Schwachen ihr Recht!“ (Sprüche 31,8-9). Und Jeremia sagt: „[…] errettet den Beraubten von des Frevlers Hand und bedrängt nicht die Fremdlinge, Waisen und Witwen und tut niemand Gewalt an und vergießt kein unschuldiges Blut an dieser Stätte“ (Jeremia 22,310). Die „Fremdlinge, Waisen und Witwen“ sind Menschen, die sich nicht so wehren können wie andere. Sacharja 7,9-10 nennt vier soziale Gruppen, die in der Antike besonders schutzbedürftig waren: Witwen, Waisen, Fremde und Arme. Sie sollten den Gläubigen besonders am Herzen liegen. In Sprüche 22,22-23 heißt es sinngemäß: Hüte dich davor, einen Armen auszunutzen, weil er sich nicht wehren kann! Und Psalm 41,2 erklärt: „Glücklich zu preisen ist, wer anderen Menschen in Not zur Seite steht!“ Das „zur Seite stehen“ meint eine dauerhafte, strategisch geplante und durchdachte Hilfe.
In der Bergpredigt ruft Jesus seine Jünger dazu auf, den Armen Almosen zu geben, und nennt dieses Almosengeben „Gerechtigkeit“ (dikaiosune, Matthäus 6,1). An anderen Stellen wird Jesus dadurch zum Fürsprecher der Armen, dass er die Pharisäer konfrontiert, „die am Geld hingen“ (Lukas 14,16), oder den Schriftgelehrten vorhält, dass sie „den Besitz der Witwen verschlingen“ (Lukas 20,47), also ihre prekäre finanzielle und rechtliche Lage ausnutzen.

Timothy Keller – Hoffnung in Zeiten der Angst

Bisher hat uns Jesus gezeigt, was wir einander schuldig sind, wie wir Menschen unsere Gemeinschaft miteinander nach Gottes Sinn ordnen, und er hat absichtlich nicht gleich von dem gesprochen, was wir Gott als unseren Dienst darbringen, sondern zuerst von dem, was wir einander zu gewähren haben. Denn darin, daß der Mensch von uns empfange, was wir ihm zu geben haben, zeigt uns Jesus das erste Hauptstück unseres Berufs. Wir dürfen aber unsere Liebe auch dem Vater geben und ihm unseren Dienst darbringen. Darin sah auch der Jude das größte und wirksamste Stück der Gerechtigkeit. War denn nicht sein eifriger und opferwilliger Gottesdienst stark genug, um ihm Gottes Wohlgefallen zu verschaffen? Mußte Jesus nicht seinetwegen ihn ehren und Gemeinschaft mit ihm halten? Wie viele hatten daran Tag um Tag ihr großes Anliegen, Gott zu ehren und sich vor ihm als gerecht zu erweisen! Allein auch ihrer Verehrung Gottes verweigert Jesus sein Lob und trennt seine Jünger auch von ihr. Er trennt sie wieder wie bei der Auslegung derjenigen Rechte, die uns Menschen miteinander vereinen, nicht nur von der jüdischen Sünde, sondern auch von der jüdischen Frömmigkeit, weil der Jude mit ihr sich selbst verherrlichte. Es lag ihm bei dem, was er Gottes wegen tat, nicht einzig an Gott, sondern beständig nicht weniger an den Menschen. Dadurch wurde aber aus seinem Gottesdienst eine Entehrung Gottes. Darum warnt Jesus seine Jünger 6,1: Gebt aber acht auf eure Gerechtigkeit, daß ihr sie nicht vor den Menschen tut, um von ihnen gesehen zu werden. Sonst habt ihr bei eurem Vater, der in den Himmeln ist, keinen Lohn. Wenn die Jünger das nicht verstehen lernten, mußten sie sich täglich an der stillen Weise Jesu stoßen; denn er tat nichts des Lobes der Menschen wegen; sie sollen wissen, warum er dies nicht bloß selbst so hält, sondern es auch von ihnen verlangt.
Die Sucht, um der Menschen willen fromm zu sein und den Lohn der Frömmigkeit sofort in ihrem Lob zu genießen, ist in Israel deswegen stark geworden, weil es durch seinen Gottesdienst zu einer eng verbundenen Gemeinschaft geworden war. Das Gesetz ging das gesamte Volk an und konnte nur dadurch geschehen, daß es alle taten. Was half es, wenn dieser oder jener Gott noch so eifrig diente? Damit war der Zweck des Gesetzes noch nicht erfüllt, weil das Gesetz eine Gemeinde verlangte, die Gott ganz gehorsam sei. Konnte denn Gottes Gnade sich offenbaren, solange es im Volke noch viele Übertreter des Gesetzes gab? Darum wurde aus der Frömmigkeit jedes einzelnen ein öffentliches Anliegen, um das sich jedermann kümmerte. Jedermann gab acht auf jedermann. Wer unfromm handelte, war überall verachtet; wer fromm war, genoß deswegen sofort hohe Ehren. So entstand zwar eine feste, enge Gemeinschaft, die jeden zur Frömmigkeit trieb; aber es wurde auch offenbar, wie gefährlich wir Menschen füreinander sind, daß aus der Gemeinschaft Knechtschaft werden kann und daß das Gesetz allein unfähig ist, uns fromm zu machen. Der Blick Israels schob sich weg von Gott zu den Menschen hin. Weil die Frömmigkeit sofort ihre Vergeltung im öffentlichen Urteil fand und jedermann nach seinem Gottesdienst gemessen wurde, wurde der Mensch das Ziel und die große Hauptsache des Gottesdienstes, und Gott wurde die geringe Nebensache. Alles wurde Schein, und damit wich auch die Kraft und der Gewinn aus ihrem Gottesdienst. Denn dafür, daß sie sich selber ehren und erhöhen, gibt ihnen Gott keinen Lohn.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

In V. 1 steht im Urtext das Wort »Gerechtigkeit«. Es wird hier im umfassenden Sinn gebraucht, im Sinne von Rechtes tun, Gerechtes tun! – Während in 5,22 »Gerechtigkeit« gesehen wurde von der Stellung zum mosaischen Gesetz (siehe dort), ist hier Gerechtigkeit gesehen als »Tätigkeit«, als »Frucht« jener in 5,22 genannten Gerechtigkeit, kurz als »das neue Leben«.
In V. 2 steht im Urtext nicht: »Gerechtigkeit« (Wohltätigkeit) üben, sondern »Almosen geben«. Über die Bedeutung dieses Wortes nachher in V. 2.
Wie ist das Wort »Lohn« zu verstehen? Der Ausdruck »Lohn« kommt in diesen Versen viermal vor, immer wieder in derselben Redewendung, die gegen die Pharisäer gerichtet ist: »Sie haben ihren Lohn empfangen.« – Wir fragen, was will hier das Wort vom »Lohn«? Alles Trachten nach dem lohnenden Beifall der Menschen war doch soeben schärfstens abgelehnt?
Wir antworten: »Der Lohn Gottes« ist etwas ganz anderes als der Lohn, der hier als etwas Verwerfliches abgelehnt wird.
Lohn ist hier nicht im Sinne von »Entlohnung« zu verstehen, so wie es eine Entlohnung gibt zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Bezahlung für eine geleistete Arbeit. Nein, so ist Lohn hier nicht zu verstehen, nicht Entlohnung auf Grund eines Vertragsverhältnisses oder eines Anstellungsverhältnisses, sondern im Sinne eines Familien Verhältnisses von Vater und Kind. Lohn ist als »Anerkennung« anzusehen, die der Vater seinem fleißigen Kinde schenkt. Lohn ist, so gesehen, »Gabe«, »Geschenk«, »Güte«, Einlösung von Versprechungen, Darreichung gegebener Verheißungen. Kurz: »Himmlischer Lohn« ist die Umarmung des himmlischen Vaters, ist »Schenkung ewiger Herrlichkeiten«. (Wie sollte Er uns mit Seinem Sohn nicht alles schenken?) – Solch »himmlischer Lohn« steht in keinem Vergleich zu unserem irdischen »Gutes tun«, weil er alles Denken über alle Maßen unendlich übersteigt, also nie und nimmer irgendwie eine Gegenleistung für unser irdisches Tun im »neuen Leben« sein kann. Lukas 17,10 spricht der Herr: »Wenn ihr alles getan, was euch befohlen ist, dann sprechet: Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig sind.«
An dem Gleichnis von den »anvertrauten Pfunden« (Mt 25,14–30; vgl. Lk 19,12–27) wird ebenfalls deutlich, daß nicht der Gedanke an irgendwelche Entlohnung, sondern der Gedanke der Gnade das Hauptmotiv ist! – Wilhelm Löhe sagt in dem bekannten Wort »Was will ich? Dienen will ich!«:
»Wem will ich dienen? Dem Herrn in seinen Elenden und Armen. Und was ist mein Lohn? Mein Lohn ist, daß ich darf.«
Luther sagt in seinen Predigten über Mt 5–7 zum Lohngedanken: »Gott will uns feste machen durch solch ›Lohn‹. Will dir die Welt nicht danken und nimmt dir Ehr, Gut, Leib und Leben drüber, dann halte dich an mich und tröste dich des, daß ich noch einen Himmel habe und so viel drinnen, daß ich dir’s wohl vergelten kann und vielmals mehr, denn man dir jetzt nehmen kann … daß du das Himmelreich offenbarlich hast und Christum, den du jetzt im Glauben hast, dann sichtiglich anschauest, in ewiger Herrlichkeit und Freude.«
Nach der Lehre der Rabbiner zeigt der Jude seine Gottesliebe durch drei Leistungen:
a) Wohltätigkeit; b) Gebet; c) Fasten.
Diese drei Leistungen kommen zu den jüdischen gottesdienstlichen Leistungen noch hinzu.
In die Sprache von heute übersetzt könnten wir sagen: Hier werden drei Äußerungen des »Neuen Lebens« gekennzeichnet. Durch drei Gesichtspunkte sind diese Auswirkungen des neuen Lebens charakterisiert.
1. Gesichtspunkt: Der Blick nach außen bewirkt den Dienst (»Almosen«) unserer Hand dem Nächsten gegenüber.
2. Gesichtspunkt: Der Blick nach oben bewirkt den Dienst (»Gebet«) unseres Mundes Gott gegenüber.
3. Gesichtspunkt: Der Blick nach innen bewirkt den Dienst (»Fasten«) unserer Seele ihren inneren Kämpfen gegenüber.
Eine Dreiheit ist’s! Nach außen, nach oben, nach innen.
Jesus sagt nicht: »Seid nicht wohltätig, betet nicht, fastet nicht«, sondern er meint: Wenn ihr Wohltätigkeit übt, wenn ihr betet, wenn ihr fastet, dann macht das nicht so, wie die Pharisäer das zu tun pflegen. Denn so wie sie es tun, ist’s verwerflich!
Wir fragen: Wie haben denn die Pharisäer das getan? Antwort: Sie wollten von den Menschen angestaunt werden, von denselben Menschen, die sie sonst verachteten, von denen wollten sie nunmehr bewundert werden.

Wuppertaler Studienbibel

Inhaltlich und in der Form ist Mt 5, 1 eine Art Überschrift zu Mt 6, 2-18 . Er redet noch nicht vom Almosen, sondern von der »Gerechtigkeit«. Die Wendung »Gerechtigkeit (Luthertext: Frömmigkeit) tun« zeigt aber, dass der Begriff hier enger gefasst werden muss wie in Mt 5,6; 5,20 . Dort war er die Freiheit von Schuld. Jetzt bedeutet »Gerechtigkeit« das Handeln nach außen entsprechend unserer Verbindung mit Gott.
Unser »Gerechtigkeitstun« in diesem Sinne soll nicht geschehen »vor den Leuten, um ihnen ein Schauspiel zu bieten«. Denn in diesem Fall wollen wir Eindruck auf Menschen machen. Für das »gesehen werden« des Luthertextes steht griechisch ein Wort, das mit Theater aufs engste verwandt ist. Wir produzieren uns also vor Menschen, im Theater der Gesellschaft. Von daher bleibt völlig klar, dass wir öffentlich handeln können – und oft sogar müssen! -, sofern wir nicht die Öffentlichkeit zum Selbstruhm suchen. Abgesehen von der Herzensprüfung, die uns Jesus hier aufträgt, ist es nützlich zu überlegen, inwieweit die Bekanntmachung von Gaben im Gottesdienst oder die Pressearbeit kirchlicher Werke, der Diakonie und sonstiger Art versuchlich sind. Der Selbstruhm ist eine im irdischen Leben nie ganz versiegende Quelle. Sobald wir die Schleuse ein wenig öffnen, überschwemmt sie uns.
»Andernfalls habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.« Diese Aussage deutet schon an, was Mt 6, 2 , 5, 16 am Ende bringt. Auf jeden Fall will uns der »Vater« vergelten, was wir ihm hier an Freude bereiten. Noch einmal sei bemerkt, dass der »Lohn« kein Abrechnungslohn ist, sondern eine unser irdisches Tun weit übertreffende und unverdiente positive Vergeltung! Wir haben auf Lohn kein Recht, werden aber über alles Verstehen hinaus mit einer Belohnung beschenkt. Die Entsprechung zwischen Vater und Kind besteht nicht nur im Tun, sondern auch im Teilhaben an den göttlichen Reichtümern. Sodann wird von jetzt ab »Vater« die ständige Gottesbezeichnung für die Jünger, während der Name »Gott« zurücktritt. Im Lebensumgang der wahren Frömmigkeit überstrahlt also der »Vater« den »Gott« der Lehre

Edition C

Der Generalsatz lautet: Gebt acht auf eure Frömmigkeit, dass ihr sie nicht vor den Menschen praktiziert, um ihnen ein Schauspiel zu bieten (V. 1). προσέχειν [prosechein] heißt hier achtgeben, „aufpassen“. Bauer-Aland und Blass-Debrunner-Rehkopf schlagen an unsrer Stelle „sich hüten, dass“ vor. Diese Akzentuierung ist wohl etwas scharf, ändert aber kaum etwas am Sinn.
Entscheidend wird für V. 1 der Sinn des griech. δικαιοσύνη [dikaiosynē], hinter dem hebr. צְדָקָה [zᵉdāqāh] zu vermuten ist. Die übliche Übersetzung „Gerechtigkeit“ trifft hier offenbar nur teilweise das, was Jesus meint. Bauer-Aland und Gottlob Schrenk ziehen deshalb die Übersetzung „Frömmigkeitsübung“, „Frömmigkeit“ vor. Andere bleiben bei „Gerechtigkeit“. Inhaltlich geht es um die Erfüllung des Gotteswillens im Alltag. Weil der Begriff „Gerechtigkeit“ dabei doch eher Missverständnisse produziert, haben wir mit Frömmigkeit übersetzt.
Achtgeben sollen die Jünger, dass sie die praxis pietatis, das praktizierte (ποιεῖν [poiein]!) Frömmigkeitsleben, nicht mit falschen Motivationen und Verhaltensweisen verknüpfen. Explizit warnt Jesus davor, dass sie vor den Menschen ein Schauspiel bieten oder „in Erscheinung treten“ wollen. Frömmigkeit soll nicht zur Schau werden! Bis heute ist diese Mahnung wichtig. Frömmigkeit bleibt ein „Handeln vor und für Gott“. All das ändert freilich nichts daran, dass man den heutigen europäischen Christen die Feigheit vor dem Bekenntnis nehmen muss. Vgl. noch Mt 23,5.
Jesus nennt sofort die Konsequenz eines solchen „sich zur Schau Stellens“: Andernfalls habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. Darin steckt zweierlei: Erstens kann ein solches öffentliches Praktizieren durchaus einen Lohn bei den Menschen zur Folge haben, zweitens gibt es aber im Reich Gottes und nach der Auferstehung keinen Lohn mehr. Der Jünger muss sich zwischen diesen zwei Optionen entscheiden. Euer Vater im Himmel nimmt die Formulierung von 5,45 auf. Vgl. die Erklärung dort.
Auch die späteren Rabbinen unterstrichen übrigens, dass die Frommen nach Mi 6,8 „bescheiden wandeln“ sollten „vor Gott“. Sie sahen hier deutlich: „Alles hängt von der Intensität des Herzens ab.“
Hier stoßen wir erneut auf die Problematik des Lohn-Gedankens (μισθός [misthos]), mit dem sich vor allem Karl Bornhäuser intensiv beschäftigt hat. Er möchte die „Belohnung“ im Vater-Sohn-Verhältnis streng unterscheiden von der „Entlohung“ im Arbeitsverhältnis. Auf Letztere besteht ein Anspruch, auf Erstere nicht. Erstere ist ein Geschenk, Letztere ein Rechtstitel. Bornhäuser kann sich dabei auf Röm 4,4 berufen, wo der „Lohn nach Gnade“ (ὁ μισθὸς κατὰ χάριν [ho misthos kata charin]) dem „Lohn nach Schuldigkeit“ (ὁ μισθὸς κατὰ ὀφείλημα [ho misthos kata opheilēma]) gegenübergestellt wird. Damit hat er die richtige Spur gelegt. Er wies bei gleicher Gelegenheit auch auf die beiden verschiedenen Lohn-Auffassungen in Pirqe Abot I, 3.13 einerseits und II, 15.16 andererseits hin.

Maier – Historisch-Theologische Auslegung Neues Testament

Jesus oder eine org oder etwa doch ein jüdischer Mann?

So spricht der Ewige der Scharen: In jenen Tagen, da ergreifen zehn Männer aus allen Zungen der Völker, ergreifen den Zipfel eines jehudäischen Mannes und sprechen: ,Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, Gott ist mit euch!’»
Neftali-Herz-Tur-Sinai – Sacharja 8,23

So hat ER der Umscharte gesprochen:
In jenen Tagen ists,
da werden fassen zehn Männer
von allen Stämmewelt-Zungen,
anfassen den Rockzipfel eines jüdischen Mannes,
sprechend:
Mit euch wollen wir gehn,
denn, wir habens gehört,
Gott ist mit euch.
Buber & Rosenzweig – Sacharja 8,23

Dies ist, was Jehova der Heerscharen gesprochen hat: ‚Es wird noch sein, daß Völker und die Bewohner vieler Städte kommen werden; und die Bewohner einer [Stadt] werden gewiß zu [denen] einer anderen gehen und sagen: „Laßt uns allen Ernstes hingehen, um das Angesicht Jehovas zu besänftigen und Jehova der Heerscharen zu suchen. Ich selbst will auch gehen.“ Und viele Völker und mächtige Nationen werden tatsächlich kommen, um Jehova der Heerscharen in Jerusalem zu suchen und das Angesicht Jehovas zu besänftigen.‘
Dies ist, was Jehova der Heerscharen gesprochen hat: ‚Es wird in jenen Tagen sein, daß zehn Männer aus allen Sprachen der Nationen ergreifen, ja sie werden tatsächlich den Rocksaum eines Mannes ergreifen, der ein Jude ist, indem [sie] sagen: „Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, [daß] Gott mit euch ist.“ ‘ “
neue Welt Übersetzung – Bi12 – Sacharja 8:20–23

Eine spannende Prophezeiung – nicht wahr? Nun stellt sich die Frage: ist die Bibel von Jehovah inspiriert? Ist der allmächtige Gott „einfach nur unfähig“ sich richtig auszudrücken? Warum läßt ER nicht schreiben „eines symbolisch jüdischen Mannes“ – oder einfacher nur „eines Mannes“ – oder „eines amerikanischen Mannes“?

Schauen wir uns ein paar Kommentare an:

In der kommenden Segenszeit werden die Völker der ganzen Erde sich den Juden wegen ihrer besonderen Beziehung zum Herrn anschließen. Sie werden erkennen, daß Gott mit Israel ist und daß Israel sein Volk ist (V. 8 ). Viele Völker werden im Tausendjährigen Reich nach Jerusalem kommen und den Herrn anbeten (vgl. Sach 14,16-19; Jes 2,3 ).

Walvoord Bibelkommentar

Barth baut auf dem auf, was der Apostel Paulus kurz nach Jesu Auferstehung schrieb. Paulus betont, dass Christen diejenigen sind, die die Kühnheit haben, die Anrede Jesu an Gott auf ihre Lippen zu nehmen. Wir „werden als Kinder adoptiert“, schreibt Paulus den Galatern. „Und weil ihr Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der ruft: ‚Abba! Vater!‘ “ (Gal 4,5-6). “ (Gal 4,5-6). Später, in seinem eindringlichen Brief an die Römer, schreibt Paulus Ähnliches: „Wenn wir schreien: ‚Abba! Vater!‘, dann ist es eben dieser Geist, der mit unserem Geist bezeugt, dass wir Kinder Gottes sind“ (8,15-16).
Wir sind sozusagen Mitläufer und profitieren von der Nähe, die Jesus zu seinem Vater genießt. Wie der Prophet Sacharja schon vor langer Zeit prophezeite, werden Menschen „aus allen Völkern und Sprachen einen Juden ergreifen und sagen: ‚Lasst uns mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist'“ (8:23).
In der Tat, Gott ist mit Jesus, und wir ergreifen das Kleid unseres älteren Bruders und bitten ihn, uns mit zum Vater zu nehmen. Und er tut es.

Das Vaterunser: „Unser Vater im Himmel“: Mit Jesus zu Gott beten

In der Endzeit werden die Völker nach Jerusalem hinaufziehen, um den HERRN zu suchen.

Der Einzug der Heiden nach Jerusalem erfüllt sich in den missionarischen Bemühungen der Kirche, das Evangelium zu allen Menschen zu bringen.

A Catholic Introduction to the Bible: Das Alte Testament

8:23 „Wenn diese Zeit kommt, werden zehn Männer … den Mantel eines Juden ergreifen.“ Das ist eine bekannte Aussage über die Zukunft: Anstatt dass jüdische Menschen aus den Ländern der Welt vertrieben werden, werden die Menschen sagen: „Wir wollen mit euch [nach Jeruschalajim] gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“

BEZIEHUNGEN ZWISCHEN JUDEN UND NICHTJUDEN
Fransen des Segens und der Erneuerung
Sacharja 8,23 In seinem Sacharja-Kommentar stellte sich der alte jüdische Weise Raschi vor, dass die zehn Männer, auf die in Sacharja 8,23 Bezug genommen wird, aus den siebzig Nationen der bekannten Welt stammen und somit siebenhundert an jeder Ecke des in Sacharja 8,23 erwähnten vierzackigen Gewandes (oder Mantels) stehen. Es werden also zweitausendachthundert (70 × 10 × 4) sein, die Gott durch das Volk Isra’el suchen werden. Das erinnert uns daran, dass sowohl in der Zeit des Messias als auch in der „kommenden Welt“ (‚olam haba) die Nichtjuden die „Fransen“ an den Ecken der Gewänder der Menschen von Isra’el ergreifen werden, denn genau wie beim Baum des Lebens in Offenbarung 22:2 werden die nichtjüdischen Gläubigen wissen, dass die Rettung und Wiederherstellung von den Juden kommt (Johannes 4:22).
Es geht nicht darum, dass die Heiden Isra’el als Gottes Auserwählte ersetzt haben, sondern darum, dass in den letzten Tagen durch die Offenbarung des Jüdischen der guten Nachricht, die dem Leib des Messias bekannt gemacht wurde, Menschen aus allen Nationen nach Jeruschalajim hinaufziehen und den Herrn der Heerscharen suchen werden, und dass Jeruschalajim der Ort der Anbetung sein wird (Jes. 66:20; Hes. 40-44; Mich. 4:1-2). An jenem Tag werden die Nationen die Juden ergreifen, weil sie das Jüdische der guten Nachricht erkennen und darum bitten, nach Jeruschalajim aufgenommen zu werden – mit anderen Worten, dem Gott Israels näher gebracht zu werden.
Mehr zum Thema „Jüdisch-jüdische Beziehungen“ findest du in Rut 1,16-17.

The Complete Jewish Study Bible: Notes

Die Veränderung in Jerusalem

Wenn diese Veränderungen eintreten, wird der Herr von Jerusalem aus regieren. Scharen von Heiden werden eifrig nach Jerusalem reisen, um zu beten und den Herrn der Heerscharen zu suchen. Es wird eine großartige und glorreiche Zeit sein.
Die Heiden werden während des Millenniums nach Jerusalem gezogen, weil Gott dem jüdischen Volk eine besondere Gunst erweist. Gott hat eine große Zukunft für Israel vor Augen, und die Heiden werden versuchen, auf jede erdenkliche Weise mit dem jüdischen Volk verbunden zu sein, weil sie glauben, dass sie dadurch auch etwas von Gottes Segen abbekommen. „In jenen Tagen werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker den Rock des Juden ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist“ (8,23).
Heute erhebt der Antisemitismus weiterhin sein hässliches Haupt. Seine eigentliche Quelle ist natürlich Satan, der versucht, die Erfüllung von Gottes Verheißungen des zukünftigen Segens für Israel zu verhindern. Wenn Christus regiert, wird Israel das Haupt der Nationen sein und die Rückkehr von Gottes Gunst erleben. Das jüdische Volk wird verehrt und nicht geschmäht werden.
Dieser neue Zustand bringt uns zum Höhepunkt von allem, was der Herr in Sacharja Kapitel 1 in Bewegung gesetzt hat. Der neue Staat wird Israels einzigartige Beziehung zum Herrn selbst und zu den heidnischen Nationen des Millenniums verkörpern.

Zechariah: Israels Bote des Triumphes des Messias

GOTT IST MIT DIR (8:23)
Das bringt uns zum letzten Orakel des Kapitels:
In diesen letzten Tagen wird Israel seiner Berufung gerecht werden, ein Königreich von Priestern zu sein (2. Mose 19,6) und als Vermittler die Völker der Welt zum Herrn zu bringen. In diesem Vers wird dargestellt, wie sie eine Pilgerreise nach Jerusalem anführen – jeder Jude führt zehn Heiden an. Diese Völker, die in der Vergangenheit Gott und seinem Volk so feindlich gesinnt waren, kommen jetzt unter der Führung seines Volkes bereitwillig nach Jerusalem. Warum? Weil sie sagen: „Wir haben gehört, dass Gott mit euch ist“. Die Verheißung, dass Gott nach Jerusalem zurückkehrt (1:16) und „in ihrer Mitte wohnen wird“ (2:10, wörtliche Übersetzung), hat sich auf so offensichtliche Weise verwirklicht, dass sie selbst für weit entfernte Fremde offensichtlich ist. In der Endzeit wird Gottes Volk ein Kanal sein, durch den die Nationen den Segen des Gottes Israels finden können.

Zecharja: Der Herr kehrt zurück

Die Schaffung von Frieden ist ein wesentlicher Bestandteil der biblischen Eschatologie und wird oft mit einer davidischen Gestalt in Verbindung gebracht, die als „Friedefürst“ bezeichnet wird, dessen Herrschaft das Ende von militärischer Macht und Gewalt mit sich bringt (siehe Jes 9,6-7) oder dessen Herrschaft sich bis an die Enden der Erde erstreckt (Mich 5,4 [NRSV 5,3]; vgl. Ps 72,7-8). Auch das Buch Jona, wenn man es dieser Zeit zuordnet, ist mit seiner gütigen Haltung gegenüber Ninive und seinen Bewohnern eine ebenso deutliche Aussage zum Thema Frieden wie jede andere. Mit der Verkündigung des „Friedens an die Völker“ bringt der Zweite Sacharja ein wichtiges Thema der prophetischen Eschatologie zum Ausdruck, das den Höhepunkt des Ersten Sacharja (8,18-23) bildet: Nach Sacharja 8,19 werden die anderen Völker der Welt Jahwes Souveränität erst dann anerkennen, wenn „Wahrheit und Frieden“ in Jehud etabliert sind. Auch im zweiten Sacharja kann es ohne „Gerechtigkeit“ (siehe HINWEIS in 9,9) keinen Frieden geben.
Die Aussage, dass sich die Herrschaft des gerechten Herrschers „von Meer zu Meer“ und „vom Strom bis an die Enden der Erde“ erstrecken wird, beinhaltet eine universalistische Sprache, die fast identisch mit der von Ps 72,8 ist. Der Text ist genau derselbe, bis auf das Verb, das im Psalter rdh heißt, also „herrschen über“. In diesem Text heißt es jedoch mšl, „herrschen über“, ein Verb, das ausschließlich bei David, Salomo und Hiskia verwendet wird, den größten Königen Israels, deren Reiche über die traditionellen Grenzen Judas hinausreichten. Diese subtile Verschiebung im Text unterstreicht die Erwartung, dass der zukünftige Davidide wie seine berühmtesten Vorgänger Jahwes Souveränität weit über Israel hinaus ausdehnen wird. Auch wenn die Wiederherstellung von Israels Territorium (V. 1-8) und Volk (V. 11-17) mit Gewalt verbunden sein mag, verkündet dieser Schluss des Kernstücks des Orakels, dass dadurch Frieden geschaffen werden wird.
Diese beiden Verse sind im besten Sinne eklektisch. Der Autor hat sich an der Sprache und den Bildern der früheren Propheten und der Psalmen orientiert und damit die Autorität dieser Materialien deutlich gemacht. Dennoch hat er die traditionelle Sprache und Bildsprache an seine eigene Botschaft im nachexilischen Zeitalter angepasst. Der zweite Sacharja oder diejenigen, die für die Zusammenstellung der Kapitel 9-14 in ihrer jetzigen kanonischen Form verantwortlich sind, haben ein Werk geschaffen, das sich im Mainstream der biblischen Prophetie befindet und gleichzeitig am Ende dieser Linie steht. Als rein poetische Aussage ist es die allerletzte derartige Darstellung. Die Überarbeitung älterer Materialien, insbesondere prophetischer Materialien, war ein Zeichen dafür, dass die Autorität dieser Äußerungen groß genug war, um die prophetische Kreativität zu beeinflussen. Als eine der letzten Aussagen der prophetischen Dichtung ist sie sicherlich eine der schönsten. Die Verse 9-10 sind ein beredtes Zeugnis für das prophetische Genie jener Zeit.

Zecharja 9-14: eine neue Übersetzung mit Einleitung und Kommentar

Ver. 23: Zehn Männer. Die Zahl zehn wird für eine große unbestimmte Zahl verwendet (vgl. 1. Mose 31,7; 2. Mose 26,26; 1. Sam. 1,8). Aus allen Sprachen (den Sprachen) der Völker. Die Vielfalt der Sprachen soll die Einheit im Glauben nicht behindern (vgl. Jes 66,18; Offb 5,9; 7,9). Sie werden den Rock des Juden ergreifen. Das Ergreifen des Rocks impliziert den Wunsch, die Vorrechte zu teilen und mit ihm in Gemeinschaft zu sein (vgl. Jes 4,1; Hag 2,12). Der heilige Kyrill meint, dass sich die Heiden an die Juden klammern sollen wie Kinder an das Kleid ihrer Väter, um Halt und Führung zu bekommen. Der heilige Hieronymus erkennt in „dem Mann, der ein Jude ist“ den Messias. Wir werden mit dir gehen. Das Bild, das sich uns in diesem Vers aufdrängt, ist das eines Juden, der aus einem fernen Land nach Jerusalem reist, um ein feierliches Fest zu begehen, und um den sich eine Reihe von Heiden scharen, die ihn um Erlaubnis bitten, ihn auf seiner Reise zu begleiten, weil sie erfahren haben, wie gut der Herr zu seinen Landsleuten war. Aber das angestrebte Ideal ist viel mehr als das. Das Heil kommt zwar von den Juden; es wurde von Jerusalem aus verkündet; es wurde von den jüdischen Aposteln gepredigt; sein Begründer war aus dem Samen Davids. Aber die wahren Israeliten sind nicht nur diejenigen, die zur natürlichen Nachkommenschaft Abrahams gehören, sondern alle wahren Christen, die unter Christus, dem Haupt, vereint sind. Zu ihnen müssen sich alle gesellen, die gerettet werden wollen (vgl. Röm. 4:11; Gal. 3:7, 29; 4:26 usw.).

The Pulpit Commentary

Ein schönes Zukunftsbild. In Kap. 20 sahen wir, wie Abraham Zuflucht bei Abimelech suchte. Hier aber kommt Abimelech mit einem Anliegen zu Abraham. Was war inzwischen geschehen? In Abrahams Haus war der Erbe geboren, so ruhte nun sein Haus auf Gnade. Ismael war ausgetrieben, dafür aber war der Sohn der Verheißung im Haus. Der traurige Fehler, daß Abraham seine Ehe geleugnet hatte, war bereinigt. So wird es dereinst mit dem Volke Israel sein. Heute leugnet es seine Beziehungen zu seinem König, Christus, und darum ist es vertrieben worden aus seinem eigenen Lande. Wenn aber Israel frei den anerkennen wird, der sich mit ihm wie durch einen Ehebund verbunden hat – denn Israel wird das Weib Jehovas genannt -, dann wird der Segen Gottes wieder auf diesem Volke ruhen und allen anderen Völkern sichtbar sein. Wie einst Abimelech, der Heide, zu Abraham kam, so wird Israel einmal die gesuchteste Nation der Erde sein, alle Nationen wollen sich dann mit diesem Volke verbünden (Sacharja 8,23).

G. R. Brinke – Abraham der Freund Gottes – Ein Lebensbild in Skizzen

Sacharja 8:1-23
„So spricht Jehova…“, bringt der Prophet unermüdlich zum Ausdruck (Verse 1,3,4,6,7,9,14,19,20,23). Wenn wir die Bibel lesen oder sie anderen gegenüber anführen, dann lasst uns nie aus den Augen verlieren, dass Gott es ist, der spricht.
Die armen Söhne Judas hören Verheißungen, die ihrem gegenwärtigen Zustand entsprechen, denn ihr Gott wird sie nicht vergessen (Sacharja bedeutet übrigens: Jehova gedenkt seiner). Das unbewohnte und verwüstete Jerusalem wird von neuem bevölkert und belebt werden (Nehemia 11,1.2). Und der erste, der dahin zurückkehrt, wird Jehova selbst sein (Vers 3; siehe Kapitel 1,16). Mit Ihm wird die Segnung wiederkommen, die Furcht wird entfliehen. Ist es nicht geistlicherweise ebenso in der Versammlung? Die Gegenwart des Herrn in der Mitte der Seinen gewährleistet alles, was sie nötig haben.
Lasst uns die Ermahnung des 16. Verses, die in Epheser 4,25 wiederholt wird, für uns nehmen: „Redet die Wahrheit, einer mit dem anderen.“ Und der Schluss des 19. Verses besteht darauf: „Liebet die Wahrheit.“
Jetzt kann Jehova den Abgeordneten von Bethel über die Fasttage Antwort geben (Kapitel 7,2.3): sie werden zur Wonne und zur Freude und zu fröhlichen Festzeiten werden (Vers 19; die Erfüllung von Psalm 122). Könnten sie trauern, sie, die sich der Gegenwart des Bräutigams in ihrer Mitte erfreuen? (vergleiche Matthäus 9,14.15).

Jean Koechlin – Ährenlese im Alten Testament Sacharja

Die Heiden werden erlöst werden (Sach. 8:20-23). Gott berief Abraham und gründete das Volk Israel, damit sein Volk den Heiden Zeugnis ablegen und sie zum Glauben an den wahren Gott führen würde (1. Mose 12,1-3). Indem Gott ein Volk auswählte, wollte er eine ganze Welt erreichen. Viele der großen Ereignisse in der jüdischen Geschichte, die in der Heiligen Schrift aufgezeichnet sind, hatten ein Zeugnis für „die ganze Welt“ zum Hintergrund: die Plagen in Ägypten (2. Mose 9,16), die Eroberung Kanaans (Jos. 4,23-24), Gottes Segen für das Volk (2. Mose 28,9-11) und sogar der Bau des Tempels (1. Könige 8,42-43). Als David Goliath tötete, verkündete er, dass Gott ihm den Sieg schenken würde, „damit alle Welt erfährt, dass es einen Gott in Israel gibt“ (1 Sam 17,46).

Aber Israel versagte in seiner Mission bei den Heiden. Anstatt dass die heidnischen Völker kamen, um den wahren Gott Israels anzubeten, verließen die Juden Jehova und beteten die falschen Götter der heidnischen Völker an. Der „Hof der Heiden“ im Tempel des Herodes wurde zu einem Markt, auf dem Juden, die aus anderen Ländern nach Jerusalem kamen, ihr Geld tauschen und anerkannte Opfer kaufen konnten. Bevor wir jedoch die Juden zu sehr kritisieren, sollten wir lieber die Erfolgsbilanz der Kirche untersuchen, wenn es darum geht, die Verlorenen im eigenen Land zu gewinnen und das Evangelium zu den Nationen im Ausland zu bringen.

Wenn der Messias sein Volk wiederherstellt und sein Reich aufrichtet, werden die Heiden dem wahren und lebendigen Gott vertrauen und nach Jerusalem kommen, um ihn anzubeten. Jesaja sah einen Strom von Heiden in die Stadt „strömen“ (Jes 2,1-5), und Micha verwendete dasselbe Bild (Micha 4,1-5). Sacharja beschreibt eine Szene, in der zehn Männer (ein hebräischer Ausdruck für „viele Männer“) einen Juden ergreifen und ihn bitten, mit ihm in den Tempel zu gehen!
Es ist eine wunderbare Sache, wenn Gott sein Volk so segnet, dass andere das wollen, was Gottes Volk hat. „Wir haben gehört, dass Gott mit euch ist“ (Sach 8,23). Das klingt wie das, was in unseren Ortsgemeinden geschehen sollte, wenn ein Ungläubiger unsere Anbetung des Herrn sieht. „Er wird von allen überzeugt werden, dass er ein Sünder ist, und er wird von allen gerichtet werden, und die Geheimnisse seines Herzens werden aufgedeckt werden. Dann wird er niederfallen und Gott anbeten und ausrufen: ‚Gott ist wirklich unter euch! (1. Korinther 14:24-25, NIV)
„Ich sage also“, schreibt Paulus, „hat Gott sein Volk verstoßen? Gewiss nicht!“ (Röm. 11:1, NKJV) Es gibt eine strahlende und gesegnete Zukunft für Gottes Volk Israel, auch wenn die Nation von den Heiden unterdrückt und verfolgt wurde, von denen einige behaupteten, Christen zu sein. Unser Vorrecht ist es, sie zu lieben, für sie zu beten und ihnen zu sagen, dass ihr Messias, Jesus Christus, gekommen ist und sie retten wird, wenn sie auf ihn vertrauen.(- Der heutige Widerstand gegen die jüdische Evangelisation ist eine subtile neue Form des Antisemitismus. Die christliche Kirche ist Israel so viel schuldig, und der beste Weg, diese Schuld zu begleichen, ist, das Evangelium mit dem jüdischen Volk zu teilen. Wenn es falsch ist, vor Juden Zeugnis abzulegen, dann war Jesus im Unrecht, und Petrus und Paulus ebenso. Jesus weinte über Jerusalem und Paulus war bereit, für ihre Bekehrung in die Hölle zu gehen (Röm. 9,1-3). Das sollte für uns Motivation genug sein, dem Volk, das uns die Bibel und den Erlöser geschenkt hat, liebevoll Zeugnis zu geben. -) Das Evangelium von Christus ist immer noch „die Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt, für den Juden zuerst und auch für den Griechen“ (Röm 1,16, NKJV).

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

In Römer 11:11 lesen wir, dass das Heil zu den Heiden gekommen ist, um das jüdische Volk zur Eifersucht zu reizen. Ich glaube, dass die messianischen Juden zuerst die Kirche zur Eifersucht reizen müssen, damit sie zu ihren jüdischen Wurzeln zurückkehren kann. Dann wird sie das Zeug dazu haben, das jüdische Volk zum Glauben an den Messias zu bewegen. Deshalb glauben wir, dass messianisch-jüdische Gläubige die Verantwortung tragen, ein Licht für die Kirche zu sein. Eines Tages werden zehn Heiden die Hand ausstrecken, um das Gewand eines Juden zu ergreifen (Sach 8,23) und sagen: „Lasst uns mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“ Es ist an der Zeit, dass die messianisch-jüdische Bewegung zu ihrer vollen Größe aufsteigt und das „Licht“ wird, zu dem wir berufen wurden.

David Silver – Out of Zion Ministries – Ein Licht für die Nichtjuden

Israel soll wieder versammelt werden, um das Land in Besitz zu nehmen (V. 14), und diese Wiederversammlung wird von Wundern begleitet sein (V. 15). Wenn die Heiden dies sehen, werden sie aufhören, den Juden Vorwürfe zu machen, und sie werden eine ehrfürchtige Furcht vor den Juden haben. Sie werden sich dann dem Gott Israels unterwerfen (V. 16-17).

Dass die endgültige Wiederherstellung Israels dazu führen wird, dass die Juden zum Mittelpunkt der heidnischen Aufmerksamkeit werden, wurde auch in Zephanja 3,20 offenbart:

Zu der Zeit will ich euch einführen und zu der Zeit will ich euch sammeln; denn ich will euch einen Namen und ein Lob machen unter allen Völkern der Erde, wenn ich eure Gefangenschaft vor euren Augen zurückbringe, spricht Jehova.

Schließlich erklärte der Prophet in Sacharja 8:23:
So spricht Jehova der Heerscharen: In jenen Tagen wird es geschehen, daß zehn Männer aus allen Sprachen der Völker den Rock des Juden ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört, daß Gott mit euch ist.

Wenn in der Vergangenheit zehn Heiden die Kleider des Juden ergriffen, dann geschah das aus anderen Gründen als um zu sagen: Lasst uns mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist. Zur Zeit der endgültigen Wiederherstellung werden den Juden keine Vorwürfe mehr gemacht werden. Stattdessen werden die Juden mit ehrfürchtigem Respekt behandelt werden, denn sie werden als die Diener Gottes bekannt sein.

Arnold Fruchtenbaum – Die Fußstapfen des Messias : eine Studie über die Abfolge der prophetischen Ereignisse

Schrecken über Israel
Sacharja 13,8-11 berichtet davon, dass 2h der Bevölkerung Israels in den schrecklichsten Auseinandersetzungen, unmittelbar vor dem «Tag des HERRN», ums Leben kommen wer-
den:
«Und es wird geschehen im ganzen Land, spricht der HERR: zwei Teile davon werden ausgerottet werden und verscheiden. Aber der dritte Teil davon wird übrig bleiben. Und ich werde den dritten Teil ins Feuer bringen, und ich werde sie läutern, wie man Silber läutert, und sie prüfen, wie man Gold prüft. Es (das übrig bleibende Volk Israel) wird meinen Namen anrufen, und ich werde ihm antworten. Ich werde sagen: Es ist mein Volk. Und es wird sagen: Der HERR ist mein Gott.»
Alle Menschen aus den nichtjüdischen Völkern, die Jesus Christus nicht als Retter annehmen, werden IHN als Richter kennen lernen müssen, indem sie unter den Fluch Gottes kommen werden. Dasselbe gilt auch für Menschen jüdischer Herkunft. Gott ist gerecht.
2/3 der Bevölkerung Israels werden wegen ihrer Ablehnung des Messias Jesus unter den Fluch kommen. V3 wird noch in der Zeit vor dem «Tag des HERRN» in Jesus von Nazareth den verheissenen Messias und Erlöser erkennen und in Reue über ihre Sünden zu Gott umkehren.
Bei diesem Drittel handelt es sich um den «Überrest» aus Israel, der in der Prophétie sehr oft erwähnt wird (vgl. 2. B. Jesaja 10,20-23; 37,31-32; Zephanja 2,7; Sacharja 8,1-23).
Es wird in der Zukunft in Israel zu einer gewaltigen geistlichen Erweckung kommen!

Roger Liebi – Israel und das Schicksal des Irak}

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Was Sacharja im 9. Prophetenspruch angekündigt hat, das wiederholt und vertieft er im 10. Prophetenspruch. In jenen Tagen, in der Endzeit, werden die Völker in einer bis dahin nie dagewesenen Weise nach Gott fragen. Und sie werden sich dabei am Volk Israel orientieren. Da werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker einen jüdischen Mann am Rockzipfel ergreifen. Das Wort erinnert an die Weissagung des Jesaja: »Ich komme, um alle Völker und Zungen zu versammeln, daß sie kommen und meine Herrlichkeit sehen« (Jes 66,18). Von überall her werden sie kommen mit der flehentlichen Bitte, daß ein jüdischer Mann sie ins Heiligtum Gottes mitnehmen möchte. Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, daß Gott mit euch ist. Wenn die Glieder des Volkes Israel den als ihren Herrn und Messias erkannt haben werden, der aus ihrer Mitte kam und von sich gesagt hat »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich« (Joh 14,6), dann werden sie selber zu Wegweisern für die Völker werden (vgl. 2Kor 3,14–16). Gottes Liebe, die Sacharja in seinem ersten Prophetenspruch bezeugt hat, mit der Gott für sein Volk Israel eifert, gilt allen Menschen, der ganzen Welt, soll alle Nationen erreichen (vgl. Joh 3,16). Einmal werden nicht nur einzelne aus den Völkern, sondern die Völker als ganze davon erfaßt und zu neuen Menschen, zu einer neuen Gesellschaft verwandelt werden.

Wuppertaler Studienbibel

Die Bekehrung der Welt und die Eroberung für den Herrn werden durch das bekehrte und wiederhergestellte Israel erfolgen. Verse 20-23 (Sach 8:20-23). Diese Verse sind oft vergeistigt worden. Wie viel Schaden wird angerichtet, wenn man solche Worte und Verheißungen aus ihrem Zusammenhang reißt und sie einer Zeit und einem Volk anpasst, für die sie nie gedacht waren. Kann Gott einer solchen Lehre seines Wortes seinen Segen geben? Wir glauben nicht. So spricht der Herr der Heerscharen: Es werden noch Völker kommen, die Bewohner vieler Städte. Und die Bewohner einer Stadt werden zu einer anderen gehen und sagen: Lasst uns eilends hingehen, um vor dem Herrn zu beten und den Herrn der Heerscharen zu suchen: Ich will auch hingehen. Und viele Völker und starke Nationen werden kommen, um den Herrn der Heerscharen in Jerusalem zu suchen und vor dem Herrn zu beten. Das hat die Welt noch nicht gesehen. Einzelne Menschen haben sich dem Herrn zugewandt, und die Seinen sind aus allen Völkern und Sprachen versammelt, aber ein solches Bild, wie es hier zu sehen ist, hat man noch nicht gesehen. Die Bekehrung von Völkern und starken Nationen liegt noch in der Zukunft. Sie wird nicht durch moderne Missionsanstrengungen erfolgen, die nicht allein in der Predigt bestehen, sondern, wie es heute geschieht, durch Erziehungsarbeit in heidnischen Ländern sowie durch andere humanitäre Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Waisenhäuser usw. Nationen können durch diese Bemühungen niemals bekehrt werden, noch hat Gott seiner Kirche Verheißungen gegeben, dass Nationen und die Welt durch die Predigt des Evangeliums der Gnade bekehrt werden sollen. Einzelne Menschen werden natürlich durch das treu gepredigte Wort bekehrt und werden bekehrt werden. So wird ein Volk für Seinen Namen hervorgebracht. Und damit stimmen die Worte der Propheten überein, wie geschrieben steht: „Danach will ich wiederkommen und die Hütte Davids, die eingestürzt ist, wieder aufbauen (Israels Zeit beginnt von neuem, in der Wiederherstellung und Wiedergeburt), und ich will ihre Trümmer wieder aufbauen und will sie aufrichten, damit die übrigen Menschen den Herrn suchen und alle Völker, über die mein Name angerufen ist, spricht der Herr, der das alles tut. (Apg 15,14-17.) Es ist traurig, dass die Christenheit eine solche Offenbarung des göttlichen Willens und der göttlichen Ordnung ignoriert und in ganz anderen Bahnen weitergeht. Wir leben jetzt in der Zeit der Berufung eines Volkes, der Kirche, des Leibes des Herrn Jesus Christus, der gebildet wird. Wenn dieser Leib vollendet ist, was nicht die Bekehrung der Welt bedeutet, wird der Herr für seine herausgerufenen Heiligen kommen und dann mit seinen Heiligen in Herrlichkeit. Darauf wird nach den Worten der Propheten, wie wir in diesen Studien so deutlich gesehen haben, der erneute Bau der Hütte Davids und alles, was damit zusammenhängt, folgen, und dann wird der Rest der Menschen, die Nationen, den Herrn suchen. Es ist auch zu beachten, dass diese Völker den Herrn der Heerscharen in Jerusalem suchen und dort vor ihm anbeten werden. Das bedeutet, dass Jerusalem das große Zentrum nicht nur der Weltregierung, sondern auch der Anbetung werden wird. Das letzte Kapitel im Buch Sacharja zeigt, wie die Völker am Laubhüttenfest nach Jerusalem kommen.
Der letzte Vers des achten Kapitels ist der bedeutendste von allen. So spricht der Herr der Heerscharen: In jenen Tagen werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker den Rock des Juden ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist. Dies zeigt deutlich, was so oft angezweifelt wird, nämlich dass der bekehrte und vom Geist erfüllte Jude das Werkzeug für die Bekehrung der Völker sein wird. Wenn sich heute ein armer Jude zeigt, selbst in einem so genannten christlichen (?) Land wie dem unseren, wird er gelegentlich von zehn oder mehr Männern verfolgt, die ihn verhöhnen und beschimpfen und ihn vielleicht sogar angreifen (was keineswegs selten vorkommt). Aber das alles wird sich am Tag der Herrlichkeit Israels ändern. Dann wird bekannt werden, dass Israel das gesegnete Volk ist, und zehn Männer aus allen Sprachen werden den Juden anflehen, ihn mitzunehmen an den gesegnetsten Ort der Erde, nach Jerusalem.
So endet eine der eindrucksvollsten Prophezeiungen über die Zukunft der Nachkommen Abrahams und des Landes Abrahams. Wie seltsam, dass sich so wenige Christenmenschen für das Studium dieser erhabenen Offenbarungen interessieren, die uns sagen, wie wahr und treu unser Gott ist, und die so klar und deutlich machen, dass die Bibel göttlich ist, das Wort Gottes. Möge Er uns, die wir diese Wahrheiten lieben, die wir Ihn und Sein Erscheinen lieben, der nicht nur unsere Hoffnung ist, sondern auch Israels Hoffnung, möge Er uns mehr und mehr lehren, Seine Gedanken und Absichten zu erkennen und unsere Freude daran zu finden.

A. C. Gaebelein – Studien in Sacharja

ja, dass waren heute viele verschiedene Kommentare – ähnliche Aussagen habe ich noch gefunden, aber eigentlich keine andere Ansichten, außer natürlich eine org. die sich selbst als diesen Juden betrachtet:

Aber schau dir die „Beweisführung“ an! Da wird einfach behauptet, dass der Name Jehovah nicht von „anderen Menschen“ benutzt werden würde! Doch wer nicht nur die Literatur dieser org liest, findet den Namen Jehovah auch bei anderen christlichen und natürlich auch bei jüdischen Menschen. Um zwei Beispiele zu nennen: Dr. Nehemia Gorden und der hier auch zitierte Dr. Arnold Fruchtenbaum. Der Name „ihres Gottes“ ist Israel bekannt – deshalb laßt uns beten, dass die Menschen dort ihr Vertrauen auf Jehovah anstatt auf politische Führer richten mögen! und dass dann der Messias erkannt wird – und auch gerufen wird!

die Wahl

Denn so spricht der Herr, Jehova, der Heilige Israels: Durch Umkehr und durch Ruhe würdet ihr gerettet werden; in Stillsein und in Vertrauen würde eure Stärke sein. Aber ihr habt nicht gewollt; und ihr sprachet: „Nein, sondern auf Rossen wollen wir fliegen“, darum werdet ihr fliehen; und: „Auf Rennern wollen wir reiten“, darum werden eure Verfolger rennen.
Elberfelder 1871 – Jesaja 30,15–16

Denn so spricht der Herr Jehovah, der Heilige Israels: Durch Rückkehr und Ruhe kann euch Heil werden. Durch Stillesein und Vertrauen wird euch Macht. Ihr aber habt es nicht gewollt, Ps 62,2; 37,7.
Und sagtet: Nein, zu Rosse wollen wir fliehen, darum sollt ihr fliehen; und auf dem Schnellen wollen wir reiten, darum sind schnell, die euch verfolgen. Jes 31,1; Hos 14,4; Mi 1,13.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Jesaja 30:15–16

Denn so sprach mein Oberherr, Jehova, Der Heilige Israels, bei reuiger Umkehr und ruhigem Ersinken werdet ihr in Siegheilsweite versetzt werden; in Stillehalten und in Vertrauen wird bestehen eure strenge Heidenkraft; aber nicht wurdet ihr willig.
Sondern ihr sprächet: „Nein; sondern auf Rossen wollen wir entfliehen; darum sollt ihr fliehen müssen, und auf leichtfüßigen Dromedaren wollen wir reiten;“ darum sollen leichtfüßig sein eure Verfolger.
Pfleiderer – Jesaja 30:15–16

Gerade in diesen Tagen, wi Israel mal wieder in einem Krieg mit seinen Nachbarn steckt, stellt sich die Frage, die auch zu Jesajas Zeiten schon interessant war: auf WEN vertraut Gottes Volk?
Und irgendwie ist es ja auch die Frage für uns: Vertrauen wir einer Kirche, Gemeinde, Organisation – oder vertrauen wir Jehovah direkt und allein? Wenn wir uns die Geschichte von Israel der Zeit Jesajas anschauen, merken wir schnell: nur wer einen direkten Draht zu Jehovah hatte, verstand, dass wir NUR IHM vertrauen können. Alle „Repräsentanten“ lagen völlig falsch und brachten die Vernichtung!
Glauben wir, dass Jehovah JEDE Verheißung wahr machen wird? Glauben wir IHM wirklich, dass es bald KEINE Religion mehr geben wird, weil ER selbst von Jerusalem regieren wird?

Die Vernichtung ist für Jesajas Zuhörer jedoch nicht unausweichlich. Es gibt einen Ausweg. Der Prophet erklärt: „Dies hat der Souveräne Herr Jehova, der Heilige Israels, gesprochen: ‚Durch Umkehr und Ruhe werdet ihr gerettet werden. Eure Macht wird sich einfach im Ruhigbleiben und im Vertrauen zeigen‘ “ (Jesaja 30:15a). Jehova ist bereit, sein Volk zu retten — wenn es Glauben beweist durch „Ruhe“, das heißt, wenn es die Rettung nicht durch menschliche Bündnisse zu sichern sucht, sondern durch „Ruhigbleiben“, was es dadurch zeigen kann, dass es auf Gottes schützende Macht vertraut, ohne der Furcht nachzugeben. „Aber“, so erklärt Jesaja dem Volk, „ihr wolltet nicht“ (Jesaja 30:15b).

Die Prophezeiung Jesajas — Licht für alle Menschen

Das Buch Jesaja stellt sich als Werk des judäischen Propheten Jesaja, Sohn des Amoz, aus dem achten Jahrhundert dar und enthält sowohl Urteile als auch Verheißungen der Wiederherstellung für Israel und Juda. Im Kontext von Kap. 30 tadelt Gott Juda für ihr nationales Bündnis mit Ägypten, das ihre eigene Weigerung, auf den Schutz des Herrn vor dem Assyrischen Reich zu vertrauen, zum Ausdruck bringt. Jesaja 30 beginnt mit der Verurteilung Judas durch Gott, der sie als geistlich bankrott und nachlässig gegenüber seinem Gesetz bezeichnet (Jes 30,1-17). In den Versen 18-26 ändert sich jedoch der Ton des Textes, da Gott Juda geistliche und körperliche Wiederherstellung verspricht, sobald der/die Lehrer/innen eintreffen (Jes 30,18-26).
Der Kontrast zwischen Jes 30,9-11 und Jes 30,18-26 ist ziemlich auffällig und verdeutlicht den positiven Einfluss von Judas Lehrer(in). So berichtet Jesaja zunächst von der Weigerung Judas, „der Weisung des HERRN zu gehorchen“ (Jes 30,9b), verkündet aber später, dass „eure Ohren dieses Gebot hören werden“, sobald die Lehrer/innen kommen (Jes 30,21). Auch die Führer von Juda befahlen den Sehern, Gottes Offenbarung zu vernachlässigen: „Seht nicht (ra’ah)“ (Jes 30,10). Sobald sich der/die Lehrer/innen jedoch offenbart/offenbaren, sagt Jesaja voraus: „Eure Augen werden euren/deine Lehrer/innen sehen (ra’ah)“ (Jes 30,20). Und schließlich: Obwohl Juda seine Propheten ursprünglich angewiesen hatte, „den Weg (derek)“ Gottes zu verlassen (Jes 30:11), wird die Anwesenheit des/der Lehrer(s) das Volk auf „den Weg (derek)“ Gottes führen, wenn es sich verirrt (Jes 30:21). Jes 30,18-26 beschreibt also eindeutig eine eschatologische Ära, in der die Lehrer/innen als Katalysator für die geistliche und körperliche Erweckung Judas wirken, die ihren Höhepunkt im kommenden Regen und im landwirtschaftlichen Segen findet.

Moody Handbuch messianische Prophezeiungen – Studien und Darlegungen zum Messias im AT

Voller Ironie stellt ihnen Jesaja, gleich nachdem sie gesagt haben, daß sie nicht mit dem Heiligen Israels konfrontiert werden möchten (V. 11 ), noch mehr Worte des Heiligen Israels (vgl. V. 15 ) vor Augen. Sie werden dem Gericht übergeben werden, weil sie Jesajas Botschaft verwerfen (V. 9 – 11 ) und sich auf Frevel (d. h. Pläne, Gottes Ratschlag zunichte zu machen) und Mutwillen (den Ägypten an ihnen üben wird) verlassen.
Das Gericht wird plötzlich kommen – wie eine hohe Mauer, die über ihnen zusammenbricht (V. 13 ). Und es wird ein ernstes Gericht sein – wie ein Topf, der so zerschmettert wird, daß man die einzelnen Teile zu nichts mehr gebrauchen kann (V. 14 ). Der Herr hatte sie zu Umkehr und Vertrauen aufgerufen, so daß sie Heil und Kraft erhalten hätten (V. 15 ). Aber sie wollen es nicht. Statt dessen verlassen sie sich auf militärische Stärke (V. 16 ). Aber wenn sie sich auf Pferde verlassen (vgl. Jes 31,1 ), dann, so sagt Gott, wird er sie dazu bringen, zu fliehen ( Jes 30,16-17 ) und von dem Feind leicht in Furcht versetzt zu werden. Sie werden allein dastehen, wie ein Banner auf einem Hügel , als Mahnzeichen an andere, sich nicht auf ihre militärische Kraft zu verlassen.

Walvoord Bibelkommentar

In dieser Sprache des offiziellen Juda wird offenbar, wie wenig eine nur noch auf diplomatische Klugheit und auf außenpolitische Beziehungen eingestellte Machtpolitik ein Urteil göttlichen Offenbarung über sich zu ertragen vermag. Sie will weder die Schau der Propheten, noch das Urteil der Offenbarung, noch den Heiligen Israels in seinem bisherigen Wollen. Sie will handeln nach ihren eigenen Gesetzen. In dieses ihr Handeln sucht sie auch Priester und Propheten hineinzuziehen. Denn nicht das im Lichte Gottes orientierte Gewissen, das Gesetz der Stunde hat das Handeln der bestimmen!

Juda sah sich in seiner Geschichte durch die Pflege solch einer von Gott gelösten Politik in die dunkelste Nacht geführt.
„Allein ihr wolltet nicht!“ – zu welchen Konsequenzen führte dieses Wort, das der Prophet bebend vor dem Kommenden in die Geschichte seines Volkes schrieb! Juda zerbrach an seinem Wollen wider Gott. Aber auch in seinen Gerichten bleibt Israel der Prophet Gottes, dass es den Völkern sagen muss: Auch ihr zerbrecht an eurem Wollen wider Gott! Der Mensch zerbrach noch immer am Menschen, sobald er sich selbst zum Götzen wurde. Das Volk zerbrach am Volk, wenn es sich erst von ewigen Quellen löste und seine Kraft nur noch in sich selber suchte. Jahrtausende hindurch schreit daher bereits Israels Gerichts- und Leidensgeschichte dieses Prophetenwort in die Welt hinaus, damit [387] es von Völkern gehört werde, die in Gefahr stehen, an demselben Wollen in ihrer Geschichte zu zerbrechen.

Jakob Kroeker – Jesaja

Die zweite Folge ist Flucht und Entvölkerung, die in den Versen 15-17 beschrieben wird. In Vers 15 wird die Ursache noch einmal genau beschrieben: Denn so sprach der Herr Jehova, der Heilige Israels: In der Rückkehr und in der Ruhe werdet ihr gerettet werden; in der Stille und in der Zuversicht wird eure Stärke sein. Und ihr wolltet nicht. Der hebräische Begriff für „umkehren“, shuvah, bezieht sich auf eine Rückkehr im Sinne einer Umkehr. Der hebräische Begriff für „ausruhen“, nachat, bezieht sich auf ein Ausruhen im Sinne eines Aufhörens des Versuchs, das Heil durch menschliche Aktivität zu erlangen. Mit anderen Worten, es bezieht sich auf das Ausruhen in der Gnade Gottes. Dem Volk Juda war die Rettung angeboten worden. Wenn sie zurückgekehrt wären, hätten sie ihre Ruhe haben können und wären in Frieden und Zuversicht gewesen. Doch die Zeitgenossen Jesajas lehnten alles ab, was ihnen die prophetische Botschaft bot. Die Formulierung „und ihr wolltet nicht“ macht deutlich, dass sie nicht aus dem Fehler von Ahas lernten, dem in Jesaja 7,3-4 ebenfalls Ruhe und Erholung angeboten worden war und der die Botschaft abgelehnt hatte. Ahas‘ Ablehnung führte zu der ursprünglichen Unterwerfung Judas unter das assyrische Joch. Jesaja forderte Juda auf, nicht zu rebellieren. Zu gegebener Zeit würde Gott selbst das Joch entfernen. Leider lehnte Hiskia die prophetische Botschaft ab und wandte sich an die Ägypter, so dass Juda nicht aus dem Fehler von Ahas lernte.

Die Folgen des Versagens von Juda wären Flucht und Entvölkerung. Jesaja prophezeite in den Versen 16-17a, dass jeder Fluchtversuch scheitern würde: „Ihr aber sagt: Nein, wir wollen auf Pferden fliehen; darum werdet ihr fliehen, und: Wir wollen auf schnellen Pferden reiten; darum werden die, die euch verfolgen, schnell sein. Tausend werden fliehen, wenn einer droht; wenn fünf drohen, werdet ihr fliehen. Das hebräische Wort für „fliehen“, nus, bedeutet normalerweise „vor einer Person oder Sache fliehen“. In diesem Zusammenhang scheint es jedoch eher eine schnelle Bewegung zu bedeuten, was der Grund dafür sein könnte, dass Delitzsch das Wort mit „fliegen“ übersetzt hat. Fliegen würde Juda, aber nur im Sinne von fliehen. Schnell würde Juda sein, aber die, die Juda verfolgten, wären noch schneller. Dieses Ergebnis steht in klarem Gegensatz zu den Segnungen, die im mosaischen Gesetz für Gehorsam versprochen wurden (Lev. 26:3-13; Deut 32:28-30; Jos. 23:10).

Was die Entvölkerung Judas angeht, so liegt die Betonung in Vers 17b auf der Einsamkeit, in der das Königreich zurückbleiben würde: „Bis ihr übrigbleibt wie ein Leuchtfeuer auf dem Gipfel eines Berges und wie ein Fähnlein auf einem Hügel. Was einst ein Wald war, würde auf einen einzigen Baum reduziert werden, der für sich allein steht.

Arnold Fruchtenbaum – Bibelkomentar Jesaja

“Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.” Jesaja 30,15. Suchst du den Herrn täglich und kehrst dich zu ihm, wählst du aus eigenem Trieb Freiheit und Freude in Gott, folgst du frohen Herzens seinem gnädigen Ruf und nimmst das Joch Christi, das Joch des Gehorsams und der Dienstbereitschaft, auf dich, dann wird all dein Klagen verstummen, werden alle deine Schwierigkeiten beseitigt, lösen sich dir alle die schwierigen Rätsel, denen du heute noch ratlos gegenüberstehst.

Ellen Gould White – Das bessere Leben

Das Stillsein! Nichts sollte unsere Herzen beunruhigen. Ist Christus nicht unser Hirte? der gute Hirte, der sein Leben für die Schafe gelassen hat, und der uns in seinen Schutz nimmt? Er bewahrt uns, Er liebt uns, Er erhellt unseren Pfad und ruft uns unaufhörlich zu: «Fürchte dich nicht!» Er trägt uns auf seinen Schultern und auf seinem Herzen, bis Er uns ins Vaterhaus einführen kann.
• «Den festen Sinn bewahrst du in Frieden, in Frieden; denn er vertraut auf dich» (Jes 26,3).
• «Im Stillsein und im Vertrauen würde eure Stärke sein» (Jes 30,15).
Unsere armen Herzen! Wie wenig braucht es doch, dieses Stillsein zu stören! Oft genügt eine geringfügige Durchkreuzung unserer Wünsche, um uns in Wallung zu bringen und uns die Ruhe zu rauben. Die Sorgen des Lebens, sagt Jesus, beschweren die Herzen; sie hindern sie am Genuss des Herrn. Daher werden wir im Wort so oft vor den Sorgen gewarnt. Es ermahnt uns, sie wegzuwerfen: «Werft alle eure Sorge auf ihn, denn er ist besorgt für euch» (1 Petrus 5,7) Sie sind eine Bürde, die unserem geistlichen Gedeihen schadet und uns hindert, zum Ziel zu streben: «Lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus» (Heb 12,1).
Das Stillsein kann nur da verwirklicht werden, wo der eigene Wille beiseite getan wird und sich das Herz dem Willen Gottes völlig unterwirft, einem Willen, der für die abhängige Seele gut, wohlgefällig und vollkommen ist.
Wie oft fehlt es am Glauben, und wie einst den Jüngern, muss der Herr auch uns sagen: «Kleingläubige!» Wie jener geprüfte Vater, müssen auch wir Ihm dann antworten: «Ich glaube; hilf meinem Unglauben!» (Mk 9,24).
Das Stillsein des Gläubigen ist nicht Gleichgültigkeit gegenüber seinen Pflichten, seiner Arbeit, seiner Familie, sondern das Vertrauen des Glaubens, das alle Umstände und alle Prüfungen des Lebens überwindet, indem es auf den Herrn wartet und nichts ohne Ihn und ohne an Ihn zu denken tun will.
Gewiss, die Schwierigkeiten, die Trübsale, die Trauer können unsere Herzen beschweren, aber wir haben dabei auch unerschöpfliche Hilfsquellen der Gnade: «Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger Hilfe» (Heb 4,16). Unser Hoherpriester ist dort und hat Mitleid mit unseren Schwachheiten. Und wenn unser schwaches Herz unruhig wird und durch das Gewicht der Bürden des Lebens niedergebeugt ist, so dürfen wir sie vor den Füssen des Herrn niederlegen, der auf die Wunden den köstlichen Balsam des Friedens giesst, den Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt.

Halte fest 1961

Pläne gehen in die Hose, wenn man sich nicht vorher anständig beraten lässt. Umso mehr Leute einen beraten, desto größer ist die Chance, dass aus der Sache was wird.

Da bröckeln Pläne, wo Einvernehmen fehlt,
wo viele miteinander beraten, stehts aufrecht.
Buber & Rosenzweig – Sprüche 15,22

Es heisst berechnende Gedanken in die Brüche gehen lassen, wenn man keinen Kreis Vertrauter hat; aber bei einer Mehrheit von Ratschlagenden wird es bestehen.
Pfleiderer – Sprüche 15:22

Überlegungen unterlassen solche Menschen,
die Versammlungen nicht ehren,
in wohlberatenen Herzen aber bleibt (guter) Rat.
Septuaginta Deutsch – Sprüche 15,22

Gerade beim Lesen der Bibel ist es wichtig, auch andere Auslegungen und Erklärungen zu lesen, damit man versteht, was andere aus diesem Vers gelernt haben. So finde ich den „Aktivgottesdienst“ besser, als den „EinmannGottesdienst“ – also jeder der Anwesenden seine Gedanken zu den gelesenen Versen zum Ausdruck bringen kann. So kann Gottes Geist wirken, wenn nicht „vorgegeben ist, was man denken darf“.

Einen Plan ohne Rücksprache ausführen zu wollen, zeigt auch Eile. Eine Besprechung kostet Zeit und kann als Zeitvergeudung angesehen werden, ist es aber nicht. Zwei sehen nun einmal mehr als einer. Es ist gut, seine eigenen Beschränkungen zu sehen, egal wie begabt man ist. Die Beratung mit zuverlässigen und tüchtigen Menschen ist entscheidend für ein gutes Ergebnis, für das Zustandekommen des Plans.

Das ist eine allgemeine Beobachtung von hohem gesellschaftlichem Wert, sowohl auf persönlicher als auch auf nationaler Ebene. Es bedeutet, dass wir andere brauchen. Dies gilt auch für Gemeindeangelegenheiten. In Apostelgeschichte 15, bei der Erörterung der Frage, ob die Heiden das Gesetz halten sollen oder nicht, haben wir ein gutes Beispiel für eine Besprechung, die zur erforderlichen Lösung führt (Apg 15,1–35). Gut wird das Ergebnis durch das Hören auf die Schrift und auf den Heiligen Geist (Ps 119,24). In allen Besprechungen ist es vor allem wichtig, auf den zu schauen, der „Berater“ heißt (Jes 9,5).

Ger de Koning – Die Sprüche

Alleingänge sind nie gut. Der Einzelne kann leicht einen Aspekt übersehen, wodurch das Vorhaben scheitert. Teamwork ist auch in der Welt angesagt. Der Tüftler und Einzelkämpfer wird zwar auch gebraucht, ist aber nur dann wirklich nützlich, wenn er sein Wissen in die Gemeinschaft einbringt.
So ist es auch unter Christen. Jeder Einzelne muss das Wort studieren, um seine Erkenntnis dann bei anstehenden Entscheidungen einbringen zu können. Echte Ratgeber können nur solche sein, die, aus der Furcht des HERRN heraus, Weisheit gelernt haben. So gelangt man dann gemeinsam zu einem vernünftigen und ausgewogenen Plan (Spr  11,14). „Da unterredeten sich miteinander, die den HERRN fürchten“ (Mal 3,16). Dabei darf natürlich der wichtigste Ratgeber nicht fehlen. Ihn müssen wir unbedingt unter Gebet und in seinem Wort befragen: „Man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater“, und: Seine „Zeugnisse sind auch … meine Ratgeber“ (Jes 9,6; Ps 119,24).
► Wir wollen nicht übereinander, sondern miteinander reden!
► Zum persönlichen Nachdenken

Leben in Weisheit: Das Buch der Sprüche Vers für Vers

Konflikte können uns bisweilen bis über unsere Grenzen hinaus beanspruchen. Womöglich fällt es uns zeitweilig schwer zu verstehen, wie wir auf eine bestimmte Situation reagieren sollen oder wir sind so erschöpft und am Ende, dass wir unsere Entschlossenheit verlieren und nicht mehr das Richtige tun, obwohl wir es wissen. Wenn dieser Punkt erreicht ist, ist es weise, sich an die Gemeinde zu wenden und geistlich reife Christen anzusprechen, die uns ermutigen, biblisch fundierten Rat geben und uns in unseren Bemühungen unterstützen, Gott treu zu sein (Spr 12,15; 15,22; 1Thes 5,10-11; Hebr 10,24-25). Wir werden keine Hilfe von Leuten erfahren, die uns nur ihre persönliche Meinung sagen oder das, was wir gerne hören möchten (2Tim 4,3). Deshalb sollten wir sicherstellen, dass wir uns an Gläubige wenden, die uns genug lieben, um ehrlich zu sein. Wenn wir unsere Fähigkeiten und Bedürfnisse realistisch einschätzen und uns in Demut rechtzeitig an Mitgläubige wenden, können wir viele Konfliktfälle lösen, die uns andernfalls das Genick brechen würden.

Ken Sande – Sei ein Friedensstifter

Doch ich komm’ in deiner Gnaden Fülle in dein Haus, ich werfe mich vor deiner heil’gen Halle nieder, in Furcht vor dir.

Ich aber, ich werde in der (O. durch die) Größe deiner Güte eingehen in dein Haus, ich werde anbeten (Eig mich niederwerfen) in deiner Furcht gegen deinen heiligen Tempel.
Elberfelder 1871 – Psalm 5,8

Durch deine Liebe darf ich in dein Haus kommen, voll Ehrfurcht bete ich dich in deinem heiligen Tempel an.
Neues Leben – Bibel 2006 – Psalm 5:8

Ich aber werde ob der Fülle deiner Barmherzigkeit in dein Haus kommen, anbeten gegen deinen heiligen Tempel hin (- Durch deine reiche Gnade aus der Verbannung berufen. (Der Psalm berührt wohl die Zeiten der Verfolgung durch Saul.) Der Tempel ist entweder die Stiftshütte in Gabaon oder die Bundeslade in Nobe, das Zeichen und Unterpfand der Gegenwart Gottes. Auch vor ihr ward geopfert. In das Heiligtum dar niemand eingehen außer dem Hohenpriester. [3Mose 1,3, Hebr 9,6] Gegen Jerusalem wendet sich auch Daniel. [Dan 6,10] -) in Furcht vor dir.
Allioli Bibel – Psalm 5,8

David träumt von Jehovah in Seinem Tempel – und scheinbar hatte Jehovah dem David die Gunst erwiesen, „Seinen heiligen Tempel“ zu sehen. David hatte ein persönliches Verhältnis zu Jehovah.

Der Psalmist drückte sein Vertrauen darauf aus, sich einem Gott zu nähern, der Ungerechtigkeit (Sünde) haßt. Ein Sünder kann nicht bei einem solchen Gott wohnen. Freche und hochmütige Menschen, die nicht vor Mord oder Betrug zurückschrecken, haßt Gott und wird sie vernichten. Sie sind für ihn verabscheuenswert.
Im Gegensatz zu solcher Gottlosigkeit rühmte David nicht seine eigenen Tugenden. Vielmehr hob er Gottes Gnade ( HeseD , treue Liebe) gegen ihn hervor. Dadurch konnte er sich der Stiftshütte nähern (vgl. den Kommentar zu Haus und Tempel im ersten Abschnitt von Ps 5 ), um den Herrn in Ehrfurcht anzubeten. Das hebräische Wort für verehren (häufig übersetzt mit „anbeten“, z. B. in 2Mo 34,8 ) deutet auf das Niederwerfen auf den Boden hin; eine Haltung, die die rechte innere Einstellung gegenüber Gott bei der Anbetung darstellt. Die Gottlosen sind hochmütig; wer Gott anbetet, demütigt sich vor ihm.

Walvoord Bibelkommentar

David bezeugt hier, während er von Jerusalem vertrieben ist, seine Gewissheit, dass er in die Wohnung Gottes eingehen und die Lade wieder sehen werde (vgl. 2Sam 15,25).
»Ich aber …«: Dem Treiben der Gottlosen kann David dieses göttliche »Aber« entgegenhalten. Aber David vergisst nicht, dass er in Gottes »großer Güte« in sein Haus gehen wird: Er geht hinein, während andere draußen sind. Was ist das anderes als Güte Gottes? Womit hat er es verdient, vom verdienten Los der Gottlosen befreit worden zu sein (vgl. Offb 22,15)?
Das hebräische Wort ḥæsæd beinhaltet mehr als das deutsche »Güte«. Es steht für die Treue, für die Beistandspflicht, die Familienangehörige oder Bundespartner einander schulden. Rev. Elb gibt in einer Fußnote dafür sehr treffend »Gemeinschaftstreue« an. Folgende Stellen belegen, dass mit »Güte« ebendas gemeint ist: 1. Mose 21,23; 39,21; 2. Samuel 3,8; 2. Samuel 9,1. Die letzte Stelle zeigt sehr schön, was ḥæsæd beinhaltet: David hatte Jonathan geschworen, er werde ihm und seinen Nachkommen ḥæsæd erweisen, indem er sie am Leben erhalte, wenn er zum Königtum gekommen sei (1Sam 20,14–17). Diesen Eid hält David ein, indem er einem Nachkommen Jonathans Gutes tut. Dass nun Gott Menschen gegenüber »gemeinschaftstreu« bleibt, wo sie doch untreu sind, ist ein Beweis seiner Güte (Rt 2,20), weshalb dieses deutsche Wort dem Sachverhalt oft gerecht wird. Wenn David in Psalm 18,51 sagt, Gott erweise ḥæsæd an seinem Gesalbten, dann denkt er daran, wie Gott seinen mit David gemachten Bund einhält (2Sam 7,8–16); und wenn er in Psalm 33,5 sagt: »Die Erde ist voll der Güte – ḥæsæd – des HERRN«, dann denkt er an den Bund, den Gott mit Noah machte, in dem er verhieß, er werde die Erde und die Menschen auf ihr bewahren.
Gottes Güte hat David erwählt, Gottes Güte hat David berufen, Gottes Güte hat David geführt. Als ein Mann nach dem Herzen Gottes, weiß David, dass er nur Böses getan und daher nur Gericht verdient hat, dass alles Gute allein von Gott kommt; dass es an Gottes freiem Wohlgefallen lag, dass er nicht wie die Übrigen auch draußen stand.
»in dein Haus«: Hier wird zum ersten Mal in der Sammlung der Psalmen Gottes Haus erwähnt; David wird noch oft von ihm sprechen. Es war seine alles verdrängende Sehnsucht gewesen, dem Gott Jakobs eine Wohnstätte zu finden (Ps 132,1–5). Er verlangte danach, dort zu sein, wo Gottes Herrlichkeit wohnt, um dort die Lieblichkeit des HERRN anzuschauen. Immer wieder redet er darum von Gottes Haus (Ps 23,6; 26,8; 27,4; 28,2).
»will anbeten«: Der Heilige kann nicht anders, wenn er bedenkt, wie Gottes Zorn sich von ihm gewandt hat und Gottes Erbarmen ihn in sein Haus geführt hat. Und er steht jetzt da, befreit von den Männern des Blutes und des Truges, befreit von der Macht des Hasses und der Lüge, der er einst selbst gedient hatte, und sieht in Gottes Licht das Licht (Ps 36,10) und sieht in der Hingabe seines Sohnes seine Liebe. Seine Seele jubelt vor Bewunderung, sein Gemüt jauchzt vor reiner Wonne, er sinkt nieder und betet an.
»in deiner Furcht«: Eben hatte David gesagt, dass er dank Gottes Güte ins Heiligtum eintreten kann. Nun verknüpft er Gottes Güte mit Gottesfurcht. In Psalm 130,4 sagt der Beter, dass Gott dem Sünder die Sünden vergibt, damit man ihn fürchte. Gottes Gnade, richtig verstanden, bindet uns nur noch enger an den Gott aller Gnade und lehrt uns, alle Sünde zu verabscheuen, weil Gott sie verabscheut, wie David in diesem Psalm eben gesagt hat (V. 5–7).
Das hebräische Wort für »Tempel« ist hêkâl, und das ist sumerischen Ursprungs: e-gal bedeutet wörtlich »großes Haus«. Es ist anzunehmen, dass Abraham dieses Wort aus dem Zweistromland nach Kanaan mitbrachte und es in seiner Familie und unter seinen Nachkommen zum Ausdruck für Gottes Haus wurde. Das ägyptische Wort Pharao bedeutet auch »großes Haus«. Den Ägyptern war ihr Herrscher und seine Familie größer als alles andere; dem Hebräer ist das Haus Gottes das Größte in dieser Welt. In den Psalmen kommt dieses Wort außer hier noch vor in Psalm 18,7; 27,4; 29,9; 45,9; 48,10; 65,5; 68,30; 79,1; 138,2; 144,12. Siehe auch Erklärung zu 27,4.

Dass David hier vom Tempel spricht, muss uns nicht befremden. Es haben zwar einige gemeint, der Psalm müsse von einem Späteren als David geschrieben worden sein, da der Tempel erst nach seinem Tod errichtet wurde. Nun wird aber schon die Stiftshütte, die in Silo stand, »Tempel« genannt (1Sam 1,9; 3,15). Zur Zeit Davids wohnte »die Lade des Bundes des HERRN unter Teppichen« (1Chr 17,1), nämlich in dem Zelt, das er für die Bundeslade errichtete, die er nach Jerusalem gebracht hatte. Wenn man das Zelt der Zusammenkunft schon hatte »Tempel« nennen können, dann spricht nichts dagegen, dass David jenes Zelt in Jerusalem auch »Tempel« nannte, wo doch die Lade Gottes, das Herz des Heiligtums, in ihm stand. Zudem nennt David die Wohnung Gottes im Himmel auch »Tempel« (2Sam 22,7). Während er bezeugt, dass er durch Gottes Gnade in sein Haus eingehen werde, kann er an beides, an die irdische und an die himmlische Wohnung gedacht haben, weil er wohl wusste, dass er einst auch droben in Gottes Gegenwart eingehen werde (wie auch ein Asaph in Ps 73,24 bezeugt).

Benedikt Peters

Als er schrieb: „Aber was mich betrifft“, stellte David sich selbst der bösen Menge gegenüber, die sich gegen den König auflehnte. David war gekommen, um zu beten, und er hatte drei Bitten.
Er betete um Führung (V. 7-8). Weil er nicht zum Stamm Levi gehörte, konnte David die Stiftshütte nicht wie die Priester betreten, aber er benutzte diesen Ausdruck, um seine Annäherung an den Herrn zu beschreiben. David war in der Wüste, aber er kam zum Herrn mit der gleichen Ehrfurcht, die die Priester und Leviten in der Stiftshütte zeigten. In der Anbetung unseres großen Gottes ist kein Platz für Niedlichkeit und Leichtsinn. Damit Gläubige in die Gegenwart Gottes eintreten können, um anzubeten und zu beten, hat Jesus sein Leben gelassen (Hebr 10,19-20), und dieses Privileg auf die leichte Schulter zu nehmen, bedeutet, dieses Opfer zu entwerten. David wusste, dass er Gottes Führung brauchte, denn er musste das Königreich wieder aufbauen. (Siehe Jakobus 1,5.)

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Um deutlich zu machen, dass Gott für ihn da war, stellt der Psalmist nicht seine gerechten Taten ihren bösen Taten gegenüber, sondern er erklärt einfach, dass er von Gottes Liebe angenommen wurde, einer Liebe, die jedem offen steht, der auf den Herrn vertraut. Der Gegensatz wird mit Nachdruck formuliert: „Was aber mich betrifft“ (וַאֲנִי), und weist dann sofort auf den Grund für seine Annahme hin: „durch die Fülle deiner treuen Liebe“ (בְרֹב חַסְדְּךָ). Er ist durch den Glauben in den Bund mit dem Herrn eingetreten, und aufgrund der treuen Liebe des Herrn zu seinem Volk hat er Zugang zum Heiligtum („dein Haus“ // „dein heiliger Tempel“, wo die Übeltäter keinen Bestand haben). Darin unterscheidet sich der Psalmist von den Bösen.

Einige Ausleger haben die Erwähnung des „Hauses“ des Herrn und des „Tempels“ als Beweis dafür angeführt, dass der Psalm nicht von David geschrieben worden sein kann, denn Salomo baute den Tempel, aber beide Worte wurden auf das Heiligtum in Silo angewandt, bevor David auf den Plan trat. Das Wort „Haus“ wurde auf diese Weise in Josua 6,24 und 2 Samuel 12,20 verwendet, um sich auf die Stiftshütte in Silo zu beziehen; es verbindet die Idee eines irdischen Heiligtums mit der Gegenwart Gottes für den Anbeter (siehe seine Verwendung auch für den Ort von Jakobs Vision der „Leiter“ in 1. Mose 28,15). Das Wort für „Tempel“ (הֵיכָל) ist etwas schwieriger, denn es wird nirgends für das tragbare Heiligtum der Stiftshütte verwendet. Es wurde jedoch auch für den vorübergehenden Standort des Heiligtums in Silo verwendet und bezog sich wahrscheinlich auf das Gebäude, das Teil des Heiligtums war (siehe 1 Sam 1,9; 3,3). Möglicherweise wird es hier auch einfach für den Ort verwendet, an dem sich die Lade befand, bevor Jerusalem gewählt wurde. Der Psalmist will damit sagen, dass er als wahrer Gläubiger im Heiligtum des Herrn willkommen ist, um anzubeten und in diesem Fall zu beten. Er wird nur aufgrund der treuen Liebe Gottes aufgenommen. Er wird daher nicht in Hochmut oder Selbstgenügsamkeit eintreten, sondern in Ehrfurcht und Demut – er wird sich in Furcht vor dem heiligen Tempel verneigen (אֶשְׁתַּחֲוֶה). So mischt er seine Zuversicht über den freien Zugang zu Gottes Gegenwart mit Ehrfurcht und Demut.

Allen P. Ross – Ein Kommentar zu den Psalmen

Furcht und Panik – II

Sobald das Essen beendet war, drängte Jesus die Jünger, schon einmal ins Boot zu steigen und auf die andere Seite des Sees überzusetzen. Inzwischen wollte er sich von den Leuten verabschieden. Nachdem sich die Menschenmenge zerstreut hatte, stieg er auf einen Berg. Auf diese Weise konnte er für sich sein und beten. Dort blieb er allein bis tief in die Nacht.
Unterdessen war das Boot bereits weit draußen auf dem See. Wind kam auf, der den Jüngern schwer zu schaffen machte. Auch die Wellen schlugen immer heftiger gegen das Boot. Es war gegen vier Uhr morgens, als sie Jesus direkt auf sich zukommen sahen – auf dem Wasser! Sie waren außer sich vor Angst und schrien in ihrem Schrecken: „Ein Geist!“
Doch Jesus beeilte sich, sie zu beruhigen: „Keine Angst, ich bin es! Ihr braucht euch nicht zu fürchten.“
Da wurde Petrus plötzlich mutig und rief: „Herr, wenn du es wirklich bist, dann sag, dass ich auf dem Wasser zu dir kommen soll.“
Jesus erwiderte darauf: „Na los, dann komm!“
Petrus sprang über die Bordwand und ging auf Jesus zu. Aber als er auf die Wellen hinabsah, die unter seinen Füßen schäumten, bekam er Angst und begann zu sinken. Jetzt schrie er: „Herr, rette mich!“
Jesus zögerte keine Sekunde, er beugte sich nieder und ergriff seine Hand. Dann sagte er: „Du Glaubensheld, warum hast du nur plötzlich gezweifelt?“
Beide kletterten in das Boot und sofort legte sich der Wind. Die Jünger, die das alles mit angesehen hatten, fielen vor Jesus auf die Knie und stammelten: „Das ist es! Kein Zweifel: Du bist Gottes Sohn.“
Bald hatten sie den See überquert und zogen das Boot bei Gennesaret an Land. Als einige mitbekamen, wer da bei ihnen an Land gegangen war, benachrichtigten sie alle Leute in der weiteren Umgebung. Daraufhin brachten diese ihre Kranken zu ihm. Dann baten sie Jesus um Erlaubnis, den Saum seines Gewandes berühren zu dürfen. Und wer immer ihn berührte, der wurde auch geheilt.

Willkommen daheim – Matthäus 14:22–36

da wir diesen Vers als auch den Zusammenhang schon hatten:

Furcht und Panik
Übers Wasser gehen
Komm & Geh

Was mich persönlich immer wieder schockiert: die meisten kritisieren Petrus – doch Petrus hatte Glauben! Ich sehe viele Zusammenhänge mit der aktuellen Weltsituation – besonders mit Blick auf Israel. Die meisten Menschen sehen nur auf die schrecklichen Taten, sehen auf den Krieg, und beten um Frieden. Aber aus biblischer Sicht, frag ich mich: sollten wir nicht eher um das Kommen von Elia beten? Elia, der das Volk Jehovahs wieder auf Jehovah blicken läßt? Wäre es nicht besser, wir würden darum bitten, dass alle Menschen nach dem „zweiten Kommen Jesu rufen“ würden? Ist nicht nur Jehovah in der Lage, Frieden zu schaffen – besonders Frieden, in „seinem Land“?

Aber zurück zu Petrus und dem „auf dem Wasser gehen“:

Welches Wunder war grösser: über ruhiges Wasser zu laufen oder über sturmbewegtes? Benötigte nicht beides dieselbe Wunderkraft Gottes? Ja sicher! Wenn der Herr uns im normalen Alltag durchträgt, dann ist das kein kleineres Wunder, als wenn Er es in sturmbewegten Zeiten tut! Ohne Ihn würden wir auch in «ruhigen Gewässern» untergehen. Schauen wir uns einmal den Glauben des Petrus an:
Er glaubte an die Macht Jesu,
er glaubte an die Kraft des Wortes Jesu,
er glaubte an die Allmacht Jesu,
er hatte Jesus als Ziel vor Augen,
er wollte Jesus in den unmöglichsten Situationen folgen (sogar auf dem Wasser).
War das nicht ein grossartiger Glaube? Soweit muss ja erst einmal jemand kommen! Der Herr hätte Petrus dementsprechend ermutigen und sagen können: «Petrus, Ich freue mich über deinen wirklich grossen Glauben.» Stattdessen sagte Jesus, nachdem Petrus auf den Wind gesehen und zu sinken begonnen hatte, zu ihm: «Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?» (Mt 14,31). Jesus nannte ihn nicht «Ungläubiger», sondern «Kleingläubiger». Hatte Petrus denn keinen grossen Glauben gehabt, als er im Vertrauen auf Jesus über das Wasser ging? Doch, aber leider bewährte sich sein Glaube in der Krise nicht. Wie ist oder wie wäre das bei uns?
Die Qualität des Glaubens, der wirklich zählt, zeigt sich nicht in den Wundern, die wir erleben, oder in den «grossen Taten», die wir tun, sondern in den Nöten, die wir im Vertrauen auf Jesus durchstehen! Nicht im «übers Wasser gehen», sondern im Sturm erweist es sich, ob wir standhaft sind. Die Qualität unseres Glaubens wird nicht offenkundig, wenn wir «als Weltenbezwinger auf sonnigen Höhen» wandeln, sondern dann, wenn wir inmitten einer unabänderlichen Not standhaft bleiben und nicht an der Treue Jesu zweifeln.

9 Wunderzeichen im Johannesevangelium


Simon Petrus mochte es, mitten im Geschehen zu sein. Als die Jünger erkannten, dass es sich bei der geheimnisvollen Gestalt auf dem Wasser um Jesus und nicht um ein Gespenst handelte, verwandelte sich Simons Angst in Glauben. Und Aufregung. Und Entschlossenheit. Simon hatte ein wachsendes Verlangen, dort zu sein, wo Jesus war, auch wenn das bedeutete, einer Sturmböe zu trotzen. Und die anderen? Nun, sie blieben an Ort und Stelle.
Das ist die Sache. Viel zu oft verzichten wir darauf, Jesus wirklich zu folgen, weil uns die Optik nicht gefällt. Wir haben Angst, dass er von uns verlangt, irgendwohin zu gehen, wo wir nicht hin wollen, oder etwas zu tun, was wir nicht tun wollen. Was ist, wenn er uns dazu bringt, den Arbeitsplatz zu wechseln, ein Kind zu adoptieren, umzuziehen, eine Beziehung zu beenden, in der wir unbedingt bleiben wollen, oder (Gott bewahre!) Missionar in einem fremden Land zu werden? Es liegt in der Natur der Sache, dass Nachfolge so störend sein kann. Wir würden es vorziehen, die Kontrolle zu behalten, uns selbst zu regieren, indem wir an unserem Stolz, unseren Leidenschaften und unserem Streben festhalten. Wir klammern uns lieber an die Dinge, die uns ein Gefühl von Komfort und Sicherheit geben.

Ein bisschen wie ein Boot im Sturm.
Das Problem ist, dass wir nicht im Boot bleiben und gleichzeitig auf dem Wasser laufen können.
Simon Petrus traf die Entscheidung zu gehen, und das Ergebnis veränderte den Lauf der Geschichte. Bis zu diesem Moment hatten die Jünger immer noch nicht ganz verstanden, was es bedeutet, dass Jesus der menschgewordene Gott ist. Aus Gründen, die man nur unserer dummen menschlichen Natur ankreiden kann, hatte selbst das Wunder mit den Broten und Fischen die Sache für sie nicht zu 100 % geklärt. „Und [Jesus] stieg mit ihnen in das Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich sehr; denn sie verstanden nichts von den Broten, sondern ihr Herz war verstockt“ (Markus 6:51-52, Hervorhebung hinzugefügt).
Es stellte sich heraus, dass die Heilung aller Krankheiten und Gebrechen (Matthäus 4:23), das Lehren mit jenseitiger Autorität (Markus 1:22, 6:2) und die Befähigung der Jünger, dasselbe zu tun (Lukas 9:1), nicht ausreichten. Offenbar mussten die Männer auch sehen, wie sie die Physik überwanden und das Wetter beherrschten (mehr als einmal!), bevor die Augen ihres Herzens wirklich sehen konnten. Aber was soll’s – sie haben es schließlich verstanden, und Simon Petrus reagierte darauf, indem er im Glauben weiterging und glaubte, dass der Eine auf dem Wasser auch ihn gehen lassen würde.

Und genau das ist passiert.
Als Simon seinen Blick von Jesus abwandte, begann er natürlich zu sinken. So funktioniert es: Wir gehen unter, wenn wir uns auf unsere Umstände konzentrieren, anstatt auf unseren Retter. Aber darum geht es nicht wirklich, denn wenn wir Jesus eng folgen, ist er da, um uns aufzufangen, wenn wir versagen und fallen. Dem Himmel sei Dank.
Das Wichtigste, lieber Leser, ist, dass Simon aus dem Boot gestiegen ist. Und das ist immer der Ort, an dem die Action stattfindet. Denn wenn wir überfordert sind und uns ganz auf die Macht und die Pläne unseres Erlösers verlassen, geschehen unglaubliche Dinge wie sich teilende Meere (2. Mose 14), fallende Riesen (1. Samuel 17), schnurrende Löwen (Daniel 6), auferstehende Armeen (Hesekiel 37) und Gott, der sich selbst durch das Leben derer verherrlicht, die ihn lieben und nach seinem Plan berufen sind (Römer 8,28).

Unabhängig von der Optik haben wir also nichts zu befürchten, denn derjenige, der all das getan hat, ist immer noch bei uns. Und das bedeutet, dass wir die Freiheit haben, aus dem Boot auszusteigen und so zu leben, wie Gott es beabsichtigt hat. Wir dürfen nicht dem weltlichen Vergnügen oder Druck erliegen, sondern müssen uns ganz und gar hingeben und bereit sein, dem zu folgen, der auf dem Wasser geht.

Jenkins Hendricks – Der Auserwählte – Buch drei: 40 Tage mit Jesus

Jesus Christus, Herr über das Meer

Johannes identifiziert Jesus als den Menschensohn, dem der Vater die Vollmacht gegeben hat, das Gericht zu vollstrecken (Joh 5,27; vgl. Mt 26,57-68). Johannes behauptet auch wiederholt, dass Jesus der menschgewordene Gott ist. Im Johannesevangelium ruft Jesus siebenmal den göttlichen Namen („Ich bin“) in Bezug auf sich selbst an (z. B. Johannes 6,35; 15,1). Er erklärt das Einssein mit dem Vater (Johannes 10,30), und er verkündet, dass der Vater in ihm ist und er im Vater ist (Johannes 10,37-38).

Für Johannes, einen mit dem Alten Testament vertrauten Juden, war das Bild von Jesus, der auf dem Meer geht, eine dramatische Darstellung, dass Jesus Jehovah ist – derjenige, der die Kräfte des Chaos unterwirft und dem Wasser und allem, was das Wasser darstellt, seinen Willen aufzwingt. Das Reich des Menschensohns war angebrochen, und alle Kräfte, die sich Gottes geordneter Ordnung widersetzten, würden nun besiegt werden. Wie die Jünger Jesu können wir Trost in dem Wissen finden, dass derjenige, der das unruhige Meer zertritt, jedes Chaos, das uns zu überwältigen droht, unterwerfen kann.

Michael S. Heiser – Ich fordere Sie auf, mich nicht mit der Bibel zu langweilen

Siehe, selig preisen wir die in geduldiger Erwartung Druntengebliebenen. Die druntenbleibend geduldige Erwartung Hiobs hörtet ihr, und das Endziel, das Jehova machte, saht ihr; denn viel und hart empfindend (in den Eingeweiden) ist der Kyrios und ein Erbarmer.

Siehe, wir preisen die glückselig, welche ausgeharrt haben. Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr gesehen, daß der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist.
Elberfelder 1871 – Jakobus 5,11

Siehe, wir preisen glückselig- Ps 94,12; Mt 5,10.11; 10,22 -, die da ausgeharrt haben. Das Ausharren Hiobs- Hiob 1,21 22; 2,10 – habt ihr gehört, und das Ende des Herrn- Hiob 42,10 – habt ihr gesehen; denn reich an Mitleid- 4Mo 14,18; Ps 103,8.13 – ist der Herr und an Erbarmen. –
Abraham Meister – Neues Testament – Jakobus 5:11

Diese Menschen waren wirklich gut, da kann man ein Lied von singen! Sie hatten echt Geduld. Ihr habt ja auch bestimmt vom Hiob gehört, mit irre viel Geduld hat er die ätzenden Sachen ertragen, durch die er durchmusste! Aber Gott hat ihm ein Happy End geschenkt, weil er ihn so sehr geliebt hat.
VolxBibel – Jakobus 5,11

Hiob – eine reale Person, und keine Sagengestalt! Sein Ausharren ist ein Beispiel für uns: auch wenn wir nicht verstehen, was momentan um uns geschieht – trotzdem dem allein wahren Gott vertrauen! Und dabei das Geschwafel von Menschen ignorieren können – ob es nun sogenannte Freunde oder sogenannte religiöse Führer sein sollten – unser Blick muss auf Jehovah gerichtet bleiben – und nur auf ihn!

Jakobus 5,11
Gleichklang im Anlaut
ὑπομείναντας· τὴν ὑπομονὴν
„ausgeharrt haben. Vom Ausharren“ (Jak 5,11, ELB)
Die Anfangslaute von „ausgeharrt haben“ (ὑπομείναντας hypomeinantas) sind die gleichen wie in „Vom Ausharren“ (ὑπομονὴν hypomonēn). Die Ähnlichkeit zwischen den Anlauten dieser Wörter erzeugt das Wortspiel.

Wortspiel in der Bibel

Siehe, wir preisen selig (makarizomen), die erduldet haben. Hier kommt Jakobus auf ein anderes hochverehrtes Beispiel für außerordentliche Geduld zu sprechen: Hiob. Der Herr belohnte die Geduld Hiobs mit großem Segen (vgl. Hi 42,12). Interessanterweise sagt Jakobus nicht, daß Hiob makrothymia, „Geduld“, hatte, sondern wählt an dieser Stelle das Wort hypomonEn, „Beständigkeit, Ausdauer, Durchhaltevermögen“ (vgl. Jak 1,3; Kol 1,11). Hiob harrte aus und blieb standhaft, obwohl er eigentlich recht unduldsam mit Gott sprach!
Jakobus faßt zusammen: Der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer! Das Adjektiv „barmherzig“, polysplanchnos, ist zusammengesetzt aus polys, „viel“, und splanchna, „die inneren Teile des Körpers“, „der Sitz der Gefühle“; das Wort steht nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament. Der Ausdruck „ein Erbarmer“ (oiktirmOn, von dem Verb oikteirO) kommt ebenfalls nur sehr selten vor (er steht außer an dieser Stelle nur noch in Lk 6,36).

Walvoord Bibelkommentar

Auch Hiobs Beispiel hat eine große stärkende Kraft. Jetzt preist ihn jeder selig, weil wir das Ziel, zu dem Gott ihn führte, vor Augen haben und wissen, wie die Barmherzigkeit Gottes an ihm offenbar ward, seiner Anfechtung ein Ende setzte und seine Güte ihm reichlich zu kosten gab. Zu diesem Ende kam Hiob jedoch darum, weil er in Geduld sein Leiden trug und in der Versuchung standhielt, weil er Gott nicht den Abschied gab, als sein Segen von ihm wich, und ihn nicht verleugnete, als er seine Gaben von ihm nahm, sondern Glauben in seiner Seele trug, der Gottes Güte nicht mit Augen sah und doch ehrte und sich seinem Willen unterwarf, auch als er ihn erniedrigte. Es ziemt sich nicht, wenn wir zwar die preisen, die geduldig sind, aber uns selbst weigern, mit Beharrlichkeit zu tragen, was als Last uns zugewiesen ist. Wer die selig nennt, die wie Hiob duldeten, der mache auch sein eigenes Herz fest zur Geduld.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Benötigen wir Beispiele richtigen Verhaltens in der Zeit, da wir geschmäht werden und leiden? Es gibt viele davon. In Mt 5,12 befaßt sich der HERR mit ebendiesem Thema und weist auf das Vorbild der alttestamentlichen Propheten hin. Obwohl sie die vom Himmel gesandten Boten waren, blieb ihnen Mißhandlung nicht erspart, so daß sie zu Vorbildern dafür geworden sind, wie man Leiden tragen soll. Sie taten dies mit der Tragkraft des Geduldigen, ohne dabei zu klagen und zu murren. Vielleicht behaupten aber einige, diese Propheten seien außergewöhnliche Menschen gewesen. Daher wird ein weiteres Beispiel geduldigen, stillen Ausharrens angeführt. Diesmal geht es um einen bekannten Mann, um Hiob, dessen geduldiges Ausharren das Buch seiner Lebensgeschichte füllt. In all den vielen Prüfungen, die er durchlitt, sündigte er nicht, sondern wartete geduldig auf seinen Gott. Der nächste Ausdruck, „ihr (habt) … das Ende des Herrn … gesehen“, wird häufig so verstanden, als beziehe er sich auf den Ausgang der Prüfungen Hiobs. In Seinem Mitgefühl und innigen Erbarmen entschädigte Gott als der Gnadenreiche Hiob dafür, daß er in seiner allerschwersten Prüfung fromm war, so daß er in seinem zweiten Lebensabschnitt mehr gesegnet war als im ersten.
 Der Verfasser dieses Bandes ist der Meinung, daß Jakobus nach der kurzen Anspielung auf Hiob nun sein letztes und zugleich größtes Beispiel geduldigen, in der schwersten Probe erwiesenen Glaubens einführt: das Ende des HERRN. Woran dachte er persönlich nicht alles, wenn er das Ende des HERRN erwähnte! Das mutige Ausharren der Propheten und das beispielhafte Zeugnis Hiobs sind hilfreich, doch welche Gemütsbewegungen mögen die Leser verspürt haben, als sie sich der letzten Tage des HERRN erinnerten! Einige Jünger hatten die durchdringenden Schreie in Gethsemane gehört, waren Ihm vom Garten des Gebets zum Palast der gottabtrünnigen Priester gefolgt. Man konnte feststellen: Ohne Widerstand zu leisten, ging der HERR still und dennoch willig Seinen Weg nach Golgatha, dessen Zwischenstation ein heidnisches Gericht war. Kein einziges Murren kam über Seine Lippen, sondern statt dessen starkes Geschrei, das mit während Seines Betens vergossenen Tränen vermischt war. Es verwundert nicht, daß Jakobus schreibt: „Der Herr (ist) voll innigen Mitgefühls und barmherzig“. Hebräer 5,7-9 beinhaltet einen angemessenen Bericht über das Ende des HERRN und soll für alle Heiligen beispielgebend sein. Das Mitgefühl des HERRN uns gegenüber gewinnt durch Seine eigenen Erfahrungen noch an Wert. Er ist „voll innigen Mitgefühls“ (ein nur hier in unserer Bibel vorkommendes Adjektiv). Dann ist Er ebenso „barmherzig“ (A.d.Ü.: „voll innigen Erbarmens“ im Original), eine von Lukas hinsichtlich des Vaters gebrauchte Wendung (Lk 6,36). So verhielt Er sich anderen gegenüber, darunter solchen, die Ihm Schmerzen zufügten. Welch ein nachahmenswertes Beispiel!

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

In V. 11 erinnert Jakobus daran, dass die Christen eine Seligpreisung derer kennen, »die geduldig ausgeharrt haben« (oder: »die durchgehalten haben«). Jedoch fällt die Formulierung auf: »Siehe, wir preisen diejenigen glücklich…«. Wer preist denn glücklich? Er selbst in Jak 1,12 ! Aber es kommt noch mehr hinzu. Vor allem kommt die Seligpreisung Jesu in Mt 5,10ff. hinzu. Und außerdem im AT die Seligpreisung von Dan 12,12. Der Sinn des »wir« ist also: »Wir alle, die heiligen Schriften Israels, unser Herr Jesus Christus und die jetzige Gemeinde Jesu, preisen diejenigen glücklich, die geduldig ausgeharrt haben.« Demgegenüber gibt es keine einzige Verheißung für die Ungeduld! Und auch keine für die Revolution.
Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: a) Der Arme, der die Weisung zur Geduld verletzt, wird ebenso schuldig vor Gott wie der unbarmherzige Reiche. b) Jakobus schreibt nicht über »Reiche« und »Arme« als politische oder soziologische Gruppen, sondern über die Gottesgemeinschaft, die beide entweder gewinnen oder aber verlieren können, d. h., er schreibt vom Standpunkt des Glaubens aus. c) Die Gemeinde Jesu steht für ihn in der Nachfolge des alttestamentlichen Gottesvolkes. Gerade Letzteres wird nun am Beispiel »Hiobs« deutlich: »Ihr habt gehört von der Geduld Hiobs.« Übrigens ist Hiob ein Reicher gewesen (Hiob 1,3)! Also geniert sich Jakobus nicht, als Beispiel leidender Geduld ausgerechnet einen Reichen zu nehmen.
Die Erwähnung des »Hiob« ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Erstens war Hiob gar kein Israelit, sondern ein Bewohner des Landes »Uz«, dessen genaue Lage wir nicht mehr kennen (vielleicht ist es im syrisch -arabischen Raum zu suchen, vgl. Jer 25,20; Klgl 4,21). Zweitens ist Hiob schon bei Hesekiel ein Vorbild gewesen, und zwar ein Vorbild der Gerechtigkeit (Hes 14,14.20). Drittens hat sich das Judentum mit Hiob beschäftigt und in ihm ebenfalls ein Vorbild des Gerechten gesehen (Sir 49,9). Viertens steht Hiob im Sirachbuch unter den Propheten (Sir 49,9), so dass wir vermuten können, dass Hiob in Jak 5,10f. ebenfalls als ein Prophet aufgefasst wird. Jedenfalls ist er das Schulbeispiel für das richtige Verhalten: Er bleibt auch im Leiden ein Gerechter (vgl. Hiob 1,21f.).
Damit ist Jakobus aber noch nicht am Ende seines Hiob-Beispiels. Er fährt fort: »Und ihr habt das Ende gesehen, das der Herr herbeigeführt hat.« Nach langer Leidenszeit hat Hiob ja ein wunderbares »Ende« erlebt. Gott selbst hat eingegriffen und Hiob »doppelt so viel gegeben, wie er gehabt hatte«, ja »der Herr segnete Hiob fortan mehr als einst« (Hiob 42,10f.). So geht es denen, die Gott vertrauen! In Gottes Reich werden sie überschwenglich belohnt. Was für ein Ermutiger ist dieser Jakobus! Seinen Brief als »stroherne Epistel« zu bezeichnen, war ein böser Missgriff Luthers. In Jak 5,7-11 zeigt sich Jakobus als ein Seelsorger, der mitleidet und dennoch nicht im Mitleid erstickt, sondern lebendigen Trost spendet und die Herzen durch den Blick auf die Wiederkunft Jesu stärkt. Vermutlich hatten die angeschriebenen Gemeinden durch Bedrückung, Verfolgung, Ungeduld und Resignation manches zu leiden gehabt. Betonen wir noch einmal: Es geht nicht um passives, achselzuckendes Hinnehmen, sondern um beharrliche Weiterarbeit im Vertrauen auf Gott und den wiederkommenden Gottessohn.
Gerade dieses Vertrauen soll die Schlussbemerkung stärken: »Denn der Herr ist voll Erbarmen und voller Mitleid.« Hier wird die Selbstaussage Gottes in 2 Mo 34,6 (vgl. 4 Mo 4,18) und das Glaubensbekenntnis der Propheten und der Psalmen aufgenommen (vgl. Ps 103, 8; 111,4; Jona 4,2). Gott sieht also unser Leiden, leidet selber mit (»ist voller Mitleid«) und trägt uns »voll Erbarmen« hindurch bis ins Ziel des ewigen Gottesreiches (vgl. 1 Kor10,13).
Es ist bemerkenswert, dass alte Ausleger an dieser Stelle ein Gebet einfügten: »O Gott, wie weit sind wir noch davon entfernt! Wie unedel betragen wir uns oft in unsern Leidensstunden« ([so z. B. M. Hahn] – »O Gott, gib mir wahre Geduld« [so z. B. J. A. Bengel]). Sie haben begriffen, dass es für den modernen Leser nicht damit getan ist, voller Interesse die Beispiele des Jakobus zu studieren. Das Entscheidende ist erst geschehen, wenn wir uns durch Gottes Geist zu solch praktischen Christen haben machen lassen, die die Botschaft der Bibel auch verwirklichen.

Edition C

Jak preist – wie schon am Anfang seines Briefes (1,12) – jene glückselig, die durchgehalten haben (vgl. Röm 12,12; Hebr 6,12). Als besonderes Beispiel für erprobte Geduld hebt er Hiob hervor. Er ist in seinem Leben hart geschlagen worden. Obwohl er nicht wusste, welches Ende es mit ihm nehmen würde, hat er dennoch darin ausgehalten und Gott nicht abgesagt (Hiob 1,21f; 2,10).
Leser des Hiobbuches wissen, dass Hiobs Leiden dem Erweis seiner Gerechtigkeit dienen. Wir können von seinem Beispiel lernen und wissen, dass Gott die nicht im Stich lässt, die auf ihn vertrauen. Am Ende greift er ein und steht zu seinen Gerechten. Geduld ist also angebracht, und das Beispiel Hiobs berechtigt dazu, auf das befreiende und erlösende Handeln Gottes zu warten.
Jak möchte, dass wir in dunklen und undurchschaubaren Lebenssituationen wissen: Das Ende ist nahe herbeigekommen! Der Herr kommt und wird die Erlösung bringen. Am Ende steht Hiob da als ein reich Gesegneter (Hi 42,10–17).
Es ist nicht Gottes Art, seine Kinder im Stich zu lassen. »Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, die ihn fürchten« (Ps 103,13). Der Herr ist voll Erbarmen und Mitleid. Das haben die Beter und Gottesmänner im AT erfahren (- »Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte« (Ps 103,8). Vgl. 2Mo 34,6; Ps 86,15; 111,4; Klgl 3,32. -) und das bezeugt auch Jak.

Peters 2018 – Wuppertaler Studienbibel

„Wir preisen die selig, die ausgeharrt haben“: Doch es hilft nicht, sie nur selig zu preisen, wir müssen ihrem Vorbild folgen. Es genügt nicht, christliche Lebensbilder zu lesen; es ist nötig, daß auch wir uns an unserem Platz und zu unserer Zeit in Leiden und Geduld bewähren.

Hebräer 11,17-40 sind eine ganze Anzahl solcher Menschen, die vor uns den Weg gemacht haben und durchs Ziel gegangen sind, mit Namen genannt. Jakobus dagegen nennt nur einen: Hiob. „Von dem geduldigen Ausharren Hiobs habt ihr gehört“: Die „Hiobsbotschaften“ folgten Schlag auf Schlag. Doch er sagte: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; der Name des Herrn sei gelobt!“ (Hio 1, 21), dennoch gelobt! Der ihm nächste Mensch, seine Frau, riet ihm, doch den Glauben aufzugeben: „Sag Gott ab und stirb!“ (Hio 2,9). Doch er blieb dabei: „Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?“ (Hio 2,10). Nun, wenn wir in dem Buch weiterlesen, merken wir: so über allen Zweifel erhaben war auch Hiob nicht. Manchmal ging es sehr hart am Hadern vorbei. Auch die geistlichen Väter in unserem Land haben nicht immer eine so glänzende Rolle gespielt, wie man nach manchen Lebensbildern meinen könnte. Und wir werden sie auch nicht spielen. „… auf daß sich vor ihm kein Fleisch rühme“ (1 Kor 1,29).

„Das Ende des Herrn habt gesehen, daß der Herr reich ist an innigem Erbarmen und voll Mitleid“: Das „Ende des Herrn“ ist, sprachlich aktiv verstanden, eine besondere hebr Ausdrucksweise und bedeutet das (gute) Ende, zu dem Gott den anfechtungsreichen Weg Hiobs wandte, das Ziel, zu dem er ihn brachte (Hio 42,10-16). Gott hat sich wunderbar zu Hiob bekannt. Als Grund für das alles nennt Jakobus nur dies eine, „daß der Herr reich ist an innigem Erbarmen und voll Mitleid“ (vgl. das zu Jak 2,13;3,17 über die Barmherzigkeit Gottes Gesagte).

Es ist die Frage, ob dieses Wort sich auch auf Jesus bezieht. Dann bedeutet es: Hiobs Geschick war eine der Vorausabbildungen des Weges Jesu. Noch ganz anders als Hiob hat er das geduldige Ausharren bewährt. Und erst recht ist es bei ihm zum guten Ende gekommen (Phil 2,5-11). Wir haben „gesehen“, daß Gott sich an Ostern und Himmelfahrt wunderbar zu ihm bekannte. Und wir haben auch „gesehen“, das heißt erfahren, daß „der Herr reich ist an innigem Erbarmen und voll Mitleid“. Weil unser Herr durch das alles hindurchgegangen ist, versteht er uns ganz und hat umso mehr Mitleid mit unserer Schwachheit (Hebräer 4,15).

Das eine und das andere Verständnis dieser Stelle ist möglich. In jedem Fall wird uns gesagt: Es geht zwar durch erhebliche Leiden und Geduldsproben hindurch, aber wir haben einen barmherzigen Herrn, der uns nicht quälen, sondern zu einem herrlichen Ziel führen will
(Jes 28,29;1 Kor 10,13).

F. Grünzweig – Wuppertaler Studienbibel