Schlagwort: Glauben

Jesus heilte Blinde

Es geschah aber, als er Jericho nahte, saß ein gewisser Blinder bettelnd am Wege. Und als er eine Volksmenge vorbeiziehen hörte, erkundigte er sich, was das wäre. Sie verkündeten ihm aber, daß Jesus, der Nazaräer, vorübergehe. Und er rief und sprach: Jesu, Sohn Davids, erbarme dich meiner! Und die Vorangehenden bedrohten ihn, daß er schweigen sollte; er aber schrie um so mehr: Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Jesus aber stand still und hieß ihn zu sich führen. Als er aber sich näherte, fragte er ihn und sprach : Was willst du, daß ich dir tun soll? Er aber sprach: Herr, daß ich sehend werde!
Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! dein Glaube hat dich geheilt. (O. gerettet)
Und alsbald ward er sehend und folgte ihm nach, indem er Gott verherrlichte. Und das ganze Volk, das es sah, gab Gott Lob.
Elberfelder 1871 – Lukas 18,35–43

Heilung des Blinden bei Jericho
(Mt 20,29–34; Mk 10,46–52)

Als er dann in die Nähe von Jericho kam, saß da ein Blinder am Wege und bettelte. Als dieser nun die vielen Leute vorüberziehen hörte, erkundigte er sich, was das zu bedeuten habe. Man teilte ihm mit, daß Jesus von Nazareth vorübergehe. Da rief er laut: »Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner!« Die an der Spitze des Zuges Gehenden riefen ihm drohend zu, er solle still sein; doch er rief nur noch lauter: »Sohn Davids, erbarme dich meiner!« Da blieb Jesus stehen und ließ ihn zu sich führen. Als er nun nahe herangekommen war, fragte Jesus ihn: »Was wünschest du von mir?« Er antwortete: »Herr, ich möchte sehen können.« Jesus erwiderte ihm: »Werde sehend! Dein Glaube hat dir Rettung verschafft.« Da konnte er augenblicklich sehen und schloß sich ihm an, indem er Gott pries; auch das gesamte Volk, das zugesehen hatte, gab Gott die Ehre durch Lobpreis.
Menge 2003 – Lukas 18:35–43

Im selben Augenblick konnte der Mann sehen. Er folgte Jesus nach und lobte und pries Gott. Und auch die ganze Volksmenge, die seine Heilung miterlebt hatte, gab Gott die Ehre (- rühmte Gott -).
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Lk 18,43

In diesem und im nächsten Abschnitt (Lk 19,1-10) schildert Lukas zwei Beispiele dafür, wie das Volk auf den Messias hätte reagieren sollen. Beide Male war es ein Außenseiter der jüdischen Gesellschaft, der sich richtig verhielt.

In der Nähe von Jericho fragte ein Blinder, als er die Menge hörte, die vorbeiging, die Umstehenden, was das wäre. Als er erfuhr, Jesus von Nazareth gehe vorbei, spürte er offenbar sofort, daß der Messias da war, denn seine Worte – Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner – lassen sich nicht anders deuten, als daß er wußte, daß Jesus der Messias war.
Der Symbolgehalt dieser Geschichte ist bemerkenswert. Der Mann war ein Bettler, der am Wege saß und darauf wartete, daß etwas geschah. Er war blind und konnte selbst nichts tun, um seine Situation zu verbessern. Doch als der Messias durch seine Stadt kam (wie er durch so viele Städte ging), erkannte ihn der Blinde sofort als den Messias, der ihn von seiner Blindheit heilen konnte. Die Außenseiter der Gesellschaft, die nicht in der Lage waren, sich selbst zu helfen, waren immer wieder eher bereit, den Messias anzuerkennen und ihn um Hilfe zu bitten als die frommen jüdischen Religionsführer.
Die aber vornean gingen, fuhren ihn an, er solle schweigen. Ähnlich versuchten auch die Religionsführer, die Menschen vom Glauben an Jesus abzubringen. Aber der Widerstand ließ den Mann nur noch hartnäckiger auf seiner Bitte bestehen.
Indem er Jesus gegenüber seinem Wunsch Ausdruck gab, wieder zu sehen, vertraute er darauf, daß der Messias die Macht hatte, ihn zu heilen. Es war also nicht die Macht seines Glaubens (dein Glaube hat dir geholfen), die den Mann geheilt hatte, sondern die Macht des Messias, an den er glaubte (vgl. Lk 7,50;17,19). So wäre auch das Volk, wenn es dem Messias geglaubt hätte, durch den Glauben von seiner geistlichen Blindheit geheilt worden. Als der Mann geheilt war, lobte er und alles Volk, das es sah, G

Walvoord Bibelkommentar

Weil wir glauben, daß die Autographen der Heiligen Schriften irrtumslos waren, ist es notwendig, die scheinbaren Unterschiede in den drei Berichten dieses Wunders miteinander in Einklang zu bringen. Hätten die Autoren des NT voneinander einfach abgeschrieben oder hätten sie nach getaner Arbeit ihre Berichte miteinander verglichen und vereinheitlicht, hätten wir keinerlei Schwierigkeiten. Wir danken aber Gott dafür, daß sie besser beraten waren, als dem Heiligen Geist in den Arm fallen zu wollen. Es hat seine Gründe, warum Matthäus sagt, daß zwei Blinde geheilt wurden, als der Herr Jericho verließ (20,29-34). Das ist kein Widerspruch, vielmehr erwähnt Matthäus einen zweiten, den die andern nicht erwähnen, und zwar tut er dies, um dem Grundsatz der doppelten Zeugenschaft zu genügen. Markus und Lukas leugnen nicht, daß zwei geheilt wurden. Markus gibt uns den Namen eines Geheilten, Bartimäus, den der Herr heilte, „als er aus Jericho ging“ (10,46-52). Viele haben gemeint, Lukas sage, die Heilung sei geschehen, als der Herr sich Jericho nahte. Er sagt nichts anderes, als daß der Blinde in jenem Augenblick rief, daraufhin zurechtgewiesen wurde, dennoch weiterrief, bis der Herr stehenblieb, ihn zu sich rief und ihn heilte. Lukas sagt uns nicht, wieviel Zeit all das in Anspruch nahm, aber in der Zwischenzeit war der Herr durch Jericho hindurchgegangen (19,1). Es war ein kleines Städtchen, das man bald durchquert hatte. Das ist eine Erklärung, die bis auf Maldonatus zurückgeht und die auch von Calvin übernommen wurde. Andere schlagen als Lösung vor, daß die Heilung zwischen dem alten Jericho und dem neuen römischen Jericho stattfand (F. Godet, A.T. Robertson, Leon Morris).

Markus und Lukas sagen uns, daß der Blinde bettelte. Er hatte keine andere Möglichkeit, und seine Blindheit weckte Mitleid. Sein großer Vorteil war der, daß er dort saß, wo der Herr vorbeigehen sollte. Sünder können sich selbst nicht retten, aber sie können sich dahin begeben, wo sie dem Retter begegnen können. „Erkundigte“ steht im Imperfekt, der Blinde muß also beharrlich gefragt haben, denn es scheint, daß man ihm zunächst keine Beachtung geschenkt hatte. Noch heute gilt für einen jeden Sünder, daß „Jesus, der Nazaräer, vorübergeht“, der auf den Schrei wartet, der von Hilflosigkeit und von dem ernsten Wunsch nach Hilfe zeugt.

„Sohn Davids“ ist ein messianischer Titel; der Blinde muß also einiges über Jesus von Nazareth gewußt haben. Er schrie tatsächlich ( eboäsen, ein lauter Schrei der Not), worauf die Volksmenge ihn scharf zurechtwies. Er ließ sich aber nicht den Mund stopfen und schrie noch lauter. Er erkannte eine Gelegenheit, die vorübergehen würde, und damit hatte er Recht, denn der Herr war unterwegs Richtung Golgatha und würde nie mehr an dieser Stelle vorbeigehen. Wer nicht erkennt, daß die Zeit drängt und daß Gelegenheiten nicht wieder kommen mögen, wird die Errettung nie annehmen. „Erbarme dich meiner!“ ist die Bitte des Sünders, der weiß, daß er keine Ansprüche vor Gott geltend machen kann. Es war auch der Ruf des Zöllners (V.13), der sich als „Sünder“ erkannte. Wir haben allen Grund zu vermuten, daß dieser Blinde um eine tiefere Not wußte als seine bloße physische Blindheit.

Es wurde oben gesagt, daß zwischen der Bitte des Blinden und dem Stehenbleiben des Retters einige Zeit verstrichen war. Sünder erleben es oft, daß sie eine Weile warten müssen. Der Herr drängt sich keinem halbherzig Suchenden auf. Dieses Kapitel beginnt und endet mit jemand, der unablässig um Hilfe schreit: zuerst eine arme Witwe, dann ein blinder Bettler. Das AT kommentiert: „Suchet den Herrn, während er sich finden läßt; rufet ihn an, während er nahe ist“ (Jes 50,6). Die Not der Witwe war verzweifelt, und sie hatte keinen anderen Helfer als den ungerechten Richter. Der Blinde saß in erbarmungswürdiger Dunkelheit und wandte sich an den einzigen Helfer, den „Sohn Davids“, der als Licht in diese Welt gekommen war.
  
Viele sind durch andere zum Retter geführt worden. Dieser Mann wurde auch zu Ihm geführt und wird nun gefragt, worin er denn Hilfe begehre. Es mag anfänglich so sein, daß der Sünder nur ein vages Empfinden für seine Not hat. Er muß aber seine Not genau erkennen, bevor ihr begegnet werden kann. Wer seine Notlage noch nicht erkannt hat, kann nicht gerettet werden. Als Antwort auf die Frage nach seiner Not spricht er Jesus als „Herrn“ an. Die Bedeutung der Anrede wird deutlicher, wenn wir sie mit verschiedenen anderen vergleichen. Judas sprach Ihn nie als Herrn an. Der Herr Jesus wurde oft didaskalos, („Meister“ oder „Lehrer“) genannt: von den Gesetzgelehrten (10,25; 11,45); vom Mann, der seinem Bruder das Erbe strittig machte (12,13); vom reichen Jüngling („Guter Meister“; 19,19); von den Pharisäern (19,39); von den Hohenpriestern (20,21); von den Sadduzäern (20,28); von den Schriftgelehrten (20,39); und von den Jüngern (21,7). Der Herr nannte sich selbst auch didaskalos (22,11; cf. Joh 13,13.14). Lukas verwendet das Wort öfter als die anderen Evangelisten. Der Blinde aber sagte: „Herr, daß ich sehend werde.“ Er erkannte, daß der „Sohn Davids“ wahrhaftig der Herr war. Der Blinde hatte erleuchtete Herzensaugen, mit denen er die Worte Davids verstand: „Der Herr sprach zu meinem Herrn …“ (Ps 110,1).

Jetzt gibt es keinen Aufschub mehr. Sobald der Mann seine Not bekennt, spricht der Retter zu ihm Worte des Segens und Worte der Kraft. Wir haben die Heilung des Blinden stets mit der Errettung des Sünders verglichen. Der Grund dafür wird in den Worten des Herrn ersichtlich: „Sei sehend“, was sich auf die leibliche Heilung bezieht; und: „dein Glaube hat dich gerettet“ (wie es wörtlich heißt; sozo), was sich auf die Errettung seiner Seele bezieht. „Und folgte ihm nach“ steht im Imperfekt und bedeutet, daß er Ihm beständig nachfolgte. Das erklärt, warum Markus und Lukas anders als Matthäus, der von zwei Blinden berichtet, nur die Heilung des Bartimäus überliefert haben.
Bartimäus folgte dem Herrn auch weiterhin und war den Gläubigen bekannt, als Lukas sein Evangelium schrieb.
 Dieses Kapitel enthält Illustrationen der verschiedenen Seiten der Errettung. Die Sünde des Zöllners war eine schwere Last, und er brauchte Erbarmen. Er schrie zu einem Gott unendlichen Erbarmens, der ihm zu vergeben vermochte und auch gerne vergeben wollte. Seine Krankheit war die Sünde, und er empfing die Barmherzigkeit, die er begehrte. Der reiche Jüngling litt ebenso unter Sünde und bedurfte des Lebens, aber seine Krankheit hatte keine so offenkundigen Symptome. Sein Leiden war tödlich, denn es hatte sein Herz befallen, aber er wußte nicht darum und empfing daher das Leben nicht, nach dem er gefragt hatte. Der Blinde war in der Finsternis und brauchte Licht. Er schrie zum Herrn, und ihm wurden die Augen aufgetan, Licht erfüllte sein Herz und durchleutete sein Leben, indem er dem Herrn nachfolgte.
  

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Kritiker des Neuen Testaments identifizieren eine angebliche Diskrepanz zwischen diesen drei Berichten, weil Markus schrieb: Und sie kamen nach Yericho; und als er von Yericho hinausging, mit seinen Jüngern und einer großen Schar (Markus 10:46). Matthäus bestätigt dies, indem er sagt: Und als sie von Yericho hinausgingen, folgte ihm eine große Schar (Matthäus 20:29). Lukas hingegen berichtet: Und es geschah, als er sich Yericho näherte (Lukas 18:35). Nach Markus und Matthäus ereignete sich diese Begebenheit, während er von Jericho ausging, während Lukas berichtet, dass es geschah, während er sich Jericho näherte. Die historische Geographie Israels widerlegt jedoch diese scheinbare Diskrepanz. Im ersten Jahrhundert gab es zwei Jerichos: das alttestamentliche Jericho und das neutestamentliche Jericho, das von Herodes dem Großen erbaut wurde und wo er auch starb. Getrennt durch etwa drei Meilen, musste man zuerst durch das alttestamentliche Jericho gehen, um das neutestamentliche Jericho zu erreichen, wenn man sich Jerusalem von Norden her näherte. Dieser Vorfall ereignete sich zwischen den beiden Jerichos, als Jeschua aus dem alttestamentlichen Jericho herausging und sich dem neutestamentlichen Jericho näherte.

Eine weitere angebliche Diskrepanz ist die Anzahl der blinden Männer. Matthäus erwähnte zwei (Matthäus 20:30), während Lukas nur einen aufzeichnete: ein gewisser Blinder saß am Wegesrand und bettelte (Lukas 18:35). Markus war sogar noch genauer und gab den Namen des Bettlers an: der Sohn des Timai, Bartimai,[ 319 ] ein blinder Bettler, saß am Wegesrand (Markus 10:46). Von den beiden blinden Männern war Bartimäus der prominentere, worauf die Tatsache hinweist, dass sein Name erwähnt wurde. Obwohl also zwei Männer an diesem Wunder beteiligt waren, richteten Lukas und Markus ihre Aufmerksamkeit nur auf einen von ihnen, weil er aus einem unbekannten Grund der auffälligere war. Oftmals lieferte ein Evangelienschreiber einen vollständigen Bericht, während ein anderer sich auf ein bestimmtes Detail desselben Vorfalls konzentrierte.[320] Außerdem gaben weder Markus noch Lukas an, dass es nur einen blinden Mann gab; sie berichteten einfach nur über einen von ihnen.

Jeschua war in Jericho, was zeigt, dass Er den Jordan überquert hatte und somit wieder unter der Gerichtsbarkeit des Sanhedrins stand. Als Er aus dem alttestamentlichen Jericho hinausging und im neutestamentlichen Jericho ankam, folgte Ihm eine große Menschenmenge. Die blinden Männer erkundigten sich nach der Aufregung (Lukas 18:36) und entdeckten, dass Jeschua von Nazareth vorbeikam (Lukas 18:37). Sie baten den Messias, sich ihrer zu erbarmen, aber Jeschua ging nicht sofort auf ihre Bitte ein. Sie fuhren fort, ihn anzuflehen, während er durch die Stadt ging, und die Menge tadelte sie dafür (Markus 10:47-48), was die Männer dazu veranlasste, noch mehr zu schreien, wobei Bartimäus als Hauptsprecher fungierte. Die Grundlage seines Flehens war Jeschuas Position: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner (Markus 10:47, 48). Seit der Verwerfung heilte Jeschua nur noch auf der Grundlage der persönlichen Not, die sie zum Ausdruck brachten: Herr, erbarme dich unser, du Sohn Davids (Matthäus 20,31). Sie wussten aus Jesaja 35,5, dass, wenn der Messias kommt, er die Blinden heilen würde, und so baten sie ihn, ihre Blindheit zu heilen. Da sie ihr Flehen jedoch auf Jeschuas messianischen Titel, den Sohn Davids, stützten, konnte er nichts für sie tun, weil sein messianischer Charakter bereits verworfen worden war.

Schließlich blieb Jeschua stehen und sagte: „Ruft ihn herbei“ (Mk 10,49), wodurch die Sache privater wurde. Der Blinde warf sein Gewand weg, sprang auf und kam zu Jeschua (Markus 10:50). Als der Blinde sein Gewand zurückließ, bewies er Glauben, indem er glaubte, dass er später sehen und sein Gewand wiederfinden würde. Das Thema der persönlichen Not kam wieder auf, als Jeschua ihn konkret fragte: Was willst du, dass ich dir tun soll? (Markus 10,51). Ihre Bitte war offensichtlich, aber Jeschua verlangte von ihnen, ihr persönliches Bedürfnis klar zu benennen, und das taten sie: Sie sagen zu ihm: „Herr, dass unsere Augen geöffnet werden“ (Matthäus 20,33), wobei sie den ehrenvollsten aller Titel, Rabboni (Markus 10,51), verwenden, was „mein großer Herr“ bedeutet. Jeschua antwortete positiv, und Matthäus betonte seine Motivation: Und Jeschua, von Mitleid ergriffen, rührte ihre Augen an; und alsbald wurden sie sehend und folgten ihm nach (Matthäus 20,34). Markus hob ihren Glauben hervor: Geht hin; euer Glaube hat euch gesund gemacht (Markus 10,52). Der grundsätzliche Ablauf blieb derselbe: Jeschua rief sie beiseite, um ihnen ihre persönliche Not mitzuteilen; sie zeigten ihren Glauben; und aufgrund ihres Glaubens heilte er sie.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Was für eine Wohltat für die Blinden! Wenn du blinde Menschen kennen solltest, dann wird dir die Hilfslosigkeit dieser Menschen zur Zeit Jesu bestimmt bewußt sein. Heute gibt es ja viele Hilfsmittel – unter anderem Technik, die einem vorlesen kann. Aber früher waren die Menschen wirklich von anderen abhängig. Deshalb half Jesus nicht ein bißchen, ER heilte nicht ein bißchen – sondern die Blinden wurden richtig sehend! Hoffentlich werden die Menschen, die geistig erblindet sind, auch durch Jesus und durch den heiligen Geist wieder geistig sehend!

Jehova hat uns das Gewissen gegeben, damit wir über uns selbst urteilen, nicht über andere – II

„Vorverurteile niemanden, sonst könnte Gott dasselbe mit dir auch tun.
VolxBibel – Matthäus 7,1

Richtet nicht (hart und lieblos), damit ihr nicht (einst ebenso) gerichtet werdet!
Ludwig Albrecht – Matthäus 7:1

Fällt kein abschätziges Urteil über andere, damit auch ihr nicht vorschnell abgeurteilt werdet! Denn mit dem Maßstab, den ihr an andere anlegt, werdet ihr auch gemessen werden. Und die Erwartungen, die ihr anderen gegenüber habt, werden auch an euch gestellt!
Roland Werner – Matthäus 7:1–2

Den Vers hatten wir schon vor zwei Monaten – also heute nur weitere Gedanken:

Die Leute, welche weniger in der praktischen Gerechtigkeit, die der Herr in der Bergpredigt lehrt, wandeln, werden ihr Zukurzkommen dadurch zu entschuldigen suchen, daß sie die Geistlicheren und Gehorsameren richten. Kleine Dinge können über die Maßen aufgeblasen werden. Das suchten die Pharisäer mit dem Herrn zu tun, nur daß sie bei ihm nicht einmal Kleinigkeiten fanden, die sie angreifen konnten. Daher mußten sie falsche Klagen gegen ihn erfinden.  »Richtet nicht« bedeutet, daß man nicht jemanden hart und lieblos richten darf. Wenn unsere Augen nicht verschlossen sind, dann können wir Fehler bei andern erkennen, aber unsere Haltung darf nie die des überlegenen Richtens sein. »Auf daß ihr nicht gerichtet werdet« kann zwar auch bedeuten, daß Gott den richten wird, der andere richtet. Der Grundsatz reicht aber weiter. Wer andere hart verurteilt, wird auch von Gott ähnlich beurteilt werden. Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben (1Kor 3,17). Was der Mensch sät, das wird er ernten (Gal 6,7). Man vergleiche auch Matthäus 18,33; Jak 2,13; 4,11-12.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

»Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!«

Was ist das »Richten«, das Jesus den Seinen so schroff untersagt? Es ist mit dem »Gericht« von Mt 6, 2 zu verbinden und wird von da her klarer. Demnach handelt es sich um das endgültige Urteil über das persönliche Verhältnis eines Menschen zu Gott: ob einer verdammt oder gerettet ist. Dahin weisen auch die Vergleichsstellen Röm 2,1; 14,4; 1 Kor 4,5; 5,12; Jak 4,11; 5,9 . Zu diesem Richten sind wir nicht befugt, weil hier nur der göttliche Richter in Frage kommt (Mt 13,28ff.). Sünder können in diesem Sinn keinen Sünder richten. »Denn«, wie Paulus in Röm 2,1 vielleicht unter Benutzung des Wortes Jesu sagt, »worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest.« Selbstverständlich ist damit auch der überhebliche Richtgeist getroffen, wie Mt 6, 2 sogleich zeigt.
Was ist das »Richten«, das Jesus den Seinen so schroff untersagt? Es ist mit dem »Gericht« von Mt 6, 2 zu verbinden und wird von da her klarer. Demnach handelt es sich um das endgültige Urteil über das persönliche Verhältnis eines Menschen zu Gott: ob einer verdammt oder gerettet ist. Dahin weisen auch die Vergleichsstellen Röm 2,1; 14,4; 1 Kor 4,5; 5,12; Jak 4,11; 5,9 . Zu diesem Richten sind wir nicht befugt, weil hier nur der göttliche Richter in Frage kommt (Mt 13,28ff.). Sünder können in diesem Sinn keinen Sünder richten. »Denn«, wie Paulus in Röm 2,1 vielleicht unter Benutzung des Wortes Jesu sagt, »worin du den anderen richtest, verdammst du dich selbst, weil du ebendasselbe tust, was du richtest.« Selbstverständlich ist damit auch der überhebliche Richtgeist getroffen, wie Mt 6, 2 sogleich zeigt.

Auch Mt 6, 1 kann missbraucht werden. Ein Missbrauch geschieht z. B. da, wo man die Prüfung der Geister, die 1 Joh4,1ff.) fordert, mit Mt 7,1 ausschalten will. Ohne geistliches Prüfen können wir ja den Weg der Nachfolge nicht gehen (vgl. auch Röm 12,2; Eph 5,10; 1 Thess 5,21; Apg 17,11). Der Irrlehre müssen wir ebenso entgegentreten wie die Apostel (Röm 16,17ff.); 1 Kor 6,9ff.); 1 Kor 15,12ff.); Phil 3,2ff.); Kol 2,8ff.) usw.). Dennoch mahnt uns Jesus auch hier zur abwägenden Vorsicht und zur liebenden Geduld. Selbst wenn wir jemand aus der Gemeinde ausschließen müssen, ist damit das letzte Urteil nicht gesprochen. Es bleibt dem Jüngsten Gericht überlassen.

Gerhard Maier – Edition C

Würde uns erst einmal von dieser Erkenntnis das Herz brennen, dann würde es uns nicht mehr als ein harter Befehl erscheinen, daß wir nicht richten sollen, vielmehr wir würden es als Geschenk Gottes hinnehmen, daß wir nicht zu richten brauchen in soviel Elend und Schuld; daß wir lieben dürfen, daß wir uns nicht wie die Pharisäer absondern müssen, sondern daß wir herbeitreten dürfen in all das Elend und all die Not, daß wir helfen und lieben und barmherzig sein dürfen unter den Sündern, daß uns unser Herz brechen darf unter der Not der Großstädte und ihrer Unmoral, daß wir ans Herz ziehen dürfen die Enterbten und Fehlgegangenen: Gott und seine Liebe sei Dank für dies Geschenk. Jesus selbst hat es gesagt: ich bin nicht gekommen, die Welt zu richten; Jesus hat geliebt sein Leben lang, das war sein Glück und seine Seligkeit. Wollen wir unser Glück und unsere Seligkeit das Richten sein lassen. Nun, laßt uns danken, daß wir lieben dürfen, daß wir Jesus ähnlich sein dürfen, daß wir an die Menschen glauben dürfen, weil sie ja Gottes Kinder sind, daß wir sie tragen dürfen in Liebe; die Liebe duldet, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie trägt alles.
Gott hat die Menschen in Jesus Christus geliebt, hat sie zu seinen Kindern gemacht, da sie noch Sünder waren, laßt uns in unserem Nächsten das Gotteskind lieben, auch wenn er fehltritt, auch wenn er fällt. Im Nächsten lieben wir Gott, das ist das große Geschenk des Christentums. Und damit kommen wir auf das zuerst Gesagte zurück. Richten zerstört jegliche Gemeinschaft. Lieben, verzeihen, fürbitten das allein baut sie auf. Keine Ehe und keine Freundschaft besteht ohne diese tiefste verzeihende nicht richtenwollende Liebe, keine Erziehung der Jugend gibt es ohne daß wir uns ihm gleichstellen in Liebe, nicht Hochmut und Selbstgerechtigkeit des […] sondern Liebe verzeihende und fürbittende Liebe dessen, der aus Gott seine einzige Kraft zieht, und der mit seinem Zögling oder Kinde vor Gott steht. Aber auch keine Volksgemeinschaft gibt es, solange die Menschen richten wollen. Nie wird der Klassenhaß ein Ende haben, wenn wir nicht endlich einmal Schluß machen mit dem Richten über die andere Klasse. Richten schafft Hochmut und Selbstgerechtigkeit, Hochmut schafft Trennung, Entfremdung, Feindschaft, Liebe Demut und Zutrauen auf Gottes Barmherzigkeit, Demut schafft Einheit und Freundschaft, denn sie stammt von Gott.

Dietrich Bonhoeffer – Barcelona, Berlin, Amerika

Wie können wir jene akzeptieren, die anders sind als wir? Überprüfe dein Herz, deine Gedanken und deine Motive:
• Beurteile nicht das Herz eines anderen Menschen (Matthäus 7,1).
• Bitte Gott, dein eigenes Herz zu erforschen (Psalm 139,23–24).
• Beurteile Menschen nicht nach ihrer äußeren Erscheinung (1 Samuel 16,7).
• Trachte danach, den Bedürfnissen anderer zu begegnen (Philipper 2,4).
• Glaube nicht, dass du deine Einstellung nicht ändern kannst (2 Korinther 5,17).
• Setze dir das Ziel, dein Denken zu verändern (Römer 12,2).
• Verwende keine erniedrigenden Namen oder Ausdrücke (Titus 3,1–2).
• Bitte Gott, deine Worte mit seiner Liebe zu „würzen“ (Epheser 4,29).
• Diskriminiere andere nicht deshalb, weil das „ohnehin alle tun“ (Sprüche 14,12).
• Behandle andere so, wie du behandelt werden willst (Matthäus 7,12).
• Mache dich über die unterschiedlichen Merkmale anderer nicht lustig (Sprüche 11,12).
• Lerne, die unterschiedlichen Merkmale anderer als Bereicherung der bunten Schöpfung Gottes zu schätzen (Maleachi 2,10).
• Reagiere nicht aggressiv auf die Vorurteile, die andere dir gegenüber haben (1 Petrus 3,8–9).
• Sei bereit, um Christi willen die schmerzlichen Folgen der Vorurteile anderer zu erdulden (Matthäus 5,11–12).

Handbuch für biblische Seelsorge

Eltern

Ihr sollt ein jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten; und meine Sabbathe sollt ihr beobachten. Ich bin Jehova, euer Gott –
Elberfelder 1871 -Leviticus 19,3

Jeder von euch soll seine Mutter und seinen Vater ehren und immer meinen Sabbat als Ruhetag halten; denn ich bin der Herr, euer Gott.
Neues Leben – Bibel 2006 – 3.Mose 19,3

Jeder von euch soll seine Mutter und seinen Vater achten und den Sabbat als Ruhetag einhalten. Ich bin der Herr, euer Gott!
Hoffnung für alle – 1996 – 3.Mose 19:3

Das Ehren der Eltern und das Halten des Sabbats fassen das ganze Gesetz und die Zehn Gebote zusammen und zeigen, daß Heiligkeit immer zu Hause beginnt. Ein Kind, das lernt, Vater und Mutter zu ehren (wörtl. »zu fürchten« wie in V. 14 ) wird auch »Gott fürchten« und sich nicht zu den Götzen wenden und keine gegossenen Götter machen (V. 4 ).

Walvoord Bibelkommentar

Beide Gebote die in Vers 3 erwähnt werden, sind eine Zusammenfassung des ganzen Gesetzes. Es ist die Anerkennung der von Gott gewährten Autorität und der Autorität Gottes selbst.
Ehrfurcht vor Gott, den wir nicht sehen, wird in erster Linie dadurch gezeigt, dass wir Ehrfurcht vor Vater und Mutter haben, die wir wohl sehen können (Mal 1,6). Vater und Mutter sind die ersten Autoritäten, mit denen wir als Menschen zu tun haben, sobald wir geboren sind. Das Ehren von Vater und Mutter gilt, solange sie leben, und nicht nur, solange wir bei ihnen wohnen. Die Mutter wird zuerst genannt. Auch wenn der Vater gestorben ist, bleibt das Gebot, sie zu ehren.
Das Sabbatgebot wird verbunden mit dem Gebot, Ehrfurcht zu haben vor der ersten Instanz der Autorität, womit ein Mensch auf der Erde zu tun hat, den Eltern. Durch die Beobachtung von Gottes Sabbaten zeigt der Israelit seine Anerkennung Gottes. Bei allen Geboten kann man eine gewisse Nützlichkeit annehmen. Bei dem Sabbatgebot ist das nicht der Fall. Ein Mensch kann diesen Tag schnell als einen Tag verlorener Produktivität ansehen. Wer diesem Gebot gehorcht, tut es, weil Gott es gesagt hat.
In der geistlichen Bedeutung legt das Sabbatgebot die Grundlage für alle Beziehungen. Wenn wir in der Ruhe Gottes ruhen, das heißt in dem Werk von Christus, wird es auch in den Beziehungen als Familie Ruhe geben, in der Anerkennung der Verpflichtungen, die Gott darin gegeben hat.
Vater und Mutter (Familie) und Sabbat (Ruhe nach dem Werk) sind bereits vor dem Sündenfall von Gott eingesetzt worden. Sie bilden die Pfeiler der sittlichen Weltordnung und des bürgerlichen Wohlergehens. Alle, die zum Volk Gottes gehören, sollen diese Pfeiler im geistlichen Sinn hochhalten.
Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren, gilt auch für die Christenheit (Eph 6,2.3). Das Sabbatgebot muss nicht buchstäblich gehalten werden, weil die Sünde die Ruhe Gottes in Beziehung zu der Schöpfung gestört hat (Joh 5,16.17). Für die Schöpfung ist die Ruhe noch zukünftig (Heb 4,9). Im geistlichen Sinn ruht Gott in dem Werk seines Sohnes, und darin dürfen auch wir ruhen.
Das Kind, das lernt, Vater und Mutter zu fürchten, wird auch Gott fürchten und sich weit von den Götzen fernhalten. Die Verbindung mit dem Nächsten kann nur gut sein, wenn auch die Verbindung nach oben, mit Gott, gut ist. Wenn Gott nicht mehr vor unseren Blicken steht, weil andere Dinge wichtiger geworden sind (Götzen in welcher Form auch immer), wird das Verhältnis mit unseren direkten Nächsten, unseren Familiengliedern, abkühlen.

Ger de Koning

großen Respekt zeigen. Das Wort yare‘ [TH3372, ZH3707] wird oft mit „Furcht“ übersetzt, nicht unbedingt mit der Vorstellung von Schrecken oder Entsetzen, sondern eher von Ehrfurcht in der Gegenwart von Majestät und Macht. Dies ist derselbe Begriff, der die Haltung gegenüber Gott selbst charakterisiert (19:14, 32). Die Eltern wurden also in den israelitischen Familienbeziehungen als äußerst wichtig angesehen.

Eckstein Biblischer Kommentar

Ihr sollt jeder seine Mutter und seinen Vater ehren und meine Sabbate halten Wörtlich: „Ihr sollt jeder seine Mutter und seinen Vater ehren. Im biblischen Hebräisch können Sätze, die mit ʾish, „eine Person“, beginnen, in die zweite Person übergehen, wie es hier der Fall ist. Noch bedeutsamer ist die Tatsache, dass die Mutter vor dem Vater steht, während anderswo der Vater in der Regel zuerst kommt, wie man es in einer patrilinearen Gesellschaft erwarten würde. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von diesem Muster, die darauf hindeuten, dass in familiären Kontexten die Mutter bevorzugt wird. In 21,2 steht die Mutter an erster Stelle in einer Liste von Blutsverwandten. In Genesis 35:18 wird der Name, den die Mutter einem Neugeborenen gibt, vor dem Namen des Vaters aufgezeichnet. Die traditionelle Lösung für die ungewöhnliche Reihenfolge in unserem Vers basiert auf einem Vergleich mit dem fünften Gebot, in dem der Vater vor der Mutter steht. Beide Aussagen zusammengenommen ergeben eine gerechte Wertschätzung beider Elternteile.

Baruch A. Levine – Der JPS Tora-Kommentar

Levitikus 19 wird manchmal die alttestamentliche Bergpredigt genannt, weil sie viele bekannte Gesetze enthält, insbesondere „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (V. 18). Diese Gesetze haben einen starken Schwerpunkt auf dem Gemeinschaftsleben. Die Grundlage des Gemeinschaftslebens ist Heiligkeit: daher das Gebot: „Ihr sollt heilig sein, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig“ (V. 2). Das Gemeinschaftsleben beginnt mit der Gemeinschaft mit Gott. Alle modernen politischen Bemühungen, die große Gemeinschaft weltweit auf humanistischen und politischen Grundlagen zu errichten, sind daher zum Scheitern verurteilt. Die Grundlage aller wahren Gemeinschaft erfordert die Gemeinschaft mit Gott, und sie beginnt mit unserer Heiligkeit. Die Grundlagen der sozialen Ordnung sind theologisch; Versuche des sozialen Friedens und der Einheit ohne den dreieinigen Gott sind lediglich Wiederholungen des Trugschlusses des Turmbaus zu Babel und sind wie dieser zur Verwirrung verurteilt.
Da die Familie die grundlegende soziale Einheit unter Gott ist, wird uns sofort gesagt: „Ihr sollt ein jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten“ (V. 3). Das hebräische Wort Furcht ist yare, (yawray), was soviel wie fürchten, verehren, fürchten bedeutet. In den Zehn Geboten ist das Wort Ehre (2 Mose 20,12; 5 Mose 5,16). Es wird nicht von uns verlangt, dass wir unsere Eltern lieben, weil sie vielleicht nicht liebenswert sind, und es ist auch keine pauschale Forderung nach Gehorsam, denn Gehorsam wird von Erwachsenen nicht verlangt, und es gibt auch kein Recht für Eltern, von Kindern einen Gehorsam im Bösen zu verlangen. Die Ehre, Furcht oder Ehrfurcht ist ein elterliches Gebot um des Herrn willen und wegen der Institution der Familie. Die elterliche Autorität ist theologisch, und es ist eine Sünde von Seiten der Eltern, ihre Position in humanistischen Begriffen zu sehen. In diesem Gesetz, wie auch in Levitikus 20,19 und 21,2, wird die Reihenfolge der Zehn Gebote umgedreht; statt „dein Vater und deine Mutter“ heißt es Mutter und dann Vater. Weil wir hier das Gesetz der Heiligkeit haben, wird der Mutter der Vorrang gegeben.
1. Heiligkeit ist in der Schrift keine abstrakte Tatsache, sondern eine sehr persönliche. Daher erfordert Heiligkeit in Bezug auf das Familienleben eine besondere Ehre und Achtung für die Mutter. Der normale Gebrauch des Wortes yare ist in Bezug auf Gott. Gott ist der Schöpfer allen Lebens, und die Mutter ist die unmittelbare Quelle unseres Lebens, daher die übliche Bezeichnung. Dies ist ein Gesetz der Heiligkeit; es bedeutet, dass unser Verhalten gegenüber unseren Eltern nicht von persönlichen Erwägungen bestimmt wird, sondern von Gottes Gesetz. Scott sagte über Heiligkeit, dass Heiligkeit besteht in der Trennung von der Sünde, der Hingabe an Gott und der Übereinstimmung mit seinen moralischen Vorzügen, die auch in seinem heiligen Gesetz niedergeschrieben sind. Ohne Heiligkeit können wir nicht mit Gott wandeln oder Gemeinschaft mit ihm haben; und obwohl eine äußere oder zeremonielle Reinheit „dem HERRN heilig“ genannt wurde, war sie doch nur ein Sinnbild für die Reinheit des Herzens, die besonders gemeint war.
2 Obwohl „der HERR reich ist an Barmherzigkeit und Güte“, so macht es doch seine vollkommene Heiligkeit unmöglich, daß wir in ihm glücklich werden oder daß er sich an uns erfreut, es sei denn, daß wir auch geheiligt werden; die nun, die er besonders liebt, heiligt er auch.

Es ist wichtig zu beachten, dass wir in V. 3 in einer einzigen Aussage die Forderung nach Ehrfurcht vor den Eltern und die Einhaltung des Sabbats haben. Das gemeinsame Thema ist die Ruhe. Der Sabbat soll ein Tag der Ruhe sein, und in Rut 3,1 wird die Ehe als Ruhe bezeichnet. Für den modernen Menschen bedeutet Ruhe Untätigkeit, während es für die Heilige Schrift bedeutet, dass wir dort sind, wo wir hingehören, an dem von Gott für uns bestimmten Platz und unter seinem Gesetz-Wort. Die Ehe ist unsere Ruhe, denn sie ist Gottes Plan für uns. Der Sabbat ist ein Tag der Ruhe, weil er ein Teil unserer Umsiedlung, der Neuausrichtung unseres Lebens, in Gottes Bestimmung ist. Der Gott, der uns geschaffen hat, hat sowohl die Ehe als auch den Sabbat in Bezug auf unser Wesen und unsere Bedürfnisse bestimmt. Revolutionäre Bewegungen haben sowohl die Ehe als auch den Sabbat angegriffen; die alten Mozdakiter schafften die Ehe ab, und die Französische und Russische Revolution den Sabbat, nur zu ihrem eigenen Schaden.

Rousas John Rushdony – Kommentare zum Pentateuch

Was bedeutet es, „heilig“ zu sein?
„HEILIG“ zu sein heißt, in Worten und in Taten rein oder makellos zu sein. Es bedeutet, dem göttlichen Maßstab des Rechts und der Sittlichkeit zu entsprechen. Es heißt, in sittlicher Hinsicht unverderbt zu sein.
Der Apostel Petrus schrieb über den Grund, weshalb Gottes Diener heilig sein sollten, folgendes: „In Übereinstimmung mit dem Heiligen, der euch berufen hat, werdet auch ihr selbst heilig in eurem ganzen Wandel, weil geschrieben steht: ,Ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin‘ “ (1. Petr 1:15, 16).
Ja, Jehova Gott ist im höchsten Grade heilig — rein oder makellos. Er ist der „Heilige“. Von Seraphim, mächtigen Geistgeschöpfen, heißt es in der Bibel, daß sie sagen: „Heilig, heilig, heilig ist Jehova der Heerscharen“ (Jes 6:3). Jesus Christus, der oberste seiner Söhne, redete ihn als „heiliger Vater“ an (Joh 17:11). Somit sollten sich alle, die vorgeben, seine Diener zu sein, zu Recht bemühen, in ihrem ganzen Wandel rein zu bleiben. Was schließt das alles ein?
Um diese Frage zu beantworten, sollten wir die Worte: „Ihr sollt heilig sein, weil ich heilig bin“ näher untersuchen. Der Apostel Petrus zitierte sie aus dem mosaischen Gesetz. Dort erscheinen sie in 3Mose 19:2 im Zusammenhang mit Anforderungen, die Gott nicht nur für heilige Tätigkeiten, sondern auch für Angelegenheiten des täglichen Lebens aufstellte.
Zum Beispiel finden wir das Gebot: „Ihr solltet ein jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten“ (3Mose 19:3). Ehrfurcht oder Achtung vor den Eltern ist unerläßlich, um in einem Volk Frieden und Eintracht zu bewahren. Der Grund besteht darin, daß starke Familien eine solide Grundlage für eine geeinte Gesellschaft bilden. Mißachtung der Eltern führt hingegen zu Uneinigkeit und ist das Gegenteil von dem, was man von einem Volk erwarten sollte, das Jehova Gott verehrt.

Wachtturm 15.Oktober 1978

Aber dann hier ein Denkfehler:

In den Schriften des Apostels Johannes finden wir ähnliche Anweisungen, die zeigen, daß Christen solche Personen völlig meiden sollten: „Jeder, der vorausdrängt und nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht. . . . Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn niemals in euer Haus auf, noch entbietet ihm einen Gruß. Denn wer ihm einen Gruß [griechisch: cháirō] entbietet, hat an seinen bösen Werken teil“ (2. Johannes 9-11).
Warum ist es angebracht, auch heute eine solch entschiedene Haltung einzunehmen? Nun, denken wir daran, daß in dem Gesetz, das Gott dem Volk Israel gab, die strenge Maßnahme des ‘Abschneidens’ geboten wurde. In verschiedenen schwerwiegenden Fällen wurden willentliche Übertreter hingerichtet ( 3Mose 20:10; 4Mose 15:30, 31). Nach der Hinrichtung war es niemandem mehr möglich — selbst den Verwandten nicht —, mit dem Gesetzesbrecher zu sprechen ( 3Mose 19:1-4; 5Mose 13:1-5; 17:1-7). Loyale Israeliten waren Menschen wie wir und hatten dieselben Empfindungen. Sie wußten aber, daß Gott gerecht und liebevoll ist und daß sein Gesetz ein Schutz für ihre sittliche und geistige Reinheit war. Daher konnten sie davon ausgehen, daß seine Anordnung, Sünder vom Leben abzuschneiden, grundsätzlich gut und richtig war (Hiob 34:10-12).

Wachtturm 15.April 1988

Wieso ein Denkfehler? Weil jeder, der die gesamte Bibel liest, merkt, dass niemand jemals in Israel wirklich zu Tode gesteinigt wurde, weil er eine andere Einstellung hatte. War ja auch nicht nötig, da es keine Grenzen und keine Pässe gab – jeder, der mit der Anbetung in Israel nicht einverstanden gewesen war, sollte eigentlich NUR das „heilige Land verlassen“! Aber die Kinder und Enkel, die Eltern und andere Verwandte konnten ja jederzeit den betreffenden Verwandten besuchen. Schau dir zum Beispiel die Geschichte von Noomi an – sie reiste zusammen mit ihren Söhnen und ihrem Mann nach Moab. Oder schau dir das Leben von David an, der oft bei den Philistern, bei den Moabitern usw. Schutz suchte. Wer also die Bibel so verdreht, das die engsten Familienverhältnisse zugunsten von Religion zerstört werden müssen, hat nicht nur die Bibel nicht verstanden, sondern ist damit auch ein Feind Jehovahs – denn schau dir den Vers von heute an: die Begründung, warum wir Vater und Mutter ehren sollen ist – WEIL ER JEHOVAH ist!

Alleine besser als zu zweit?

Zwei sind besser daran als einer, weil sie eine gute Belohnung für ihre Mühe haben; denn wenn sie fallen, so richtet der eine seinen Genossen auf. Wehe aber dem einzelnen, welcher fällt, ohne daß ein zweiter da ist, um ihn aufzurichten!
Elberfelder 1871 – Kohelet 4,9–10

Zwei haben es besser als einer allein, denn zusammen können sie mehr erreichen.
Hoffnung für alle – 1996 – Prediger 4,9

Besser ist es also, dass zwei zusammen sind als einer; denn sie haben doch einen Vorteil von ihrer Gemeinschaft.
Allioli Bibel – Prediger 4:9

Zwei sind besser dran als einer allein!
Denn zu zweit geht die Arbeit leichter von der Hand.
BasisBibel – Prediger 4:9

Angesichts der Nichtigkeit der Gier spricht Salomo die Empfehlung aus, mit anderen zu teilen, und er nennt mehrere Vorteile, die aus guter Kameradschaft erwachsen: mehr Gewinn ( guten Lohn ) aus der Arbeit (V. 9 ), Hilfe in Zeiten der Not (V. 10 ), Trost und Zuneigung in Zeiten des Elends (V. 11 ; die Wärme des eigenen Körpers kann einen anderen Menschen vor dem Frieren bewahren) und schließlich Schutz vor Gefahr (V. 12 ). Die drei letzten Aussagen werden am Beispiel zweier Reisegefährten veranschaulicht, die einander beistehen und dadurch alle Schwierigkeiten meistern. Am Ende der zweiten und dritten Aussage (V. 10 b. 11 b) warnt Salomo vor den Gefahren der Isolation (wie sie die Gier mit sich bringt; vgl. “ einer allein „, V. 8 a).
Nachdem Salomo die Vorteile der gemeinsamen Bemühung oder Arbeit und des gemeinsamen Genusses der Früchte dieser Arbeit für beide Seiten erläutert hat, stellt er als Höhepunkt seiner Ausführungen fest, daß zwei besser als einer (V. 9 ), drei aber noch besser seien (V. 12 ). Die Anstrengungen und die Vorteile sollten nicht auf zwei Personen beschränkt sein.

Walvoord Bibelkommentar

Aber auch die heiligen Väter, die sich im Laufe der Zeit in vier heiligen Konzilien versammelten, haben sich an alten Vorbildern orientiert und gemeinsam über die aufgekommenen Häresien und Fragen entschieden. Es galt nämlich als gewiss, dass bei gemeinsamen Beratungen mittels Darlegung dessen, was der beiderseitigen Erörterung bedarf, das Licht der Wahrheit die Finsternis der Lüge vertreibt. Denn auf andere Weise kann die Wahrheit in gemeinsamen Verhandlungen einer Glaubensangelegenheit nicht offenbar werden. Ein jeder bedarf nämlich der Hilfe des Nächsten, wie Salomo in den Sprüchen sagt: „Der Bruder, der dem Bruder Hilfe gewährt, wird erhöht wie eine befestigte Stadt, er ist stark wie ein fest begründetes Königreich“ (Spr 18,19 LXX). Und im Ecclesiastes sagt er wiederum: „Zwei sind besser als einer, sie empfangen reichen Lohn aus ihrer Arbeit“ (Koh 4,9 LXX). Aber auch der Herr selbst sagt: „Amen, ich sage euch: wenn zwei von euch auf Erden einig sind, worum sie bitten werden, sie werden es von meinem Vater im Himmel erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Mt 18,19 f.).

Handbuch der Patristik: Quellentexte zur Theologie der Kirchenväter

Suchen Sie Hilfe!

Das wissen Sie schon, auch wenn es die Sache nicht unbedingt erleichtert. Aber Sie können das nicht im Alleingang schaffen.

• „Der Weg des Narren ist richtig in seinen Augen, aber ein Weiser hört auf guten Rat“ (Spr 12,15).
• „Wo keine Beratung ist, da scheitern Pläne, wo aber viele Ratgeber sind, da kommen sie zustande“ (Spr 15,22).
• „Gehorche dem Rat und nimm die Zurechtweisung an, damit du künftig weise bist!“ (Spr 19,20).
• „Es ist besser, dass man zu zweit ist als allein, denn die beiden haben einen guten Lohn für ihre Mühe. Denn wenn sie fallen, so hilft der eine dem anderen auf“ (Pred 4,9–10).

Vergessen Sie nicht, Abhängigkeiten lieben das Versteckspiel. Sie bringen Dutzende Gründe vor, warum sie unentdeckt bleiben sollten. Viele von ihnen klingen überzeugend, wie z.B., „Ich will Bernd nicht stören, er ist ohnehin schon so beschäftigt.“ Hören Sie nicht darauf! Wenn Sie darüber nachdenken, macht Sie das stolz: „Ich schaff das auch alleine, vielen Dank.“ In seiner Weisheit benutzt Gott Menschen, um uns zu helfen.
Wen sollten Sie um Hilfe bitten? Bitten Sie zwei Menschen, die die Bibel kennen, die gut zuhören, die Wahrheit sagen und beten.

Die Kleine Seelsorgereihe – Nur noch ein Mal!: Wenn Wünsche sich nicht mit einem „Nein“ zufriedengeben

Salomos Erfahrung mit dem unabhängigen Mann veranlasste ihn, über die Bedeutung von Freundschaft und den Wert von gemeinsamen Unternehmungen nachzudenken. Vielleicht erinnerte er sich an das jüdische Sprichwort: „Ein freundloser Mensch ist wie eine linke Hand, der die rechte fehlt.“ Vielleicht beobachtete er einige Pilger auf der Landstraße und zog daraus den Schluss: „Zwei sind besser als einer.“

Zwei sind sicherlich besser als einer, wenn es um die Arbeit geht (v. 9), denn zwei Arbeiter können mehr erreichen. Selbst wenn sie sich den Gewinn teilen, bekommen sie immer noch einen besseren Lohn für ihre Bemühungen, als wenn sie allein gearbeitet hätten. Außerdem ist es viel einfacher, schwierige Arbeiten gemeinsam zu erledigen, weil einer den anderen ermutigen kann.

Zwei sind besser, wenn es um das Gehen geht (V. 10). Die Straßen und Wege in Palästina waren nicht gepflastert oder gar geebnet, und es gab viele versteckte Felsen auf den Feldern. Es war nicht ungewöhnlich, dass selbst der erfahrenste Wanderer stolperte und stürzte, sich vielleicht einen Knochen brach oder sogar in eine verborgene Grube fiel (2. Mose 21,33-34). Wie schön, wenn man einen Freund hat, der einem aufhelfen (oder heraushelfen) kann. Aber wenn dies schon für unsere körperlichen Stürze gilt, wie viel mehr gilt es dann für die Zeiten, in denen wir auf unserem geistlichen Weg stolpern und Wiederherstellung brauchen (Galater 6,1-2)? Wie dankbar sollten wir für christliche Freunde sein, die uns helfen, aufrecht zu gehen.

Zwei sind besser als einer, wenn es um Wärme geht (v. 11). Zwei Reisende, die im Freien zelten oder sogar im Hof einer öffentlichen Herberge übernachten, würden die Kälte der palästinensischen Nacht spüren und bräuchten die Wärme des anderen, um sich zu trösten. Die einzige Möglichkeit, „allein warm“ zu sein, besteht darin, zusätzliche Decken mitzunehmen und die eigene Last zu vergrößern.

Schließlich sind zwei besser als einer, wenn es darum geht, sie zu bewachen, vor allem nachts (v. 12). „Auch wenn einer überwältigt wird, können sich zwei verteidigen“ (V. 12, NIV). Es war für jeden gefährlich, allein zu reisen, ob bei Tag oder bei Nacht; die meisten Menschen reisten aus Gründen der Gemeinschaft und der Sicherheit in Gruppen. Selbst David war dankbar für einen Freund, der einsprang und dem König das Leben rettete (2 Sam. 21:15-17).

Salomo begann mit der Zahl eins (V. 8), ging dann zur Zwei über (V. 9), und schloss dann mit der Drei (V. 12). Dies ist typisch für die hebräische Literatur (Spr. 6:16; Amos 1:3, 6, 9, usw.). Eine Schnur könnte leicht zerrissen werden; zwei Schnüre würden mehr Kraft erfordern; aber drei Schnüre, die miteinander verflochten sind, können nicht leicht zerrissen werden. Wenn zwei Reisende besser sind als einer, dann sind drei noch besser. Salomo dachte nicht nur an Zahlen, sondern auch an die Einheit, die drei miteinander verflochtene Stränge bilden – ein schönes Bild der Freundschaft!

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Auch wenn man sich mit Gottes Wort beschäftigt, ist es gut, zu zweit oder zu dritt oder eben etwas mehr – in die Bibel zu schauen, und die unterschiedlichen Gedanken auszutauschen. So wie oben über die Kirchenväter geschrieben wurde: mehrere Meinungen, mehrere Ideen – und der heilige Geist kann wirken und die Wahrheit unterstreichen, und den Gedanken, in dem ich falsch liege, offenbaren. Wenn ich dagegen als „alleiniger Studierer“ einen falschen Gedanken habe, oder gar als „Führer einer Gemeinde“ gelte, und einen falschen Gedanken habe, dann wird es keinen geben, der mir sagt, dass ich in diesem Punkt falsch liege – und ich entferne mich von Jehovah und den Lehren der Bibel. Deshalb sei weise! – lese die Bibel und unterhalte dich mit anderen Bibellesern – gern auch auf jehovah-shammah.de oder https://t.me/bibel_forscher

Gebet von Manasse

Und Jehova redete zu Manasse und zu seinem Volke, aber sie merkten nicht darauf. Da ließ Jehova über sie kommen die Heeroberstcn des Königs von Assyrien, die nahmen Manasse gefangen mit Haken, und banden ihn mit Ketten, und führten ibn gen Babel. Und da er bedrängt war, flehte er zu Jehova, seinem Gott, und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter, und betete zu ihm; und er ließ sich von ihm erbitten, und erhörte sein Flehen, und ließ ihn nach Jerusalem zurückkehren in sein Königreich, und Manasse erkannte, daß Jehova Gott sei.
de Wette Bibel – 2.Chronika 33,10–13

  Und der Ewige redete zu Menascheh und seinem Volke, und sie merkten nicht darauf. Da brachte der Ewige über sie die Heerführer des Königs von Aschur; und sie nahmen Menascheh gefangen in Fesseln und legten ihn in Ketten, und führten ihn nach Babel. Und als er bedrängt war, flehte er vor dem Ewigen, seinem Gotte, und demütigte sich sehr vor dem Gotte seiner Väter. Und er betete zu Ihm, und er liess sich von Ihm erbitten, und erhörte sein Flehen, und brachte ihn zurück nach Jeruschalajim in sein Königreich. Da erkannte Menascheh, dass der Ewige Gott ist.
Zunz 1997 – Die Heilige Schrift – 2.Chronika 33:10–13

Aber Manasse verleitete Juda und die Bewohner von Jerusalem, mehr Böses zu tun, als die Nationen, welche Jehova vor den Kindern Israel vertilgt hatte. Und Jehova redete zu Manasse und zu seinem Volke; aber sie merkten nicht darauf. Da ließ Jehova die Heerobersten des Königs von Assyrien über sie kommen; und sie nahmen Manasse gefangen (Eig sie fingen Manasse mit Haken) und banden ihn mit ehernen Fesseln (Eig Doppelfesseln, wie Richt 16,21; so auch Kap 36,6) und führten ihn nach Babel. Und als er bedrängt war, flehte er Jehova, seinen Gott, an und demütigte sich sehr vor dem Gott seiner Väter und betete zu ihm; und er ließ sich von ihm erbitten und erhörte sein Flehen, und brachte ihn nach Jerusalem in sein Königreich zurück. Da erkannte Manasse, daß Jehova Gott (W. der Gott) ist.
Elberfelder 1871 – 2.Chronika 33,9–13

Bemerkt – wenn du die Verse vorher liest – dass Jehovah den Manasse nicht ausschließen ließ, dass Jehovah den Manasse nicht umbrachte, sondern einfach „nur warnte“??? Aber als dann die einzigste Reaktion von Jehovah kam – ER nahm Seinen Schutz weg – und die Assyrer durften „ihn besiegen“. Nun endlich drehte sich das Gewissen von Manasse – und Jehovah reagierte mit Vergebung! Jehovah wollte nicht die vielen Punkte, die ich vor ein paar Tagen gepostet hatte – sondern Jehovah reagierte auf das Gebet von Manasse – und vergab nicht nur, sondern drehte all das Negative wieder zurück – Manasse kam aus der Gefangenschaft frei und wurde sogar wieder als König eingesetzt!
Und wie schauen wir auf die Fehler von anderen? Sind wir gleich der Meinung, dass der andere „kein echter Anbeter Jehovahs sein kann“? Oder meiden wir den anderen sogar, als hätte dieser die Pest? Wie könnten wir Jehovah besser nachahmen??

DAS GEBET MANASSES

Das Gebet Manasses, des Königs von Juda, als er in Babel gefangen war (zu 2.Chr 33,12)
Herr, Allmächtiger, Gott unsrer Väter,
Abrahams, Isaaks und Jakobs, und ihrer gerechten Nachkommen,
der du Himmel und Erde
und alles, was darinnen ist, gemacht hast
und hast das Meer gebunden durch dein Gebot
und hast die Tiefe verschlossen und versiegelt
durch deinen furchterregenden und herrlichen Namen,
dass jedermann vor dir erschrecken
und sich vor deiner großen Macht fürchten muss!
Denn nicht zu ertragen ist dein Zorn,
mit dem du die Sünder bedrohst.
Aber die Barmherzigkeit, die du verheißt,
ist unermesslich
und unausforschlich.
Denn du bist der Herr,
der Allerhöchste über dem ganzen Erdkreis,
von großer Geduld und sehr gnädig,
und du bestrafst die Menschen nicht gern.
Du, Herr, hast nach deiner großen Güte
Buße zur Vergebung der Sünden verheißen.
Du hast aber, Herr, du Gott der Gerechten,
die Buße nicht bestimmt den Gerechten,
Abraham, Isaak und Jakob,
die nicht an dir gesündigt haben.
Ich aber habe gesündigt,
und meine Sünden sind zahlreicher als der Sand am Meer,
und ich gehe gekrümmt in schweren, eisernen Banden
und finde keine Ruhe,
weil ich deinen Zorn erweckt
und viel Böses vor dir damit getan habe,
dass ich solche gräulichen Götzenbilder aufgestellt
und so viele Ärgernisse angerichtet habe.
Nun aber beuge ich die Knie meines Herzens
und bitte dich, Herr, um Gnade.
Ach Herr, ich habe gesündigt, ja, ich habe gesündigt
und erkenne meine Missetat.
Ich bitte und flehe: Vergib mir,
Herr, vergib mir!
Lass mich nicht in meinen Sünden verderben
und lass die Strafe nicht auf mir bleiben;
sondern du wollest mir Unwürdigem helfen
nach deiner großen Barmherzigkeit;
so will ich mein Leben lang
dich loben.
Denn dich lobt das ganze Himmelsheer,
ja, dich soll man preisen immer und ewig.
Amen.

Weil Manasse und sein Volk sich von dem Herrn abgewandt hatten, kam seine Strafe schnell und gewiß über sie. Assyrien, das Werkzeug des Herrn, zog gegen Juda. Mit großer Unbarmherzigkeit banden sie Manasse, steckten ihm einen Haken in die Nase, als wäre er ein wilder Stier und nahmen ihn mit nach Babel, die südliche Provinz Assyriens. Nach einiger Zeit tat Manasse Buße vor dem Herrn, und schon bald durfte er in sein eigenes Land und zu seinem Volk zurückkehren. Der Verfasser fügte diese Tatsache über die Wiederherstellung Manasses hinzu (sie wird in 2.Könige nicht erwähnt), zweifellos, um hervorzuheben, daß sogar dem bösesten Sproß der davidischen Dynastie Vergebung zuteil werden konnte und auch zuteil wurde, wenn er die Bedingungen erfüllte, die der Herr gestellt hatte. Das gab der exilischen und nachexilischen Gemeinschaft der Juden Hoffnung.

Walvoord Bibelkommentar

Die Regierungszeit von Manasse stellt einen zweifachen Rekord auf: was die Dauer betrifft (55 Jahre) und was die Bosheit betrifft. Wie erklärt sich diese Außerordentlich lange Zeit, wo doch gerade die Ungerechtigkeit in den Augen Jehovas so besonders unerträglich war? Wir stellen mit Bewunderung fest: es ist die Langmut der Gnade. Vergessen wir nicht, dass diese die beiden Bücher der Chronika von A bis Z kennzeichnet. Das Beispiel Manasses lehrt uns, dass es keinen noch so großen Sünder gibt, dessen Herz Gott nicht zu ändern vermöchte. Und von allen Berichten in der Heiligen Schrift, ist dies einer von denen, die uns am meisten zur Fürbitte ermuntern. Lasst uns nie von einer Person denken, sie sei zu tief im Bösen versunken, um gerettet zu werden, und lasst uns nie ermüden, für sie zu beten.
In der gottlosen Regierung Manasses haben wir auch, in gekürzter Form, die prophetische Geschichte Israels. Der Name dieses Königs bedeutet „vergessen“ und erinnert uns an die Erklärung Jehovas: „Mein Volk hat meiner vergessen Tage ohne Zahl“ (Jeremia 2,32). Die gegenwärtige Zerstreuung Israels unter dem Joch der Nationen ist die Folge dieser Vernachlässigung; aber sie wird, wie für Manasse, auch das Mittel sein, um Schließlich das Gewissen und das Herz dieses Volkes aufzuwecken.
Die Gnade Gottes hat sich durch das Flehen Manasses nicht nur erweichen lassen; sondern sie hat ihm auch noch Gelegenheit gegeben, das Böse, das er vorher verübt hatte, in einem gewissen Maß wieder gutzumachen. Es gibt tatsächlich Bekehrungen, die erst auf dem Sterbebett stattfinden. Und wenn es dann noch Zeit ist, dass die Seele gerettet wird, ist es dagegen zu spät, um hier noch dem Herrn zu dienen. Das ist ein nicht wiedergutzumachender Verlust für die Ewigkeit! (2 Korinther 5,10; 1 Korinther 3,15).
Eine Bekehrung zeigt sich durch ihre Früchte. Ganz Juda ist Zeuge der Bekehrung Manasses. Die fremden Götter, denen er so sehr gedient hatte, werden weggetan; der Gottesdienst für Jehova ersetzt den Götzendienst. Das ist das besondere Kennzeichen einer wahren Bekehrung (1 Thessalonicher 1,9). Dieses Wort bedeutet eine Umkehr, eine völlige Richtungsänderung. Der Herr Jesus wird das Ziel des Lebens, und alle Kraft, die bisher in den Dienst der Welt und der Sünde gestellt wurde, wird durch die Hingabe an den Herrn ersetzt.
Amon hat keinen Nutzen aus dem Beispiel seines Vaters gezogen. In seinem Herzen findet keine Demütigung statt. Daher vergeht er „wie die Blume des Feldes“, nach dem Ausdruck des Propheten: „Der Hauch Jehovas hat sie angeweht“ (Jesaja 40,6.7).

Jean Koechlin – Ährenlese im Alten Testament

Unser Vater im Himmel

Betet ihr nun also: Unser Vater, der du bist in den Himmeln, geheiligt werde dein Name;
Elberfelder 1871 – Matthäus 6,9

So sollt ihr beten:

Unser Vater im Himmel!
Mach deinen Namen* groß in der Welt.
Gute Nachricht Bibel 2018 – Matthäus 6:9

Ihr sollt vielmehr so beten:
Unser Vater im Himmel! / Geehrt werde dein heiliger Name!
Neue evangelistische Übersetzung 2019 – Matthäus 6,9

Betet eurerseits daher immer wieder auf diese Weise: »Unser Vater, der du dich in den Himmelswelten befindest, dein Name soll geweiht sein.
Andreas Eichberger – Gottes Agenda – Matthäus 6:9

Über das Thema Gebet gibt es schon mehrere Posts zum Beispiel : Kann Gebet Gott beeinflussen? und Was ist Gebet?

Matthäus 6,9 lehrt, dass wir zu Gott, dem Vater, kommen und sagen sollen: Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Wenn wir uns Gott auf dieser Grundlage nähern, entsteht ein Gefühl der Ehrfurcht.

Arnold Fruchtenbaum – Die Bedingungen des Gebets

In Bereichen des pharisäischen Judentums neigte das Gebet dazu, öffentlich zu sein, und die Pharisäer versammelten sich in der Öffentlichkeit, um dreimal am Tag zu beten. Häufig diente der Zweck, sich dreimal am Tag zu treffen, nur dazu, zu zeigen, wie heilig sie waren. In kirchlichen Gebetstreffen beten die Leute oft nur, um ihre rednerischen Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Das ist nicht der Zweck des öffentlichen Gebets. Diejenigen, die öffentlich beten, nur um ihre Spiritualität und ihre rednerischen Fähigkeiten zur Schau zu stellen, haben ihre Belohnung bereits erhalten und werden keine weitere Belohnung von Gott bekommen. Jesus lehrt hier nicht gegen das öffentliche Gebet, denn öffentliches Gebet und Gruppengebet werden an anderer Stelle in der Schrift ermutigt. Die Apostel beteten in der Apostelgeschichte als Gruppe und in der Öffentlichkeit. Der Punkt ist, dass der Zweck des Gebets darin besteht, mit Gott zu kommunizieren; es dient nicht dem Zweck, mit Spiritualität oder rednerischen Fähigkeiten anzugeben.

Der erste Punkt ist, das Gebet an Gott den Vater zu richten: Unser Vater, der im Himmel ist. Die Bibel lehrt niemals, dass Gebete an Gott den Sohn oder an Gott den Heiligen Geist gerichtet werden sollen. Vielmehr lehrt die Schrift sowohl im Alten als auch im Neuen Testament, dass Gebete an Gott den Vater gerichtet werden sollen.
Der zweite Punkt ist, Gott zu heiligen: Geheiligt werde dein Name. Gott soll geheiligt und herausgestellt werden. An diesem Punkt im Gebet sollte man über die verschiedenen Attribute Gottes nachdenken, wie jedes Attribut die Einzigartigkeit Gottes zeigt und welche praktischen Auswirkungen es für Gläubige im täglichen Leben hat.

Arnold Fruchtenbaum – Die Bergpredigt

Gottes Name ist heilig, denn Gott hat Seine Heiligkeit in Seinen Namen gelegt, in der Anrufung Seines Namens liegt Segen und Kraft, vor Seinem Namen beugen sich die Engel, zittern die Teufel. Durch Seinen Namen geschehen Wunder.
Wer ihn missbraucht, der bleibt nicht ungestraft.
Gottes Name wird geheiligt durch Anbetung und Lobgesang, er wird geheiligt, wenn Gottes Wille und Wahrheit lauter verkündigt und mit Ehrfurcht aufgenommen wird. Danach steht unseres Herzens Verlangen, dies ist die erste Bitte; doch reicht sie noch weiter. Gottes Name wird entheiligt, wenn das Volk, das nach Seinem Namen genannt ist, nicht würdig wandelt.

Heinrich Thiersch – Die Bergpredigt und ihre Bedeutung

Die einzigartige Bedeutung des Vaterunsers besteht darin, daß Jesus den Vaternamen zum ureignen Namen Gottes für seine Jünger und damit für seine Gemeinde macht. Für sie ist fortan »Vater« der erste und ureigne Name Gottes, und nicht Jahve (Jehova).
Im jüdischen »Achtzehnbittengebet« (auch das »Gebet der achtzehn Segnungen« genannt) kommt der Name »Jahve« im ganzen 27 mal vor, der Name »Gott« 13 mal und nur 2 mal, also ganz »nebenbei«, der Name »Vater«.
Für den Jünger ist durch Jesus der Name »Vater« der beseligende Ausdruck alles dessen, was Jesu Erlösungswerk vollbracht hat. Was die AT-Propheten ahnend angedeutet haben, das ist in Jesus herrlichste Erfüllung geworden. Im AT wird Gott nur 11 mal »Vater« genannt, im NT 155 mal!
»Vater in den Himmeln« bedeutet, daß es uns dringend verwehrt ist, Gott-Vater zum »Papa« zu machen. »Vater in den Himmeln« verbindet vertrauenerweckende Güte mit heiligster Ehrfurcht. Alle plumpe und falsche Vertraulichkeit ist von vornherein ausgeschlossen. Das Vatervertrauen darf nie zur ehrfurchtslosen Vatervertraulichkeit werden. Denn der Vater in den Himmeln ist und bleibt der Heilige.
In Jesu Mund ist also das Wort »Vater« das Evangelium, das er brachte. Im AT war Gott der Vater des »Volkes«! Israel war sein Sohn! Jesus sieht Gott als den Vater des einzelnen an. Der einzelne steht im Gebet persönlich mit Gott, dem Vater, in Verbindung. Das ist etwas ganz Großes und total Neues. Wiederum betet aber der einzelne als Glied der Gemeinde Jesu. Darum das Wort: »Unser Vater.« Dieser einzelne wird nun gleich ganz von sich abgelenkt und ausschließlich auf Gott gelenkt.
Die drei ersten Bitten des Vaterunsers reden von dem, was Gott will. Alle persönlichen Anliegen der Jünger werden zunächst beiseite gestellt. Es wird nicht von ihrem eignen Willen und von ihrer eignen Seligkeit gesprochen, sondern von Gottes Willen, und zwar ganz allein!
Dadurch wird das Gebet von vornherein von jeder Eigenwilligkeit und Selbstsucht gereinigt.
Durch das Wort »unser«, »unser Vater« weitet sich der Blick über das eigne stille Gebets- und Herzenskämmerlein hinaus zur Christus-Gemeinde, die auf dem ganzen Erdenrund sich ausbreitet. Das Gebet im »Verborgenen« wird damit zum Gebet, »das die Welt umspannt«. Die Gefahr der frommen Ichsucht ist damit gebannt.
Mit heiligster Ehrfurcht und weltweitem Priestertum gilt es also, das Vaterunser zu beten, das darum in Wahrheit nur von dem »Wiedergeborenen« gebetet werden kann; nur der Jünger, nur das Kind Gottes kann »Vater« sagen.
Was das kostbare Wort »Vater« bedeutet, wird am besten dadurch gekennzeichnet, daß man das Wort »Vater« vielleicht vor jeder der Bitten noch einmal besonders setzt. Also:
Vater, heilige deinen Namen, d. h. bringe deinen Namen bei uns und auch bei mir zur Geltung, voll und ganz, täglich und stündlich.
Vater, führe deine Königsherrschaft herbei, d. h. hilf mir, daß du bei uns und auch bei mir fort und fort als König und Herr regierst!

Wuppertaler Studienbibel

Schön, dass hier derVater hervorgehoben wird – aber das der Name Jehovah nicht mehr benutzt werden sollte, dem würde ich widersprechen. Aber wahrscheinlich hat der Autor dieser Studienbibel, wie auch EditionC noch nicht verstanden, wer Jehovah ist – dass dieser Name eben nicht nur den Vater bezeichnet – sondern „der Familienname“ ist – und dass hier das Rätsel des AT gelöst wird, wie „der Engel Jehovahs“ gleichzeitig „Jehovah selbst“ genannt werden konnte. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Bitte um Weisheit

Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, dann bitte er Gott, der bereitwillig jedem gibt und niemanden tadelt, so wird sie ihm gegeben werden.
luther.heute – Jakobus 1,5

Den Vers hatten wir schon einmal – deshalb heute nur Ergänzug

Die durch Jesus entstandene Lage gab der Frage nach der Weisheit das größte Gewicht. Denn der Widerstand gegen Jesus ging von den Weisen aus. War also der Anschluß an Jesus Verzicht auf die Weisheit? Stürzte durch den Streit der Boten Jesu gegen die Weisheit nicht alle Gewißheit ein? Wer war noch fähig, ein Urteil zu wagen? Und doch war es unmöglich, auf die Weisheit zu verzichten. Denn sie ist die unentbehrliche Voraussetzung zum Handeln. Die Mahnung, die zum vollständigen Werk aufruft, wäre unausführbar, wenn die Weisheit unerreichbar wäre. Jede Versuchung ist eine Erschütterung des Bewußtseins durch schwankende, gegeneinander stoßende Urteile, wodurch wir erfahren, daß uns die Weisheit fehlt. Ergibt sich aber der Mensch deshalb der Unschlüssigkeit und Mutlosigkeit, so fällt er. So kann er sich jedoch nur dann verhalten, wenn er Gott, den Geber der Weisheit, vergißt.
Darin, daß der unentbehrliche Wert des Denkvorgangs durch die Formel „Weisheit“ beschrieben wird, bewahrt der Spruch die Verbindung mit der jerusalemischen Theologie. Nur mittelbar haben griechische Anregungen an diesem Lobpreis der Weisheit teil, nur dadurch, daß die Herrschaft der Weisen in Jerusalem ein Erzeugnis der griechischen Zeit gewesen ist. Wären griechische Anregungen unmittelbar bei Jakobus wirksam, dann würde νοῦς und seine ganze Wortgruppe bei Jakobus nicht fehlen. Das einzige, zu dieser Gruppe gehörende Wort, das er brauchte, ist κατανοεῖν, 1, 23, und dieses spricht nicht vom Begreifen, woran der Grieche beim Denkvorgang zuerst dachte, sondern benennt die gelungene, zum Ziel gelangte Wahrnehmung.
Aber auch dieser Spruch steht jenseits der Grenzen, die die Theologie Jerusalems nicht überschritt. Zwar konnte auch ein Rabbi, da er über allen Ereignissen Gottes Wirken sah, das sie anordnet, für sein Wissen Gott danken, da es die ihm zugeteilte Gabe sei. Ohne ein hilfreiches Schicksal wäre ihm sein Studium nicht gelungen und er nicht zum Meister geworden. Damit war aber der Obersatz seiner Theologie nicht angetastet; das inwendige Leben blieb der ihm selbst übergebene Machtbereich. Bei Jakobus tritt dagegen das göttliche Wirken erleuchtend in den seelischen Bereich hinein. Diese Haltung des Glaubens war eine Folge aus dem Wort Jesu und jedem eigen, der es glaubte, daß der Christus durch seinen Geist in seiner Gemeinde wirksam sei. Aber jede Beschreibung des göttlichen Wirkens, das uns den wahren Gedanken schenkt und den richtigen Entschluß verschafft, bleibt abgelehnt.
„Er bitte“.1 Damit ist neben das Werk derjenige Vorgang gestellt, der untrennbar zu ihm gehört, ohne den es kein Werk geben kann, das „Gottes Gerechtigkeit wirkt“, 1, 20. Ein Hauptanliegen des Briefs wird damit sichtbar; es ist eines seiner wesentlichen Ziele, das Bitten so zu begründen, daß es Erhörung empfängt. Darin bewahrt er den Unterricht Jesu, da auch dieser in der Erweckung der Bitte ein wichtiges Ziel besaß.
Die zweite Mahnung zum Bitten, 5, 13–16, verbindet es mit dem Leiden. In diesem ersten Wort über das Gebet entsteht es dagegen nicht aus dem Leiden, sondern aus der Verpflichtung zum Werk. Es sucht bei Gott nicht die Befreiung von Übeln, sondern die Rüstung zur Tat. Freilich entsteht es daraus, daß das Unvermögen empfunden wird, den wahren Gedanken zu finden, der das Handeln richtig machte. Sein Ziel ist aber nicht die Abwehr von Leiden, sondern die Erfüllung der Pflicht. Wäre bei Jakobus die Begründung des Gebets im Wirken nicht vorhanden, dann wäre es nicht denkbar, daß er in enger Gemeinschaft mit den anderen Aposteln gewirkt hätte; denn ihr Gebet war nicht Abwehr des Leidens, sondern Wille zur Tat.
Die der Bitte gegebene Verheißung wird ausschließlich durch das begründet, was Gott ist. Der Verdienstgedanke ist tot. Das göttliche Geben kommt zu allen. Darf ein Exeget sagen: „Selbstverständlich nur zu allen Christen“? Wenn aber Jakobus im Ernst gesagt hat, daß Gott für alle, die ihn bitten, der Gebende sei und allen an seiner Wahrheit und Güte Anteil gebe, dann ist deutlich, daß es ihm unmöglich war, sich von der Judenschaft zu trennen. Der Brudername verliert die Beschränkung auf den eigenen Kreis, wenn Gott für alle Bittenden der Gebende ist.
Freigebig ist Gott, durch nichts als durch das Bedürfnis des Bittenden zum Geben bewegt. Gott gibt ihm, weil ihm fehlt, was er bedarf. Das heißt ἁπλῶς geben, ohne Nebenabsichten und Hintergedanken, die eigensüchtige Zwecke einmengen. Das ist dasselbe Gottesbild, wie es die Verheißung Jesu für den Bittenden gibt, Mat. 7, 9–11, aus dem die Seligpreisung Jesu für die Armen und Leidenden entstanden ist. Daher folgt auf das menschliche Bitten kein göttlicher Vorwurf, als würde Gott durch unser Unvermögen gestört und durch unser Fehlen beleidigt. Woran Jakobus bei μὴ ὀνειδίζοντος gedacht haben wird, zeigt Jer. Berak. 7d: „Übergib unsere Nahrung nicht in die Hand von Fleisch und Blut; denn ihre Gabe ist gering und ihr Schelten viel“, חֶרְפָּתָם מְרוּבָּה.
Gott schilt nicht. Darum konnte Jakobus nicht schelten, und der Jude blieb für ihn der Bruder. Gott richtet. Darum spricht Jakobus von der verderbenden Macht des Reichtums und vom Absterben des Glaubens und von der alles zerstörenden Giftigkeit der Rede und vom Zerfall des Volks. Gott richtet, aber er schilt nicht. Denn wenn er verzeiht, verzeiht er ganz. Die Erinnerung an Jesus bestimmt das Gottesbild, Luk. 15, 20; 18, 14. „Jesus schalt und drohte nicht“, hat auch Petrus gesagt, 1 Petr. 2, 23.

Schlatter – Der Brief des Jakobus

Die Bitte um Weisheit beinhaltet zugleich die Bitte um einen Weg, die Versuchung zu bestehen. Der Mangel an Weisheit ist es, der eine Situation zur Versuchung werden lässt. Solange wir noch Auswege wissen, werden wir eine widrige Lage vielleicht als schwierig, aber noch nicht als Versuchung empfinden. Aber wenn wir nicht mehr wissen, was zu tun ist und wenn wir uns nicht mehr sicher sind, was der Wille Gottes in einer bestimmten Sache ist, dann stehen wir in der Versuchung. Ohne die Weisheit Gottes wissen Christen nicht, wie sie sich in einer Situation der Versuchung oder der Bedrängnis richtig verhalten soll. Um Versuchungen richtig bestehen zu können, um in ihnen die angemessene Sichtweise und Haltung zu finden, bedarf es der Weisheit, einer Weisheit jedoch, die nicht auf menschlicher Erfahrung beruht, sondern die von oben (3,15), von Gott selber kommt. Nur in dieser göttlichen Weisheit ist es möglich, die verworrene Wirklichkeit als Einheit und als Weg zur Vollkommenheit zu begreifen.
Jak macht uns Mut, um diese Weisheit zu bitten, denn Gott möchte sie uns schenken. »So nahe ist uns Gott, daß wir, wenn wir nicht wissen, was wir tun sollen, ihn bitten dürfen, daß er uns zeige, was zu geschehen hat …«
Wer um die Weisheit Gottes bittet, weiß, dass er sein Leben nicht eigenwillig gestalten kann. Wer um Weisheit bittet, möchte unter der Führung Gottes leben. Wer um göttliche Weisheit bittet, der darf wissen, dass sein Gebet nicht unerhört bleibt; denn die Bitte um Weisheit ist die klügste aller Bitten (2Chr 1,10–12) – gerade in einer angefochtenen Lage. Das Gebet um Weisheit ist ein Gebet, das nie umsonst geschieht, und gerade die Erkenntnis unseres Mangels führt zu diesem wichtigen Gebet.
Gott ist ein großzügiger Geber.a Er gibt jedem einfach, das heißt gerne und rückhaltlos. Unser Bitten mag oft kompliziert sein, wenn wir nicht wissen, was wir bitten sollen. Aber Gott gibt einfach und unkompliziert. Diese »Rückhaltlosigkeit« Gottes lädt uns zur Ein-falt des Glaubens und zum vorbehaltlosen Bitten ein. Wenn der Vater einfach gibt, darf das Kind auch einfach bitten. Die Ein-falt und Ungespaltenheit, in der Gott gibt, verträgt sich nicht mit der Gespaltenheit des Zweiflers (V. 6–8).
Gott gibt einfach – das heißt auch: Er gibt ohne Hintergedanken. Wir warnen unsere Kinder davor, von Fremden Geschenke anzunehmen, weil man nicht wissen kann, welche Absicht ein Fremder dabei hat. Und wir scheuen uns, jemanden zu oft um etwas zu bitten oder etwas freiwillig Angebotenes anzunehmen, weil wir unsicher sind, ob wir dadurch nicht abhängig werden von dem, der uns gibt. Wir wissen nicht, ob der andere unsere Abhängigkeit nicht einmal gegen uns verwenden wird oder zu einem späteren Zeitpunkt – sozusagen als Gegenleistung – einmal sehr viel mehr von uns erwartet. In China heißt es: »Wer mit Geschenken kommt, hat sicher eine Bitte«. Bei Gott müssen wir diese Ängste nicht haben; er gibt ohne Hintergedanken.
Gott macht niemandem einen Vorwurf, d.h. er hält uns nicht vor, dass wir in eine Lage gekommen sind, in der wir auf ihn völlig angewiesen sind. Er hält uns unseren Mangel nicht vor. Er macht es nicht wie jene, die zwar aus Pflichtbewusstsein geben, den Bittsteller aber deutlich ihr Missvergnügen spüren lassen, damit er nicht noch ein zweites Mal kommt. Gott gibt gerne und nicht, weil er dazu gedrängt wurde.
Man kann an dieser Stelle auch übersetzen: Gott gibt ohne zu schmähen, ohne die Überlegenheit auszukosten, in der derjenige stehen kann, der einem anderen etwas in dessen Not gibt. Wenn wir Gott um Weisheit bitten, stehen wir vor ihm nicht als Bittsteller auf verlorenem Posten, wie Unterlegene einem Sieger gegenüberstehen. Wir stehen nicht in der Situation von Menschen, die in eine Notlage geraten sind, in der ihnen nichts anderes übrig bleibt, als sich unter ihrer Würde zu demütigen und sich die Schmähungen gefallen zu lassen, unter denen die Bitte herablassend gewährt wird. So ist es nicht bei Gott. Da gibt es keine Unterlegenen und keinen Sieger, keine Bittsteller und keinen herablassenden Geber. Da gibt es nur den Geber und die Beschenkten.

Peters – Wuppertaler Studienbibel

Von den Prüfungen und unsern möglichen Mängeln war die Rede. Wenn wir die Prüfung, die unser ganzes Christenleben bedeutet, recht bestehen wollen, dürfen wir vor allem keinen Mangel an Weisheit haben, an Klarheit darüber, was wir heute und hier nach Gottes Willen zu tun haben.

So war das bei den Christen in den Tagen des Jakobus inmitten ihrer heidnischen Umwelt. Sie wurden von den einflußreichen und mächtigen Kreisen Israels angefeindet und von den staatlichen Stellen mit Mißtrauen beobachtet. Viel Weisheit ist auch heute nötig angesichts der großen Fragen der Gemeinde Jesu in der Welt von heute und angesichts unseres Alltags, in dem wir uns als Christen zu bewähren haben: wie soll ich mich verhalten in meinem Berufsleben, in der Kindererziehung, in meiner nichtchristlichen Nachbarschaft?

5 Hier setzt Jakobus mit seinem nächsten Wort ein: „Wenn aber jemand unter euch an Weisheit Mangel hat“: Das sind keineswegs nur die Minderbegabten, die im allgemeinen Sinn „Zurückgebliebenen“ (so wörtlich). Hier hat jeder von uns Bedarf. Dieser „jemand“ ist hier „jedermann“. Es wäre ein gefährlicher Irrtum zu meinen, man werde sich da „schon selber zu helfen wissen“.

Was ist hier mit dem Wort „Weisheit“, grie „sophia“, gemeint? Nicht zu denken ist hier an die menschliche Weisheit, die Philosophie, vor allem nicht angesichts der letzten Fragen: wer über dem Weltlauf steht und was Ursprung, Sinn und Ziel des Menschenlebens und der ganzen Völkergeschichte ist. Hier urteilt die Schrift, daß infolge der Rebellion des Menschen gegen Gott das menschliche Denken „verfinstert“ sei (Rö 1,21;Eph 4,18), weil die Sünde wie eine Wolkenwand zwischen uns und Gott steht. Das von Gott gelöste, eigenmächtige und selbstherrliche Denken des Menschen ist in dieser Hinsicht jedenfalls auf dem Holzweg (Rö 1,22;1 Kor 1,19.27;1 Kor 2,14). Nicht allein das Wollen des natürlichen Menschen, sondern auch sein Denken ist durch das Kreuz Jesu, das ja das Urteil Gottes über uns ist, verurteilt und „durchkreuzt“.

Unter der neuen „geistlichen“ Weisheit versteht die Bibel dagegen die durch Gottes Geist geschenkte und gewirkte Erkenntnis: die Erkenntnis dessen, was Gott tut und was er vom Menschen getan haben will (1 Kor 1,24;2,6.7;12,8;Eph 1,17;Kol 1,9;Jak 3,13.17).

a) Der Durchblick, das Verständnis für das, was Gott tut. Gott hat uns durch Jesus Christus, seinen Sohn, im Blick auf seinen Plan, seine Wege und seine Ziele ins Vertrauen gezogen (Johannes 15,15). Besonders 1 Kor 2 wird uns das hohe Ziel der göttlichen Weisheit gezeigt, unsere Herrlichkeit (1 Kor 2,7).

„Herrlichkeit ist enthüllte Göttlichkeit“ (F. Oetinger). Die Schrift sagt nicht nur, daß wir einmal in der Herrlichkeit, sondern daß wir selbst Herrlichkeit sein werden (so auch wörtlich Kol 3,4). Es ist für uns eine „Weisheit im Staube“, wie die Väter des schwäbischen Pietismus gesagt haben, bei der der Mensch klein wird und Gott groß. Das ist im echten Sinn Theologie, zu der jeder denkende Christ berufen ist: die großen, uns in Jesus Christus offenbarten Gedanken Gottes demütig, staunend und dankbar nachzudenken und sich von ihnen zu Gottes Zielen mitnehmen zu lassen. Bekehrung zu Jesus Christus erfordert keinen Verzicht auf das Denken. Im Gegenteil, nun ist der Mensch befreit und erleuchtet zu einem neuen Denken. Unser Denken ist „getauft“, in Christi Tod gegeben und mit ihm lebendig gemacht und in seinem Gehorsam stehend (2 Kor 10,5). Unser Herr Jesus Christus ist uns gerade dazu gegeben, daß wir von unserem falschen Denken (und so auch Leben) befreit werden zu richtigem Denken (und Leben). „Jesus Christus ist uns von Gott gemacht zur Weisheit“ (1 Kor 1,30). Ja, in unserem Herrn Jesus Christus, in dem Evangelium von ihm, ist uns die unerschöpfliche Quelle der Weisheit Gottes, Weg und Ziel, eröffnet: Die Erkenntnis dessen, was Gott mit dem einzelnen Menschen, seiner Gemeinde und mit seiner ganzen Welt tut und tun wird. Und auch die Erkenntnis dessen, was er von uns in einem Jesus gemäßen Leben erwartet – von uns als solchen, die dem Bild des Erstgeborenen durch seinen Geist gleichgestaltet werden. „In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“ (Kol 2,3) (- Daß der Mensch für die Dinge dieser Welt trotz seiner Sünde erhebliche Geisteskräfte besitzt, ist nicht ein Zeichen dafür, daß „es also auch ohne Gott gehe“, sondern für die Langmut Gottes, die die Welt erhält, um sie doch noch zu heilen. -)

b) Zum andern meint Weisheit im Sinne der Schrift – was eben schon anklang – das Verständnis für das, was Gott von uns, den Seinen, getan haben will. Darum geht es Jakobus vor allem, um die Frage: Wie verhalten wir uns in unserem Alltag, im bunten Wechsel der Lage, insbesondere in Widerwärtigkeiten, in Zwischenfällen, in Proben – Gott wohlgefällig und so, daß wir auch vor unserer Umwelt mit Wort, Tat und Wesen ein Christus-Zeugnis sind?

Daß wir bitten dürfen.

„Der bitte Gott“: Jakobus war bei seinem Herrn und Meister in der Lehre. Er hat uns die große, wunderbare Möglichkeit gezeigt, den Ausweg aus aller Ratlosigkeit: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan“ (Mt 7,7). Die Bitte um die göttliche Weisheit ist die Bitte um den Geist Gottes, denn die Weisheit ist eine der Wirkungen des Geistes (Eph 1,17). Unser Herr hat der Bitte um den Geist eine besondere Verheißung gegeben (Lk 11,13). Die äußeren Gaben gibt Gott auch denen, die ihn nicht darum bitten (Mt 5,45). Doch seinen Geist, sich selbst, sein Heil wirft er nicht einfach pauschal über die Köpfe. Die inneren Gaben drängt er niemandem auf. Hier will er gebeten sein. „Er will, daß wir unsere Hände ausstrecken nach seinem gnädigen Tun“ (J. Ch. Blumhardt). – Wie haben wir uns die Erhörung der Bitte um Weisheit zu denken? Der Geist Gottes bindet sich an das Wort Gottes. Jesus sagt vom Geist: „Aus dem Meinen wird er’s nehmen“ (aus dem ein für allemal gegebenen Wort) „und euch erinnern all des, was ich euch geredet habe“ (Johannes 14,26;16,14). Darum, im Hören auf Gottes Wort und im Gebetsumgang fällt durch Gottes Geist Licht auf unsere Lage und Frage. Es wird Einsicht in das jetzt Gebotene geschenkt und auch die Gabe, anderen ein klärendes, wegweisendes, helfendes Wort zu sagen (vgl. 1 Kor 12,8).

„Gott gibt jedermann“, übersetzt Luther nach dem Gesamtsinn: Die göttliche Weisheit ist keineswegs das Reservat einiger Theologen, „Gottesmänner“, Hauptamtlicher, Führender in der Gemeinde, Begabter. Jedermann hat die Verheißung.

„Gott gibt willig.“ Das grie Wort für die Art des Gebens Gottes bedeutet „einfach“, „schlicht“, „ohne Nebenabsichten“, „einfältig“ übersetzt Luther. Gott ist in seinem Geben rückhaltlos und von lauterer Güte. Er verhält sich nicht so wie die Menschen und nicht so, wie sich die Heiden ihre Götter dachten. – „Er gibt, ohne Vorwürfe“ zu machen: Wir sind an die Verdeutschung Luthers gewöhnt: „Er rückt’s niemand auf.“ Er enthält es niemand vor. Er hängt nicht den Brotkorb hoch (etwa um zu zeigen, wer Herr im Haus ist). Wörtlich heißt es: „Er schilt nicht.“ Wir geben auch, aber nicht selten schelten wir dazu, angefangen bei unsern eigenen Kindern, zum Beispiel so: „Nun kommst du, nachdem du in der Patsche sitzt. Das hättest du dir vorher überlegen müssen.“ Oder: „Nach all dem, wie du dich verhalten hast, sollte ich dir ja nichts mehr geben!“ Gott macht keine Vorhaltungen und Vorwürfe. Er behaftet uns nicht mit Vergangenem. „Seine Barmherzigkeit ist alle Morgen neu“ über uns „und seine Treue ist groß“ (Kla 3,22.23).

F. Grünzweig – Wuppertaler Studienbibel

Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der allen willig gibt und keine Vorwürfe macht, und sie wird ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; denn der Zweifler gleicht einer Meereswoge, die vom Wind bewegt und hin und her getrieben wird. Denn jener Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde, ist er doch ein wankelmütiger Mann, unbeständig in allen seinen Wegen.

Als nächstes befasst sich Jakobus mit der Beziehung zwischen Prüfungen und Weisheit. Weisheit ist notwendig, um Prüfungen durchzustehen. In Hebräer 4,16 betont der Autor die Wichtigkeit, Gnade in Anspruch zu nehmen. Jakobus betont eine besondere Gnade, die wir in Anspruch nehmen sollen; diese Gnade ist Weisheit.

Vers 5 ermutigt Gläubige, nach Bedarf um Weisheit zu bitten: Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, um eine Prüfung durchstehen zu können, so bitte er Gott. Im Englischen (und Deutschen) klingt das mehr nach einem guten Rat; im Griechischen ist es jedoch ein Imperativ, also ein Befehl. Den Gläubigen wird geboten, inmitten der Prüfung um Weisheit zu bitten. Das Ergebnis: der allen willig gibt … Das Wort gibt ist im Griechischen ein Partizip – Gott ist der gebende Gott; Gott gibt fortwährend, und er liebt es, Weisheit zu schenken. In der jüdischen Vorstellung bestand Weisheit im Ausleben von Gerechtigkeit im Alltag. So wird die Weisheit im Buch der Sprüche beschrieben: Weisheit ist nicht nur ein geistiges Vermögen, sondern die Fähigkeit, ein Alltagsleben in Gerechtigkeit zu führen. Wenn uns Weisheit mangelt, sollen wir darum bitten. Der Autor verwendet die Gegenwartsform: Fragt immer weiter! (So auch in Matthäus 7,7.) Gottes Antwort ist, dass er dieses besondere Gebet freigiebig und schlicht beantwortet. Was Gott nicht versprochen hat, mag er oder mag er nicht erfüllen; was er aber versprochen hat, wird er tun. Er hat verheißen, für Weisheit zu sorgen; also sollten Gläubige immer wieder darum bitten. Der gebende Gott wird diese Weisheit großzügig schenken, weil das für Gottes Wesen charakteristisch ist. Gott wird sie großzügig [im Elberfelder Text „willig“ – Anm. d. Übers.] herschenken – ein Wort, das wir nur hier und nirgends sonst im Neuen Testament finden. Das Adverb deutet an, dass Gott mit einer einzigen Absicht schenkt: Diese Absicht ist das Wohlergehen des Gläubigen. Außerdem schreibt Jakobus, dass Gott allen Weisheit schenkt, die darum bitten. Er wird nicht schelten. Mit anderen Worten: Gott wird reagieren und Weisheit gewähren, wenn sie im Gebet erbeten wird; aber er wird den Bittsteller für seine Frage nicht mit Beleidigungen überhäufen. Außerdem wird er den Bittsteller auch nicht an seine vergangenen Antworten auf vorige Gebete erinnern. Gott wird nicht antworten: „Was hast du denn mit dem gemacht, was ich dir schon gegeben habe?“ Gott stimmt nicht zu, nur um den Gläubigen zu demütigen. Er wird ersehen und für den Gläubigen sorgen. Gott antwortet: …und sie wird ihm gegeben werden. Das ist eine absolute Sicherheit; denn – nochmals – wenn Gott verheißen hat, als Antwort auf Gebet etwas zu geben, wird er das tun. Laut Sprüche 9,10 ist die Furcht des Herrn der Weisheit Anfang. Wenn wir uns ihm nähern, um Weisheit zu erbitten, sollten wir das in Furcht und Zittern tun. Einerseits sollten wir um die Weisheit beten, die wir zum Durchstehen einer Prüfung brauchen. Andererseits sollten wir Gott fragen, welche „Weisheit“ wir nach seinem Willen aus dieser Prüfung gewinnen sollen.

Arnold Fruchtenbaum — Der Jakobusbrief