Schlagwort: Gott

„Alle Söhne Gottes brachen in Beifallsrufe aus“

Oder wer hat ihren Eckstein gelegt, als die Morgensterne miteinander jubelten und alle Söhne Gottes jauchzten?
Elberfelder 1871 – Ijob 38,7

Wo warst du, als ich die Grundfesten der Erde legte? Sag es mir, sofern du Bescheid weißt!
Weißt du, wer ihre Maße festlegte oder wer das Maßband über ihr ausspannte?
Worauf sind ihre Stützpfeiler eingesenkt und wer hat ihren Eckstein gelegt, als die Morgensterne miteinander sangen und alle Engel vor Freude jubelten?
Neues Leben – Bibel 2006 – Hiob 38,4–7

Also, Hiob, wo warst du eigentlich, als ich die Erde gemacht hab? Im Ernst, wenn du das weißt, dann sag es mir bitte! Wer hat die Größe der Erde festgesetzt? Wer hatte überhaupt so ein Maßband, das lang genug war? Hallo?
Und wie ist das geregelt, dass sie sich um ihre eigene Achse dreht? Wer hat das alles perfekt geplant, so dass das ohne Probleme funktioniert? Als das passiert ist, haben die Sterne erst mal einen Gospelchor gegründet, und auch die Minister von Gott sind voll abgegangen vor Freude.
VolxBibel – Hiob 38,4–7

Und wie reagieren wir persönlich auf die Wunderwerke in der Schöpfung?
Jubeln wir – wenn wir uns mit der Schöpfung beschäftigen, oder sind wir eher genervt und brauchen unbedingt „unsere Technik“ zur Ablenkung?

Lobpreismusik ist keine moderne Erfindung. Zwar verbinden wir heute mit dem Wort „Lobpreis“ häufig eine ganz bestimmte Art von Liedern und einen ganz speziellen, oft recht einheitlich klingenden musikalischen Sound. In Wirklichkeit aber gab es Lobpreismusik schon immer, in allen Kulturen, Religionen und Zeiten. Schon an dem Tag, als Gott den Grund der Welt legte, lange bevor es Menschen gab, sangen die Sterne Loblieder für Gott (Hiob 38,7). Gott hat Lobpreis in seine Schöpfung und in die Geschichte der Welt hineingewoben. Deshalb lohnt sich eine Zeitreise durch die Geschichte der Lobpreismusik.
DIE ANFÄNGE DER LOBPREISMUSIK IM ALTEN TESTAMENT
Die Anfänge unseres christlichen Gottesdienstes liegen im Alten Testament. Die ersten Christen waren tief verwurzelt in ihrem jüdischen Glauben, und um „Lobpreis zu machen“, gingen sie in den Tempel von Jerusalem (Lk 24,52-53; Apg 2,46). Hier war zur Zeit des Alten Testaments der zentrale Ort der Anbetung: 4.000 Musiker taten ihren Dienst im Tempel, 288 davon waren Sänger, „allesamt Meister“ (1. Chr. 23,5; 25,7). König David, der selbst „des Saitenspiels kundig“ war, hatte spezielle Anbetungsleiter aus dem Stamm der Leviten ausgewählt, um die Gemeinde im Lobpreis anzuleiten (1. Sam. 16,17; 1. Chr. 16,4-6). So wurde der gemeinsame Lobpreis im Tempel eine Erfahrung, die nicht nur musikalisch hochwertig war, sondern auch Einheit zwischen ganz verschiedenen Menschen stiftete und zu einer Begegnung mit der machtvollen Gegenwart Gottes führte. Die eindrückliche Beschreibung eines solchen Lobpreismomentes im Tempel findet man in 2. Chronik 5,11-14.

3E-02-2021

Mit zahlreichen Fragen zu den Gebieten der Kosmologie, Ozeanographie, Meteorologie und Astronomie zwang Gott Hiob zum Nachdenken darüber, ob er überhaupt die Kompetenz besaß, über die Herrschaft des Allmächtigen über die Welt zu Gericht zu sitzen. Gott bediente sich der Ironie, um Hiobs Unkenntnis zu entlarven (z. B. „Sag mir’s“, V. 4 , vgl. V. 18 ; „Du weißt es ja“, V. 21 ).
(1) Fragen bezüglich der Erde ( 38,4-21 )
Hi 38:4-7
Hiob sah sich sofort mit der Tatsache konfrontiert, wie unbedeutend er selbst war, denn er war natürlich nicht zugegen gewesen, als Gott die Erde gründete . Da er nicht beobachtet hatte, was damals geschehen war, vermochte er es auch nicht zu sagen. Wie konnte er jetzt noch versuchen, Gott Ratschläge zu erteilen? Die Erschaffung der Erde wird hier wie der Bau eines Hauses beschrieben, das ein Fundament, Maße, eine Richtschnur, Pfeiler und einen Eckstein erhält. Als Gott die Erde schuf, glich dieser Vorgang dem Zusammenfügen verschiedener Bestandteile eines Hauses.
Hiob war nicht zugegen gewesen, als die Morgensterne (möglicherweise Venus und Merkur; vgl. Hi 3,9 ) den Herrn lobten und die Gottessöhne (vgl. Hi 1,6;2,1 ) vor Freude darüber jauchzten, weil Gott die Erde geschaffen hatte. Wenn hier von singenden Sternen die Rede ist, so handelt es sich um eine Personifizierung, nicht um einen Hinweis auf die von den Sternen erzeugten Klänge, die mit astronomischen Instrumenten entdeckt worden sind. (In Ps 148,2-3 wird den Engeln und den Sternen geboten, den Herrn zu preisen!)

Walvoord Bibelkommentar

Adam und Eva allein die Schuld am Tod zu geben, übersieht die Tatsache, dass sie nicht die ersten Geschöpfe waren, die gegen Gott sündigten. Laut der Heiligen Schrift war Satan der Erste. Seine Selbsterhöhung hatte den geistlichen Tod zur Folge – die ewige Trennung von Gott (Hesekiel 28:14-18).

Die Bibel macht keine Angaben zum Zeitpunkt der ersten Rebellion Satans. Es ist klar, dass sie stattfand, bevor Gott ihm erlaubte, den Garten Eden zu betreten. In Hiob 38:7 steht, dass die Engel bereits existierten, als Gott die Erde gründete. Es ist möglich, dass Satan vor diesem Ereignis gesündigt hat. Vielleicht hat er sogar gesündigt, bevor Gott das Universum erschuf. Adam für den Verfall und den Tod im Universum verantwortlich zu machen, verzerrt daher die Geschichte der Sünde und Gottes Antwort darauf.

Hugh Ross – Eine Frage von Tagen – Lösung eines Schöpfungskonflikts

Wann wurden die Engel erschaffen?

Alle Engel müssen vor dem siebten Schöpfungstag erschaffen worden sein, denn wir lesen: „So wurden der Himmel und die Erde vollendet samt ihrem ganzen Heer“ (1. Mose 2,1, wobei wir „Heer“ als die himmlischen Kreaturen verstehen, die das Universum Gottes bewohnen). Sogar noch ausdrücklicher als dies ist die Feststellung: „Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und er ruhte am siebten Tag“ (2. Mose 20,11). Daher wurden alle Engel spätestens bis zum sechsten Schöpfungstag erschaffen.
Aber können wir uns noch klarer ausdrücken? Es könnte ein Hinweis auf die Erschaffung der Engelwesen am ersten Schöpfungstag im Bibeltext enthalten sein, wenn wir darin lesen: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“ (1. Mose 1,1), und dann unmittelbar danach lesen können: „Die Erde aber war wüst und leer“ (1. Mose 1,2), jedoch ohne eine Erwähnung der Himmel in diesem zweiten Vers. Dies könnte darauf hindeuten, dass der unbewohnbare Zustand der Erde den Himmeln gegenübergestellt wird, wo Gott vielleicht bereits Engelwesen erschaffen und ihnen verschiedene Rollen und Ordnungen zugewiesen hatte. Diese Idee wird noch plausibler, wenn wir lesen, dass „die Morgensterne miteinander jauchzten und alle Söhne Gottes jubelten“, als Gott im Prozess der Gestaltung oder Gründung der Erde ihren „Eckstein“ legte und ihre „Grundpfeiler“ einsenkte (Hiob 38,6–7). Wenn die Engel („alle Söhne Gottes“) vor Freude jubelten, als Gott die Erde bewohnbar machte, könnte dies implizieren, dass Gott die Engelwesen früh am ersten Tag erschuf.
Da wir jedoch in der Heiligen Schrift nur Hinweise haben, müssen wir uns mit der Tatsache zufriedengeben, dass Gott uns nicht viele Informationen über den Zeitpunkt der Erschaffung der Engel gegeben hat. Weitergehende Spekulationen, ohne klare biblische Angaben, würden nutzlos erscheinen. „Was verborgen ist, das steht bei dem HERRN, unserem Gott; was aber geoffenbart ist, das ist ewiglich für uns und unsere Kinder bestimmt, damit wir alle Worte dieses Gesetzes tun“ (5. Mose 29,29).
Einige Zeit bevor der Satan Eva im Garten versuchte (1. Mose 3,1), sündigten einige Engel und rebellierten gegen Gott (2. Petr 2,4; Jud 6). Dieses Ereignis geschah offenbar nach dem sechsten Schöpfungstag, als Gott alles sah, „was er gemacht hatte; und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1,31); doch darüber hinaus gibt die Bibel uns keine weitergehende Information.

Grudem 2013 – biblische Dogmatik: Eine Einführung in die Systematische Theologie

Die biblische Antwort ist, dass die himmlische Heerschar vor der Schöpfung bei Gott war. In der Tat waren sie Zeugen davon. Was Gott zu Hiob in Hiob 38:4-7 sagt, ist in diesem Punkt eindeutig:

Als Gott die Fundamente der Erde legte, waren die „Söhne Gottes“ dabei und schrien vor Freude. Aber wer sind die Söhne Gottes? Offensichtlich sind es keine Menschen. Dies ist vor der Erschaffung der Welt. Wir könnten sie uns als Engel vorstellen, aber das wäre nicht ganz richtig.

Die unsichtbare Welt hat eine Hierarchie, etwas, das sich in solchen Begriffen wie Erzengel versus Engel widerspiegelt. Diese Hierarchie ist für uns im Alten Testament manchmal schwer zu erkennen, da wir nicht daran gewöhnt sind, die unsichtbare Welt wie einen dynastischen Haushalt zu betrachten (mehr dazu im Folgenden), wie ein Israelit bestimmte Begriffe zur Beschreibung der Hierarchie verarbeitet hätte. In der alten semitischen Welt ist „Söhne Gottes“ (hebräisch: beney elohim) ein Ausdruck, der verwendet wird, um göttliche Wesen mit höheren Verantwortlichkeiten oder Zuständigkeiten zu identifizieren. Der Begriff Engel (hebr.: malʾak) beschreibt eine wichtige, aber noch geringere Aufgabe: das Überbringen von Botschaften. – Aus diesem Grund werden die Söhne Gottes in der hebräischen Bibel eigentlich nie als Engel bezeichnet. Das heißt, es gibt keine Passagen, in denen beney elohim (und ähnliche Ausdrücke) parallel zu malʾakim („Engel“) vorkommen. Spätere jüdische Texte, wie z. B. die Septuaginta, die griechische Übersetzung der hebräischen Bibel, gaben in einigen Fällen beney elohim als angeloi („Engel“) wieder, aber solche Übersetzungsentscheidungen sind nicht durch das ausgeprägte hebräische Vokabular bedingt.

In Hiob 38 werden die Söhne Gottes als „Morgensterne“ bezeichnet. Die gleiche Beschreibung findet sich außerhalb der Bibel in alten Texten aus der biblischen Welt. Die Menschen des Altertums dachten, die Sterne seien lebendige Wesen. Ihre Argumentation war einfach: Viele Sterne bewegten sich. Das war für den antiken Geist ein Zeichen von Leben. Sterne waren die leuchtende Herrlichkeit von Lebewesen.

Auch die Sterne bewohnten das göttliche Reich – buchstäblich, in dem Sinne, dass sie außerhalb der Erde existierten. Die Alten glaubten, dass göttliche Wesen weit weg von den Menschen lebten, an abgelegenen Orten, wo eine menschliche Besiedlung nicht möglich war. Der entlegenste Ort von allen war der Himmel, die Himmelskörper.

Morgensterne sind die Sterne, die man über dem Horizont sieht, kurz bevor die Sonne am Morgen erscheint. Sie signalisieren neues Leben – einen neuen Tag. Die Bezeichnung funktioniert. Sie transportiert den richtigen Gedanken. Die ursprünglichen Morgensterne, die Söhne Gottes, sahen den Beginn des Lebens, wie wir es kennen – die Erschaffung der Erde.

Von Anfang an hat Gott also Gesellschaft – andere göttliche Wesen, die Söhne Gottes. Die meisten Diskussionen über das, was vor der Schöpfung da ist, lassen die Mitglieder der himmlischen Heerscharen aus. Das ist bedauerlich, denn Gott und die Söhne Gottes, die göttliche Familie, sind die ersten Teile des Mosaiks.

Wir haben es bisher kaum bis zur Schöpfung geschafft, und schon haben wir einige wichtige Wahrheiten aus der Schrift aufgedeckt, die das Potenzial haben, unsere Theologie auf einfache, aber tiefgreifende Weise zu beeinflussen. Ihre Bedeutung, falls sie noch nicht klar ist, wird bald offensichtlich werden.

Zuerst haben wir gelernt, dass die Söhne Gottes göttlich sind, nicht menschlich. Die Söhne Gottes waren Zeugen der Schöpfung, lange bevor es Menschen gab. Sie sind intelligente, nicht-menschliche Wesen. Der Hinweis auf die Söhne Gottes als Sterne macht auch deutlich, dass sie göttlich sind. Während die Sprache metaphorisch ist, ist sie auch mehr als metaphorisch. Im nächsten Kapitel werden wir andere Passagen sehen, die uns sagen, dass die Söhne Gottes reale, göttliche Wesen sind, die von Jahwe, dem Gott Israels, geschaffen wurden.

Zweitens: Die Bezeichnung „Söhne“ verdient Aufmerksamkeit. Es ist ein Familienbegriff, und das ist weder zufällig noch unbedeutend. Gott hat eine unsichtbare Familie – tatsächlich ist es seine ursprüngliche Familie. Die Logik ist dieselbe wie die hinter den Worten des Paulus in der Apostelgeschichte auf dem Marsberg (dem Areopag), dass alle Menschen tatsächlich Gottes Nachkommen sind (Apg 17,28). Gott hat eine Schar von nichtmenschlichen göttlichen Wesen geschaffen, deren Bereich (für menschliche Augen) ein unsichtbares Reich ist. Und weil er sie erschaffen hat, beansprucht er sie als seine Söhne, so wie Sie Ihre Kinder als Ihre Söhne und Töchter beanspruchen, weil Sie bei ihrer Erschaffung eine Rolle gespielt haben.

Während es klar ist, dass die Söhne Gottes vor der Schöpfung bei Gott waren, gibt es eine Menge über sie, das nicht klar ist. Sie sind göttlich, aber was bedeutet das wirklich? Wie sollten wir über sie in Bezug auf Gott denken?

Michael S. Heiser – Das unsichtbare Reich

„Aus loyaler Liebe lassen wir andere in ihrem Kummer nicht allein.“

(Dem Vorsänger. Ein Psalm von David ) Glückselig, wer achthat auf den Armen! am Tage des Übels wird Jehova ihn erretten. Jehova wird ihn bewahren und ihn am Leben erhalten; er wird glücklich sein auf Erden, (O. im Lande) und nicht wirst du ihn preisgeben der Gier seiner Feinde. Jehova wird ihn stützen auf dem Siechbett, all sein Lager wandelst du um in seiner Krankheit.
Elberfelder 1871 – Psalm 41,2–4

Ein Gotteslied von David.
Wahres Glück findet, wer dem Hilflosen zur Seite steht!
Wenn er dann selbst Unglück erfährt, wird ADONAI ihm helfen.
Ja, ADONAI wird ihn schützen und ihn am Leben halten.
Im ganzen Land wird man ihn beglückwünschen.
Nein, niemals wirst du ihn seinen Feinden ausliefern!
ADONAI wird ihn stärken, wenn eine Krankheit ihn ans Bett fesselt.
Ja, du bringst seine Zeit im Krankenbett zum Ende!
Roland Werner – Das Buch – Psalm 41:1–4

Wer für die Schwachen sorgt, der kommt gut drauf. Wenn er in Not gerät, holt Gott ihn raus.
Er wird ihn beschützen und am Leben erhalten. Er rettet ihn vor seinen gierigen Feinden.
Es wird ihm gutgehen, weil Gott es schaukeltund ihm mit Kraft aus Krankheit aufhilft.
VolxBibel – Psalm 41,2–4

Der treulose Freund
Dem Sangmeister. Ein Psalm Davids. (Franz Delitzsch setzt Ps. 41 unmittelbar vor die Empörung Absaloms. Absalom benutzte vielleicht eine längere Krankheit seines Vaters dazu, sich in Israel beliebt zu machen und das Ansehen Davids zu untergraben (2Sam 15:1ff.). Dabei half ihm Ahitofel, Davids treuloser Freund (Ps 41:10; 2Sam 16:23). Wenn nun auch David die drohende Gefahr heraufziehen sah, so fand er doch nicht den Mut und die Kraft, die Empörung im Keim zu ersticken. Daran hinderten ihn wohl vor allem seine Liebe zu Absalom und sein böses Gewissen wegen der Bluttat an Uria, die jedenfalls im Volk ruchbar geworden war (Ps 41:5), so daß er nun in seinem Handeln gelähmt wurde.)
Heil dem, der des Armen sich annimmt, (In V.2-4 wird das Los dessen gepriesen, der sich des Armen und Leidenden annimmt. Dann klagt aber der Psalmist von V.5 ab, daß man sich gegen ihn in seiner äußeren und inneren Not ganz anders benimmt.) / Am Tage des Unglücks wird Jahwe ihn retten.
Jahwe schirmt ihn, erhält ihn am Leben, / Daß man im Lande ihn glücklich preist. / Nicht gibst du ihn hin seiner Feinde Wut.
Jahwe wird ihn auf dem Siechbett stützen; / Seine Krankheit wandelst du zur Genesung. (Wörtlich: „Sein ganzes Lager wandelst du bei seiner Krankheit.“)

Ludwig Albrecht – Psalm 41:1–4

In Psalm 41:1, 2 heißt es: „Glückselig, wer achthat auf den Armen [der des Schwachen sich annimmt, Me]! am Tage des Übels wird Jehova ihn erretten. Jehova wird ihn bewahren und ihn am Leben erhalten; er wird glücklich sein auf Erden.“ Wahres Glück liegt im Suchen nach Wegen, auf denen wir unseren Nächsten Liebe und Hilfe darreichen, ohne daß wir über ihr Mißgeschick oder ihre Schwächen klagen, sondern sie mit der Wahrheit stärken, die sie tröstet und auferbaut.
Indem uns Christus Jesus das zweite der beiden großen Gebote gibt, scheidet er die überkritische Haltung von Christen, die sich über ihre Nächsten beklagen, aus: „Du sollst deinen Nächsten lieben wir dich selbst.“ (Mark. 12:31, NW) Wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sind, geben wir unsere eigenen Fehler und Mängel zu. Spotten und spötteln wir über uns selbst, wenn wir irren? Weil wir uns selbst lieben, suchen wir uns ehrlich zu verbessern und für unsere Füße gerade Bahn zu machen. Das gibt uns Herzensfrieden und Glück. Indem wir Seite an Seite mit unseren Nächsten, unseren Brüdern, dienen, handeln wir nach demselben Grundsatz. Wir werden glücklich sein, wenn wir Wege suchen, auf denen wir ihnen gegenüber liebevoll und hilfreich sein können.

Wachtturm 15.Mai 1955

Krankheit (vv. 8, 10) und Sünde (V. 4) vereinen sich erneut, um David in Bedrängnis und Gefahr zu bringen, während seine Feinde gegen ihn intrigieren und auf seinen Tod warten. Diese Faktoren scheinen diesen Psalm in die Zeit der Rebellion Absaloms zu stellen. Davids Krankheit hinderte ihn daran, das Volk so zu führen, wie er es wollte (2 Sam 15,1-6), und Absalom nutzte dies aus, um sich selbst zum König zu machen. Wenn der „liebe Freund“ in Vers 9 Davids Ratgeber Ahithophel ist, dann ist die Frage des historischen Rahmens geklärt (2. Sam. 16:15ff). Jesus zitierte den Vers 9 im Obergemach, als er sich auf Judas bezog (Johannes 13,38), also hat der Psalm messianische Untertöne. Wenn wir uns in Schwierigkeiten befinden, können wir diesen Psalm nutzen, um eine Bestandsaufnahme unseres geistlichen Zustands zu machen, indem wir vier Fragen stellen und beantworten.

Integrität: Wie behandeln wir andere (V. 1-4)?

Bevor wir Gottes Verheißungen in Anspruch nehmen können, müssen wir unser eigenes Herz prüfen, um festzustellen, ob wir die Bedingungen, die der Herr festgelegt hat, aufrichtig erfüllt haben. David stützte sein Gebet zweifellos auf die Bestimmungen des Bundes (Lev 26,1-13; Dtn 7,13-16; 28,1-14). Er wusste, dass er kein Recht hatte, vom Herrn Barmherzigkeit zu fordern, wenn er selbst anderen keine Barmherzigkeit erwiesen hatte. Aber David hatte die Regeln des Herrn vollständig befolgt und König Saul, Sauls Enkel Mephiboschet und den Bedürftigen im Lande Barmherzigkeit erwiesen. (Siehe Matthäus 5,7 und Lukas 6,37-38.) „Arme“ bezieht sich auf die Hilflosen, die Elenden, deren Los schwer war und die auf die Hilfe anderer angewiesen waren. Auf diese bedauernswerten Menschen „Rücksicht zu nehmen“ bedeutete, auf ihre Bedürfnisse zu achten und ihnen zu helfen. Es bedeutete auch, sie nicht zu verurteilen und zu beschuldigen, wie Hiobs Freunde ihn beschuldigten und die Jünger den Blinden beschuldigten (Johannes 9,1-4). Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass David sich um die Armen und Bedürftigen in seinem Reich kümmerte und deshalb mit Integrität betete. In Vers 1spricht er von sich selbst in der dritten Person, was ein echtes Zeichen seiner Demut vor dem Herrn ist.

In den Versen 2-3 zählte er die Segnungen auf, die Gott ihm schicken würde, weil er seine Sünden bekannte und Gott bat, ihm gnädig zu sein (V. 4). Gott würde ihn vor seinen Feinden beschützen und sein Leben im Lande verlängern. Das allein würde schon seinen Feinden bezeugen, dass David ein von Gott bevorzugter Mann war. Gott würde ihn auch von seiner Krankheit heilen und ihn von seinem Krankenbett auferwecken. „Machet alle sein Bett“ (v. 3, KJV) bedeutet einfach „ihn heilen und aufrichten“. Dies wäre eine gnädige und barmherzige Tat des Herrn, die David nicht verdient hätte, die aber von Jehova liebevoll gewährt wurde. „Wenn ich Böses in meinem Herzen sehe, wird der Herr mich nicht erhören“ (66:18, NASB), deshalb ist es wichtig, dass wir dem Herrn unsere Sünden bekennen. Wenn wir nicht barmherzig zu anderen gewesen sind, wie kann unser Herz dann richtig sein, um ihn um Gnade zu bitten?

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

In den ersten drei Versen wird die Belehrung des dankbaren Psalmisten wiedergegeben. Sie beginnen mit der Erklärung der Maxime, dass diejenigen, die auf die Bedürftigen achten, Hilfe vom Herrn erhalten werden. In gewisser Weise sagt die Zeile: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“ (Mt 5,7). Der Psalm beginnt mit der Erklärung der Seligpreisung: „O die Seligen von“ (אַשְׁרֵי, wie in Psalm 1,1). Das Wort findet sich normalerweise in didaktischen Passagen, so auch hier. Wegen dieses Ausrufs sind die folgenden Verben keine Gebete, sondern Belehrungen. Die Gesegneten sind in diesem Fall Menschen, die Rücksicht auf die Schwachen oder Bedürftigen nehmen (דָּל). Die verwendete Verbform (מַשְׂכִּיל; s.v. Ps. 36:4) ist ungewöhnlich; es ist eines der Wörter für Weisheit, d.h. kluges oder umsichtiges Handeln mit Unterscheidungsvermögen. In diesem Zusammenhang beschreibt es praktische Weisheit, d. h., dass man an die Bedürftigen denkt und nicht nur an sich selbst; aber es geht darüber hinaus, dass man an sie denkt – es bedeutet, dass man in ihrem Namen handelt. Wie der Psalmist deutlich machen wird, haben die Menschen in seiner eigenen bitteren Erfahrung dies nicht getan – selbst sein enger Freund sündigte gegen ihn, als er in Not war.
Die Lektion ist, dass Menschen, die sich auf diese Weise richtig verhalten, in der Tiefe ihres Unglücks nicht im Stich gelassen werden. Der Text sagt: „Der HERR rettet ihn (יְמַלְּטֵהוּ) in der bösen Zeit“. Negativ ausgedrückt könnte man fragen: Wenn Menschen anderen in Not nie helfen, welches Recht haben sie dann, um Hilfe zu bitten? Oder positiv ausgedrückt: Menschen, die göttliche Erlösung aus ihren Schwierigkeiten suchen, müssen Menschen sein, die sich aktiv um die Schwachen und Armen kümmern.

Allen P. Ross – Ein Kommentar zu den Psalmen 1-89

Glücklich wird sonst derjenige gepriesen, dessen ausschließliche Hoffnung Gott ist und dessen Herz sich Gott zuneigt. Der Glückwunsch hier aber preist den, der sorgfältig auf den Geringen achtet. Es geht hierbei nicht um eine heroische Tat, sondern um »teilnehmende Achtsamkeit« (Delitzsch). Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß David selbst gemeint ist: Er hat den Mut, andere auf sich aufmerksam zu machen und ihnen von Gott her Gutes zuzusprechen. Man kann dieses Selbstbewußtsein nur aus dem Bewußtsein eines höheren Beauftragtseins erklären. Der Erwählte Gottes bedarf der Achtsamkeit durch andere. Erstaunlich ist, daß, obwohl Gott es ist, der rettet, Menschen bei dieser Rettung beteiligt sein müssen. Dieses aber hat, weil Gott ja der eigentlich Handelnde ist, mit Sorgfalt und Einfühlungsvermögen zu geschehen, was gerade dann nicht mehr der Fall ist, wenn eine »gute Tat« nur als das gilt, was in der Öffentlichkeit entsprechend gefeiert wird. Es bleibt dabei, daß Gott allein David retten kann: am Tag des Unheils rettet ihn Jahwe. Wer sich so an Gottes Retten anlehnt und aus einem selbstvergessenen Herzen heraus so barmherzig ist, dem wird Barmherzigkeit zuteil; denn er ist ja mit Gott gleichen Sinnes. Gott gibt ihn nicht preis der Gier seiner Feinde. Wenn also Gott und Mensch auf diese besondere Weise »Zusammenwirken«, wenn also Menschen sich aufmachen und dem verachteten David Gutes tun, geschieht eine wunderbare Verwandlung: sein ganzes Lager wandelst du um in seiner Krankheit. Gesundheit kann so ein Zeichen für Gottes Zuwendung werden.

Wuppertaler Studienbibel

Der über den Elenden klüglich urteilt. Gewöhnlich übersetzt man: „der sich des Dürftigen annimmt.“ Doch glaube ich nicht, dass hier die Wohltätigkeit gelobt werden soll. Der Ausdruck „klüglich handeln“ oder „weise urteilen“ deutet vielmehr darauf, dass David ein gerechtes, besonnenes und maßvolles Urteil über Leute empfehlen will, die in Unglück geraten sind. Aber was führt ihn darauf, diejenigen glücklich zu preisen, die sich in betreff der Strafen, mit denen Gott seine Knechte züchtigt, eines weisen und gesunden Urteils befleißigen? Wir sagten, dass David wider eine verkehrte Beurteilung seiner Person zu kämpfen hatte: als schwere Heimsuchungen auf ihm lasteten, erklärte man ihn einfach für verloren und seine Lage für verzweifelt. Ohne Zweifel erging es ihm ebenso wie dem heiligen Hiob, den die Feinde, als sie sahen, dass er von Gott so hart behandelt wurde, für den größten Verbrecher hielten. Und fürwahr! Dieser Fehler ist sehr gewöhnlich; denn die meisten Menschen verurteilen die Elenden zum Untergange, der große Haufe klatscht den Reichen und anderen, denen das Glück hold lächelt, Beifall, da sie Gottes Gunst nach dem hinfälligen Glück schätzen, und ebenso kränken sie die Elenden, weil sie sich voreilig einbilden, dass sie dem Herrn verhasst sein müssten, da er nicht so sanft mit ihnen umgeht wie mit den Verworfenen. Das Übel dieses boshaften und verkehrten Richtens hat zu allen Zeiten geherrscht. Gott aber erklärt an mehreren Stellen deutlich genug, dass er um verschiedener Ursachen willen die Gläubigen durch Unglück prüfe, bald um sie zur Geduld zu erziehen, bald um verkehrte Neigungen ihres Fleisches zu unterdrücken oder die überflüssigen Begierden des Fleisches auszubrennen und auszuläutern, bald um sie zu demütigen, bald um sie andern zum Vorbilde hinzustellen, bald um sie zur Betrachtung des himmlischen Lebens anzutreiben. Aber wir lassen uns fast immer durch Vorurteile bestimmen und stoßen Leute, die unter dem Kreuze seufzen, in die unterste Hölle, wie man zu sagen pflegt. Um diesem voreiligen Urteilen entgegen zu treten, sagt David, dass diejenigen glücklich seien, die nicht so grausam mit verkehrten Urteilen wüten, sondern klug zwischen Plage und Plage unterscheiden und die boshafte Härte, die dem Fleische angeboren ist, durch die Klugheit des Geistes mäßigen. Wir erinnerten soeben schon an das Beispiel Hiobs, den seine Freunde, weil sie ihn im tiefsten Unglück sahen, unbedenklich für verworfen und endgültig für verstoßen erklärten. Wenn aber einem billigen und barmherzigen Beurteiler derartiges entgegentritt, so wird er die Weisheit gebrauchen, die David hier lobt. Auch wir wollen uns durch dieses Zeugnis des heiligen Geistes warnen lassen und ein gar zu vorschnelles Urteil mäßigen lernen. Über unglückliche Brüder sollen wir mit kluger Besonnenheit urteilen und bezüglich ihres Heils das Beste hoffen. Denn wir sie unbarmherzig vor der Zeit verdammen, so kann diese ungerechte Härte leicht auf unser Haupt zurückfallen. Vor allem wollen wir aber auf das achten, was ich zuvor schon sagte: wider die böswilligen und grausamen Urteile, die ihn erdrücken wollten, wappnete sich David mit dieser Tröstung und hielt sich dadurch in der Versuchung aufrecht. So wollen auch wir lernen, wenn Satan einmal durch das stolze Richten der Menschen unseren Glauben zu erschüttern sucht, an diese Klugheit zu denken, damit wir nicht in Verzweiflung geraten. Dann machen wir den rechten Gebrauch von dieser Lehre.
Am Tage des Unglücks wird ihn der Herr erretten. Viele Ausleger beziehen dies auf den Mann, der um seines gerechten Urteils willen glücklich gepriesen wird: er solle, wenn ihn einmal Unglück treffe, den entsprechenden Lohn für seinen barmherzigen Sinn empfangen. Ich glaube aber, dass nur der Grund angegeben wird, weshalb man über einen Unglücklichen milde urteilen und seinen Spruch nicht einfach auf den gegenwärtigen Anschein gründen soll: mag Gott sich im Augenblick feindlich gegen ihn zeigen, so kann endlich doch ein fröhlicher Ausgang kommen, der zum Beweis seiner Gnade dienen muss. Wir sehen jetzt, weil ein reicher Trost in diesen Worten liegt, wenn wir sie so fassen, dass auch in bösen Tagen Heil von Gott zu erhoffen ist. Wenn das nicht wäre, so könnte keiner sich aus seinem Schmerze aufrichten. Der heilige Geist ermahnt die Gläubigen nicht nur zur Milde, wenn sie ihre Brüder leiden sehen, sondern er zeigt uns auch das Heilmittel, durch das wir unseren Schmerz lindern können, so oft unser Glaube durch Unglück erschüttert wird.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

Wenn unser Leben vom heiligen Geist geleitet wird, dann werden wir wie David handen – und können uns dann auf Jehovahs Hilfe & Schutz verlassen. Wir tun dies also nicht „berechnend“ sondern weil es zu „unserer Natur“ geworden ist.

Folgendes müsst ihr denen klarmachen: ‚Ab jetzt hat Gott das Sagen!‘

Diese zwölf sandte Jesus aus und befahl ihnen und sprach: Gehet nicht auf einen Weg der Nationen, und gehet nicht in eine Stadt der Samariter; gehet aber vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Indem ihr aber hingehet, prediget und sprechet: Das Reich der Himmel ist nahe gekommen.
Elberfelder 1871 – Matthäus 10,5–7

Verkündet ihnen: ‘Jetzt wird Gott seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden!’ (- Jetzt wird Gott …: wörtlich Nahe herbeigekommen ist die Königsherrschaft der Himmel. -)
Gute Nachricht Bibel 2000 – Matthäus 10,7

Geht zu ihnen und überbringt ihnen die Nachricht: ›Die himmlische Wirklichkeit ist jetzt zum Greifen nahe herbeigekommen!‹
Roland Werner – Das Buch – Matthäus 10,7

Ist das eigentlich in unserer Umgebung bekannt: „ab jetzt hat Gott das Sagen!“ ??
Ist das eigentlich in unseren Köpfen angekommen, ja haben wir es verstanden: „ab jetzt hat Gott das Sagen!“ ?????

Die Botschaft, die die Zwölf über das Himmelreich (V. 7) verkünden sollten, deckte sich mit der Johannes‘ des Täufers (Mt 3,1) und mit Jesu eigener Verkündigung (Mt 4,17). Jesus instruierte die Jünger jedoch, ihre Verkündigungstätigkeit ausschließlich auf die Juden zu beschränken, er sagte ihnen sogar ausdrücklich, sie sollten nicht zu den Heiden und zu den Samaritern gehen. Die Volksgruppe der Samariter stammte von Juden und Heiden ab. Ihre Geschichte begann bald nach 722 v. Chr., als Assyrien das Nordreich eroberte und Gefangene aus dem Norden Mesopotamiens in Israel ansiedelte, wo sie sich durch Heirat mit den Juden vermischten. Die Apostel wurden nur zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel gesandt (vgl. Mt 15,24), weil die Botschaft vom Reich nur für Gottes Bundesvolk bestimmt war. Zuerst einmal sollten die Juden ihren wahren König, der nun gekommen war, akzeptieren. Wenn sie das taten, würden auch die anderen Völker durch sie gesegnet sein (1Mo 12,3; Jes 60,3).
Die Botschaft der Apostel sollte, wie die ihres Herrn, durch Wunder legitimiert werden (Mt 10,8; vgl. Mt 9,35). Sie sollten keine besonderen Vorkehrungen für ihre Reise treffen und damit den Eindruck vermeiden, daß es sich bei ihrer Aufgabe gleichsam um etwas „Geschäftliches“ handelte. Zu der Liste der Gegenstände, die sie nicht mitnehmen sollten, gehörte auch ein Stecken (vgl. Lk 9,3). Markus berichtet dagegen, daß sie einen Stock mitnehmen konnten (Mk 6,8). Dieser Widerspruch löst sich, wenn man beachtet, daß die Jünger sich nach Matthäus nichts extra zurechtlegen oder besorgen sollten (ktEsEsthe; Mt 10,9), nach Markus jedoch das mitnehmen (airOsen) konnten, was sie bereits zur Hand hatten.
Die Apostel waren bei ihrem Werk also immer wieder auf die Hilfe ihrer Hörer angewiesen. In jeder Stadt und jedem Dorf sollten sie sich nach jemand erkundigen, der es wert ist, und bei ihm bleiben. Das Kriterium für dieses „Wertsein“ lag offensichtlich in der positiven Reaktion des Betreffenden auf die Botschaft der Apostel. Die, die die Botschaft ablehnten und die Apostel nicht aufnahmen, sollten sie wieder verlassen. Die Formulierung, beim Verlassen eines ungastlichen Ortes „den Staub von den Füßen zu schütteln“, symbolisiert dabei den Abscheu, den man selbst vor dem Staub der betreffenden Stadt hat – eine Geste, die normalerweise nur heidnischen Städten gegenüber gebraucht wurde. Der Herr sagte, daß es diesen Menschen am Tage des Gerichts schlimmer ergehen werde als den Leuten von Sodom und Gomorra (1Mo 19). (Die Wendung „wahrlich, ich sage euch“ steht bei Mt 10,15.23.43; vgl. den Kommentar zu Mt 5,18.)

Walvoord Bibelkommentar

Er war zu einem ganz anderen Zweck gekommen, nämlich um den Menschen durch die Verkündigung der Frohen Botschaft die Wirklichkeit des Ewigen zu erschließen. Aus dem, wie Christus sich hier verhalten hat, können alle, die in seinem Dienst stehen, eine wichtige Lehre ziehen. Als er die zwölf Jünger aussandte, sagte er ihnen: “Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt böse Geister aus. Umsonst habt ihr’s empfangen, umsonst gebt es auch.” Matthäus 10,7.8. Es war nicht ihre Aufgabe, weltliche Streitfragen zu schlichten, sondern die Menschen zu drängen, sich mit Gott zu versöhnen. In dieser Arbeit war ihre Befähigung begründet, der Menschheit zum Segen zu werden. Nur Christus kann von Sünde und Leid befreien. Nur das Evangelium seiner Gnade kann auch alle gesellschaftlichen Missstände beseitigen. Beides, die Ungerechtigkeit der Reichen gegenüber den Armen und der Hass der Armen auf die Reichen, wurzelt ja in der Selbstsucht, und diese lässt sich nur ausrotten, wenn man sich Christus unterordnet. Er allein tauscht das selbstsüchtige, sündige Herz aus gegen ein neues Herz voll Liebe. Als Mitarbeiter Christi wollen wir das Evangelium in der Kraft des Geistes predigen, den uns der Himmel schenkt, und wie Jesus zum Wohl unserer Mitmenschen wirken.

Ellen Gould White – Bilder vom Reiche Gottes

Das ist der Hauptauftrag. Also nicht langsames Hineintasten in die Verhältnisse – das Reich Gottes, seine lebenbringende Herrschaft, ist ja nahe! Auch nicht zuerst Tatbeweise, um erst später ein Wort fallen zu lassen – sondern das Wichtigste muss zuerst auf den Plan: die Botschaft von Gott! Die Verkündigung steht wie bei Jesus selbst (vgl. Mt 4,23; 9,35) auf dem ersten Platz. Die Botschaft ist einfach und erschütternd zugleich: »Die Gottesherrschaft ist nahe herbeigekommen!« Jesus will sich nicht originell vom Täufer abheben, der dasselbe verkündigte (vgl. Mt 3,2). Er hat auch keine Angst, sich selbst zu wiederholen (vgl. Mt 4,17). Nein, schlicht und klar und konstant soll Gottes Wille angesagt werden. Es ist eine erschütternde Botschaft, denn sie schließt Gottes nahes Gericht über alle Feinde ein. Aber sie ist auch belebende Botschaft für Sünder, die nicht mehr Sünder sein wollen: es ist noch Gnade und Chance, in Gottes Gemeinschaft zu gelangen! Jes 55,1 realisiert sich jetzt, in Jesus, für Israel. Wenn wir studieren wollen, was Mission ist, dann lernen wir es an Jesu Auftrag für die Israelmission.

Gerhard Maier -Edition C

Als er einmal die zwölf Apostel aussandte, sagte er zu ihnen nicht, sie sollten eine politische Untergrundbewegung organisieren und einen Aufstand unter den Juden hervorrufen, sondern er sagte: „Während ihr hingeht, predigt, indem ihr sagt: ,Das Königreich der Himmel hat sich genaht.‘ Heilt Kranke, weckt Tote auf, reinigt Aussätzige, treibt Dämonen aus. Kostenfrei habt ihr empfangen, kostenfrei gebt.“ (Matthäus 10:1-8) Als Jesus später siebzig andere Evangeliumsverkündiger aussandte, gab er ihnen ähnliche Anweisungen, und auch ihnen sagte er, was sie predigen sollten: „Wo immer ihr in eine Stadt hineingeht und man euch aufnimmt, da eßt, was man euch vorsetzt, und heilt darin die Kranken und sagt ferner zu ihnen: ,Das Königreich Gottes hat sich euch genaht.‘ “ — Lukas 10:1-9.

Gottes tausendjähriges Königreich hat sich genaht

Jeschua begann den Auftrag, indem er den Aposteln praktische Anweisungen für den Dienst gab, zu dem er sie aussandte. Er unterwies sie in fünf spezifischen Bereichen.

Zuerst gab er ihnen territoriale und nationale Einschränkungen. Sie sollten nur zu Juden gehen: Geht nicht in Weg der Heiden, und geht in keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Jisrael (Matthäus 10,5b-6). Dies veranschaulicht das Prinzip, dass nicht alle Gebote Jeschuas für alle Menschen für alle Zeiten bestimmt sind. Offensichtlich war dieser Auftrag nur für die Apostel und nur für eine begrenzte Zeit gedacht. Später im selben Evangelium (Kapitel 28) wird Jeschua die Apostel erneut beauftragen, nach seinem Tod und seiner Auferstehung alle Völker zu Jüngern zu machen. Aber jetzt sollten sie nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Jisrael gehen.

Zweitens war die praktische Anweisung zweifach und befasste sich mit der Art der Arbeit der Apostel (Matthäus 10,7-8). Sie sollten die Königreichsbotschaft verkünden, soweit sie sie zu dieser Zeit verstanden, und dem gläubigen Überrest sagen, dass das messianische Programm immer noch sehr wohl Teil der Erfüllung Gottes war. Die grundlegenden Tatsachen über das Königreich waren immer noch wahr, obwohl es zu dieser Zeit nicht eintreten würde. Außerdem sollten sie ihre Botschaft durch das Vollbringen von Wundern beglaubigen: Kranke heilen, Tote auferwecken, Aussätzige reinigen, Dämonen austreiben: umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebt (Matthäus 10,8). Allerdings waren die Wunder nur für den Überrest bestimmt, und die Apostel sollten das, was ihnen gegeben wurde, mit ihren Mitgläubigen teilen. Ein ähnliches Prinzip findet sich in einer rabbinischen Aussage, die aus der Zeit um 300 n. Chr. stammt. Rab Juda sagte: „So wie ich unentgeltlich lehre, so sollt ihr auch unentgeltlich lehren.“

Drittens sollten sich die Apostel nicht um die Notwendigkeiten des Lebens kümmern. Sie mussten darauf vertrauen, dass Gott für sie sorgen würde, wenn sie hinausgingen, um zu dienen (Matthäus 10,9-10). Jeschua verbot ihnen, Gold, Silber, Messing, Geldbeutel, Mäntel, Schuhe und Stab mitzunehmen. Gold, Silber und Messing beziehen sich auf Münzen, die aus diesen Elementen bestehen. Ein Mantel war ausreichend, weil Gott ihre minimalen Bedürfnisse befriedigen würde. Markus erklärt Jeschuas Hinweis auf die Schuhe: Sie sollten mit Sandalen gehen (Markus 6:9), d. h., sie sollten keine Schuhe tragen, sondern mit billigeren Sandalen gehen. Eine scheinbare Diskrepanz bezüglich des Stabes erscheint zwischen den Evangelien. Matthäus zitiert Jeschua mit den Worten, er solle keinen Stab mitnehmen (Matthäus 10:10a), und Lukas stimmt mit Matthäus überein (Lukas 9:3), aber Markus gibt an, nur einen Stab mitzunehmen (Markus 6:8). Es gibt mindestens acht mögliche Lösungen für dieses Problem, aber keine hat sich allgemein durchgesetzt, weshalb Frankreich zu dem Schluss kommt: „Die Uneinigkeit über den Stab bleibt ungelöst.“ Es ist daher am besten, die Version von Markus so zu nehmen, dass er lehrt, dass die Apostel keinen zusätzlichen Stab mitnehmen sollten.
Das Prinzip hinter Jeschuas Anweisung war: Der Arbeiter ist seiner Nahrung würdig (Matthäus 9,10b). Wenn die Jünger hinausgingen, würde für ihre Bedürfnisse gesorgt werden. Wiederum war dies nicht als ein Prinzip für alle Gläubigen für alle Zeiten gedacht, sondern eher für die Apostel für eine begrenzte Zeit. Am Ende seines öffentlichen Wirkens sagte Jeschua ihnen, dass sie genau die Dinge nehmen sollten, die er ihnen gerade gesagt hatte, nicht zu nehmen, um zu verdeutlichen, dass bestimmte Dinge nur wahr waren, solange der Messias physisch auf der Erde anwesend war. Die Dinge würden sich ändern, wenn Er in den Himmel auffuhr, und es ist wichtig, zwischen Seiner Anwesenheit auf der Erde und Seiner Abwesenheit von der Erde zu unterscheiden.

Die vierte praktische Anweisung für die Mission war, dass der Fokus der Apostel auf dem Einzelnen liegen sollte, nicht auf der Nation. Der Begriff „würdig“ bezieht sich auf Gläubige. Wenn die Apostel eine Stadt betraten, sollten sie herausfinden, wer in ihr würdig ist (Matthäus 10,11). Sie wurden angewiesen, nur den Würdigen zu predigen, den einzelnen Gläubigen, dem Überrest dieser Stadt. Wenn sie einen Würdigen gefunden hatten, sollten sie bei dieser Person wohnen. Wenn sie sein (oder ihr) Haus betraten, sollten sie es grüßen (Matthäus 10:12), das heißt, sie sollten ihm einen apostolischen Segen geben, wenn das Haus würdig war (Matthäus 10:13). Mit anderen Worten: Wenn die Menschen, die in dem Haus lebten, wirklich gläubig waren, sollten die Apostel dem Haus ihren Frieden geben. Wenn sich das Haus jedoch nicht als das erwies, was es zu sein vorgab, nämlich ein gläubiges Haus, dann sollten sie ihm nicht ihren Frieden geben und den Segen, den sie erteilt hatten, zurückziehen.

Fünftens: Wenn die Apostel von Ungläubigen, den Unwürdigen, getroffen wurden, sollten sie den Staub von ihren Schuhen schütteln als Zeichen des Zeugnisses und des bevorstehenden Gerichts über die Ungläubigen. Wenn die Jünger ein Haus betraten, das sich als unwürdig erwies, sollten sie den Staub des Hauses von ihren Füßen schütteln. Das Gleiche galt für die Stadt (Matthäus 10,14), denn schließlich würde das Gericht über diese Stadt kommen. Beachten Sie, dass sich der Segen auf den Einzelnen bezog, während das Gericht auf das nationale Element überging und sich in diesem Fall auf die Stadt konzentrierte: Es wird für das Land von Sedom und Gomorra am Tag des Gerichts erträglicher sein als für diese Stadt (Matthäus 10:15). Das Gericht wird sich gegen diese Stadt richten. Die Formulierung „erträglicher“ weist darauf hin, dass es im Endgericht Abstufungen der Strafe geben wird.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Deshalb — ich rede wie mit meinen Kindern — öffnet doch auch ihr im Gegenzug euer Herz weit

O ihr Korinther, unser Mund hat sich euch gegenüber geöffnet, unser Herz ist weit geworden.  Nicht ihr habt engen Raum in uns; hingegen ist es eng in euren Herzen. Aber als Gegenleistung – ich rede mit euch wie mit Kindern – öffnet auch ihr euch weit.
luther.heute – 2. Kor 6,11–13

Nun vergeltet doch Gleiches mit Gleichem – wie zu Kindern rede ich –, indem auch ihr das Herz weit macht.
Herder-Übersetzung – 2. Korinther 6:13

Liebe Geschwister, so offen, wie wir jetzt zu euch reden, so offen ist auch unser Herz für euch. Wenn irgendetwas Druck auf euch ausübt oder euch einengt, dann kommt das nicht von uns. Vielleicht seid ihr es selbst, die euren Herzen unnötige Lasten auferlegt. Ich rede zu euch, als wärt ihr Kinder, und ich erwarte auch nicht mehr von euch, als dass ihr euer Herz ebenfalls weit für mich und meine Botschaft öffnet.
Willkommen daheim – 2.Korinther 6,11–13

Wenn wir in einer Beziehung/Ehe in Schwierigkeiten geraten, dann kann es leicht sein, dass wir uns ins „schmollen zurück ziehen“. Ähnlich verhielten sich die Korinther dem Paulus entsprechend.

Sich zurückziehen
• kein anerkennendes Wort mehr sprechen
• keine Zuneigung mehr zeigen
• jemandem aus dem Weg gehen
Der Manipulator vermittelt die Botschaft: „Wenn du meine Regeln nicht befolgst, werde ich dir kein bisschen Aufmerksamkeit schenken.“ Im Gegensatz dazu schrieb der Apostel Paulus den Korinthern: „Unser Mund hat sich euch gegenüber geöffnet, ihr Korinther; unser Herz ist weit geworden. Ihr seid nicht beengt in uns, sondern ihr seid beengt in euren eigenen Herzen. Gleicherweise zur Belohnung aber – ich rede wie zu Kindern – werdet auch ihr weit!“ (2. Korinther 6,11–13).

Hunt – Handbuch für biblische Seelsorge

Welche Fehler Paulus auch immer haben mochte, er war kein Heuchler. Bis hierher ist sein Brief von Offenheit und der rückhaltslosen Versicherung seiner Zuneigung zu den Korinthern (splanchnois; vgl. 2Kor 7,15; Phil 1,8;2,1; Kol 3,12; Phim 1,7.12.20; 1Joh 3,17) gekennzeichnet (z. B. 2Kor 2,3-4). Er wünscht sich allerdings, daß auch die Korinther ihm eine solche Liebe entgegenbringen. Die Tiefe seiner Gefühle zeigt sich vor allem in seinem Ausruf „O ihr Korinther“ – ein emotionaler Ausbruch, wie er in seinen anderen Briefen nur selten so zu finden ist. So tadelt er z. B. die galatischen Gemeinden, die im Begriff stehen, vom Glauben abzufallen, streng, indem er sie beim Namen nennt (Gal 3,1). Als er sich an die treue Unterstützung der philippischen Gemeinde zu Beginn seines Amtes und während seines Gefängnisaufenthaltes erinnert, spricht er sie ebenfalls namentlich an (Phil 4,15). In einer Mischung aus Enttäuschung und Zuneigung appelliert Paulus nun an die Korinther und fordert sie auf, ihm mit der gleichen vorbehaltlosen Liebe zu begegnen (meine Kinder … macht auch ihr euer Herz weit; vgl. 2Kor 7,2-3).

Walvoord Bibelkommentar

Wenn es zwischen ihnen eine Entfremdung gab, dann lag dies nicht an ihm, sondern an ihren falschen Gedanken über ihn. Hätten sie in ihren Herzen soviel Raum für ihn wie er für sie, dann wäre der Riß zwischen ihnen und ihm schon überbrückt. Tatsache war aber, daß die Saiten ihrer Gefühle so hart gespannt waren, daß eine herzliche Aufnahme schwierig, wenn nicht unmöglich wurde. Sie warfen ihm vor, nicht früher gekommen zu sein, in Wirklichkeit konnten sie ihn aber gar nicht empfangen, solange sie nicht mit dem HERRN in Ordnung waren. Zweifellos spielten die bösen Arbeiter in ihrer Mitte eine gewichtige Rolle, indem sie die Korinther zu überzeugen suchten, daß er das Interesse an ihnen verloren habe.
  Vers 13 Wieder spricht er in Zartheit und mit väterlichen Gefühlen zu ihnen wie zu seinen Kindern. Ihn verlangt danach, daß seine Liebe zu ihnen so erwidert wird, daß ihre Herzen ihm gegenüber weit werden. Es würde ihm große Schmerzen verursachen, sollte er anstelle von Wärme und Herzlichkeit entdecken, daß ihre Herzenstüren für ihn verschlossen wären und Kälte ihre Brust erfüllen würde. Es ist nicht verwunderlich, wenn ein Vater von seinen Kindern eine Reaktion auf seine Liebe erwartet. Er brachte ihnen das Evangelium, nahm manche Entbehrung auf sich, weinte über sie und trachtete nach ihrer Wiederherstellung, als sie auf falsche Wege gerieten. Von daher hat er ein Recht auszurufen: „… werdet auch ihr weit.“ Es besteht eine enge Verbindung zwischen Vertrauen und Liebe. Bevor er sie bat, ihr Herz weit zu machen, holte er weit aus, um ihnen seine Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit zu zeigen, damit sie ohne Entschuldigung seien, sollten sie seine Gefühle nicht erwidern.

Benedikt Peters -Was die Bibel lehrt

Jede Einschränkung hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Korinthern und Paulus ging auf die Korinther zurück, nicht auf Paulus. Sie mochten ihn nur beschränkt lieben, sodass sie nicht sicher waren, ob sie ihn aufnehmen sollten oder nicht, doch seine Liebe zu ihnen war keinesfalls beschränkt. Der Mangel an Liebe bestand auf ihrer, nicht auf Paulus’ Seite.
6,13 Wenn sie seine Liebe zu ihnen erwidern wollten (er spricht mit denen, die seine »Kinder« im Glauben sind), dann sollten sie zulassen, dass ihre Empfindungen ihm gegenüber »weiter« würden. Paulus fühlte sich als ihr Vater. Sie sollten ihn als Vater im Glauben lieben. Nur Gott konnte dies bewirken, doch sie sollten Gott gestatten, es in ihrem Leben zu bewirken.
Die Gute Nachricht übersetzt die Verse 11–13 recht treffend:
Meine lieben Korinther, ich habe kein Blatt vor den Mund genommen. Ich habe euch mein Herz weit geöffnet. Es stimmt nicht, dass ihr keinen Platz darin habt. Ihr steht nur deshalb draußen, weil ihr euch selbst aussperrt. Ich spreche zu euch als meinen Kindern. Begegnet mir so, wie ich euch begegne! Öffnet auch ihr eure Herzen weit!

MacDonald – Kommentar zum Neuen Testament

Unser Mund ist offen gegen euch, Korinther; unser Herz ist weit. Ihr habt in uns nicht engen Kaum; ihr habt aber engen Raum in eurem Inneren. Damit ihr uns dasselbe vergeltet — ich rede, wie man zu Kindern spricht —, werdet auch ihr weit.

So offen spräche Paulus nicht mit allen. Wenn er den Korinthern die Reinheit seines Gewissens zeigt und ihnen darlegt, wie alles, was er geworden ist, ihm zum Grund des Dankes wird und ihn in der Ausrüstung seines großen Werkes unterstützt, so empfangen sie damit einen besonderen Beweis seiner Liebe. Weiten Raum hat er ihnen bei sich geschaffen; denn er hat eine große Liebe zu ihnen, die auf das achtet, was sie bedrückt, ihren Verdacht zerstreut und ihr Vertrauen zu ihm auf jede Weise stärkt. Aber ihre Liebe hält mit der seinigen nicht gleichen Schritt, und das ist der Grund, weshalb ihr gegenseitiges Verhältnis gestört worden ist und dass schmerzhafte Dinge sich zwischen ihnen zugetragen haben. Das Mittel, der entstandenen Not abzuhelfen, liegt darin, dass auch sie weit werden, offen für ihn sind, allen Argwohn abtun und dasselbe Vertrauen zu ihm haben, das er ihnen erweist. Aber auch dieser mit einem Tadel verbundenen Mahnung nimmt Paulus sogleich mit Sorgsamkeit jede kränkende Spitze. Jetzt hat er so mit ihnen geredet, wie man mit den eigenen Kindern spricht, die man offen mahnen kann, ohne Angst, ihr Vertrauen zerfalle, weil die hier wirksame Verbundenheit nicht zerbrechen kann. Darum wagt Paulus ihnen zu sagen, dass die ganze Verwirrung in Korinth daher rührt, dass ihr Herz nicht ebenso weit wie das seine, ihre Liebe nicht ebenso groß wie die seinige gewesen ist.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

„Ihr habt nicht engen Raum in uns.“ Vielleicht waren auch solche Klagen der Korinther zu Paulus gedrungen, als stehe hinter der Änderung seines Reiseplanes ein Stück Geringschätzung der korinthischen Gemeinde, der nicht mehr das ganze Herz des Apostels gehöre. Oder man sah in dem Ernst, mit dem der Apostel gegen ungute Dinge in Korinth eintritt, „Engherzigkeit“. Es ist aber umgekehrt: „Ihr habt aber engen Raum in eurem eigenen Innern.“ Sie sind engherzig in der Beurteilung ihres Apostels. Sie wollen ihn nicht mit einem weiten, dankbaren Herzen verstehen. Sie nehmen nicht Anteil an seinem schweren, leidensreichen Leben. Das schmerzliche Nichtverstehen zwischen Apostel und Gemeinde liegt nicht an einer Verschlossenheit und Lieblosigkeit auf seiner Seite, die kein Herz für die Korinther und ihre Probleme hätte. Aber schwer ist es dem Apostel, wenn man mit Vorurteilen und bestimmten Ansprüchen ihn verkennt und ihm, dem Gründer und Vater der Gemeinde, keinen Raum mehr im Herzen der Gemeinde geben will.
Vers 13 Darum muß der Apostel die Gemeinde bitten: „Werdet doch auch ihr weit.“ Tut das „zur entsprechenden Vergeltung“. Paulus hat sein ganzes, offenes Herz in diesen Brief hineingelegt; das müssen sie doch aus seinem Schreiben merken, daß er sie so sucht und um ihr Verständnis ringt. Nun soll die Gemeinde ebenso dem Apostel entgegenkommen und seine herzliche Offenheit mit der gleichen Bereitschaft erwidern, auf Paulus wirklich zu hören und alles, was er schreibt, nicht mißmutig abzuweisen, sondern aufzunehmen, mitzudenken, anzuerkennen und den Apostel wieder so zu sehen, wie er von der Liebe des Christus bestimmt in Wirklichkeit ist. Nicht mit apostolischer Autorität fordert er das, nein, „wie zu [meinen] Kinder rede ich“. Ganz ähnlich hatte er gerade bei der Erörterung seines apostolischen Lebens, an dem die Korinther sich stießen, schon in seinem ersten Brief (1 Ko 4, 14f) geschrieben. So herzlich „bitten“ kann nur ein „Vater“.

Wuppertaler Studienbibel

6,12: »Eng ist nicht der Raum, den ihr in uns habt, eng aber ist’s in euren Herzen.«

Die Gemeinde hat in dem Herzen des Apostels nicht nur »engen Raum« (wörtlich: »nicht beengt seid ihr in uns«). Paulus hat ein Herz voll Liebe und Zuneigung, gerade zu dieser schwierigen Gemeinde. Nicht das hat die Gemeinschaft zwischen dem Apostel und der Gemeinde so nachhaltig gestört, daß Paulus für die Gemeinde nichts übrig hätte, sie an den Rand schieben würde und sich nicht um sie kümmern wollte. Die Gemeinde selbst hat ein »enges Herz« ihrem Apostel gegenüber. »Ihr seid eingeengt in eurem Innersten«, sagt der Apostel zu ihnen. Sie haben sich gegenüber dem Apostel verschlossen, gewähren ihm wenig Vertrauen und schließen ihn mit vielen Verdächtigungen und Anwürfen aus der Gemeinschaft der Liebe aus. In ihrem »Innersten« (wörtlich: »in den Eingeweiden«, verstanden als Sitz des Gemütes) zieht sie nicht mehr viel zu ihrem Apostel hin.

6,13: »Ich rede mit euch als mit meinen Kindern; stellt euch doch zu mir auch so, und macht auch ihr euer Herz weit.«

Die Liebe des Apostels, sein weites Herz für die Gemeinde wird daran verdeutlicht, daß er mit ihnen »als mit meinen Kindern redet«. Er ist ja ihr geistlicher Vater (vgl. 1 Kor 4,14) und hat gerade deshalb besondere Liebe zu diesen gefährdeten, sorgenmachenden Kindern. Er bittet sie, daß auch sie ihre Vorbehalte ihm gegenüber weglegen, ihre Herzen ihm gegenüber wieder vertrauend öffnen und sich zu ihm auch so in herzlicher Liebe »stellen« (wörtlich: »zur selben Entgeltung, Gegenlohn«). Der Apostel befiehlt nicht; er bittet in werbender Liebe um die Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft.

Edition C Bibelkommentar

und dein Manna versagtest du nicht ihrem Munde

Du hast deinen guten Geist gesandt, um sie zu unterweisen, hast ihnen dein Brot vom Himmel nicht vorenthalten und ihnen weiter Wasser geschenkt, damit sie ihren Durst löschen konnten.
Neues Leben – Bibel 2006 – Nehemia 9,20

Du schenktest ihnen deinen guten Geist, um sie zur Einsicht zu bringen. Als sie hungrig und durstig waren, hast du sie mit Manna und Wasser versorgt.
Hoffnung für alle – 1996 – Nehemia 9:20

Du warst mit deiner Power immer bei ihnen und hast so dafür gesorgt, dass sie wissen, wo es langgeht. Deine Essensversorgung war auch immer am Start, du hast ihnen weiter dieses Brot und auch Wasser gegeben, keiner musste verdursten.
VolxBibel – Nehemia 9:20

Hast du das Gefühl, dass du immer weniger Lesestoff zum studieren in den Händen hälst? Hast du das Gefühl, dass die Zeit, die man sich für Gottes Wort nimmt, immer weniger wird? Man trifft sich nur noch einmal, höchstens zweimal die Woche, um über Gottes Wort zu reden?
Gottes Wort wird nur noch in Richtung „was solltest du tun“, „was du nicht tun solltest“, „werde glücklich“ ausgelegt, anstatt den Vater und den Sohn im Focus zu haben?
Woran könnte das liegen? Könnte daran liegen, dass Jehovah weniger „geistige Nahrung“ zur Verfügung stellt? Schauen wir uns den Text aus Nehemia 9 an – dann sehen wir, dass Jehovah die Menschen immer „richtig ernährt hat“ – auch wenn die Menschen von Jehovah zurück wichen – also an Jehovah liegt es nicht!

Wie konnten sich diese Menschen von Gott abwenden, nachdem er so viel für sie getan hatte? Sie haben ihn nicht wirklich geliebt. Ihr Gehorsam war nur eine äußere Form; er kam nicht aus ihrem Herzen. In ihrem Herzen lebten sie immer noch in Ägypten und wollten dorthin zurückkehren. Sie hatten keinen lebendigen Glauben an Gott, aber sie waren bereit, seine Hilfe anzunehmen und seine Gaben zu genießen. Lesen Sie Psalm 78 für eine „Röntgenaufnahme“ der geistlichen Geschichte Israels.

Die Führung des Volkes (Neh. 9:19-22). Während der vierzig Jahre, die Israel in der Wüste verbrachte, starb die alte Generation und eine neue wurde geboren. Er führte sie durch die Wolke und das Feuer, lehrte sie das Wort, versorgte sie mit dem Lebensnotwendigen und gab ihnen den Sieg über ihre Feinde. Gott hält seine Versprechen und erfüllt seine Absichten. Wenn wir ihm gehorchen, haben wir Anteil am Segen; wenn wir ihm nicht gehorchen, verpassen wir den Segen; aber Gottes Absichten werden erfüllt und sein Name verherrlicht.

Wie zu viele von Gottes Volk heute waren die Juden kurzsichtig: Sie vergaßen die herrlichen Ziele, die Gott für das Volk im Sinn hatte. Hätten sie über Gottes Verheißungen und Absichten nachgedacht (1. Mose 12,1-3; 2. Mose 19,1-8), hätten sie nicht nach Ägypten zurückkehren oder sich mit den gottlosen Völkern um sie herum vermischen wollen. Israel war ein Volk, das unter seinen Privilegien lebte und es versäumte, Gottes Willen für sein Leben vollständig zu akzeptieren.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Also schauen wir darauf, was verkehrt läuft? Oder nehmen wir lieber unsere eigene Verantwortung wahr? Eigene Verantwortung: lies selbst die Bibel täglich!, besprich das was du gelesen hast mit deinem himmlischen Vater! Dann kann ER dich auferbauen, und dich „unabhängig von gewissen christlichen Gruppen“ machen.

Paulus wusste, dass wir nicht einfach aufhören können, besorgt zu sein. Besorgte Gedanken haben einen Weg, sich wieder in unseren Verstand zu schleichen, egal wie sehr wir versuchen, sie zu ignorieren. Deshalb weist er uns an, das Sorgen durch „Gebet und Flehen mit Danksagung“ zu ersetzen. Wenn Sie sich in einem Streit befinden, ist es ganz natürlich, dass Sie über Ihre schwierigen Umstände nachdenken oder über die falschen Dinge, die die andere Person Ihnen angetan hat oder antun könnte. Der beste Weg, dieses negative Denken zu überwinden, ist, es durch konstruktivere Gedanken zu ersetzen, wie z. B. Gott für seine Gnade durch das Evangelium zu loben, ihm für die vielen Dinge zu danken, die er in dieser und anderen Situationen bereits für Sie getan hat, und um Hilfe im Umgang mit Ihren aktuellen Herausforderungen zu beten (vgl. Mt 6,25-34).

Wenn Sie sich an Gottes Treue in der Vergangenheit erinnern und sich heute mit ihm verbünden, werden Sie entdecken, dass Ihre Angst stetig durch Zuversicht und Vertrauen ersetzt wird (vgl. Jesaja 26,3). Tatsächlich war das Erinnern an Gottes Treue und das Danken für seine Befreiung in der Vergangenheit eine der wichtigsten Methoden der Israeliten, ihre Ängste zu überwinden, wenn sie vor überwältigenden Problemen standen (z. B. Psalm 18, 46, 68, 77, 78, 105, 106, 107, 136; Nehemia 9,5-37).

Wenn Sie Ihren Fokus durch das Gebet auf Gott richten, können Sie beginnen, etwas zu erleben, das nicht logisch erscheint: Die Feindseligkeit, die Angst und der innere Konflikt, mit denen Sie zu tun hatten, werden beginnen, einem Frieden zu weichen, der so unerwartet ist, dass Paulus sagt, er werde „alles Verstehen übersteigen“. Obwohl dieser Friede zunächst nur innerlich sein mag („bewahre dein Herz und deinen Sinn“), wird er oft zu einem äußeren Frieden – oder einer Versöhnung – heranwachsen, der ebenfalls das Verständnis derer übersteigt, die Ihren Konflikt beobachtet haben. Wenn Gott in seinem Volk wirkt, beginnen Dinge zu geschehen, die für die Welt keinen Sinn ergeben. Was für eine wunderbare Art, die Aufmerksamkeit der Menschen zu erregen und Gott zu loben!

Ken Sande – Der Friedensstifter – Ein biblischer Leitfaden zum Lösen von persönlichen Konflikten

Du liebst mich, befreist von diesem Kotz

Mein Gott kommt mir mit seiner Freundlichkeit zuvor. Gott lässt mich herabschauen auf meine Nachsteller.
Janzen & Jettel – Ps 59,11

Und mein gnädiger Gott kommt mir zuvor!
Nun blicke ich auf meine Feinde herab.
Neue evangelistische Übersetzung – Psalm 59,11

Mein Gott der Huld überrascht mich,
Gott läßt mich niedersehn auf meine Verleumder.
Buber & Rosenzweig – Psalm 59,11

Diesen Vers hatten wir schon 2020. Also heute ein paar weitere Gedanken:

König Sauls Angst und Hass auf David wurden so zwanghaft, dass er schließlich den Befehl gab, seinen Schwiegersohn zu töten, und zweimal versuchte Saul, es selbst zu tun (1 Sam. 19:1-10). Dann plante er, David in seinem Bett zu Hause zu ermorden (1. Sam. 19,11-18), aber seine Frau verhalf David zur Flucht, indem sie ihn aus dem Fenster warf (siehe Apostelgeschichte 9,23-25). Vor diesem Versuch schickte Saul Suchtrupps aus, um David auszuspionieren (Vv. 6, 14), und David schrieb diesen Psalm, um Gott um die Hilfe zu bitten, die er brauchte. Der Schwerpunkt des Psalms liegt auf Gott – dem Befreier (V. 1-9) und dem Richter (V. 10-17). Beachten Sie Davids wiederholtes „Glaubensbekenntnis“ in den Versen 9 und 17. David wartete und sah zu, dass Gott wirkte, und dann lobte er den Herrn für seine Barmherzigkeit.

Gott würde sich nicht nur um David kümmern, sondern auch Davids Feinden entgegentreten und mit ihnen fertig werden. Wenn Davids Bitten brutal und nicht im Geiste Christi zu sein scheinen, dann bedenken Sie, dass sowohl die Zukunft Israels als auch die Zukunft von Davids auserwählter Dynastie auf dem Spiel standen. Dies war kein persönlicher Kreuzzug Davids, denn er bat Gott, den Feind für ihn zu bekämpfen (Röm 12,17-21).
Wenn es darum geht, sich dem Feind zu stellen und ihn zu bekämpfen, geht der Herr vor uns her (V. 10). Die Barmherzigkeit (Güte) des Herrn würde vor David hergehen und den Weg zum Sieg bereiten, so wie David den Riesen Goliath tötete. Der Herr kämpft auch für uns (V. 11-13a), indem er die Feinde zerstreut, sie in die Irre führt und ihre Angriffe zum Stillstand bringt. Der Herr ist unser Schild, der uns in jedem Kampf beschützen kann (3,3; 18,2; 1. Mose 15,1; Dtn 33,29), aber wir müssen hier einen Unterschied machen.

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Mein Gott in seiner unerschütterlichen Liebe wird von TEV als „Mein Gott liebt mich“ ausgedrückt; der Satz kann als „mein liebender Gott“ verstanden werden. NJV hat sowohl hier als auch in Vers 17 „mein treuer Gott“. In einigen Sprachen ist es nicht möglich, von „meinem Gott“ zu sprechen, so dass man auf eine Verbphrase ausweichen muss, z. B. „der Gott, dem ich diene“ oder „Gott, den ich anbete“.

Wird mir entgegenkommen: Das heißt, er wird kommen und den Psalmisten retten.
Der Gedanke von Vers 10b ist derselbe wie in 54:7b; wörtlich heißt es im Hebräischen: „Gott wird mich auf meine Feinde schauen lassen“ – ein Ausdruck für den Sieg im Kampf. Zu dem Wort, das mit Feinde übersetzt wird, siehe Kommentare zu 54:5. Der Ausdruck „im Triumph auf meine Feinde blicken“ und die tev-Wiedergabe „mich sehen lassen, wie meine Feinde besiegt werden“ müssen in vielen Sprachen so umformuliert werden, dass die beiden Ereignisse „sehen lassen“ und „besiegen“ klar als von Gott ausgeführt gekennzeichnet sind, z. B. „er wird meine Feinde besiegen und mich zusehen lassen“ oder „er wird mich zusehen lassen, wenn er meine Feinde besiegt“.

Bratcher – Ein Übersetzerhandbuch zum Buch der Psalmen

Er muß sich vornehmen, auf Gott und sein Wirken zu achten und damit rechnen, daß aus dem Lachen Gottes ein abschließendes Richten wird. Das also muß geschehen – und wird im Vernehmen des Trostes jetzt schon vorweg erfahren! –, denn Gott kommt ihm entgegen. Wenn Gottes Kommen abschließendes Ereignis wird, führt dieses den Beter zum triumphierenden (herab-)sehen auf meine Dränger. Auch hier geht es nicht um Menschenverachtung. Gottes richterliches Eingreifen enthebt den Gottlosen seines Thrones und gibt dadurch dem Erniedrigten eine neue Lebensmöglichkeit. Das Herabsehen ist insofern nichts anderes als die Wahrnehmung der Realität, die Gott herbeiführt.

Wuppertaler Studienbibel

Wie würden wir uns fühlen, wenn wir gerade vor dem Herrscher fliehen müßten? Würden wir uns überlegen, wann wir unsere Frau und unsere Freunde wiedersehen würden? Würden wir Pläne machen, wie wir den Herrscher stürzen könnten?
David geht ins Gebet – und schreibt dieses Lied – diesen Psalm! Davids Zentrum ist Jehova – egal wie stark und nah die Einschläge neben ihm einschlugen.
Heute verlieren wir vielleicht auf Grund von „religiösen Streit“ den Kontakt zu unseren Freunden und Familie – aber wenn Jehovah im Zentrum unseres Denkens und Handeln bleibt, dann wird Jehovah zur gegeben Zeit für „seine Lösung“ sorgen!

Die eigenen Grenzen lassen sich einfacher annehmen, wenn man eine biblische Sichtweise von Erfolg vertritt


Jehova richte zwischen mir und dir, und Jehova räche mich an dir; aber meine Hand soll nicht wider dich sein. Wie der Spruch der Vorväter sagt: Von den Gesetzlosen kommt Gesetzlosigkeit; aber meine Hand soll nicht wider dich sein.
Elberfelder 1871 – 1.Samuel 24,14–15

Der HERR soll Richter zwischen uns sein! Er soll dich strafen für das Unrecht, das du mir antust; aber ich selbst werde meine Hand nicht gegen dich erheben. Du kennst das Sprichwort: ›Nur Verbrecher begehen Verbrechen.‹ Ich werde mich nicht an dir vergreifen.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Samuel 24:13–14

Der HERR wird Richter sein zwischen mir und dir; und der HERR wird mich an dir rächen, aber meine Hand soll nicht über dir sein. Wie man nach dem alten Sprichwort sagt: Von den Gottlosen kommt Gottlosigkeit! darum soll meine Hand nicht gegen dich sein!
Schlachter revidiert 1951 – 1.Samuel 24,13–14

David kommt in die große Versuchung, Saul zu töten, zumal auch seine Leute ihn dazu auffordern. Sie weisen sogar auf eine Verheißung Gottes hin, von der sie gehört haben wollen, die uns aber sonst nicht bekannt ist (V. 5ff.). David dagegen wird von Gott so gehalten, daß er sich nicht an dem König des Landes vergreift (V. 7). Ja, er überwindet Saul durch seine ehrerbietige und freundliche Haltung. Er nennt ihn sogar Vater. – Wieder bekommen wir einen Blick in sein Herz durch einen seiner Psalmen, durch den ganz deutlich wird, wie er auch in dieser Lage loben und danken konnte und alles Gott anheimstellte (Ps. 57). Saul ist durch das alles so betroffen (mehr aber auch nicht), daß es zu einer vorübergehenden Versöhnung kommt. Trotzdem trennen sich beide (V. 23). David bleibt nüchtern genug, sich mit seinen Leuten wieder in die Berge zurückzuziehen.

Bruns – Die Bibel mit Erklärungen: Erklärungen

Diese Worte, mit denen David sowohl sein eigenes Schicksal als auch das von Saul dem Herrn anvertraute, haben den Lesern dieser Erzählung im Laufe der Menschheitsgeschichte viel mehr Anleitung und Trost geboten, als es der Fall gewesen wäre, wenn David mit Gewalt gehandelt hätte, um Saul das Leben zu nehmen (de Jong 1978:180). Die zentrale These von Davids Worten wird durch die Aussage von Paulus in Römer 12,19 (vgl. Dtn 32,35; Jes 63,4; Hes 25,14) recht gut eingefangen: „Liebe Freunde, rächt euch nicht. Überlasst das dem gerechten Zorn Gottes. Denn die Heilige Schrift sagt: ‚Ich will mich rächen; ich will es ihnen heimzahlen‘, spricht der HERR.“ Davids Worte haben sich als eine viel mächtigere Waffe erwiesen, als es sein Schwert je hätte sein können. Dies ist zweifellos einer der Höhepunkte in Davids Leben. Indem er sein Leben und sein Schicksal in die Hände des Herrn legte, zeigte David im Voraus den Geist des kommenden Messias, der bei seiner Taufe gesalbt wurde, aber nicht vorschnell nach der Erfüllung von Gottes Verheißungen griff. Er widerstand der Versuchung Satans, ihm die Reiche dieser Welt zu geben (Mt 4,8-10), beugte sich dem Willen seines Vaters, unterwarf sich der Demütigung des Kreuzes (Mt 26,39; Phil 2,8) und wartet nun auf seine endgültige Erhöhung über seine Feinde (Hebr 10,12-13).

David bestand also diese Prüfung seiner Führungsqualitäten mit Bravour. Die Versuchung, der er sich gegenübersah, war der Wille zur Macht, der Saul sein Amt streitig machen wollte, indem er ihn tötete. Die Rechtfertigung dafür, so argumentierten seine Männer, sei die Vorsehung des Herrn. Davids Antwort war, den Herrn zwischen ihm und Saul richten zu lassen, damit der Herr ihn zu gegebener Zeit rechtfertigen konnte. In der Zwischenzeit respektierte er Sauls Amt, tadelte ihn aber auch für die Verletzung seines Vertrauens. Sowohl David als auch Davids größerer Sohn haben uns gezeigt, dass wir unser Leben in die Hände dessen legen sollten, der gerecht richtet, und dass wir der Versuchung widerstehen sollten, auf voreilige und unrechtmäßige Weise nach Position oder Macht zu greifen.

Eckstein Bibelkommentar

Der Grund, den David für die Ablehnung des Gebrauchs des Rechts auf Rache (der „Hand“) angibt, ist ein Sprichwort: „Böse Taten kommen von bösen Menschen.“ Aber was ist mit diesem absichtlich zweideutigen Sprichwort gemeint? Er kann auf mindestens drei Arten verstanden werden. Erstens könnte es bedeuten, dass David Rache an Saul für eine böse Tat hält, und da er sich weigert, ein böser Mensch zu sein, wird er diese Tat nicht begehen. Zweitens könnte es bedeuten, dass Saul ein böser Mensch ist, von dem man nichts anderes als böse Taten erwarten sollte, und dass Sauls verkommenes Leben, das zu einem elenden Tod führt, seine Strafe von Gott ist, ohne dass David etwas tun muss. Eine dritte Möglichkeit wird von Brüggemann (170) vorgeschlagen: „Das Sprichwort aus Vers 13 [H 14] deutet darauf hin, dass, wenn David böse (schuldig) wäre, es Beweise für diese Bosheit geben würde. ‚An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen‘ (Mt 7,16; vgl. Joh 10,31-32; 18,23).“ Es gibt gute Gründe für die Vermutung, dass David das Sprichwort in mehr als einer dieser Bedeutungen gemeint hat. Ein böser Mensch schadet sich durch seine Taten nur selbst. Und ein Mensch, der sich rächt, wird wie derjenige, der ihn zuerst verletzt hat.

Evangelischer Exegetischer Kommentar

Weiter das Richtige tun
Römer 12,17 betont die Wichtigkeit, weiterhin das Richtige zu tun, auch wenn es so scheint, als ob Ihr Kontrahent niemals kooperieren wird. Wenn Paulus schreibt: »Seid bedacht auf das, was ehrbar ist vor allen Menschen!«, meint er damit nicht, dass wir Sklaven der Meinung anderer sein sollten. Das griechische Wort, das hier mit »seid bedacht« (pronoeo) wiedergegeben ist, bedeutet »an die Zukunft denken«, »im Voraus planen« oder »sorgfältige Vorkehrungen treffen« (vgl. 2Kor 8,20-21). Paulus meint also, dass wir so sorgfältig und angemessen planen und handeln sollten, dass alle Beobachter – einschließlich Ihrer Kontrahenten – schließlich zugeben müssen, dass Sie das Richtige getan haben. Petrus lehrte dasselbe Prinzip, als er schrieb: Führt euren Wandel unter den Nationen gut, damit sie, worin sie gegen euch als Übeltäter reden, aus den guten Werken, die sie anschauen, Gott verherrlichen am Tage der Heimsuchung! … Denn so ist es der Wille Gottes, dass ihr durch Gutestun die Unwissenheit der unverständigen Menschen zum Schweigen bringt … Und habt ein gutes Gewissen, damit die, welche euren guten Wandel in Christus verleumden, darin zuschanden werden, worin euch Übles nachgeredet wird (1Petr 2,12.15; 3,16).

Dieses Prinzip wird in 1. Samuel 24,1-22 eindrücklich illustriert. Als König Saul David quer durch die Wüste verfolgte und ihn umbringen wollte, betrat er arglos eine Höhle, wo David und seine Männer sich gerade versteckt hielten. Davids Männer nötigten ihn, Saul zu töten, doch David lehnte das ab und sagte: »Ich will meine Hand nicht an meinen Herrn legen, denn er ist der Gesalbte des JehovasHERRN!« (V. 11). Als Saul die Höhle verlassen hatte und wegging, kam David aus seinem Versteck hervor und rief hinter ihm her. Als Saul erkannte, dass David ihn hätte töten können, war er zutiefst von seiner Sünde überführt und sagte:»Du bist gerechter als ich. Denn du hast mir Gutes erwiesen, ich aber habe dir Böses erwiesen. Du hast heute bewiesen, wie du Gutes an mir getan hast, als der HERR mich in deine Hand ausgeliefert hatte und du mich nicht umgebracht hast. Denn wenn jemand seinen Feind findet, lässt er ihn dann im Guten seinen Weg gehen? So möge der HERR dir Gutes vergelten für das, was du heute an mir getan hast! Und nun siehe, ich habe erkannt, dass du König, ja, König werden wirst und dass in deiner Hand das Königtum Israels Bestand haben wird« (V. 18-21).
Jahre später wurde Sauls Voraussage wahr und David bestieg den Thron Israels. Davids Entschlossenheit, Gott zu gehorchen und das Richtige zu tun, half ihm, dass er vermied, Dinge zu sagen und zu tun, die er später bereut hätte. Infolge dessen waren schließlich alle seine Feinde überwunden oder besiegt. Tausende von Jahren später bestaunen die Menschen immer noch die Gerechtigkeit Davids.

Die eigenen Grenzen erkennen
Wenn wir mit schwierigen Leuten zu tun haben, ist es außerdem wichtig, die eigenen Grenzen zu erkennen. Selbst wenn wir uns ständig richtig verhalten, können manche sich unerbittlich weigern mit uns in Frieden zu leben oder zuzugeben, dass wir im Recht sind. Deshalb schrieb Paulus: »Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden!« (Röm 12,18). Anders ausgedrückt: Tun Sie alles in Ihren Kräften Stehende, um sich mit anderen zu versöhnen, doch bedenken Sie, dass Sie andere nicht zwingen können, das Richtige zu tun. Wenn Sie alle Ihre Mittel ausgeschöpft haben, um einen Konflikt beizulegen, haben Sie Ihre Verantwortung vor Gott erfüllt. Wenn sich die Umstände ändern und sich neue Gelegenheiten bieten, den Frieden mit einem Gegner zu suchen, sollten Sie es wieder versuchen. In der Zwischenzeit sollten Sie nicht Ihre Zeit, Energie und Ressourcen verschwenden, indem Sie sich über jemanden den Kopf zerbrechen, der eine Versöhnung unnachgiebig verweigert.
Die eigenen Grenzen lassen sich einfacher annehmen, wenn man eine biblische Sichtweise von Erfolg vertritt. Die Welt definiert Erfolg anhand dessen, was jemand besitzt, beherrscht oder erreicht. Gott definiert Erfolg am Maßstab des treuen Gehorsams gegenüber seinem Willen. Die Welt fragt: »Welche Ergebnisse hast du erreicht?« Gott fragt: »Warst du meinen Wegen treu?« Wie wir in Kapitel 3 gesehen haben, hat der Herr den letztendlichen Ausgang all unserer Mühen in seinen Händen. Deshalb weiß er, dass wir nicht immer die erwünschten Ergebnisse erreichen können, so sehr wir uns auch anstrengen. Darum zieht er uns für bestimmte Ergebnisse nicht zur Verantwortung. Vielmehr möchte er nur eine Sache: Gehorsam gegenüber seinem offenbarten Willen.

Ken Sande – Sei ein Friedensstifter