Monat: Dezember 2023

Lies die Bibel im Kontext

Da meine Frau mal wieder Einladungen verschickt, um bibelinteressierte Menschen zu motivieren, mit uns die Bibel in einem Jahr zu lesen – hier einmal die Geschichte zitiert von Johannes Hartl.
(Der Bibelleseplan ist übrigens: einmal im Jahr die Bibel lesen – und zwar in chronologischer Reihenfolge)

Dann – wie gehst du am besten überhaupt mit der Schrift um? Das wichtigste Auslegungsprinzip für die Bibel ist: Die Bibel legt sich selber aus. Es ist so lustig – ich sage es immer wieder, aber es hat sich noch nicht so herumgesprochen. Ich habe mit Büchern relativ viel Erfahrung. Und ich habe mit Büchern eine Sache herausgefunden, und die lautet: Sie funktionieren am besten, wenn man sie von vorne bis hinten liest. Ich habe Romane auch anders versucht. Mal in der Mitte aufgeschlagen – die letzte Seite gelesen oder die erste Seite – und dann gesagt, „So ein blöder Roman. Ergibt keinen Sinn. Versteht kein Mensch. Habe ich nicht studiert.“ Und dann habe ich etwas anderes gemacht. Dann habe ich mal bei der Seite 1 angefangen und mich dann mit der numerisch aufsteigenden Zahlenfolge, links oder rechts unten am Seitenende, empor gehangelt. Auf einmal dachte ich, „Boah, ein super Roman! Der ergibt voll Sinn!“ So.

Bei der Bibel ist es auch so. Die Bibel ist ein gesamt zusammenhängendes Buch, weil die einzelnen Bücher ständig aufeinander Bezug nehmen. Ja, ihr lacht. Aber wir sind ja so! Wir gehen am Sonntag in den Gottesdienst, hören irgendetwas über den guten Hirten. Dann, am Montag, Losungen oder Bibelkalender. Da steht dann irgendetwas über Auszug aus Ägypten. Und am Abend liest du die Bibel und sagst: Herr, sprich zu mir! Dann schlägst du irgendwo auf – ja, und Judas ging und erhängte sich. Dann denkst du: Oh Gott! Du versuchst es nochmal: Und nun geh und handle ebenso! Dann bist du total fertig mit den Nerven. Dritter Versuch: Und sie schlachteten die Kühe von soundso und brieten sie in kleinen Töpfen. Und du denkst dir…

Versuch mal, Herr der Ringe so zu lesen! Das findest du auch blöd! So. Es gibt ein ganz einfaches, biblisches Auslegungsprinzip, und das heißt „Context is King!“ Allein der Kontext bringt dir mindestens achtzig Prozent der Probleme weg. Ich mache ein Beispiel – echt ein hartes Beispiel: Wir hatten Religionsunterricht, neuntes Schuljahr. War krasse Theorie C Problematik, weil – wie kann ein guter Gott von Abraham verlangen, in Genesis 17, dass er seinen Sohn umbringt? Einhellig – also, alle waren sich klar: Die Bibel ist echt nicht moralisch. Und historisch wahrscheinlich auch nicht. Und – ganz schlimm – kann nicht sein. Wenn du die Bibel selber lesen würdest, fändest du im Hebräerbrief eine Auslegung dieser Stelle. Das heißt, wie die Bibel selber sich versteht. Und zwar so: Wir lesen im Hebräer 10, dass Abraham von vorne herein davon ausging, dass Gott die Toten zum Leben erweckt. Das heißt, Abraham wusste, dass Gott nicht will, dass sein Sohn stirbt. Abraham wusste, dass Gott ihn nur prüft, weil er sogar die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken. Und die ganze Narrative ist ja, dass Isaak nicht sterben muss, sondern dass es ein Vorbild dafür ist, dass Gott, der liebende Vater, seinen Sohn aus Liebe hingibt. Das heißt, Gott tut selber das, was er von seinem Geschöpf nicht verlangt. Verstehst du?

Johannes Hartl – Lebensfragen und Herausforderungen

Rat oder Verrat?

Rehabeam gefiel der Rat der erfahrenen Männer nicht. Er fragte die jungen Leute, die mit ihm aufgewachsen waren und nun in seinem Dienst standen: »Was ratet ihr mir? Wie soll ich diesen Leuten antworten? Sie verlangen von mir, dass ich ihre Lasten erleichtere!«
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1.Könige 12,8–9

Doch Rehabeam verwarf den Rat der erfahrenen Berater und holte stattdessen die Meinung der jungen Männer ein, die mit ihm zusammen aufgewachsen waren und ihm jetzt dienten. »Was ratet ihr mir?«, fragte er sie. »Was soll ich dem Volk antworten, das von mir verlangt hat: `Erleichtere uns das Joch, das dein Vater uns auferlegt hat.´«
Neues Leben – Bibel 2006 – 1.Könige 12:8–9

Aber Rehabeam fand den Tipp total beknackt. Er fragte darum auch noch seine jungen Freunde, die mit ihm aufgewachsen waren, was er machen sollte. „Was denkt ihr? Wie soll ich mich verhalten? Die wollen von mir, dass ich es ihnen leichter mache, dass sie nicht mehr so hart für mich arbeiten müssen!“
VolxBibel – 1.Könige 12,8–9

Ohne die Nachschlagewerke hätte ich gedacht, dass der Rehabeam erst Anfang 20 Jahre alt gewesen – und seine Ratgeber eben dann auch „Jugendliche“ gewesen wären.

12,8 den Jungen Diese jungen Ratgeber waren wie Rehabeam am Königshof aufgewachsen. Offensichtlich glauben sie, dass Rehabeams Vorrechte unveräußerlich wie bei einem orientalischen König sind.

Reformations-Studien-Bibel

Vielleicht um als letzte Entscheidungsgewalt zu erscheinen, lehnte Rehabeam diesen guten Ratschlag ab und wandte sich seinen Zeitgenossen und ihren Ansichten zu. Der Rat der jüngeren Männer war das genaue Gegenteil dessen, was die Älteren vorgeschlagen hatten, aber gerade das, was Rehabeam hören wollte. Der König war zu dieser Zeit kein Kind mehr; er war 41 Jahre alt ( 1Kö 14,21 ). Diese Entscheidung wurde auch nicht aus dem Augenblick heraus getroffen; er hatte drei Tage Zeit, darüber nachzudenken ( 1Kö 12,5 ). Es war eine freie Enscheidung, die wahrscheinlich auf seinem Glauben beruhte, zu wissen, was das Volk zu diesem Zeitpunkt am nötigsten habe.
Der Wortlaut von Rehabeams Antwort an seine Bittsteller, wie er von seinen jüngeren Ratgebern vorgeschlagen worden war, scheint beinah dazu bestimmt gewesen zu sein, Feindschaft zu stiften: Er würde noch weit strenger als sein Vater sein, weil sein kleiner Finger dicker als seines Vaters Taille sei (eine übliche Übertreibung, die seine größere Macht ausdrücken sollte), und er würde mit Skorpionen geißeln, nicht mit seines Vaters Peitschen. Vielleicht dachten der König und seine Ratgeber, daß durch die Einschüchterung die möglichen Rebellen hastig Schutz suchen und irgendwelche Pläne für einen Aufstand schnell aus ihren Köpfen verbannen würden. „Skorpione“ bezieht sich auf eine besonders grausame Art von Peitschen mit scharfen Metallstücken, die in dieser Zeit benutzt wurden.

Walvoord Bibelkommentar

Rehabeam (Volkserweiterung), der Sohn Salomos und der Ammoniterin Naama, war 41 Jahre alt, als nach dem Tode seines Vaters die Volksversammlung in Sichem zusammentrat, um den neuen König auszurufen. Durch kluges Eingehen auf ihre Forderung, daß die unerträglichen Steuerlasten erleichtert werden, hätte er sich ohne Zweifel die Herrschaft über ganz Israel gesichert; allein anstatt den Ratgebern seines Vaters, die ihm Nachgiebigkeit empfahlen, folgte er lieber seinen übermütigen Altersgenossen und erteilte der Volksversammluug, deren Sprecher Jerobeam gewesen zu sein scheint, eine derb abweisende Antwort. Hierauf erklärten außer den Stämmen Juda und Benjamin alle andern ihren Abfall vom Hause Davids, und als R., um sie wiederzugewinnen, seinen Fronvogt Adoram (= Adoniram) zu ihnen sandte, steinigten sie denselben und nötigten den König zu eiliger Flucht nach Jerusalem. Zuerst gedachte R. mit einem schnell zusammengerafften Heere von 180 000 Judäern die Herrschaft über die zehn Stämme zurückzuerobern; aber der Prophet Semaja erklärte die Spaltung des Reichs als göttliche Fügung und mahnte mit Erfolg vom Bürgerkriege ab. Immerhin blieb auf lange hinaus das Verhältnis der beiden Reiche ein feindseliges. R. suchte sein kleines Reich, dem die Herrschaft über Moab verloren, die über Edom geblieben war, durch Befestigung von 15 Städten zu stärken; gleichwohl erlitt er im 5. Regierungsjahre einen schweren Schlag durch den siegreichen Einfall von Pharao Sisak (griech. Sesonchis I., ägypt. Scheschonk, Anfänger der 22. Dynastie), der mit einem durch zahlreiche Reiterei unwiderstehlichen Heere den Festungsgürtel im Süden durchbrach und Jerusalem eroberte und brandschatzte; sogar die goldenen Schilde Salomos führte er weg, aber der eitle R. ließ sie durch eherne ersetzen, mit denen er nach wie vor zu prunken versuchte. In Jerusalem wurde während seiner Regierung der Jahvehdienst glänzend weiter betrieben, zumal auch viele treue Priester und Leviten aus dem Zehnstämmereich einwanderten: daneben aber gingen auch der Höhenkult, der Baals- und Astartedienst und unzüchtige heidnische Gebräuche im Schwang, und der König selbst gab durch Vielweiberei und üppiges Hofleben ein schlechtes Beisipel. Er starb nach 17 jähriger Regierung 930–913(?). Vgl. 1 Kö. 12, 1–24; 14, 21–31; 2 Chr. 10–12.

Calwer Bibellexikon

In 1. Könige 12 finden wir die Geschichte von Rehabeam, dem Sohn Salomos, der nach Sichem ging, wo alle Israeliten gekommen waren, um ihn zum König zu machen. Jerobeam, der von Salomo nach Ägypten verbannt worden war, und die ganze Gemeinde Israels kamen und sprachen mit Rehabeam. Jerobeam rebellierte nicht und drohte nicht damit, König über einen Teil des Volkes zu werden, noch strebte er danach, über das ganze Volk zu herrschen. Er zeigte sich Rehabeam gegenüber unterwürfig und kam mit dem Rest der Versammlung, um Rehabeam zum König zu krönen. Die einzige Forderung der Versammlung war, dass die Steuern gesenkt werden sollten. Sie sagten: „Dein Vater hat uns ein schweres Joch auferlegt, aber nun erleichtere die harte Arbeit und das schwere Joch, das er uns auferlegt hat, und wir werden dir dienen“ (V. 4).
Rehabeam versprach, drei Tage lang darüber nachzudenken. Zuerst ging er zu seinen Beratern und älteren Männern, die ihm zu Recht rieten, auf die Stimme des Volkes zu hören. Doch die jungen Männer, mit denen Rehabeam im Luxus aufgewachsen war, konnten einen niedrigeren Lebensstandard nicht akzeptieren und rieten ihm, die Steuern zu erhöhen, damit das Volk beschäftigt bleibt und keine Zeit zum Klagen hat. Ihr Argument war dem des Pharaos zur Zeit des Exodus sehr ähnlich – die Annahme war, dass die Rebellion aufhören würde, wenn die Arbeit oder die Steuern schwerer würden. Leider folgte Rehabeam dem unklugen Rat seiner jungen Freunde und versprach, das Joch des Volkes noch schwerer zu machen, als es sein Vater getan hatte.
Die unmittelbare Reaktion der Israeliten war, nach Hause zu gehen (V. 16). Daraufhin wurde Rehabeam zum König über den südlichen Teil des Landes gekrönt, während Jerobeam als König über die zehn Stämme im Norden anerkannt wurde. In der Folgezeit kam es immer wieder zu Kriegen zwischen Jerobeam und Rehabeam. Dieser ständige Versuch, die Nation wieder zu vereinen (15:6), war zum Scheitern verurteilt, denn die Spaltung war ein göttliches Urteil.
Jerobeam wurde König in einem falschen Reich, das als Feind des wahren Reiches des Gottes des Himmels errichtet wurde. Das südliche Königreich Juda hatte eine Reihe von davidischen Königen bis zur endgültigen Disziplinierung, die Gott in Deuteronomium 28 vorhersagte. Das Nordreich ging 722-721 V. CHR. unter Assyrien in Gefangenschaft, gefolgt vom Südreich, das 606-605 V. CHR. unter Nebukadnezar in Gefangenschaft geriet, als Daniel und die Fürsten Israels gefangen genommen wurden. Im Jahr 597 V. CHR. wurden Hesekiel und viele Einwohner Jerusalems gefangen genommen. Im Jahr 586 v. CHR. wurde die Stadt schließlich zerstört und die Zurückgebliebenen wurden verschleppt.

J. Dwight Pentecost – Dein Reich komme – Gottes Reichsprogramm und Bundesverheißungen in der Geschichte nachspüren

Nach Salomos Tode glaubte dessen Sohn Rehabeam von der Ammoniterin Naema für den Thron Israels berufen zu sein. Er war damals bereits einundvierzig Jahre alt und hätte als gereifter Mann fähig sein können, die schwere Regierungsaufgabe zu lösen, die sein Vater ihm hinterlassen hatte. Aber er machte jedoch gleich zu Anfang eine politische Dummheit. Anstatt fest die Leitung seines Volkes in die Hand zu nehmen, ließ er sich in einer verhängnisvollen Frage in seinem Entschluss von einer jungen Partei bestimmen.
Während Juda mit dem südlichen Teil des Stammes Benjamin und einigen angrenzenden Teilen des Gebietes Simeon sich mit der Thronfolge einverstanden erklärte, erhoben alle nördlichen Stämme unter Führung Jerobeams Einspruch. Jerobeam war von seiner Flucht aus Ägypten zurückgekehrt und die nördlichen Stämme ließen ihn zu sich nach Sichem rufen. Auch Rehabeam eilte nach Sichern. Hier wurde ihm unter Jerobeams Führung folgende Volksresolution vorgelegt: „Dein Vater hat unser Joch zu hart gemacht; so mache du den harten Dienst deines Vaters und das schwere Joch, welches er uns auferlegt hat, leichter, so wollen wir dir untertänig sein!“
Rehabeam erbat sich vom Volk in Sichem eine dreitägige Bedenkzeit. In dieser Zeit befragte er zunächst die alten Ratsherren, die noch vor seinem Vater gestanden und mithin manche politische Erfahrung gesammelt hatten. Diese rieten für möglichst weitestes Entgegenkommen. Anders lautete jedoch der Rat der Jungen, von denen sich Rehabeam umgeben sah. Sie rieten zur äußersten Schärfe. Noch immer berauscht von einstiger Stärke und Macht, geboten sie dem Rehabeam zu sprechen: „Mein kleiner Finger soll dicker sein als meines Vaters Lenden!“
Der König ließ sich durch diese Blindheit in seiner Entscheidung bestimmen und sprach in unverantwortlichem Machtbewusstsein: „Mein Vater hat euch mit Geißeln gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen züchtigen!“
Dieser Reichstag zu Sichem besiegelte die drohende Reichsteilung. Unter Jerobeam, der hinfort von den nördlichen Stämmen zum König ernannt wurde, erfolgte die offizielle Trennung. Darin lag je und je das Gericht der politisch Starken und Selbstberauschten, dass sie in entscheidender Stunde der Geschichte von Blindheit geschlagen wurden und die schwerwiegendsten Fehler machten. „Vom heilsgeschichtlichen oder theokratischen Standpunkte aus“ war diese Trennung ein Gottesgericht für die Sünden der Vergangenheit, im Lichte der historischen Geschichtsentwicklung die politische Auseinandersetzung zwischen dem Stamme Ephraim und Juda. Es gehört das mit zum Geheimnis der göttlichen Weltregierung, dass die Gerichte der Geschichte sich ganz natürlich und allmählich aus dem inneren Zwiespalt der Geschichte entwickeln müssen.
Seit der Zeit, wo die Hegemonie in Israel von Ephraim auf Juda übergegangen war, brach von Zeit zu Zeit eine zurückgehaltene Eifersucht in Ephraim durch. Ephraim als der stärkste Stamm Josephs glaubte sich auf Grund des Segens Jakobs ganz besonders zur Führung Israels berufen zu sein. Schon während der Richterzeit drohte er auf jede Zurücksetzung mit dem Bruderkampf. Bestärkt in seiner Annahme wurde Ephraim auch durch die Tatsache, dass einer seiner großen Stammesgenossen, Josua, das ganze Land erobert hatte. Außerdem hatte Silo mehrere Jahrhunderte hindurch als Mittelpunkt des israelitischen Kultus und als Standort der Bundeslade gedient. Wären nicht David und auch Salomo letzthin so sichtlich von Gott begnadete Persönlichkeiten gewesen, so wäre es längst zu einer politischen Erhebung der Nordstämme unter der Führung Ephraims gekommen.
Die Antwort Rehabeams in Sichem brachte die Entscheidung. Sie kostete ihm fast acht Zehntel seines Reiches. Sein Bevollmächtigter Adoniram, der seine Antwort dem Volke in Sichem zu übermitteln hatte, wurde gesteinigt und der König selbst floh nach Jerusalem. Als dann angeblich der Stamm Benjamin versuchte, die abtrünnigen Stämme zurückzugewinnen, da ließ der Herr durch seinen Boten Semaja Rehabeam sagen: „Ihr sollt nicht hinauf ziehen wider eure Brüder!“ ( 1.Kön 12, 21-24. ) Rehabeam gehorchte und kehrte heim.
Mit der ihm gebliebenen Macht suchte Rehabeam hinfort sein kleines Reich stark zu befestigen. Eine ganze Anzahl der Städte wurden in Festungen verwandelt, mit Vorräten versehen, mit Garnisonen belegt und unter eine militärische Verwaltung gestellt ( 2.Chron 11,6ff. ). Offenbar sah er den ewigen Bruderkampf voraus, der sich in Zukunft aus der Reichstrennung ergeben müsse. Anstatt dass das begonnene Gericht den König zur Beugung und Buße über die ganze Schuld der Vergangenheit führte, setzte er diese ungehindert weiter fort. Auch er hielt sich einen großen Harem, baute auf allen Hügeln und unter den grünen Bäumen Götzenaltäre und Kultusstätten des Heidentums, hielt Schandbuben für die kultische Pflege der Unzucht und unterstützte somit jene Gräuel, die der sittliche Ruin des Volkes werden mussten ( Besonders handelte es sich um die öffentliche Pflege des Aschera – Kultus „,Aschera ist im Grunde, ähnlich wie die babylonische Ischtar und die phönikische Astarte, mit der sie oft identifiziert wird, eine Göttin der Liebe. Obwohl westländischen Ursprungs, wird sie bereits um 2000 v. Chr. in Babylon als „Braut des Himmelskönigs“ bezeugt. Bei den Kanaanitern gilt sie gewöhnlich als Gemahlin des Baal; ihre Söhne oder Krieger sind das „Heer des Himmels“. Das Liebesleben der Natur, der Tiere und vor allem der Pflanzen ist ihr Herrschaftsbereich. Als Göttin der Vegetation besitzt sie heilige Bäume, in denen sie vielleicht wohnend gedacht wird. Der Liebesgöttin Aschera war auch das Geschlechtsleben der Menschen heilig. In ihrem Dienst standen die Geweihten (hebräisch Kedeschen, griechisch Hierodulen), Männer und Frauen, die sich freiwillig oder unter dem Zwang der Sitte, zeitlebens oder zeitweilig, zu Ehren der Gottheit prostituierten. ).
Im fünften Jahre seiner Regierung erlebte er alsdann eine schwere Gerichtsheimsuchung durch Sisak, den König von Ägypten, der mit Salomo verschwägert war und Jerobeam Schutz gewährt hatte. Die eingetretene politische Schwäche und Machtstellung Rehabeams ausnutzend, überfiel er Jerusalem und „nahm die Schätze des Hauses Jahves, und die Schätze des Hauses des Königs, alles nahm er, auch die goldenen Schilde, die Salomo hatte machen lassen.“ ( 1 Kön 14,25ff. Heimgekehrt mit dieser reichen Beute ließ Sisak an dem Tempeltor von Karnak ein gewaltiges Relief anbringen, das ihn selbst darstellte, wie er die Asiaten niederschlägt: Der Gott Amon und die Göttin von Theben führen ihm 156 palästinische Städte als Gefangene, an langen Stricken gefesselt, zu (vgl. Greßmann: Texte und Bilder II Abb. 265). Der Name Jerusalem ist gegenwärtig unleserlich, dagegen hat man einen Ortsnamen als „Feld des Abram“ entziffert, das wohl bei Hebron gelegen hat. Die Hebräer waren jetzt Vasallen Ägyptens geworden und mussten ihm Tribut zahlen. Nach Hugo Greßmann, Die älteste Geschichtsschreibung Israels in „Schriften des Alten Testaments“, Zweite Abteilung, Band I. Seite 251. )
So erfolgte Demütigung um Demütigung, Niederlage um Niederlage, von denen Rehabeam und sein Reich sich nicht mehr erholen konnte. Er fand für sich und sein Volk nicht mehr den Weg zurück zum Leben. Derselbe lag nicht in der Auflehnung gegen das angebrochene Gericht, sondern in der aufrichtigen Beseitigung jener Ursachen, die in die eingetretenen Katastrophen geführt hatten. In seiner innerlich von Gott gelösten Stellung gewann er jedoch weder die Erkenntnis, noch auch die moralische Kraft zu jenem reformatorischen Gewissensappell, der stark genug gewesen wäre, Juda aus seiner politischen Schwachheit in die Abhängigkeit von der Stärke Jahves zu führen.
So starb Rehabeam etwa im siebzehnten Jahre seiner Regierung und wurde im königlichen Erbbegräbnis in der Stadt Davids neben seinen Vätern begraben. –

Kroeker – Das lebendige Wort

Interessant – oder? Die Ratgeber waren also um die 40 Jahre alt! und keine jungen Männer im heute üblichen Sinne!

Rehabeam hätte jetzt Jehova fragen können, welchen dieser gegensätzlichen Ratschläge er befolgen soll. Stattdessen entschied er sich, dem Rat zu folgen, der ihm eher zusagte, nämlich dem der jüngeren Männer. Das hatte für ihn und das Volk Israel katastrophale Folgen. Auch der Rat, den wir erhalten, ist nicht immer das, was wir hören wollen. Doch wenn er sich auf Gottes Wort stützt, sollten wir ihn annehmen.

Der Wachtturm – Februar 2022

Ja, der erste Satz ist richtig! Wir sollten uns also IMMER fragen, welcher Rat von Jehovah kommt – und können IHN im Gebet ja durch den heiligen Geist um Antwort bitten! Doch der letzte Satz „wenn der Rat sich auf Gottes Wort stützt“ – ist leider sehr bedenkenswert: schließlich war der Rat der „jungen Männer“ biblisch zu begründen, genauso wie die Worte des Anklägers bei den Versuchungen Jesu sich immer als „Teilzitate“ der Bibel stützten. Wer sich also „nur auf Gottes Wort“ stützt, ohne das Gebet und ohne den heiligen Geist zu nutzen – kann leicht in die Irre geführt werden!

Die Urchristen waren alle Brüder

Wenn ihr wirklich das königliche Gesetz erfüllet nach der Schrift: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, so tut ihr wohl. Wenn ihr aber die Person ansehet, so begehet ihr Sünde, indem ihr von dem Gesetz als Übertreter überführt werdet.
Elberfelder 1871 – Jakobus 2,8

Nun, wenn ihr euch wirklich nach dem königlichen Gesetz (- Od das Gesetz, das der König (Gott) gegeben hat. Gedacht ist wahrscheinlich an das anschließend zitierte Liebesgebot (vergleiche Matthäus 22,36–40; Johannes 13,34; 15,12.17; Römer 13,8–10; Galater 6,2). Nach anderer Auffassung wird mit dem »königlichen Gesetz« das göttliche Gesetz als Ganzes bezeichnet, sodass zu übersetzen wäre: wenn ihr wirklich das königliche Gesetz befolgt, das mit ´dem Gebot` der Schrift übereinstimmt: -) richtet, wie es in der Schrift niedergelegt ist: »Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst!« (- 3. Mose 19,18 -), dann handelt ihr gut und richtig. Doch wenn ihr Rang und Ansehen eines Menschen zum Kriterium dafür macht, wie ihr mit ihm umgehti, begeht ihr eine Sünde und werdet vom Gesetz als Gesetzesübertreter überführt.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Jakobus 2:8–9

Wenn ihr jedoch das Gesetz Gottes, unseres Königs, ganz erfüllt, so wie Gottes Buch es sagt: »Du sollst deinem Nächsten Liebe erweisen, so wie du dich selbst liebst!«, dann tut ihr etwas wirklich Gutes und Schönes. Doch wenn ihr die Menschen nach äußerlichen Gesichtspunkten unterschiedlich behandelt, dann seid ihr damit als Übertreter des Gottesgesetzes entlarvt.
Roland Werner – Das Buch – Jakobus 2,8–9

Liebe deine Mitmenschen Jakobus betrachtet die Sünde der Bevorzugung (aufgrund etwa des Rangs oder Ansehens eines Menschen) als einen Bruch des größten Gebotes (3.Mose 19,18; 5.Mose 6,5; Mt 22,36–39), das den Täter zum Gesetzesbrecher werden lässt, wie auch schon Paulus sagt (Röm 13,8–10): Die Liebe zum Mitmenschen ist die Erfüllung des Gesetzes – d.h. die letzten sechs der Zehn Gebote.

Reformations-Studien-Bibel

Christen, die in ihren Gemeindeversammlungen den Reichen bevorzugen, verfehlen sich gegen das Liebesgebot. Jak identifiziert den „Nächsten“ mit dem Armen (vgl. Spr 14,21).

Herder-Übersetzung mit Kommentar und Erläuterungen

Dieser Abschnitt des Briefes befaßt sich damit, wie schwerwiegend es ist, wenn die Versammlung den Reichen aufwertet und den Armen beschämt. Macht es denn etwas aus, wie wir Fremde in den Versammlungsstunden begrüßen? Jakobus bejaht dies nachdrücklich und zieht das ehrwürdige mosaische Gesetz zu Rate. In V.4 stellte Jakobus fest: Ihr habt einen Unterschied gemacht und seid wie Richter aufgetreten. Ihr habt beide Besucher aufgrund ihrer äußeren Erscheinung und nicht aufgrund geistlicher Merkmale beurteilt. Diesbezüglich habt ihr den Armen verunehrt und nicht beachtet, was die Schrift in solchen Situationen sagt. Dies ist die einzige Stelle in der Schrift, wo dieses Gesetz so bezeichnet wird (das königliche Gesetz). Die Versammlungsglieder hatten ein auf der äußeren Erscheinung beruhendes Urteil gefällt, ja, es gibt keinen Hinweis darauf, daß sie die Schrift benutzten. Das ist eine beschämende Situation. Beide Besucher haben Zutritt zu der Zusammenkunft, und doch liegt eine schwere Sünde vor. Inwiefern? Um dies herauszufinden, müssen wir definieren, was das königliche Gesetz ist. Ist es nicht das Mose gegebene, aus zehn Geboten bestehende Gesetz? Eines davon bezieht sich in besonderer Weise auf diese Begebenheit: „‚Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben … und deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (A.d.Ü.: vgl. Lk 10,27).
 Die zehn Worte, die Mose gegeben wurden, in gedrängter Form wiederzugeben, versteht Jakobus meisterhaft. Er legt eindeutig dar, daß Liebe zu Gott Gehorsam gegenüber Seinem Wort und Liebe zu Seinem ganzen Volk mit sich bringt. Die Liebe zu unserem Nächsten soll genauso groß sein wie unsere Eigenliebe. Nehmen wir zur Kenntnis, daß Reiche oder Arme dabei nicht erwähnt werden. An dieser Stelle liegt die Sünde. Sie beinhaltet die unterschiedliche Haltung gegenüber den Reichen und den Armen. Der Reiche wird an einen Ehrenplatz geleitet, weil er wohlhabend aussah, der ärmlich gekleidete Mann dagegen gleichgültig behandelt. Nachdem die Versammlung ein Urteil gefällt hatte, ist deren Richter jetzt das Jakobus als Werkzeug benutzende Wort Gottes. Zuerst bezieht sich Jakobus auf das königliche Gesetz (seine näher beschriebene Eigenschaft) sowie dessen Vollzug und zweitens auf die Schrift im allgemeinen, als er die Art und Weise ihres Verhaltens gegenüber beiden Besuchern verurteilt.
 Das Gesetz ist königlicher Art bzw. dem König angemessen. An ihm hängen das ganze Gesetz (die Thora) und die Propheten (die gesamte alttestamentliche Offenbarung). Paulus bringt das Gesetz in Gal 5,14 auf die gleiche Grundaussage, indem er nachdrücklich erklärt, daß das Gesetz in einem Wort erfüllt ist.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt – Jakobus

Die Urchristen waren alle Brüder. Es konnte rechtmäßig kein Klassenunterschied bestehen. (Jakobus 2:1-9) Christen dürfen sich nämlich nicht zur Anbetung voreinander niederwerfen, wie es Petrus dem Kornelius erklärte. (Apostelgeschichte 10:25, 26) Kein Christ küßte die Hand oder die Zehe des Christus. Statt dessen wusch Christus ihre Füße! „Wenn ich, obgleich ich euer Meister und Lehrer bin, eure Füße wasche, müßt auch ihr euch einander die Füße waschen!“ (Johannes 13:14, NW) Wenn es schriftgemäß wäre, sich niederzuknien und die Zehen zu küssen, müßten gemäß dem Beispiel Jesu dies alle Christen nicht gegenüber einigen ausgewählten, sondern gegenüber allen ihren Brüdern tun. Es ist klar, daß dieser Vorgang nicht schriftgemäß ist. Christus hat kein Beispiel für einen Klassenunterschied gegeben.
Die Urchristen waren alle Laien. Sie hatten keine bezahlte Geistlichkeit. Der Gründer des Christentums war kein Geistlicher, sondern ein Laie. Als Christus in den Synagogen lehrte, waren die Menschen so erstaunt, daß sie die Frage stellten: „Woher hat dieser Mann diese Dinge?“ Und als ihr Erstaunen sich steigerte, fragten sie: „,Das ist doch der Sohn Marias, . . . nicht wahr?‘ So fingen sie an, an ihm Anstoß zu nehmen.“ (Mark. 6:2, 3, NW) Daß Leute an ihm Anstoß nahmen und die Gelegenheit zum Leben verloren, war der Tatsache zuzuschreiben, daß Christus nicht zur Geistlichkeit seiner Tage gehörte.
Lukas erzählt uns, daß die Apostel keine Berufstheologen waren: „Als sie nun den Freimut des Petrus und Johannes sahen, und wahrnahmen, daß sie ungelehrt und gewöhnlich waren, begannen sie sich zu wundern.“ (Apostelgeschichte 4:13, NW) Die Apostel waren eben einfache Leute. Zum Beispiel waren Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes Fischerleute. Matthäus war ein Steuereinnehmer. (Mark. 1:16, 19; Matthäus 9:9) Obgleich der Apostel Paulus religiöse Unterweisung nach der Art der Anbetung der Pharisäer erhalten hatte, verließ er dennoch jene religiöse Unterweisung, um die echte Anbetung Gottes auszuüben! Jesus verwarf die Anbetung der Pharisäer als Fälschung! (Apostelgeschichte 22:1-21; Matthäus, Kapitel 23) Paulus, der Christ, war kein bezahlter Geistlicher, sondern ein Zeltmacher und Lehrer der guten Botschaft. — Apostelgeschichte 18:3; 1 Korinther 9:16.

Wachtturm – 15.11.1953

In diesen Versen macht der Autor klar, welche Handlungen einen Verstoß gegen das königliche Gesetz darstellen. In Vers 8 definiert er das königliche Gesetz: Wenn ihr wirklich das königliche Gesetz – Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst – nach der Schrift erfüllt, so tut ihr recht. Der Ausdruck „wenn ihr wirklich“ modifiziert die vorhergehende Aussage und nimmt ihr einen Teil ihrer Schärfe, weil nicht alle seine Leser diese Sünde begangen haben. Wenn ihr […] das königliche Gesetz […] erfüllt … Das griechische Wort erfüllen bedeutet, etwas in die Praxis umzusetzen und das beabsichtige Ziel zu erreichen. Der Weg zur Erfüllung des beabsichtigten Zieles dieses Gesetzes besteht darin, die Person nicht anzusehen. Das Wort königlich im griechischen Text wird von keinem Artikel abgeschwächt und betont daher Qualität. Es bedeutet, dass dieses Gesetz „majestätisch“ oder „fürstlich“ ist. Die griechische Wortreihenfolge: „Ein Gesetz, das ihr erfüllt, majestätisch oder fürstlich.“ Das Gesetz ist das höchste Gebot menschlicher Beziehungen. Das Wort für Gesetz ist hier nomos, der Leib des Gesetzes. Der Ausdruck königliches Gesetz als solcher, taucht nur in diesem Vers auf; er weist darauf hin, dass dieses Gesetz das höchste Gesetz ist. Das spezifische Gebot, an das Jakobus denkt, gehört nicht zu den Zehn Geboten. Es wird in 3 Mose 19,18 genannt: [Du] sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Dieses Gebot zitierte Jesus in Markus 12,28-31, wo er es zum zweitwichtigsten Gebot im mosaischen Gesetz ernannte. Das Wort Schrift steht für die Anforderung der Erfüllung. Die Gläubigen erfüllen die Anforderung, die Schrift, indem sie die Person nicht ansehen; und damit tut ihr recht – das heißt, es ist eine edle Handlung. Der Hintergrund für Jakobus’ Lehre ist die Bergpredigt; dort wird der Maßstab für Gerechtigkeit im Gesetz dargestellt, wie Jesus, der Messias, ihn gelehrt hat. Das ist das königliche Gesetz: Seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst. Das wird erfüllt, indem man die Person nicht ansieht. Ansehen der Person aufgrund von wirtschaftlicher Stellung verstößt jedoch gegen dieses Gebot.

Dann erklärt Jakobus in Vers 9, was es bedeutet, nicht recht zu tun: Wenn ihr aber die Person anseht, so begeht ihr Sünde und werdet vom Gesetz als Übertreter überführt. Die Person anzusehen, heißt Sünde zu begehen, weil es an Gottes Maßstab der Gerechtigkeit versagt. Das Wort für die Person ansehen wird in dieser Form nur hier und nirgendwo sonst gebraucht. Im Griechischen spiegelt das Wort Wenn den grundlegenden Zustand, dass dies zu einer gängigen Praxis geworden ist. Das verstößt gegen das königliche Gesetz, und als Ergebnis begeht ihr Sünde. Die griechische Wortfolge betont die Facette Sünde, denn wörtlich heißt es dort: „Sünde tut ihr.“ Diese Praxis versagt und erfüllt nicht die Anforderung des Gesetzes; und sie werden vom Gesetz als Übertreter überführt. Es ist ein bewusster Verstoß gegen die Anforderung. In diesem Vers bezeichnet Gesetz das Gesetz des Mose; und es enthält das königliche Gesetz aus Vers 8. Das Gesetz des Mose überführt den Gesetzesbrecher; es zeugt gegen ihn und befindet ihn für schuldig. Das mosaische Gesetz war zwar nicht länger in Kraft; jedoch waren viele von Jakobus’ judenchristlichen Zuhörern überzeugt, dass es noch Gültigkeit für sie besaß. Das traf zwar nicht mehr zu, doch in diesen frühen Tagen meinten viele, es träfe für sie zu (Apg 21,20). Die vollständige Offenbarung über dieses Thema war zum Abfassungszeitpunkt dieses Briefes noch nicht geschenkt worden. Daher würde sie sogar das Gesetz des Mose überführen, gegen sie zeugen und sie als Übertreter bezeichnen. Das ähnelt dem Prinzip in Römer 2,12. Als Übertreter sind sie Menschen, die eine verbotene Grenze überquert haben. Ansehen der Person überschreitet das bekannte Gebot des Herrn. Der Unterschied zwischen Sünde und Übertretung ist folgender: Das Wort Sünde bezeichnet ein Versagen, die Anforderung zu erfüllen. Das Wort Übertretung bezieht sich auf einen bewussten Verstoß gegen ein bestimmtes Gebot

Arnold Fruchtenbaum – Der Jakobusbrief

Doch Gott hatte Erbarmen mit mir

Wie dankbar bin ich Christus Jesus, unserem Herrn, der mich stark gemacht, als vertrauenswürdig erachtet und zu seinem Dienst berufen hat, obwohl ich ihn früher verachtet habe! Ich habe die Gläubigen verfolgt und ihnen geschadet, wo ich nur konnte. Doch Gott hatte Erbarmen mit mir, weil ich unwissend und im Unglauben handelte. Aber der Herr war freundlich und gnädig! Er hat mich erfüllt mit Glauben und mit der Liebe von Christus Jesus. Was ich sage, ist wahr und glaubwürdig: Christus Jesus kam in die Welt, um Sünder zu retten — und ich bin der Schlimmste von allen.
Neues Leben – Bibel 2006 – 1.Timotheus 1,12–15

Ich danke dem Messias Jesus, unserem Herrn, der mir Kraft gibt, dass er mich für zuverlässig erachtet hat und mir diese Aufgabe anvertraut hat. Denn früher war ich ein Lästerer und Christenverfolger, ja, ein mutwilliger, gewalttätiger Gottesfeind. Aber dann habe ich Gottes Barmherzigkeit erfahren. Denn ich habe es ja in der Zeit meiner Unwissenheit getan, als ich noch nicht an Jesus glaubte. Doch die unverdiente, wunderbare Gnade unseres Herrn ist umso reicher geworden, zusammen mit dem Vertrauen und der Liebe, die der Messias Jesus verkörpert. Diese Aussage ist zuverlässig und sollte angenommen werden: Jesus, der Messias, ist in die Welt gekommen, um Sünder zu retten. Und ich bin ja der größte Sünder von allen!
Roland Werner – Das Buch – 1.Timotheus 1:12–15

Den Vers 15 hatten wir 2021 schon.

In einer religiösen Zeitschrift heißt es:

Früher hatte der Apostel Paulus die Christen erbittert und brutal verfolgt. Doch dann wurde ihm bewusst, wie falsch er gehandelt hatte, und er war bereit, an seiner Einstellung und seiner Persönlichkeit zu arbeiten (1. Tim. 1:12-16). Mit der Hilfe Jehovas wurde aus Paulus ein liebevoller, mitfühlender und demütiger Hirte. Er grübelte aber nicht ständig über seine Fehler und Schwächen, sondern vertraute darauf, dass Jehova ihm vergab (Röm. 7:21-25). Er erwartete von sich keine Perfektion. Stattdessen strengte er sich an, weiter christliche Eigenschaften auszuprägen, und verließ sich dabei auf Jehovas Unterstützung (1. Kor. 9:27; Phil. 4:13).

Wie? Paulus wurd bewußt, dass er falsch gehandelt hat? Schon mal die Apostelgeschichte gelesen, was Paulus getan hat? Und dann, was Jesus für Paulus getan hat? Nein – Paulus wurde sein Fehler nicht bewusst – sondern Jesus berief Paulus, ohne das Paulus je auf die Idee gekommen wäre! Das Paulus den verherrlichten Jesus sah und hörte war der Punkt, wo Paulus umdachte – weil Paulus nun erkannte: Jesus aus Nazareth war doch kein Irrlehrer, sondern der verheißene Messias!

der ich ihn früher verhöhnt und seine Gemeinde … verfolgt hatte Vor seiner Bekehrung verfolgte Paulus die Gemeinde Jesu (Apg 8,3; 9,1–5; 22,4f.; 26,9.11; Gal 1,13). Zu dieser Zeit sah er es – in seinem Eifer für die Ehre Gottes – als seine Verpflichtung an (Phil 3,6), nun aber, nachdem er durch Jesus, den Christus, Gnade empfangen hat, sieht er seine Geschichte als ein Verfolger, was folgende Äußerungen verdeutlichen: „Ja, ich bin der unwürdigste von allen Aposteln“ (1.Kor 15,8–10); „Mir, dem Allergeringsten von allen, die zu Gottes heiligem Volk gehören“ (Eph 3,8) und „einen größeren Sünder als mich gibt es nicht“ (V. 15f.).

weil ich in meinem Unglauben nicht wusste, was ich tat Gott gab Paulus nicht, was er begehrte, sondern das, was er brauchte (vgl. Apg 3,17–20). Paulus tat nichts, um sich die Gnade Gottes in Christus zu verdienen oder sich ihrer würdig zu machen. Der Apostel sagt nicht, dass Unwissenheit als Entschuldigung für die Sünde genommen werden kann, denn selbst denjenigen, die sündigen, ohne den Willen ihres Herrn zu kennen, wird Bestrafung widerfahren, wenn sie nicht umkehren (Lk 12,35–48).

Reformations-Studien-Bibel

Paulus wird zum Urbild des durch Gottes Gnade sich bekehrenden Sünders stilisiert, zum Vorbild und zum Garanten für die in der Glaubenszuversicht, „Christus kam in die Welt, um Sünder zu retten“ (1,15), lebende Gemeinde. Die Zeit bis zum Damaskuserlebnis war für den Apostel im Rückblick keinesfalls eine Epoche der Sünde, und für eine Folge von Unwissenheit und Unglauben hat er seinen Gesetzeseifer auch niemals erklärt.

Herder-Übersetzung mit Kommentar

Paulus wendet dieses schreckliche Wort auf sich selbst an (»Lästerer« = »Gotteslästerer«) und gibt damit ein starkes Zeugnis für seinen Glauben an die Gottheit Christi. Gott lästern heißt, ungebührlich von Gott reden; es steht fest, dass Saulus von Tarsus, der strenge Pharisäer, niemals in dieser Weise von dem Herrn, dem Gott Israels, hätte reden können. Aber er hatte Böses über Jesus gesagt (Apg 9,4.5), und er bekennt nun demütig seine frühere Gotteslästerung.

Scofield-Bibel

Paulus erhielt Gnade, weil er unwissend gehandelt hatte. Der Punkt ist, dass seine Rettung unverdient war; seine Unwissenheit entschuldigte weder seine Sünde noch rechtfertigte sie Gottes Gnade. Wahrscheinlich vergleicht Paulus sich selbst mit den falschen Lehrern. Als Paulus sich so gegen Christus stellte, hatte er sich noch nicht zum Glauben bekannt. Diese Menschen geben vor, Christus nachzufolgen, und leben trotzdem auf eine böse Art und Weise. Damit kommen sie gefährlich nahe daran, von der Möglichkeit der Barmherzigkeit Gottes abgeschnitten zu werden (vgl. Matthäus 12,31-32; Markus 3,28-30; Lukas 12,10; 1. Johannes 5,16).

Die ESV Studienbibel

Dieser Ausdruck der Dankbarkeit ist eine Klammer zu Paulus‘ Auftrag an Timotheus (1:3-11, 18-20). Ausgelöst durch die Erwähnung von Paulus‘ Rolle (1,11), gibt er einen Einblick in die Quelle von Paulus‘ Dankbarkeit und ist ein Vorbild für die Leser. Wenn Paulus über seine eigene Arbeit spricht, richtet er den Ruhm auf Gott und macht deutlich, dass er Gottes Werk tut (siehe auch 2 Kor 1,21-22; 2,14-17; 3,4-6; 4,7; 12,9-10).

Neue Lebendige Übersetzung Studienbibel

Er war gnadenlos und wurde von seinen Freunden bewundert. Er hatte einen wichtigen Auftrag, den Auftrag seines Lebens. Die Kultur und die Religion seines Volkes waren gefährdet, und er sollte alles wieder in Ordnung bringen. Die Rede ist von Saulus. Er verfolgte Menschen, die gerade Christen geworden waren. Lukas beschreibt das mit den Worten: “Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden gegen die Jünger des Herrn” (Apostelgeschichte 9,1). Er bat den Hohepriester sogar um ein Geleitschreiben, damit er selbst in Damaskus die Christen gefangen nehmen konnte. Saulus verfolgte die Christen mit allen Mitteln.
In den Versen 12-17 bezeichnet Paulus sich selbst als den größten Sünder. Er hat die wenigen Christen, die es damals gab, erbittert verfolgt. Aber Jesus hat sich nicht an Paulus gerächt, sondern ihm ein Amt und eine Aufgabe gegeben, obwohl Paulus die Christen so hart bekämpfte. Paulus fragt sich: “Warum hat Jesus das gemacht? Wie kommt es, dass Jesus mir, der ich die Christen hart verfolgte, einen so verantwortungsvollen Auftrag gibt?” Die Antwort ist ganz einfach: Jesus handelt aus Gnade! Paulus schreibt: “Mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben. Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist.”
Was genau ist Gnade? Andere Worte für Gnade wären Gunst, Erbarmen oder Liebestat. Das hat nichts mit Leistung, Arbeit, Lohn oder gar Anrecht zu tun. Gnade ist ein Geschenk. Paulus hatte bei Jesus nichts vorzuweisen. Ganz im Gegenteil: Er hat sogar versucht Jesu Gemeinde zu zerstören. Trotzdem erhält Paulus von Jesus eine Chance, denn Jesus nimmt alle Schuld von Paulus auf sich und gibt ihm einen wichtigen Auftrag: Er soll die Nichtjuden mit dem Evangelium erreichen. Das ist eine gewaltige Aufgabe, besonders für einen ehemaligen Christenhasser! Das kann Paulus sich nicht verdient haben

ERF – 1.Timotheus

Das ist für ihn um so wunderbarer, als er nur zu gut weiß, in welcher Lage ihn der Ruf Gottes getroffen hat. Wenn Paulus hier sagt, daß er ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war, so ist das keineswegs eine Übertreibung aus bloßer Effekthascherei (vgl. Apg 22,4-5.19-20; 26,9-11 ). Doch ihm ist Barmherzigkeit widerfahren, denn seine Aktivitäten geschahen unwissend, im Unglauben. Wissentlicher Ungehorsam ruft Gottes Zorn hervor (vgl. z. B. 4Mo 15,22-31; Hebräer 10,26), doch mit dem unwissenden und irregeleiteten Sünder verfährt Gott gnädig (Hebräer 5,2). Der Philosoph Nietzsche hat gesagt: „Wenn man mir Gott beweisen könnte, würde ich ihm um so weniger glauben.“ In Paulus‘ Unglauben war diese bewußte Ablehnung eben gerade nicht zu finden.

Deshalb wurde dem Apostel auch Gottes Gnade und nicht sein Zorn zuteil. Ja, die göttliche Gnade, die er erfuhr, ging sogar weit über seine schwere Sünde hinaus. Wo einst nur Unglaube gewesen war, schenkte Gott ihm Glauben … in Christus Jesus. Wo heftige Gegnerschaft gegen Gott und sein Volk geherrscht hatte, herrschte nun die Liebe Christi (vgl. den Kommentar zu 2Tim 2,10). Alles, was Paulus gefehlt hatte, hat die Gnade Gottes ihm mehr als reichlich gegeben. (Das Verb hyperepleonasen, das nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament vorkommt, bedeutet „reichlich oder überreichlich vorhanden sein“.) Hier wird die ganze Fülle dessen deutlich, was Paulus meint, wenn er davon spricht, wie er für den Dienst Christi ausgerüstet und gestärkt wurde (1Tim 1,12).

Walvoord Bibelkommentar

Nimm dir Zeit und Ruhe für 1Tim 1,12–14
Der Abschnitt der Verse 12–17 zeigt den Gegensatz zwischen dem Gesetz und dem, was Paulus anvertraut worden war. Bereits in Vers 11 spricht er von dem, was ihm anvertraut worden war. Es beeindruckt ihn erneut. Darum wendet er sich der Quelle, dem Ursprung seines Dienstes zu und dankt „Christus Jesus, unserem Herrn“ für den Dienst, den Er ihm anvertraut hat. Er dankt hier nicht für die Erlösung, sondern für das, was der Herr aufgrund der Erlösung mit ihm vorhat. Tust du das auch?

Wie Paulus bist auch du für den Dienst nicht auf deine eigene Kraft angewiesen. Wenn du das versuchst, wird der Dienst in einem Fiasko enden. Doch der Herr gibt Kraft. Paulus war sich dessen bewusst, und es ist wichtig, dass auch du dir dessen bewusst bist. Einerseits solltest du nicht in eigener Kraft zu Werke gehen, andererseits gibt es aber auch etwas, was bei dir vorhanden sein muss, um deinen Dienst recht zu versehen, und das ist Treue.
Weil der Herr wusste, dass Paulus treu sein würde, hatte Er ihn in den Dienst gestellt. Auch vor seiner Bekehrung hatte Paulus bereits in reichem Maß Treue und Einsatzbereitschaft an den Tag gelegt. Seine Taten waren verwerflich, doch seine Treue und seine Einsatzbereitschaft waren vorbildlich. Infolge seiner Bekehrung konnte der Herr diese Qualitäten dann im Dienst für Ihn nutzen. Was früher zu seiner eigenen Ehre diente, das setzte er jetzt zur Verherrlichung des Herrn ein.
Paulus war nicht von Menschen in den Dienst gestellt worden, sondern vom Herrn (Apg 20,24; Gal 1,15.16). Eine menschliche Anstellung ist ein unerlaubter Eingriff in die Rechte, die der Herr sich selbst vorbehalten hat. Du brauchst auch nicht auf eine offizielle Bestätigung durch Menschen zu warten, bevor du etwas für den Herrn tun kannst.
Ältere und reifere Gläubige können dich zwar ermutigen und dir mit Ratschlägen in deinem Dienst behilflich sein, und es wäre ein Zeichen von Eigenwille, wenn du darauf nichts geben würdest. Doch dein Auftraggeber bleibt der Herr. Er hat dich in den Dienst gestellt, und Ihm schuldest du Verantwortung für das, was du tust und wie du es tust.
Wenn Paulus an seine Vergangenheit zurückdenkt, wird er noch dankbarer dafür, dass der Herr ihn in seinem Dienst gebrauchen will. Nach menschlichen Maßstäben war er für einen Dienst, wie er in Vers 11 beschrieben wird, die am wenigsten geeignete Person. Aber nach den Maßstäben Gottes gab es keine geeignetere Person als ihn (siehe V. 16). Er erinnert sich noch sehr gut daran, dass er früher „ein Lästerer und Verfolger und Gewalttäter war“ (V. 13; siehe auch Gal 1,13).
Weißt du noch, wie es vor deiner Bekehrung war? Oder, wenn du keine so radikale Bekehrung erlebt hast, hast du entdeckt, wie viel Schlechtes sich in deinem Herzen verbirgt? Wenn du an deine Vergangenheit denkst oder an die schlechten Gedanken, die in dir aufkommen können, staunst du dann nicht immer wieder über die Gnade Gottes? Bewegt es dich dann nicht zutiefst, dass Er dich gerettet hat und dich jetzt gebrauchen will?
Ohne sich hervorzutun oder Aufhebens davon zu machen, berichtet Paulus, dass er früher „ein Lästerer“ war; das bedeutet, dass er Flüche aussprach. Entsprechend waren dann auch seine Taten: Er war „ein Verfolger“ der Heiligen, er spürte sie auf und jagte ihnen nach. In seiner ganzen Haltung war er ein brutaler und boshafter Mensch, „ein Gewalttäter“. Er war wie ein Besessener vorgegangen. Aus verschiedenen Aussagen, die Lukas oder er selbst in der Apostelgeschichte dazu machen, kann man entnehmen, dass er nichts lieber tun wollte, als alle Christen auszurotten (z. B. Apg 7,58; 8,3; 9,1.13.14.21; 22,20; 26,9–11).
Doch dann kommt, eingeleitet durch das Wörtchen „aber“, der große Kontrast zwischen dem, was er verdient hat, und dem, was er bekommen hat. Paulus anerkennt die Barmherzigkeit, die ihm erwiesen worden ist, obwohl er doch so gegen den Herrn Jesus zu Felde gezogen war. Ihm ist „Barmherzigkeit zuteil geworden“ (V. 13). Das Wort kannte er vorher nicht. Ohne die geringste Barmherzigkeit hatte er die Christen verfolgt. Damals war er ein Diener des Gesetzes, und das Gesetz kannte keine Barmherzigkeit (Heb 10,28). Nachdem er sie nun selbst erfahren hat, wünscht er sie auch anderen (1Tim 1,2; 2Tim 1,2.16.18).
Gott konnte Paulus barmherzig sein, weil er nicht wusste, was er tat, als er die Gemeinde verfolgte (Lk 23,34; Apg 3,17). Er hatte es „unwissend“ getan. Das heißt jedoch nicht, dass er deshalb nicht schuldig war. Das war er durchaus. Er hatte gesündigt, aber in Unwissenheit. Er hatte sich nicht mit voller Absicht gegen Gott gewandt. Er hatte nicht „mit erhobener Hand“ gesündigt (3Mo 22,14; 4Mo 15,22–31). Was er tat, hatte er mit einem guten Gewissen getan (Apg 23,1; 2Tim 1,3).
Er meinte, Gott damit einen Dienst zu erweisen. Er meinte, „gegen den Namen Jesu, des Nazaräers, viel Feindseliges tun zu müssen“ (Apg 26,9; Joh 16,2). Es war der Gottesdienst seiner Väter, der eine solche Überzeugung bei ihm bewirkt hatte. Dadurch hatte er die Anbetung des wahren Gottes kennengelernt. Das konnte ihn nur zu dem Schluss führen, dass der christliche Glaube und der alttestamentliche Glaube an Jahwe im Widerspruch zueinander standen. Er glaubte, er würde die Ehre Gottes verteidigen, wenn er die Christen umbrächte. Er hatte Eifer, doch ohne Erkenntnis (Röm 10,2; Apg 22,3). Seine Überzeugung machte ihn blind für die Offenbarung Gottes in Christus und machte ihn zum größten der Sünder.

Ist es nicht erschütternd, dass ein Mann, der so in den Schriften unterrichtet war, der die beste Ausbildung (zu den Füßen Gamaliels, Apg 22,3) genossen hatte, sagen muss, dass er etwas „unwissend“ getan hatte? Hier siehst du, dass die beste theologische Ausbildung keine Garantie dafür ist, die gesunde Lehre zu verstehen (vgl. 1Kor 2,14). Im Gegenteil, sie kann zu einem Verhalten führen, das gegen das Wort Gottes ist.
Er hatte „im Unglauben“ gehandelt. Sein früheres Handeln zeigte kein Vertrauen auf Gott. Es bestand nur aus Anmaßungen seines sündigen Fleisches, seines eigenen „Ichs“. So wie die Verwaltung Gottes in einem Klima des Glaubens geschieht („die im Glauben ist“, V. 4), so spielte sich das frühere Leben des Paulus in einem Klima des Unglaubens ab. „Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde“ (Röm 14,23).

Tief unter dem Eindruck der ihm erwiesenen Barmherzigkeit spricht Paulus anschließend über die „Gnade“, die „über die Maßen … überströmend geworden“ ist (siehe auch Röm 5,20). Er tut das, weil diese Gnade ihm als dem ersten der Sünder geschenkt worden ist. Indem ihm Gnade erwiesen worden ist, hat die Gnade jede Begrenzung, die man sich denken kann, überschritten. Seine Bekehrung ist ein Beweis dafür, dass die Gnade des Herrn größer ist als die größte Sünde. Er ist der lebende Beweis dafür, dass die Geduld Gottes größer ist als das Durchhaltevermögen seines erbittertsten Feindes.
Und es ist die Gnade „unseres Herrn“, die er empfangen hat. Er sagt nicht meines Herrn. Dadurch bezieht er Timotheus in das gleiche Verhältnis zum Herrn mit ein, das er selbst hat, und in die gleiche Gnade, die auch ihm zuteilgeworden ist. Gnade steht immer im Gegensatz zum Lohn (Röm 4,4). Gnade ist ganz unverdiente Gunst. Das rechte Bewusstsein von der empfangenen Gnade wird uns zu hingegebenen Dienern Gottes machen.
Zusammen mit der Gnade, die der Herr ihm geschenkt hatte, hatte er ihm auch „Glauben und Liebe“ gegeben. Dieser Glaube und diese Liebe wurden in seinem Leben sichtbar. Er lebte in völligem Glaubensvertrauen auf den Herrn und diente Ihm mit der ganzen Liebe seines Herzens. „In Christus Jesus“ hatte sein Leben Sinn und Ziel bekommen. Seitdem Er Paulus seine über die Maßen überströmende Gnade erwiesen hatte, war Jesus Christus die ganze Sphäre seines Lebens. Worin sich auch immer sein Glaube und seine Liebe zeigten – alles entsprang der Gemeinschaft mit Ihm.
Lies noch einmal 1Tim 1,12–14. – Denk einmal darüber nach, was du früher warst und was du durch die Gnade Gottes geworden bist. Woran ist bei dir der Unterschied zu erkennen?

Ger de Koning – Die Briefe an Timotheus

Auch der Apostel Paulus war zu diesem Ergebnis gelangt. Bei ihm ist keine Selbstgerechtigkeit zu sehen. Er preist die reine Gnade. Und obschon er nach dem Gesetz untadelig war (Phil 3,6), anerkennt er sich als ersten der Sünder und sagt: «Mir ist Barmherzigkeit zuteilgeworden.» Er wusste, dass er dieser Gnade nicht würdig war, unter der er nun stand. Die Überzeugung, das Gesetz gehalten zu haben, hätte Paulus dazu führen können, sich immer noch als ehrbaren Menschen zu betrachten. Doch die Gnade berührte sein Herz, öffnete seine Augen und liess ihn bekennen, was er in Wahrheit war. Sein Gewissen war gründlich davon durchdrungen, und er brauchte immer dieselben Ausdrücke, wenn er von sich selbst sprach (1 Korither 15,8.9; Eph 3,8).
Wir müssen dahin kommen, uns so zu sehen, wie Gott uns sieht, sonst machen wir in unserer Seele keine Fortschritte. Doch Gott ist treu, und Er vermag auch uns zu dem Bekenntnis zu führen, das Paulus äusserte. Je früher dies geschieht, desto besser. Ein Neubekehrter mag denken, er sei fähig, aus eigener Kraft etwas zu vollbringen. Er hält viel von sich. Doch sobald er auf dem Weg fortschreitet, sinkt er in seiner eigenen Achtung und ist schliesslich froh, sich weit hinter den Apostel Paulus stellen zu dürfen.
Nicht das Gesetz, sondern die Gnade ist es, die uns lehrt, das Böse zu verabscheuen. Ein Christ scheut sich davor, sich gegen die Gnade zu vergehen, gegen die Gnade zu sündigen.

Halte fest 1968

Wie Paulus sich verschuldet hatte
Er schreibt: »… der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war« (V. 13 a).

3.3.1»Ein Verfolger«:
Die wütenden Männer, die einst den ersten Blutzeugen Jesu, Stephanus, durch Steinwürfe zu Tode brachten, legten ihre Gewänder zu Füßen des damals noch jungen Saulus bzw. Paulus nieder; er sollte sie bewachen. Und der Bericht sagt, welchen Eindruck das auf ihn machte: »Saulus hatte Gefallen am Tode des Stephanus« (Apg 8,1). Danach erhob sich ein Sturm der Verfolgung gegen die Christengemeinde, und der Eifrigste dabei war eben Saulus. Es wird berichtet: »Saulus suchte die Gemeinde zu zerstören, ging von Haus zu Haus, schleppte Männer und Frauen fort und warf sie ins Gefängnis« (Apg 8,3). Er »verfolgte« die Christen wie ein Jäger die Spur von Tieren verfolgt, um sie zu erlegen. Paulus trug die Verfolgung dann sogar ins Ausland, und es gelang ihm, sich dafür Vollmachten zu verschaffen. So machte er sich auf den Weg auch nach Damaskus, »damit er Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führte« (Apg 9,1f.).

3.3.2 »Ein Lästerer«:
Das Lästern, die Herabstufung und Entehrung Jesu mit dem Ziel, dass andere das gleiche tun, wird vor dem Verfolgen genannt, denn die Verführung ist für die Glaubenden noch gefährlicher als die Verfolgung. Der gebildete und wortgewandte Schriftgelehrte Saulus wollte gewiss die Christen – etwa vor Gericht – mit seinen klug vorgebrachten Argumenten gegen Jesus, gegen dessen Messiasamt und dessen Gottessohnschaft in ihrem Glauben an ihren Herrn verunsichern, irremachen und sie dahin bringen, dass sie Jesus wieder absagten. Und vielleicht ist es ihm auch da und dort gelungen -, das war ihm gewiss lebenslang ein besonderer Schmerz.

3.3.3 »Ein Frevler«:
So heißt jemand, der Gottes Ehre und Werk, das, was Gott hatte geistlich aufwachsen lassen, antastete. Wir reden ja im Deutschen von »Knospenfrevel«, »Baumfrevel«, etwa wenn ein zur Blüte kommender Obstbaum aufs Übelste zugerichtet wird. Gott ließ in jener ersten Zeit der Gemeinde Jesu in Menschen den Glauben an Jesus aufwachsen, zur Blüte kommen, Frucht tragen. »Der Vater zog sie zum Sohn« (Joh 6,44). Doch da wurde in den Synagogen von den Christen verlangt, dass sie Jesus wieder absagten, ja ihm fluchten. Und wenn sie das nicht taten, wollte man sie dadurch dazu zwingen, dass man sie hart auspeitschte. Von derartigem erzählen frühe außerbiblische Berichte. Das war solch ein »Frevel«.

Kaum irgendetwas anderes kann auch unser Gewissen so sehr belasten wie die Sorge, wir könnten mit unserem Verhalten jemanden wieder irre gemacht haben, der eben erste Schritte mit Jesus getan hatte.

3.4 Was Gott darauf tat – was die Erfahrung der Barmherzigkeit für Paulus umschloss

3.4.1 »Aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren«, schreibt Paulus (V. 13 b; wörtlich: »Ich wurde mit Erbarmen beschenkt«). Diese Passivform ist, nach damaligem israelitischem Sprachgebrauch, ein Hinweis darauf, dass hier Gott am Werk war; so ist das auch bei dem Wort: »Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.« Das heißt: Gott erhöht ihn (Lk 14,11).

3.4.2 Der Blick des Apostels ging zurück auf jenes Geschehen vor Damaskus (Apg 9): Er ritt damals ruhig dahin; und die Schar derer, die ihm bei seiner Aktion gegen die Christen zur Verfügung stehen sollten, folgte ihm. Sein Kopf arbeitete; er heckte die Pläne für seine Verfolgung aus und durchdachte noch einmal seine scharfsinnigen Argumente, mit denen er die Christen in ihrem Glauben an Jesus verunsichern wollte. Doch da wurde er plötzlich vom Licht Gottes geblendet, er sank auf die Erde und hörte, wie ihn eine Stimme fragte: »Saul, Saul, was verfolgst du mich?« Es war, wie wenn ein Verbrecher bei seiner Tat ertappt und gestellt wird. Paulus fragte zurück; er wollte genau wissen, mit wem er es zu tun hatte -: »Herr, wer bist du?« Und er empfing die klare Antwort: »Ich bin Jesus, den du verfolgst« (Apg 9,3-5). Auch hier galt: »Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan« (Mt 25,40). Nun war klar: Jesus war doch der Messias, der Gekreuzigte, der Auferstandene und nun von Gott einzigartig Erhöhte.

3.4.3 Paulus, der ja im Wort des AT lebte, konnte es sich nun gewiss nicht anders denken, als dass er, wie einst die »Rotte Korah« (4Mose 16), lebendig von der Erde verschlungen werde. Jene waren Aufrührer gegen Mose, und er war sogar ein Aufrührer gegen den Messias Gottes und damit gegen Gott selbst. Er musste damit rechnen, dass er nun weggeblitzt oder zertreten würde, wie das Ungeziefer von einem Bauern zertreten wird.

3.4.4 Doch der Herr tat etwas so ganz anderes: Er begegnete Paulus mit »Barmherzigkeit« (V. 13). Paulus »fand Mitleid« (so kann auch übersetzt werden). Was »Barmherzigkeit Gottes« ist, sehen wir besonders deutlich aus 2Mose 32-34: Israel hatte damals, nach dem Bundesschluss am Sinai (2Mose 19-20), soeben erst das Gebot empfangen: »Ich bin der Herr, dein Gott …. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben« (2Mose 20,2), da machte es sich schon einer groben Übertretung dieses Gebots schuldig: Ein »goldenes Stierbild« wurde nach Ägypter-Art gegossen, und sie umtanzten es mit der Behauptung: »Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!« (2Mose 32,4). Solch ein »Glücksbringer-Gott«, den man sehen und mit sich führen konnte. war ganz nach ihrem Sinn. Holte der heilige Gott nun gleich schon zum Schlag aus, um das so rasch abgefallene Volk zu zerschmettern? Dan lag Mose für das Volk mit Beten und Flehen vor Gott. Ja, er bot Gott zugunsten Israels an: »Tilge lieber mich aus deinem Buch!« (2Mose 32,32f.). Das nahm Gott so nicht an; aber er ließ sich dennoch von Mose erbitten (2Mose 32,14). Solch priesterlicher Dienst der Fürbitte bringt den Menschen Gott besonders nah; und so wird Gott dem Menschen besonders nah. Er eröffnete Mose sein innerstes Wesen; er offenbarte ihm das Geheimnis seines Namens, der etwas wie ein »Hauptnenner« seines Wesens und Wirkens ist – »Name ist Wesen«, haben die Alten gesagt -: »Barmherzig, gnädig, geduldig und von großer Güte und Treue« (2Mose 34,6). So heißt Gott und so ist Gott. Noch ganz anders als damals Mose für Israel ist unser Herr Jesus Christus für Israel, für alle Welt, für uns eingetreten (Mt 1,21; Joh 1,29; Röm 1,16). Er hat nicht nur angeboten, alles für uns hinzugeben; er hat es auch tatsächlich getan. Darauf beruhte es, dass Gott damals Paulus sein ganzes Erbarmen zuwandte. Und darauf beruht es, dass er heute auch uns, wenn wir uns vor ihm beugen, ebenso sein Erbarmen zuwendet.

3.4.5 So ließ Gott, unser Herr Jesus Christus, damals Saulus leben. Ja, er gab ihm auch schon eine Weisung, wie es nun weitergehen sollte, einen ersten Auftrag (Apg 9,6). Es gibt kein schöneres Zeichen dafür, dass unser Herr uns vergeben hat, als dass er uns Aufträge gibt. So hat es auch Petrus erfahren: Nach seiner Verleugnung gab ihm Jesus neue Aufträge bzw. bestätigte die alten: »Weide meine Lämmer! Weide meine Schafe!« (Joh 21,15-17; vgl. Mt 16,18ff.). Bei Paulus war es zunächst nur die Weisung: »Steh auf und geh in die Stadt,« Damaskus; »da wird man dir sagen, was du tun sollst« (Apg 9,6). Aber dem sonst unbekannten Christen Hananias in Damaskus, der mit Paulus reden sollte, eröffnete Gott bereits schon sein ganzes Lebens – und Dienstprogramm für Paulus: »Dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen« (Apg 9,15f.). Eben das war Paulus lebenslang das allergrößte Wunder, dass Jesus ihn nicht etwa nur selbst selig machte, was auch schon viel gewesen wäre, sondern ihn auch als seinen »Mitarbeiter« berief (1Kor 3,9). Auch Petrus meinte wohl nach seiner Verleugnung, dass er nun natürlich alles, was der Herr Segensvolles mit ihm vorhatte, verscherzt habe. Doch nichts war verscherzt. Gottes Barmherzigkeit ist größer als wir in unserer Anfechtung denken. Sie ist »alle Morgen neu über uns, und seine Treue ist groß« (Kla 3,22f.). »Und wenn unser Herz uns verdammt, so ist doch Gott größer als unser Herz« (1Joh 3,20). Ja, »wenn wir untreu werden, so bleibt er doch treu«, schreibt Paulus in seinem letzten Brief (2Tim 2,13). So ist Jesus! Und so ist Gott!

Denn wer Jesus sieht, sieht den Vater (Joh 14,9). Ebenso begegnet Jesus auch uns, gerade wenn uns im Blick auf unser Leben die Augen aufgehen, wenn uns darüber ein Stich durchs Herz geht und wenn wir nur ihn um sein Erbarmen, um sein Vergeben, um seine Fürsprache (1Joh 2,1) bitten und anflehen können.

Gerhard Maier – Edition C

Jesus sagt: „Ich habe noch andere Schafe“

Und ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hofe sind; auch diese muß ich bringen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.
Elberfelder 1871 – Johannes 10,16

Und zu mir gehören noch andere Schafe, die nicht aus diesem Gehege sind. Die muss ich auch noch zu mir holen. Auch sie werden meine Stimme hören, und dann wird es nur noch eine einzige Herde geben und einen einzigen Hirten.
Roland Werner – Das Buch – Johannes 10:16

Ich habe (- Die Liebe des guten Hirten erstreckt sich auf alle im A. B. verheißenen Schafe. [Mic 4,2, Jes 49,1ff, Jes 52,13ff, Jes 53,10ff, Jes 55,4ff] Ich habe: weil er sie bereits kennt und ihre Bekehrung bevorsteht. – Die anderen Schafe sind die Heiden, welche dem alttestamentlichen Gottesreiche nicht angehören. -) noch andere Schafe, welche nicht aus diesem Schafstalle sind; auch diese muss ich herbeiführen,(- Dazu bin ich vom Vater gesendet. [Lk 2,32]. Diese führt der Herr nicht unmittelbar selbst, sondern durch die Apostel und ihre Nachfolger herbei. – Eine Kirche aus Juden- und Heidenchristen zusammengesetzt. – Einem obersten Hirten werden alle folgen. Erst am Ende der Tage wird diese Verheißung des Herrn ihre volle Erfüllung finden. Vergl. [Römer 11,25] -) und sie werden meine Stimme hören; und es wird eine Herde werden und ein Hirt.
Allioli Bibel – Johannes 10,16

Und andere Schafe habe Ich, die nicht aus diesem Stalle sind; auch sie muß Ich führen, und sie werden Meine Stimme hören, und wird eine Herde, ein Hirte werden. Joh 11,52; Mt 8,11; 15,24; Jes 40,11; Eph 2,14f; Ez 34,31; 37,22; Mi 2,12; Sach 14,9.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – -Johannes 10:16

Ob Jesus hier in diesem Kapitel wirklich über sich sprach, oder ob wir heute einem Mann oder einer Gruppe von Menschen folgen sollten – war schon öfter Thema – hier die Beiträge zu Johannes 10:
Vers 10, Vers 11, Vers 27, Vers 28,
Heute eher die Frage: von welchen zwei Herden spricht Jesus?
Zwei „Sonderlehren“ gibt es: einmal die Behauptung, es gäbe innerhalb des momentan existierenden Volkes Gottes zwei Herden: eine Herde würde in den Himmel kommen, und die zweite und größere Gruppe würde es nicht in den Himmel schaffen, und hier auf der Erde ewig leben dürfen.
Dann eine zweite Sonderlehre:

3 Nephi 15:17, 21, 22
Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte sein. …. Und wahrlich, ich sage euch, ihr seid die, von denen ich gesagt habe: Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; die muss ich auch herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte sein. Und sie verstanden mich nicht; denn sie meinten, es seien die Heiden.
Wie sind die Worte Jesu in Johannes 10:16 zu verstehen? Für die Mormonen steht die Bedeutung außer Frage, da Jesus in den Kapiteln 15 und 16 von 3 Nephi im Buch Mormon die Worte von Johannes 10:16 wiederholt und bei einem angeblichen Besuch des nephitischen Volkes in Amerika im Jahr 34 N. CHR. selbst eine ausführliche Auslegung gegeben hat.
Wie oben dargestellt, lehrt er angeblich, dass die Nephiten die „anderen Schafe“ sind, auf die in Johannes 10:16 Bezug genommen wird. Doch dann begeht der Autor des Buches Mormon einen schweren Fehler, der einen Anachronismus darstellt. Er lässt Jesus sagen, dass seine Zuhörer in Jerusalem dachten, Jesus würde über die Heiden als „andere Schafe“ sprechen. Es stimmt, dass die Auffassung, Johannes 10:16 beziehe sich auf die Heiden, bei den Christen im Jahr 1830, als das Buch Mormon veröffentlicht wurde, weit verbreitet war, und der Verfasser des Buches Mormon wollte diese Auffassung offensichtlich widerlegen. Es gibt jedoch keinen Beweis dafür, dass eine solche Ansicht unter den Zuhörern Jesu in Jerusalem vorherrschte. Weder die ungläubigen Juden noch die jüdischen Jünger Jesu erwarteten von ihm, dass er heidnische Jünger in seine „eine Herde“ aufnehmen würde. Als später Heiden in die frühchristliche Gemeinde kamen, war man überrascht und sogar dagegen (Apostelgeschichte 10:45; 11:1, 2). Der Autor des Buches Mormon begeht also einen anachronistischen Fehler, indem er eine Idee, deren Zeit noch nicht gekommen war, im Jahr 34 N. CHR. ansiedelt.
Der Diskurs in 3 Nephi verkennt auch die Bedeutung der Aussage Jesu, dass seine Schafe „meine Stimme hören“ würden. Sie interpretiert dies im Sinne eines buchstäblichen, physischen Hörens, so dass Jesus einen Ort physisch besuchen müsste, damit die Menschen dort den Klang seiner Stimme hören könnten. Jesus würde kein heidnisches Land besuchen, also „sollten die Heiden meine Stimme niemals hören“ (3 Nephi 15:23). Aber Jesus meinte nicht „hören“ in diesem Sinne. In Johannes 18:37 sagte er: „Jeder, der in der Wahrheit ist, hört meine Stimme“, was sicherlich nicht bedeutet, dass er jeden, der auf der Seite der Wahrheit steht, in Hörweite besucht hat. Vielmehr handelt es sich um ein Hören im Sinne eines Glaubens: „Wenn ihr heute seine Stimme hören wollt, so verstockt eure Herzen nicht“ (Hebr 4,7). So stellt Jesus in Johannes 10,26 und 27 denen, die „nicht glauben“ und „nicht zu meinen Schafen“ gehören, die Aussage entgegen: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir.“ So wie die Bibel es darstellt, geht es nicht darum, welche Länder Jesus besucht hat, sondern darum, welche menschlichen Herzen bereit sind, zu „hören“ und zu „glauben“.

David A. Reed_John R. Farkas – Antworten an Mormonen

Nun wollen wir mal schauen, was die anderen ALLE zu diesem Vers sagen:

Schafe, die nicht aus diesem Stall sind Das Evangelium ist nicht begrenzt auf Israel, sondern schließt auch den Rest der Welt mit ein (11,52).

Reformations-Studien-Bibel

Die »anderen Schafe« sind nicht aus der jüdischen Herde, sondern es sind hier heidnische Nationen gemeint. Vergleiche Jes 56,8; Joh 17,20; Apg 15,7–9; Eph 2,11–19.

Scofield-Bibel

Die anderen Schafe, die nicht zu dieser Herde gehören (vgl. V. 1), sind Heiden (vgl. Jes. 56,8). Die Formulierung „eine Herde, ein Hirte“ spielt auf Hesek 34:23; 37:24 an, aber hier wendet Jesus sie weiter gefasst an, da Juden und Heiden in einer messianischen Gemeinschaft vereint sein werden (vgl. Mt 28:18-20; Eph 2:11-22).

Die ESV Studienbibel

andere Schafe: Gläubige, die nicht zum Judentum gehören, werden sich eines Tages dem Schafstall Jesu anschließen (siehe 11,52). In Jesu Vision für sein Volk werden jüdische und heidnische Gläubige aus verschiedenen Kulturen zu einer Herde mit einem Hirten werden (17:20-23).

Neue Lebendige Übersetzung Studienbibel

Die anderen Schafe waren keine Juden in heidnischen Ländern, sondern Heiden. Das jüdische Volk hatte gefragt, ob Jesus gehen und die Heiden lehren würde (7:35). Jesus erklärte nun, dass er Schafe unter den verachteten Heiden hatte. Eine Herde nimmt die Errettung der Heiden und die Bildung der Kirche vorweg, in der bekehrte Juden und Heiden einen einzigen geistlichen Leib bilden werden (siehe 1. Kor 12,13; Gal 3,28; Eph 2,16).

Die Nelson Studienbibel

„Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind.“ Damit meint Jeschua die Heiden, die er mit den Juden zu einer Herde unter ihm, dem einen Hirten, vereinen will. Auf diese Vereinigung der Nichtjuden mit Gottes Volk wird in 11:52 erneut angespielt, und sie ist das Hauptthema der Apostelgeschichte, der Briefe von Sha’ul (Paulus) an die Römer, Galater und Epheser sowie der Offenbarung.

The Complete Jewish Study Bible

Soweit ein paar Studienbibeln – Ist dir aufgefallen – dass hier nicht nur eine Behauptung aufgestellt wird, die mit „Logik“ erklärt werden muß, sondern, dass es mit anderen Bibelstellen begründet wird???

Es empfiehlt sich, diesen Vers besonders zu betrachten, denn er enthält eine wichtige Prophezeiung Jesu, die sich in solcher Präzision in der Hirtenrede nicht noch einmal findet.
Weil die »Schafe« ein konstantes Bild für Israel waren (s. die Erklärung zu V. 1-3), konnte bisher der Eindruck entstehen, Jesus sei nur für Israel da. Dem widerspricht Vers 16 nachdrücklich. Vielmehr ist es der Auftrag Jesu, Jünger aus allen Nationen zu sammeln! Das »Muss« ist wie in Joh 3,14.30; 9,4 u. a. Stellen ein göttliches Muss, d. h. eine Anordnung des Vaters. Läse man nur Micha 2,12ff., dann wäre es verwunderlich, dass Jesus »noch andere Schafe« von außerhalb Israels hat. Liest man aber Jesaja 49,6, dann wird klar, dass schon die Prophetie des AT auf diese universale Weite zielt: »Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Israels aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an die Enden der Erde« (vgl. Jes 42,6; 60,2ff.).
Der Ausdruck »ich habe noch andere Schafe« spricht die tiefe Überzeugung Jesu aus, dass die Völkermission erfolgreich sein wird. Der Begriff »Stall« ist uns wieder aus Micha 2,12 geläufig: »Ich will sie wie Schafe miteinander in einen festen Stall tun und wie eine jede in ihre Hürden.« »Nicht aus diesem Stalle« heißt dann:
nicht aus Israel, sondern aus den Völkern. »Und auch diese muss ich bringen.« Manche übersetzen statt »bringen« »führen«. Es geht aber nicht nur darum, dass sie Jesus »anführt«, sondern vor allem darum, dass sie Jesus dem Vater »bringt«, also herzuführt (vgl. Röm 5,2; 1Petr 3,18). Diese Schafe »werden auf meine Stimme hören«, d. h. auf die Stimme Jesu, die ihnen in seinen Boten, und das heißt ganz konkret auch in der Bibel, begegnet (vgl. Mt 10,12ff.; Mt 28,18ff.; Lk 10,16; Joh 20,21-23). Dabei beachten wir, dass nicht alle Angehörigen der Völker in diesem Sinne »hören«. Jesus spricht ja nur von dem Teil der Völkerwelt, der an ihn glauben will.
Das Ergebnis hat eine universale Dimension:
»Es wird sein: eine Herde, ein Hirte.« Hier stehen tatsächlich die Zahlworte »eine / ein«. Die Glaubenden aus Israel und den Völkern werden also zu »einer« Gemeinde des Neuen Bundes vereinigt, wie es auch Epheser 2,14ff. beschreibt und wie es in Johannes 11,52 und Joh 17,20 noch einmal angedeutet ist. Der »eine« einzige »Hirte« ist in Hesekiel 34,23; Hes 37,24; Micha 2,12ff. und Sacharia 13,7 deutlich verheißen. »Eine Herde« bedeutet nicht, dass es sich um eine einheitliche, straff organisierte Organisation handelt, sondern dies meint die eine, unsichtbare und geglaubte Kirche unseres christlichen Glaubensbekenntnisses, die daraus entsteht, dass Menschen sich bekehren und durch ihr Zentrum Jesus Christus zu einem einzigen Leib vereinigt werden. Dabei können durchaus verschiedene Organisationsformen (= irdische Kirchen) vorhanden sein, wie es z. B. in den verschiedenen Missionsbewegungen von Galater 2,9 vorgeprägt ist. Johannes 10,16 ist also keine Stelle, die das Papsttum bestätigen könnte. Genauso wenig bestätigt sie eine falsche Ökumene.
Um das Universale dieser Aussage zu erfassen, ist jedoch eine weitere Linie zu berücksichtigen. Die Menschheit hatte in Adam einen einheitlichen Ursprung (vgl. Röm 5,12ff.). Sie verlor beim Turmbau von Babel diese Einheit (1Mose 11,1ff.). Unter Jesus gewinnt sie ihre Einheit zurück, wird sie zur»einen Herde«, wie es das Pfingstfest erstmals manifestiert.
Halten wir ein Letztes fest. Wenn sich Jesus hier in Anknüpfung an Hesekiel 34,23 und Hes 37,24, vielleicht auch an Jeremia 23,4ff., als den »einen Hirten« zu erkennen gibt, dann muss er das Bewusstsein gehabt haben, aus der Davidsfamilie zu stammen. Dann müssen auch seine Zeitgenossen gewusst haben, dass er aus der Davidsfamilie stammte, denn nach den angegebenen atl. Stellen kann nur ein Davidide der eine »Hirte« der Endzeit sein.

Gerhard Maier – Edition C

Ist Jesus DEIN Hirte – der dich zum himmlischen Vater führt? Ist die Bibel und der heilige Geist dein einzigstes Mittel um Jesus und den Vater besser kennen zu lernen?