Schlagwort: Jesus

Mehr oder zufrieden?

Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!
Elberfelder 1871 – 2 Kor 9,15

Dank sei Gott für Seine unaussprechliche-w: nicht auszusagende- Gabe-Jak 1,17-! Abraham Meister – 2.Korinther 9,15

Wir danken Gott für seinen Sohn — ein Geschenk, das so wunderbar ist, dass es sich nicht in Worte fassen lässt!
Neues Leben – Bibel 2006 – 2 Kor 9,15

»Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe.«

Das könnte schon das Dankgebet in Jerusalem sein. Paulus nimmt es für sich vorweg. Er sieht im Glauben, was dann Wirklichkeit sein wird (vgl. Apg 21,17-20). Und er dankt Gott. Es ist Gottes alle Worte übersteigende Gabe. Denn er gibt das Evangelium; er sandte den Sohn; er baut Gemeinde; er erweckt zur Liebe, wirkt Freude und schafft die Einheit. Der Apostel rühmt den Herrn, denn allein von seinem Geben her ist Heil. So beschließt er diesen Briefteil über die Spendenfrage mit dem Gotteslob.

Edition C

„Dank sei Gott für seine unbeschreibliche Gabe.“ Denn was Gottes Gnade in dieser Welt geschaffen hat, überschreitet alles, was Menschen erdenken konnten, und lässt sich darum gar nicht in seiner ganzen Größe beschreiben. Wo aber bleiben dann noch Bedenken gegen die Sammlung, die ein solches Ergebnis haben darf? Können die Korinther anders als mit ganzem eigenen Eifer sich an diesem Werk beteiligen?

Wuppertaler Studienbibel

Matthäus schrieb seinen Bericht über das Leben Jesu um das Jahr 41 u. Z. in Hebräisch und übersetzte ihn später ins Griechische. Markus und Lukas schrieben ihre Berichte ebenfalls vor der zweiten Zerstörung Jerusalems (70 u. Z.). Johannes verfaßte seinen Bericht um das Jahr 98 u. Z. Diese Evangelien, die alle in der griechischen Umgangssprache jener Zeit, die damals Weltsprache war, geschrieben wurden, enthalten die „gute Botschaft“ von Jesu Königreichsherrschaft, unter der wir Menschen „Leben . . . in Fülle“ erlangen können (Matthäus 9:35; Johannes 10:10). Wir sollten Gott für diese wunderbare Vorkehrung danken. (2-Korinther 9:15 in der Frage)

Die gute Botschaft, die Menschen glücklich macht

Einen Abschluss dieser ganzen Angelegenheit mit dieser Doxologie: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche [unbeschreibliche] Gabe!“ (Vers 15). Dies scheint sich auf Jesus Christus zu beziehen, der wirklich die unbeschreibliche Gabe Gottes an diese Welt ist.

Der Neue Matthew Henry Kommentar

Die Juden glaubten, dass Gott die Schreie der Armen und Bedürftigen höre ( 5.Mose 15,9-10 ). Es ist anzunehmen, dass die Leser des Apostels die Kernaussage dieser Passage begriffen: Ihre Hilfe für die Armen trägt bei zur Verherrlichung Gottes, weil die Armen ihm dafür danken und ihn loben und preisen werden ( 2.Kor 9,11-12 ; vgl. 1,11 ), die Gebete der Armen aber werden zugleich den Gebern selbst zugute kommen ( 9,14 ). (Mit der »Gabe« Gottes, V. 15 , ist also möglicherweise die Sorge Gottes für die Korinther gemeint, die durch ihre Spende zugleich den Armen in Jerusalem zu Hilfe kommen können.)

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Das Wort Gabe kann sich entweder auf den Messias selbst beziehen, wie es in Johannes 4,10 und 2 Korinther 9,15 der Fall ist, oder es kann sich auf die Erlösung selbst beziehen, wie es in Epheser 2,8-9 der Fall ist. So oder so handelt es sich um gerettete Menschen. Von der himmlischen Gabe gekostet bedeutet, dass sie einen wirklichen, bewussten Genuss der Segnungen hatten, dass sie diese Gabe und ihre wahre Natur erfasst haben. Sie waren im Besitz des wahren geistlichen Lebens.

Arnold G. Fruchtenbaum – Gottes Wille & der Wille des Menschen

Paulus, dessen Leben und Werk in unserer Zeit mehr und mehr die Aufmerksamkeit vieler Kreise auf sich ziehen, hat in seinen Schriften verschiedene Male ein Wort gebraucht, das in den Kriegsjahren auf wirtschaftlichem Gebiet eine ganz neue Bedeutung gewonnen hat. Es ist das Wort «Autarkie», womit man das Streben andeuten wollte, das Land selbständig zu machen, unabhängig von allen andern. Damit wird also ein Sichbegnügen mit dem Vorhandenen zum Ausdruck gebracht.
Aber lange vor unserer Zeit schon wurde dieses Wort von den Griechen viel gebraucht, wohl in dem Sinn: Der Mensch soll seine Gemütsverfassung nicht durch die Umstände beeinflussen lassen. Er muss über ihnen stehen. Er soll sich begnügen mit dem, was er ist und hat.
Dieses Wort und diesen Gedanken hat Paulus in das christliche Leben herübergenommen. Wer wirklich auf Gott, auf den lebendigen Gott vertraut, muss sich nicht durch die äusseren Lebensumstände beeinflussen lassen, sondern kann allezeit guten Mutes sein.
Es ist aber wahrlich nicht leicht, dies in die Praxis umzusetzen, wenn alles, was uns umgibt, gegen uns zu sein scheint. Darum teilt Paulus den Philippern mit, dass er diese Lektion auch selber habe lernen müssen (Phil 4,11). Er sagt nicht, hochmütig und von sich selbst eingenommen, er habe sich zu diesem hohen Standpunkt hinaufgearbeitet, nein, mit einem niedriggesinnten Herzen bekennt er, dass er durch Lebenserfahrung gelernt habe, sich zu begnügen. Ich habe einen Lehrmeister, so sagt er, der mich in allem unterwiesen hat: den Überfluss nicht zu missbrauchen oder auch mit frohem Herzen mich in den Mangel zu schicken. Dieses Sichbegnügen war das Geheimnis seines christlichen Lebens, in das er durch Christus eingeweiht worden war, der ihm gleichzeitig auch die Kraft dazu darreichte. Da der Apostel nun diese Lektion gelernt hatte, konnte er auch andere in dieser Tugend unterweisen. War er in dieser Lebenskunst nicht selber ein Vorbild? Im Gefängnis zu Rom schrieb er unter andern diesen Brief an die Philipper, der vom Anfang bis zum Ende von echter Freude zeugt, und worin er sich am Schluss vorstellt als einer, der nichts nötig hat, weil er alles empfangen hat. Timotheus unterweist er, dass «wenn wir Nahrung und Bedeckung haben», wir uns daran genügen lassen sollen, und dass die Gottseligkeit mit Genügsamkeit ein grosser Gewinn sei.
Es ist alles ganz persönlich, was wir hier aus dem Mund des Apostels Paulus gehört haben. Er legt den Nachdruck stark auf «ich». Das bedeutet jedoch nicht, dass er allein imstande war, diese Lektion zu lernen. Dieselbe Kraft, die er empfing, will Christus auch anderen geben. «Mein Gott», sagt er, «wird euch alles Nötige geben nach seinem Reichtum.»
Können wir eigentlich nicht allen bezeugen, dass wir so viel Gutes besitzen, wenn wir auch viele Dinge missen, die andere haben? Gott reicht uns alles «reichlich dar zum Genuss».

Halte fest 1958

Was hatten wir Menschen nötiger, als einen Retter, einen der in den Riß zwischen Gott und uns treten würde? Alles andere werden wir in der Ewigkeit erhalten. IHM sei alle Ehre und Preis.

„auf die Namen“? oder „auf den Namen“?

Und Jesus trat herzu und redete mit ihnen und sprach: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Gehet nun hin und machet alle Nationen zu Jüngern, und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.
Elberfelder 1871 – Mt 28,18–20

So geht denn hin-Mk 16,15-, macht alle Völker-Jes 52,10; Lk 24,47; Apg 2,38.39; Röm 10,18; Kol 1,23- zu Jüngern, indem ihr sie tauft in dem Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
Abraham Meister – Matthäus 28,19

Darum gehet hin und macht alle Völker zu (meinen) Jüngern-o: zu Schülern; aÜs: Nehmt alle Völker als Schüler.-: tauft sie auf den Namen-gen: entweder «in den Namen des Vaters hinein» oder «mit Bezug auf den Namen des Vaters»- des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes
Hermann Menge Übersetzung – 1926 – Matth 28,19

לְכוּ וַעֲשֹוּ לְתַלְמִידִים אֶת־כָּל־הַגּוֹיִם וּטְבַלְתֶּם אֹתָם לְשֵׁם־הָאָב וְהַבֵּן וְרוּחַ הַקֹּדֶשׁ׃
Delitzsch, hebräisches NT- Mt 28,19

πορευθέντες Aor. Ptz. Pass. (ohne bes. Pass.-Bdtg.) πορεύομαι, temp. (als Imp. + „und“ übers.; A291,1 Anm. 1). οὖν darum. μαθητεύσατε Aor. Imp. μαθητεύω zum Jünger machen, belehren; πορευθέντες οὖν μαθητεύσατε πάντα τὰ ἔθνη darum geht hin und macht alle Völker (d. h. Menschen aller Völker) zu (meinen) Jüngern od. darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern (NGÜ); diese Aufforderung ist zumindest an die Elf gerichtet, doch an die Elf als Jünger Jesu (V. 16), die ihrerseits ein Paradigma für alle Nachfolger Jesu bilden; es wäre aber durchaus mögl., dass hier bereits ein größerer Kreis v. Jüngern angesprochen ist (vgl. zu V. 10 u. 17; Carson, Mt, S. 595f). βαπτίζοντες Ptz. βαπτίζω, mod. wohl im Sinn eines (wichtigen) Begleitgeschehens zu bzw. einer Kennzeichnung v. μαθητεύσατε (gilt auch für διδάσκοντες V. 20, das entweder βαπτίζοντες od. m. diesem zusammen μαθητεύσατε begleitet bzw. kennzeichnet); μαθητεύσατε … βαπτίζοντες αὐτούς … διδάσκοντες αὐτούς … macht … zu meinen Jüngern, wobei ihr sie tauft … und sie (dabei) … lehrt … [Var. βαπτίσαντες Aor. Ptz.]. αὐτούς Mask.: sinngemäße Konstruktion (Bezug auf die Menschen aller Völker [A96; vgl. 25,32]). εἰς τὸ ὄνομα „in den Namen/mit Bezug auf den Namen“ = auf den Namen, d. h. wohl zur Übereignung an – o.ä. – (vgl. ThBNT 2, S. 962f) bzw. zur Bekundung der Zugehörigkeit zu.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

In der fünften Kategorie der Jüngerschaft lautet der Missionsbefehl in Matthäus 28,18-20 nicht, zu evangelisieren, sondern Jünger zu machen. Im griechischen Text gibt es nur einen Imperativ, nämlich Jünger zu machen. Dem Imperativ folgen drei untergeordnete Partizipialsätze: gehen, taufen, lehren. Sie buchstabieren die drei Elemente des Jüngermachens aus: erstens, hingehen bedeutet „evangelisieren“; zweitens, diejenigen taufen, die geglaubt haben; und drittens, alles lehren, was Gott geboten hat, denn Gehorsam ist das Kennzeichen eines Jüngers.

Arnold Fruchtenbaum – Die Herrschaft des Messias

Beachten Sie den scheinbaren Widerspruch, soweit es die Grammatik betrifft. Der Befehl lautet, zu gehen und auf den Namen zu taufen, und das Wort „Name“ steht in der Einzahl. Es heißt nicht: „im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“, was grammatikalisch korrekter gewesen wäre. Sondern es heißt: „im Namen von“. Das Wort Name ist Singular und betont die Einheit der Gottheit. Aber dann gehört dieser eine Name dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, was die Dreieinigkeit der Gottheit betont.

Arnold Fruchtenbaum – Die Dreifaltigkeit

Die Rabbinen pflegten für sich selbst »* Jünger « zu »machen«, die Anhänger Jesu dagegen sollen Jünger für Jesus gewinnen, nicht für sich selbst. Das »Zu-Jüngern-Machen« beinhaltet hier zweierlei: (1) Menschen zu taufen . Da die Taufe ein Akt der Bekehrung war (wenn Nicht-Juden zum Judentum bekehrt wurden), ist sie die feierliche Aufnahme in eine neue Glaubensgemeinschaft. (2) Sie die Gebote Jesu zu lehren, die Matthäus in seinem Evangelium festgehalten hat. Die Rabbinen gewannen Jünger, indem sie lehrten. Viele Juden außerhalb Palästinas versuchten auch, Proselyten unter den »Völkern« (der Begriff kann auch mit »* Nicht-Juden « oder »Heiden« übersetzt werden) zu machen. Doch nur wenige dieser Konvertiten genossen jemals unmittelbar die Unterweisung der Rabbinen. Von daher geht der Gedanke, Nicht-Juden zu vollgültigen Jüngern – Anhängern Jesu, die von ihm lernen und ihm dienen – zu gewinnen, weit über die jüdische Tradition hinaus. Jesaja hatte geweissagt, dass Israel in der Endzeit ein Zeuge für (oder gegen) die Völker sein wird (z.B. 42,6; 43,10; 44,8 ). Im jüdischen Schrifttum wird allein Gott als allgegenwärtig bezeichnet. Jesu Anspruch, er werde allezeit bei den Seinen sein, stellt in Verbindung mit seiner Nennung neben dem Vater in der Taufformel (die Juden tauften nicht im Namen von Menschen) die klare Bezeugung seines Gottseins dar.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Stein des Anstoßes

Euch nun, die ihr glaubet, ist die Kostbarkeit; den Ungehorsamen (O. Ungläubigen) aber: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein (W. Haupt der Ecke; Ps 118,22) geworden“, und „ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses“, (Jes 8,14) die sich, da sie nicht gehorsam sind, an dem Worte stoßen, (O. die sich, da sie dem Worte nicht gehorchen, stoßen) wozu sie auch gesetzt worden sind.
Elberfelder 1871 – 1 Petrus 2,7–8

Für euch, die ihr mit ihm lebt und ihm vertraut, ist dieser Stein superwertvoll. Für die Leute, denen das alles total egal ist, ist dieser Stein wertlos. Ich zitiere mal: „Der Stein, den die Bauarbeiter weggeworfen haben, der wurde zum Grundstein vom ganzen Haus. Alles musste sich nach ihm ausrichten. Er ist ein Stein, über den die Menschen stolpern, sie werden sich über ihn totärgern!“ Sie stolpern über diesen Stein, weil sie nicht so leben, wie Gott es will, weil sie nicht auf das vertrauen, was er sagt. So musste es ja auch kommen.
VolxBibel – 1 Petr 2,7–8

Euch nun, die ihr glaubt, winkt die Ehre, dem Ungläubigen aber „ist der Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Schlußstein geworden“ und zum Steine des Anstoßes und zum Felsen des Ärgernisses. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Worte nicht gehorchen; dazu sind sie nun allerdings ja auch bestimmt.
Grünwald-Bibel – 1 Petr 2,7–8

ὑμῖν οὐν ἡ τιμή (auf den wertvollen Stein bezogen) euch nun gilt sein Wert od. (als Gegensatz zur Schande) euch nun wird die Ehre zuteil (vgl. B 2b). πιστεύουσιν Ptz. πιστεύω, attr. bzw. subst.; App. zu ὑμῖν (A303) euch, die ihr glaubt. ἀ-πιστοῦσιν Ptz. ἀ-πιστέω ungläubig sein; subst.; dat. commodi (A173). ἀπ-ε-δοκίμασαν Aor. ἀπο-δοκιμάζω V. 4. οἰκο-δομοῦντες Ptz. -δομέω, subst. Bauleute. ἐ-γενήθη Aor. Pass. γίνομαι. εἰς für Präd.-Nominativ (A81). κεφαλή hier übertr. v. Sachen: Oberstes, Äußerstes, Ende, Spitze; κεφαλὴ γωνίας Eckstein (Grundstein an der äußersten vorderen Ecke) (B 2b; EWNT 1, Sp. 646f). γωνία Ecke; Winkel.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament


Deswegen steht in der Schrift: Sieh, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein, und der, der an ihn glaubt, wird nicht beschämt (Jesaja 28,16). Darum habt ihr, die ihr glaubt, die Ehre; für die aber, die ungläubig sind, gilt: Der Stein, den die Bauenden verwarfen, wurde zum Eckstein, und: Er ist ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses (Psalm 118,22; Jesaja 8,14); sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen, und dazu sind sie gesetzt. Wie wir in Gott den Vater und den Richter haben, so tut auch Jesus gleichzeitig das Werk der Gnade und das des Rechts, und beides teilte ihm die Schrift dadurch zu, daß sie ihn mit dem Stein verglich. Denn der Stein trägt den Bau, der auf ihm steht, womit das Heilandsamt Jesu beschrieben ist, daß er aus uns Gottes Gemeinde macht. Er ist aber auch der Stein, an dem man sich stößt und fällt, womit das richterliche Amt Jesu dargestellt ist, durch das er Gottes Recht gegen die vertritt, die Gott verwirft. Auch dies kommt in der Sammlung der Gemeinde zur Offenbarung. Denn sie umfaßt nicht alle, sondern kommt dadurch zustande, daß Jesus die vereint, die an ihn glauben, und sie von denen trennt, die ihn verwerfen. Obwohl Petrus Israel nicht nennt, war doch allen seinen Lesern klar, was für Ereignisse ihn zu diesem Wort bewogen.

Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

Der Beginn dieses Verses steigt für einen Moment aus dem Florilegium der Zitate aus, schafft einen Bezug zwischen den Adressaten und dem Zitat von Jes 28,16 und leitet zugleich zum nächsten Zitat über. Er spricht die Adressaten an als die, die glauben. Sie können einstimmen in das Urteil Gottes über den Gesalbten, denn für Gott ist der „Stein“, den Menschen verworfen haben, „auserwählt wertvoll“ (vgl. 2,4.6), für die Glaubenden ist er dem entsprechend der Inbegriff von Wert (zu „hē timē“ vgl. den absoluten Gebrauch von Gerechtigkeit in 2Kor 5,21 und Beschneidung in Phil 3,3). Das Nomen hē timē lässt sich auch als Subjekt des Satzes deuten: Für euch, die ihr glaubt, gibt es die Ehre. Damit wäre ausdrücklich gesagt, was sich aus dem Gedanken in Vers 6 folgern ließ: Wer sich nicht positiv zum Gesalbten stellt, wird zuschanden, aber für die, die glauben, wird es (am Ende) Ehre geben. Für die anderen aber, die nicht glauben, ist der Gesalbte „der Stein, den die Bauleute verworfen haben“, der Stein, mit dem sie nichts anfangen konnten.
Damit ist der Anschluss für das zweite Zitat geschaffen, das zunächst dem LXX Text von Ps 118,22 folgt.227 Dazu gehört auch der Kontrast: Der Stein, der bautechnisch völlig unbrauchbar schien, ausgerechnet der ist zum „Haupt der Ecke“ geworden. Mit diesem Ausdruck ist entweder ein besonders schöner Stein gemeint, den man darum in die Ecke des Hauses einbaut, damit man ihn von zwei Seiten sehen kann (Mezudat David), oder aber ein großer (und schöner) Stein, der die übrigen Steine des Hauses zu tragen vermag (Kimchi). Der Kontext, in den der 1Petr dieses Zitat stellt, betont vor allem den Kontrast zwischen dem, was die Bauleute von dem Stein dachten (und darauf liegt hier der Ton228), und dem, was Gott daraus gemacht hat.229 In der Parallele zu Vers 6 könnte man aber auch hier die positive Bedeutung des Steins für die Gläubigen anklingen hören (er ist für sie zum Eckstein geworden).

Vahrenhorst – Theologischer Kommentar zum Neuen Testament


Euch nun, die ihr glaubet, ist er köstlich. Zuerst bezeichnet Gott den Herrn Christus als einen auserwählten und köstlichen Stein; nun schließt der Apostel daraus, dass er ein solcher auch für uns sein wird. Denn sicherlich wird hier Christus beschrieben, wie wir in durch die Erfahrung des Glaubens ergreifen, und wie er sich uns durch wahrhaftige Beweise dartut. Darum wollen wir uns diese Folgerung fleißig einprägen: Christus ist vor Gott ein auserwählter Stein, also ist er es auch für die Gläubigen. Denn allein der Glaube enthüllt uns den Wert und die herrliche Bedeutung Christi. Weil aber der Apostel dem Anstoß begegnen will, der uns aus dem Vorhandensein einer so großen Schar von Gottlosen erwächst, fügt er alsbald einen weiteren Satz betreffs der Ungläubigen hinzu: wenn sie Christus verschmähen, können sie ihm doch nicht die Ehre nehmen, welche der Vater ihm verliehen hat. Dafür wird ein Vers aus dem 118. Psalm beigebracht (V. 22): der Stein, den die Bauleute verworfen haben, soll dennoch als Eckstein aufgerichtet werden. Daraus folgt, dass Christus wider den Willen seiner Feinde seinen Ehrenplatz behauptet, welchen der Vater ihm angewiesen hat. Zwei Gedanken sind hier bemerkenswert. Erstlich: Christus musste von denen verworfen werden, welche das Regiment in der Gemeinde Gottes führten. Zum andern: ihre Anstrengungen werden vergeblich sein; denn es muss erfüllt werden, was Gott beschlossen hat, dass Christus als Eckstein das Gebäude tragen soll. Dass aber die Psalmstelle in ihrem wahren und eigentlichen Sinn von Christus verstanden werden muss, bezeugt nicht nur der heilige Geist, sondern auch Christus selbst, der sie so auslegt (Mt. 21, 42). Ohne Zweifel war dieses Verständnis von den Vätern her überliefert. War David zu seiner Zeit der verworfene Stein, so dürfen wir doch als zugestanden annehmen, dass er nur schattenhaft darstellte, was in Christus erfüllt ward. Es konnte die ungefestigten Gläubigen ins Schwanken bringen, dass alle Priester, Älteste und Lehrer, welche allein die Gottesgemeinde darzustellen schienen, Christi Feinde waren. Diesen Anstoß will Petrus beseitigen, indem er darauf hinweist, dass David längst zuvor bezeugt hat, was die Gläubigen jetzt vor Augen sehen. Damit wendet er sich zunächst an die Juden; aber auch heute ist seine Erinnerung nicht minder nützlich. Denn Christi grimmigste Feinde maßen sich die oberste Stellung in der Kirche an und verfolgen mit satanischer Wut sein Evangelium. Der Papst nennt sich seinen Stellvertreter: und doch sehen wir, wie heftig er ihm widerstrebt. Solches Schauspiel kann schlichte und unerfahrene Leute verwirren, weil sie nicht bedenken, dass nur geschieht, was David vorausgesagt hat. Es ist nun ein geläufiges Bild, das bürgerliche oder geistliche Regiment als ein Gebäude darzustellen. Im weiteren Verfolg desselben bezeichnet David diejenigen als Bauleute, welchen das Amt und die Macht der Regierung anvertraut sind, – nicht als ob sie richtig bauten, sondern weil sie den Namen haben und mit rechtmäßiger Gewalt begabt sind. Daraus folgt, dass die Amtsträger keineswegs immer treue und wahre Diener Gottes sind. Es ist also vollkommen lächerlich, wenn der Papst und die Seinen sich die oberste und unzweifelhafte Autorität anmaßen, weil sie die rechtmäßigen Vorsteher der Kirche seien. Ihr Beruf zur Regierung der Gottesgemeinde ist nicht im höherem Grade rechtmäßig, als der Beruf eines Heliogabal (ausschweifender und unwürdiger römischer Kaiser, 218 bis 222 n. Chr.) zur Regierung des Reichs. Aber geben wir ihnen einmal zu, was sie unverschämter Weise beanspruchen, dass sie rechtmäßig berufen seien, so sehen wir doch, was David von den rechtmäßigen Vorstehern der Kirche weissagt: Christus wird von ihnen verworfen. Sie bauen also eher einen Schweinestall als einen Tempel Gottes. Es folgt aber auch das andere Stück: alle Großen mit ihrer stolzen Macht und Würde werden Christus nicht von seinem Platze stoßen.

Calvin

„der Mensch“

Da kam Jesus nach draußen, wobei er die dornige Krone und das purpurrote Obergewand trug. Und er sagt zu ihnen: „Siehe!, [da ist] der Mensch.“
Leonberger Bibel – Johannes 19,5

Also ging Jesus heraus, und trug die Dornenkrone und den Purpurmantel, und er sprach zu ihnen: Seht, wie ist dieser Mensch zugerichtet!
Piscator-Bibel – Joh 19,5

Jesus nun ging hinaus, die Dornenkrone und das Purpurkleid tragend. Und er spricht zu ihnen: Siehe, der Mensch!
Elberfelder 1871 – Johannes 19,5

Wenn Sie in Oxford das Ashmolean-Museum besuchen, werden Sie viele Schätze und wunderschöne Gegenstände aus weit entfernten Ländern und lange vergangenen Jahrhunderten sehen. Als ich jedoch das letzte Mal dort war, wurde ich auf eine ganz besondere Reihe von Gegenständen aufmerksam. Sie waren nicht besonders schön oder einzigartig, aber sie erzählten eine Geschichte, die ich so nie zuvor wahrgenommen hatte.
Diese Gegenstände waren Statuen. Sie stehen in der Haupthalle des Museums. Es sind Statuen der römischen Kaiser und ihrer Familien. Im Grunde nichts Ungewöhnliches. Sie sind natürlich für Historiker der Antike interessant, aber die meisten Menschen schauen sie sich an und denken vermutlich: „So also hat Tiberius (oder Gaius oder wer auch immer) ausgesehen.“
Mir stach jedoch ins Auge, wo diese Statuen gefunden worden waren, bevor man sie nach Oxford gebracht hatte. Sie stammten aus dem gesamten Römischen Reich – abgesehen von Rom. Der Kaiser und seine Familie lebten schließlich immer in Rom. Dort gab es weniger Bedarf für Statuen (obwohl es natürlich auch dort einige wenige gab). Aber in den Provinzen – in Gallien (heute Frankreich), Griechenland, Kleinasien (heute Türkei), Ägypten und mehreren anderen Orten – stellten sie Statuen auf. Überlebensgroße Bilder des Kaisers und seiner direkten Familie.
Warum?
Sie wollten damit den Menschen vor Ort zeigen, wer ihre Herrscher waren. Die Römer waren nicht die Ersten oder Letzten, die so etwas taten. Sie stellten Bilder auf, Bilder von sich, damit die Menschen vor Ort sie anschauen und sich sagen konnten: Dieser Mann herrscht gerade über uns. Dies ist der Mann, dem wir Gefolgschaft schulden. Dies ist der Mann, der Frieden und Gerechtigkeit in die Welt gebracht hat.
(Und vielleicht fügten sie hinter vorgehaltener Hand hinzu: Dies ist der Mann, dem wir viel zu hohe Steuern bezahlen müssen. Dies ist der Mann, dessen Armee alle unsere kampffähigen Männer ermordet hat! Dies ist der Mann, den wir gerne loswerden würden!)
Die Vorstellung, dass man ein Bild von sich in einem Land aufstellt, das man beherrscht, ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis des allerersten Kapitels der Bibel. In 1. Mose 1 erschafft Gott den Himmel und die Erde. Er macht das Meer, das trockene Land, die Pflanzen, die Fische, die Vögel und die Tiere. Dies ist seine Welt. Dies ist die Welt, über die er nun herrscht. Dies ist die Welt, von der er möchte, dass sie auf ihn mit Liebe und Dankbarkeit antwortet.
Also stellt Gott ein Bild in diese neue Welt, eine Statue von sich selbst. Weil Gott jedoch ist, wer er ist, handelt es sich nicht um eine Statue aus Stein oder Holz. Sie ist selber ein lebendiges Wesen, den Tieren ähnlich, aber doch auch ganz anders. Dieses Bild hat einen ganz konkreten Auftrag: Gott kann durch dieses Bild weise und liebevoll über seine neue Welt herrschen und die Schöpfung, die sich der Herrschaft dieses Bildnisses unterordnet, kann ihn, ihren Schöpfer, richtig ehren.
Dieses Bild ist natürlich die Menschheit (1. Mose 1,26–28). Zum Bilde Gottes schuf er sie, und er schuf sie als Mann und Frau. Gott gab ihnen die Anweisung, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren und sich um den Garten und die Tiere zu kümmern. Während der sechs Tage der Schöpfung in 1. Mose wird die Menschheit am sechsten Tag erschaffen. Danach ruhte Gott sich aus, denn das Werk war vollendet.
Die Autoren des Alten Testamentes wussten, dass dieses Bild der Menschheit, die unter seiner Herrschaft die Welt Gottes beherrschen, also Gottes weise Haushalterschaft über die Schöpfung offenbaren und ausüben sollte, ihrem Bild von einem vorbildlichen König recht ähnlich war. Wenn wir Schriften wie Psalm 8 lesen, ist manchmal tatsächlich schwer zu sagen, ob dort über die gesamte Menschheit oder den König oder beide nachgedacht wird. In manchen „Weisheitsschriften“ im Alten Testament und späteren Judentum kommt ebenfalls beides zusammen. Man braucht die Weisheit, um ein wahrhaft menschliches Wesen zu sein; aber es ist der König, der die eigentlich weise Person ist, und Salomo ist dafür das beste Beispiel.
Wir erkannten zu Beginn des Johannesevangeliums, dass der lange und sorgfältig formulierte Prolog, der die Geschichte von Schöpfung und Neuschöpfung erzählt, unser Augenmerk auf Vers 14 lenken soll. In Johannes 1 ist Vers 14 das Gegenstück zu 1. Mose 1,26–28. „Das Wort wurde Fleisch und lebte unter uns.“ Der Eine, der bei Gott war, der Eine, der Gott war, der an der Seite des Vaters war und dessen Charakter und Liebe widerspiegelte, wurde Mensch. Es hätte nichts Treffenderes geschehen können. Es war wie der sechste Tag der Schöpfung, nur noch überhöht.
Wir haben jetzt also die römischen Kaiser und die Schöpfungsgeschichten im Kopf und befinden uns nun an einem Freitagmorgen, am sechsten Tag der Woche. Wir schauen auf den römischen Herrscher und seinen speziellen neuen Gefangenen. Er weist die Soldaten an, ihn wie eine Art König einzukleiden: die Dornenkrone und die Tatsache, dass sie ihn ohrfeigen, sagen uns, was sie von einer solchen Behauptung halten. Dann spricht Pilatus die Worte, die uns bis heute noch nachgehen: „Seht: Hier ist der Mensch!“
Hier ist der Mensch! Hier ist das wahre Abbild des wahren Gottes. Hier ist der Eine, der die Weisheit Gottes in die Welt gebracht hat. Hier ist die lebendige Verkörperung Gottes, der Eine, der den unsichtbaren Gott sichtbar gemacht hat. Hier ist der König. Hier ist die atmende Statue des Herrschers über alles, und sie ist mitten in die Welt des Herrschers hineingestellt, damit die Menschen erkennen können, wer ihr wahrer Herr ist. Doch diese rebellischen Untertanen können nichts anderes tun als ihn verspotten und schlagen und lautstark sein Blut fordern. Er hat sich selbst zu Gottes Sohn gemacht, sagen sie!
Nun, die Leser des Johannesevangeliums wissen inzwischen, dass Jesus sich tatsächlich wie der Eine verhalten hat, der rechtmäßig Gott in der Welt widerspiegelt. Dass er den Vater ganz persönlich kennt und dass er seinen Freunden Anteil an dieser Kenntnis gibt, ist entweder ein Bündel von Lügen oder die Wahrheit. Aber – und hier ist das Neue, das in 1. Mose nicht erwähnt wird – auch alle diese Dinge, diese Unterstellungen, diese Anklagen, diese Dornenkrone (die scharfen Kanten der Schöpfung, die das Blut des Herrn der Schöpfung fordern): All dies ist Teil dessen, was es heißt, das Ebenbild Gottes zu sein, das in ein Gebiet gestellt ist, das Gott gehört, aber gegen ihn rebelliert. „Er war in der Welt.“ Wir verstehen nun, was Johannes mit „der Welt“ meint; dieser kurze Satz sagt alles.
Insbesondere wird hier gesagt, dass der lebendige, liebende Gott höchstpersönlich kommt, in der Person seines eigenen Sohnes, um unter uns Rebellen zu leben, in der Welt, die er erschaffen hat und immer noch liebt. Die für ihn angemessene Gestalt ist nicht die des Superhelden, der mit Ross und Reiter durch den rebellischen Staat fegt und die Rebellion in einer Feuersbrunst der Herrlichkeit niederschlägt. Die ihm angemessene Form – die Art von lebendiger Statue, die seinen Untertanen trotz ihrer Boshaftigkeit erzählt, wer er ist – hat Jesus nun angenommen: Der König der Juden, mit Dornen gekrönt. Der unschuldige König, der wahre Mensch, derjenige, der die Wahrheit sagte und der Gotteslästerung angeklagt wurde. „Hier ist der Mensch!“
Diese Worte schweben über dem gesamten Kapitel 19, während Jesus zum Kreuz geht. Hier, so sagt uns Johannes, ist die wahre Widerspiegelung Gottes. Dies ist die eigentliche Bedeutung des Satzes, dass Jesus, das ewige Wort, unser Fleisch annahm. Schaut auf diesen Mann, und ihr erkennt euren lebendigen, liebenden, gebrochenen und blutenden Gott.

Wright – Johannes für heute, Das Evangelium

Menschlichkeit war das, was im Römer edel war und das Raubtier in ihm bändigte. Sogar der Jude war für den Römer noch Mensch; sogar der mit Dornen gekrönte Christus war es. Achtet den Menschen, sagt Pilatus, entehrt ihn nicht noch mehr; er hat genug gelitten und für sein wahnsinniges Königtum eine harte Buße bezahlt, da er die Dornenkrone trägt. Aber an den Juden prallt der Appell an die Menschlichkeit ab. Gott! das ist der Kampfruf, der Pilatus entgegentönt. Gottes Ehre wird verteidigt, Gottes Gesetz gehandhabt. Der, der sich an Gott vergangen hat, muß sterben. Weil wir zwischen unfrommer Menschlichkeit und unmenschlicher Frömmigkeit schwanken, trug Jesus das Kreuz. „Der Mensch!“ Jesus widersprach nicht; er bekennt sich zu uns, sucht uns, verzeiht uns, heilt uns und bringt uns zu Ehren; dies tut er aber als der, der Gott gehorcht und sich uns zum Heil für Gott geheiligt hat.

Schlatters Erläuterungen zum Neuen Testament

Als hierauf Jesus ‚zur Königskarikatur verkleidet‘ (Mey.) herauskam, sprach Pilatus weiter: „Siehe da der Mensch“ (ἰδοὺ ὁ ἄνθρωπος ecce homo). Die Jammergestalt des Gegeißelten solten sie ansehen, um sich zu überzeugen, daß dieser Mensch nicht des Todes schuldig sei. Nicht daran, daß Jesus sich so hatte zurichten und aufputzen lassen, solten sie erkennen, daß er ein ungefährlicher Schwärmer oder unschädlicher Mensch sei, den zu tödten keinen Sinn habe (Lthdt., Weiß). Denn auch ein sehr gefährlicher Schwärmer muß sich, wenn er der Gewalt roher Soldaten preisgegeben ist, solches gefallen lassen. Vielmehr solten sie dies an der still duldenden Ergebung, welche Jesus in dieser schmerzlichen und schmachvollen Behandlung bewahrte, erkennen. Ein Schwärmer oder Verbrecher würde bei solcher Mißhandlung Zorn, Wuth, Troz oder tiefe Niedergeschlagenheit und Verzagtheit zu erkennen geben. Richtig erklärt Hngstb.: ‚Diesen Menschen, der kein Mensch mehr ist (Jes. 53), ein Wurm und kein Mensch (Ps. 22,7) in seinem tiefsten Elend und dabei leuchtend von Unschuld und Gerechtigkeit, still und geduldig in seinem Leiden wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, das verstumt vor seinen Scherern — meinte Pilatus, von sich auf andere schließend — dürfen sie nur anschauen in seiner unschuldsvollen Leidensgestalt und sie werden in sich schlagen und ihren Haß fahren lassen.‘ Aber Pilatus wurde in seiner Erwartung getäuscht. Er kante nicht die Tiefen der menschlichen Bosheit und des religiösen Fanatismus, und solte erfahren, daß es — wie Quesnel (bei Hngstb.) bemerkt — ‚eine schlechte Politik ist, wenn man es unternimt die Welt zu gewinnen, indem man ihr einen Teil desjenigen bewilligt was sie verlangt, und wenn man meint seiner Pflicht zu genügen, indem man ihr das andere verweigert.‘

Keil – Commentar über das Evangelium des Johannes

Pilatus, indem er Christum in der höhnischen Vermummung wieder vorführt, billigt die Mißhandlung, wenn sie auch nicht gerade auf sein Geheiß geschehen war. Was will er damit? Indem er den gegeisselten und verspotteten Mann darstellt, erklärt er zunächst, er halte damit die Sache für abgemacht. Die Juden sollten schließen, daß, wenn er die Anklage für gegründet gehalten hätte, er anders verfahren seyn würde. Aber indem er durch den dargestellten Spott die Anklage der Juden lächerlich macht, verfehlt er seinen Zweck, wie vorher 18, 39. — Nach einer Pause (καὶ λέγει s. 11, 11.) scheint es, ruft er V. 6. (V. 5. ist Parenthese): Ἴδε ὁ ἄνθρωπος, siehe da, der (wehrlose, gemißhandelte) Mensch! Was heißt, was soll dieß? Wird er durch das Geschrey V. 6. unterbrochen, daß er nicht ausreden kann? Oder sagt die Action vollständiger, was er will? Entweder liegt darin, ein solcher ist kein König, kein Aufrührer. In diesem Falle stimmt das kurze Wort mit der Erklärung V. 4. und bestätigt sie. Oder er will damit Mitleiden erregen. Bey dem ungleichen, zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit getheilten Betragen des Pilatus ist schwer zu sagen, was er bestimmt meint. Deutlich sieht man nur, er sucht auch auf die Weise Jesum zu befreyen. Ein edler, von der hohen Erscheinung Christi wirklich ergriffener Römer hätte bey der Gewalt, die Pilatus hatte, entschiedener und zweckvoller gehandelt. Der Anblick des Gehaßten und der Spott des Landpflegers reizen die Hohenpriester und Diener von Neuem; sie rufen ein Mahl über das andere: Kreuzige, Kreuzige ihn! Vielleicht schwieg das Volk jetzt, augenblicklich von Mitleiden ergriffen. — V. 4. liest Lachmann καὶ ἐξῆλθεν πάλιν nach ABKL u. a. Auf jeden Fall ist die recepta οὖν unecht. V. 6. haben Griesb. und Lachm. αὐτὸν nach dem zweyten σταυρ, in den Tert aufgenommen. Hier stehen gegen B, der es ausläßt, ADEKMS u. a. Da Pilatus, erzürnt darüber, daß nichts fruchtet, von Neuem erklärt, sie möchten Jesum auf ihre Verantwortung hinrichten, er halte ihn (nach Römischem Gesetz) für unschuldig, so ändern die Juden die erste politische Form der Anklage (βασιλ. τ. Ἰουδ.), und indem sie antworten: Wenn auch Du (nach Römischem Gesetz) kein todeswürdiges Verbrechen an ihm findest, so haben doch wir ein Gesetz, und nach unserem Gesetze (vergl. Levit. 24, 16.) muß er als Gotteslästerer sterben, da er sich zum Sohne Gottes gemacht hat, (der er nicht ist), — geben sie der Klage einen rein national religiösen Charakter. König der Juden und Sohn Gottes war dasselbe. Aber durch den veränderten Ausdruck bringen sie ihre religiöse Autonomie mit ins Spiel. Damit nehmen sie das jus gladii nicht in Anspruch, aber es lag darin eine mittelbare Nöthigung für Pilatus, das Jüdische Auto da fe anzuerkennen. Dieß würde nun auch Pilatus vielleicht ohne Weigerung gethan haben, wenn nicht den heidnischen Mann, der sich der Religion nicht ganz entschlagen konnte, bey dem Namen υἱὸς θεοῦ eine heimliche Furcht ergriffen hätte, daß er vielleicht mit einem Göttersohne zu thun habe. Nach Matth. 27, 19. kam dazu die Warnung seiner Gemahlin, die ein Traum wegen der Sache geängstigt hatte. Wenn diese Warnung wirklich vorherging, so könnte man darauf μᾶλλον ἐφοβήθη V. 8. beziehen. Aber nach Joh., der nichts davon weiß, versteht man dieß richtiger davon, daß Pilatus schon bisher eine gewisse Scheu gezeigt hatte, Jesum zum Tode zu verurtheilen. V. 7. läßt Lachm. ἡμῶν nach νόμον aus, nach BDL Vlg. It. Orig. Hil. Es lag näher, es einzuschalten, als wegzulassen. Τοῦ vor θεοῦ hat schon Griesb. nach den meisten Handschriften getilgt.

Lücke – Commentar über das Evangelium des Johannes

Das Verhör des Statthalters hat zu einem Urteil geführt: nicht schuldig ( 18,35-38 a). Unter normalen Umständen wäre es dabei geblieben.
Joh 19:5 : Die Verkleidung als König – wie in dem Fall des Alexandriners, der in seiner Verkleidung Agrippa I. lächerlich machte (s. die Ausführungen zu 19,2 ) – präsentiert Jesus dem Mob nicht als wahren König, sondern als harmlosen Narren. Der Titel »Mensch« bildet einen ironischen Gegensatz zu dem gegen Jesus erhobenen Vorwurf, »Gottes Sohn« sein zu wollen ( 19,7 ), und ist vielleicht ebenfalls als Verhöhnung gedacht, wie auch der Ausruf »Seht, welch ein Mensch« eine Abwandlung von »Siehe, euer König« (vgl. die Wendung am Anfang des Evangeliums, 1,29 ).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Das ist Jesus! Das ist Gottes Lamm, das die Sünde der Welt trägt. Das ist „der Herr der Herrlichkeit“, nun blutend, zerschlagen, eneutestamentlichenellt – für uns. Aber gerade hier ist es wahr, dass seine Erniedrigung seine „Erhöhung“, seine „Verherrlichung“ ist. In seiner ganzen Hoheit steht er dort und trägt den Königsmantel und die Königskrone. Und diese Krone aus Dornen wird noch strahlen, wenn alle Kaiserkronen der Welt dahin sind. Vor dem verhöhnten, blutenden König beugen sich in Ewigkeit unsere Knie in reiner und völliger Unterwerfung.
Pilatus weist auf Jesus hin. „Und er sagt zu ihnen: Da ist der Mensch! (wörtlich: Seht, der Mensch.)“ Dieses Wort des Pilatus ist ein Appell an die Menschlichkeit. Das aufreizende Wort vom „König der Juden“ braucht Pilatus jetzt nicht mehr. Es ist nur noch „der Mensch“, der da vor ihnen steht. Totenblaß nach der Geisselung, leidend, zerschlagen. Können sie gegen den „Menschen“ nicht menschlich sein? Sind sie jetzt nicht mit einer Begnadigung einverstanden? Hier wird etwas von dem „Humanismus“ sichtbar, der sich im griechisch-römischen Altertum in Jahrhunderten gebildet hatte und nun |200| willkürlich selbst einen Mann wie Pilatus beeinflußte. Es wird freilich zugleich deutlich, dass dieser „Humanismus“ nicht überschätzt werden darf. Zu einem wirklichen Einsatz für den „Menschen“ bringt es Pilatus nicht!
Das Wort des Römers ist tiefer, als er selbst weiß. „Seht, der Mensch“ – ja, so ist der Mensch in seiner ganzen Wahrheit. Er will ein „König“ sein und ist doch nur der ohnmächtige, leidende, sterbende Mensch. Aber gerade mit diesem „Menschen“ macht Jesus sich solidarisch. So, als „der Mensch“ will er dastehen in der Tiefe des menschlichen Elends. Jetzt wird es bis zum Äußersten wahr, was Johannes uns am Anfang seines Evangeliums grundlegend sagte. „Das Wort wurde Fleisch“ (1,14).
Freilich, es kommt nun alles darauf an, wer dieser „Mensch“ dort ist. Wenn hier nur ein edler, aber schwärmerischer Mann steht, der die Welt nicht richtig eingeschätzt hat und das nun in einem grausamen Ende büßen muss, dann ist das zwar Mitleid erregend, aber es ist dann nur einer der ungezählten Fälle, in denen Unrecht gelitten wird. Ähnliche Schicksale in unsern Tagen ständen uns dann viel näher. Darum gibt es kein „Evangelium“, das nur Passionsgeschichte wäre. Auch Johannes hat uns erst durch siebzehn Kapitel hindurch Jesus in seinem Reden und Tun, in seiner Person und seinem Wesen gezeigt, ehe er nun vor unsern Augen Jesus so „herauskommen“ läßt. Und nun erst unterscheidet sich sein Leiden von allem andern Leiden in der Welt, so sehr es zugleich die Solidarität mit allen Leidenden festhält. Dieser gegeisselte Spottkönig ist der Heilige Gottes, der einzige Sohn, das ewige Wort des Vaters. So behandelt die Welt den heiligen Gott, wenn er als Mensch in unsere Mitte tritt A. Sie tut es gerade dann, wenn sie im Volk Israel zur „frommen“ Welt, zu einem, Volk der Religionen“ geworden ist B.

Wuppertaler Studienbibel

Wir sind zu einer der ergreifendsten Szenen der Leidensgeschichte unseres Herrn gekommen. «Siehe, der Mensch!» Es war ein Mensch, der dort stand, doch nicht einer wie du und ich.
Ströme von Opferblut hatten die Erde genetzt, seitdem die Sünde sie unter den Fluch gebracht hatte, aber die «Abbilder und Schatten» hatten diesen Fluch nicht beseitigt, hatten am Zustand des von Gott abgefallenen Menschen nicht das mindeste ändern und nicht eine einzige Sünde «wegnehmen» können. «Unmöglich» konnte das «Blut von Stieren und Böcken» (Heb 10,1-4) dies, und der Aufrichtige fühlte es: Die Opfer brachten ihm nur immer wieder das, was er getan und was er vor Gott war, in Erinnerung. Kein Weg führte ihn in das von der «Flamme des kreisenden Schwertes» (1 Mose 3,24) verwahrte und dann von der Erde verschwundene Paradies zurück, keine Brücke überbrückte die tiefe Kluft zwischen Gott und Mensch, keine Möglichkeit war da, die verloren gegangene Verbindung wieder anzuknüpfen. Mit anderen Worten: Der Zustand des Menschen war hoffnungslos, nur von aussen konnte Hilfe kommen.
In diesem Zusammenhang finden wir nun das Wort: «Siehe, ich komme (in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben), um deinen Willen, o Gott, zu tun» (Heb 10,7), das ist, um das Werk der vollkommenen, ewigen Erlösung zu vollbringen. So wurde Er «in allem den Brüdern gleich» und hat «an Blut und Fleisch teilgenommen» (Heb 2,10ff.); so «machte er sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er in Gleichheit der Menschen geworden ist» (Phil 2,7), ja, «in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde» (Röm 8,3)!

Halte fest 1968

Es ist nach Joh 18,29 und Joh 18,38 das dritte Mal, dass Pilatus zu den Juden »hinausging«. Er kündigt das Erscheinen des geschlagenen und verhöhnten Jesus an: »Siehe, ich bringe ihn euch heraus.« Aber was soll die Fortsetzung: »damit ihr erkennt, dass ich keine Schuld an ihm finde?« Die Ausleger sind hier uneins. Nach Bornhäuser z. B. sagt Pilatus: »Ich lasse ihn frei, damit ihr erkennt« usw. Schlatter schreibt: »Ein Christus, der den grimmigen Hohn des soldatischen Antisemitismus wehrlos leidet, ist ungefährlich, also unschuldig.« Nach Schneider will Pilatus die Juden zu einer Änderung ihrer Meinung bringen, indem er ihnen zeigt, »dass Jesus alles andere als eine starke politische, auf den Umsturz der bestehenden Verhältnisse bedachte Persönlichkeit ist«. Oder will Pilatus sagen, dass er trotz der Folter »keine Schuld« feststellen konnte (Apg 22,24 !)? Beachtet man den Zusammenhang, dann liegt folgende Annahme nahe: Pilatus will an dem gegeißelten und verspotteten Jesus demonstrieren, dass man ihn unmöglich anklagen kann, »König der Juden« sein zu wollen. Eine so erbärmliche Gestalt kommt dafür nicht in Frage.

Der nächste Vers (V. 5) hat der ganzen Szene die Bezeichnung »Ecce homo« verschafft. Denn dies ist die lateinische Form des »Sehet, welch ein Mensch!« (Luthertext) und wurde mit der lateinischen Bibel weltbekannt. Schaut man sich diesen Vers genauer an, dann ist man überrascht über die Fülle der Aussagen, aber auch von der Tiefgründigkeit des Evangelisten.

»Da kam Jesus heraus«: Ein Wink des Pilatus, und die Soldaten führen ihn dem Publikum vor. Ein völlig preisgegebener Mensch! muss jeder Zuschauer denken. Er, der die Welt schuf, wirkt wie eine Marionette in der Hand eines zweitklassigen römischen Provinzgouverneurs. »Heraus« muss er auf den Vorplatz vor dem Herodespalast, vermutlich auf eine Art Tribüne. Wir sind sozusagen auf dem Schlossplatz Jerusalems.

Und wie er aussieht! Die größte Knappheit im Bericht des Evangelisten schuf ein unvergesslich einprägsames Bild: »wobei er die Dornenkrone und den purpurfarbenen Mantel trug.« Eine Spottfigur tritt auf die Tribüne. Die Gottheit, die Herrlichkeit, die Jesus beim Vater hatte – Welten sind sie entfernt. Die Disteln hängen auf dem Haupt, der Leib ist blutverkrustet. Der Purpur, den er im Gleichnis benutzte, um die Gottlosigkeit zu zeichnen (Lk 16,19), hängt auf seinem geschundenen Leib. Der Mantel verhüllt gnädig die Striemen, dies aufgerissene, zerschlagene Fleisch seines Körpers. Es ist der Mantel des Soldaten, des irdischen Feldherrn und Königs, der er niemals sein wollte (Joh 6,15). Der Sohn, von dem Gottes Stimme sagte: »Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe« (Mt 3,17; 17,5), ist jetzt einer, »der zutiefst erniedrigt, geschändet und lächerlich gemacht worden ist« (Joh. Schneider).

Es wäre gefährlich, wenn wir nur die Rolle des Zuschauers spielten, gewissermaßen in die Haut der draußen wartenden Juden schlüpften. Man muss hier ununterbrochen auch die Innenseite wahrnehmen. Diese Innenseite ist in den Hymnen und Liedern der alten Kirche lebendig. Ein Beispiel bildet der altkirchliche Hymnus: »Vor dem die Sterne neigen sich, du kamst ins Fleisch demütiglich, darin zu leiden williglich« (EKG 72, 3). Oder Ernst Christoph Homburgs Zeilen: »Du hast wollen sein geschlagen, … dass ich könnte sicher sein; dass ich möchte trostreich prangen, hast du sonder Trost gehangen« (EKG 65, 5). Wir wissen nicht mehr, was Jesus damals fühlte, als er den Vorplatz betrat. Aber wir kennen seine Perspektive, an die uns jene Lieder erinnern: Für ihn geht jetzt der große Erlösungsplan des Vaters in Erfüllung.

Rätselhaft ist das Wort, mit dem Pilatus auf diesen Jesus hinweist: »Seht, der Mensch!« Zweimal hat er schon betont: »Ich finde keine Schuld an ihm« (Joh 18,38; 19,4). Er hat mit Jesus ein fundamentales Gespräch über Königtum und Wahrheit geführt. Dies alles hat ihn aber nicht daran gehindert, Jesus schlagen und verhöhnen zu lassen. Ein rätselhafter Mensch ist dieser Pilatus selbst. Aber jetzt weist er mit großer Gebärde auf Jesus hin: »Seht, der Mensch!« Schon die Übersetzung der drei griechischen Worte ist ein gewisses Problem. »Seht« oder »siehe« kann man übersetzen, aber auch »da ist«. »Da ist der Mensch« übersetzt W. Bauer. Die Einheitsübersetzung hat: »Seht, da ist der Mensch.« Mit Bengel bleiben wir möglichst nahe am Urtext und übersetzen: »Seht, der Mensch.« Was heißt das? Pilatus will offenbar sagen: Das ist doch kein König, den Rom fürchten müsste! Diese arme Kreatur gefährdet doch niemand! Lassen wir ihn nach seiner empfindlichen Prügelstrafe, die jeden Hochmut ausgetrieben hat, falls er welchen hatte, laufen! »Mensch« hat geradezu einen verächtlichen Unterton. Nein, so will Pilatus unterstreichen, der kommt als politischer Verbrecher nicht in Frage (vgl. V. 5).

Aber nun hat dieses »Seht, der Mensch!« verborgene Dimensionen. Mancher hat schon unbewusst etwas gesagt, was ungeahnte Bedeutung hatte (vgl. Joh 11,51ff.). So sieht also »der Mensch« aus, der »in der Menschen Hände ausgeliefert wird« (Mt 17,22)! Dieser zerschlagene Jesus gleicht erschreckend dem unter die Räuber Gefallenen, den er im Gleichnis vom barmherzigen Samariter gezeichnet hatte (Lk 10,30). Ist hier nicht symbolhaft anschaulich, wie es uns geht, wenn wir auf die Barmherzigkeit der Leute angewiesen sind? Der Hinweis: »Seht, der Mensch« legt ferner die Struktur unserer Kreatürlichkeit bloß. Wie schwach und zerbrechlich ist doch der Mensch! Von da aus kommt man ganz neu zu dem Staunen, das – wenn auch unter anderen Gesichtspunkten – den Beter des 8. Psalmes bewegte: »Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?« (Ps 8,5). Und ganz anders herum gefragt: Was gilt »der Mensch« für die Machthaber dieser Welt? Wie rasch sind alle »menschlichen« Gesichtspunkte vergessen, wenn es um die eigene Größe geht! Auch Pilatus entrinnt dem Verächtlichmachen der »Masse Mensch« nicht, von der Napoleon nach Leipzig gesprochen haben soll. Und doch bleibt es dabei: In diesem »Menschen« Antlitz hat Gott Gestalt gewonnen! So sollte der Sohn nach der Fleischwerdung aussehen. So hat ihn die Prophetie Daniels einst an den Thron kommen sehen: »Siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn« (Dan 7,13 im Luthertext). Werden die Anwesenden mitleidig, nachdenklich, umgestimmt?

Edition C

der Messias

Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.
Elberfelder 1871 – Matthäus 16,16

Simon Petrus antwortete und sagte: „Du bist der Gesalbte, der Sohn des lebenden Gottes.“
Janzen & Jettel – Matth. 16,16

Da antwortete ihm Petrus: „Du bist auf alle Fälle der Auserwählte, du bist der Christus! Du wirst uns alle hier aus dem Dreck rausholen, du bist der Sohn von dem einzigen heftigen und heiligen Gott!“
VolxBibel – Mt 16,16

Petrus sprach für die Jünger und beantwortete die zweite Frage richtig. In Matthäus 16:16 heißt es: Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.

Auch hier ist das Griechische viel eindringlicher. Wörtlich heißt es im Griechischen: „Du bist der Messias, der Sohn des Gottes, der Lebendige!“ Die Jünger haben die richtige Antwort gefunden; sie haben die Prüfung bestanden; sie haben ihre Lektion gelernt. Sie wussten, dass Jesus nicht nur eine übernatürliche Gestalt war, sie wussten, dass er der Messias selbst war.

Arnold Fruchtenbaum – Das Bekenntnis des Petrus

»Diese Antwort des Petrus begreift Jesus mit einer Bezeichnung, die völlig anderer Art ist als alle genannten. Ob jene ihn hoch oder niedrig werten, ob sie ihn positiv oder negativ einschätzen, so oder so bleiben sie im Rahmen der menschlichen Möglichkeiten. ‚Der Christus‘, ‚der Messias‘, ‚der Gesalbte‘, nämlich unmittelbar von Gott selbst zum König, Propheten und Priester seiner Gnade Geweihte, sprengt nicht nur jedes Menschenmaß, sondern ist ganz und gar göttlichen Ursprungs. Er ist im Verhältnis zu den Königen und Priestern und Propheten Israels unvergleichlich mehr als der Erste unter seinesgleichen. Er ist der Herr, sie sind seine Diener; er der Bezeugte, sie seine Zeugen; er ist der Sinn aller Worte des AT, der von allen Wartenden Erwartete, der Versprochene aller Versprechen Gottes. Um auszudrücken, daß Jesus dieser Eine, Einzigartige sei, bezeichnet Petrus ihn als den ‚Christus‘ oder, in seiner aramäischen Muttersprache ausgedrückt, als den ‚Meschicha‘, als den ‚Messias‘.« (W. Vischer)

In Mt 14,33 – bei der Geschichte von dem Schreiten des Herrn über dem Meer – da sagten alle die, welche im Schiff waren: »Du bist in der Tat nicht weniger als ein Gottessohn.«

Hier heißt es: »Der Sohn des lebendigen Gottes«. Dieses Wort bezeichnet etwas ganz Außergewöhnliches, ganz Unerhörtes. Es bezeichnet den »unendlichen qualitativen Unterschied« (Kierkegaard) des Christus zu allen Geschöpfen, sowohl den unsichtbaren als auch den sichtbaren, den Engeln als auch den Menschen. Der Sohn des lebendigen Gottes ist der lebendige Gott selbst. Der Prolog des Jüngers Johannes hat in seinem Evangelium Joh 1,1-18 in unendlich tiefer und erhabener Weise von diesem Geheimnis »Jesus, der ewige Sohn Gottes« gesprochen. Siehe dazu die dort angefügten Erklärungen.

Und weiter: Er ist der Sohn! Nicht ein Sohn, sondern der Sohn schlechthin. Der Eine und Einzige im absoluten Sinn. Er ist der Eine, dem der Vater alles übergeben hat und ohne den niemand den Vater kennen kann (Mt 11,25-27). Der »liebe Sohn«, an dem der Vater sein Wohlgefallen hat (Mt 3,17).

Es ist dieses Bekenntnis des Petrus und der Jünger, die hinter ihrem Sprecher stehen, ein gewaltiger, menschheitsgeschichtlicher Entscheid. Es ist, grundsätzlich gesehen, das Ende der Synagoge und der Anfang der Gemeinde Jesu.

Der Herr hebt nun in besonderen Worten hervor, daß der Vater im Himmel selbst es geschenkt hat. Jesus sagt das mit folgenden Worten.

Wuppertaler Studienbibel

nur ein Haupt

sondern die Wahrheit festhaltend (O. bekennend, od. der Wahrheit uns befleißigend) in Liebe, laßt uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus,
Elberfelder 1871 – Epheser 4,15

Sondern wahrhaftig seien in der Liebe und wachsen in allen Stücken an Dem, Der das Haupt ist, Christus; Eph 1,22; 3,17; 5,23; 1Kor 13,14; Kol 1,18.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Eph 4,15

Der Heilige Geist ist notwendig zum Verstehen des Wortes Gottes. Umgekehrt ist das Wort für den Geist das notwendige Material, das Er zu unserer Belehrung braucht.
Ich bin sicher, dass man nicht als Studierender die Wahrheit findet, sondern als Glaubender. Gott hat es mit dem Herzen und dem Gewissen zu tun. Wir können das Wachstum in der Wahrheit nicht trennen von dem geistlichen Zustand der Seele. Versuchen wir es trotzdem, kommen wir im Beherrschen der Bibel scheinbar sehr schnell vorwärts, doch ist dabei zu befürchten, dass der nächste Schritt ein Fall sein wird.

Halte fest 1958 -William Kelly

Älteste hüten „die Herde Gottes“, die ihnen anvertraut ist, und ahmen so Jehova Gott und Jesus Christus nach (1 Pet 5:2, 3). Dazu gehört der Schutz der Versammlung. Niemand soll verloren gehen, weil er vernachlässigt oder durch Satan, seine Welt oder Abtrünnige beeinflusst wird (Apostelgeschichte 20:29, 30). Daher ist liebevolles und reges Interesse an den geistigen, emotionalen und physischen Bedürfnissen anderer wichtig (Jakobus 1:27; 2:15, 16). Ziel der Hirtentätigkeit ist eine geistige Gabe, die den Glauben stärkt, zukommen zu lassen sowie benötigtes Lob und Ermunterung (Rom. 1:11, 12). Älteste müssen dazu regelmäßig Kontakt zu allen Familien und Verkündigern in der Versammlung halten (Sprüche 27:23). Gruppenaufseher planen zwar regelmäßig, alle in ihrer Gruppe zu besuchen, die Ältestenschaft führt jedoch keine Aufzeichnungen über Hirtenbesuche. Auch wird kein Ältester beauftragt, Hirtenbesuche zuzuteilen. Unabhängig davon, ob Älteste als Gruppenaufseher dienen oder nicht, sollten sich alle verantwortlich fühlen, die Versammlung zu hüten (Epheser 4:15, 16).

Hütet die Herde Gottes 2021

Warum hüten nur diese die Herde? Wer ist noch einmal das Haupt?

In Zeiten von Widersprüchen und Wortgefechten besteht die grosse Gefahr, «hin- und hergeworfen zu werden», indem man dem einen und dem anderen zuhört. Um uns her sehen wir eine leblose und von gemischten Grundsätzen geprägte Christenheit, die der Verblendung kraftlos gegenübersteht. Unser einziges Bewahrungsmittel gegen allen Irrtum wird nicht in der Kenntnis des Irrtums, sondern im Festhalten der Wahrheit in Liebe gefunden, und indem wir einen lebenden Christus vor unseren Seelen haben. Wenn Christus der Gegenstand unserer Zuneigung ist, dann wird jede Wahrheit in Bezug auf Christus in Liebe festgehalten, mit dem Resultat, dass wir in allem zu Ihm hin wachsen werden. Und so werden wir moralisch dem ähnlicher werden, der unsere Zuneigungen fesselt.
Darüber hinaus ist der, in dessen Erkenntnis und zu dessen Ähnlichkeit wir wachsen, das Haupt des Leibes. Alle Weisheit, Kraft und Treue sind in dem Haupt. Um uns her mag alles in Unordnung sein, aber wenn wir Christus als Haupt kennen, werden wir erfahren, dass keine Macht des Feindes und kein Versagen der Gläubigen die Weisheit und Macht des Hauptes angreifen können.

Halte fest 1984

Bei seiner Bekehrung tritt der Gläubige in die Schule Gottes ein, eine Schule, die er bis zum Ende seiner Laufbahn nicht mehr verlassen wird. Er ist berufen, darin die aufeinanderfolgenden Stufen zu durchlaufen, indem er durch die Übungen geht, die ihm sein himmlischer Vater zuteilt, gemäss seiner vollkommenen Weisheit und seiner treuen Gnade, um ihn zu dem Ziel zu führen, das Er sich gesteckt hat, nämlich zu einem immer wirklicheren Einswerden mit Christus. Er will, dass wir «die Wahrheit festhaltend in Liebe … in allem heranwachsen, zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus» (Eph 4,15). Im Brief an die Philipper teilte ihnen der Apostel Paulus mit, dass er in guter Zuversicht sei, dass der, der in ihnen ein gutes Werk angefangen habe, es vollführen würde bis auf den Tag Jesu Christi (Phil 1,6). Hiob, wenig zugänglich für die Lektionen der Prüfung, hatte die gleiche Überzeugung gewonnen und konnte sagen: «Wer kann seinen Sinn ändern? … er wird vollenden, was über mich bestimmt ist» (Hiob 23,13.14). So erklärt auch David: «Der HERR wird es für mich vollenden» (Ps 138,8).
Diese Schule Gottes umfasst ein vollständiges Programm: «Denen, die Gott lieben, wirken alle Dinge zum Guten mit», wird uns in Römer 8,28 gesagt. Gewiss, die Erziehung ist darin das Hauptelement, aber Gott ist in der Aufstellung dieses Programms vollkommen frei, das heisst, in der Wahl der Mittel, die Er benützt, um das Werk, das Er für jedes seiner Kinder unternimmt, zum Guten auszuführen. Dieser Gedanke ist sehr ermunternd, denn er führt uns dazu, in «allen Dingen» die Hand Gottes zu erkennen. «Wer ist es, der sprach, und es geschah, ohne dass der Herr es geboten hat?» (Klgl 3,37).

Halte fest 1975

„im Haus des Vaters“

In dem Hause meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde ich es euch gesagt haben; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten.
Elberfelder 1871 – Johannes 14,2

Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen, und ich gehe jetzt hin, um dort einen Platz für euch bereit zu machen. Sonst hätte ich euch doch nicht mit der Ankündigung beunruhigt, dass ich weggehe. (und ich gehe jetzt hin …: wörtlich wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt, dass ich hingehe, um euch einen Platz zu bereiten?)
Gute Nachricht Bibel 2018 – Joh 14,2

In Meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wäre dem nicht so, Ich hätte es euch gesagt. Ich gehe hin, euch eine Stätte (einen Ort) zu bereiten. Mt 25,34; Lk 14,22; 2Kor 5,1.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Johannes 14,2

Joh 14:2 : Des »Vaters Haus« war der Tempel ( 2,16 ), in dem Gott für immer bei seinem Volk wohnen wollte ( Hes 43,7.9; 48,35 ; vgl. Joh 8,35 ). Die »Wohnungen« könnten zwar eine Anspielung auf die Zelte sein, die für das Laubhüttenfest errichtet wurden, wahrscheinlich sind aber die Wohnräume im neuen Tempel gemeint, in dem nur die Priester, die nicht verunreinigt sind, einen Platz haben ( Hes 44,9-16 ; vgl. 48,11 ). Wahrscheinlich ist das Ganze eine Metapher für das Sein in Christus, in dem die Gegenwart Gottes wohnt ( 2,21 ). Die einzige andere Stelle im Neuen Testament , an der sich derselbe griechische Begriff für »Wohnungen« findet, ist 14,23 ; dort bezieht er sich auf die Gläubigen als Wohnort Gottes (vgl. auch das Verb »bleiben« in 15,4-7 ).

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Joh 14,2a: Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen.

Gott hat bei sich nicht bloß Raum für den einigen Sohn, sondern auch für die Seinigen, und für sie wiederum nicht bloß in ihrer irdischen, sondern auch in ihrer zukünftigen Lebensgestalt. Sie haben aus Jesu Hand Platz und Kindesrecht im Haus des Vaters empfangen; dies wird ihnen nicht verlorengehen, auch wenn sie die Wohnung, die ihnen jetzt angewiesen ist, verlassen müssen. Wohnungen gibt es im Haus des Vaters noch mehr; aus diesem werden sie nie ausgeschlossen.

Joh 14,2b: Wäre es nicht so, so hätte ich euch gesagt, dass ich hingehe, um euch den Ort zu bereiten.

Es ist aber nicht nötig, dass Jesus so spricht, nicht nötig, dass er die Jünger erst auf seinen eigenen Dienst hinweist, als ob erst er ihnen beim Vater Raum bereitete. Die vielen Wohnungen sind da, der Vater hat selbst von Ewigkeit her in seinem Hause für sie Platz geschaffen. {Matthäus 25,34} und in seiner eigenen Liebe sie zu sich berufen; er nimmt auch sie zu seiner Zeit dort auf, wohin Jesus jetzt geht.

Gleichwohl konnte Jesus auch mit zutreffender Wahrheit sagen, dass er durch seinen eigenen Hingang zum Vater den Jüngern dort den Ort rüstet; denn sein Eingang in die Herrlichkeit des Vaters bewirkt ihre Aufnahme bei ihm. Aus seiner Sohnschaft kommt ihre Kindschaft zu Gott; in ihrer Verbundenheit mit dem Sohn besteht ihr Anrecht an das Haus des Vaters. Weil der Sohn in der Herrlichkeit Gottes steht, treten auch sie einst in diese ein. Darum fährt Jesus fort

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament