Nur WER kann Sünden vergeben?

Eine Unterweisung Davids.
Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist !
Wohl dem Menschen, dem der HERR die Missetat nicht zurechnet, in des Geist kein Falsch ist!
Luther 1912 – Psalm 32,1-2

Selig diejenigen, deren Gesetzlosigkeiten vergeben und deren Sünden bedeckt sind!
Selig der Mann, dessen Sünde der Herr nicht anrechnet und in dessen Mund kein Trug ist.
Septuaginta Deutsch – Psalm 31,1–2

Von Dawid, eine Eingebungsweise.
O Glück dessen,
dem Abtrünnigkeit getragen,
Versündigung zugehüllt ward!
O Glück des Menschen,
dem eine Verfehlung nicht zurechnet ER,
da in seinem Geiste kein Trug ist!
Buber & Rosenzweig – Ps 32:1–2

Wer kann Sünde vergeben? war die Frage 2020 – und Jesus sagt von sich im NT, dass er die Sünden vergeben kann!

Viele Christen denken ja heute, dass das AT sich so so sehr vom NT unterscheidet, ja, es gibt sogar die Behauptung, dass die Gläubigen des AT ja den Erlöser, den Christus erst kennen lernen müßten. Aber schauen wir uns das AT genauer an, dann stellen wir fest, dass die Opfer die für Sündenschuld aufgebracht wurden, keine Sündenvergebung brachten – und die Menschen damals wußten, dass nur Jehovah ihre Sünden vergeben konnte! und dies nicht durch ein Tieropfer! Ihnen war bewußt, dass das Tieropfer auf ein größeres Opfer hinweisen würde!

Der Psalmist, der Gottes Vergebung für seine Sünden empfangen hatte, drückte seine Freude darüber aus. Gesegnet wird in Ps 1,1 der genannt, der ein makelloses Leben führt. Hier wird derjenige mit demselben Wort bezeichnet, der Vergebung empfängt. Gott schenkt völlige Vergebung, denn er rechnet einem reuigen Sünder seine Sünde nicht zu.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Sie findet in den ersten Versen eine eigenartige Beleuchtung. David nennt Menschen glücklich, denen Übertretungen vergeben, Sünden zugedeckt und Missetaten nicht mehr angerechnet werden. Mithin erklärt er alle für unglücklich, die diese Tat Gottes nicht kennen. Denn dass es hier um ein Tun Gottes geht, ist klar. Kein Mensch kann Sünden vergeben oder Verbrechen wie die eines David zudecken. Das ging bisher in der Geschichte über das Können des Menschen. In wem eines Tages die Schuldfrage erwachte und bei wem sie wie bei David durch das Wort des Propheten Nathan geweckt wurde, der wurde sie nicht mehr los. Ob er auch durch die Flucht von ihr loszukommen suchte, er nahm die Qual mit sich, die in ihm aufgebrochen war.
Es ist ja bekannt, wie Verbrecher sich oft jahrzehntelang nach ihrer verbrecherischen Tat schließlich doch freiwillig dem Gericht Stellen. Sie hatten Gelegenheit, sich der weltlichen Gerechtigkeit zu entziehen. Sie glaubten, damit ihr Leben und ihre Zukunft gerettet zu haben. Aber je länger, desto mehr wurde ihnen das Leben unter dem Druck ihrer Schuld unerträglich. Schließlich kam ihnen die Sühne derselben weit leichter vor als das weitere Leben in der Freiheit. Sie kamen und erklärten sich bereit, jede Strafe auf sich zu nehmen.
Kann dies gesagt werden, wo es sich im Leben eines Menschen um schwerste Verbrechen handelt, d. h. wie bei David um Ehebruch, so gehört es letzthin zum Geheimnis jeder Sünde. In der Seelsorge kann man es oft erleben, dass auch die kleinste Sünde den Menschen fast bis zur Verzweiflung bringen kann, wenn die Erkenntnis der Schuld in ihm erwacht und nicht von Gott her die Lösung im Glauben gesucht wird.
Auch von David werden hier die Sünden in verschiedenen Graden genannt: Übertretungen, Sünde, Missetaten oder auch Verbrechen. Auch die Sünde kennt Steigerungen, Fortschritt, höchste Entfaltung ihrer Energien. Sie kann ausreifen bis zur Lästerung des Heiligen Geistes und bis zum bewussten Kampf wider Gott. Je mehr sie sich selbst behauptet, desto frecher wird sie. Entsprechend mehrt sie aber auch die Qual derer, die sie in ihren Bann und Sklavendienst ziehen konnte.
Wenn heute die Sünde als Schwäche erklärt wird, Schwäche von uns aber überwunden werden kann, so darf uns über den letzten Ausgang solch einer Lösung der Sündenfrage nicht bange sein.
Nicht selten mussten solche Menschen mit am schwersten in ihrem Leben durchkosten, was Sündenknechtschaft und erwachtes Schuldbewusstsein ist. Auf diesem Wege gibt es keine Lösung.
Und es ist psychologisch verständlich, dass die Schuldfrage um so stärker aufbricht, je mehr Gott in das Leben eines Menschen treten kann. Finsternis wird als Finsternis erst erkannt, wenn Licht in sie hineingetragen wird. Verirrungen erhalten ihre Beleuchtung am stärksten durch Menschen, die ihre Tritte in die Fußtapfen Gottes setzen und im Glaubensgehorsam mit Gott wandeln. Jede Unsittlichkeit sieht sich durch ein keusches Leben gerichtet. Daher wird auch verständlich, dass Kinder gläubiger Eltern viel größere Not haben, wenn sie vor Versuchungen stehen, als jene, die auch in ihrem Elternhause nur ein zügelloses Sündenleben kennenlernten. Welch ein Gewissenskampf muss von solchen Kindern erst überwunden werden, bevor auch sie sich hemmungslos dem Sündenleben hinzugeben wagen, in dem andere stehen. Und welche Qualen erlebten sie nach jeder Tat neu, da sie viel tiefer erfassten, was ihnen durch die Sünde genommen worden war.
Es gibt aber eine Lösung der Sünden- und Schuldfrage. Das ist die Vergebung. Sie kann nur ausgehen von dem, der größer ist als die Schuld. Das ist Gott. Daher kennt die Heilige Schrift Sünden-Vergebung auch nur als eine Tat Gottes und als eine Tat dessen, der als Menschensohn Vollmacht hatte, auf Erden Sünden zu vergeben. Er ist in seiner Person, in seiner Sendung und in seinem gegenwärtigen Dienst die Vergebung des Vaters.
Christus konnte daher je und je im Leben eines Menschen ein Neues aufbauen, und zwar auf dem Boden der Vergebung. Bevor dem verlorenen Sohn sich wieder die Tischgemeinschaft im Vaterhause erschloss, bevor er den Siegelring wiedergewonnener Sohneswürde empfing, bevor er die Kleider des Kindes im Unterschied zu den Kleidern der Knechte trug, hatte er vom Vater den Kuss der Vergebung empfangen. Ein Recht auf die Sohneswürde hatte er nicht mehr, nachdem er in der Fremde das ganze Erbe von seinem Vater vergeudet hatte. Auf dem Boden des Rechts gab es für ihn keinen Weg zurück ins Vaterhaus und zur Sohnesstellung. Der Vater in seiner Barmherzigkeit ging aber über das Recht hinweg und schuf den Boden der Vergebung. Das ist aber das Geheimnis von Golgatha. Vom Kreuz spricht nicht das Recht, sondern die Vergebung, jene Tat Gottes, die den eingeborenen Sohn hingab, „auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben“ (Joh 3,15).
Die Gewissheit der Sündenvergebung ist mithin nicht nur als ein psychologischer Vorgang verständlich. Wer sie nur als einen rein innerlichen Seelenvorgang auffasst, der kann sich in seinem Gefühl sehr leicht einer ungeheuren Täuschung hingeben, der eines Tages ein erschütterndes Erwachen folgt. Sündenvergebung beruht auf dem einmaligen Vergebungsakt Gottes in und durch Christus. Sie ist Wirkung seines Geistes, die in uns als Frucht Gewissheit und Friede auslöst. Menschen, die sich auf Grund der handelnden Barmherzigkeit Gottes ihrer Vergebung bewusst wurden, konnten später, so unbegreiflich es auch sein mag, durch keine Macht der Erde und durch keine Redekünste der Menschen in ihrem Frieden erschüttert werden. Sie wussten hinfort von einer Wirklichkeit, die keine Täuschung zuließ. Sie bezeugten mit Paulus: „Da wir nun aus Glaube gerecht gesprochen sind, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1).

Jakob Kroeker – Ausgewaehlte Psalmen

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