Schlagwort: Gott

Alleine besser als zu zweit?

Zwei sind besser daran als einer, weil sie eine gute Belohnung für ihre Mühe haben; denn wenn sie fallen, so richtet der eine seinen Genossen auf. Wehe aber dem einzelnen, welcher fällt, ohne daß ein zweiter da ist, um ihn aufzurichten!
Elberfelder 1871 – Kohelet 4,9–10

Zwei haben es besser als einer allein, denn zusammen können sie mehr erreichen.
Hoffnung für alle – 1996 – Prediger 4,9

Besser ist es also, dass zwei zusammen sind als einer; denn sie haben doch einen Vorteil von ihrer Gemeinschaft.
Allioli Bibel – Prediger 4:9

Zwei sind besser dran als einer allein!
Denn zu zweit geht die Arbeit leichter von der Hand.
BasisBibel – Prediger 4:9

Angesichts der Nichtigkeit der Gier spricht Salomo die Empfehlung aus, mit anderen zu teilen, und er nennt mehrere Vorteile, die aus guter Kameradschaft erwachsen: mehr Gewinn ( guten Lohn ) aus der Arbeit (V. 9 ), Hilfe in Zeiten der Not (V. 10 ), Trost und Zuneigung in Zeiten des Elends (V. 11 ; die Wärme des eigenen Körpers kann einen anderen Menschen vor dem Frieren bewahren) und schließlich Schutz vor Gefahr (V. 12 ). Die drei letzten Aussagen werden am Beispiel zweier Reisegefährten veranschaulicht, die einander beistehen und dadurch alle Schwierigkeiten meistern. Am Ende der zweiten und dritten Aussage (V. 10 b. 11 b) warnt Salomo vor den Gefahren der Isolation (wie sie die Gier mit sich bringt; vgl. “ einer allein „, V. 8 a).
Nachdem Salomo die Vorteile der gemeinsamen Bemühung oder Arbeit und des gemeinsamen Genusses der Früchte dieser Arbeit für beide Seiten erläutert hat, stellt er als Höhepunkt seiner Ausführungen fest, daß zwei besser als einer (V. 9 ), drei aber noch besser seien (V. 12 ). Die Anstrengungen und die Vorteile sollten nicht auf zwei Personen beschränkt sein.

Walvoord Bibelkommentar

Aber auch die heiligen Väter, die sich im Laufe der Zeit in vier heiligen Konzilien versammelten, haben sich an alten Vorbildern orientiert und gemeinsam über die aufgekommenen Häresien und Fragen entschieden. Es galt nämlich als gewiss, dass bei gemeinsamen Beratungen mittels Darlegung dessen, was der beiderseitigen Erörterung bedarf, das Licht der Wahrheit die Finsternis der Lüge vertreibt. Denn auf andere Weise kann die Wahrheit in gemeinsamen Verhandlungen einer Glaubensangelegenheit nicht offenbar werden. Ein jeder bedarf nämlich der Hilfe des Nächsten, wie Salomo in den Sprüchen sagt: „Der Bruder, der dem Bruder Hilfe gewährt, wird erhöht wie eine befestigte Stadt, er ist stark wie ein fest begründetes Königreich“ (Spr 18,19 LXX). Und im Ecclesiastes sagt er wiederum: „Zwei sind besser als einer, sie empfangen reichen Lohn aus ihrer Arbeit“ (Koh 4,9 LXX). Aber auch der Herr selbst sagt: „Amen, ich sage euch: wenn zwei von euch auf Erden einig sind, worum sie bitten werden, sie werden es von meinem Vater im Himmel erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen (Mt 18,19 f.).

Handbuch der Patristik: Quellentexte zur Theologie der Kirchenväter

Suchen Sie Hilfe!

Das wissen Sie schon, auch wenn es die Sache nicht unbedingt erleichtert. Aber Sie können das nicht im Alleingang schaffen.

• „Der Weg des Narren ist richtig in seinen Augen, aber ein Weiser hört auf guten Rat“ (Spr 12,15).
• „Wo keine Beratung ist, da scheitern Pläne, wo aber viele Ratgeber sind, da kommen sie zustande“ (Spr 15,22).
• „Gehorche dem Rat und nimm die Zurechtweisung an, damit du künftig weise bist!“ (Spr 19,20).
• „Es ist besser, dass man zu zweit ist als allein, denn die beiden haben einen guten Lohn für ihre Mühe. Denn wenn sie fallen, so hilft der eine dem anderen auf“ (Pred 4,9–10).

Vergessen Sie nicht, Abhängigkeiten lieben das Versteckspiel. Sie bringen Dutzende Gründe vor, warum sie unentdeckt bleiben sollten. Viele von ihnen klingen überzeugend, wie z.B., „Ich will Bernd nicht stören, er ist ohnehin schon so beschäftigt.“ Hören Sie nicht darauf! Wenn Sie darüber nachdenken, macht Sie das stolz: „Ich schaff das auch alleine, vielen Dank.“ In seiner Weisheit benutzt Gott Menschen, um uns zu helfen.
Wen sollten Sie um Hilfe bitten? Bitten Sie zwei Menschen, die die Bibel kennen, die gut zuhören, die Wahrheit sagen und beten.

Die Kleine Seelsorgereihe – Nur noch ein Mal!: Wenn Wünsche sich nicht mit einem „Nein“ zufriedengeben

Salomos Erfahrung mit dem unabhängigen Mann veranlasste ihn, über die Bedeutung von Freundschaft und den Wert von gemeinsamen Unternehmungen nachzudenken. Vielleicht erinnerte er sich an das jüdische Sprichwort: „Ein freundloser Mensch ist wie eine linke Hand, der die rechte fehlt.“ Vielleicht beobachtete er einige Pilger auf der Landstraße und zog daraus den Schluss: „Zwei sind besser als einer.“

Zwei sind sicherlich besser als einer, wenn es um die Arbeit geht (v. 9), denn zwei Arbeiter können mehr erreichen. Selbst wenn sie sich den Gewinn teilen, bekommen sie immer noch einen besseren Lohn für ihre Bemühungen, als wenn sie allein gearbeitet hätten. Außerdem ist es viel einfacher, schwierige Arbeiten gemeinsam zu erledigen, weil einer den anderen ermutigen kann.

Zwei sind besser, wenn es um das Gehen geht (V. 10). Die Straßen und Wege in Palästina waren nicht gepflastert oder gar geebnet, und es gab viele versteckte Felsen auf den Feldern. Es war nicht ungewöhnlich, dass selbst der erfahrenste Wanderer stolperte und stürzte, sich vielleicht einen Knochen brach oder sogar in eine verborgene Grube fiel (2. Mose 21,33-34). Wie schön, wenn man einen Freund hat, der einem aufhelfen (oder heraushelfen) kann. Aber wenn dies schon für unsere körperlichen Stürze gilt, wie viel mehr gilt es dann für die Zeiten, in denen wir auf unserem geistlichen Weg stolpern und Wiederherstellung brauchen (Galater 6,1-2)? Wie dankbar sollten wir für christliche Freunde sein, die uns helfen, aufrecht zu gehen.

Zwei sind besser als einer, wenn es um Wärme geht (v. 11). Zwei Reisende, die im Freien zelten oder sogar im Hof einer öffentlichen Herberge übernachten, würden die Kälte der palästinensischen Nacht spüren und bräuchten die Wärme des anderen, um sich zu trösten. Die einzige Möglichkeit, „allein warm“ zu sein, besteht darin, zusätzliche Decken mitzunehmen und die eigene Last zu vergrößern.

Schließlich sind zwei besser als einer, wenn es darum geht, sie zu bewachen, vor allem nachts (v. 12). „Auch wenn einer überwältigt wird, können sich zwei verteidigen“ (V. 12, NIV). Es war für jeden gefährlich, allein zu reisen, ob bei Tag oder bei Nacht; die meisten Menschen reisten aus Gründen der Gemeinschaft und der Sicherheit in Gruppen. Selbst David war dankbar für einen Freund, der einsprang und dem König das Leben rettete (2 Sam. 21:15-17).

Salomo begann mit der Zahl eins (V. 8), ging dann zur Zwei über (V. 9), und schloss dann mit der Drei (V. 12). Dies ist typisch für die hebräische Literatur (Spr. 6:16; Amos 1:3, 6, 9, usw.). Eine Schnur könnte leicht zerrissen werden; zwei Schnüre würden mehr Kraft erfordern; aber drei Schnüre, die miteinander verflochten sind, können nicht leicht zerrissen werden. Wenn zwei Reisende besser sind als einer, dann sind drei noch besser. Salomo dachte nicht nur an Zahlen, sondern auch an die Einheit, die drei miteinander verflochtene Stränge bilden – ein schönes Bild der Freundschaft!

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary

Auch wenn man sich mit Gottes Wort beschäftigt, ist es gut, zu zweit oder zu dritt oder eben etwas mehr – in die Bibel zu schauen, und die unterschiedlichen Gedanken auszutauschen. So wie oben über die Kirchenväter geschrieben wurde: mehrere Meinungen, mehrere Ideen – und der heilige Geist kann wirken und die Wahrheit unterstreichen, und den Gedanken, in dem ich falsch liege, offenbaren. Wenn ich dagegen als „alleiniger Studierer“ einen falschen Gedanken habe, oder gar als „Führer einer Gemeinde“ gelte, und einen falschen Gedanken habe, dann wird es keinen geben, der mir sagt, dass ich in diesem Punkt falsch liege – und ich entferne mich von Jehovah und den Lehren der Bibel. Deshalb sei weise! – lese die Bibel und unterhalte dich mit anderen Bibellesern – gern auch auf jehovah-shammah.de oder https://t.me/bibel_forscher

Gott preisen?

Preiset Jehova! denn er ist gütig, denn seine Güte währt ewiglich.
Elberfelder 1871 – Psalm 136,1

Bekennet Jehovah, denn Er ist gut, denn Seine Barmherzigkeit ist in Ewigkeit. Ps 106,1; 118,1.
Tafelbibel mit hinzugefügten Sachparallelstellen – Psalm 136:1

«Dem Ewgen huldigt, daß er gut / daß ewig seine Liebe!
Neftali-Herz-Tur-Sinai – Psalm 136,1

Denn seine Güte währet ewiglich. Man könnte diesen zwischen die kurz abgebrochenen Sprüche wiederholt eingeschobenen, kleinen Satz für leeren Wortschwall halten; aber wenn solche Einschaltverse bei weltlichen Dichtern geduldet werden, ja ihnen sogar Lob und Beifall eintragen, so brauchen wir auch hier die Wiederholung nicht für abgeschmackt zu halten. Hat sie doch sehr vernünftigen Grund. Wenn nämlich auch ein jeder zur Not bekennt, dass Gottes Wohlwollen der Quell aller Güter ist, so erkennt man doch seine grundlose Güte nicht ganz und rückhaltlos an, während doch die Schrift sie immer in erster Linie hervorhebt. Von ihr redet Paulus Röm. 3, 23 und nennt sie schlechthin den Ruhm Gottes, als wollte er sagen: Gott, der in allen seinen Werken höchstes Lob verdient, will doch vor allem wegen seiner Barmherzigkeit gepriesen sein. Und aus der heiligen Geschichte lässt sich leicht entnehmen, dass auf Davids Vorschrift hin beim Gesang diese Sitte aufkam, dass wechselweise die Leviten mit dem Gesang einfielen: denn seine Güte währet ewiglich. Auch Salomo hat bei der Übergabe des Tempels diesen Brauch beobachtet (2. Chron. 7, 3. 6), ebenso Josaphat bei jenem berühmten Siegesgesang (2. Chron. 20, 21). –
Bevor nun aber der Prophet daran geht, Gottes Werke aufzuzählen, preist er ihn als den höchsten Gott und Herrn. Nicht als ob außer ihm auch nur das Geringste von göttlichem Wesen wirklich vorhanden wäre: aber wo nur irgend die Menschen ein Stück seiner Herrlichkeit wahrnehmen, stellen sie sich ein gesondertes göttliches Wesen vor und reißen also in ihrem verkehrten Sinne Gott auseinander. Und damit nicht genug, machen sie sich noch hölzerne und steinerne Götter. Es ist aber allen diese verkehrte Art angeboren, dass sie an einem Haufen verschiedener Götter Vergnügen finden.

Jean Calvin – Aus dem Psalmenkommentar

Der Gott Israels ist Jehova, der Gott des Bundes, und er ist gut und barmherzig. Die Nationen hatten ihre Götter und Herren (1. Korinther 8:5-6), aber Jehova allein ist der Gott der Götter und der Herr der Herren. Die toten Götter der Nationen (135:15-18) konnten niemals die Wunder tun, die der Herr tat, und sie waren auch nicht gut und voller Barmherzigkeit (Güte, Bundesliebe, unerschütterliche Liebe). Der Apostel Paulus verbindet Barmherzigkeit und Gnade in 1. Timotheus 1,2, 2. Timotheus 1,2 und Titus 1,4, ebenso wie Johannes (2. Johannes 3) und Judas (Judas 2). Gott gibt uns in seiner Barmherzigkeit nicht, was wir verdienen, und in seiner Gnade gibt er uns, was wir nicht verdienen, alles um Jesu Christi willen. Kein Wunder, dass der Psalmist dem Herrn dankt!
Der Psalmist begann am Anfang der Zeit mit der Erschaffung des Universums, die in Genesis 1 aufgezeichnet ist. Der Herr hatte die Weisheit, die Schöpfung zu planen, und die Macht, diesen Plan auszuführen, und alles, was er tun musste, war, das Wort zu sprechen (33,6-9). Weil die Menschheit sich weigerte, für die Schöpfung dankbar zu sein, begann der schreckliche Abstieg in die Unwissenheit, den Götzendienst, die Unmoral und das endgültige Gericht (Röm. 1,18ff). Ob wir am Tag oder in der Nacht in den Himmel oder auf die Erde und das Wasser blicken, wir sollten die Zeichen der Hand Gottes sehen und erkennen, dass ein Schöpfer sie aus dem Nichts hervorgebracht hat. In dieser Schöpfung ist alles, was wir zum Leben und zur Arbeit brauchen, also lasst uns ihm danken!

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

Die erste Strophe (Verse 1-3) ruft alle Menschen auf, dem Herrn zu danken, denn er ist gut (siehe 106,1); er ist der Gott der Götter (Vers 2) und der Herr der Herren (Vers 3), eine semitische Ausdrucksweise für „der größte aller Götter“ und „der mächtigste aller Herren“ (siehe ähnliche Formulierungen in Dtn 10,17). Herren ist als Synonym für Götter zu verstehen und bezieht sich auf übernatürliche Wesen (siehe 135,5). Gott der Götter und Herr der Herren wurde im TEV durch die Verwendung der Superlative „größter“ und „mächtigster“ behandelt. In Sprachen, die den Superlativ auf sehr indirekte Weise bilden, muss man dies vielleicht durch einen Kontrast ausdrücken, z. B. „Gott ist sehr groß; die Götter sind nicht groß. Dankt Gott“ oder „die Götter sind ein bisschen groß; Gott ist sehr groß. Dankt dem großen Gott.“
Der wiederholte Refrain „sein ḥesed ist ewig“ verwendet das eine Wort, das mehr als jedes andere die Haltung Jahwes gegenüber seinem Volk ausdrückt (siehe 5:7). Das Wort wird unterschiedlich übersetzt: unerschütterliche Liebe (RSV, NJV), „Liebe“ oder „beständige Liebe“ (TEV, NEB, NIV, BJ, FRCL, GECL, SPCL), „Barmherzigkeit“ (NAB), „Freundlichkeit“ (Dahood), „Treue“ (TOB), „treue Liebe“ (NJB). Die beiden Hauptkomponenten sind Jahwes Liebe und seine Treue bei der Einhaltung seines Bundes mit dem Volk Israel. tevs „seine Liebe ist ewig“ muss in einigen Sprachen möglicherweise umformuliert werden, um beispielsweise zu sagen: „er liebt sein Volk für immer“ oder „Gott wird sein Volk für immer lieben“.
In gedruckten Ausgaben dieses Psalms ist es für die öffentliche Lesung hilfreich, den Refrain (Zeile b) in jeder Strophe anders zu drucken als die Zeile a. In einigen Ausgaben der hebräischen Bibel wird jeder Vers in einer einzigen Zeile gedruckt, aber die wiederholten Refrains werden an den Enden der Zeilen gegen den Rand gedruckt, so dass sie eine Spalte bilden. Es gibt viele andere mögliche Formate.

Bratcher – Ein Übersetzerhandbuch zum Buch der Psalmen

Wieder einmal: Jehovah schützt Sein Volk – bevor dieses zu IHM zurück kommt! ER schließt keinen Menschen aus – sondern wartet auf alle, die IHN suchen!

Ruths Entscheidung

Aber Ruth sprach: Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, hinter dir weg umzukehren; denn wohin du gehst, will ich gehen, und wo du weilst, will ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, will ich sterben, und daselbst will ich begraben werden. So soll mir Jehova tun und so hinzufügen, nur der Tod soll scheiden zwischen mir und dir!
Elberfelder 1871 – Ruth 1,16–17

Aber Rut antwortete: »Verlang nicht von mir, dass ich dich verlasse und umkehre. Wo du hingehst, dort will ich auch hingehen, und wo du lebst, da möchte ich auch leben. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will ich auch sterben und begraben werden. Der Herr soll mich strafen, wenn ich zulasse, dass irgendetwas anderes als der Tod uns trennt!«
Neues Leben – Bibel 2006 – Ruth 1:16–17

Aber Rut war immer noch nicht von der Idee begeistert. „Setz mich nicht so unter Druck, dass ich dich verlassen soll! Ich werde nicht zurückgehen! Ich werde dich nicht alleine lassen! Da, wo du bist, will ich auch sein. Deine Leute sind auch meine Leute, und dein Gott ist auch mein Gott. Und wo du mal stirbst, will ich auch sterben, und wo man dich beerdigt, da will ich auch beerdigt werden. Gott soll mir eine klatschen, wenn ich dieses Versprechen nicht einhalte. Nur der Tod wird mich von dir trennen können!“
VolxBibel – Ruth 1,16–17

Wieso geht Ruth nicht nach Hause? Was will sie mit dieser „anderen Religion“?

Rut hatte dreimal der Aufforderung ihrer Schwiegermutter, nach Moab zurückzukehren, widerstanden (V. 11 – 12.15 ). Sie wählte ein Leben mit Noomi anstelle ihrer Familie, ihrer Nationalität und ihres Götzendienstes. In einer der schönsten Ausdrucksformen der Hingabe in der Weltliteratur verband sie ihre Zukunft mit der Noomis. Sie erklärte das Volk Israel ( dein Volk ) zu ihrem Volk und den Gott Israels ( dein Gott ) zu ihrem Gott. Wir haben hier ein deutliches Beispiel eines völligen Bruches mit der Vergangenheit vor uns. Wie Abraham entschied sich Rut dafür, das Land ihrer götzendienenden Vorfahren zu verlassen und in das Land der Verheißung zu ziehen. Doch Rut tat dies, ohne von einer Verheißung ermuntert zu werden. Ja, sie fällte die Entscheidung sogar, obwohl Noomi sie mehrfach ermutigte, das Gegenteil zu tun.
Ruts Entscheidung war so ernst, daß sie die Erwähnung von Tod und Begräbnis einschloß. Sie würde bei Noomi bis zum Tod und darüber hinaus bleiben. Um die Ernsthaftigkeit ihrer Entscheidung zu unterstreichen, rief sie das Gericht des Gottes Israels für den Fall herab, daß sie ihre Verpflichtung zur Hingabe an ihre Schwiegermutter brechen sollte. Ruts Bekehrung war vollständig. Die folgenden Ereignisse zeigen, daß ihr Leben mit ihrem Bekenntnis in Einklang stand.

Walvoord Bibelkommentar

Dieses bewegende Plädoyer gehört zu den bekanntesten Zeilen des Buches. Er drückt Ruts Hingabe und Loyalität gegenüber Naomi aus. Rut Rabba und Raschi sehen Ruts leidenschaftliche Treueerklärung als den Punkt, an dem Naomi Rut in einem formellen Prozess der Bekehrung unterweist. Die Geschichte enthält jedoch keinen Hinweis auf eine formelle Bekehrung, da es diese Institution erst in rabbinischer Zeit gab. So … tue mir: Ruts Schwur unterstreicht die Ernsthaftigkeit ihrer Erklärung. Er wurde so interpretiert, dass er bedeutet: „Nur der Tod wird uns trennen“ oder „Nicht einmal der Tod wird uns trennen“.

Die Jüdische Studienbibel

In der zweiten Ermahnung richtet Naomi zwei Appelle. Ihr erster Appell steht in Vers 11; ihr zweiter Appell in den Versen 12 bis 13. Im letzten Satz, denn die Hand Jehovas ist gegen mich ausgegangen, erkennt Noomi, dass alles, was ihr widerfahren ist, kein Zufall war, sondern die Hand Gottes.

Die beiden Ermahnungen Naomis geben Anlass zu zwei Beobachtungen. Erstens gab Naomi Rut und Orpa drei Gründe für ihre Umkehr, indem sie drei Dinge nannte, die unmöglich wären, wobei jede Option unmöglicher war als die vorherige. Erstens: Wird Naomi noch einen Ehemann finden? In ihrem Alter ist die Antwort negativ. Zweitens: Wird sie noch Söhne zeugen? Auch hier wäre die Antwort negativ. Drittens: Werden sie warten, bis diese Söhne erwachsen sind, damit sie sie heiraten können? Offensichtlich nicht. Mit diesen drei rhetorischen Fragen stellte sie drei Situationen dar, die einfach nicht eintreten würden. Was Naomi zweitens nicht erwähnte, war die Möglichkeit, in Juda selbst Ehemänner für sie zu finden. Das lag wahrscheinlich an ihrer moabitischen Nationalität, die auf jüdischem Gebiet ein Hindernis darstellen würde.

Orpas und Ruts Antwort an Noomi – 1:14 Und sie hoben ihre Stimme auf und weinten wieder. Und Orpa küsste ihre Schwiegermutter, Rut aber hielt sich an sie.
Zunächst gab es eine gemeinsame emotionale Reaktion: Und sie erhoben ihre Stimme und weinten wieder. Dann folgte die körperliche Reaktion, aber jeder reagierte anders.
Orpah antwortete, indem sie ihre Schwiegermutter küsste. In Rut 1,9 küsste Naomi Orpa, aber Orpa empfand dies nicht als endgültigen Abschied. Hier aber küsste Orpa Naomi, und das wird als Abschiedskuss gesehen (vgl. Gen 31,28; 1 Kg 19,20), denn Orpa wird nun die Szene verlassen. Viele interpretieren dies als eine Verneinung, aber das muss nicht der Fall sein. Wie Hubbard feststellt, hatte Orpa zwei gültige Optionen; indem sie eine der beiden gültigen Optionen wählt, stellt sie unterwürfigen Gehorsam dar, und sie folgte dem Rat einer älteren Frau.
Aber Rut reagiert anders: Rut klammert sich an sie. Das hebräische Wort für „anhängen“ ist dabak, was so viel bedeutet wie „anhaften wie Leim“. Der gleiche Grund, der Orpa dazu veranlasste, nach Hause zurückzukehren, veranlasste auch Rut zu bleiben. Die Tatsache, dass Noomi keinen Mann und keine Söhne mehr haben wird, bedeutete, dass sie jemanden brauchte, der sich um sie kümmerte. Deshalb beschloss Rut zu bleiben und sich an Noomi zu binden, um sich um sie zu kümmern. Während Orpa beschloss, wieder eine Frau zu werden, wollte Rut eine Tochter bleiben. Orpa tat das Vernünftige und Erwartete; Rut tat das Außergewöhnliche und Unerwartete. Jetzt ging ihr chesed über das hinaus, was sie zuvor getan hatte, und über das, was Orpa getan hatte.

Naomis dritte Ermahnung – 1:15 Und sie sprach: Siehe, deine Schwägerin ist zu ihrem Volk und zu ihrem Gott zurückgekehrt; kehre du deiner Schwägerin nach.
Naomi versuchte noch eine weitere Ermahnung, um auch Rut zur Rückkehr zu bewegen. Sie benutzte Orpah als Beispiel: Siehe, deine Schwägerin ist zurückgegangen. Orpa ist in zweierlei Hinsicht zurückgekehrt. Erstens ist sie zu ihrer nationalen Identität zurückgekehrt: zu ihrem Volk; sie identifiziert sich mit den Moabitern. Zweitens ist sie auch zu deren Religion zurückgekehrt: zu ihrem Gott Kemosch. Aus Naomis Sicht ist Orpa zu ihrer früheren Religion zurückgekehrt; wenn es also eine Bekehrung zum Gott ihres Mannes gegeben hat, dann aus Bequemlichkeit und nicht aus Überzeugung. Es ist nicht bekannt, ob Orpa das wirklich getan hat; aber das war Naomis Sichtweise, die richtig oder falsch gewesen sein mag. Der Text selbst bestätigt nicht die Richtigkeit der Aussage von Naomi. Wenn Orpa zu ihren Göttern zurückkehrte, dann hat sie den theologischen Test von Deuteronomium 23:3 (Gesetz über die Aufnahme der Moabiter in die Versammlung) nicht bestanden. Der Glaube musste aufrichtig sein, und es durfte keine Versuchung bestehen, zu den Göttern der Moabiter zurückzukehren. Nachdem Naomi Rut das Beispiel von Orpa genannt hatte, ermahnte sie sie: „Kehre um, wie deine Schwägerin.

Ruts Antwort auf Naomis dritte Ermahnung – 1:16-17
Rut sprach: Bittet mich, dass ich euch nicht verlasse und euch nicht nachlaufe; denn wo ihr hingeht, da will ich auch hingehen, und wo ihr wohnt, da will ich auch wohnen; euer Volk soll mein Volk sein und euer Gott mein Gott; wo ihr sterbt, da will ich auch sterben, und dort will ich begraben werden: Jehova tue mir also, und noch mehr, wenn dich und mich etwas anderes als der Tod trennt.
Die Antwort von Rut begann mit einer Bitte: Bitten Sie mich, dass ich Sie nicht verlasse und Ihnen nicht mehr nachlaufe. Auf die Bitte folgt Ruts feste Zusage, die sie in fünf kühnen Aussagen formuliert. Erstens: Wohin du auch gehst, ich werde gehen. Zweitens: Wo du wohnst oder lebst, werde ich wohnen oder leben. Drittens: Dein Volk soll mein Volk sein. Viertens: Euer Gott soll mein Gott sein. Fünftens: Wo du stirbst, da will ich sterben, und dort will ich begraben werden. Von der Bitte zur Verpflichtung kam Ruts Schwur: Jehova tue mir und noch mehr. Rut berief sich in ihrem Schwur auf den Namen Gottes und nicht auf den Namen des Kemosch. Das zeigt, an wen sie wirklich glaubte. Die Formulierung „Jehova tue mir also und noch mehr“ war die übliche Eidesformel, mit der man Gott zur Strafe aufforderte, wenn man nicht tat, was man versprochen hatte zu tun. Dieselbe Formel wird in den Büchern Samuel und Könige siebenmal verwendet (z. B. in 1. Samuel 3:17 von Eli in Bezug auf Samuel; in 1. Samuel 14:44 von Saul in Bezug auf Jonathans Hinrichtung; in 1. Samuel 20:13 in Bezug auf Jonathans Freundschaft mit David; in 1. Samuel 25:22 von David in Bezug auf Nabal; in 2. Samuel 19:13 von David in Bezug auf Amasa; in 1. Könige 20:10 von Ben-Hadad in Bezug auf Samaria; und in 2. Könige 6:31 vom König von Israel in Bezug auf Elia).

Rut rief den Namen Gottes an (Rut 1:16) und akzeptierte damit die göttliche Strafe, wenn sie nicht tat, was sie versprochen hatte zu tun: Jehova tue mir das, und noch mehr, wenn dich und mich nur der Tod trennt. Das Wort Tod steht im hebräischen Text in der Betonung. Hier sind zwei Beobachtungen zu machen. Erstens sind dies die ersten aufgezeichneten Worte von Rut – das erste Mal, dass sie in diesem Buch zitiert wird. Zweitens: Ihre Entscheidung war sowohl sozial als auch religiös. Es war eine soziale Entscheidung: Dein Volk soll mein Volk sein; und es war eine religiöse Entscheidung: Dein Gott [soll] mein Gott sein.

Die Rabbiner verstanden Naomis Vorgehen als ein Gespräch zur Prüfung von Ruts Bekehrung, wobei das Gespräch eine Nachahmung eines Bet Din, eines rabbinischen Gerichts, war, bei dem dieselben Fragen gestellt wurden, die auch ein Bet Din stellen würde. Der Überlieferung zufolge erklärte Naomi Rut, dass die Israeliten nicht nur die Gebote des mosaischen Gesetzes befolgen müssen, sondern auch die rabbinischen Erlasse, die als Zaun um die Tora herum erlassen wurden. Ein Beispiel für einen solchen Erlass ist das Verbot, am Sabbat über die Sabbatgrenzen hinauszugehen, d. h. eine Entfernung von zweitausend Ellen in jede Richtung. Daraufhin sagte Rut: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen. Als Naomi sagte, dass es für Männer und Frauen verboten sei, miteinander zu verkehren, es sei denn, sie seien verheiratet, sagte Rut: „Wo du wohnst, da will ich auch wohnen. Als Naomi ihr mitteilte, dass es 613 Gebote zu befolgen gäbe, antwortete Rut: „Dein Volk soll mein Volk sein. Als Naomi ihr erklärte, dass es Juden verboten ist, Götzen anzubeten, sagte Rut: „Dein Gott soll mein Gott sein. Als Naomi Rut erzählte, dass das Bet Din die Befugnis hat, vier Hinrichtungsarten zu erlassen, sagte Rut: Wo du stirbst, werde ich auch sterben. Als Naomi ihr erzählte, dass dem Gericht zwei Friedhöfe zur Verfügung standen, um hingerichtete Straftäter zu begraben, sagte Rut: „Dort werde ich begraben werden. Diese talmudische Aussage zeigt, dass die Rabbiner dem Text von Rut ein viel späteres rabbinisches Judentum aufzwangen. Das Ganze wird zu einem Anachronismus, weil nichts von diesen Dingen zu dieser Zeit existierte. Die rabbinische Tradition lehrt jedoch, dass alles, einschließlich des mündlichen Gesetzes, von Mose stammt.

Der Midrasch zu dieser Stelle fügt hinzu, dass Naomi zu Rut sagte, dass es Juden verboten sei, in die Theater und Zirkusse der Heiden zu gehen, und dass sie deshalb auf solche Vergnügungen verzichten müsse; deshalb sagte Rut: „Wo du hingehst, will ich hingehen. Naomi sagte, die Juden könnten nicht in einem Haus ohne Mesusa (Türpfosten) wohnen, und Rut sagte: „Wo du wohnst, da will ich auch wohnen. Naomi erzählte ihr von allen Strafen für die Übertretung der negativen Gebote, und Rut sagte: „Dein Gott soll mein Gott sein. Auch hier handelt es sich um einen Anachronismus, da es zur Zeit von Rut noch keine Zirkusse und Theater gab. Das waren spätere griechische und römische Neuerungen. Aber auch hier zeigt sich, wie die Rabbiner einem früheren Buch spätere Situationen aufzwingen.

Arnold Fruchtenbaum – Ruth

»Die Hand des Herrn ist wider mich ausgegangen.« Noomi konfrontiert ihre beiden Töchter mit der Überzeugung, daß dieses ganze Geschehen in Moab nicht den Charakter eines Zufalls hat, sondern begründet ist in der Hand des Herrn, die Noomi schlägt bzw. straft.
»Nach einer weitverbreiteten, auch von Israel geteilten Anschauung, geht man keine Gemeinschaft mit einem solchen Menschen ein, sondern meidet ihn, um nicht in seine Unglücksphäre hineingezogen zu werden.« »Deshalb fordert Noomi die jungen Frauen auf, sich von ihr und damit von der Quelle ihrer eigenen, derzeitigen Unheilsituation zu trennen.«
Im AT wird an mehreren Stellen deutlich, wie die »Hand des Herrn« Menschen schlagen und strafen kann, allerdings gibt es ebenso viele Beispiele, wie Gottes Hand Wohltaten bewirken kann. Wo immer darüber berichtet wird, wie die Hand Gottes einzelne, eine Gemeinschaft, eine ganze Nation schlägt – durch Plagen, Krankheit oder Krieg –, immer erfährt der Bestrafte die volle Wucht der Hand Gottes.
»Die Hand des Herrn ging aus« (hebräisch: yaseâ). Dieser Ausdruck betont das Handeln Gottes, wie einen feindlichen Angriff auf Noomi. An anderen Stellen wird davon gesprochen, wie der Zorn des Herrn ausgeht bzw. wie seine Zorngerichte ausbrechen über einzelne wie über das Volk.
Noomis Argumentationskette hat ihren Höhepunkt erreicht: Weil der Herr ihr Feind ist, kann sie ihre Töchter nicht ermutigen, mit ihr zu gehen. Hungersnot, Exil, Tod und Kinderlosigkeit sind für sie lebendige Zeichen seiner Feindschaft.

Rut aber hängte sich an sie (umklammerte sie, blieb bei ihr). Der Kontrast im Verhalten beider Töchter tritt deutlich hervor. Während die eine sich von Noomi löst und abwendet, klammert sich die andere an sie und weigert sich, sie zu verlassen (vgl. V. 16). Das hier gebrauchte hebr. Wort dabaq hat die Bedeutung »kleben«, »an etwas haften«. Dabaq kommt in 1Mo 2,24 vor. »Der Mann hängt sich an die Frau.« Gemeint ist eine Liebe, die sich binden will. Spr 18,24 beschreibt eine Freundschaft, in der zwei Freunde tiefer miteinander verbunden sind als zwei Brüder. Dabaq meint verläßliche Loyalität und Liebe. Dabaq hat ein Bedeutungsspektrum, »das vom konkreten Gestus der Umarmung bis hin zum theologischen Terminus der bedingungslosen Gottesliebe reicht: Es meint die feste Entschlossenheit, sich an eine Person oder auch an eine Sache, koste es, was es wolle, aus Liebe zu binden.
Hier erscheint dabaq für den weiteren Verlauf des Geschehens wie ein Leitmotiv. In Kap. 2 wird es noch dreimal gebraucht (vgl. V. 8.21.23).
….
Ruts Bitte an Noomi enthält ihren Wunsch, keinen weiteren Druck auf sie auszuüben. Ihre Entscheidung ist gefallen. Alle Überredungsversuche sind zwecklos. Ihre Antwort kann Treue und Hingabe nicht ergreifender und schöner ausdrücken: »Wohin du gehst, dahin will ich auch gehen, und wo du bleibst, da will ich auch bleiben.« Rut will nicht zurückgehen, sondern mit Noomi mitgehen. Sie will sie begleiten auf ihrem Weg in Richtung Juda und will bei ihr bleiben. Das hebr. Wort lun meint ursprünglich »zur Nacht bleiben«g. In findet sich dieser Bedeutungszusammenhang. Hier aber meint lun das längere und beständige Bleiben.h Lun will hier unterstreichen, daß Rut eine Entscheidung getroffen hat, die Gültigkeit für ein ganzes Leben hat.
»Dein Volk ist mein Volk.« Mit diesem Bekenntnis bringt Rut zum Ausdruck, daß sie von nun an nicht mehr zu einem fremden Volk umkehrt. Vielmehr betrachtet sie das Volk ihrer Schwiegermutter als ihr eigenes. Allen bisherigen nationalen, sozialen und religiösen Bindungen und Beziehungen wendet sie den Rücken zu.
»Dein Gott ist mein Gott.« Bisher unterschieden sich die Gottesbeziehungen von Rut und Noomi. Nun verläßt Rut ihren Gott. Jahwe, unter dessen hesed Noomi sie einst befohlen hatte, soll nun ihr Gott sein. Unglaublich angesichts der Aussagen Noomis von der Hand des Herrn, die sie schlug. Was Rut in ihrem Bekenntnis meint, ist unter dem biblischen Begriff der Bekehrung zu verstehen. Bekehrung ist Abkehr von bisherigen falschen Göttern und Hinkehr zu dem wahren lebendigen Gott.
[17] »Wo du stirbst, will auch ich sterben, und dort will ich begraben werden.« Jegliche Halbheit oder Halbherzigkeit ihres Entschlusses wird ausgeschlossen. Rut weitet ihren Willen zur Hingabe an Noomi aus bis in Tod und Begräbnis hinein. Kein Hintertürchen wird mehr offengehalten. In Liebe gibt sie sich ganz und gar an Noomi, ihr Volk, ihren Gott. »Doch in ihrer Lebensgemeinschaft mit Naemi wird ihr ein neues Gottesverhältnis und eine neue soziale Heimat geschenkt. Das ist die Paradoxie der Liebe: Wer sich dem anderen vorbehaltlos hingibt, findet sich selbst in seiner Hingabe neu wieder. Nicht wer nimmt, empfängt, sondern wer gibt!«
Eine Erinnerung an die Abrahamgeschichte bietet sich an. Wie Abraham ist Rut bereit, ihre Heimat für Israel zu verlassen. Im Unterschied zu Abraham ist sie zu diesem Willensschritt motiviert durch die Loyalität und Liebe zu Noomi, Abraham dagegen durch göttlichen Befehl. Auch empfängt sie nicht das Versprechen von Land und Nachkommen. Ihre Zukunft ist eher ungesichert. Nichtsdestotrotz: Rut unterstreicht ihre Entschiedenheit, die in ihrem liebevollen Bekenntnis durch einen Schwur ergänzt wird: »Der Herr tue mir dies und das an. Nur der Tod soll mich von dir scheiden.« Solch einen Eid gab es nur in Israelj. In ihrem Eid übernimmt Rut die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, wenn sie den Zielen ihres Eids untreu würde.
Als sie sah, daß Rut darauf bestand, mit ihr zu gehen, gab sie es auf, auf sie einzureden. Noomi war durch die Worte Ruts zum Schweigen gebracht worden. Am Ende mußte sie erkennen, wie todernst Ruts Absicht war, mit ihr zu gehen. So gab Noomi ihre Versuche auf, Rut weiterhin zu drängen, nach Moab zurückzukehren. Ihre »einsame Entscheidung« war gescheitert am Widerstand einer Liebe, die Trennung nicht akzeptieren kann. Solche Bekenntnisse machen menschliches Zusammenleben lebenswert. In ihrer Eindeutigkeit schaffen sie stabile Beziehungen und vertiefen diese.

Wuppertaler Studienbibel

Ruth und Noomi hatten die Unterschiede der Götter innerhalb ihrer Ehe kennen gelernt. Aber es scheint, dass es mehr als die Unterschiede der Götter bzw der Anbetung war. Wie würdest du dich entscheiden, wenn du vor so einer Frage stehen würdest, das deine weitere Zukunft verändern würde?

seine Macht zeigte sich auch im Wirken des Heiligen Geistes

Denn unser Evangelium war nicht bei euch (O. war nicht zu euch gekommen) im Worte allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geiste und in großer Gewißheit, wie ihr wisset, was (Eig was für welche) wir unter euch waren um euretwillen.
Elberfelder 1871 – 1.Thessalonicher 1,5

Denn als wir euch die Gute Nachricht verkündeten, geschah das nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, in denen sich die Macht Gottes zeigte, mit dem Beistand des Heiligen Geistes und mit voller Überzeugung. Ihr wisst ja, wie wir unter euch gelebt und gewirkt haben, um euch die Rettung zu bringen.
Gute Nachricht Bibel 2018 – 1. Thessalonicher 1:5

Das wurde schon damals deutlich, als wir euch das Evangelium verkündeten: Gott redete nicht nur durch unsere Worte zu euch, sondern auch durch das machtvolle Wirken(- durch sein mächtiges Handeln und das Wirken -) des Heiligen Geistes und durch die große Zuversicht, die uns erfüllte (- des Heiligen Geistes, der euch volle Gewißheit schenkte -), sowie überhaupt durch unser ganzes Verhalten euch gegenüber, das euch zeigte, dass es uns um euch ging und nicht um uns selbst. (- Denn unser Evangelium kam zu euch nicht nur im Wort, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in großer Zuversicht/Gewissheit; ihr wisst ja, wie wir unter euch waren wegen euch. -)
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Thess 1,5

Wirkt der heilige Geist in deiner Gemeinde/Versammlung? Oder wird dort nur „stramm ein Programm herunter gearbeitet“??

τὸ εὐαγ-γέλιον ἡμῶν das von uns verkündigte Evangelium, unsere Verkündigung des Evangeliums ( εὐαγγέλιον 2bβ). ἐ-γενήθη Aor. Pass. (ohne Pass.-Bdtg.) γίνομαι, hier m. εἴς τινα zu jmdm. kommen (vgl. B I4cα). οὐκ ἐν λόγῳ μόνον ἀλλὰ καί nicht nur mit Worten, sondern auch. πληρο-φορία (volle) Überzeugung, Gewissheit; hier (volle) Gewissheit (B), viell. aber Fülle (göttlichen Wirkens) (ThWNT 6, S. 309). οἷος18 welcher Art, wie beschaffen; hier als was für Leute. ἐ-γενήθημεν Aor. Pass. (ohne Pass.-Bdtg.) γίνομαι hier sich verhalten. διʼ ὑμᾶς um euretwillen.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Steht diese Bedeutung von ἐκλογή fest, so ist klar, dass P. mit dem v. 5 und 6 umspannenden ὅτι nicht eine Erläuterung dazu bieten will; es kann nur entweder ein begründendes „weil“ sein: P. stützt sein Wissen um ihre Erwählung auf seinen Eindruck, den ihm seine eigne wirksame Predigt unter ihnen und ihre bereitwillige Annahme derselben gemacht hat, oder aber dies ὅτι ist als ein 2. selbständiges Objekt neben τὴν ἐκλογὴν ὑμῶν zu fassen, nur nicht jenes 1. erläuternd, sondern begründend. Dass P. dabei von seiner Evangeliumspredigt (εὐαγγ. hier nom. actionis = τὸ εὐαγγελίζεσθαι Röm 1 1, 9 u. ö., „da wir euch das Evangelium predigen durften“ Weizs.; zu ἡμῶν2 vgl. den Exkurs nach 22) ausgeht, statt von ihrer Evangeliumsannahme, be-greift sich: die wirksame Predigt ist das göttliche Mittel, die Erwählung zu realisieren, und auf Gottes Tun blickt Paulus mehr als auf das der Menschen. Daher auch die Wendung: unsere Predigt geschah zu euch nicht im Wort allein, sondern“. ἐγενήθη ist dorisch-hellenist. aor. pass. statt ἐγένετο (Lobeck ad Phryn. 108ff., W.-Schm. 13, 9, Blass 20, 1) ohne Bedeutungsunterschied; das passive (Lünem.) oder besser göttlich-aktive (Bornem.) liegt nicht in der Wortform, sondern in der ganzen Wendung. Nichts zwingt, das εἰς im Sinne von ἐν oder παρά m. Dat. = bei, unter zu fassen: die Predigt geschah an sie, an jeden einzelnen, dessen Erwählung sich eben in der wirksamen Darbietung des Evangeliums zeigte; vgl. εἰς bei κηρύττειν 2 9 und εὐαγγελίζεσθαι 1 Pt 1 25 [nicht 2 Kor 10 16]3. Nicht dass die Predigt zu ihnen geschah, sondern wie, darauf kommt es an: „nicht mit (vgl. 2 5) Worten nur, sondern mit Kraft“. Paulus liebt es, die positive Aussage durch die vorangestellte negative zu heben (vgl. 2 4. 13 u. ö. S. 41), ebenso liebt er den Gegensatz von λόγος und δύναμις 1 Kor 2 4. 4 19. Kol 2 23. (1 Joh 3 18); man versteht diesen, wenn man an das phrasenreiche Wortgeklingel damaliger Rhetorik denkt; Paulus ist kein Schönredner und will kein solcher sein 1 Kor 1 17. 2 1; dennoch wirkt seine scheinbar kunstlose Sprache durch die Wucht der Gedanken; er bietet keinen Ohrenschmaus, aber packt die Gewissen. Übrigens liegt a. u. St. nicht wie I Kor ein Protest gegen Schönrednerei vor: Paulus erkennt durch οὐ μόνον1 den λόγος, die bewusst gewählten menschlichen Worte, als notwendige Form an; nur muss noch etwas hinzukommen, soll die Wirkung entstehen; dies ist δύναμις in Verbindung mit πνεῦμα ἅγιον und πληροφορία πολλή; wieder eine Trias, wie sie Paulus liebt (s. ob. S. 42), doch so, dass die beiden letzten Glieder enger zusammengehören (vor πληροφορίᾳ ist ἐν nicht wiederholt2): also nicht 3 selbständige Kraftbeweise, auch nicht Klimax oder Antiklimax; vollends verbietet die Form die ersten beiden Glieder nach 16 als potentia spiritus sancti (Calvin) zusammenzufassen: vielmehr wird das erste durch ein Paar erläutert. Der heilige Geist und die viele Zuversicht3 stellen den göttlichen und den menschlichen Grund der Kraft seiner Predigt dar. Bei δύναμις4 denkt Paulus hier nicht an äußere Wunder als Macht erweise (vgl. Röm 15 18f. 2 Kor 12 12 u. ö.), wie viele griech. Exegeten, auch Erasmus noch annahmen, sondern an die Macht seiner Predigt über die Herzen: sie schafft Glaube und ein neues sittliches Leben. Der Gegensatz zwischen der äusseren Erscheinung und Lage des Apostels und seiner Freudigkeit (vgl. 2 Kor 4 7ff.) kommt erst 2 2 zur Geltung. πνεῦμα ἅγιον, artikellos wie alle Glieder in v. 5 (darum das Fehlen des Art. nicht biblisch-theologisch auszupressen, Blass 46, 7) geht hier freilich auf die Auswirkung des Gottesgeistes in den Missionaren (nicht in den Thessalonichern Theodrt., Pelag.): Gott gab ihnen seinen h. Geist, so predigten sie wirksam. Aber ein 2. kam hinzu: sie selbst hatten große Freudigkeit (πληροφορία Röm 4 21. 14 5. Kol 2 2, von πληροφορεῖν, nicht „mit vollen Segeln fahren“, sondern = καρποφορεῖν volltragen, auch geistig „erfüllt sein von etwas, überzeugt sein und überzeugen“ s. Lightfoot zu Kol 4 125. „Das Geheimnis des Erfolges ist der Glaube an ihn“. Die πληροφορία (vgl. Hbr 6 11. 10 22) ist nicht theoretisches Überzeugtsein (mit dem Wunderglauben hat sie garnichts zu tun), sondern geistgewirkte innere Zuversichtlichkeit, hier in Gegensatz zu den äusseren Verhältnissen (2 2). Damit berührt P. sein eigenes Verhalten, und dafür (nicht für alles in v. 5 gesagte, nicht für δύναμις und πν. ἅγ. B. Weiß) beruft er sich alsbald auf das Wissen der Leser. War die Bezugnahme auf seine Predigt noch aus deren Beziehung zur Erwählung und Berufung der Leser zu verstehen, so hat dies καθὼς οἴδατε οἷοι ἐγενήθημεν ἐν ὑμῖν6 διʼ ὑμᾶς damit fast keine Verbindung mehr (als Steigerung kann der Übergang von der Missionspredigt zu dem persönlichen Verhalten nicht gedacht sein); es gehört garnicht in den Zusammenhang von 1 4–10 und ist hier nur zu verstehen daraus, dass Paulus die Gedanken von 2 1–13, der Apologie seines Verhaltens, bereits beschäftigen: diese bereitet jenes Sätzchen vor, wie schon der Vergleich des καθὼς οἴδατε mit 2 1, 5, 11 zeigt. Man könnte den an sich entbehrlichen Satz als Parenthese fassen, wenn er nicht auf die Fassung des folgenden Gedankens solchen Einfluss gewonnen hätte, dass Koppe ihn mit einem Schein des Rechts als Vordersatz zu v. 6 fassen konnte. Bei dieser Auffassung ist von vornherein ausgeschlossen in οἷοι ἐγενήθημεν an die göttliche Ausrüstung des Apostels (Calvin), an Gottes Segnung ihres Wirkens (Bornem.) zu denken; nur ein Verhalten des Apostels kommt inbetracht, u. zw. nicht das Allen alles sein können aus 1 Kor 9:20 oder Enthaltung von Erlaubtem (Pelag.), auch nicht Kraft und Geistesfülle im allgem., sondern speziell die Freudigkeit und Unermüdlichkeit der Missionsarbeit d. h. die πληροφορία πολλή im Gegensatz zu der nach den trüben Erfahrungen von Philippi 2 2 zu erwartenden Niedergeschlagenheit. Eine solche hat P. inzwischen in Korinth durchgemacht: er richtet sich selbst auf in der Erinnerung an sein andersartiges Auftreten bei den Thessalonichern (ἐν ὑμῖν in eurer Mitte), darin in feiner Wendung einen Beweis seiner Liebe zu den Lesern aufzeigend (διʼ ὑμᾶς vgl. 2 8); es ist naheliegend, dies διʼ ὑμᾶς im Hinblick auf das beherrschende τὴν ἐκλογὴν ὑμῶν von einem Zweck Gottes zu verstehen, der P. zu einem solchen Verhalten befähigte; aber da das pass. ἐγενήθημεν hierzu nicht zwingt (s. ob.), so wird das Anklingen dieses Liebestones aus dem apologetischen Grundmotiv dieses Zwischensatzes zu erklären sein.

Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament

Zuerst werden wir an den dreifachen Charakter und die Dynamik der Predigt erinnert. Sie war das scharfe Schwert des Wortes Gottes, eingehüllt in die Kraft des Heiligen Geistes. Sie war auch die Trompetenfanfare des Herolds, die keinen undeutlichen Ton gab, sondern die Autorität Gottes hinter sich hatte. Sie richtete sich an die Herzen, den Verstand und die Gewissen der Zuhörer und forderte eine Reaktion des Willens. Hinter dem Charakter der Predigt stand der Charakter der Prediger; ihre Lebensweise stimmte mit der Botschaft überein, die sie verkündeten. Paulus führt dies in Kap. 2 weiter aus und kommt immer wieder darauf zurück. Der Prediger muß ein wandelndes Beispiel dessen sein, was er predigt.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Das »Evangelium« ist die frohe Kunde von der Erlösung, die Gott in Jesus Christus gewirkt hat. Es ist alles andere als selbstverständlich. Es ist Botschaft von dem Wunder, das »kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz gekommen ist« (1. Kor 2,9). Gleichzeitig ist es »unser Evangelium«, das Evangelium also, das von Paulus und seinen Mitarbeitern in Thessalonich verkündigt wurde. Predigt kann niemals unbeteiligte Weitergabe von Heilstatsachen sein; sie ist stets persönlich. Denn sie ist Zeugnis. Sie spricht von dem, was Gott auch an uns getan hat. Sie bekennt, daß »Jesus Christus … sei mein Herr« (Luthers Erklärung zum 2. Glaubensartikel). Damit aber wird das Evangelium nicht zu einer Privatmeinung. Es ist das eine Evangelium, neben dem es kein anderes geben kann (Gal 1,7), wenn auch im Laufe der Kirchengeschichte vieles unter dem Etikett »Evangelium« verbreitet wurde. Das Evangelium, das Paulus sich nicht ausgedacht, sondern selbst empfangen und weitergegeben hat, kann mit klaren Worten wiedergegeben werden: 1. Kor 15,3–5.
Dieses »Evangelium« wurde nicht nur angesagt, es »geschah« geradezu in Thessalonich. Paulus benutzt einen Ausdruck, der in der LXX z. B. in 1. Mose 15,1, 1. Sam 15,10 oder Jer 1,4 auftaucht. Diese Stellen handeln vom Reden Gottes mit den Menschen. Wenn Gott redet, so ist dies nicht eine Sonderform der uns vertrauten zwischenmenschlichen Kommunikation. Sein Wort ist vielmehr Schöpferwort. Es gibt der Weltgeschichte eine neue Wendung. Es prägt die Lebensgeschichte des Angeredeten um.
In gleicher Weise war die Evangeliumsverkündigung in Thessalonich keine Informationsveranstaltung. Die Ansage des Evangeliums ereignete sich daher »nicht allein im Wort, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in voller Gewißheit«. Damit war das Wort natürlich nicht entbehrlich. Vielmehr ist das Wort so sehr Kennzeichen des Wirkens Gottes, daß der eingeborene Sohn »das Wort« genannt wird (Joh 1). Dieses Wort ist kein magisches oder mysteriöses Wort, sondern eines, das von Menschen verkündigt wird und von Menschen verstanden werden kann. Und doch ist es nicht »Schall und Rauch«, sondern »Geist und Leben« (Joh 6,63), ist es machtvolles und geisthaltiges Wort. Dem schlichten Predigtwort eignet die »Macht zur Errettung« (Röm 1,16; 1. Kor 1,18.24). Äußerlich ist dies nicht zu erkennen. Wer würde der Botschaft von einem gekreuzigten Gottessohn Bedeutung zumessen? Selbst das Auftreten und die Predigtweise der Botschafter ist nicht beeindruckend: 1. Kor 2,1–4. Dennoch erweist sich das Evangelium als Wort »des Geistes und der Kraft«.
Der »Heilige Geist« bewirkt, daß aus (in Sünden) Toten Lebende (Eph 2,1.5), aus Feinden Versöhnte (Kol 1,21), aus Sklaven Kinder (Gal 4,5ff.), aus Sündern Heilige (1. Kor 6,9ff.) werden. Er selbst bezeugt das in den Herzen der Glaubenden (Röm 8,16); er wirkt das Bekenntnis: Jesus, der Nazarener, ist der Christus, der Herr (1. Kor 12,3; Röm 10,9f.); durch ihn wird die Liebe in die Herzen ausgegossen (Röm 5,5), wird Frucht geschaffen (Gal 5,22). Neben dieser fundamentalen und zentralen Wirksamkeit des Heiligen Geistes, die Christen im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung zu verwurzeln, findet sich eine Fülle weiterer Gaben und Wirkungen, die z. B. in Röm 12,3ff.; 15,18f. und 1. Kor 12,4ff. zusammengestellt sind.
»In voller Gewißheit« (wörtl.: »in voller Fülle«): Die Evangeliumsverkündigung hat in kraftvoller und geistesmächtiger Weise Fülle hervorgerufen: den rettenden Glauben, das unerschrokkene Zeugnis, Geduld und Freude im Leiden; sie hat große »Gewißheit« bewirkt (vgl. Hebr 6,11, wo von der »Fülle der Hoffnung« und 10,22, wo von der »Fülle des Glaubens« die Rede ist). Gleichzeitig war diese Zuversicht auch ein Charakteristikum der Missionare und ihrer Predigt. Doch auch hier gilt: All dies ist (immer noch!) Gegenstand des Dankes (V. 2) und nicht stolzer Rückblick auf ein gelungenes Gemeindegründungsprojekt. Zugleich spricht aus diesen Worten keine Übertreibung, erinnern sich die Thessalonicher doch nur zu genau an das, was sich bei der Verkündigung des Evangeliums ereignete. Paulus geht es in seiner Tätigkeit um die Hörer, um »euch«; möglichst viele sollen dadurch für Christus gewonnen werden (1. Kor 9,19ff.); er selbst bleibt gegenüber den Gemeinden »Knecht um Jesu willen« (2. Kor 4,5).

Edition C Bibelkommentar

Dienst und Praxis des Lebens
Vers 5. Nun wird uns gesagt, wie diese Menschen zum Glauben, zur praktischen Verwirklichung ihrer Bekehrung gekommen waren: durch den Dienst von Paulus, aber auch von Silvanus und Timotheus. Diese Drei hatten ihnen das Evangelium, d.h. eine gute Botschaft, gebracht. Das Evangelium weiterzusagen, heisst wirklich: den Menschen eine gute Botschaft bringen.
Paulus nennt es «unser Evangelium» und zählt dann vier Kennzeichen ihres Dienstes auf:
a. Es war «im Wort», d.h. Paulus und die anderen hatten geredet.
b. Er hatte aber nicht nur geredet, es geschah auch «in Kraft», d.h. in diesem verkündigten Wort lag göttliche Kraft. Paulus sprach und schrieb in seinen Briefen inspirierte Worte. Darin lag die Kraft.
c. Es geschah «im Heiligen Geist». Was er verkündigte, war eine geistliche Rede, keine fleischliche, menschlich interessante Konstruktion. Es war vom Heiligen Geist gewirkt.
d. «In grosser Gewissheit» lässt uns an eine bestimmte und klare Botschaft denken. Etwas von dieser grossen Gewissheit erkennen wir z.B. in den Worten, die er in Athen auf dem Areopag gesprochen hat: «Nachdem nun Gott die Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet er jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen, weil er einen Tag festgesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und er hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn aus den Toten auferweckt hat» (Apg 17,30.31). Gott lässt dem Menschen keine Wahl, Er gebietet ihm, Buße zu tun. Wer dieser Aufforderung nachkommt, erfährt Jesus Christus als Heiland. Wer nicht bereit ist, Gott zu gehorchen und dieses Heil im Herrn Jesus ablehnt, wird Ihm als dem Richter begegnen müssen.
Diese Punkte bezüglich des Dienstes sind auch für uns wichtig, wenn wir das Evangelium weitertragen. Es muss etwas geredet werden oder etwas Geschriebenes weitergegeben werden. Dabei muss uns bewusst sein, dass nur das inspirierte, geschriebene Wort Gottes in Kraft wirkt. Wir müssen also in unserem Reden das geschriebene Wort Gottes vor Herz und Gewissen legen. Weiter geht es um einen geistlichen Dienst, und er darf mit grosser Bestimmtheit geschehen, indem wir das Heil klar vorstellen. Das auf Golgatha vollbrachte Werk des Herrn Jesus genügt zur Rettung verlorener Sünder. Wer dieses Werk ablehnt, wird einst vor dem grossen weissen Thron gerichtet werden. Dort werden Bücher geöffnet, in denen das ganze Leben der Angeklagten aufgeschrieben ist. Auch das Buch des Lebens wird dann geöffnet, aber nur als Beweis dafür, dass kein Name von denen, die dort erscheinen müssen, darin steht. Und dann geht es im Schweigemarsch in die Hölle – für alle Ewigkeit.
Paulus und seine Begleiter haben in Thessalonich nicht nur einen Dienst getan, sie haben auch unter jenen Jungbekehrten gelebt. Wenn er schreibt: «Was wir unter euch waren», dann meinte er damit sein Leben und das Leben seiner Begleiter. In den Schriften des Apostels Paulus fällt auf, wie er die zwei Seiten immer wieder vor sich hatte: seinen Dienst für den Herrn und sein Leben mit Ihm.
Das müssen auch wir unterscheiden. Jeder von uns hat einen Dienst vom Herrn und für Ihn, und jeder von uns darf ein Leben mit dem Herrn leben. Wenn wir dies unterscheiden, trennen wir die zwei Seiten nicht voneinander, sondern verbinden sie. Das Leben muss in Übereinstimmung mit dem sein, was wir verkündigen.
«Was wir unter euch waren um euretwillen.» Es ging Paulus nicht um seine Person, sondern um die Thessalonicher. Ihnen hatte er gedient, und unter ihnen hatte er als treuer Christ gelebt.

Halte fest 2007

Zurück zu meiner Frage oben: Gibt es in deiner Versammlung Pausen, Minuten des Schweigens, indem der heilige Geist in den Anwesenden wirken kann – und wirklich jeder etwas zu dem Thema sagen kann? Oder dürfen in deiner Versammlung nur die bekannten Brüder sich zu Wort melden – und Gäste und Frauen müssen schweigen? Oder noch schlimmer: es werden Vorträge „abgespielt“ ohne dass der heilige Geist je den Möglichkeit hat, Antworten zu geben?

„wie Kinder ohne Eltern“

Und als Jesus aus dem Schiffe trat, sah er eine große Volksmenge und wurde innerlich bewegt über sie; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu lehren.
Elberfelder 1871 – Markus 6,34

 Und als er ausstieg, sah er eine große Menge und hatte Erbarmen mit ihnen, weil sie(- Mt 9,36;
Num 27,17; 1 Kön 22,17; Ez 34,5; Mt 9,36 -) „wie Schafe waren, die keinen Hirten haben“.
Und er begann, sie vieles zu lehren.
Das neue Testament – Übersetzt von Peter Knauer – Markus 6:34

Als Jesus aus dem Boot steigen wollte, sah er die vielen Menschen. Diese Leute taten Jesus voll leid, sie kamen ihm vor wie Kinder ohne Eltern. Er nahm sich sehr viel Zeit für sie und brachte ihnen eine Menge Sachen bei.
VolxBibel – Markus 6,34

Kennst du auch Menschen, die auf der Suche nach der Wahrheit sind, aber solchen „Bauernfängern“ auf den Leim gegangen sind, die alle „ihre Schafe“ anbetteln, um Spenden bitten anstatt für „feste Nahrung“ zu sorgen? Fällt besonders dann auf, wenn die „Hirten“ aufgrund von Alter „erneuert werden“ – also andere „die Schafherde übernehmen“. Bei vielen führt das Beobachten dieser Situation zu Spott zu den Schafen. Andere überlegen, ob sie nicht „an die Wolle der Schafe kommen“ – natürlich ohne die Schafe wirklich zu weiden.
Aber schauen wir auf Jesus:

»Und als er (Jesus) ausstieg, sah er eine große Menge« (Mk 6, 34). Wo »stieg« Jesus »aus«? Noch immer ist die Vermutung des alten Landeskenners Gustav Dalman die beste, wonach Jesus in der Nähe der Einmündung des Wadi Samach, ein paar Kilometer südöstlich von Betsaida landete (vgl. Lk 9,10). Schickt Jesus die Menge weg? Das Gegenteil geschieht: »das Erbarmen mit ihnen packte ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben, und er begann, sie ausführlich zu lehren«. Wir blicken hier hinein in einen der wichtigsten Vorgänge in der Gottheit. »Erbarmen« ist eines der Hauptkennzeichen des biblischen Gottes (vgl. 2 Mo 34,6; 4 Mo 14,18; Ps 103,8; Jon 4,2). »Erbarmen« ist folglich auch ein Grundzug des Wesens Jesu (Mt 9,36; 14,14; 15,32; 20,34; Mk 1,41). Und nun erleben wir, wie Gottes Sohn aus Erbarmen sogar seine Pläne ändert. Auch er wollte »allein sein« (Mk 6, 32). Aber nun nimmt er die Leute auf (Lk 9,11). Ja, »er lehrte sie ausführlich« (vgl. Joh 6,3).

Edition C

Als Jesus die große Menge sah, wurde er keineswegs ärgerlich, sondern sie jammerte ihn. Aus diesem Gefühl heraus konnte er nicht anders, als ihnen zu helfen (vgl. z. B. Mk 6,39-44). Er sah sie als Schafe, die keinen Hirten haben, verloren und hilflos, ohne Führung, Nahrung und Schutz. In vielen Passagen des Alten Testaments (4Mo 27,17; 1Kö 22,17; Hes 34,5.23-25) ist das Bild vom Hirten und den Schafen mit der „Wüste“ (erEmos; vgl. Mk 6,31-32) assoziiert. Die ratlose Menge, das Sinnbild des Volkes Israel, wurde des Erbarmens von Jesus, dem guten Hirten (vgl. Joh 10,1-16), teilhaftig und wurde von ihm lange über das Gottesreich belehrt (vgl. Lk 9,11) und liebevoll versorgt (Mk 6,35-44).

Walvoord Bibelkommentar

Die Menge war „wie Schafe ohne Hirten“ – das heißt, sie waren „verloren und hilflos, ohne Führung, Nahrung oder Schutz“. Jesus „hatte Mitleid mit ihnen“ (Markus 6,34) – er identifizierte sich persönlich mit ihrer Notlage und beschloss, etwas dagegen zu tun. Wie eine Quelle es ausdrückt: „Bei [Jesus] ist Mitleid nicht nur ein Gefühl. Es ist ein zärtliches Gefühl, das sich in hilfreiches Handeln verwandelt“. Wie bei Matthäus und Lukas berichtet wird, heilte Jesus auch die Kranken in der Menge, und natürlich waren solche wundersamen körperlichen Heilungen ein normaler Bestandteil des Dienstes Jesu. Es gibt zwar mehrere alttestamentliche Parallelen zum Begriff des Hirten, aber drei davon sind besonders bemerkenswert:

1. Bei der Beauftragung Josuas bat Mose Gott, „‚einen Mann über die Gemeinde zu setzen, der vor ihnen aus- und eingeht, der sie hinausführt und einführt, damit die Gemeinde des Herrn nicht wie Schafe ist, die keinen Hirten haben'“ (Numeri 27,16-17). (Führen/rausgehen und führen/einführen ist eine militärische Symbolik. )
2. Als David zum König von Israel ernannt wurde, bekräftigten „alle Stämme Israels“ seine Berufung: „Da kamen alle Stämme Israels zu David nach Hebron und sagten: ‚Siehe, wir sind dein Bein und dein Fleisch. Früher, als Saul König über uns war, warst du es, der Israel aus und ein geführt hat. Und der Herr hat zu dir gesagt: Du sollst mein Volk Israel weiden, und du sollst ein Herrscher über Israel sein.'“ Da kamen alle Ältesten Israels zum König nach Hebron, und der König David schloss mit ihnen einen Bund vor dem Herrn in Hebron; dann salbten sie David zum König über Israel“ (2. Samuel 5,1-3).
3. Und in demselben Abschnitt der Heiligen Schrift, den Johannes der Täufer zitiert („Macht den Weg frei für den Herrn in der Wüste …“), sagt der Prophet Jesaja das Kommen des Herrn zu seinem Volk voraus: „Wie ein Hirte wird er seine Herde hüten, auf seinem Arm wird er die Lämmer versammeln und sie in seinem Schoß tragen; die säugenden Mutterschafe wird er sanft führen“ (Jesaja 40,11). (alle NASB)

Jesus „ist der verworfene niedrige Hirte, barmherzig, aber stark im Geist und mächtig im Handeln, durch den Gott die bösen Hirten entlarven und seine Herde treu auf ihrer Weide hüten wird. … In Jesus erfüllen sich nicht nur die Hirtenhoffnungen eines neuen Mose, eines neuen Josua, eines neuen David und vielleicht des isaitischen Knechtes, sondern auch Jahwe selbst ist auf geheimnisvolle Weise in einzigartiger Weise unter sein Volk gekommen

Greg Williamson – Das Evangelium nach Markus

Als der Herr aus dem Schiff steigt und die große Volksmenge sieht, kann Er nicht anders: Er ist innerlich bewegt über sie. Er sieht eine große Herde ohne Hirten. Ihre religiösen Führer sind keine Hirten, sondern Mietlinge, Diebe und Räuber. Sie machen sich überhaupt keine Sorge um die Herde, sondern wollen gerade von der Herde profitieren (Joh 10,8.12; Hes 34,2). Der Herr hingegen ist der gute Hirte (Joh 10,11).
In seinem Erbarmen fängt der Herr an, die große Volksmenge viele Dinge zu lehren. Menschen, die in Not sind, brauchen vor allem gesunde Belehrung für ihren Geist, noch mehr als gesunde Nahrung für ihren Körper, obwohl der Herr auch dieses Bedürfnis nicht vergisst.
Die Jünger sind Menschen ihrer Zeit und sie sind praktisch. Sie meinen, ihren Herrn darauf hinweisen zu müssen, dass das Ort öde ist und dass es schon spät geworden ist. Was ihnen fehlt, ist das Erbarmen, das Er hat. Ihr Rat ist, die Volksmenge wegzuschicken, denn dann könnten sie noch etwas zu essen kaufen. Spricht dieser Rat nicht auch von Sorge für die Menschen? Das könnte so aussehen, jedoch teilen sie nicht das Erbarmen des Herrn für die Volksmengen. Darüber hinaus fehlt ihnen auch der Glaube an einen Herrn, der auch die leiblichen Bedürfnisse stillen kann. Könnte Er wohl die Volksmenge wegschicken, nachdem Er ihren Geist erquickt hat, ohne dass Er sie auch körperlich erfrischt hat? Sie gleichen Ihm noch nicht, aber Er setzt seine Belehrungen fort. Deswegen bezieht Er sie mit ein.

Ger de Koning – Das Evangelium nach Markus

Schon der erste Satz (V 34) zeigt uns, um was es bei dieser Geschichte geht. Es ist ja nicht die irdische Not dieser Menschen, etwa der Aufenthalt an dieser einsamen Stätte (fern ihrem Zuhause dem Hunger ausgeliefert), sondern das Erbarmen des Herrn gilt in erster Linie der geistlichen Not des Volkes. Es jammerte Ihn der verirrten Schafe. Aber waren diese Menschen nicht das auserwählte alttestamentliche Volk Gottes? Besaßen sie nicht die Worte Gottes durch das Gesetz und die Propheten und damit auch die Leitung Gottes? Warum dann doch verirrt und ohne Führung? Das Bild, unter dem Jesus diese Menschen sah, war dennoch klar und wahr: Wie Schafe, die keinen Hirten haben. Das, was dieses Volk hatte, war leer und ohne Kraft geworden, ihr Gottesglaube war zur bloßen Form erstarrt, ohne Geist und Leben. Sie sahen nur noch das Äußere, den Schein, aber nicht mehr das innere Wesen, den Geist.

Darum stellt Sich Jesus voll Erbarmen der Menge des Volks und lehrt sie, bis der Tag sich neigt. Markus vermerkt hier, wie sehr der Heiland zum guten Hirten wird, der Sich Seiner Herde annimmt mit dem ganzen Erbarmen (- „splangchnizomai“ = sich erbarmen; „ta splangchna“ = das Innere, das Herz, das Erbarmen fühlt. -) des Herzens. Auch Matthäus weist im Zusammenhang seines 9. Kapitels, V 36, darauf hin. Die Evangelisten (nicht nur bei Markus) sehen sich dabei erinnert an die Gedanken des Propheten Hesekiel (siehe Kap. 34).

Das Wichtigste aber ist dem Herrn Jesus die Verkündigung. Es wird uns nicht gesagt, über welche Dinge der Herr das Volk so lange und ausführlich belehrt. Wir wissen auch so, ohne daß es ausführlich gesagt wird, daß Er das Königreich Gottes, das Reich der Himmel, das Gottesreich verkündigte.

Wuppertaler Studienbibel

Jeschua fuhr fort, auf spezifische persönliche Bedürfnisse einzugehen. Markus beschreibt seinen Blick auf die Menschen: Und er trat heraus und sah eine große Volksmenge und hatte Mitleid mit ihnen, weil sie wie Schafe waren, die keinen Hirten hatten (Markus 6,34). Die Frage, mit der die Schar noch rang, war: „Sollen wir den alten Hirten folgen oder dem neuen?“ Ihre Unentschlossenheit machte sie wie Schafe ohne einen Hirten. Jeschua hatte Mitleid mit ihnen und setzte seinen Dienst des Heilens (Matthäus 14,14) und Lehrens (Markus 6,34; Lukas 9,11) aufgrund der persönlichen Bedürfnisse der Menschenmenge fort. Als Vorbild für die Arbeit eines geistlichen Hirten übte er den Dienst eines Hirten-Lehrers aus, indem er die Herde in der Wahrheit unterwies und sich um sie kümmerte, indem er sie heilte und speiste und so ein bestimmtes körperliches Bedürfnis stillte. Es ist nicht die Aufgabe der Schafe, nach Nahrung zu suchen; vielmehr ist es die Aufgabe des Hirten, die Herde zu weiden.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

„Drängt anderen nicht persönliche Meinungen oder willkürliche Regeln auf“

Dies aber, Brüder, habe ich auf mich und Apollos gedeutet (O. bezogen) um euretwillen, auf daß ihr an uns lernet, nicht über das hinaus zu denken , was geschrieben ist, auf daß ihr euch nicht aufblähet für den einen, (Eig einer für den einen) wider den anderen.
Elberfelder 1871 – 1.Korinther 4,6

An unserem Beispiel wollte ich euch zeigen, was es bedeutet, die Grenzen nicht zu überschreiten, die uns durch die Schrift gesetzt sind (- was es bedeutet, sich – wie man so schön sagt – »an die Regeln zu halten«. W was das bedeutet: Nicht über das hinaus, was geschrieben ist! -). Keiner von euch darf den einen ´von uns` auf Kosten des anderen hervorheben und sich damit auch noch wichtig machen.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – 1.Korinther 4:6

Bisher, Brüder, habe ich nur von mir und Apollos geredet*. Das habe ich mit Rücksicht auf euch getan. Denn durch unser Beispiel sollt ihr lernen, nicht über die rechten Grenzen (der Demut und Bescheidenheit) hinauszugehn und nicht den einen (Lehrer) auf Kosten des andern in Aufgeblasenheit vorzuziehn.
Ludwig Albrecht – 1.Korinther 4,6

… so daß ihr an unserem Fall die [Regel] kennenlernt: „Geht nicht über das hinaus, was geschrieben steht“, damit ihr nicht persönlich aufgeblasen werdet zugunsten des einen gegen den anderen.
neue Welt Übersetzung – Bi12 – 1.Korinther 4:6

Ein wichtiger Satz bei einem Bibelseminar, der mein Denken verändert hat war: „versuche es dir beim Lesen der Bibel einmal vorzustellen, dass die Bibel es genau so meint, wie es da steht!“
Also mal nicht „geistlich“ und „vergeistlich“ oder „symbolisch“ – sondern so wie es da steht!

Die Heilige Schrift ist die hinreichende Offenbarung Gottes, obwohl sie nicht die erschöpfende Offenbarung ist. In Römer 8,18 steht, dass in der zukünftigen Herrlichkeit weitere Offenbarung gegeben werden wird. 1 Korinther 13,12 lehrt, dass es eine zukünftige Erkenntnis geben wird, und Judas 3 sagt uns, dass die endgültige Offenbarung erst im verherrlichten Zustand kommen wird. Im gegenwärtigen Zustand ist die Heilige Schrift die endgültige Offenbarung für jetzt. Deshalb ermahnt Paulus die Gläubigen in 1 Korinther 4,6, nicht über die Dinge hinauszugehen, die geschrieben stehen. Es ist das geschriebene Wort Gottes, durch das Wahrheit und Irrtum von allem anderen, mit dem wir im geistlichen Krieg konfrontiert werden, bestimmt werden können. Es ist die Offenbarung durch das Wort nach 1 Thessalonicher 2,13. Es ist die Heilige Schrift, die das „So spricht der Herr“ enthält.

Arnold Fruchtenbaum – Die Bibel und die göttliche Offenbarung

Der Apostel redet in einer konkreten geschichtlichen Situation der korinthischen Gemeinde. Es sind nicht allgemeine Theorien oder theologische Sätze, die er entfaltet. Die Korinther – ganz betont wieder als Brüder angesprochen – sollen »lernen«, die geistliche Einsicht gewinnen, die allein ihre eifersüchtigen, spaltenden Streitigkeiten überwinden kann. Alles, was der Apostel über die Diener Christi, ihre Arbeit, ihren Lohn, ihr Urteil, das Gott sprechen wird, und über ihr Verhältnis zur Gemeinde gesagt hat, hat er »auf mich und Apollos gedeutet«, eigentlich: »habe ich auf mich und Apollos umgestaltend angewendet.« Paulus und Apollos sind beide Diener und Haushalter Christi. Nur dessen Urteil über sie ist gültig. Das gegenseitige Rühmen oder Abwerten der Gruppen in Korinth unter Berufung auf einen von beiden ist gefährlich und falsch. An ihren beiden Lehrern kann die Gemeinde lernen, was schon die Schrift bezeugt: Menschenruhm ist Torheit, ist nichtig (vgl. 1 Kor 3,19.20; auch 1,31). Mit ihrem Menschenlob gehen die Korinther »über das hinaus, was geschrieben steht«; sie handeln wider das Wort Gottes, weil sie die Wahrheit der Schrift verlassen, die bezeugt, daß Menschen schwach und hinfällig sind (vgl. 1 Sam 2,3ff.; Hi 7,17; 14,1; Ps 39,6; 103,15; 118,8; 144,4; 146,3; Jer 9,22ff.; 17,5). Wenn das Wort Gottes verlassen wird und unter Berufung auf weiter oder tiefer gehende Weisheit andere Gedanken Raum gewinnen, verliert die Gemeinde den Boden unter den Füßen. Das wird in den Auseinandersetzungen in Korinth ganz deutlich, mag auch noch in anderen Bereichen der Gemeinde dieses Motto »über das hinaus, was geschrieben steht«, gegolten haben. Der Schaden ist ja sichtbar. Einer »bläst sich auf wider den andern«, einer wird »hochmütig« (so die übertragene Bedeutung) gegen den anderen – und das alles unter Berufung auf die jeweiligen Vorzüge ihrer Lehrer. Sowohl ihr Menschenruhm wie auch ihre Urteile sind gefährlich; sie konnten das schon aus der Schrift lernen, aber auch jetzt an dem energischen Entgegentreten des Apostels erkennen.

Edition C Bibelkommentar

Paulus hat im vorangehenden Spruch und schon in 1 Korinther 3,5 an sich selbst und an Apollos gezeigt, wie die, die ein Amt in der Gemeinde haben, dieses richtig verwalten: nicht als Herrscher über die Gemeinde und nicht mit Zank, der den einen erhöht und den anderen erniedrigt, auch nicht so, dass sie bei den Menschen um Ruhm betteln oder vor ihrem Urteil erschrecken. Das hat Paulus nicht deshalb getan, weil er oder Apollos solche Ermahnungen nötig gehabt hätten. Sie wissen, wie man mit reinem Herzen in der Arbeit Gottes steht. In Korinth dagegen gab es Männer, die das nicht wussten, sondern danach trachteten, sich die Gemeinde zu unterwerfen und mehr zu sein als das, worin Paulus seine höchste Ehre sieht: Mitarbeiter Gottes. Darum hat er sich selbst mit Apollos zum Beispiel dafür gemacht, wie denen, die einen besonderen Beruf haben, von der Gemeinde der ihnen gebührende Platz gegeben wird.

Die Gegner, die das Wort des Paulus neben ihrer Erkenntnis missachteten, riefen der Gemeinde zu: „Hinauf über die Schrift!“ Weil ihnen die Botschaft Jesu, die Paulus ihnen gebracht hatte, neben ihrer neuen Weisheit als gering erschien, sagten sie auch von der Regel der Schrift, sie sei für sie nicht mehr gültig und nur für Schwache brauchbar, nicht für die Vollkommenen. Sie wollten ja einzig dem Christus angehören und meinten, damit hätten sie eine so herrliche Kraft und eine so helle Erkenntnis erlangt, dass das Gebot der Schrift sie nicht mehr verpflichte. Wandte man gegen ihre Weisheit ein, dass sie die Satzungen der Schrift umstoße, so sagten sie kühn, so müsse es sein; denn jetzt sei das Vollkommene erschienen und die Zeit der Unmündigkeit vorüber. So schufen sie sich den freien Raum für ihr ehrgeiziges und eigenmächtiges Lehramt; denn wenn die Schrift die vom Geist bewegte Gemeinde nicht mehr leiten kann, werden ihr die neuen Meister unentbehrlich, damit sie den Willen Gottes erfahre. Indem sie aber über die Schrift hinausfahren, sind diese Lehrer nicht mehr dem Beispiel folgsam, das Paulus und Apollos ihnen gegeben haben. Denn so sind sie nicht mehr die Diener Gottes, deren Würde darin besteht, Gottes Mitarbeiter zu sein; sie stoßen bei ihrer Bauarbeit die Sorge weg, ob ihr Bau auch haltbar sei. Deshalb hat Paulus sich selbst und Apollos zum Vorbild des rechtschaffenen Lehrers gemacht, damit die Gemeinde begreife: ein rechter Lehrer hält sich von aller Hoffart gänzlich rein und vergreift sich nicht an dem, was Gott früher der Gemeinde gegeben hat, sondern bleibt mit treuem Gehorsam an das gebunden, was die Schrift befiehlt. Auch die Schrift gehört zu den guten Gaben Gottes, von denen gilt: „Es ist alles euer „; die Gemeinde soll sie nicht wegwerfen, sondern dankbar benützen. Nur so wird der Streit vermieden, der sicher entsteht, wenn Gruppen in ihr ihr Selbstgefühl daran steigern, dass sie einen von ihnen erkorenen Meister über alle anderen erhöhen und neben ihm alle anderen geringschätzen.

Damit berührt Paulus den Punkt, den er an dem Verhalten der Gemeinde besonders fürchtete. Sie tritt stolz auf und vermengt mit ihrer Frömmigkeit eine hoffärtige Haltung. Auch darin setzten die Männer, die um sie warben, die alte jüdische und griechische Denkweise fort. Denn sowohl der Jude als der Grieche machte aus jedem Vorzug, den er besaß, einen Ruhm für sich. Paulus macht zuerst die Torheit und Grundlosigkeit aller Hoffart klar.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Paulus erklärt nun, daß er die frühere Lehre auf sich selbst und Apollos angewandt hat, um den Korinthern beizubringen, wie töricht es ist, Diener über das hinaus zu erheben, was geschrieben steht. „Über das hinaus, was geschrieben ist“ könnte ein Ausdruck gewesen sein, der gebraucht wurde, um auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, mit der Schrift übereinzustimmen. „Was geschrieben ist“, ist die übliche Formulierung zur Einleitung alttestamentlicher Zitate. Hier steht aber kein direktes Zitat. Paulus will vermutlich auf die allgemeine Tendenz der Schrift aufmerksam machen, die Gott erhebt -anstelle der Diener. Die Gefahr des Aufgeblasenseins besteht immer darin, daß man auf einen bestimmten Lehrer stolz ist und so gegen einen anderen steht. Wir mögen uns über begabte Männer freuen und anerkennen, daß sie Gaben des Christus für uns sind. Aber niemals sollten wir das im Übermaß tun, weil dies das Übel der Parteilichkeit fördert.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Wie wäre es, dem allmächtigen Gott NICHT zu unterstellen, ER könne sich nicht richtig ausdrücken, und müsse deshalb andere Dinge beschreiben, die man dann „nur geistig verstehen“ könne?

Wenn das Ergebis positiv bleibt

Ich will aber, daß ihr wisset, Brüder, daß meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums geraten sind, so daß meine Bande in Christo offenbar geworden sind (d. h. als solche, die ich um Christi willen trage) in dem ganzen Prätorium und allen anderen, (O. an allen anderen Orten) und daß die meisten der Brüder, indem sie im Herrn Vertrauen gewonnen haben durch meine Bande, (O. durch den Herrn hinsichtlich meiner Bande Vertrauen gewonnen haben) viel mehr sich erkühnen, das Wort Gottes zu reden ohne Furcht.
Elberfelder 1871 – Philipper 1,12–14

Aber ich will euch in Kenntnis setzen, Brüder, dass es durch meine Umstände mehr zum Vorstoßen der guten Botschaft gekommen ist,
Jantzen & Jettel – Philipper 1:12

Meine lieben Brüder und Schwestern! Ihr sollt wissen, dass meine Gefangenschaft die Ausbreitung der rettenden Botschaft nicht gehindert hat. Im Gegenteil!
Hoffnung für Alle – Phil. 1,12

JEHOVA ist nicht ein Gott der Gefangennahme. Er setzt keine seiner Geschöpfe hinter Schloss und Riegel. Er fesselt nicht einmal die Gedankengänge einer Person, sondern gewährt dem Sinn derer, die er erschaffen hat, Denkfreiheit. Er hat weder körperliche noch geistige Roboter ins Dasein gerufen, die sich mechanisch in den von ihm verordneten Bahnen bewegen müssten, sondern hat seine intelligenten Geschöpfe mit einem Sinn versehen, der nicht nur fähig ist, Recht und Falsch zu kennen, sondern auch frei ist, diesen oder jenen Weg zu wählen. Hat er diese Freiheit der Wahl, zusammen mit einem zur Vorsicht mahnenden Rat nicht schon dem ersten Menschenpaar in Eden gegeben? Und taten nicht auch seine Wortführer bei der Nation Israel dasselbe?

Folglich ist es die biblische Wahrheit, welche die Menschheit instand setzen wird, erfolgreich aus Satans Kerkern auszubrechen, wodurch die Menschheit gelöst wird von der Knechtschaft zur Freiheit der Erkenntnis und des Dienstes für den wahren Gott. Mit freiem Sinn können die Glieder des Volkes Jehovas Gott dienen, auch wenn ihre Leiber in Gefängniszellen schmachten oder in Konzentrationslagern leiden. Als der Apostel Paulus eingesperrt war, schrieb er: „Ich möchte euch nun wissen lassen, liebe Brüder, dass die Lage, in der ich mich hier befinde, eher zur Förderung der Heilsverkündigung gedient hat. Es ist nämlich bei der ganzen kaiserlichen Leibwache und sonst überall bekannt geworden, dass ich um Christi willen in Gefangenschaft bin; so haben denn die meisten Brüder in dem Herrn durch meine Gefangenschaft neue Zuversicht gewonnen und wagen deshalb mit wachsender Furchtlosigkeit (ohne Furcht vor den Folgen, Eine Amerik. Übers.) das Wort Gottes zu verkündigen.“ (Philipper 1:12-14, Menge) Frei von Irrtum und von der Furcht vor Folgen kämpft der Sinn, der mit biblischer Wahrheit erfüllt ist, einen gottgemässen Kampf, um andere für den Dienst Jehovas zu befreien.

Wachtturm August 1950

Die jüdischen Führer erkannten, dass sie nach römischem Recht keinen Grund hatten, Paulus anzuklagen. Also entschieden sie sich für eine andere Strategie. Sie erlaubten Paulus, sich an Cäsar zu wenden, erschienen dann aber nicht in Rom, um ihre Anklage vorzutragen. Sie hofften, dass Paulus auf diese Weise wenigstens zwei Jahre lang aus dem „Verkehr“ gezogen und in seinem Dienst unwirksam gemacht werden würde. Aber wie falsch sie lagen! Während seiner Gefangenschaft schrieb Paulus vier wichtige Briefe, die bis heute Einfluss auf die Welt haben: Epheser, Philipper, Kolosser und Philemon. Der Apostel war zwar offiziell ein Gefangener, aber ihm wurde ein großer Teil der Freiheit gewährt. Dazu gehörte auch die Freiheit, in seiner eigenen Wohnung zu leben, anstatt im Gefängnis eingesperrt zu sein. So blieb Paulus in seinem eigenen gemieteten Haus, wo er alle empfing, die zu ihm kamen. Die Zeitform des griechischen Wortes für „empfangen“, apedecheto, ist das mittlere Imperfekt, was nach Robertson bedeutet, dass von Zeit zu Zeit Menschen zu Paulus kamen, und er sie in Ruhe empfangen konnte.
Vers 31 fasst den Dienst des Apostels während dieser zweijährigen Periode zusammen. Er predigte weiterhin das Reich Gottes, d. h. er verkündete Gottes Reichsprogramm. Er fuhr auch fort, die Dinge über den Herrn Jeschua Messias zu lehren, der die Essenz des Evangeliums ist. Paulus tat dies mit aller Kühnheit, und niemand hinderte ihn daran. In Philipper 1,12-14 wird beschrieben, dass sein Dienst in diesen zwei Jahren sogar bis zur Prätorianergarde reichte, einer Eliteeinheit der römischen Armee, deren Mitglieder als persönliche Leibwächter der Kaiser dienten.

Arnold Fruchtenbaum – Bibelkommentar zur Apostelgeschichte

Mit den Philippern dagegen ist Paulus persönlich und seit Jahren fest verbunden, sie sind ja „seine Teilhaber an der Gnade“ und warten sehnlich auf Nachricht. Sie würden vielleicht seinen Ausführungen gar nicht die volle Aufmerksamkeit entgegenbringen können, wenn sie nicht erst einmal hörten, wie es Paulus geht. Darum läßt Paulus hier dem Dank und der Fürbitte für die Gemeinde sofort ein Wort über seine eigene Lage folgen. Aber – wie tut er es! Es war eine harte Veränderung für ihn eingetreten. Die Vergünstigung einer eigenen Mietwohnung (Apg 28, 30. 31) mit ihrer relativen Freiheit ist ihm entzogen worden, er sitzt nun im „Prätorium“ in Haft. „Prätorium“ ist im Griechischen ein Lehnwort aus dem Latein. Ursprünglich bezeichnet es den Wohnraum des „Prätors“ im Lager und wird dann für die Amtswohnung eines römischen Statthalters gebraucht. So kommt es im Neuen Testament in Mt 27, 27; Mk 15, 16; Jo 18, 28. 33; 19, 9 und Apg 23, 35 vor. Wäre unser Brief noch während der Gefangenschaft des Paulus in Caesarea geschrieben, so schlösse sich die Erwähnung des Prätoriums hier unmittelbar an Apg 23, 35 an. Aber nun sind wir ja in Rom, wo es natürlich keinen „Statthalter“ gab. So werden wir bei dieser Bezeichnung hier an die große Kaserne zu denken haben, in der die Kaiserliche Garde als Besatzung Roms lag, oder auch an die Kaiserliche Garde selbst. Da sich sofort ein Hinweis auf Personen anschließt: „und bei den übrigen allen“, wäre es sprachlich das Gegebene, auch bei der Nennung des „ganzen Prätoriums“ nicht an ein Gebäude, sondern an einen Personenkreis zu denken. „Meine Fesseln sind in Christus offenbar geworden in der ganzen Kaiserlichen Garde und bei den übrigen allen.“ Allerdings hätte es dann nähergelegen, auch „die Kaiserliche Garde“ ebenso wie „die übrigen alle“ in den einfachen Dativ zu setzen; das ausdrückliche „in“ bei „Prätorium“ weist doch wieder auf ein Gebäude. Zu einer endgültigen Entscheidung werden wir in dieser Frage nicht kommen. Aber für die Lage des Apostels werden wir uns doch ein zutreffendes Bild machen können.
Der Prozeß des Paulus war nach langem (Apg 28, 30 „zwei Jahre“) schleppendem Gang nun offenbar in sein kritisches Stadium getreten; Paulus war für die Verhöre und die entscheidenden Verhandlungen in die Kaserne gebracht worden. Wie griff das in seine persönlichen Verhältnisse ein! Eigene Mietswohnung oder eine gewiß nicht sehr freundliche Arrestzelle in einer Kaserne – welch ein Unterschied! Und Paulus war ein alter Mann! Aber von seinem persönlichen Ergehen hören die Philipper und hören wir kein Wort. Nicht einmal die Andeutung einer Klage kommt über seine Lippen. Wie es ihm selber geht, das ist ihm einfach nicht der Rede wert. Nur eine einzige Frage bewegt ihn: Was bedeutet diese Wendung der Dinge für die Botschaft?! Sie schien auch da eine Wendung zum Schlimmen zu sein. Entziehung der eigenen Wohnung, Verlegung in die Kaserne, Verschärfung der Haft – war das nicht eine völlige Verhinderung seiner evangelistischen Arbeit? Die Philipper hatten offenbar von dieser einschneidenden Veränderung in der Lage des Apostels schon gehört. Paulus erzählt sie ihnen hier nicht erst als etwas Neues. Aber wenn sie nun gespannt und besorgt fragen, wie sich das alles nun gestaltet und ausgewirkt habe, dann kann Paulus ihnen antworten, „daß seine Lage mehr zum Fortschritt des Evangeliums geführt hat“.
Wie kann das sein?! Gespannt hören auch wir mit den Philippern zu. Denn diese „Lage“ des Paulus ist uns Heutigen ja nicht mehr eine merkwürdige, ferne Sache, die wir uns mühsam anschaulich zu machen suchen, weil es früher einmal so etwas gegeben hat. Menschen unserer Tage, Brüder und Schwestern aus unserer Mitte, sind in ähnliche „Lagen“ gekommen und werden auch weiterhin noch hineinkommen. Wie wird man mit solcher Lage innerlich fertig, was bedeutet sie für das Evangelium? Warum läßt der Herr Seine Boten in solche Schwierigkeiten geraten? Das sind Fragen von heute. Paulus setzt sich über die Schwierigkeiten nicht einfach hinweg und tut nicht so, als wäre alles erfreulich und schön. Das merken wir an seinem Ausdruck „mehr“ oder „eher“. Aber das darf er nun doch dankbar feststellen, es hat alles doch „mehr“, „eher“ zum Fortschritt der Botschaft geführt. Denn es ergab sich eine neue, unerwartete Missionsmöglichkeit, eben in der Kaserne. Paulus spricht davon nicht in der aktiven Form: „Ich konnte hier Soldaten von Jesus sagen.“ Daß er von Jesus nicht schwieg, war ja selbstverständlich. Wie hätte Paulus irgendwo von Jesus schweigen können. Aber so unbedingt nötig unser Zeugnis ist, über dem Weg des Evangeliums liegt immer das Geheimnis göttlicher Führung und göttlicher Wirkung. Die „Tür des Wortes“ öffnen nicht wir, sondern Gott (Kol 4, 3).

Wuppertaler Studienbibel

Allem voran stellt er in Vers Phil 1, 12 die Tatsache: Wie schlimm es auch um ihn stehen mag, die Sache Jesu schreitet auch durch seine Gefangenschaft voran. Die griechische Briefformel »ich will, dass ihr wisst«, darf hier nicht als bloße Redewendung verstanden werden. Der Zusammenhang zeigt, dass es wirklich der Herzenswunsch des Paulus ist, diese Gemeinde wegen ihrer Teilhabe an seinem Leben und seiner Arbeit über das, was ihm widerfahren ist, zu unterrichten. Wir beobachten die gleiche Wendung ohne »ich will« auch in anderen Gefangenschaftsbriefen (Eph 6,21; Kol 4,7). »Was mich betrifft« meint (wie Vers Phil 1, 13 zeigt) seine Gefangenschaft während der Voruntersuchungen in seinem Prozess. Das Wichtigste ist, dass die Ausbreitung des Evangeliums durch seine Inhaftierung keineswegs ins Stocken geraten, sondern vielmehr durch sie noch gediehen ist. Und dies unter Soldaten und Staatsbeamten, also unter den Ständen, die wenige hundert Jahre später einen entscheidenden Einfluss darauf hatten, dass das Christentum von einer verbotenen Religion zunächst zur anerkannten Religion wurde und schließlich sogar die Vormachtstellung innehatte.

Sie also – Soldaten und Staatsbeamte – sind gemeint, wenn es heißt, dass »in dem ganzen Prätorium« bekannt geworden sei, dass Paulus um Christi willen inhaftiert ist. Das Wort »Prätorium« gehört zu den umstrittensten Begriffen dieses Briefes. Es wurde nämlich im römischen Reich zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten jeweils verschieden verstanden. In der Provinz (so z. B. in Ephesus: vgl. Exkurs zur Datierung bei V. 1) bezeichnete es den Palast des römischen Bevollmächtigten oder die vom Senat dorthin abgeordnete Truppe. Im Heereswesen bedeutete es das Hauptquartier. Für Rom selbst kommen drei Möglichkeiten in Betracht: zum einen der kaiserliche Palast, sodann das Hauptquartier des militärischen Oberbefehlshabers, sowie die diesen unterstellten Soldaten (3000 in der Stadt selbst, 6000 außerhalb während der Zeit des Augustus) bzw. deren Kaserne.
Die erste Möglichkeit ist höchst unwahrscheinlich. Die anderen beiden schließen sich aber gegenseitig nicht aus. Beide sind im »Castra Praetoria« (Quartier des Prätoriums) an der Stadtmauer im nordöstlichen Viertel Roms zu suchen. Hier wird die Untersuchungshaft vor Beginn des eigentlichen Prozesses stattgefunden haben. Bis zum Anfang der gerichtlichen Untersuchungen hatte ja Paulus unter einfachem Hausarrest in einer Mietswohnung leben können (Apg 28,16-30). Da seit dem Jahr 41 n. Chr., als die prätorianische Garde Claudius zum neuen Kaiser machte, das Militär die Regierung bestimmte, ist es möglich, dass auch gerade in solchen Fragen das Militär zuständig war, besonders wenn es wie im Falle des Paulus um die Stellung zum Kaiser ging. Bisher hatte allein das Judentum als Religion, die den Kaiser nicht als Gottheit anerkannte, das Existenzrecht besessen. Im Falle des Paulus ging es letztlich darum, wie das Christentum gegenüber dem Judentum zu beurteilen war. War es, da aus dem Judentum hervorgegangen, mit diesem gleichzusetzen, oder war es als neue, andersartige Religion zu betrachten? Da Christen außerdem unter Heiden missionierten, die dem Kaiser opferten, war die Frage, ob das Christentum nicht als verbotene Religion zu verfolgen sei. Schon die Anklage des Paulus und Silas in Philippi als »Juden«, die »eine Weise verkündigen, welche uns nicht ziemt anzunehmen noch zu tun, weil wir Römer sind« zeigt, wie empfindlich die Römer gegenüber der Sonderstellung der Juden waren.

Dass Paulus das ganze Prätorium als seiner Sache kundig nennt, muss nicht auf ein kleines, provinzielles Prätorium hindeuten, sondern kann auch ein Hinweis dafür sein, dass der »Fall Paulus« viel Beachtung gewonnen hatte. Schließlich war ja Paulus von zwei Hegemonen (römische Bevollmächtigte in der Provinz) und von König Agrippa angehört worden, ehe er wegen seiner Berufung auf den Kaiser nach Rom geschickt worden war. Die Wendung »und bei den anderen allen« meint wohl den Rest der am gerichtlichen Prozess Beteiligten, bis hin zu denen »aus des Kaisers Hause« (s. zu Phil 4,22).

Edition C

Alle Umstände zur Ehre des Herrn nutzen!

„Meine Umstände sind mehr zur Förderung des Evangeliums geraten, sodaß meine Bande in Christo offenbar geworden sind in dem ganzen Prätorium und allen anderen, und daß die meisten der Brüder, indem sie im Herrn Vertrauen gewonnen haben durch meine Bande, vielmehr sich erkühnen, das Wort Gottes zu reden ohne Furcht.“ (Phil 1,12-14)
Paulus möchte, daß die Heiligen wissen: Gott ist souverän. Er ist immer Herr der Lage. Die Dinge in unserem Leben geschehen nicht einfach zufällig. Gott läßt sich nicht durch Gefängnismauern behindern. Paulus berichtet, wie sich das Evangelium durch den Bereich des kaiserlichen Palastes hin ausgebreitet hat und daß viele andere als Folge der Gefangenschaft des Apostels in ihrem Zeugnis für den Herrn kühn geworden sind.
Das Leben hat seine Gefängnisse, wie es auch seine Paläste hat. Es bleibt nicht ohne Auswirkungen auf Ungläubige und Gläubige, wie der Diener des souveränen Herrn auf die Umstände des Lebens reagiert.
Kommst du in schwierige Umstände, so frage dich: „Welche Gelegenheiten habe ich hier, meinem Herrn zu dienen?“ Dann nutze sie als treuer Diener, wie Paulus es tat. …. Mache es dir zum Anliegen, deine Umstände, die schlechten wie die guten, als günstige Gelegenheiten zu nutzen, für deinen großen Herrn ein Zeugnis zu sein.
O höre auf, dein Herz zu richten auf Sonnenschein, den Gott versagt. Hält Er ihn fern, mußt du verzichten, wie sehr auch deine Seele zagt. Tritt willig in des Herren Wege, so wirst du fröhlicher gedeihn in Seines Schattens milder Pflege als in des Frühlings Sonnenschein!

Hilfe + Nahrung Jahrgang 1990 – Verfasser: S. J. H.