Geh fort von mir, Herr!

Als aber Simon Petrus es sah, fiel er zu den Knieen Jesu nieder und sprach: Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr
Elberfelder 1871 – Lukas 5,8

Als Simon Petrus das sah, warf er sich vor Jesus auf die Knie und sagte: »Herr, geh fort von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.«
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Lukas 5:8

Als Simon Petrus begriff, was da geschehen war, fiel er vor Jesus auf die Knie und sagte: »Herr, kümmere dich nicht weiter um mich — ich bin ein zu großer Sünder, um bei dir zu sein.«
Neues Leben – Bibel 2006 – Lk 5,8

Als Simon Petrus das sah, warf er sich nieder, umfasste die Knie von Jesus und sagte: »Geh fort von mir, Herr! Ich bin ganz und gar in meinen Sünden gefangen!«
Roland Werner – Das Buch – 2009} – Lk 5:8

Das Fischwunder rief bei Petrus und den anderen zweierlei Reaktionen hervor. Sie waren zunächst erschrocken (wörtlich: Schrecken, thambos, erfaßte ihn und alle, die bei ihm waren, V. 9; vgl. Lk 4,36) über diesen Fang, und Petrus wurde sich vor Jesus seiner Sündhaftigkeit zutiefst bewußt (Lk 5,8). Schließlich machte Jesus diese einfachen Fischer zu Menschenfischern. Seine Lehre verbunden mit den Wundern zeigte, daß er die Vollmacht besaß, Menschen zu berufen und aufzufordern, um seinetwillen alles zu verlassen.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Nach der Ansprache will Jesus Simon helfen, den «Zeitverlust» aufzuholen, nicht nur den dieser Stunde, sondern auch den der vergangenen Nacht. Ach, ist nicht das ganze Leben, solange es ohne Christus geführt wird, ein «Zeitverlust»? Immer wieder geht man «fischen», aber alles zerrinnt. Nichts bleibt im Netz zurück als nur Schlamm. So sagt auch der Prediger: «Was hat der Mensch von all seiner Mühe und vom Trachten seines Herzens, womit er sich abmüht unter der Sonne? Denn alle seine Tage sind Kummer, und seine Geschäftigkeit ist Verdruss; sogar bei Nacht ruht sein Herz nicht. Auch das ist Eitelkeit» (Pred 2,22.23).
Was Simon jetzt tut, ist sehr bedeutsam, und es wird ihm von heute an immer wichtiger. Er gehorcht dem Herrn. Er stützt sich in Glauben und Vertrauen auf sein Wort, auch wenn der Verstand anderer Meinung ist. Er sagt: «Meister, wir haben uns die ganze Nacht hindurch bemüht und nichts gefangen, aber auf dein Wort hin will ich die Netze hinablassen.» – Der Mensch muss lernen, seinen Verstand im Glauben dem Wort Gottes unterzuordnen.
Nur dem Glauben kann sich der Herr offenbaren, und Er tut es in einer Weise, die ganz der Seele angepasst ist, der Er sich kundtun will. Wie hätte Er diesem Fischer, der sich die ganze Nacht umsonst abgemüht hatte, seine göttliche Schöpferherrlichkeit besser zeigen können, als dadurch, dass Er gerade in seine besonderen Umstände eintrat und da, wo dieser versagt hatte, in einem wunderbaren Fischfang zur ungünstigsten Tageszeit seine unbegrenzte Macht bewies!
Der Segen, der dem Glauben geschenkt wird, ist so gross, dass der Mensch ihn nicht fassen kann; die Netze reissen. «Sie», wohl Simon und Andreas, müssen ihre Genossen Jakobus und Johannes zu Hilfe rufen, um die Beute zu bergen, die dann beide Schiffe füllte.
Simon wird, wie auch die anderen, von Entsetzen erfasst. Er sieht sich in die Gegenwart Gottes gestellt! Dass sich sogleich sein Gewissen meldet, ist der untrügliche Beweis dafür. Er fällt zu den Knien Jesu nieder und spricht: «Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!» Er hat das tiefe Empfinden dafür, dass er in seinem Zustand nicht in die Gegenwart Gottes passt.
Wenn ein Mensch bei diesem Punkt anlangt, wenn er mit keinem Fetzen eigener Gerechtigkeit mehr seine sündige Blösse zudecken will, sondern seine Schuldhaftigkeit schonungslos bekennt – dann kann ihm der Herr helfen. Er ist ja gekommen, «Sünder zu rufen» und um «zu erretten, was verloren ist».
Noch während Simon vor Ihm auf den Knien liegt, sagt der Herr zu ihm: «Fürchte dich nicht!» Mit anderen Worten: Sei getrost, Ich will hingehen, um für dich zu sterben und deine Sünden vor Gott zu sühnen!
Dieser Zuruf aus dem Mund dessen, der einst der Richter aller sein wird, hat dem Gewissen dieses Mannes völlige Ruhe gegeben und sein Herz für immer mit der Person seines Herrn verbunden: Als sie die Schiffe ans Land gebracht hatten, verliessen er und die anderen alles, und sie folgten Ihm nach. Die Verheissung Jesu: «Von nun an wirst du Menschen fangen», wird sich in seinem späteren Leben in reichem Mass erfüllen. Er wird nicht Fischer bleiben, sondern im Werk des Herrn unter den Menschen ein gesegneter Diener werden.

Halte fest 1965

Mit V. 8 kommen wir an den entscheidenden Wendepunkt des Geschehens. »Petrus« erkennt, dass Jesus mehr ist als ein Rabbi, mehr als ein Prophet. Es ist nicht einmal das Wunder selbst, das ihn in die Knie zwingt. Es ist die Erkenntnis, dass er »ein Sünder« ist, während Jesus sündlos und heilig (vgl. V. 34) ist. Zwar wird es noch nicht ausgesprochen, aber es ist doch schon die stille Voraussetzung: Jesus hat göttliche Würde. Die Anrede »Herr« wird ja in Israels Heiligen Schriften sehr oft auf Gott bezogen. Gott und ein Sünder aber passen nicht zusammen. So »fiel Petrus«, hier feierlich mit beiden Namen »Simon Petrus« genannt, im Angesicht all dieser Ereignisse (»als er sah«: Jesu Verkündigung, Jesu Befehl, den wunderbaren Fischzug) »Jesus zu Füßen«. Es ist der erste Fußfall, von dem wir im Lukasevangelium erfahren. Und er gilt nicht dem Kaiser in Rom, nicht irgendeinem der Weltherrscher (vgl. Lk 4,5ff.). Er gilt dem »Meister«, dem »Herrn« aller Herren: Jesus. Aber Petrus will keine Huldigung anbringen, keine seine Karriere fördernde Bitte aussprechen.

Stattdessen »sagte er: Geh weg von mir, Herr!« Sie sind beide noch im Boot. Jesus soll ihn also verlassen. Nicht mehr ins schwiegerelterliche Haus nach Kapernaum kommen. Nicht mehr seine Freundschaft in Anspruch nehmen. »Geh weg« (oder: »Geh hinaus« = aus dem Boot): so hart spricht Petrus. Und er begründet seine Worte selbst: »Denn ich bin ein Sünder.« Denkt Petrus an 2Mose 33,20, wo Gott sagt: »Kein Mensch wird leben, der mich sieht«? Denkt er an die vielen Aussagen der Bibel, wonach Menschen Gott nicht schauen dürfen (vgl. 1Mose 32,31; Ri 6,22ff.; Ri 13,22ff.; Jes 6,5; 33,14)? Dann könnten wir seine Worte am ehesten begreifen. Dann wäre aber auch klar, dass er Jesus als Gott betrachtet hat. »Ich bin ein Sünder«: Das bedeutet eine tiefe Demütigung. Denn dies sagt der fromme Petrus, der sich am Jordan von Johannes taufen ließ (Joh 1,35ff.); der fromme Petrus, dessen Haus sich Jesus als Zentrale erwählt hatte. Und gerade der fromme Jude Petrus macht hier reinen Tisch, indem er sagt: »Ich bin ein Sünder.« Nach seiner eigenen Einschätzung ist er nicht besser als Zachäus (Lk 19,7) oder der Zöllner im Tempel (Lk 18,13). Mag die Bootsbesatzung doch zuhören!

Und wieder muss sich der heutige Leser fragen: Wo habe ich meine Sünde eingestanden? Wo sie vor Gott bekannt? Wo ist mir klargeworden, dass ich bei Gott keinerlei Ansprüche habe, weil ich ein Sünder bin?

Petrus erlebte den »Fischfang« nicht als Gnade oder Segen, sondern als »Schrecken« (V. 9). Das heißt, er erlebte ihn als Gegenwart Gottes, die den sündigen Menschen im Gericht verzehrt. »Allen« anderen, die »mit ihm« waren, ging es ebenso (vgl. Lk 1,12; 4,36).

Gerhard Maier – Edition C

Als die Boote zu sinken begannen (Lukas 5,7), erkannte Petrus die Autorität des Messias über die Natur selbst, und er antwortete: Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, o Herr (Lukas 5,8). Die anderen waren ebenso erstaunt (Lukas 5,9-10). Obwohl sie erfahrene Fischer waren, hatten sie so etwas noch nie gesehen:
Tagsüber konnten die Fische die Netze sehen und ihnen ausweichen. Das Wunder war, dass die Fische blind ins Netz schwammen. Außerdem mussten die Fische bei der Trammelnetzfischerei in die Netze gescheucht werden, nachdem die Netze ausgelegt worden waren. Obwohl es möglich ist, geht aus dem Bericht des Lukas nicht hervor, dass die Fischer einen Aufruhr machten, um die Fische zu erschrecken.

Als sie die Einzigartigkeit der messianischen Person erkannten, konnten sie sich dann als das sehen, was sie waren: Sünder. Wenn wir uns mit anderen vergleichen, könnten wir ziemlich gut dastehen, denn es gibt immer jemanden, der schlechter ist als wir. Der richtige Vergleich ist jedoch mit dem einen absoluten Standard, dem Gott-Menschen, dem Messias Jeschua. Wenn wir uns mit Ihm vergleichen, muss unsere Schlussfolgerung die gleiche sein wie die von Petrus: Wir sind in der Tat sündig! Als Antwort auf Petrus‘ Aussage wich Jeschua nicht von ihnen ab, sondern er rief sie auf, das, was sie taten, zu verlassen und ihm zu folgen. Dies war ein Aufruf zur Vollzeitnachfolge: Fürchtet euch nicht; von nun an werdet ihr Menschen fangen (Lukas 5,10). In den Worten von Matthäus 4,19 und Markus 1,17 heißt es: „Folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und in der Tat verließen sie alles und folgten ihm nach (Lukas 5:11).[417] Die Folge dieses Aufrufs war, dass Petrus und die anderen ihr Fischereigewerbe aufgaben (Matthäus 4:20, 22; Markus 1:18, 20). Jeschua nachzufolgen bedeutete eine totale Verpflichtung zur Vollzeitnachfolge. Es bedeutete auch, ihm zu vertrauen, dass er für ihre Bedürfnisse sorgen würde, denn sie hatten ihre Haupteinnahmequelle verlassen.

Arnold Fruchtenbaum – Jeschua – Das Leben des Messias aus einer messianisch-jüdischen Perspektive

Eine große Menge Fische wurde gefangen, so groß, daß das Netz sie nicht halten konnte, und daß nicht einmal beide Boote weit genug waren, um den Fang aufzunehmen. Sogleich begriff Simon, daß dieses Geschehen nicht mit natürlichen Ursachen zu erklären sei. Es war dies eine Tat des Schöpfers. „Er fiel zu den Knieen Jesu nieder und sprach: gehe von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!“ Jetzt sah er in Ihm nicht mehr allein den Lehrer, sondern den Herrn. Anders als Elberf, Zürcher, Schlachter verstehen Rev.Elberf, Luther, Menge wie die AV „Jesus“ nicht als einen Genitiv, sondern als einen Dativ und übersetzen entsprechend: „Petrus warf sich vor Jesus auf die Kniee.“
 Dies ist die einzige Stelle, wo Lukas den Doppelnamen Simon Petrus gebraucht. Vor diesem Vers nennt ihn Lukas stets Simon, nach der Wahl der Zwölf (6,14) verwendet er den vom Herrn gegebenen Namen Petrus.
 Die Reaktion des Petrus drückt weder Freude noch Lobpreis aus, sondern ein Erschrecken vor der Heiligkeit, welche Selbsterkenntnis bewirkt hatte. Man kann seine Handlung und Worte nur auf eine Weise verstehen. Petrus begriff, daß er vor den Augen dessen, der die Fische im See wahrnahm, in all seiner Sündighaftigkeit wie ein offenes Buch war. Er war in der Gegenwart göttlicher Heiligkeit und wußte, daß er dieser keineswegs genügen konnte. Ja, er war voller Sünde. „Gehe von mir“ drückte nicht seinen Wunsch aus, daß der Herr ihn verlassen möchte, sondern war die spontane Reaktion seines Innersten, als er vom Eindruck seiner Sünde überwältigt wurde. Der einzige Ort, an dem die Sünde in ihrem wahren Charakter gesehen wird, ist vor den Augen eines heiligen Gottes. Obwohl man das gut verwenden kann, um die Errettung zu veranschaulichen, war das doch nicht die Errettung des Petrus; vielmehr wurde er hier für den Dienst passend gemacht. Wie Jesaja empfing er zuerst einen wahren Begriff von seiner Sündhaftigkeit. Rechte Selbsteinschätzung ist stets das Vorspiel zu einer angemessenen Einschätzung des Herrn. Aus allem bereits Geschriebenen läßt sich ablesen, daß dies nicht die erste Begegnung des Petrus mit dem Herrn war. Es war sein Ruf in den Dienst. Alle Knechte Gottes müssen in der Gegenwart Gottes ihre eigene Sündhaftigkeit kennenlernen, müssen dem Herrn gehorchen, selbst wenn es gegen menschliche Vernunft geht, und müssen alles, woran sie hängen, verlassen und Ihm nachfolgen. Petrus verließ seine Boote, als sie voll waren. Er vergaß wohl nie, was es ihn gekostet hatte, dem Herrn nachzufolgen, aber er bereute es auch nie.

Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

Ich könnte euch Muth einsprechen mit meinem Munde; und meine aufgeregten Lippen zurückhalten.

Auch ich könnte reden wie ihr. Wenn eure Seele an der Stelle meiner Seele wäre, könnte ich Worte wider euch zusammenreihen, und mein Haupt über euch schütteln; ich wollte euch stärken mit meinem Munde, und das Beileid meiner Lippen würde euch Linderung bringen.
Elberfelder 1871 – Ijob 16,4–5

Auch ich könnte wie ihr sprechen, wenn euer Leben an meiner Stelle wäre; ich könnte mit Worten gegen euch glänzen und meinen Kopf über euch schütteln. Ich könnte euch mit meinem Mund stärken und mit meiner Lippen Trost euren Schmerz mindern.
Die Philippson-Bibel – Ijob 16:4–5

Auch ich würde reden wie ihr,
wenn ihr jedenfalls an meiner (Stelle) wäret.
Dann würde ich auf euch mit Worten losspringen
und würde den Kopf gegen euch bewegen.
Es möge aber Stärke in meinem Mund sein,
und die Bewegung der Lippen werde ich nicht zurückhalten.
Septuaginta Deutsch – Hiob 16:4–5

Der Hiob kann einem beim Lesen des Bicelbuches richtig leid tun! Wenn ich nicht ähnlich „sensible Freude“ kennen gelernt hätte, die außer „Selbstliebe“ völlig lieblos auf alles einschlagen, dann würde ich denken, „so etwas gibt es doch gar nicht“! Aber doch! Und wie zur Zeit von Hiob rennen diese Menschen mit einem „religiösen Kleid“ daher!

Hiob antwortet mit drei Bitten: zunächst bittet er seine Freunde um Mitgefühl (Hiob 16,1-14); dann bittet er Gott um Gerechtigkeit (V. 15-22); und schließlich bittet er Gott, sein Leben zu beenden und ihn von seinem Leiden zu befreien (17,1-16).

Eine Bitte um Mitgefühl (Hiob 16:1-14). Hiobs Freunde hatten sich immer noch nicht mit seiner Situation identifiziert; sie fühlten seine Qualen nicht und verstanden seine Verzweiflung nicht. Hiob hatte sie bereits als trügerische Bäche (siehe 6,15) und „wertlose Ärzte“ (13,4, NIV) bezeichnet, aber jetzt nennt er sie „elende Tröster“ (16,2). All ihre Versuche, ihn zu trösten, machten ihn nur noch unglücklicher! Wie das Sprichwort sagt: „Wer braucht schon Feinde, wenn er Freunde hat wie dich?

Hiob versicherte ihnen, dass er sie, wenn sie an seiner Stelle wären, mit mehr Verständnis behandeln würde, als sie ihm entgegenbrachten. Anstatt lange Reden zu halten, würde er ihnen Worte der Ermutigung geben. Er würde ihnen mit dem Herzen zuhören und versuchen, ihnen zu helfen, ihre Last zu tragen. Manchmal müssen wir Unverständnis von unsympathischen Freunden erfahren, um zu lernen, wie wir anderen dienen können. Für Hiob war dies eine neue Erfahrung, und er versuchte, das Beste daraus zu machen. Doch ob Hiob nun redete oder schwieg, er war immer noch ein leidender Mann (V. 6).

Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series

Wegen schlecht begründeter Hartnäckigkeit. „Oder was reizte dich, zu antworten?“ (Vers 3). Es ist große und unerklärliche Anmaßung, jemanden eines Vergehens zu beschuldigen, das man ihm nicht nachweisen kann, nur mit einem Blick auf seine äußerliche Lage über jemandes geistlichen Zustand zu urteilen, und immer wieder und wieder die Einwände vorzubringen, auf die geantwortet worden war, wie Eliphas es tat.
Dass sie das heilige Gesetz der Freundschaft gebrochen hatten. Das ist eine scharfe Zurechtweisung (Vers 4–5). Er wollte, dass seine Freunde sich einmal vorstellen, sie würden durch das Leid gehen müssen, durch welches er ging, und dass es ihm so gut gehen würde wie ihnen. Er beschrieb ihre Unfreundlichkeit ihm gegenüber, indem er zeigte, was er für sie würde tun können, wenn sie an seiner Stelle wären: „Auch ich könnte reden wie ihr!“ (Vers 4). Dann zeigte er ihnen, was sie tun sollten, indem er ihnen sagte, was er in dieser Situation tun wollte (Vers 5): „ ‚Ich wollte euch … stärken.‘ Ich wollte alles sagen, was ich könnte, um euren Kummer zu lindern, und würde nichts tun, um ihn zu verschlimmern.“ Was sind wir unseren Geschwistern in ihrer Heimsuchung schuldig? Wir sollten alles in unserer Macht Stehende sagen und tun, um sie zu stärken, sie zum Vertrauen auf Gott zu ermutigen, ihren sinkenden Geist zu stützen und ihren Kummer zu lindern – die Ursachen ihres Kummers, wenn das möglich ist, oder zumindest ihren Groll auf diese Ursachen. Gute Worte kosten nichts, doch sie können denen nutzen, die traurig sind, nicht nur, weil es sie etwas tröstet, wenn sie sehen, dass ihre Freunde sich um sie kümmern, sondern auch, indem sie an das erinnert werden können, was sie vielleicht durch überwältigenden Kummer vergessen haben. Harte Worte zerschlagen zwar keine Gebeine, aber freundliche Worte können helfen, dass zerschlagene Gebeine wieder frohlocken (Ps 51,10).

Der Neue Matthew Henry Kommentar

    Hiob fragt sich, ob er, wären die Rollen vertauscht, genauso hätte reden können wie die Freunde. Er hält dies für undenkbar und sagt, daß er imstande gewesen wäre, »beides, Wort und Gebärde, in den rechten Zusammenhang zu bringen«. Er kann es sich nicht vorstellen, daß er nur schöne Worte gemacht hätte. Er ist vielmehr überzeugt, daß es ihm gelungen wäre, den in Not Geratenen Mut zuzusprechen. Die Wendung »Mut zusprechen« kann entweder zurückgeführt werden auf ein Zeitwort mit der Bedeutung eine Verbindung herstellen oder aber den Worten Farbe geben, das heißt etwas Fröhliches in die Worte legen.24 Die Gebärde des Kopfschütteins ist nicht nur die Geste des Hohnes und der Verachtung, sondern sie spricht auch Erschrecken und Erschauern ausb, und zwar in dem Sinne von »Erschrockensein, das zum Mitleid wird«.
    [5] Hiob hätte anders, er hätte freundschaftlicher gehandelt als seine drei Freunde. Er hätte sie mit dem Munde gestärkt, das heißt, er hätte den Müden, Mutlosen und Wankenden Worte der Hilfe zugesprochen. Außerdem hätte er sie mit dem Beileid seiner Lippen ermutigt. Beileid heißt eigentlich »Bewegung« und ist ursprünglich »das Kopfschütteln, der Gestus des Mitleides«.27 Im übertragenen Sinn bedeutet es soviel wie »trösten«. Es ist denkbar, daß die zum Trost bewegten Lippen ein Hinweis sind auf die Fürbitte für Menschen in Not. Von solchen Gebeten für Linderung weiß der Psalmbeter: »Ich aber – als sie krank lagen, war ein Sack mein Gewand; ich kasteite mich mit Fasten, ich betete mit tief gesenktem Haupt« (Ps 35,13).

    Wuppertaler Studienbibel

    Das allerbeste Beispiel ist natürlich Jesus Christus, der alle die Stärkung benötigten, nicht abwies, sondern aktiv stärkte. Aber Jesus sah ja auch das Herz, und konnte deshalb „böse Menschen“ auf ihr falsches Herz aufmerksam machen, und die, die aufrichtigen Herzens zu ihm kamen, trotz Krankheit oder/und Sünde wirklich stärken und heilen.

    Ver-sprechen

    Ich will Jehova meine Gelübde bezahlen, ja, in der Gegenwart seines ganzen Volkes.
    Elberfelder 1871 – Psalm 116,14

    Meine Gelübde will ich dem Ewigen erfüllen vor all seinem Volk.
    Die Philippson-Bibel – Psalm 116:14

    Ich will die Versprechen, die ich vor dem Herrn ablegte, vor den Augen des ganzen Volkes erfüllen.
    Neues Leben – Bibel 2006 – Ps 116,14

    Nach dieser kurzen Unterbrechung fragt der dankende Beter in ganzer Ergriffenheit: Wie soll ich Jahwe vergelten für alle Wohltaten an mir? Das Wort »vergelten« meint in der Tat einen Gleichklang zwischen dem, was Gott als Retter tat und dem, was der Mensch als Dankender antwortet. Gleichklang meint aber nicht Gleichwertigkeit, denn zwischen dem, was Gott tut und dem, was der Mensch daraufhin tut, ist immer ein großer Unterschied. Das »Vergelten« als Danken meint: Sich freuen am Heil Gottes. Den Becher des Heils will ich erheben und nicht aufhören mit der Hinwendung zu Gott in der Not: und den Namen Jahwes rufe ich an. In V. 14.15.17–19 gibt der Beter die Zusicherung, auch fernerhin den Dank abzustatten, wenn die Rettung durch Gott Wirklichkeit geworden ist. Dank ist Verpflichtung und ist auf menschlicher Seite Ausdruck der Treue zu Gott. Das sind die Gelübde, die der Beter jetzt schon Gott abzustatten verspricht. Der Dank gilt Gott allein, aber er geschieht vor allem seinem Volk, dort, wo es sich zum Gottesdienst versammelt: in den Vorhöfen des Hauses Jahwes. In diese Zusage, sich in kommender Zeit vor Gott dankbar zu erweisen, gehört auch V. 15. Was meint das Bekenntnis, daß der Tod seiner Getreuen in den Augen Jahwes kostbar ist? Wenn auch der Tod vor Gott kostbar ist und nicht nur das Leben, will dieser Satz sagen: Der Tod, wenn er denn kommt, hat sich bei Gott gleichsam »angemeldet« und von ihm die Erlaubnis erhalten, einen Menschen abzurufen. Der Satz meint nicht, daß die Gottestreuen ganz bestimmt lange leben werden. Wenn das erkannt ist, kann man auch die andere Seite unterstreichen: der Tod wird nicht eigenmächtig handeln und wird auch von Gott »zurückgerufen«, wenn Gott beschließt, dem Gehorsamen noch eine Lebensspanne hinzuzugeben. Der Beter wirft sich nach diesem Durchblick Gott liebend und vertrauend in die Arme: Ach, Jahwe, ich bin dein Knecht … du hast meine Fesseln gelöst. Ich bin bereit, will er sagen, mit dem Lob so lange fortzufahren wie du den Tod zurückhältst; denn die entscheidende Rettungstat hast du an mir schon vollbracht – eine Auferstehungshoffnung kann man noch nicht erkennen, aber schon eine beginnende »Entmächtigung des Todes«.

    Wuppertaler Studienbibel

    Der Schreiber fragte, wie er dem HERRN seine Güte vergelten könne (vgl. V. 7 ; Ps 13,6; 142,8 ), und gelobte, ihn in der Versammlung zu preisen. Man hat verschiedentlich angenommen, daß sich der Kelch auf den Bestandteil des Opfers bezieht, den der Opfernde zur Errettung darbrachte. Das entspricht möglicherweise den Tatsachen; andernfalls könnte man die Aussage bildhaft deuten, d. h., daß der Psalmist Gott für sein Geschick (seinen „Kelch“) pries ( erhob ), also für seine „Errettung“. In jedem Falle pries er Gott und erfüllte so seine Gelübde (vgl. Ps 116,18 ). Andere wiederum hörten das und wurden erbaut. Auch das ist der Sinn des Lobpreises, der vor Menschen dargebracht wird.

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Als Drittes will er »dem HERRN [seine] Gelübde bezahlen«: Er will alles, was er in seiner Not vor dem HERRN aussprach, auch halten: »Ich will mit Brandopfern in dein Haus hineingehen, will dir meine Gelübde bezahlen, wozu sich meine Lippen weit aufgetan haben und die mein Mund in meiner Bedrängnis ausgesprochen hat« (Ps 66,13.14; siehe 4Mo 30,3; Ps 50,14; Pred 5,3).
    Und das will er tun »in der Gegenwart seines ganzen Volkes«: Das ganze Volk soll von der Hilfe und vom Segen hören und damit an ihm teilhaben und einstimmen in den Dank Davids.
    Wenden wir Davids Erfahrung auf uns an: Müssen wir beim »Kelch der Rettungen« nicht an den »Kelch der Danksagung« denken? Den Kelch, der vom Blut des Neuen Bundes spricht, von Blut, in dem wir Vergebung unserer Sünden haben (1Kor 10,16)? Wir nehmen ihn in die Hand, trinken von ihm, nachdem wir vom Brot gegessen haben, und verkündigen »in der Gegenwart seines ganzen Volkes« vor der Gemeinde, vor allen Engeln und vor Gott den Tod Jesu, unseres Herrn. Und wir binden uns damit neu an unseren Herrscher und König. Wir wollen »dem HERRN [unsere] Gelübde bezahlen«. Wir wollen für ihn und für seine Sache leben (2Kor 5,15). Wir wollen dieses Leben an den Herrn verlieren, bis er kommt (1Kor 11,26) oder bis wir unseren letzten Atemzug getan haben und unser Geist zum Herrn geht.

    Benedikt Peters – Die Psalmen

    vor seinem ganzen Volk Der gelobt die öffentliche Verkündigung der großen Taten Gottes

    Liederdichter

    Jehovah zu danken, für das was ER für uns getan hat – und dies vor allen zu tun – das war eigetnlich der Zweck des Menschen. Deshalb sollte niemand und nichts uns davon abhalten, unsere Dankbarkeit IHM zu zeigen. Dieses Versprechen haben wir ja eigenlich durch die Taufe auf uns genommen 😉

    Das dient zum Ruhm und zur Ehre Gottes

    Deshalb nehmet einander auf, gleichwie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit.
    Elberfelder 1871 – Römer 15,7

    Lasst einander also gelten und nehmt euch gegenseitig an, so wie Christus euch angenommen hat. Das dient zum Ruhm und zur Ehre Gottes.
    Gute Nachricht Bibel 2018 – Römer 15:7

    So nehmt einander freundlich an, wie Christus sich euer zur Ehre Gottes angenommen hat!
    Bruns 2013 – Römer 15,7

    DARUM nehmet euch gegenseitig (in Liebe) an- o: auf. -, wie auch Christus euch zu Gottes Verherrlichung-  o: Ehre. – (in Liebe) angenommen- o: aufgenommen – hat!
    Hermann Menge Uebersetzung – 1949 – Röm 15,7

    Deshalb: Nehmt einander an, genauso wie der Messias auch euch angenommen hat und so Gottes wunderbaren Lichtglanz hat aufleuchten lassen.
    Roland Werner – Das Buch –2014 – Röm 15:7

    Darum nehmt euch untereinander auf. Nunmehr lenkt die Rede zur Ermahnung zurück, wobei sie uns noch immer Christi Beispiel vor Augen stellt. Glieder Christi sind ja nicht bloß diese und jene, sondern alle Christen. In ihm sind sie zur Einheit verbunden. Also müssen sie einander tragen und helfen, sonst können sie nicht in ihm bleiben. Wir werden also unsere Berufung festmachen, wenn wir uns von denen nicht loslösen, an welche der Herr uns gebunden hat. Die Worte zu Gottes Lobe können auf das bezogen werden, was Christus getan hat, oder auf das, was wir tun sollen. Die letztere Auffassung finde ich richtiger: wie Christus, da wir des Erbarmens bedurften, uns zum Lobe der Gnade Gottes mit seiner Liebe umfasst hat, so sollen wir zum Lobe desselben Gottes jene Gemeinschaft, die wir in Christus haben, durch unser Verhalten bekräftigen und stärken.

    Calvins Auslegung der Heiligen Schrift

    Deshalb nehmt einander auf, wie auch der Christus uns zu Gottes Preis aufgenommen hat. Denn ich sage, daß Christus ein Diener der Beschnittenen geworden sei um der Wahrheit Gottes willen, um die Verheißungen an die Väter festzumachen, und daß die Heiden Gott wegen des Erbarmens preisen. Die Gemeinde bekommt für ihr Verhalten die Regel an der Gnade Jesu, der alle aufgenommen, die Schwachen nicht abgestolßen und weder die Juden noch die Heiden versäumt hat, sondern alle zu sich gezogen hat. Er wurde der Diener Israels und der Diener der Heiden. An Israel diente er der Wahrheit Gottes, damit die den Vätern gegebene Verheißung geschehe; an den Heiden dient er der Erbarmung Gottes; denn er ruft sie nach dem Reichtum seiner freien Gnade zu sich, weil er sich ihrer erbarmen will. So gehen in der Gemeinde die Verheißungen der Schrift in Erfüllung, die auch die Heiden zum Lob Gottes berufen und mit Israel zusammenfassen zu einträchtiger Anbetung und auch ihnen den Christus zeigen als den, aus dem ihre Hoffnung entsteht.

    Schlatters Erlӓuterungen zum Neuen Testament

    „Deshalb nehmet einander auf, gleichwie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit” (V. 7). Nicht unsere Würdigkeit, noch weniger ein übereinstimmendes Urteil in zweifelhaften Fragen bildet die Grundlage unserer Annahme durch Ihn. Als Er für uns starb, waren wir Gottlose und Feinde, und wenn Er als der Auferstandene und Verherrlichte uns jetzt aufgenommen hat, so ist es wahrlich nicht um deswillen geschehen, was wir waren oder was Er an und in uns haben würde, sondern in bedingungsloser Gnade, „zu Gottes Herrlichkeit”. Laßt uns diesem Beispiel folgen und einander aufnehmen, ob stark oder schwach, ob menschlich liebenswürdig oder nicht liebenswürdig, als Erlöste des Herrn, als Kinder Gottes, zu Gottes Verherrlichung! Behalten wir dieses Ziel: „Gottes Herrlichkeit” im Auge, so werden wir vor jeder kleinlichen Rechthaberei, vor Sektiererei und dergleichen bewahrt bleiben; es wird uns allerdings zugleich auch anleiten, die Tür vor solchen zu schließen, welche die Lehre Christi nicht bringen (2. Joh.), oder andere ernstlich zurechtzuweisen, die „nicht den geraden Weg nach der Wahrheit des Evangeliums wandeln” (Gal. 2,11ff.). Die Liebe ist tragsam, aber auch treu.

    Brockhaus 2013 – Gerechtfertigt aus Glauben: Römerbrief

    Die Aufforderung, dass wir einander aufnehmen, „wie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit“, schließt sich direkt der vorhergehenden an. Dabei geht es nicht zuerst darum, jemand in die Gemeinschaft am Tisch des Herrn aufzunehmen, sondern darum, dass wir einander einzeln aufnehmen. Wenn wir verstanden haben, dass wir Glieder voneinander sind, und unser Augenmerk nicht in erster Linie auf das Natürliche richten, fällt es uns leichter, einander zu begegnen und willkommen zu heißen. Sollte es uns einmal schwerfallen, dann wollen wir daran denken, dass auch Christus uns aufgenommen hat – ohne Rücksicht auf unsere Eigenarten. Wir sind gewiss nicht die liebenswürdigsten aller Menschen gewesen!
    Wenn wir die Verherrlichung Gottes allem anderen voranstellen, so wie unser Herr es getan hat, wird es uns gelingen, „einander aufzunehmen“, und wir werden gesegnet sein.

    Im Glauben leben – 9-2021

    Paulus fährt fort, dies auf Beziehungen anzuwenden, indem er in Vers 7 sagt: Darum nehmt einander an, gleichwie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes! Meine Annahme meiner Geschwister in dem Herrn ist eine Sache des Gottesdienstes. Ich tue das nicht einfach nur zu meinem eigenen Vorteil, damit ich bei den anderen in der Gemeinde beliebt bin. Wir sind aufgerufen, einander anzunehmen, einander zu achten und einander zu akzeptieren, zur Ehre Gottes. Wenn ich einen Bruder oder eine Schwester annehme, ohne ihn oder sie zu verurteilen, dann tue ich meinen Geschwistern gegenüber etwas, was Gott von mir verlangt. Und damit mache ich auf die Quelle des Ausharrens und des Trostes aufmerksam, die Gott Selbst ist. Und so wird Gott in unserer freundlichen Haltung zueinander verherrlicht.
    Umgekehrt wird Gott verunehrt, wenn wir uns falsch verhalten, wenn wir rachsüchtig oder ungeduldig sind und wenn wir versuchen, uns gegenseitig in einem Geist des zerstörerischen Wettbewerbs zu entmutigen. Ähnlich verhält es sich, wenn wir in Machtkämpfe, Eifersüchteleien und Begehrlichkeiten verwickelt sind und in Dinge, die menschliche Beziehungen zerstören. Dies offenbart einen Mangel an Gnade, und es ist eine Schande für den Leib Christi.
    Paulus macht auf die Bedeutung Jesu in diesem Zusammenhang aufmerksam: Gleichwie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes. Jede Unwilligkeit meinerseits, andere Gläubige anzunehmen, zeugt von grober Undankbarkeit meinerseits gegenüber der Annahme, die ich bereits in Christus empfangen habe. Menschen, denen vergeben ist, sind Menschen, die vergeben. Wenn es euch in eurem Leben an einem Geist der Vergebung gegenüber anderen mangelt, so deutet das darauf hin, dass ihr nicht versteht, dass eure eigene Vergebung in den Händen Christi liegt.

    Sproul 2022 – Römerbrief-Kommentar: Das Evangelium Gottes

    Nun wird die Schlußfolgerung genannt. Wir können annehmen, daß die Gemeinschaft in Rom nicht nur aus Schwachen und Starken bestand, sondern daß es dort auch noch andere gab. Alle sind zusammen in Paulus‘ Aufforderung eingeschlossen: »Deshalb nehmt einander auf (bzw. an).« Das Wort »aufnehmen« ( proslambano ) erfordert eine Annahme von ganzem Herzen und ein herzliches Empfangen. Das gegenseitige Annehmen wird hier nicht als eine einfache Sache hingestellt, aber die Erinnerung daran, daß Christus die Gläubigen mit all ihren Eigentümlichkeiten aufgenommen hat, läßt keine Möglichkeit zur Ausrede bestehen. Man darf nicht vergessen, was Christus in jedem einzelnen erreicht hat.
        Durch das »euch« (im Gegensatz zur selteneren Lesart »uns«) nimmt Paulus sich aus dieser Aussage heraus, um seiner Aufforderung an die Römer mehr Nachdruck zu verleihen. Hier verdeutlicht er, daß Christus Gott verherrlichte, als Er Sünder annahm. Daher sind alle verpflichtet, zu bedenken, woher und warum sie berufen worden sind. Anstatt von persönlichen Dingen eingenommen zu sein, sollte das Vorbild Christi alles ins rechte Verhältnis rücken. Das Wohl aller Heiligen muß berücksichtigt werden.

    Paulus verwendet »Starke« ( dynatos , »fähig«, entweder vom inneren Wesen her oder absolut für spezielle Zwecke), um sich selbst zu den Starken zu rechnen, damit er selbst unter derselben Verpflichtung steht.
        In diesem Fall sind »Schwachheiten« ( asthenêmata , »Schwachheit«, »Defizit an Stärke«) die Vorbehalte.
        »Schwache« ( adynatos , »schwach«, »unfähig«, »nicht imstande«) steht hier im Gegensatz zu dynatos.
    »Ausharren« ( hypomonê ) kann auch mit »Geduld« übersetzt werden, bedeutet aber nicht Geduld im Sinne von stillem Warten und Vorüberziehenlassen der Flut der Ereignisse, sondern die Fähigkeit, Dinge zu ertragen und sie dabei in Triumph umzuwandeln. Es ist eine erobernde Geduld.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Das Nasiräergelübde schloss ein, sich die Haare nicht zu schneiden. Das war ein Zeichen dafür, dass ein Nasiräer sich dem Willen Jehovas völlig unterwarf.

    Alle die Tage des Gelübdes seiner Absonderung soll kein Schermesser über sein Haupt gehen; bis die Tage erfüllt sind, die er sich für Jehova absondert, soll er heilig sein; er soll das Haar seines Hauptes frei wachsen lassen.
    Elberfelder 1871 – Numeri 6,5

    Die ganze Zeit seines Weihegelübdes soll kein Schermesser über sein Haupt gehen; bis die Tage voll sind, die er sich dem Ewigen geweiht, soll er heilig sein, frei lasse er wachsen das Haar seines Hauptes.
    Die Philippson-Bibel – 4.Mose 6,5

    Solange das Gelübde gilt, darf ein Gottgeweihter sich Haare und Bart nicht schneiden. Zum Zeichen, dass er dem HERRN geweiht ist, muss er das Haar ungehindert wachsen lassen.
    Gute Nachricht Bibel 2018 – 4.Mose 6:5

    Stelle dir vor, die Gebote würden noch angewandt, so wie „die zwei Zeugen-Regel“ 😉 – dann würden Kreisaufseher und Betheliten mit langen Haaren laufen MÜSSEN!
    Schauen wir uns deshalb andere Kommentare zu diesem Vers an:

    Da dieses Gelübde von dem Mann verlangte, sein Haar während der Dauer des Gelübdes ungeschnitten wachsen zu lassen, müssen wir daraus schließen, dass Männer ihr Haar in der Regel kurz trugen. Langes Haar wurde nur unter diesem besonderen Gelübde bevorzugt. Paulus benutzte dieses Gelübde bei einer Gelegenheit. (Apostelgeschichte 18:18.)

    E.M. Zerr – Bücher des Pentateuch

    Das Gegenstück zur Reinigung ( 4Mo 5 ) ist die Weihe ( 4Mo 6 ). Der Dienst der Priester und Leviten war das alleinige Vorrecht des Stammes Levi. Doch Gott sorgte durch eine feste Einrichtung dafür, daß jeder Mann und jede Frau in Israel sich durch einen Eid vor dem HERRN für eine bestimmte Zeit dem Dienst Gottes weihen konnte. Gelegentlich konnten auch Eltern diesen Eid für ihre Kinder leisten ( 1Sam 1,11 ).
    Wer sich zu einer solchen Weihe entschied, wurde Nasiräer (von , »entscheiden«) genannt. Für die Zeit seiner Weihe mußte er sich des Weins und starken Getränkes enthalten ( 4Mo 6,3-4 ), er durfte seine Kopfhaare nicht schneiden (V. 5 ) und keinen Toten berühren (V. 7 ). Wenn er trotzdem aus Versehen mit einem Toten in Berührung kam, mußte er sich einer langen Reinigungszeremonie unterwerfen, bei der am siebten Tag sein Kopfhaar abgeschnitten wurde und er am achten Tag zwei Tauben oder zwei Turteltauben opferte, eine als Sündopfer und die andere als Brandopfer (V. 9-11 ; vgl. 3Mo 5,7-10 ). Dann konnte er die Zeit seiner Weihe fortsetzen.

    Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

    Die Nasiräer und ihr Haar. Im Alten Testament wurde das Scheren des Kopfes in Zeiten der Trauer praktiziert (Hiob 1,20; Jes 3,24; 22,12; Jer 7,29; 16,6; Hes 7,18; Amos 8,10; Mich 1,16), allerdings nie bei Priestern (Lev 21,5; Hes 44,20). Dieses priesterliche Verbot ist die Parallele zum Nasiräer-Gelübde, bei dem das Haar überhaupt nicht abgeschnitten werden durfte. Es in der Trauer um die Toten abzuschneiden, hätte bedeutet, etwas, das dem lebendigen Gott geweiht war, als Gedenkstein für die Toten zu verwenden, was eine Profanierung gewesen wäre. Erst am Ende des Gelübdes sollte das Haar abgeschnitten werden; dann wurde es als etwas dem Herrn Geweihtes verbrannt.

    Brueggemann, Merrill Baker – Eckstein Biblischer Kommentar

    Der zweite Aspekt des Nasiräer-Gelübdes war, das Rasieren (bei Männern) und das Haareschneiden sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu vermeiden. Es ist eine kuriose Tatsache, dass in einigen religiösen Gemeinschaften, und vor allem bei den Buddhisten, sowohl Priester als auch diejenigen mit einem zeitweiligen Gelübde sich völlig rasiert halten.

    Rousas John Rushdony – Kommentare zum Pentateuch

    Das zweite Kennzeichen des Nasirs war sein frei wachsendes, langes Haar. Das bekannteste Beispiel dafür ist sicher Simson. Von ihm lesen wir, dass er von Mutterleib an ein Nasir Gottes war und dass kein Schermesser auf sein Haupt kommen sollte (Ri 13,5). Auch darin liegt für uns eine symbolische Bedeutung. Langes Haar spricht in der Bibel von Abhängigkeit und Unterordnung. Das lernen wir aus 1 Korinther 11 in Verbindung mit der Stellung der Frau. Durch sein langes Haar gab der Nasir klar zu erkennen, dass er eine untergeordnete Stellung einnahm, dass er unter der Autorität eines anderen stand und sich dem Willen eines anderen unterwarf.
    Wir verstehen sofort die Bedeutung für uns: Alle, die ihr Leben dem Herrn Jesus weihen möchten, können dies nur tun, wenn sie sich Ihm unterordnen und seine Herrschaft in ihrem Leben anerkennen. Dann kann nicht Selbstverwirklichung und das Ausleben der eigenen Interessen auf unserem Lebensprogramm stehen. Stattdessen stellen wir unseren Willen ganz bewusst unter den seinen und sind bereit, Ihm die Führung zu überlassen, damit sein Wille in unserem Leben verwirklicht wird. Das betrifft sämtliche Lebensbereiche – die grossen und weitreichenden Fragen unseres Lebens wie die Berufswahl oder die Wahl des Ehepartners, aber auch unsere Freizeitgestaltung. Inwieweit unterstellen wir uns unserem Herrn aus Liebe zu Ihm und aus echter Herzenshingabe an Ihn?

    Das grosse Beispiel
    Auch in diesem Punkt ist der Herr Jesus unser grösstes Vorbild. Wie vollkommen hat Er diese Bedingung des Nasirs erfüllt – die Bedingung der Abhängigkeit und Unterordnung unter seinen Gott! «Siehe, ich komme, … um deinen Willen, o Gott, zu tun» – das war seine feste Absicht für sein Leben als Mensch auf der Erde. Diesen Willen hat Er in vollkommener Hingabe und Weihe an seinen Gott bis ins Letzte erfüllt. Dafür hat Er alles in Kauf genommen. Der Herr Jesus konnte wahrhaftig sagen, dass Er nicht seinen Willen suchte, sondern den Willen Dessen, der Ihn gesandt hatte, und dass Er allezeit das Ihm Wohlgefällige tat (Joh 5,30; 8,29).

    Eine Unehre
    Das lange Haar hat noch eine weitere symbolische Bedeutung, die in engem Zusammenhang mit dem Gedanken der Unterordnung steht. Paulus erklärt in 1 Korinther 11, dass es für einen Mann eine Unehre ist, langes Haar zu tragen – eine Unehre in den Augen der Menschen, eine Unehre für das natürliche Empfinden (1 Korinther 11,14).
    So ist auch ein Leben als Nasir für Christus mit einer gewissen Unehre verbunden – nicht vor dem Herrn, wohl aber für das natürliche Empfinden: Es ist eine Unehre in den Augen der Menschen. In einer Welt, die durch Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung geprägt ist, ruft es nicht den Beifall der Menschen hervor, wenn man ein Leben in Unterordnung unter den Willen eines anderen führt. Wer sich selbst für den Herrn Jesus verleugnet, Nachteile in Kauf nimmt und auf Dinge verzichtet, die an sich nicht verboten sind, gibt seine eigene Ehre auf. Das Gleiche gilt, wenn jemand seine Fähigkeiten, seine Mittel und seine Zeit nicht für sich selbst nutzt, um das Leben maximal zu geniessen, sondern Christus zur Verfügung stellt. Wenn wir uns in einer Welt, wo christliche Werte mehr und mehr schwinden und göttliche Grundsätze ignoriert werden, bewusst dem Herrn unterordnen und seine Autorität anerkennen, werden wir verachtet und ausgelacht. Der Nasir im Sinn des Neuen Testaments ist bereit, die Schmach des Christus auf sich zu nehmen (Heb 11,26). Ist Christus uns das wert?

    Kraft und Sieg
    Wenn das «lange Haar der Unterordnung» auch eine Unehre für das natürliche Empfinden ist, so liegt darin doch gleichzeitig das Geheimnis unserer geistlichen Kraft verborgen. Das verdeutlicht das Beispiel Simsons sehr anschaulich: Er war stark, weil er langes Haar hatte (Ri 16,17). Derselbe Grundsatz gilt auch für uns: Geistliche Kraft und Energie resultieren aus einem Leben der Abhängigkeit und Unterordnung unter den Willen und die Autorität des Herrn. Das Geheimnis eines siegreichen Christenlebens liegt im Gehorsam und in der Gemeinschaft mit Christus verborgen. Auch dafür gibt es im Alten Testament Beispiele und Vorbilder.

    Simson
    Simson selbst wurde leider in seinem Leben zu einem tragischen Negativbeispiel. Dieser Mann, der von Mutterleib an ein Nasir Gottes war und das Merkmal der ungeschorenen Haare trug, lebte nur äusserlich als ein Nasir. Er unterwarf sich nicht dem Willen Gottes, sondern handelte eigenwillig und unabhängig. Dadurch verlor er letztlich auch sein langes Haar. Die Folge davon war völlige Kraftlosigkeit. Statt siegreich im Kampf gegen die Philister zu sein, wurde er von ihnen überwältigt.

    Halte fest – Heft 5 2021

    Also nehmen wir einmal an, Jehovah hat sich NICHT geändert – dann würden alle, die sich IHM ganz hingeben, auch durch ihr Aussehen von der „Allgemeinheit“ unterscheiden – und sich auch nicht von „modischen Entscheidungen“ oder „politischen Entscheidungen“ anpassen. Ich kann mich zum Beispiel noch eine Geschichte erinnern, die mein Papa oft erzählt hat – ein Bruder wollte im „Bethel“ übernachten, und „durfte nur dann dort übernachten“, wenn dieser sich „gemäß den Hausregeln“ den Bart abrasieren würde – und der Bruder tat es natürlich – also stach in diesem Beispiel „die Hausregeln“ die bekannten Gebote der Bibel !?!?

    der Einzelgänger

    Wer sich absondert, trachtet nach einem Gelüst; gegen alle Einsicht (S. die Anm zu Kap 2,7) geht er heftig an. (Eig fletscht er die Zähne)
    Elberfelder 1871 – Sprüche 18,1

    Wer sich absondert, sucht nur nach eigenem Verlangen, er geht heftig gegen alles an, was heilsam ist.
    Die Philippson-Bibel – Sprüche 18:1

    Dem Wunsch nur trachtet der sich Absondernde nach,
    gegen alle Besinnlichkeit platzt er los.
    Buber & Rosenzweig – Spr 18,1

    Vorwände sucht ein Mann, der beschlossen hat,
    sich von Freunden zu trennen,
    zu jeder Zeit aber wird er dem Tadel ausgesetzt sein.
    Septuaginta Deutsch 2009 – Spr 18:1

    Der Eigenbrötler tut nur, was ihm in seinen Kram passt; heftig wehrt er sich gegen jede bessere Einsicht.
    Gute Nachricht Bibel 2018 – Sprichwörter 18,1

    Der ursprüngliche Text dieses Verses ist schwierig. Manche sehen ihn als Zurechtweisung affektierter Überlegenheit. Wenn ein Mensch stolz darauf ist, sich von den Gefühlen und der Gemeinschaft mit anderen abzusondern, allem widerspricht, was gesagt wird, und eigene Vorstellungen vorantreibt, dann will er sein Verlangen befriedigen zu prahlen. Er sucht und mischt sich in Dinge, die ihn nicht betreffen, und beurteilt die Lage aller Menschen. Unsere Übersetzung (KJV) andererseits scheint den Vers als einen Ansporn zu verstehen, der Weisheit fleißig nachzujagen. Wenn wir Weisheit erlangen wollen, müssen wir danach verlangen. Wir müssen uns von all dem absondern, was uns dabei bremsen würde, ihr nachzujagen, wir müssen uns von dem Gedränge nach den wertlosen Dingen dieser Welt zurückziehen. Dann müssen wir mit allen Mitteln und Weisungen der Weisheit suchen und uns einmischen, das heißt, eine Reihe von Meinungen kennenlernen, damit wir alles prüfen und das Gute behalten können (1.Thess 5,21).

    Der Neue Matthew Henry Kommentar

    Der Vers ist schwierig und hat viele Deutungen erfahren. LXX hat statt Erfüllung »Vorwand, Gelegenheit«. Schließt man sich ihr an, kann man in dem Abgesonderten einen Menschen sehen, der seinen Freund, vielleicht weil er verarmt ist, loswerden will. Oder der Abgesonderte ist jemand, der aus der Gemeinschaft ausgeschlossen worden ist, der nun mit »aller Kraft losbrechen« will – so wird dann der zweite Halbvers formuliert –, um sich zu rächen. Das hebr. Wort bedeutet »Gelüst, Begierde, erfüllter Wunsch«. Gern wird »eigenes« Gelüst o.ä. ergänzt. Aber man braucht den Spruch nicht nur so negativ zu sehen. Der Abgesonderte hat sich von der Gemeinde oder Volksgemeinschafty isoliert und trachtet nach Erfüllung seines Lebens oder eines besonderen Zieles ohne die Gemeinschaft, außerhalb ihres Bereiches. Vielleicht ist er von ihr enttäuscht, vielleicht hat sie (noch) kein Verständnis für sein Anliegen. Sie kann ihm also nicht raten, was gut ist oder erfolgversprechend. Er ist überzeugt, daß nur er den rechten Weg weiß. Deshalb begehrt er gegen alle Hilfe auf. Solche Menschen wird und muß es immer geben. Wenn diese Lebensweise zur Regel wird, sollte man die Mahnung von Hebr 10,25 beachten.

    Wuppertaler Studienbibel

    In Frieden – mit allen Menschen!

    Beziehungen. Sie sind nicht immer einfach. Schlimmer noch: Manchmal sind sie zum Davonlaufen! Hast du dir auch schon mal gedacht: „Ich will mit keinem mehr was zu tun haben! Alleinsein ist immer noch besser als ständig verletzt zu werden“? Ich schon. Immer wieder. Doch sozialer Rückzug ist keine Alternative. In 18,1 (SCH) heißt es: „Wer sich absondert, der sucht, was ihn gelüstet, und wehrt sich gegen alles, was heilsam ist.“ Tatsache ist: Du brauchst andere Menschen, und je näher du ihnen kommst, desto eher wird es Konflikte geben. Um sie zu vermeiden – und zu lösen – will dir Gottes Weisheit helfen.

    Vor vielen Jahren stand ich in einer Auseinandersetzung, die bereits einige Jahre andauerte. Die Fronten waren ziemlich verhärtet. Die Verbitterung auf beiden Seiten wuchs, und ein Ausweg schien nicht in Sicht. Ich schilderte die Situation dem Bibellehrer William MacDonald. Er riet mir: „Beuge dich so weit wie möglich, ohne dabei gegen deine Überzeugungen zu handeln.“ Anders gesagt: „Komm deinem Gegner entgegen – und geh dabei an deine persönliche Schmerzgrenze!“

    Ein weiser Rat. Er erinnert mich an ein Wort des Apostels Paulus in Römer 12,18 (NeÜ): „Soweit es irgend möglich ist und soweit es auf euch ankommt, lebt mit allen Menschen in Frieden!“ Frieden: mit Eltern, Ehepartner und Kindern. Mit deinen Freunden, deinem Nächsten, deiner Obrigkeit. Nicht um jeden Preis: Wenn es um die Wahrheit des Evangeliums geht, darfst du Konflikten nicht aus dem Weg gehen.a Aber du sollst keiner sein, der Streit anzettelt. Hass schürt. Unruhe stiftet. Wenn du schuldig geworden bist, dann bitte um Vergebung. Sei zur Vergebung bereit. Und zur Versöhnung. Soviel an dir liegt, gib dein Bestes!

    Kurze Reden langer Sinn: Ein Kurs zum Buch der Sprüche

    Die Aussage dieses Verses erscheint manchem vielleicht sonderbar. Ist Absonderung denn nicht gut? Ja und nein, denn es kommt immer darauf an, wovon man sich absondert und zu wem oder was man sich wendet. Sondern wir uns von der Welt ab und zu dem Herrn Jesus hin, ist das natürlich positiv. Sondern wir uns aber vom Guten ab (z. B. von treuen Glaubensgeschwistern; Jud 19), ist das stets negativ. So auch hier. Man sondert sich ab, um heimlich eigenen Wünschen und Vergnügungen („Gelüst“) nachzugehen. „Wir alle irrten umher wie Schafe“ (Jes 53,6). Das ist ein typisches Merkmal gottloser Menschen.
    Es kann auch sein, dass man mit den anderen nichts mehr zu tun haben will, weil diese anders denken. Man zieht sich verärgert oder beleidigt zurück, statt sich in Ruhe mit ihnen auszutauschen. „Gegen alle Einsicht“ geht man dann heftig an. – Dieser zweite Versteil kann aber auch bedeuten, dass eine böse Absonderung nicht zum Erfolg führt (FußEÜ).

    Leben in Weisheit: Das Buch der Sprüche Vers für Vers praxisnah erklärt

    Wenn wir Rat suchen, müssen wir aufrichtig sein, denn ein liebevoller und weiser Freund kann oft Gefahren und Umwege sehen, die uns verborgen sind. Es ist am besten, einem anderen Gläubigen gegenüber Rechenschaft abzulegen und sich der Autorität der geistlichen Leiter in unserer Gemeinde zu unterwerfen. In den mehr als vierzig Jahren meines Dienstes habe ich den schmerzhaften Niedergang mehrerer „einsamer Ranger“ miterlebt, die dachten, sie bräuchten den Rat anderer nicht. „Ein Mann, der sich abkapselt, sucht sein eigenes Verlangen; er wütet gegen alles weise Urteil“ (Spr 18:1, NKJV). Christen sind die Schafe Gottes, und wir müssen uns zusammenschließen. Als Glieder des geistlichen Leibes Christi (1. Korinther 12) gehören wir zueinander und brauchen uns gegenseitig.

    Warren W. Wiersbe – Sei Commentary Series Sprüche

    »… wer sich absondert«, ist ein Individualist; er mag viele Gründe nennen für sein Handeln, doch im Kern sucht er nur »ein Gelüst«. Er will sich in seiner eigenen Welt selbst verwirklichen, und damit flieht er vor seiner Pflicht am Nächsten. Er ist ein von sich eingenommener, selbstverliebter Mensch. Als solcher verschließt er sich aller Korrektur: »… gegen alle Einsicht bricht er los«, jitgallac (wie in 17,14 und 20,3 [ein Verb, das nur im Buch der Sprüche verwendet wird]). Buber übersetzt »platzt er los«.
    ….
    V. 1 – »Wer sich … absondert … setzt sich … wider alles, was gut ist, nämlich gegen die in jener Gemeinschaft vorhandene Weisheit, den Schatz der dem Volke Gottes überlieferten Erfahrung, deren weisen und besonnenen Rat er nicht mehr hören mag« (Dächsel).
    V. 1 – »Der Weise steht in der Gemeinschaft anderer. Individualismus entspringt dem Trotz oder der Laune. Auch in der Gemeinde Jesu wird der Einspänner leicht zum wunderlichen Heiligen« (Hans Brandenburg, Das Buch der Sprüche, der Prediger und das Hohelied, S. 81).

    Benedikt Peters – Das Buch der Sprüche

    Folge den Spuren des Glaubens, den unser Vater Abraham hatte

    Und er empfing das Zeichen der Beschneidung als Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, den er in der Vorhaut hatte, damit er Vater aller wäre, die in der Vorhaut glauben, damit auch ihnen die Gerechtigkeit zugerechnet würde; und Vater der Beschneidung, nicht allein derer, die aus der Beschneidung sind, sondern auch derer, die in den Fußstapfen des Glaubens wandeln, den unser Vater Abraham in der Vorhaut hatte.
    Elberfelder 1871 – Römer 4,11–12

    ´Durch seine Beschneidung` ist Abraham aber auch der Vater der Beschnittenen geworden, und zwar der Vater derer, die sich nicht damit begnügen, beschnitten zu sein, sondern die in seine Fußstapfen treten und dem Beispiel folgen, das er, unser Stammvater, uns durch seinen Glauben gab, noch bevor er beschnitten war.
    Neue Genfer Übersetzung 2013 – Römer 4:12

    Und genauso ist er auch der Stammvater der Menschen, die beschnitten sind. Mit anderen Worten: Abraham ist der Stammvater nicht nur derer, die beschnitten sind, sondern auch derer, die in seinen Fußstapfen gehen. Damit meine ich die, die gerade als nicht Beschnittene genau wie unser Stammvater Abraham ihr Vertrauen auf Gott setzen.
    das Buch – Röm 4,12

    Vers 12 erklärt, wie das funktioniert: und der Vater der Beschneidung für die, die nicht nur aus der Beschneidung sind, sondern auch in den Fußstapfen des Glaubens unseres Vaters Abraham wandeln, den er in der Unbeschnittenheit hatte. Alle werden gerechtfertigt, indem sie in den Fußstapfen Abrahams wandeln, und diese Fußstapfen sind die Erkenntnis, dass die Rechtfertigung aus Gnade durch den Glauben erlangt wird. Die Schlussfolgerung ist, dass Abraham der Vater aller Gläubigen ist.

    Arnold G. Fruchtenbaum – Ariel’s Bibelkommentar

    Mit stärkstem Nachdruck hat Paulus dem Juden folgende zwei Heilswirklichkeiten nachgewiesen.

    Erstens: Die Rechtfertigung aus dem Glauben, und zweitens: Die Teilnahme auch der Heiden an der Glaubensgerechtigkeit. Mit [156] der Feststellung, dass auch ohne Beschneidung die Heiden gerechtfertigt werden können, wollte der Apostel jedoch nicht sagen, dass etwa das Volk aus der Beschneidung von der Teilnahme an der Glaubensgerechtigkeit ausgeschlossen sei.

    Stärkstens wollte er aber betonen, dass auch jeder Jude Gerechtigkeit durch den Glauben allein erlangen könnte.

    Fragten die Juden nach einer alten Grundlage für des Apostels Behauptungen, in Abraham, diesem auch vom Juden anerkannten Prototyp des Glaubens, sollten sie eine solche finden. An seiner Geschichte sollten sie erkennen, dass ihm die Glaubensgerechtigkeit nicht etwa auf Grund der Beschneidung geworden war. Ein Beschnittener wurde er erst, nachdem er ein Glaubender geworden war. Zwar wurde ihm die Beschneidung als Siegel der Gerechtigkeit geschenkt. Sie wurde ihm aber nicht als Kraft der Vermittlung oder als Inhalt seines Glaubens gegeben. Keine Beschneidung kann Glauben vermitteln. Als menschliche Handlung kann sie auch kein Bestandteil der von Gott geschenkten Gerechtigkeit sein. Für sich selbst braucht Gott die Beschneidung nicht, auch nicht als Siegel der dem Glaubenden geschenkten Gerechtigkeit. Nur für das Verhältnis Abrahams zu seinen Zeitgenossen hatte die Beschneidung als Siegel eine symbolische und praktische Bedeutung. Da Abraham die Beschneidung erst bei der Erneuerung des Bundesschlusses 1 Mose 17,11, also etwa 14 Jahre nach der Rechtfertigung seiner Glaubenshaltung Gott gegenüber als semeion, als Bundeszeichen erhielt, so konnte in ihr selbst weder ein Glaubens- noch ein Gerechtigkeitswert liegen. Als Siegel war sie nur ein Bestätigungszeichen von dem Glauben, den Gott selbst durch sein Wort geweckt, und von der Gerechtigkeit, die dem Abraham geschenkweise geworden war. Auch nach der Beschneidung gründete sich Abrahams Glaubensumgang mit Gott nicht etwa auf das empfangene Bundeszeichen. Sein Glaube lebte allein aus dem Verhältnis Gottes zu ihm. Ein Leben des Glaubens wie das eines Abraham kann nur bestehen und im Gehorsam handeln auf Grund der Wechselbeziehung zwischen Gott und Mensch: Gott in seinem Wort zu Abraham und Abraham in seinem Vertrauen zu Gott.

    Alle Siegel, Symbole, Zeichen weisen mithin über ihren Eigenwert hinaus. Sie reden von der Verheißung oder der Tat Gottes als einem Geschenk und vom Glauben als des Menschen Hingabe an Gott. Siegel sind: „die unverkennbare Erinnerung an die dem Menschen von Gott widerfahrene und verheißene Begründung, Aufhebung und Erlösung, an die alle Morgen neue göttliche Treue. Aber als Siegel weisen sie auch auf eine immer noch anstehende, sich immer noch zu bewährende, immer noch zu erwartende [157] Ausführung des Bundes zwischen Gott und Mensch“ (Barth, S. 405).

    Sobald das Siegel jedoch mehr sein will als Zeugnis, d. h. wird es vom Menschen zum Inhalt des Glaubens erhoben, so wird es Religion. Hinfort lebt es alsdann nur noch von der Tradition und vom Gesetz, und zwar in der Kirche ebenso wie einst innerhalb der Synagoge und im Tempel. Religionen können Jahrhunderte und Jahrtausende alt werden und nur von der Pflege überlieferter Siegel und Symbole leben. Jede Reichsgotteswirklichkeit lebt jedoch allein von der korrespondierenden Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch. Es können mithin zwei Menschen denselben Akt der Beschneidung vollziehen; dem einen in seiner Glaubenshaltung ist sie das Siegel der Glaubensgerechtigkeit, dem andern in seiner Stellung ohne Glauben eine beziehungslose religiöse Kultus- und Gesetzeserfüllung.

    Die Beschneidung als menschliche Handlung hat mithin keinen Realitätswert für den auf Grund seines Glaubens von Gott Gerechtfertigten. Sie hat aber einen Zeugniswert im Blick auf alle, die ohne Abrahams Glauben leben, ob sie zu den Beschnittenen oder Unbeschnittenen zählen. Die Beschneidung soll „einladen“, zwar nicht zur Beschneidung, wohl aber zum Glauben, nicht zu einer kultischen Handlung, wohl aber zur Glaubenshingabe an Gott. Abraham, der Gott glaubte, und Gott, der Abraham rechtfertigte – beide bedürfen, wie bereits bemerkt, letzthin der Beschneidung nicht. Erst als lebendiges Zeugnis für die Völker, unter welchen Abraham als Fremdling zu leben und als Prophet zu dienen berufen war, sollte sie einen positiven Wert gewinnen. Je mehr Abraham in seinem gerechtfertigten Glauben ein Freund Gottes wurde, umso fremder musste er dem Geiste Sodoms und den Religionen seiner Nachbarvölker werden. Zu diesen sprach nach der Beschneidung nicht nur Abrahams Leben und Wort, sondern auch sein Beschnittensein. Es zeugte von seinem innerlichen Verpflichtetsein dem Gott gegenüber, der ihm erschienen war. Jedermann sollte wissen: Es ist Gott, der hinfort Anspruch auf Abrahams Leben, Gehorsam und Zukunft erhebt. Gott duldete daher nicht etwa nur die Beschneidung. Nach biblischem Bericht gab er selbst den Auftrag, dass Abraham sie an sich, an Isaak und an allen männlichen Hausgenossen vollzog.

    Mithin war es Gott selbst, der ihr in Bezug auf ihren Inhalt die heilsgeschichtliche Grenze und in Bezug auf die Völker ihren bekenntnismäßigen Wert gab.

    Durch die Rechtfertigung des Glaubens und durch den später erfolgten Auftrag der Beschneidung konnte Abraham ferner „eine doppelte Vaterschaft“ erlangen. Zuerst wurde er der geistliche Vater aller Glaubenden, die unabhängig von der Beschneidung und vom Gesetz durch Gnade zu demselben Glaubensverhältnis zu Gott gekommen waren wie er. Das waren die [158] Gläubiggewordenen aus den Heiden. Gerade an Abrahams Person hatte Gott bewiesen und vor allen Völkern kundgetan, dass wirkliche Heilsoffenbarung von ihm allein ausgehe. Gott kennt keine ursächlichen Vorbedingungen als sich allein und zwar in seinem Wort und in seiner Tat. Gerade den Heiden, die keine vom Gesetz geforderten Werke der Religion oder der Kultusfrömmigkeit haben, soll die Gerechtigkeit als ein Geschenk der Gnade werden, damit sie allein „Gottes Werk aus Gottes Werk“ sei.

    Zweitens wurde Abraham als Beschnittener aber auch der geistige Vater der Gläubigen aus der Beschneidung. Durch Geburt und den kultischen Akt der Beschneidung waren sie bereits dem Fleische oder dem Buchstaben nach dem Volke Israel eingegliedert. Wie wenig ihnen jedoch diese Grundlage allein die Berechtigung gab, sich als Kinder Abrahams anzusehen, musste ihnen einst das entscheidende Wort des Täufers sagen: „Gott vermag aus diesen Steinen Abraham Kinder zu erwecken“ (Mt 3,9)! Denn geschlechtliche Nachkommenschaft ist nicht etwa gleichbedeutend mit Gott gewirktem Abrahamglauben und göttlicher Rechtfertigungstat. „Wer bloß beschnitten ist, ist nicht das, was Abraham war, und hat nicht erlangt, was Abraham empfangen hatte“ (Schlatter). Es war auch unmöglich, dass etwa Abraham seinen Glauben und seine Rechtfertigung hätte vererben können.

    Er konnte beide nur als ein Zeugnis weitergeben, dass Abraham-Kindschaft jedem geschenkt werden soll, der nicht Werke des Gesetzes tut, sondern Gott glaubt. Nicht was der Jude von Natur mitbringt oder was er durchs Gesetz empfangen hat, entscheidet über seine Teilhaberschaft an Abrahams Verheißungen. Entscheidend bleiben Gottes Offenbarungen und Werk allein Abraham-Kindschaft setzt zu jeder Zeit und für jeden Gottes Vaterschaft in ihrer Offenbarung, Berufung und Rechtfertigung voraus

    Jakob Kroeker – Römerbrief

    Wenn Abraham der Vater aller werden sollte, die glauben, dann war es unverzichtbar, daß Gottes Methode der Rechtfertigung eingeführt wurde, bevor er beschnitten wurde. Nach den Plänen und Wegen Gottes sollte Abraham das Vorbild für alle sein, die durch Glauben gerechtfertigt werden. Er sollte das Haupt einer geistlichen Menschenrasse werden, die durch den Ruf Gottes aus allen Völkern herausgenommen sind.
        Die Juden hielten an ihrer Behauptung fest, daß Abraham der Vater ihres Volkes sei. Für sie war die Beschneidung das äußere Zeichen und Siegel, das dies bewies. Doch Paulus entkräftet ein solches Denken und sagt, daß Abraham der Vater der Beschneidung für die Juden ist, die in den Fußstapfen des Glaubens folgten, den Abraham vor seiner Beschneidung hatte. Das ist für den Stolz der Juden zweifellos ein Schock. Daß Abraham der Vater nur derer war, die in den Fußstapfen seines Glaubens wandeln, war ein schwerer Schlag für ihr Selbstwertgefühl. Die Tatsache, daß die Heiden ihn ebenfalls als ihren Vater beanspruchen konnten, da er der Vater aller Glaubenden war, stand darüber hinaus gänzlich im Gegensatz zu allem, was ihnen bisher heilig gewesen war.

    Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt

    Wer glaubt, wird ohne Werke für gerecht erklärt (V. 5), und wer gerechtfertigt ist, ist glückselig (V. 6). David, der die Seligpreisung aussprach, war beschnitten, und das war Abraham auch (1Mo 17). Heißt das, dass nur der Beschnittene glückselig werden kann? Paulus wiederholt die oben gemachte Beteuerung, dass »der Glaube [dem Abraham] zur Gerechtigkeit gerechnet« worden sei, und dann stellt er die Gegenfrage: War Abraham damals »beschnitten oder unbeschnitten«? Die Sache ist eindeutig: Er war »nicht beschnitten, sondern unbeschnitten«. In 1Mo 15,6 steht der Satz, dass Abraham Gott glaubte und dass Gott ihm das zur Gerechtigkeit rechnete. Erst in 1Mo 17 erfahren wir, dass Abraham sich beschneiden ließ. Als Ismael geboren wurde, war Abraham 86 Jahre alt (1Mo 16,16); das Wort von der Rechtfertigung hatte er vor der Zeugung und Geburt Ismaels empfangen. Danach vergingen noch einmal 13 Jahre, bis der HERR dem Erzvater erschien und ihm befahl, er müsse sich beschneiden lassen (1Mo 17,1ff.).
    Damals empfing er »das Zeichen der Beschneidung«. Den Ausdruck »Zeichen« müssen wir gut beachten. Die Beschneidung wirkte an Abraham gar nichts; sie machte ihn nicht gerechter, als er vorher gewesen war. Sie war lediglich ein äußeres Zeichen dafür, dass er bereits gerecht war. Dieses Zeichen nennt Paulus ein »Siegel«, das Gott dem Abraham aufdrückte, um ihn als einen Mann zu markieren, den er selbst für gerecht erklärt hatte. Analog dazu können wir sagen, dass keine sogenannten Sakramente am Menschen irgendetwas bewirken. So wenig die Beschneidung Abraham rechtfertigte, so wenig macht die Taufe irgendeinen Menschen gerecht. Diese ist wie die Beschneidung vielmehr ein Zeichen dafür, dass jemand bereits gerechtfertigt ist.
    Gott berief Abraham aus einer Familie von Götzendienern (Jos 24,2), redete zu ihm und weckte dadurch in seinem toten Herzen den Glauben, der ihn rechtfertigte. In diesem Glauben zog er aus einer Heimat (Hebr 11,8) und hielt sich auf im Land der Verheißung, ohne dort auch nur einen Fußbreit Boden zu besitzen (Apg 7,5). Damit, dass Gott dem Abraham den Glauben gab, machte er ihn zum »Vater aller …, die als Unbeschnittene glauben, damit [auch] ihnen die Gerechtigkeit zugerechnet werde«. Und er wurde damit auch zum Vater aller Beschnittenen, nämlich derer, die nicht nur beschnitten sind, sondern dazu »auch wandeln in den Fußstapfen des Glaubens, den unser Vater Abraham als Unbeschnittener hatte«. Damit hat Paulus an Abraham drei Dinge bewiesen:
    1. Die Rechtfertigung geschieht nicht durch Werke, sondern durch Glauben.
    2. Wer glaubt, wird gerechtfertigt – unabhängig davon, ob er beschnitten oder unbeschnitten ist.
    3. Der Beschnittene wird nur dann gerechtfertigt, wenn er auch den Glauben Abrahams hat.

    Benedikt Peters 2019 – der Brief an die Römer