Demnach ist der Glaube aus dem Gehörten, das Gehörte aber durch Rede Christi.
Das neue Testament – Grundtextnah übersetzt von W. Einert – Römer 10,17
ergänzent zu den vielen Übersetzungen 2020 heute ein paar weitere Kommentare zu diesem Vers aus Römer:
Der Apostel kommt zu der Schlußfolgerung, daß der Glaube aus der Verkündigung ist und die Verkündigung aus dem Wort Gottes. Der Inhalt des Glaubens wurde in diesem Kapitel auf verschiedene Weise dargelegt (siehe Verse 4, 6, 8, 9 und 10). Jetzt wird das Mittel erklärt, wie dieser Inhalt zu den Menschen gelangt: durch die Verkündigung, und die Verkündigung geschieht durch das Wort Christi (nach Menge, Albrecht, Zürcher, Schlatter u.a.; Elberf, Luther und Schlachter verwenden die Lesart »Wort Gottes«). Das kann das Wort der Botschafter über Christus bedeuten, oder aber es bedeutet, daß Christus durch Seine Botschafter spricht. Beide Bedeutungen sind möglich. Die Betonung liegt nicht auf den Verkündigern, sondern darauf, was die Zuhörer über bzw. von Christus hören. Dieses Wort veranlaßt sie zum Nachdenken über ihre Stellung vor Gott.
Benedikt Peters – Was die Bibel lehrt
Dieser Vers ist deshalb besonders wichtig, weil er drei für das Verständnis dieses Kapitels elementare Dinge nennt: Glaube, Verkündigung und das (gesprochene) Wort Christi (bzw. Gottes, s.o.). Wir erfahren, daß der Glaube aus ( ek ) dem »Hören« (Schlatter u.a.) bzw. der Verkündigung »kommt«, während das Hören »durch« ( dia ) das Wort Christi ist. Daraus schließen wir: Wenn die göttliche Wahrheit der Seele vorgestellt wird – in diesem Fall über Christus und Seine Auferstehung – »kommt« oder ergibt sich aus diesem Umstand Glaube. Nur wenn Gott handelt und eine »Verkündigung« an den Menschen richtet, kann der Mensch in seinem Sinn annehmen, daß diese Verkündigung von Gott stammt, und so kann Glaube entstehen. Wie dieses Werk Gottes zustande kommt, beschreibt Paulus nicht; er stellt nur heraus, daß rein menschliche Mitteilungen keine »Verkündigung« sind: Die Verkündigung ist durch das gesprochene Wort ( rhêma ) Christi. So erwartet Paulus, daß der Prediger die Aussprüche Gottes verkündet und die Botschaft Christi mündlich weitergibt. Dieses gesprochene Wort Gottes wird durch Glauben angenommen; daher ist es nach V. 8 »das Wort des Glaubens«.
Da die Zeichen und Wunder, die der Herr unter dem jüdischen Volk tat, nicht in einem Winkel geschahen, hatten die Juden keine Entschuldigung. Ständig hatten sie Zeichen gefordert, und wenngleich der Herr nicht auf ihre Forderungen einging, so war doch der Beweis, daß Er von Gott gekommen war, durch Seine Worte und Taten stets gegenwärtig und konnte von allen geprüft werden. Die Botschaft, die nach Seinem Tod und Seiner Auferstehung verkündet wurde, war kein menschliches Flickwerk, sondern trug dieselbe Autorität wie die apostolische Botschaft vor der Kreuzigung. Gott stand hinter diesem Wort. Der Heilige Geist erwies sich darin in Kraft. Viele wurden zum Reich Gottes hinzugetan, die weder Privilegien noch irdische Auszeichnungen hatten. Doch die Nation, der die Botschaft zuerst angeboten wurde, blieb verstockt. Wie der ältere Bruder des verlorenen Sohns entschlossen sie sich, draußen zu bleiben.
Nachdem die Vorstellung von einem Glaubensautomatismus unter der Predigt abgewiesen ist, kann Paulus über die Entstehung des Glaubens zwei Sätze aufstellen: Folglich: Der Glaube aus der Botschaft. Bevor der Glaube kommt, kommt die Botschaft (s. Anm. zu V. 16), der Glaube ist Annahme der Botschaft. Aber die Botschaft durch das Wort Christi. Hinter dem Mund des Boten steht der Mund des auferstandenen Christus.
Wuppertaler Studienbibel
Wo kein Gehorsam ist, da ist kein Glaube. Der Glaube aber kommt aus dem Hören. Im Griechischen gehören alle drei Begriffe zu der gleichen Wortfamilie: Gehorsam, Hören und Predigt. Die gewohnte Wiedergabe mit „Predigt“ engt zu sehr auf die kirchliche Predigt ein. Wir übersetzen deshalb diesen Kernsatz: „So ist der Glaube aus der hörbaren Botschaft, diese aber durch die Botschaft Christi.“ Der Glaube entsteht am Wort und sonst nirgends. Das ist unverzichtbare Grundlage christlicher, evangelischer Lehre. Wie Luther in der Erklärung zum 3. Glaubensartikel sagt: „Sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen…“ Wer anders lehrt, lehrt einen falschen Glauben. Gerade hier haben wir heute sehr genau auf den Apostel zu hören. Die schwärmerische Verführung beruft sich oft auf besondere persönliche Offenbarungen und weniger auf „das Wort Christi“. Das ist ungesunder Glaube, ja führt in den Irrglauben. Unser Glaube hängt am Wort Christi; dort ist sein Wurzel- und Mutterboden. Nur dort kann er wachsen, denn allein das biblische Wort hat glaubenschaffende Kraft (vgl. Röm 1,16). Alles andere sind Scheinblüten.
Edition C
Die Erläuterung, wie es zum Glauben an den Messias Jesus kommt, wird mit einem begründenden Satz (ἄρα [ara]) abgeschlossen: der Glaube kommt aus der Botschaft, die Botschaft aber aus dem Wort des Messias. Der Glaube (ἡ πίστις [hē pistis]) kommt aus der Botschaft (ἀκοή [akoē]), in der das Evangelium vom Messias Jesus zu Gehör gebracht wird.
Historisch-Theologische Auslegung Neues Testament
Manche, vor allem englische Übersetzungen geben ἀκοή V. 17 mit „Hören“ wieder (NASB: „So faith comes from hearing, and hearing by the word of Christ“; vgl. ESV, NLT); GN und NGÜ übersetzen das erste ἀκοή mit „Hören der Botschaft“, GN das zweite ἀκοή mit „Botschaft“, während NGÜ beide Satzhälften zu einer Aussage verschmilzt („Wie wir gesehen haben, setzt der Glaube das Hören der Botschaft von Christus voraus“; in einer Anm. werden mehrere Übersetzungsvarianten angeboten). Dunn argumentiert, dass die Bedeutung von ῥήμα („das Wort, das wir predigen“) für ἀκοή die Bedeutung „Hören“ geradezu erfordert; er meint, die damit notwendige Unterschiedlichkeit der Bedeutung von ἀκοή in V. 16.17 erkläre sich durch die Ausnutzung der semantischen Breite des Wortes. Die meisten Ausleger verstehen ἀκοή V. 17 wie in V. 16 im Sinn von „das Gehörte, die Botschaft“. Paulus formuliert allgemein; es ist nicht notwendig, die Verbindung von πίστις und ἀκοή V. 17 mit der Verbindung von πιστεύω und ἀκούω zu koordinieren. Die Zuordnung von ῥήμα und ἀκοή in V. 17 ist kein Problem, wenn man ῥήμα nicht als „Botschaft“ versteht, mehr oder weniger identisch mit ἀκοή, sondern als Vokabel, die „Wort“ und „Sache“, „das Gesagte“ und „die Angelegenheit“ gleichzeitig bedeutet und hier das Evangelium selbst bezeichnet.
Und die Botschaft kommt „aus dem Wort des Messias“ (διὰ ῥήματος Χριστοῦ [dia rhēmatos tou Christou]; zu ῥήμα s. 10,8). Wenn man den Genitiv als gen. subjectivus interpretiert, spricht Paulus vom Reden und Handeln des Messias im Wort des Glaubens, vom Wort des erhöhten Herrn, das sich in der apostolischen Predigt manifestiert. Möglich, aber eher unwahrscheinlich ist die Auslegung im Sinn des Auftragsworts Jesu, der seine Jünger aussendet und so den Prozess der Verkündigung der Botschaft in Gang setzt, der im Glauben zur Vollendung kommt. Im Anschluss an V. 8, wo das Wort ῥήμα dem Zitat Deut 30,13 LXX entnommen wurde, ist ein Verständnis im Sinn eines gen. objectivus plausibler: Paulus spricht von dem Wort, das den Messias zum Inhalt hat. Das „Wort des Messias“ ist das Evangelium von der Heil schaffenden Offenbarung Gottes, der durch den Sühnetod und die Auferstehung und Erhöhung des Messias Jesus den Sündern aus Juden und Heiden Gerechtigkeit erweist und Rettung schafft. Dieses „Wort“ wird in der Botschaft verkündigt, die die Boten des Messias in das jüdische Volk getragen haben. Auch bei dieser Interpretation kommt dem Messias Priorität zu: Der Messias hat das Heil erwirkt – die Boten tragen die Botschaft, in der es um den Messias geht, zu den Menschen – die Menschen hören die Botschaft und kommen zum Glauben an den Messias.
Ein klarer Verweis auf Jahwe wäre eine große Hilfe, denn bei allen Versen, die sich auf „den Herrn“ beziehen, ist unklar, ob Christus oder Gott (Jahwe) gemeint ist. So ist z. B. das Zitat von Petrus (in Apostelgeschichte 2,34) von David: „Der Herr sprach zu meinem Herrn“, unklar, bis man das hebräische Original (Ps. 110,1) liest: „Jahwe sagt zu meinem Adonai.“ Solche Verse, die das Alte Testament zitieren, würden klarer werden, wenn JHWH (das Tetragramm) im Neuen Testament verwendet würde.
Überprüfung der neuen Weltübersetzung 2013 der Zeugen Jehovas: Untersuchung der Geschichte der Wachtturm-Übersetzung und der neuesten Revision
Ein weiteres Beispiel ist Römer 10,16, wo Jesaja 53,1 zitiert wird: „Herr, wer hat unserem Bericht geglaubt?“ „Herr“ scheint sich auf Christus zu beziehen, denn „das Wort Christi“ ist eine Lesart, die in den jüngsten neutestamentlichen Texten von Vers 17 auftaucht, obwohl viele der alten Zeugen „das Wort Gottes“ haben. Tatsächlich kommt das Wort Herr im hebräischen Text von Jesaja 53,1 nicht vor, obwohl es im griechischen Text, den Paulus zitiert, als κυριε auftaucht. Da dieses Wort in den christlichen Kopien der Septuaginta zu einem Ersatz für JHWH wurde, ist es naheliegend anzunehmen, dass sich κυριε in der Septuaginta von Jesaja 53,1 auf JHWH bezieht. Es hat sich zweifellos von einem frühen hebräischen Lemma (in Kommentaren die Darstellung eines Textes vor seiner Erörterung) in die Septuaginta eingeschlichen, was zu dem Schluss führte, dass der im zweiten Teil von Jesaja 53,1 erwähnte JHWH die Person ist, die im ersten Teil des Verses angesprochen wird. Da es sich bei diesem Vers um eine Schrift und nicht um einen Kommentar handelt, hätte die jüdische Schreiberpraxis die Verwendung von „Jahwe“ und nicht von „Adonai“ vorgeschrieben. Der Vers hätte dann gelautet: „Jahwe, wer hat unserem Bericht geglaubt?“ So hätte Paulus die Septuaginta verstanden. Entgegen der gängigen Textkritik müsste die Lesart in Römer 10:17 also wahrscheinlich „das Wort Gottes“ und nicht „das Wort Christi“ sein. Rudolf Bultmanns Argument, dass „der unveränderte Ausdruck ‚der Herr‘ im jüdischen Sprachgebrauch (und damit auch in Jes 53,1a) nicht denkbar“ sei wird nun durch mehrere palästinensisch-aramäische Texte widerlegt, die das Wort Mare oder Marya („Herr“) als Titel für Gott verwenden. Die vorchristlichen Juden bezeichneten Gott also in einem absoluten Sinn als „den Herrn“.