Wir machen alle oft Fehler

Wenn jemand nicht im Worte strauchelt, der ist ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib zu zügeln.
Elberfelder 1871 – Jakobus 3,2

Denn wir (Lehrer) fehlen alle viel. Wenn jemand in der Rede nicht fehlt, der ist ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib im Zaume zu halten.
Zürcher 1931 – Jakobus 3:2

Wir alle lassen uns ja oft und in vieler Hinsicht etwas zuschulden kommen, ´am meisten jedoch bei dem, was wir sagen`. Wenn jemand sich nie auch nur mit einem Wort etwas zuschulden kommen lässt, ist er ein vollkommener ( geistlich reifer ) Mensch, der auch jeden anderen Bereich seines Lebens ( der auch den ganzen Körper ) unter Kontrolle halten kann.
Neue Genfer Übersetzung 2013 – Jakobus 3,2

Ob das der Grund ist, warum nach der Zeit der Apostel es keine weitere „irdische Organisation“ mehr gab, die die Worte Jehovahs im Mund führte? – und Jesus Christus direkt mit den gläubigen interagiert??

Aber gab es da nicht eine Gruppe oder eine Person, die „unfehlbar das Wort Gottes“ weitergibt?

„Der Papst ist nicht unfehlbar als Privatperson, sondern als ‚persona publica‘. Nach diesem Dogma ist der Papst unfehlbar, wenn er ‚ex cathedra‘, das heißt, in Ausübung seines obersten Lehr- und Hirtenamtes eine Wahrheit des Glaubens und der Sitten für die ganze Kirche verkündet.“

„Döllinger stellt als Historiker fest, diese Unfehlbarkeit ist nicht die Lehre der frühen Kirche. Sie ist nicht in der Heiligen Schrift begründet, sie ist nicht praktiziert in den ersten christlichen Jahrhunderten. Er war überzeugt, dieses Dogma ist nicht möglich. Die gebildeten Kreise, vor allem die Historiker werden es einfach nicht akzeptieren. Es kam zum offenen Streit. Es kam sehr bald dazu, dass diese Bewegung mit Döllinger sich dann als eigene kirchliche Gemeinschaft organisierte: als die altkatholische Kirche.“

https://www.deutschlandfunk.de/vor-150-jahren-wie-der-papst-unfehlbar-wurde-100.html

oder hier:

Auch: Infallibilität; Grundüberzeugung aller christlichen Kirchen ist es, „dass die Kirche nie endgültig aus der Wahrheit Jesu Christi herausfallen kann“, wie es im Katechismus der Katholischen Kirche heißt. Mit Jesus Christus ist „die Wahrheit Gottes geschichtlich unüberbietbar und endgültig in die Welt gekommen“ und diese Wahrheit „ist der Kirche aufgrund der bleibenden Gegenwart des Herrn und seines Geistes für immer verheißen.“ Das bedeutet, dass die ganze Kirche durch den Heiligen Geist vor Irrtum bewahrt wird (Sensus fidelium). „Die Gesamtheit der Gläubigen kann im Glauben nicht irren (…) wenn sie von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert“, heißt es in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“ (LG 12). Das Dogma von der Unfehlbarkeit besagt, dass der Papst, wenn und sofern er ex cathedra (d. h. in seiner Eigenschaft als oberster Hirte und Lehrer der Gesamtkirche und mit der erklärten Absicht, kraft apostolischer Vollmacht letztverbindlich zu entscheiden) über Fragen des Glaubens und der Sitten urteilt, stets vor Irrtum bewahrt bleibt. Diese Irrtumsfreiheit des Papstes wurde auf dem Ersten Vatikanischen Konzil zum Dogma erhoben und durch das Zweite Vatikanische Konzil bestätigt. Der Papst ist dann vor Irrtum sicher, wenn er den Sensus fidelium feststellt und ihn definiert.

https://www.katholisch.de/lexikon/1444-unfehlbarkeit-des-papstes

Weder eine menschliche Einzelperson, noch eine Klasse von Menschen können den Platz Christi „ersetzen“ – denn alle Menschen (auch Gruppen von Menschen) können und müssen Fehler machen.

Übrigens interessant:


Es besagt, dass der Papst bei Lehrentscheidungen in Glaubens- und Sittenfragen nicht irren kann. Die praktische Bedeutung des Lehrsatzes ist indes gering; bislang machte nur ein Papst davon Gebrauch. Das war Pius XII., der 1950 das Dogma von der leiblichen Aufnahme der Gottesmutter Maria in den Himmel verkündete.

https://www.domradio.de/artikel/papst-franziskus-antwortet-kueng-zu-unfehlbarkeit

Wäre wohl ganz positiv, wenn auch andere menschliche Gruppen sich davor hüten würden, ihre eigenen Gedanken zum „Gesetz“ aufzustellen 😉

Jakobus ist unbedingt ehrlich. Er klagt nicht die anderen an, die sich in der Lehre irren. Er weiß: wir verfehlen uns alle vielfältig. Jak, einer der großen Lehrer der ersten Christenheit, schließt sich hier nicht aus. Er weiß, dass es ohne Verfehlung beim Reden nicht abgeht. Wer viel redet, hat viele Gelegenheiten, sich zu irren, und »wem ist noch nie ein böses Wort entfahren«? (Sir 19,16).
Und doch redet Jakobus nicht so, als ginge es hier um eine unabänderliche Selbstverständlichkeit. Er benutzt die Einsicht, dass wir uns alle verfehlen, nicht zur Rechtfertigung der Verfehlungen, »da ja alle anderen sich auch verfehlen«. Es ist nicht sein Ziel, uns deutlich zu machen, dass wir alle unausweichlich straucheln und irren; es ist sein Ziel, dass die Lehrer – und alle anderen – ihre große Verantwortung beim Reden erkennen. Jak möchte, dass das Reden klarer und wahrhaftiger wird. Er verwendet dazu den Ausdruck »vollkommen«. Wir haben bereits gesehen (1,4; 2,22), dass Jak mit »vollkommen« kein unerreichbares Ideal beschreibt, sondern das Ziel, das Gott mit den Menschen hat. Nur wer sich im Wort nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mann.
Im Reden liegt – nicht nur beim Lehren, sondern ganz allgemein – offenbar unser Schwachpunkt. Die große Gabe der Rede kann gleichzeitig zum größten Stolperstein werden. Wem es jedoch an dieser Stelle gelingt, Ordnung in sein Leben zu bringen, dem gelingt es auch an anderen Stellen.
Die Kontrolle über die Zunge ist der Weg zur Vollkommenheit, der Weg dazu, den ganzen Leib im Zaum zu halten. Wessen »Leib« ist hier gemeint? Zunächst ist an den Leib dessen zu denken, der redet. Wer das Wort austeilt, muss auch sich selbst in der Gewalt haben. »Leib« wäre dann Zusammenfassung des ganzen Lebens. Ein Lehrer, der Ordnung in seinen Worten halten kann, der kann auch Ordnung in seinem ganzen Leben halten. Dann ist er ein »vollkommener Mann«.
Vielleicht ist hier aber auch die Beziehung zwischen dem »Wort« und dem »Leib« ein Bild für die Beziehung zwischen dem Lehrer und der Gemeinde. Die Gemeinde ist der Leib, dessen Zunge der Prediger oder Lehrer ist. »Leib« ist ein geläufiges Bild für die Gemeinde. Es ginge dann an dieser Stelle um das Reden in der Gemeinde. Der »vollkommene« Mann (bzw. Lehrer), der wahr redet, bewirkt, dass die Gemeinde im Zaum gehalten, d.h. auf den guten Weg geführt wird.

Wuppertaler Studienbibel

Ganz energisch wehrt Jakobus (V. 2) der Vorstellung, dass ein christlicher Lehrer sündlos sein könnte. „Denn wir alle sündigen in vielem“. Dieser kleine Satz hat es in sich. Woher kommt er? Sehr wahrscheinlich aus der Lehre Jesu. Vgl. besonders Mt 15,11.19. Man beachte wieder das „wir“. Jakobus schließt sich also bewusst in diese Feststellung ein. Auch er, die „Säule“ der Urchristenheit (Gal 2,9), ist ebenso ein Sünder, wie alle Apostel (vgl. 1Tim 1,15). Nur Jesus war sündlos. „Wir sündigen“: Die Gegenwartsform bekräftigt, dass die Christen auch nach dem Anschluss an Jesus noch sündigen (vgl. Röm 7). Von den 5 Vorkommen des Wortes πταίειν finden sich 3 bei Jakobus (2,10; in 3,2 zweimal). Πταίειν ist also ein für Jakobus charakteristisches Wort. Es bedeutet „fallen“, „irren“, „sündigen“. Es geht um die Verfehlung des Willens Gottes, wie er sich in der Heiligen Schrift und ihren Geboten ausdrückt. Jakobus sagt nicht: „Dies geschieht gelegentlich“. Vielmehr sagt er betont: „in vielem“. Jakobus ist also das Gegenteil eines Perfektionisten, er bleibt weit entfernt von einem „optimistischen“ Menschenbild.
Ein „vollkommener Mann“ = vollkommener Mensch (vgl. 1,4) wäre derjenige, der „im Wort nicht sündigt“. Der Begriff „Wort“ bezeichnet hier nicht nur die christliche Verkündigung, sondern ganz allgemein das menschliche Reden. Offenbar geht Jakobus davon aus, dass der Mensch sich regelmäßig in seinem Reden versündigt, und dass „Ausnahmen von dieser Regel … überaus selten sind“. Eben deshalb wäre einer, der redet, ohne zu sündigen, „ein vollkommener“ Mensch. Er wäre ja „in der Lage, den ganzen Leib zu zügeln“. „Leib“ bedeutet hier nicht nur „Triebwelt“ (gegen Mußner 160), sondern den ganzen Menschen in seiner Leibhaftigkeit. Dieser Aussage liegt die Voraussetzung zugrunde, dass die Zunge „den ganzen Leib“ regiert. Die Verse 6–9 entfalten diese Voraussetzung genauer. Χαλιναγωγεῖν kommt im NT nur bei Jakobus vor (1,26 und 3,2), gehört also zu den typisch jakobeischen Worten.
In 3,2 greift Jakobus nicht nur auf Jesus, sondern auch auf die altjüdische und alttestamentliche Weisheit zurück. Man vgl. z. B. Sir 14,1: „Wohl dem, der sich nicht mit Reden vergeht“, oder Prov 10,19: „Wo viel Worte sind, da geht’s ohne Sünde nicht ab“. Jakobus kann vermutlich voraussetzen, dass diese Weisheitstradition bei den Adressaten bekannt war.

Maier – Historisch-Theologische Auslegung Neues Testament

Hier sind mehrere Aussagen bemerkenswert.
Erstens: Denn wir alle straucheln oft in vieler Hinsicht. Lehrer eingeschlossen. Durch den Gebrauch der ersten Person Plural wir schließt Jakobus sich selbst unter diejenigen ein, die manchmal straucheln oder versagen. Wörtlich bezieht sich das Wort straucheln auf ein Hindernis, woran man sich den Fuß stößt und das einen zu Fall bringt. Manchmal bezeichnet es ein moralisches Versagen. Im übertragenen Sinn bezeichnet es Versagen in der Pflicht, einen Fehler oder eine Sünde. Obwohl kein fataler Fehler, hält es den Fortschritt, den Weitergang auf. Das (hier bildlich gebrauchte) Stolpern ist wiederum ein Versagen in der Pflicht, ein Fehler oder eine Sünde, die wir alle begehen – darunter auch einige Lehrer. Die Zeitform ist die Gegenwart; somit ist eine wiederholte Handlung eingeschlossen. Daher straucheln wir alle in vielerlei Hinsicht, besonders jedoch in der Sprache. Das Wort wird auch in Kapitel 2,10 gebraucht.

Zweitens: Wenn jemand nicht im Wort strauchelt, der ist ein vollkommener Mann. Die Bezugnahme auf Sprache in der Lehre. Vollkommen, nicht sündlos, beschreibt, dass man ein Ziel geistlicher Reife erreicht hat. Somit bezieht sich Jakobus auf den Einzelnen, der durchgehend im Wort nicht strauchelt, als einen Menschen, der ein Ziel geistlicher Reife erlangt hat.

Drittens ist er daher fähig, auch den ganzen Leib zu zügeln. Mit anderen Worten: Die Beherrschung der Zunge ist das Produkt des Glaubens; und wenn der Glaube die Zunge beherrscht, kann er alles beherrschen. Dieser beherrschte Mensch kann in seinem ganzen Leib wirksam Zurückhaltung üben, sodass die Sünde nicht nach Belieben mit ihm umspringen kann. Es geht um die Ausübung von Selbstbeherrschung über den ganzen Körper.

Wer nun Beherrschung über seine Rede erlangt hat, hat Vollkommenheit im Sinne eines Zieles erreicht, seinen Leib zu beherrschen; und somit ist er zum Lehrer qualifiziert. Selbst Lehrer straucheln; doch ihr Leben muss generell durch ausbleibendes Straucheln gekennzeichnet sein – vor allem im Bereich der Zunge, im Bereich der Rede und im Bereich der Lehre.

Arnold Fruchtenbaum – Der Jakobusbrief


weitere Verse hatten wir schon: Jakobus 3:5 und Vers 7 & 8

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