Monat: August 2021

„Wir dürfen uns nicht nur seine Kinder nennen“

Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen! Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat.
Elberfelder 1871 – 1 Joh 3,1

Seht, wie viel Liebe unser himmlischer Vater für uns hat, denn er erlaubt, dass wir seine Kinder genannt werden — und das sind wir auch! Doch die Menschen, die zu dieser Welt gehören, kennen Gott nicht; deshalb verstehen sie auch nicht, dass wir seine Kinder sind.
Neues Leben – Bibel 2006 – 1.Johannes 3,1

Kriegt ihr das mit, wie riesengroß die Liebe ist, die Gott für uns hat? Wir dürfen uns nicht nur seine Kinder nennen, wir sind es auch tatsächlich! Darum will die Welt auch nichts von uns wissen, weil sie eben Gott nicht kennt.
VolxBibel – 1.Johannes 3:1

1Jh 3,1 ἴδετε Aor. Imp. ὁράω. ποταπός (etwa = [ὁ]ποῖος18; att. ποδαπός) was für ein, von welcher Beschaffenheit/Art. δέ-δωκεν Pf. δίδωμι. κληθῶμεν Aor. Konj. Pass. καλέω; ἵνα τέκνα θεοῦ κληθῶμεν dass wir Gottes Kinder heißen sollen (beabsichtigte Folge; A328; 340) od. … Kinder heißen (eintretende Folge). καὶ ἐσμέν und wir sind (es auch). διὰ τοῦτο deswegen, deshalb, entweder zurückweisend (d. h. weil wir Gottes Kinder sind) od. (wohl besser) mit ὅτιNS als App. (A353) dazu verbunden (διὰ τοῦτο … ὅτι deswegen … [näml.] weil …). κόσμος hier die Menschen, die Gott unwissend od. feindlich gegenüberstehen. ἔ-γνω Aor. γινώσκω, in diesem Vers: jmdn. erkennen (als das, was er ist).

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament


Sehet usw. Ein zweiter Grund dafür, dass wir nach einem heiligen und reinen Leben streben müssen, hergenommen von der Erhabenheit und Vortrefflichkeit unserer Berufung. Der himmlische Vater hat uns keiner gewöhnlichen Ehre gewürdigt, als er uns zu Kindern annahm. Diese so große Gnade muss das Streben nach Reinheit in uns anzünden, dass wir ihm ähnlich seien. Und es ist unmöglich, dass der sich nicht reinigt, der sich als eins der Kinder Gottes erkennt. Damit die Mahnung mehr Gewicht habe, stellt der Apostel die Gnade Gottes in ihrer ganzen Größe hin. Denn dass der Vater uns Liebe erzeigt hat, deutet an, dass es reine, freie Gunst ist, wenn Gott uns als Kinder ansieht. Woher anders soll uns so große Würde kommen als aus der Liebe Gottes? Johannes preist die Liebe als eine freie. Kurz, er deutet an, je reicher Gottes Güte über uns ausgegossen ist, umso mehr seien wir ihm verpflichtet, wie auch Paulus die Römer (12, 2) bei der Barmherzigkeit Gottes beschwört, dass sie sich ihm als reine Opfer darstellen sollten. Wir werden auch belehrt, dass die Annahme an Kindesstatt aller Frommen, wie gesagt, eine freie ist und nicht von irgendwelcher Rücksicht auf Werke abhängt. Denn wenn die Sophisten sagen, dass die angenommen werden, die Gott als würdig vorausgesehen hat, so wird dies offenbar durch diese Worte widerlegt. Auf diese Weise wäre es kein freies Gnadengeschenk. Dies Kapitel der Lehre festzuhalten, ist besonderer Mühe wert. Denn da die Annahme an Kindesstatt die einzige Ursache unseres Heils ist und der Apostel bezeugt, sie fließe einzig und allein aus der Liebe Gottes, so bleibt hier nichts übrig für unsere Würdigkeit oder für Verdienst der Werke. Warum sind wir Kinder? Weil Gott anfing, uns umsonst zu lieben, da wir viel eher des Hasses als der Liebe wert sind. Da aber der Geist das Pfand unserer Kindschaft ist, so folgt daraus, dass wir das Gute, das etwa in uns ist, nicht der Gnade Gottes gegenüberstellen dürfen, sondern es im Gegenteil auf ihre Rechnung setzen müssen. Dass wir Gottes Kinder heißen sollen, ist übrigens kein leerer Titel. Denn Gott ist es, der uns mit seinem Munde zu Kindern erklärt.
Darum kennt euch die Welt nicht. Diese Versuchung greift den Glauben hart an, nämlich dass wir so wenig für Kinder Gottes gehalten werden und dass man so gar kein Kennzeichen einer solchen Herrlichkeit an uns erblickt, dass wir vielmehr fast der ganzen Welt zum Gespött dienen. Also aus dem gegenwärtigen Zustand kann kaum geschlossen werden, dass Gott unser Vater ist; auch setzt der Teufel alles in Bewegung, um diese Wohltat zu verdunkeln. Diesem Ärgernis hilft Johannes ab, indem er sagt: wir werden heute noch nicht als die anerkannt, die wir sind, weil die Welt Gott nicht erkennt; so ist es nicht wunderbar, wenn sie seine Kinder verachtet. Ein Beispiel dafür sind Isaak und Jakob. Beide waren von Gott erwählt; aber den einen verfolgte Ismael mit seinem Lachen und seinen Spöttereien und den andern Esau mit seinen Drohungen und mit dem Schwert. Mögen wir also in der Welt wie völlig unterdrückt erscheinen, so steht nichtsdestoweniger unser Heil fest und unversehrt.

Jean Calvin – 1.Johannesbrief

Keiner der Gläubigen, die mit Johannes darin übereinstimmten, dass die Christen Kinder Gottes sind, hätte diese Aussage bestritten. Ein etwa um dieselbe Zeit lebender jüdischer Lehrer – Rabbi Akiba – schrieb: »Geliebt sind die Menschen, denn sie sind nach dem Bilde Gottes erschaffen; noch größer aber ist die Liebe, die sich darin zeigt, dass Gott den Menschen geoffenbart hat, dass sie nach seinem Bild geschaffen sind.« Und Rabbi Meir verkündete im 2. Jh.: »Geliebt ist Israel, denn … sie sind die Kinder Gottes.«

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

Gibt es tatsächlich solche Menschen? Johannes antwortet: „Seht, war für eine Liebe uns der Vater geschenkt hat, dass wir Kinder Gottes genannt werden, und wir sind es.“ Es gibt Kinder Gottes! Und es gibt sie nicht nur irgendwo unter andern Menschen. Johannes spricht jetzt gerade nicht mehr von „jedem, der…“, sondern spricht von „uns“. „Wir“ werden Kinder Gottes genannt, und „wir“ sind es! Wer sich in dieses „Wir“ nicht einzureihen wagt, muss mit Ernst nachprüfen, wie es um ihn bestellt ist und wie er dann zu Gott steht? Es geht nicht um unsere Frömmigkeit und Vortrefflichkeit, mit der wir uns selbst zu Gottes Kindern machen könnten oder sollten. Dann würden wir uns freilich niemals zu den „Wir“ zählen können, von denen Johannes hier spricht. In Wahrheit aber ist es ganz anders. Wir dürfen so, wie wir sind, zu Jesus kommen und uns Jesus übergeben. Dann „nennt“ uns der Vater Jesu Christi augenblicklich seine Kinder und gibt uns in Jesus und um Jesu willen seine Liebe und sagt es uns, dass wir nun sein geliebtes Kind sind.

Johannes ruft uns mit Recht zu: „Seht, was für eine Liebe uns der Vater geschenkt hat“! Der Ausdruck „Was für eine Liebe“ meint nicht nur ihre bloße“ „Größe; das freilich auch. Der Ausdruck weist – genau wie das „So“ in Joh 3,16 – auf die besondere Art dieser Liebe. Uns Feinde Gottes, uns entstellte, beschmutzte Menschen seine Kinder „nennen“, das kann nur eine leidende, tragende, blutende Liebe. „Was für eine Liebe“ ist das! Es ist zunächst eine „Adoption“, die hier geschieht. Unserm Wesen nach sind wir noch gar nicht Kinder Gottes. Aber eine wirkliche Adoption gibt uns die volle Kindesstellung, das ganze Kindesrecht – Johannes geht hier ganz parallel mit der „Rechtfertigungslehre“ des Paulus. So wie in dieser die Gerechtsprechung im Vordergrund steht, unentbehrlich tröstlich für uns, so beginnt Johannes auch unsere Gotteskindschaft mit dem Kindesnamen, den wir erhalten. Freilich, es muss bei Paulus wie bei Johannes gesehen werden, dass für sie Gottes „Sprechen“ und „Nennen“ die schöpferische Realität in sich hat. Wer von Gott gerecht gesprochen ist, der „ist“ vor ihm gerecht. Wen Gott sein geliebtes Kind „nennt“, der „ist“ auch wirklich sein Kind. – . Wenn wir vor Gott seine Kinder „genannt werden“, wird uns nicht nur ein Etikett aufgeklebt und ein leerer Name angehängt. Darum setzt Johannes hinzu: „Und wir sind es.“ – Dieser kurze Satz findet sich in den Handschriften von Koine nicht, darum hat ihn auch Luther in seiner Übersetzung nicht. Die rev. LÜ bringt ihn mit Recht. Die Bezeugung in bedeutenden Handschriften ist stark. Seine Weglassung lässt sich aus dem sprachlich schlechten Anschluß des Satzes erklären. – Unsere Gewissheit darüber stammt nicht aus dem was wir selber an uns beobachten und feststellen können, sondern aus dem Wissen, dass Gottes Sagen und Nennen mit innerer Notwendigkeit ein schöpferisches Wirken ist. „Denn wenn er spricht, so geschiehts; wenn er gebietet, so stehts da“ (Ps. 33,9) – Es ist unbegreiflich, dass wir uns nicht anz anders täglich und stündlich darüber freuen! Ist es uns schon so zur bloßen Gewohnheit geworden? Oder glauben wir es noch gar nicht wirklich? –

Aber muss es dann nicht doch irgendwie als „Wirklichkeit“ zu merken sein? Johannes bejaht diese Frage und fügt einen eigentümlichen Beweis dafür an. „Deswegen erkennt die Welt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat.“ Wenn wir uns selbst betrachten und untersuchen, werden wir vielleicht sehr wenig von Gotteskindschaft an uns entdecken und kaum einen Unterschied von andern Menschen in uns sehen. Aber merkwürdig: „die Welt“ spürt sofort an uns das ihr Fremde und Andersartige! Sie „erkennt uns nicht“ in unserem Wesen. Dabei ist hier wie überall in der Bibel mit „Erkennen“ mehr gemeint als nur ein verstandesmäßiges Begreifen. Es geht um ein Offensein für den andern und um ein liebendes Erfassen. Darum bedeutet umgekehrt ein „Nicht erkennen“ nicht nur einen Mangel an Einsicht, sondern eine Verschlossenheit für den andern, eine innere Ablehnung, die bis zur Feindschaft gehen kann. Gerade das, was uns das Kostbarste und Wesentlichste in unserm Leben ist, ärgert die „Welt“ und stößt sie ab. Das ist uns oft recht schwer. Aber Johannes sagt uns: Freut euch doch darüber! Hier habt ihr einen objektiven, nicht von euch selbst erfundenen Beweis dafür, dass ihr „anders“ seid, von Gott geboren und von ihm bestimmt. Die Welt kann uns nicht „erkennen“, nicht verstehen und schätzen, „weil sie ihn nicht erkannt hat“. Bei dem „Erkennen“ Gottes ist es vollends klar, dass es dabei nicht um gedankenmäßige Einsichten über Gott, um „Gottesbeweise“ und dergleichen geht. Gott wird nur da „erkannt“, wo er sich selber lebendig offenbart und wir uns dieser Offenbarung in Jesus öffnen und hingeben. Johannes hat darum immer neu betont, dass dieses „Nichterkennen“ Gottes auf einem verborgenen Nichtwollen, auf einer Ablehnung seines Lichtes und seiner Liebe beruht und „Schuld“ ist. Wer sich vor Gottes Offenbarung verschließt, kann die Züge der Gotteskindschaft an Menschen nicht erkennen, bzw. diese Züge werden ihm zum Anstoß.

Wuppertaler Studienbibel

Den Namen „Kinder Gottes“ empfangen die Glieder der Gemeinde durch Jesus; er ist das Geschenk Gottes, mit dem er uns sagt, was Gott für uns sein will und was wir vor ihm sind. Ihm gelten wir als seine Kinder, die er zum Leben gebracht hat, damit sie für ihn leben. Damit hat er uns Liebe erzeigt, und welch große Liebe! Johannes steht mit tiefem Staunen vor ihr; er heißt sie unbegreiflich groß, und wer das nicht in irgendeinem Maß mit dem Apostel empfindet, hat ein verkehrtes Herz. Näher, völliger, wirksamer kann Gott uns nicht zu sich erheben als so, dass er uns seine Kinder heißt. Nicht mich oder dich allein heißt Gott sein Kind. Uns, den Gliedern der’ Gemeinde Jesu, hat Gott diese wunderbare Liebe erwiesen, dass wir seine Kinder heißen. Darin besteht erst die ganze Größe der Liebe Gottes, dass sie nicht einen hier, den andern dort, sondern jeden in Gemeinschaft mit vielen Brüdern Gottes Kind nennt. Auf diesen Namen, den Gott uns verliehen hat, schaut Johannes, ohne sogleich bei sich selbst in der Gestalt seines Lebens die Merkmale und Spuren der göttlichen Liebe zu suchen. Er baut und traut auf das Wort, das Gott sagt, baut darauf, wie Gott uns heißt. Wie er den Namen Jesu als das vollgültige Zeugnis wertet, das denen, auf die er gelegt ist, die göttliche Gnade zuträgt, {1 Johannes 2,12} so sieht er auch in dem Namen, den Gott den an Jesus Glaubenden gibt, Gottes herrliches Geschenk, das er staunend preist. Denn die Liebe Gottes spricht sich in diesem Namen aus, und ihr Wort vertreibt jeden Zweifel: es wirkt, was es sagt. Darum fahrt Johannesdankbar fort: „Und wir sind es.79“ Wer Gottes Kind heißt, ist es auch. Was Gott von uns sagt, gibt unserem Leben und Geschick seine Art, weist uns unseren Platz vor Gott an und erschließt unserem Weg das gewisse Ziel. Ich soll den Namen, den

Gott mir gibt, als für mich gültig ergreifen und bejahen; es ist so, wie Gott es sagt. Diese dankbare Freude an dem von Gott geschenkten Namen, die ihn als ein kostbares Geschenk und eine wirksame Kraft schätzt, weil Gott nach diesem Namen an uns auch handeln wird, ist Zeichen und Ausdruck des Glaubens. Eben noch legte Johannes allen Nachdruck auf unser Werk, auf die Gerechtigkeit, die wir tun. Jetzt freut er sich daran und dankt dafür, dass wir Gottes Kinder heißen. So stehen bei ihm Glaube und Werk in völliger Harmonie beisammen, und keines beeinträchtigt das andere.

1 Joh 3,1b: Deshalb erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannte.

Die Anbetung und Freude, die Gottes Liebe anschaut und nicht ausmessen kann, verwandelt auch den Schmerz und Ernst des Christenlebens in einen Grund der Freude und des Dankes und lässt uns auch darin die Größe der göttlichen Liebe sehen. „Gerade deshalb, weil ihr Gottes Kinder seid, weiß die Welt nicht, wer ihr seid, und versteht sie nicht, was ihr wollt.“ Johannes kennzeichnet immer deutlicher die Lage der Christenheit in der Menschheit. Das erste, was er über die Menschheit sagte, war, dass sie mit der Gemeinde unter der Gnade des Christus steht, der die Versöhnung für ihre Sünden ist. {1 Johannes 2,2} Dann sprach er von ihrer verlockenden Kraft: sie will uns verführen, unsere Liebe an das zu hängen, was nicht aus dem Vater stammt. {1 Johannes 2,15} Aber die Menschen um uns her locken uns nicht nur; sie können auch Gegner werden. Sie widersprechen uns und widerstehen uns. Dabei wird mannigfach sichtbar, dass sie uns nicht verstehen. Dagegen will Johannes die Gemeinde festigen.

Weil Gott und die Welt gegeneinander sind, ergibt sich aus der Weise, wie Gott sich zu uns hält, auch die Art, wie die Welt sich gegen uns stellt. Weil Gott uns als seine Kinder kennt, sind wir für die Welt unverständlich geworden. Gott hat die Scheidung aufgehoben, die uns von ihm trennte; die Folge ist, dass nun ein Gegensatz gegen die Welt sichtbar wird. Daraus erwachsen unvermeidlich manche Missverständnisse und Vorwürfe.

Jeder misst die anderen nach seinem Maß; wer ohne Glauben ist, wem Gott und Christus nichts gelten, der urteilt notwendig schief und ungerecht über den, dessen Leben gerade in diesem Glauben seine Wurzel und seine Kraft hat. Wir dagegen können die anderen verstehen, weil ihre sündliche Art auch in uns ist und der Trieb des Fleisches, der sie bewegt, uns nicht unbekannt ist. Wir sind aber von der Herrschaft der Sünde frei geworden durch Gott, der uns seine Liebe geschenkt und uns zu seinen Kindern gemacht hat. In dieses Neue haben die, die ohne Gott leben, keinen Einblick; darum urteilen sie unrichtig über uns und handeln gegen uns verkehrt.

Auch das ist ein Zeichen der göttlichen Liebe und kann uns darum in unserer Freude an der Gabe Gottes nicht stören. Die Liebe Gottes bindet und löst zugleich; sie bindet an Gott und löst von den Menschen; sie führt zu Gott hin und weg von denen, die ihn nicht kennen. Der Gegensatz des Christen gegen alles, was die Welt als „Welt“ kennzeichnet, kommt daher, dass Gott ihr unbekannt blieb. Wer das bedenkt, wird still und ruhig, auch wenn man ihn Jesu wegen verachtet und missversteht. Wir dürfen von dem kein Lob erwarten, der für Gott weder Lob noch Anbetung hat; wir dürfen nicht verlangen, dass uns der nicht widerspricht, der dem Christus widerspricht und ihn leugnet, und müssen uns willig von denen als töricht betrachten lassen, die Gott nirgends spüren und sich eine Welt zurechtmachen ohne Gott oder mit einem entstellten Gott, der nicht dem gleicht, der Jesus zu uns gesandt hat.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

„Schmeißt eure Probleme und Sorgen auf Gott“

So demütiget euch nun unter die mächtige Hand Gottes, auf daß er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr alle eure Sorge auf ihn werfet; (Eig geworfen habt) denn er ist besorgt für euch. (O. ihm liegt an euch)
Elberfelder 1871 – 1 Petr 5,6–7

Überlasst all eure Sorgen Gott, denn er sorgt sich um alles, was euch betrifft!
Neues Leben – Bibel 2006 – 1.Petr. 5,7

Allen euren Kummer werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
de Wette Bibel – 1.Petrus 5,7

Darum sag ich euch: Unterwerft euch Gott radikal, er hat die Macht! Dann wird er euch groß rausbringen, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen ist. Schmeißt eure Probleme und Sorgen auf Gott, er wird sich schon dadrum kümmern.
VolxBibel – 1.Petrus 5:6–7

Die Erfüllung der Verheißung der endgültigen Befreiung aus den Leiden steht zwar noch aus ( 5,6 ), aber Petrus ermutigt die Gläubigen hier zum Gebet und zum Vertrauen in die Liebe Gottes, die sie schon jetzt erfahren können. Die Juden hatten gelernt, in den Leiden, die ihnen beschieden waren, die liebende Hand Gottes zu erkennen (sie als aus Liebe erfolgte Züchtigung zu betrachten). Die meisten Heiden, die sich durch Opfer und Gelübde das Wohlwollen der Götter erkaufen wollten, hatten dagegen Probleme mit dieser Vorstellung.

Craig Keener – Kommentar zum Umfeld des Neuen Testaments

»Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.«

In solcher Unterstellung unter Gottes gewaltige Hand kann der Christ auch seine »Sorge«, seine Kümmernisse loslassen. Das ist gelebte Demütigung vor Gott. Dazu ruft schon Jesus die Seinen sehr eindringlich auf (vgl. Mt 6,25-34). Das griechische Wort »Sorge« heißt von seiner Wurzel her »Kopfdrehung«. Alles, was sich ständig in meinem Kopf dreht, sind also falsche Sorgen, sind also Befürchtungen und Ängste, gegen die ich gar nichts tun kann. Echte Sorgen, wirkliche Für- und Vorsorge sind daran zu erkennen, dass sie vom Kopf in die Hand kommen, also durch mein Handeln gelöst werden können. Gerade im Leiden, auf schweren Lebenswegen und im Blick auf das Kommende überfallen uns viele »Kopfdrehungen«. Sie rauben uns die klare Besinnung.

Solche Sorgen sind im Tiefsten Misstrauen gegen Gott. Ich darf sie »auf ihn werfen«. Die Zeitform im Griechischen macht deutlich, dass das ein andauernder Vorgang ist; wir dürfen das also immer wieder tun. »Werfen« heißt wörtlich »schleudern, wegschleudern«. »Auf ihn«, das geht wohl von dem Bild aus: deine Last auf die Schultern eines andern legen. Wir dürfen das tun wegen der herrlichen Zusage: »Er sorgt für euch« (griech. »ihm liegt an euch«). Die ganze fürsorgliche Liebe Gottes kommt darin zum Ausdruck. Es ist die bleibende Ermutigung zum Abgeben aller falschen Sorgen (vgl. Ps 40,18; 127,2; Lk 12,26; Phil 4,6).

Edition C

Und nun zeigt Petrus den Hörern, weil das Sich-demütigen im Alltag zu praktizieren ist: indem ihr alle eure Sorge auf ihn werft (wörtlich geworfen habt – Hier steht wieder der Aorist (s. die Anmerkung zu 1,13). Die Hörer werden damit ermahnt, jetzt neu und ernstlich zu tun, wozu sie sich früher schon entschlossen haben, sie werden aufgerufen, die Demut festzuhalten und die Sorge als auf Gott geworfen nicht wiederaufzunehmen. – , denn ihm liegt an euch. (Zitat aus Ps 55,23). Nachdem er zur Beugung unter Gottes mächtiger Hand gemahnt hat, konnte Petrus die Antwort vermuten: Ich will mich ja gern demütigen, mich beugen und die mir Vorgesetzten als mir von Gottes Hand übergeordnet anerkennen. Aber wo soll das hinführen? Ich sorge mich um den rechten Fortgang in der Gemeinde. Petrus würde antworten: wirf die berechtigte Sorge um Gemeindeverhältnisse (und auch alles andere) auf Gott, und du bist frei, dich zu beugen, einzufügen und zu dienen. Das gilt für alle Verhältnisse. Wer seine Sorge auf Gott geworfen hat, ist frei, sich unter seine mächtige Hand zu demütigen und zu tun, was not ist. Auch an die Leidenden ist diese Mahnung gerichtet. Leiden bringt normalerweise Sorge mit sich. Wer aber gelernt hat, hinter allen Gegebenheiten Gottes mächtige Hand zu sehen, weiß: diese mächtige Hand wird mit jeder Sorge fertig. Damit werden wir davor gewarnt, mit der Sorge selbst fertig werden zu wollen. Werfen beinhaltet Aktivität, aber auch den Entschluß, sich völlig von etwas zu trennen. Es meint ein entschiedenes Abgeben der Sorge in die Hand Gottes. Schlatter sagt: „So machen wir uns von unserer Sorge auf die rechte Weise frei, wenn wir sie in die Bitte umsetzen: Sorge du.“ Die Begründung lautet: denn ihm liegt an euch oder: „er kümmert sich um euch.“ Gott ist nicht nur mächtig genug, mit den Sorgen seiner Kinder fertig zu werden, sondern er ist auch willig dazu. Das Wort es liegt ihm an euch drückt die persönliche, väterliche Fürsorge Gottes für seine Kinder aus. Wer das im Glauben ergreift, wird froh darüber sein, alle seine Sorgen auf ihn werfen zu dürfen, und große Getrostheit und Geborgenheit wird über ihn kommen.

Wuppertaler Studienbibel

Zweitens ermahnt Petrus in den Versen 5b-6: Alle aber gürtet euch mit Demut. Er gebraucht das griechische Verb für gürten nur hier und nirgends sonst. Es bedeutet »anziehen« oder »ein Kleid umbinden«. Das Wort bezog sich auf das Anlegen des Sklavenschurzes, der den Sklaven für seinen Dienst vorbereitete und von einem freien Mann unterschied. Die Gläubigen sollten Demut wie ein Kleidungsstück anlegen, um mit Demut bekleidet zu sein. Das Mittel zum Erzeigen von Demut ist, einander zu dienen. Hier zitiert Petrus Sprüche 3,34, um zu untermauern: Gott möchte, dass Gläubige die Tugend der Demut besitzen. Gott widersteht den Hochmütigen. Der griechische Text lautet: »Gott, gegen die Stolzen, er stellt sich auf.« Petrus stellt Gott dar, wie er in Kampfaufmachung den Hochmütigen widersteht. Das Hebräische sagt: »Ganz sicher spottet er den Spöttern.« Während Gott den Hochmütigen widersteht, gibt er den Demütigen Gnade. Wer bereit ist, sich zu demütigen, wird von Gott erhöht. Als Nächstes spricht Petrus einen Imperativ aus: Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes. Das bedeutet, sich als Teil der göttlichen Züchtigung Gottes Handeln unterzuordnen. Diese Aussage ist bereits in 4,12-19 im Kontext der Unterordnung gemacht worden. Das Mittel zur Erzeigung der Demut besteht in diesem Kontext darin, sich den Ältesten unterzuordnen. Wer sich den Ältesten nicht unterordnet, stellt mangelnde Demut zur Schau. Der Lohn der Unterordnung besteht darin, dass er euch erhöhe zur rechten Zeit. Zur rechten Zeit bedeutet »zukünftige Erhöhung« – die von Jesus verheißene Erhöhung, bei der die Demütigen erhöht werden (Mt 23,12; Lk 14,11; 18,14).

Drittens ermahnt Petrus die Herde in Vers 7, ihre Sorgen auf Gott zu werfen. Hier verwendet er ein Partizip; dadurch wird das Mittel zur praktischen Demut erklärt: indem ihr alle eure Sorge auf ihn werft. Das Wort werfen bedeutet »auf [jemanden/etwas] legen«; »auf [jemanden/etwas] werfen«; »überreichen«. Das Wort Sorge bezieht sich auf »Unruhen und Besorgnisse«. Hier wird dazu ermahnt, im Gebet die Gnade in Besitz zu nehmen und die Last zu erleichtern, indem man sie auf ihn wirft. Die Grundlage hierfür: Denn er ist besorgt für euch. Im Griechischen heißt es wörtlich: »Ihm ist es eine Sorge um euch.« Die Betonung liegt auf Gott, dem an uns liegt.

Arnold Fruchtenbaum – Die Petrusbriefe und Judas

Petrus greift das Stichwort „Demut“ aus 1Petr 5,5 auf und bezieht es auf den Umgang mit Diskriminierung und Verfolgung: „Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes …“ Die „mächtige Hand Gottes“ ist ein Bild, dass schon im Alten Testament für Gottes Eingreifen in die Geschichte steht (z.B. 2Mo 6,1: „…Nun sollst du sehen, was ich dem Pharao antun werde. Denn durch eine starke Hand gezwungen, wird er sie ziehen lassen, ja, durch eine starke Hand gezwungen, wird er sie aus seinem Land hinausjagen.“). Dementsprechend ist im ersten Petrusbrief wiederholt davon die Rede, dass auch die Verfolgung nicht gegen Gottes Willen geschieht (1Petr 2,15; 3,17; 4,19). Die Gemeinde soll also auch das Leid, dass ihnen durch die Verfolgung geschieht, demütig aus Gottes Hand nehmen.

(7) Das geschieht, „indem“ sie alle ihre Sorgen auf Gott „werfen“. Warum können sie das tun? Weil er sich – auch und gerade in schweren Zeiten – um die Gemeinde kümmern wird. Deshalb können sie „die Sorge von sich werfen, wie man eine Last abwirft. Gott nimmt sie auf.“ (Schelkle, 132).

Mainka – 1. Petrus

Alle eure Sorge werfet auf ihn usw. Jetzt verweist uns der Apostel noch dringender auf Gottes Vorsehung. Das Sprichwort sagt, man müsse mit den Wölfen heulen, und töricht sei, wer wie ein Schaf vom Wolf sich verschlingen lasse. Solche Reden entspringen doch nur der Meinung, dass ein bescheidenes Verhalten auf unserer Seite der Frechheit der Gottlosen die Zügel löse, so dass sie uns nur noch hochfahrender angreifen. Solche Stimmung erwächst aber aus Unkenntnis der göttlichen Vorsehung. Sobald es uns dagegen einmal feststeht, dass Gott für uns sorgt, wird unsere Seele leicht auf Geduld und Sanftmut sich stimmen lassen. Damit also menschliche Ungerechtigkeit uns nicht zu trotzigem Widerstand reize, gibt uns der Apostel das gleiche Heilmittel in die Hand, wie David im 37. Psalm (V. 5): indem wir unsere Sorge auf Gott werfen, sollen wir still sein. Denn wer nicht in Gottes Vorsehung seine Ruhe findet, muss in sich selbst in beständigem Aufruhr sein und mit gewaltsamem Ansturm auf andere losschießen. Umso eifriger sollen wir uns in den Gedanken versenken, dass Gott für uns sorgt: so werden wir zum ersten starken Frieden in uns haben und zum andern uns bescheiden und sanftmütig gegen die Menschen beweisen. Dass wir alle unsere Sorge auf Gott werfen sollen, hat übrigens nicht den Sinn, als sollte unser Herz wie Stein werden und wir alle Empfindung verlieren; nur soll uns kein Zittern noch übermäßige Angst zur Ungeduld treiben. Die Erkenntnis der göttlichen Vorsehung verscheucht nicht derartig jede Sorge, dass die Menschen in Sicherheit sich könnten gehen lassen: sie will uns nicht fleischliche Stumpfheit, sondern Ruhe des Glaubens bringen.

Calvin – 1. Petrusbrief

Der heilige Apostel hatte in dem Vorigen den Aeltesten, d. h. den Predigern ihre Pflichten ans Herz gelegt und gesagt, was sie zu thun schuldig seien. Nachdem er das gethan, so fährt er nun fort: Desselben gleichen ihr Jungen, seid unterthan den Aeltesten. Waren die Aeltesten die Prediger, so sind die Jungen die Gemeinen. Hier legt also der Apostel den Gemeinen ihre Pflichten an’s Herz. Er verlangt kurz und gut, daß die Gemeinen ihren Predigern gehorsam sein sollen, denn unterthan sein heißt nichts anders als gehorchen. Da verlangt der HErr eben solchen Gehorsam, wie von den Predigern bei dem Weiden der Herde Christi, nämlich den Gehorsam von Herzensgrund. Der Prediger vertritt bei der Gemeine nicht die Stelle einer obrigkeitlichen Person, er hat keine Dragoner und Kerkermeister, die ihm helfen, das sind Leute, die im Dienst der weltlichen Obrigkeit stehn. Bist du der Obrigkeit nicht gehorsam, so schickt sie dir Landdragoner und Steckenknechte in’s Haus und du kriegst Execution und Einquartierung. Und die Obrigkeit hat Recht und Pflicht zum Strafen; nicht aber ein Prediger. In dieser Weise kann er das Wort des Apostels: Ihr Jungen seid unterthan den Aeltesten, nicht bei seiner Gemeine zur Geltung bringen.
Wenn die Gemeinen nicht gehorsam sein wollen, so können die Prediger keine Büttel und Gendarmen schicken; die Gemeine soll ja um des Gewissens willen zu Gott gehorsam sein. Sind die Gemeinen ungehorsam, so haben sie allerdings von den Predigern keine Strafe zu erwarten. Wenn ihr Gewissen sie nicht zum Gehorsam zwingt, der Stock soll sie nicht dazu treiben und die Peitsche auch nicht. Aber wenn ihr eurem Prediger nicht gehorsam seid, so sollt ihr einst eure Strafe haben, wenn der Gerichtstag Jesu Christi kommt, bis dahin habt ihr freie Hand. Daraus folgt nun: Dieser Gehorsam, den Gott hier von der Gemeine verlangt, bezieht sich nicht auf äußere Dinge. Ich kann z. B. nicht gebieten, ihr sollt eine Scheune bauen, ihr sollt dies und das thun, das ist meines Amts nicht. Worin ihr mir unterthan sein sollt, das ist die Predigt des göttlichen Worts. Wenn ich euch z. B. predige: Bekehrt euch von ganzem Herzen zu Gott, da ist es eure Pflicht und Schuldigkeit, euch zu bekehren; wenn ich euch sage, ihr sollt nicht wandeln in der Welt und ihrem Wesen, da ist es eure Pflicht und Schuldigkeit, daß ihr gehorsam seid; wenn ich euch die heiligen zehn Gebote auslege und darin zeige, was ihr thun und lassen sollt, so müßt ihr gehorsam sein; wenn ich euch den Glauben predige, so müßt ihr gehorsam sein und glauben und zwar nicht, weil ich es haben will, sondern weil Gott es geboten hat.
Wenn meine Predigt nicht mit Gottes Wort übereinstimmt, so dürft ihr mir nicht gehorsam sein, sondern müßt sagen: Deine Predigt stimmt nicht mit Gottes Wort überein, du bist ein falscher Prediger. Ist sie aber dem Worte Gottes gemäß und ihr seid doch nicht gehorsam, dann habt ihr euch gegen Gott aufgelehnt. Darum sagt der HErr zu Seinen Jüngern: Wer euch hört, der hört Mich, wer euch aufnimmt, der nimmt Mich auf, wer euch verachtet, der verachtet Mich. Meint ihr, daß ihr bloss dazu da seid, um zu hören, was der Pastor sagt und daß ihr das Thun dann lassen könnt? Da wäre es besser, ihr hättet gar keinen Pastor! Vom Hören allein werdet ihr nicht selig, ihr müßt das Gehörte auch ausführen. Was hilft es euch, wenn vom Glauben gepredigt wird und ihr glaubt nicht? was nützt es euch, wenn von der Bekehrung die Rede ist und ihr bekehrt euch nicht? Deshalb sagt der Apostel so ernstlich: Ihr Jungen seid unterthan den Aeltesten! Hört nicht bloß, was die Prediger sagen, sondern seid auch ihrem Worte gehorsam. Dadurch bereiten sich die meisten Menschen die Verdammnis, daß sie Gottes Wort hören und es nicht thun, deshalb muß es sie am jüngsten Tage verdammen. „Seid Thäter des Worts und nicht Hörer allein, auf daß ihr euch nicht selbst betrügt,“ von dieser Ermahnung ist die ganze Bibel voll, z. B.: Wer da will des Willen thun, der Mich gesandt hat, der wird inne werden, ob Meine Lehre von Gott sei, oder ob Ich von Mir selber rede; also thun sollen wir Gottes Willen. Der HErr sagt am Schlusse der Bergpredigt das ernste Wort: Es werden nicht Alle, die Mein Wort hören, in den Himmel kommen, sondern die den Willen Meines Vaters im Himmel thun; das HErr, HErr sagen ist ganz bequem, das Thun des göttlichen Willens ist nicht so leicht. Viele werden dann kommen und sagen: HErr, HErr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt, haben wir nicht in Deinem Namen Teufel ausgetrieben, haben wir nicht in Deinem Namen große Thaten gethan? Der Herr aber wird ihnen antworten: Ich habe euch noch nie erkannt, weichet alle von Mir, ihr Uebelthäter! Und wie oft ermahnt nicht der heilige Apostel Jakobus zum Thun des Wortes Gottes.
Also nicht dem Pastor zu Gefallen, sondern eurer Seligkeit zu Gefallen sollt ihr dem Worte Gottes gehorsam sein. Wir sollen thun, was uns die Prediger sagen, damit wir selig werden und damit Gott die Ehre gegeben werde, die Ihm gebührt. Also in irdischen Dingen hat der Pastor nichts zu befehlen, die gehen ihn nichts an; aber im Geistlichen hat er zu befehlen, und wer ihm darin nicht gehorsam ist, der wird es am jüngsten Tage bitter bereuen. –

Ludwig [Louis] Harms – Auslegung der ersten Epistel St. Petri

5, 7: Alle eure Sorge auf ihn werfend, weil er sich um euch kümmert.

Ps 55, 23 nach dem Grundtext: Wirf auf Jahve deine Last (יְהָבְךָ nach dem aram. יְּהָבָא = Last), so wird er dich erhalten. — LXX: ἐπίῤῥιψον ἐπὶ κύριον τὴν μέριμνάν σου, καὶ αὐτός σε διαθρέψει. — Targ: Wirf auf Jahve deine Hoffnung, so wird er dich ernähren. ‖ GnR 79 (51a): R. Chijja der Ältere (um 200) u. R. Schimʿon, der Sohn Rabbis, u. R. Schimʿon b. Chalaphta hatten einige Ausdrücke aus einem arabischen Targum vergessen; sie kamen zu einem arabischen Kaufmann, um sie von dort zu lernen. Da hörten sie seine Stimme, wie er zu einem andren sagte: Hebe diese Last יִהָבָא auf mich! Daraus vernahmen sie, daß מַשׂוֹי = יהבא „Last“ sei, wie es heißt Ps 55, 23: Wirf auf Jahve deine Last, so wird er dich erhalten. — Ähnliches RH 26b, 17 u. Meg 18a, 36. — Zum Sorgen s. weiter bei Mt 6, 25 u. 26 S. 435 ff.

Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasc

Die Hoffart und die Sorge weichen miteinander; die Hoffart greift nach dem, was uns begehrenswert scheint; die Sorge fürchtet sich vor dem, worin wir ein Übel sehen, und wir haben ja reichlich Grund zur Sorge. Verluste, Schaden und Leiden gibt es in unserer menschlichen Geschichte in Menge, und wenn wir sie kommen sehen, fasst uns die Sorge. Petrus sagt nicht, dass wir sie nicht spüren sollten; im Gegenteil, der Leichtsinn, der sich blind macht, um die Sorge zu vertreiben, ist eine schlimme Not. Aber wir sollen die Sorge nicht bei uns behalten, sondern sie weitergeben und auf den legen, der allein wirklich sorgen kann, weil er allein die Zukunft kennt und sie nicht nur kennt, sondern auch regiert. Darum machen wir uns von unserer Sorge auf die rechte Weise frei, wenn wir sie in die Bitte umsetzen: „Sorge du.“ Das können wir nicht, wenn wir nicht Gott vertrauen, der auf uns achtet und uns seine Fürsorge und Liebe zuwendet. Aber sein Auge und seine Gnade sind bei denen, die demütig ihm die Ehre geben.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Keiner wird wohl von sich behaupten, er würde sich niemals Sorgen um Dinge machen, die im täglichen Leben auf ihn eindringen.
Da gibt es Probleme am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Ehe, in der Versammlung oder in anderen Lebensbereichen.
An vielen Stellen der Heiligen Schrift werden wir mit diesem Thema konfrontiert. Wir werden aufgefordert, unsere Sorgen auf Gott zu werfen (s. 1 Petrus 5,7a).
Dabei liegen Theorie und Praxis wohl oft weit auseinander und es ist wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass Gott selbst für uns besorgt ist (s. 1 Petrus 5,7b).

Sorgen, eine Definition
Es ist gut, einmal darüber nachzudenken, was Sorgen überhaupt sind. Eine mögliche Definition lautet, dass Sorgen Gedanken über die Zukunft in Verbindung mit der Einschätzung unserer eigenen Möglichkeiten sind. Das bedeutet, wir versuchen, Dinge, die auf uns einströmen, mit bereits gemachten Erfahrungen oder menschlichen Fähigkeiten einzuschätzen und daraus einen Lösungsweg für unsere Situation zu finden. Dabei stellen wir oft fest, dass es schwierig werden kann, und das macht uns besorgt.
Wenn wir dabei stehen bleiben und nur so mit Sorgen oder Nöten umgehen, dann unterscheiden wir uns nicht von Menschen, die keine lebendige Beziehung zum Herrn Jesus haben.

Sorgen, und was dahinter steckt
Sorgen sind oft ein Zeichen dafür, dass wir insgeheim doch
• zwei Herren dienen wollen (s. Mt 6,24),
• unser Vertrauen heimlich oder unbewusst auf das Geld oder auf guten Versicherungsschutz setzen,
• auf gute Ärzte vertrauen,
• auf gute, eigene Beziehungen zu Entscheidungsträgern in dieser Welt setzen,
• auf unsere eigenen Fähigkeiten und Kräfte bauen,
• oder, oder, oder…
Wir vergessen, dass wir einen Herrn im Himmel haben, der über allem steht, der die Dinge, die uns begegnen, sogar zulässt, um unseren Glauben an Ihn zu prüfen und zu stärken. Er möchte, dass wir darin wachsen, Ihm zu vertrauen.

Bleib in mir 2-2018

„Wer will es wagen, uns fertigzumachen?“

wer ist, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.
Elberfelder 1871 – Röm 8,34

Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.
Luther 1984 – Röm. 8,34

Wer wollte es wagen, sie zu verurteilen? Keiner, denn Jesus Christus ist für sie gestorben, ja, mehr noch: Er ist vom Tod auferweckt worden und hat seinen Platz an Gottes rechter Seite eingenommen. Dort tritt er jetzt vor Gott für uns ein.
Hoffnung für Alle – Römer 8,34

Wer ist der, der ständig verdammt? Der Messias, der einmal hingerichtet wurde, ist da, um so mehr als Auferweckter, als der Er sich sogar an Gottes rechter Seite befindet und als der Er sich auch dauernd für uns verwendet.
Gottes Agenda – Das Neue Testament urtextnah ins heutige Deutsch übersetzt von Andreas Eichberger – Römer 8,34

κατα-κρινῶν Fut. Ptz. -κρίνω V. 3; subst.; τίς ὁ κατακρινῶν wer (ist da), der (uns) verurteilen könnte? (vgl. V. 33). ἀποθανών Aor. Ptz. -θνῄσκω, subst. der, der gestorben ist. μᾶλλον δέ ja vielmehr (B μᾶλλον 3d), mehr noch. ἐγερθείς Aor. Ptz. Pass. ἐγείρω, subst. ἐν-τυγχάνω V. 27.

Neuer Sprachlicher Schlüssel zum Griechischen Neuen Testament

Dass aber die Verteidiger des freien Willens Christus verleugnen, beweist nicht bloß diese Schriftstelle, sondern auch ihr Leben selbst. Somit haben sie sich Christus nicht mehr zum milden Mittler, sondern zum furchtbaren Richter gemacht, den zu besänftigen sie sich bemühen durch die Fürbitten der Mutter und der Heiligen wie auch durch die vielen erfundenen Werke, gottesdienstlichen Gebräuche, Orden und Gelübde. Mit dem allen bezwecken sie, dass Christus ihnen versöhnt die Gnade verleihe. Sie glauben aber nicht, dass er sie bei Gott vertrete (Röm 8,34) und ihnen durch sein Blut die Gnade erwerbe, ja, Gnade um Gnade, wie es hier heißt. Und wie sie glauben, so haben sie auch. Denn indem sie ihn als den gnädigen Mittler und Erlöser verlassen und sein Blut und seine Gnade für weniger wert halten als das Bemühen und Bestreben des freien Willens, ist Christus ihnen wahrhaft und zurecht ein unerbittlicher Richter.

Luther – Vom unfreien Willen

„Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja Vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns.“

Das Urteil ist gesprochen. Wer will noch verurteilen, nachdem der Richter uns gerecht gesprochen hat? Denn das Urteil ist an einem andern, an unserer Statt, vollzogen worden: an Christus, und er ist gestorben. Ja „noch mehr“: Der Tod hatte gerade nicht das letzte Wort. Jesus ist „auferweckt“, und er tritt jetzt als der lebendige Herr, als unser Fürsprecher, für uns vor Gott ein, er „vertritt uns“, ist unser Anwalt, dem Gott den Ehrenplatz zu seiner „Rechten“ gegeben hat (vgl. Ps 110,1). Jesus ist nicht gegen uns, sondern für uns, so wie Gott selbst für uns ist. In ihrer rettenden Liebe erweist sich das Einssein des Sohnes mit dem Vater. Seine Fürsprache trifft auf die volle Liebe Gottes (vgl. 1Joh 2,1; Heb 7,25; 9,24).

Edition C

Es folgt ein ähnlicher Gedankengang wie 31-32. Wer erhebt Anklage gegen die Auserwählten Gottes? Gott (ist ja) der Gerechtsprechende! Wer (ist) der (sie) Verurteilende? Christus (ist) der (für sie) Gestorbene. Aber dann spitzt Paulus anders zu: Christus ist vielmehr der Auferweckte, der auch da ist zur Rechten Gottes, der auch Fürsprache für uns einlegt! In V. 32 und 34a ist er derjenige, an dem gehandelt wird, in V. 34b dagegen der Handelnde. Die Aussage über Christus leitet Paulus hier mit einem „vielmehr“ ein und entfaltet daraus ein zweifaches „nicht nur, sondern auch“: Er ist nicht nur gestorben, sondern erstens auch auferweckt und zweitens auch als Erhöhter tätig. Dadurch ist der Wert seines Sterbens in gar keiner Weise herabgestuft; das „vielmehr“ besteht darin, dass es sich wirksam in die Gegenwart hinein verlängert. Ein Christus, der nur früher einmal da war und starb, später einmal wiederkommt und dazwischen Pause hat, wäre nicht der biblische Christus. Den urchristlichen Glauben beschäftigte zentral Jesu gegenwärtige Rolle zur Rechten Gottes, dem Platz des Mitregenten. Die Wendung stammt aus Ps 110,1, ein Basisvers für das NT, den es häufiger zitiert als jedes andere Schriftwort. Nach diesem Psalm ist der Herr zu unserer Zeit nach zwei Seiten tätig. Einerseits legt er im Rahmen des Weltgeschehens einen Feind nach dem anderen zu seinen Füßen nieder (1Kor 15,25). Andererseits aber steht er als Priester für seine Gemeinde ein (Heb 4,15-16; 7,25; Joh 14,16.17; 17,9-17; 1Joh 2,1; Jes 53,12: Hi 19,25-29). Von einer Sekunde zur anderen verdankt sie sich diesem seinem Wirken. In keiner Befindlichkeit steht sie vor Gott allein, allein als die, die sie in sich selber ist, sondern immer als die, die sie in Christus ist.

Wuppertaler Studienbibel

Wer wird Auserwählte Gottes verklagen? Gott ist der, der gerecht spricht. {Jesaja 50,8} Wer ist der, der verurteilen wird? Christus Jesus ist der, der starb, mehr noch, der, der auferweckt wurde, der zur Rechten Gottes ist, der uns auch vertritt. {1 Petrus 3,22; 1 Johannes 2,1; Hebräer 9,24}

Unsere Schuld bringt uns nicht das Verderben. Denn Gott hat uns in seiner Gnade für sich erkoren und zu seinem Eigentum ausgesondert und weist uns den Platz der Gerechten an. Christus hat seinen Tod und mehr noch als seinen Tod, seine Auferstehung und Erhöhung für uns vollbracht; als der Verklärte tritt er jetzt für uns ein. Da ist kein Raum mehr für Anklagen, die unsere Sünden ins Licht stellten und ein verdammendes Urteil gegen uns erwirkten. Durch Gottes Rechtfertigung und Jesu Heilandswerk ist unsere Sünde begraben; sie wird nicht mehr wider uns auferstehen.

Die andere Schwierigkeit liegt in der Not des Christenstandes.

Schlatter – Erläuterungen zum Neuen Testament

Eine dritte Folge der Himmelfahrt des Herrn finden wir in der bekannten Schriftstelle Römer 8,34: „Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.“ Welch ein Gedanke! Im Himmel wird von unserem Herrn für uns gebetet! Und das nicht dann und wann, sondern immerwährend! Um dies zu ermöglichen, mußte Er in den Himmel gehen. Hier auf Erden starb Er für uns, droben lebt Er für uns. Wir haben keine Fürbitte durch einen Heiligen nötig, wir haben einen Fürsprecher und Fürbitter in unserem Herrn selbst. Das ist eine der herrlichsten Folgen Seiner Himmelfahrt.
Was bittet Er für uns? Er kennt unsere Schwachheit, weiß um alle unsere Bedürfnisse und sieht jede Gefahr, wenn wir noch nichts davon wissen, und bittet für uns. Er bittet, daß unser Glaube nicht aufhöre. Er bittet, daß wir in der Welt bewahrt werden vor dem Bösen. Ständig sind Seine Hände für uns gehoben, niemals werden sie müde. Was würde aus uns werden, wenn dies von unserem Beten abhinge? Wir haben es nötig, zum Gebet ermahnt zu werden, und vieles vergessen wir in unseren Gebeten. Er aber betet aus der Fülle Seines liebenden Herzens allezeit und für alles. Was das für uns bedeutet, können wir nur schwach verstehen. Wenn wir einmal alle Gefahren hinter uns haben werden und uns im Lichte des Himmels befinden, werden wir erkennen, was die Fürbitte Christi für uns gewesen ist.

Ermunterung und Ermahnung 1969

In Römer 8,31-39 endet der lehrmäßige Teil des Briefs mit einer Reihe von „Wer-Fragen“:
• Frage 1: Wer ist gegen uns? Es gibt tatsächlich Feinde, die gegen uns sind. Doch als Gläubige sollen wir wissen, dass die Feinde uns nicht von Gott trennen können, weil Er für uns ist. Das hat Er bewiesen, als Er seinen Sohn für uns gegeben hat (Röm 8,31.32). Das ist ein festes Fundament, auf dem der Glaube ruht.
• Frage 2: Wer wird gegen uns Anklage erheben? Das tut der Teufel, doch es muss uns nicht beunruhigen. Der Richter erklärt, dass Er keine Schuld an uns findet. Er rechtfertigt uns und das bringt jede Anklage zum Schweigen (Röm 8,33.34).
• Frage 3: Wer ist es, der verdamme? Menschen mögen gegen uns sein und der Teufel mag uns anklagen. Verdammen könnte nur der Richter. Doch solche, die „in Christus“ sind, werden nicht verdammt, weil der gerechte Richter ein solches Urteil niemals aussprechen würde. Gott straft nicht zweimal. Unsere Strafe trug unser Heiland am Kreuz. Unsere Sicherheit liegt in Christus, in dem, was Er getan hat und immer noch tut (Röm 8,34).
• Frage 4: Wer wird uns von der Liebe des Christus scheiden? Nichts (kein Umstand) und niemand (keine Person) wird das je tun können (Röm 8,35-39).

Im Glauben leben 2021

Frage 4: Wer ist es, der verdamme?
Paulus stellt eine vierte Frage und gibt auch sogleich die wunderbare Antwort: «Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt worden, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet» (V. 34).
Es gibt niemand mehr, der uns verdammen könnte. Gott ist für uns. Wir sind seine Auserwählten. Er hat uns gerechtfertigt. Aber nicht nur das. Auch Christus ist für uns. Alles, was Er tat, tat Er für uns. Er ist gestorben, Er ist auferweckt worden, und Er ist jetzt zur Rechten Gottes, um sich dort für uns zu verwenden. Es ist herrlich, sich damit zu beschäftigen, was Christus tat. Darin sehen wir seine Herrlichkeit, und die wird uns gross.
Doch was Paulus uns hier aufs Herz legen möchte ist, dass Er es für uns tat. Es ist die Seite Gottes, dass Er Ihn hingegeben hat. Es ist die Seite des Herrn Jesus, dass Er es selbst tat. Sein Tod gibt uns die Sicherheit, dass unsere Sünden gesühnt sind. Seine Auferweckung gibt uns die Gewissheit, dass Gott sein Werk angenommen hat und wir gerechtfertigt sind. Jetzt ist Er als Sieger von Golgatha zur Rechten Gottes. Aber auch jetzt ist Er noch für uns tätig. Er verwendet sich dort für uns, die wir noch durch eine Welt gehen, die für den Glaubenden eine Wüste ist. Wir haben nicht nur den Heiligen Geist als göttliche Person in uns wohnen, der sich hier von der Erde aus für uns verwendet. Nein, wir kennen auch den Sieger von Golgatha, der zur Rechten Gottes ist und sich dort ebenfalls für uns verwendet. Tag für Tag tut Er diesen Dienst für uns, bis wir das Ziel erreicht haben.

Halte fest 2007

Jehova vergelte

Jehova vergelte dir dein Tun, und voll sei dein Lohn von Jehova, dem Gott Israels, unter dessen Flügeln Zuflucht zu suchen du gekommen bist!
Elberfelder 1871 – Ruth 2,12

Möge Jehova dir dein Thun vergelten, und möge dein Lohn vollkommen seyn von Jehova, dem Gott Israels, unter dessen Fügeln Schutz zu suchen du gekommen bist!
van Ess 1858 – Ruth 2,12

Jehova vergelte dein Tun, und dein Lohn sei vollkommen von Jehova, dem Gott Israels, unter dessen Flügeln du gekommen Schutz zu suchen.
de Wette Bibel – Ruth 2,12

 Jehova soll dich für das, was du getan hast, belohnen. Mögest du einen vollkommenen Lohn von Jehova bekommen, dem Gott Israels, unter dessen Flügeln du Schutz gesucht hast.“
neue Welt Übersetzung – 2018 – Ruth 2,12

Boas betete dafür, daß Gott Rut ihre Güte, die sie ihrer Schwiegermutter erwiesen hatte, vergelten würde. Er unterstrich seine Bitte mit dem Gebet, daß sie einen reichen Lohn von dem Gott erhalten möge, an den sie zum Glauben gekommen war. Er verglich dies mit dem Bild der Zuflucht unter den Flügeln Gottes , also dem Küken, das unter den Flügeln der Henne Schutz sucht (vgl. Ps 17,8; 36,8; 57,2; 61,5; 63,8; 91,4; Mt 23,37 ). Sie vertraute auf Gottes Schutz. Bald sollte Boas selbst das Werkzeug sein, das Gott zur Erfüllung seines Gebetes benutzte.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Eigentlich begann er damit bereits das in die Tat umzusetzen, was er nun für Rut von Jahwe erbat: »Jahwe möge dir dein Tun vergelten.« Dieser Satz bildet mit dem nun folgenden: »Voller Lohn möge dir zukommen von Jahwe« eine Einheit. Beide Sätze sind parallel zueinander aufgebaut und enthalten die gleiche Aussage mit anderen Worten. Dies ist eines der Kennzeichen hebr. Poesie. Nicht die Worte am Ende der Zeilen reimen sich lautmäßig miteinander, sondern die Zeilen bilden eine Art inhaltlichen Reim. Dabei kann der gleiche Gedanke noch einmal mit anderen Worten formuliert werden, die zweite Zeile kann die gegenteilige Aussage der ersten Zeile machen, oder sie greift den Gedanken der ersten Zeile auf und führt ihn fort. Oft finden wir dabei in der Grammatik einen sogenannten »Chiasmus«, d.h. die Wortstellung der beiden Zeilen ist über Kreuz angeordnet. Auch in unserem Fall ist dies so:

Die Worte für »vergelten« und »vollendet« gehen dabei im Hebräischen auf die gleiche Wurzel (schālam) zurück, eine Wurzel, die auch dem Wort für »Frieden« (schālōm) zugrunde liegt. Es geht bei dieser hebr. Wurzel immer darum, dass etwas vollkommen, heil, gesund, erfüllt ist. Deshalb kann von dieser Wurzel die Bedeutung »ein Tun vergelten« ebenso abgeleitet werden wie die Bedeutung »einen Lohn vollenden«.

Boas ahnte sicher nicht, dass Gott ihn selbst dazu benutzen würde, seinen Segenswunsch zu erfüllen und Rut dieses »Heil«, diese »Erfüllung« zu schenken. Aber er war sich sicher, dass Gott es tun würde, denn er wusste, dass Rut durch ihre Entscheidung für Noomi und für Israel auch zugleich eine Entscheidung für Jahwe, den Bundesgott Israels, getroffen hatte. Sie war gekommen mit dem Ziel, unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen. Hier wird ganz deutlich, dass der Höhepunkt des zweiten Kapitels – der Segenswunsch des Boas – auf den Höhepunkt des ersten Kapitels – die Entscheidung Ruts – Bezug nimmt. Sie hatte sich für das Volk Noomis und für ihren Gott entschieden: »Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott« (1,16). Damit hatte sie sich unter den Schutz Jahwes begeben.

Vor allem in den Psalmen wird dieses Bild des Schutzes unter den »Flügeln« Gottes, das Boas hier verwendet, oft benutzt (Ps. 17,8; 36,8; 55,7; 57,2; 63,8; 91,4). Und auch Jesaja sagt, dass Gott Jerusalem beschützen wird wie Vögel, die ihre Kinder mit ihren Flügeln beschützen (Jes. 31,5). Allerdings ist die Voraussetzung für diesen Schutz auch, dass man wie Rut zu Jahwe kommt, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen. Jesus greift später diese Formulierung auf, als er über Jerusalem klagt, dass er es oft unter seinen Flügeln sammeln wollte, wie eine Henne ihre Küken, aber Jerusalem wollte nicht (Mt. 23,37). Im Buch Rut finden wir dazu das Gegenstück. Hier ist es eine Heidin, die ihre Hilfe und Zuflucht bei Jahwe, dem Gott Israels, sucht und findet. Es ist sozusagen die Botschaft des gesamten Buches, die in diesem Segenswunsch für Rut ausgedrückt wird: Wer unter Gottes Flügeln Zuflucht sucht, der wird seinen Segen erfahren!

Oft haben Ausleger Parallelen zwischen Rut und Abraham gezogen. Beide haben ihr Vaterhaus, ihre Verwandtschaft und ihr Volk verlassen und sind unter Gottes Schutz in das Land der Verheißung, nach Kanaan gezogen. Rut ist damit ein Stück weit die Erfüllung der Segensverheißung an Abraham, dass in seinem Namen alle Völker der Erde gesegnet werden sollen (1Mo. 12,1–3).

Gow (1992, S. 54f) weist darauf hin, dass der Begriff, der von Boas für das Wort »Lohn« verwendet wird, auch in 1. Mose häufig zu finden ist. So sagt Gott z.B. zu Abram: »Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn« (1Mo. 15,1).

Zusammen mit dem »Lohn« wird Abram auch Schutz zugesagt – im Bild des Schildes. Bei Rut wird für dieselbe Zusage das Bild der Flügel verwendet. Abram klagte darauf hin, dass er keinen Sohn habe. Es ist deutlich, dass der verheißene »Lohn« in einem starken Zusammenhang mit diesem ersehnten und verheißenen Nachkommen steht. Dazu gibt es in 1Mo. noch weitere Parallelen. Als Lea schwanger wurde und einen Sohn bekam, sagte sie, dass er ihr ihren »Lohn« gegeben habe (1Mo. 30,18). Sie nannte dieses Kind daher Issaschar; das ist ein Name, in dem das Wort für »Lohn« ebenfalls enthalten ist. Und auch in Ps. 127,3 wird das Wort für »Lohn« auf Söhne bzw. Kinder bezogen.

Gewiss kann man daraus nicht schließen, dass schon Boas mit seinem Segensspruch für Rut als »Lohn« einen Sohn erbat. Das hebr. Wort hat dafür eine viel zu große Bandbreite und wird zudem außerhalb von 1Mo. gewöhnlich nicht im Sinne von »Sohn« oder »Kind« verwendet. Aber dass Gott diesen Segenswunsch später unter anderem durch ein Kind erfüllt hat, unterstreicht die inhaltliche Parallele, die zwischen Rut und Abraham gesehen werden kann, auch wenn man sie nicht überbewerten sollte.

Wünsch – Edition C Bibelkommentar

Die Verse 11 und 12 berichten von Boas’ Erläuterung: Da antwortete Boas und sagte zu ihr . . . Vers 11 zeigt uns seine Kenntnis: Es ist mir alles genau berichtet worden, was du an deiner Schwiegermutter getan hast nach dem Tod deines Mannes, da du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Verwandtschaft verlassen hast und zu einem Volk gegangen bist, das du früher nicht kanntest. Obgleich er sie nie zuvor gesehen hatte, hatte er offensichtlich bereits viel von ihr gehört. In Vers 12 segnete er sie in zweifacher Hinsicht. Erstens möge Jehova . . . dir dein Tun vergelten, d.h. Jehova selbst möchte sie für ihre Treue belohnen. Zweitens möge dein Lohn . . . ein voller sein von Jehova, d.h. sie möge von dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen, belohnt werden. Das Bild ist das einer ihre Flügel schützend über ihre Kücken ausbreitenden Henne; in gleicher Weise wird sie Gottes Schutz anbefohlen. Boas gebraucht ein als Zoomorphismus bekanntes Stilmittel, das Gott mit bestimmten Aspekten im Tierreich vergleicht, wie hier das Schutzsuchen unter Gottes Flügeln, so wie sich Kücken unter den Flügeln der Henne in Sicherheit wissen. Ironischerweise zeigt sich, dass Boas um den Schutz und die Hilfe Gottes für Ruth bat – nichtsahnend, dass er selbst die Antwort auf sein Gebet werden würde.

Arnold Fruchtenbaum – Das Buch Ruth

„ich danke dir …“

Herr, ich danke dir dafür, 
  dass du mich so wunderbar und einzigartig gemacht hast! 
  Großartig ist alles, was du geschaffen hast – 
  das erkenne ich! 

Hoffnung für Alle – Ps 139,14

Ich danke dir, dass ich so staunenswert und wunderbar gestaltet bin.
Ich weiß es genau: Wunderbar sind deine Werke.
Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift 2017 – Psalm 139,14

Ich preise dich, weil ich auf Ehrfurcht einflößende Weise wunderbar gemacht bin.
Deine Werke sind wunderbar,
das weiß ich nur zu gut.
neue Welt Übersetzung – 2018 – Psalm 139:14

Das Thema hatten wir schon im November 2020.

Schönes Bild von logos.com – eine Nähmaschine – den da ist Konzentration und Planung wichtig.

Ich preise dich, denn ich bin furchtsam und wunderbar gemacht. Wunderbar sind deine Werke, und meine Seele weiß es wohl.

Die LXX, Syr und Vg. ersetzen „weil du wunderbar bist“ durch „weil ich wunderbar und furchterregend gemacht bin“, vielleicht weil dies eine bessere Parallele zur zweiten Hälfte des Verses bildet.

The Lexham Textual Notes on the Bible

Wann das Leben beginnt
Die Frage, wann das Leben beginnt, ist für jeden, der die Bibel liest, eindeutig zu beantworten. Leben beginnt mit der Zeugung. Doch der Teufel ist listig und deshalb wird die Frage heute häufig anders gestellt. Es heißt: Wann ist ein Mensch eine Person und wann hört er auf, eine Person zu sein? Ist ein ungeborenes Kind nur ein Zellklumpen, mit dem man beliebig verfahren kann? Ist eine alte und schwerkranke Person wirklich noch eine Person? Bereits im Jahr 1973 (!) entschied der Oberste Gerichtshof in den USA in einer Grundsatzentscheidung, dass ein ungeborenes Kind in der Gebärmutter zwar menschlich ist, aber doch keine Person gemäß der Verfassung der USA. Dieser moderne Dualismus (Trennung in Mensch und Person) ist heute Mainstream und führt dazu, dass man Abtreibung legalisiert. Er führt ebenso dazu, dass man aktive Sterbehilfe befürwortet.
Die Bibel ist zu diesem Thema eindeutig: David drückt es in Psalm 139 sehr treffend aus: „Denn du besaßest meine Nieren; du wobst mich im Leib meiner Mutter. Ich preise dich dafür, dass ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin. Wunderbar sind deine Werke, und meine Seele weiß es sehr wohl. Mein Gebein war nicht vor dir verborgen, als ich gemacht wurde im Geheimen, gewirkt wie ein Stickwerk in den untersten Örtern der Erde. Meinen Keim sahen deine Augen, und in dein Buch waren sie alle eingeschrieben, die Tage, die entworfen wurden, als nicht einer von ihnen war“ (Ps 139,13-16). Allein dieser Text macht schon klar, dass ein ungeborenes Kind aus Gottes Sicht eine Person ist.
Es gibt weitere eindeutige Hinweise, dass Gott uns Menschen bereits im Mutterleib gebildet hat. Durch Jesaja lässt Gott seinem Volk sagen: „So spricht der Herr, dein Erlöser und der dich von Mutterleib an gebildet hat … “ (Jes 44,24). „Und nun spricht der Herr, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht gebildet hat …“ (Jes 49,5).
Hiob spricht vom Sterben im Mutterleib: „Warum starb ich nicht von Mutterleib an, kam aus dem Schoß hervor und verschied?“ (Hiob 3,11). Der Prophet Jeremia klagt: „Weil er mich nicht tötete im Mutterleib, so dass meine Mutter mir zu meinem Grab geworden und ihr Leib ewig schwanger geblieben wäre“ (Jer 20,17). Eindeutiger könnte es nicht dargelegt werden, dass der Tod im Mutterleib aus Gottes Sicht ein „töten“ ist.
Eindrucksvoll sind die prophetischen Worte über unseren Herrn: „Auf dich bin ich geworfen von Mutterschoß an, von meiner Mutter Leib an bist du mein Gott“ (Ps 22,11).

Bleib in mir 04-2020

Komplizierte Optik
Die Linse des menschlichen Auges ist ein weiteres Wunder. Durch die Linse nimmt das Sehzentrum die verschiedenen Formen in seiner Umwelt wahr; das Bild wird auf die Netzhaut projiziert. Das menschliche Auge stellt sich auf die wechselnde Entfernung ein, so ähnlich, wie man eine Kamera einstellt. Die Linse paßt sich der Entfernung an, indem sie ihre Form verändert. Die Kamera muß man mit der Hand einstellen; die Linse des Auges dagegen stellt die Brennweite automatisch auf die wechselnden Entfernungen ein.
Beim menschlichen Auge ist ein weiteres Phänomen interessant: Wenn man durch eine nach außen gewölbte, das heißt konvexe Linse schaut, wie die Linse unseres Auges, steht das Bild auf dem Kopf. Dieses Bild erscheint auf der Netzhaut und wird an das Gehirn weitergeleitet. Unser Gehirn wertet das Bild aber automatisch so aus, daß die Welt nicht auf dem Kopf zu stehen scheint, sondern aufrecht: Ein weiteres Beispiel, das uns zeigt, wie wunderbar der menschliche Körper funktioniert.
Wenn wir die technischen Meisterwerke des menschlichen Körpers kurz betrachten, erkennen wir darin die Weisheit des großen Schöpfers, der den Menschen gemacht hat. Wer ehrlich und verständig ist, wird wirklich veranlaßt, wie der Psalmist vor langer Zeit zu sagen: „Ich preise dich darüber, daß ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin.“ — Psalm 139:14.

Erwachet! 22. Juni 1970

Unsere Lunge ist wunderbar gemacht

● David, König von Israel und ein berühmter Musiker und Dichter, besang Jehova einmal mit den Worten: „Ich preise dich darüber, daß ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin.“ (Psalm 139:14) Wallace O. Fenn, Professor der Physiologie, bezeugte die Wahrheit dieser Worte, als er über die wunderbare Beschaffenheit der Lunge folgendes schrieb: „Das Atmungsorgan gehört zu den vielen Wundern des menschlichen Körpers. Die Atemfläche der Lunge ist mindestens so groß wie die Hälfte eines Tennisplatzes. Die dünne Wand der Lungenbläschen, durch die der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxyd zwischen Blut und Luft vor sich geht, ist so fein und zart, daß keine vom Menschen gebaute künstliche Lunge ihre Leistungsfähigkeit erreicht. Die Anstrengung, die erforderlich ist, um die Luft in der Lunge zu erneuern, ist gering; die Energie dafür können zwei Stuck Zucker täglich oder etwas, was ihnen entspricht, liefern . . .
Das Atmungsorgan ist ein erstaunlich gut angepaßtes Gebilde und gibt jedem denkenden Menschen Anlaß, über die Prozesse ehrfürchtig zu staunen, durch die es entstanden ist: ,So erstaunlich sind wir gebildet, so furchteinflößend und wunderbar sind wir gemacht!‘ “

Erwachet! 8.September 1971

Schätze oder Respekt vor Gott

Besser wenig mit der Furcht Jehovas, als ein großer Schatz und Unruhe dabei.
Elberfelder 1871 – Spr. 15,16

Besser wenig Hab und Gut, aber in der Furcht Gottes, als großen Reichtum und Unruhe dabei.
Bruns 2013 – Sprüche 15,16

Es ist besser, keine Kohle zu haben, aber dafür Respekt vor Gott, als voll viel Geld zu haben und sich ständig über alles Mögliche Sorgen machen zu müssen.
VolxBibel – Sprüche 15:16

… Allgemein würde ein Mensch Wohlstand (Überfluß) der Armut vorziehen. Aber wenn er arm ist (ein wenig; vgl. Sprüche 16,8 ) und die Furcht des Herrn (siehe Kommentar zu Sprüche 1,7 ) hat, ist diese Kombination gewiß dem Wohlstand vorzuziehen, wenn das Geld Aufruhr ( m+hUmCh ; vgl. Jes 22,5 : „Tumult“; 5Mo 7,23 : „Verwirrung“; 1Sam 14,20; Hes 7,7 : „Panik“; Sach 14,13 ) mit sich bringt.
Die Aussage in Sprüche 15,16 bedeutet, (a) daß der erwähnte Wohlstand keinem gehört, der den Herrn fürchtet, und (b) daß die Gottesfurcht Frieden verleiht, nicht Verwirrung.

Die Bibel erklärt und ausgelegt – Walvoord Bibelkommentar

Ein Vers, der uns auch Sprüche 15, 16 begegnet, wo es heißt: Es ist besser ein wenig mit der Furcht des Herrn, denn großer Schatz, darin Unruhe ist. So thöricht und sündlich die Faulheit ist, so ist doch die Vielgeschäftigkeit, die aus der Gier, immer mehr zu besitzen, entspringt, nicht minder thöricht und sündlich. Der Jammer dessen, der beide Fauste voll hat, ist die Sucht nach Mehr und das Beneiden derer, die mehr haben. Dem gegenüber ist zu preisen die Ruhe dessen, der zwar nur eine Hand voll hat, aus der Hand in den Mund leben muß, sich aber bei seiner fleißigen Arbeit um das tägliche Brot das Leben nicht verbittert durch die wilde Jagd nach den Gütern dieser Welt und durch das Scheelsehen auf diejenigen, die bessere Tage haben. Wenn der Verfasser in seiner Zeit das gottselige, ruhige Leben in stillem, neidlosem Fleiß schmerzlich vermißte, so ist ja leider auch in unsrer Zeit Grund genug Klage zu fühlen, sowohl über widerwärtigen Müßiggang vieler Unbemittelten, deren ganze Lebensweisheit in der Spekulation auf die Taschen der Reichen besteht, als auch über die neidvolle, gierige Hast zu erwerben, die so Viele nicht zur innerlichen Ruhe kommen läßt, sondern sie vom Hundertsten in’s Tausendste jagt. Der Herr erwecke und mehre in uns den stillen, genügsamen Sinn, der da erwirbt, als erwerbe er nicht, und zufrieden ist, wenn er Nahrung und Kleiber hat. Es ist ein groß Gewinn, sagt Paulus, wer gottselig ist und lässet ihm genügen. Denn wir haben nichts in die Welt gebracht, darum offenbar ist, wir werden auch nichts hinausbringen. Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so lasset uns begnügen. Denn die da reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Stricke und viel thörichter und schädlicher Lüste, welche versenken die Menschen in’s Verderben und Verdammniß.

Carl Wilhelm Emil Quandt – Eine Auslegung des Prediger Salomo

Besser eine Handvoll Befriedigung als zwei Handvoll Arbeit, die dem Wind nachjagt. Besser ein bescheidenes Einkommen aus mäßiger, ruhiger Arbeit als doppelt so viel durch Mühsal und Aufregung verdient. Sprüche 15,16 drückt im Wesentlichen denselben Gedanken aus, führt aber einen religiösen Faktor ein: „Lieber ein wenig in der Furcht des Herrn als ein großer Reichtum in der Verwirrung.“

Der JPS-Bibelkommentar

Besser ist wenig mit der Furcht des Jehovas,
als ein großer Schatz und Mühe damit.
17 Besser ist ein Essen von Kräutern, wo Liebe ist,
als ein gestauter Ochse und Haß damit.

Wer seine Freude im Herrn gefunden hat, kann den lieben alten Heiligen gut verstehen, der auf seinem bescheidenen Brett ein Stück Brot, eine Zwiebel und ein Glas Wasser ausbreitete und dann freudig Gott für „all dies und Jesus“ dankte! Es ist besser, viel besser, wenig auf Erden zu haben und Ihn zu kennen und in Seiner Furcht zu bleiben, als große Schätze und vielfältigen Luxus zu haben, gepaart mit Mühe und Hass. So dachten Daniel und seine Gefährten, als sie sich weigerten, sich mit der Speise des Königs zu verunreinigen (Dan. 1).

Ironside 1908 – Notes on the Book of Proverbs

Das scheint kein fairer Vergleich zu sein. Großer Reichtum ist trotz aller Unruhen immer noch großer Reichtum (15:16). Denken Sie daran, was Sie damit alles machen können: ein Ferienhaus, ein Boot, ein schönes Auto, eine erstklassige Ausbildung. Mit all dem Reichtum können Sie sich sogar aus den Turbulenzen herauskaufen. Was ist das alles im Vergleich zur Furcht vor dem Herrn?5 Diese Furcht kann man nicht sehen und auch nicht auf der Bank einlösen. Das ist kein fairer Vergleich, denn die Furcht des HERRN ist viel wertvoller. Der Träger hat das Recht, erwartungsvoll und täglich zu Gottes Thron zu kommen, um die Weisheit und andere Ressourcen für diesen Tag zu erhalten, Segnungen, die nicht durch Schwierigkeiten beeinträchtigt werden (siehe 10,22). Es macht nichts aus, wenig zu haben, wenn man weiß, wo man mehr bekommt (15,16). Reichtum scheint einen großen Vorrat an Unruhen mit sich zu bringen, den Geld nicht beseitigen kann. Diejenigen, die den Herrn fürchten, können ihre Sorgen bei Gott deponieren und auf seine Hilfe vertrauen. „Wenig ist viel, wenn Gott darin ist.“

Lennox – Sprüche: ein Bibelkommentar in der wesleyanischen Tradition

Wie stehe ich zu materiellen Werten? Und wie ist es mit meinem Verhältnis zu Jehova? Was ist mir wichtiger?

Ich erinnere mich noch an folgende Aussagen:

Von Anfang an bestand Russell darauf, daß bei den Zusammenkünften der Versammlung keine Kollekte durchgeführt und auch in den Veröffentlichungen der Watch Tower Society nicht um Spenden gebeten wird.

Die Suche der Menschheit nach Gott

EINMAL wurde Bruder Charles T. Russell von einem Geistlichen der reformierten Kirche darauf angesprochen, wie die Aktivitäten der Bibelforscher eigentlich finanziert werden.
„Wir erheben keine Kollekte“, erklärte Bruder Russell.
„Und wie kommen Sie dann zu Geld?“, wollte der Geistliche wissen.
„Wenn ich Ihnen die schlichte Wahrheit sage“, entgegnete Russell, „werden Sie es kaum glauben können. Interessierten Personen wird kein Kollektenteller unter die Nase gehalten. Aber es ist ihnen klar, dass Ausgaben entstehen. Sie sagen sich: ‚Dieser Saal kostet doch etwas. . . . Ob ich wohl eine Kleinigkeit beisteuern kann?‘ “
Der Geistliche sah Bruder Russell ungläubig an.
„Ich sage Ihnen die reine Wahrheit“, fuhr Russell fort. „Ich werde tatsächlich öfter gefragt: ‚Wie kann ich für diese Sache eine Kleinigkeit beisteuern?‘ Wer vom Herrn gesegnet wird, möchte das, was er hat, für den Herrn verwenden. Wenn er nichts hat, warum sollten wir ihn dann zum Spenden drängen?“

Gottes Königreich regiert

Angesichts dessen ist interessant, wie Tertullian (ca. 155 bis nach 220 u. Z.) Zusammenkünfte einiger seiner Zeitgenossen kommentierte, die bemüht waren, das Christentum zu praktizieren. Er schrieb: „Auch wenn es eine Art Kasse gibt, wird sie nicht aus Antrittsgeldern zusammengebracht, so als wäre die Religion käuflich. Ein bescheidenes Scherflein steuert jeder einzelne bei an einem bestimmten Tag im Monat oder wenn er will und falls er überhaupt will und falls er überhaupt kann. Denn niemand wird gezwungen, sondern man zahlt aus freien Stücken“ (Verteidigung des Christentums, XXXIX, 5). In den Jahrhunderten danach haben sich die Kirchen der Christenheit auf jedes nur denkbare Vorhaben eingelassen, um für ihre Unternehmungen Geld zu beschaffen.
Charles Taze Russell lehnte es ab, die Kirchen nachzuahmen. Er schrieb: „Nach unserer Beurteilung ist Geld, das auf verschiedene Weise im Namen des Herrn erbettelt wurde, für ihn anstößig und unannehmbar, und es bringt weder dem Geber noch dem vollbrachten Werk Segen ein.“
Bruder Russell versuchte nicht, sich bei Wohlhabenden einzuschmeicheln, sondern erklärte vielmehr deutlich, daß in Übereinstimmung mit der Schrift die meisten Diener des Herrn arm an weltlichen Gütern, aber reich an Glauben seien (Mat 19:23, 24; 1 Kor 1:26-29;Jak 2:5). Statt hervorzuheben, daß für die Verbreitung der biblischen Wahrheit Geld benötigt werde, betonte er, wie wichtig es sei, den Geist der Liebe zu entwickeln, den Wunsch zu geben und den Wunsch, anderen besonders dadurch zu helfen, daß man mit ihnen über die Wahrheit spreche. Guten Verdienern, die vorschlugen, sich hauptsächlich ihren Geschäften zu widmen, um finanziell mehr beitragen zu können, sagte er, daß es besser sei, diese Tätigkeit einzuschränken und die Wahrheit zu verbreiten, indem sie von sich selbst und ihrer Zeit gäben.

Niemand ist jemals aufgefordert worden, etwas zu dieser Kasse beizusteuern: alle Spenden müssen freiwillig sein. Wir erinnern unsere Leser an die Worte des Apostels Paulus (1 Kor 16:1, 2) und bekräftigen sie, indem wir sagen, daß denen, die geben können und es auch tun, um die Wahrheit zu verbreiten, gewiß mit geistigen Gaben vergolten wird.“

Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes

und heute?

Der beschlossene monatliche Spendenbetrag für die Versammlung, auf den in den Bekanntmachungen für die Versammlung Bezug genommen wird, basiert auf einem vom Zweigbüro vorgeschlagenen monatlichen Betrag pro Verkündiger. Mit Beginn des nächsten Dienstjahres wird dieser vorgeschlagene Betrag auch die Kosten für die Videoausrüstung in Königreichssälen abdecken.

Bekanntmachungen 08-2021

Es ist also nicht wichtig, welche Einstellung zu materiellen Dingen ich einmal hatte, sondern welche Einstellung ich heute habe!

Die Lücke zwischen Wissen und Tun

Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen.
Elberfelder 1871 – Jak 1,22

Aber es reicht nicht, nur auf die Botschaft zu hören — ihr müsst auch danach handeln! Sonst betrügt ihr euch nur selbst.
Neues Leben – Bibel 2006 – Jakobus 1,22

Erweist euch jedoch als Worttäter und nicht bloße Hörer, die sich ständig selbst zu Trugschlüssen verleiten.
Gottes Agenda – Das Neue Testament urtextnah ins heutige Deutsch übersetzt von Andreas Eichberger – Jak. 1,22

Es reicht natürlich nicht, seinen Worten nur zuzuhören, man muss auch tun, was da steht! Wer das nicht tut, linkt sich nur selber.
VolxBibel – Jakobus 1:22

Seid Täter des Worts u. nicht Hörer allein.

Wie sagt man so schön? „Wasser predigen und selbst Wein trinken“ – ein häufig anzutreffendes Programm. Nein, mich und meine Kirche trifft dies natürlich nicht! 😉 Aber alle anderen 😉
Nein, ehrlich, dass ist das große Problem: zu den eigenen Problemen zu stehen! Und Konsequenzen zu ziehen! Eben, die Lücke zwischen Wissen und Tun zu schließen!

Vgl. hierzu bei Röm 2, 13 S. 84 ff. ‖ Schab 88a: R. Elʿazar (um 270) hat gesagt: Als die Israeliten das „wir wollen tun“ voraufgehen ließen dem „wir wollen hören“ Ex 24, 7, ging eine Himmelsstimme aus, welche sprach: Wer hat meinen Kindern dieses Geheimnis offenbart, dessen sich die Engel des Dienstes bedienen? Denn es heißt: Lobet Jahve, ihr seine Engel, ihr starken Helden, die ihr sein Wort tut, um zu hören auf die Stimme seines Wortes (so Ps 103, 20 nach dem Midr). Zuerst „tun“, dann „hören“. R. Chama b. Chanina (um 260) hat gesagt: Was heißt: Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes? HL 2, 3. Warum werden die Israeliten mit dem Apfelbaum verglichen? Um dir zu sagen: wie bei dem Apfelbaum die Frucht den Blättern voraufgeht, so ließen auch die Israeliten das „wir wollen tun“ voraufgehen dem „wir wollen hören“. ‖ Aboth 6, 7: Groß ist die Tora; denn sie verleiht ihrem Täter Leben in dieser u. in der zukünftigen Welt, s. Spr 4, 22; 3, 8. 18; 1, 9; 4, 9; 9, 11; 3, 16. 2.

Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch

Der dritte Punkt über die Rolle von Gottes Wort ist das Tun des Wortes. Jakobus beginnt damit, das Prinzip und das Gebot sowohl positiv als auch negativ in Vers 22 zu formulieren: „Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer, die sich selbst betrügen.

Positiv: Seid Täter des Wortes bedeutet, sich der Autorität des Wortes zu unterwerfen; dies ist eine ständige Pflicht. Negativ: nicht nur Hörer bedeutet, dass sie sich nicht darauf beschränken dürfen, nur Hörer zu sein, weil die Gefahr besteht, dass sie sich mit fehlerhaften Überlegungen täuschen. Das ist der Unterschied zwischen den Machern und den reinen Hörern.

Das Wort Gottes zeigt uns, was wir sind, und offenbart unsere Unvollkommenheit in den Versen 23-24: „Denn wenn jemand ein Hörer des Wortes ist und nicht ein Täter, so ist er gleich einem Menschen, der sein natürliches Angesicht im Spiegel betrachtet; denn er sieht sich selbst an und geht weg und vergisst alsbald, was für ein Mensch er war.

Jakobus gibt eine malerische Illustration dessen, wie der Hörer des Wortes ist. Zuvor hatte er das Wort als einen Samen dargestellt, der die neue Geburt hervorbringt. Hier gibt er eine negative Illustration des Gehorsams, indem er das Wort als einen Spiegel darstellt. Der Hörer ist jemand, der sich eine Zeit lang im Spiegel betrachtet und seine Unvollkommenheiten sieht, dann aber weggeht und alle seine Unvollkommenheiten vergisst, ohne etwas dagegen zu tun.

Als nächstes beschreibt Jakobus in Vers 25 die Art und Weise, wie der Täter des Wortes auf sich selbst schaut: Wer aber in das vollkommene Gesetz, das Gesetz der Freiheit, hineinschaut und so weitermacht und nicht ein Hörer ist, der vergisst, sondern ein Täter, der wirkt, der wird in seinem Tun gesegnet sein.

Ein anderes griechisches Wort für „schaut hinein“ bedeutet „aufmerksam schauen“, „tief schauen“, „sich bücken, um einen besseren, genaueren Blick zu bekommen“. Es wird im wörtlichen Sinn in Johannes 20,5 und 11 von den beiden Jüngern verwendet, die sich bückten, um einen besseren Blick in das Grab zu werfen, in dem Jesus lag, und in 1 Petrus 1,12 von Engeln, die sich bücken, um in Gottes Plan und Programm der menschlichen Erlösung zu schauen. Der Täter des Wortes schaut in das vollkommene Gesetz, das heißt, er schaut in das Gesetz der Freiheit. Das Gesetz der Freiheit ist nicht das Gesetz des Mose, sondern das in Johannes 8,32 und Römer 8,2 besprochene Gesetz, das Gesetz des Messias, das Gesetz des Geistes des Lebens. Er schaut in dieses Gesetz und er bleibt darin, weil er kein Hörer ist, der vergisst, sondern ein Täter, der wirkt, deshalb ist er gesegnet in all seinem Tun und er wird im zukünftigen Leben weiter gesegnet sein.

Arnold Fruchtenbaum – Das Buch Jakobus

Nicht nur Hörer, sondern Täter
In jeder Generation hat es viele Menschen gegeben, die sich als Kinder Gottes bezeichneten, “den Zehnten von Minze, Dill und Kümmel” gaben und dennoch ein gottloses Leben führten, denn sie vernachlässigten “das Wichtigste im Gesetz: … das Recht, die Barmherzigkeit” und “die Liebe zu Gott”. Matthäus 23,23; Lukas 11,42 (GNB). Heute befinden sich viele in einer ähnlichen Täuschung, denn sie geben sich den Schein großer Heiligkeit, sind aber nicht “Täter des Wortes” Gottes. Jakobus 1,22. Wie können diesen Menschen voller Selbsttäuschung die Augen geöffnet werden, wenn nicht durch ein Vorbild wahrer Frömmigkeit, indem wir selbst nicht nur Hörer, sondern auch Täter der Gebote des Herrn sind und so das Licht der Reinheit des Charakters auf ihren Weg widerspiegeln?

Ellen Gould White — Glaube und Werke

Kein Wort war Jakobus zu groß, um das Wort zu preisen. Weil es mit Gottes Kraft geeint ist, gibt es uns mehr als das, was wir durch die Schöpfung empfingen, ist es der Bringer des von Gott gewirkten Lebens und die vor Gericht und Tod errettende Kraft. Nun stellt Jakobus aber den Juden vor denselben Tatbestand, dem auch Jesus in seinem Kampf mit dem Rabbinat und Paulus in seinem Gespräch mit der Synagoge die entscheidende Wichtigkeit gegeben hatten, davor, daß durch das Wort zweierlei Menschen entstehen, Hörer und Täter. In jenem Fall bewegt es das Denkvermögen, in diesem den Willen und dies so, daß er sich zur Tat vollendet.1 Hier wird nicht mehr vom Widerstand gegen das Wort gesprochen, der es nicht annehmen will. Das Hören geschieht mit Eifer und wird als der das Heil wirkende Vorgang geschätzt. Willig und erfolgreich formt der Mensch seine Gedanken nach dem ihm gesagten Wort. Nun stiftet er aber in sich den Riß, der das im Bewußtsein Angesammelte vom Wollen und Handeln trennt. So macht er aus dem Besitz des Worts einen Scheinbesitz, und die Zuversicht, die er auf diesen Besitz gründet, ist Selbsttäuschung. Mit diesem Urteil ist Jakobus sowohl mit Jesus als mit Paulus eins. Der Angriff auf das Rabbinat geschah bei allen Aposteln von derselben Stelle aus. Alle geben der Frage nach dem Werk das entscheidende Gewicht.

Schlatter – Der Brief des Jakobus

„Täter des Worts“ sein bedeutet: tun, was Gott will und was er in seinem Wort sagt. Wie schon im AT großen Wert darauf gelegt wird, dass das Gesetz nicht nur vernommen, sondern auch getan wird (5Mo 4,1.6; 31,12), so hat auch Jesus auf das Tun seiner Worte großes Gewicht gelegt (Mt 7,21ff; 25,31ff; Lk 11,28; Joh 13,15.34f). Auch Paulus hat davon gewusst, dass Gott sein Gesetz (sein Wort) nicht allein zum Hören, sondern zum Tun gegeben hat (R“m 2,13). Vgl. auch 1Joh 3,18.

Das Gericht erfolgt – nach übereinstimmendem Zeugnis des Neuen Testaments – nach den Werken: Mt 7,2; Joh 5,29; R“m 2,5-11.13; 2Kor 5,10; Offb 14,13 .

Gottes Wort ist nicht nur zum Hören da. Es will zur Wirkung kommen. Durch sein Wort hat er die Welt geschaffen; wenn er spricht, so geschieht es. Die hebr. Vokabel für Wort (dabar) beinhaltet beides: die Sprache und die Sache. Unverbindliches Reden gibt es bei Gott nicht. Im Anfang war das Wort (Joh 1 ) und mit dem Wort die Tat. Gottes Wort verhallt nicht im Raum, es kehrt nicht leer zurück, sondern richtet aus, wozu es gesandt ist (Jes 55,11 ).

Bei Menschen mag es das geben, dass Wort und Tat zweierlei sind. Bei ihnen gibt es diese seltsame Gespaltenheit, die Gottes Wesen fremd ist. Sie können sich selbst betrügen, indem sie hören und nur hören; indem sie hören, aber nicht gehorchen, vernehmen, aber die Tat schuldig bleiben. Weil der Mensch in diesem inneren Zwiespalt leben kann (vgl. Jak 1,8.26; 3,9f; 4,1 ), ermahnt Jak: Werdet Täter des Wortes und nicht Hörer allein!

Wort und Tat gehören für Jak untrennbar zusammen. Das Wort ist nicht recht gehört, wenn es nicht zur Tat führt. Dazu möchte Jak hinführen. Nicht Wort und Tat sind in sich getrennt, der Mensch ist in seiner Sünde in sich gespalten, so dass er in sich trennt, was von Gott her zusammengehört.

Wer nicht nach dem Wort handelt, das er hört, betrügt sich selbst. Wenn ihr das tut, dann „mogelt ihr euch vorbei“, sagt Jak wörtlich. Ihr mogelt euch an dem Wort und seiner Wirkung vorbei. Durch „bloßes Hören“, in dem man das Wort nicht zur Wirkung kommen lässt, wird keiner gerettet (V. 25). Wer das Wort gehört hat, aber weiter so lebt, als wenn ihn das Wort nicht getroffen hat, der „betrügt sich selbst“.

Wenn Christsein heißt, den alten Menschen abzulegen und den neuen anzuziehen (V. 21; Kol 3,8-10; Eph 4,17-32 ), dann ist es eine Form von Selbstbetrug, dahinter zurückzufallen, dass wir als Christen bereits den alten Menschen ausgezogen und den neuen angezogen haben. Es wäre eine gelebte Lüge, wenn wir als neuer Mensch mit den Verhaltensweisen des alten weiterlebten. Wir würden dann nicht in der Wahrheit stehen, sondern in uns selbst gespalten sein.

Wuppertaler Studienbibel

In V. 22 bekommt der Ruf zur Tat seine klassische Zuspitzung: »Werdet aber Täter des Worts und nicht Hörer allein!« Dieser Vers ist weithin bekannt geworden und steht z. B. über Kirchentüren. Wie in V. 19 kann das erste Wort doppelt übersetzt werden: »Seid« oder »Werdet«. Dan im Vorausgehenden von Mängeln der Gemeinde die Rede war, liegt die Übersetzung mit »Werdet« näher (so auch A. Schlatter und L. Goppelt). Praktisch laufen aber beide Übersetzungen auf dasselbe hinaus.

»Täter des Worts« sollen die Christen sein. Dass sie »Hörer« sind, wird als fast selbstverständlich vorausgesetzt. Seltsam! Was würde man im modernen Deutschland darum geben, wenn alle sog. Christen nur auch echte »Hörer« wären! »Täter des Worts« heißt: Tun, was das biblische Wort will. Nicht nur: nachdenken, meditieren, diskutieren, innerlich zustimmen. Wer »allein Hörer« sein will, »betrügt« sich »selbst« (wörtlich: »mogelt sich vorbei«). Warum? Weil er durch bloßes »Hören« nicht gerettet wird (vgl. Jak 2,14ff.). Die besondere Verführung des evangelischen Christentums liegt darin, das »Hören« und »Im-Gespräch -Bleiben« so hoch zu bewerten, dass man meint, allein dadurch in den Himmel zu kommen. Jesus (Mt 7,21ff.), Paulus (Röm 2,13; 2 Kor 5,10), Johannes (1 Joh 3,18) und Jakobus gehen aber einstimmig einen anderen Weg. Ihnen kommt es auf die praktische Verwirklichung an.

Ein Blick in die alten Handschriften ist hier besonders lehrreich. Einige von ihnen lesen nämlich »Täter des Gesetzes« statt »Täter des Wortes«. Dadurch wird aber der Akzent verschoben und zugleich ein mögliches Missverständnis sichtbar. Ein »Täter des Worts« konnte z. B. der gerettete Schächer am Kreuz sein, ein »Täter des Gesetzes« nicht. Warum? Weil er Jesus um Erbarmen anrief (Lk 23,42) und deshalb die ihm bekannte Botschaft in die Tat umsetzte. Hätte er nur »gehört«, ohne zu rufen, ohne zu bitten, ohne sich Jesus anzuvertrauen, wäre er nicht gerettet worden. Er war also ein »Täter des Worts«. In seinen Sterbestunden konnte er dagegen kein »Täter des Gesetzes« mehr werden, weil sein Leben schon zu Ende und verpfuscht war. Dadurch wird deutlich: Es geht in Jak 1,22 nicht um »des Gesetzes Werke«, nicht um unevangelische Leistungen, sondern um die unerlässliche Annahme und Praktizierung des Wortes – allerdings mit sehr konkreten Schritten, solange unser Leben währt.

Edition C